Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Apr. 2015 - W 2 K 13.1220

bei uns veröffentlicht am29.04.2015
nachgehend
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 20 ZB 15.1388, 05.08.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klagen werden abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Herstellungsbeiträgen für die Entwässerung.

Die Kläger sind gemeinsame Eigentümer einer Wohnung in einem Zweifamilienhaus im Gemeindegebiet der Beklagten, Grundstück Fl. Nr. ..., S. Straße ..., Gemarkung H. Ihr Eigentumsanteil beläuft sich auf jeweils drei Zehntel. Die übrigen vier Zehntel stehen im Eigentum von Frau S.

Im Dezember 2005 stellte Frau S. einen Bauantrag für den Ausbau des Dachgeschosses. Am 3. Januar 2006 erteilte das Landratsamt R.-G. die Baugenehmigung. Mit Schreiben vom selben Tag wies die Beklagte Frau S. sowie den Kläger zu 2) darauf hin, dass „nach Beendigung“ der Baumaßnahmen weitere Beiträge zur Entwässerung und Wasserversorgung erhoben würden. Durch den Dachgeschossausbau vergrößere sich die beitragspflichtige Fläche für das betreffende Grundstück: Basierend auf dem Bauplan vom Dezember 2005 sei „eine Vergrößerung von 206,74 m2 überschlägig zu ermitteln.“ Die derzeitigen Kosten beliefen sich „zurzeit auf rd. 4.036,- Euro (206,74m2 x 19,52 Euro/m2).“ Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 zeigte Frau S. dem Landratsamt R.-G. den Baubeginn und mit Schreiben vom 7. Juli 2007 die beabsichtigte Aufnahme der Nutzung des Dachgeschosses an. Am 10. März 2008 stellt ein Baukontrolleur des Landratsamtes R.-G. die Fertigstellung des Ausbaus fest. In den Jahren 2008 bis 2012 führte die Beklagte eine allgemeine Grundstücks- und Geschossflächenüberprüfung durch. Am 12. Juni 2008 überprüfte sie das streitgegenständliche Grundstück.

Mit Schreiben vom 13. September 2012 kündigte die Beklagte gegenüber den Klägern sowie Frau S. aufgrund des Dachgeschossausbaus die Nacherhebung von Herstellungsbeiträgen an. Beigefügt waren ein aktualisiertes Geschossflächenbestandsblatt, in dem basierend auf einer Flächenberechnung vom 1. März 2012 eine Dachgeschossfläche von 215,05 m2 angegeben war, sowie ein „Auszug aus den angewendeten Beitrags- und Gebührensatzungen mit einigen Hinweisen.“

Mit Bescheiden vom 16. Oktober 2012 (ein Zustellungsdatum lässt sich den Akten nicht entnehmen) erhob die Beklagte gegenüber den Klägern für den Dachgeschossausbau jeweils einen Herstellungsbeitrag zur Entwässerung i. H. v. 590,31 Euro (215,05 m2 Geschossfläche x 9,15 Euro/m2 zzgl. 7% MwSt x 3/10 Wohnungsteileigentum). Grundlage für die Bescheide war die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde H. (BGS-EWS) vom 25. Oktober 2000.

Mit Schreiben vom 7. November 2012, bei der Beklagten am selben Tag eingegangen, ließen die Kläger durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch einlegen. Die Bescheide seien unbestimmt und die Flächenberechnung nicht nachvollziehbar. Zudem erhoben die Kläger die Einrede der Verjährung. Die Beklagte habe bereits mit der Einreichung der Bauunterlagen Kenntnis vom Dachgeschossausbau erlangt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2013, dem Bevollmächtigten der Kläger zugestellt am 13. November 2013, wies das Landratsamt R.-G. die Widersprüche zurück. Mangels einer Anzeige der Fertigstellung des Ausbaus sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Erst im Jahr 2012 habe man aufgrund äußerlich erkennbarer Anzeichen eine Fertigstellung annehmen können. Eine frühere Beitragsfestsetzung sei durch die Kläger vereitelt worden, da diese ihrer Auskunftspflicht über die Fertigstellung des Ausbaus nicht nachgekommen seien. Im Rahmen der Geschossflächenüberprüfung am 12. Juni 2008 hätten die Kläger angegeben, dass der Dachgeschossausbau noch nicht fertig gestellt worden sei.

II.

Dagegen ließen die Kläger mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10. Dezember 2013, eingegangen bei Gericht am 12. Dezember 2013, Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg erheben.

Zur Begründung ließen sie im Wesentlichen ausführen: Die Geschossflächenberechnung werde in den Bescheiden weder erläutert noch sei sie nachvollziehbar. Eine tatsächliche Vermessung des Dachgeschosses sei nicht erfolgt. Den streitgegenständlichen Bescheiden sei keine Flächenberechnung beigefügt worden. Das Schreiben der Beklagten vom 3. Januar 2006 belege deren Kenntnis vom Beitragstatbestand. Die Aufnahme der Dachgeschossnutzung sei dem Landratsamt R.-G. am 7. Juli 2007 angezeigt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Dachgeschossausbau beendet gewesen. Ein etwaiger Verstoß gegen eine Auskunftspflicht sei weder für den Beginn noch für den Lauf der Festsetzungsfrist von Relevanz, da die Beklagte ohne besondere Schwierigkeiten von der Fertigstellung des Dachstuhls habe Kenntnis erlangen können.

Die Kläger ließen durch ihren Bevollmächtigten beantragen,

die Beitragsbescheide der Gemeinde H. vom 16. Oktober 2012 für die … Entwässerungsanlage der Gemeinde H., betreffend das Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung H., Aktenzeichen ...9 sowie ...6, sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes R.-G. vom 7. November 2013, Az. ... W 1/2013, aufzuheben.

Die Beklagte ließ durch ihren Bevollmächtigten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen ausführen: Die Bescheide entsprächen den Bestimmtheitsanforderungen. Sie seien aufgrund der angegebenen Rechtsgrundlagen nachvollziehbar. Die Beklagte habe erst durch die Auskunft des Landratsamtes R.-G. von der Fertigstellung des Dachgeschossausbaus erfahren. Gemäß den Satzungsvorgaben seien ausschließlich die Kläger verpflichtet, die für die Veranlagung notwendigen Auskünfte zu erteilen. Das Schreiben vom 3. Januar 2006 sei als eine bloße Ankündigung zu erachten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beitragstatbestand noch nicht erfüllt gewesen. Folglich handle es sich nicht um ein die Festsetzungsverjährung auslösendes Ereignis.

Mit Beschluss vom 4. März 2015 wurde vom Verfahren W 2 K 13.1220 das Klagebegehren abgetrennt, soweit sich die Kläger gegen die Erhebung von Herstellungsbeiträgen für die Wasserversorgungsanlage durch die Bescheide vom 16. Oktober 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes R.-G. vom 7. November 2013 wenden, und unter dem neuen Aktenzeichen W 2 K 15.182 fortgeführt.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 29. April 2015, die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Behördenakten der Beklagten und des Landratsamtes R.-G. verwiesen.

Gründe

1. Die Klagen sind zulässig, aber unbegründet, da die Bescheide der Beklagten vom 16. Oktober 2012 rechtmäßig sind und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.1 Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i. d. F. der Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch § 1 Änderungsgesetz vom11. März 2014 (GVBl S. 70), können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung oder Verbesserung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählt auch die von der Beklagten öffentlich-rechtlich betriebene Entwässerungsanlage.

Die Beklagte hat von der Ermächtigung des Art. 5 Abs. 1 KAG durch den Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde H. vom 25. Oktober 2000, zuletzt geändert durch Satzung vom 25. Juli 2006, Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich; auch in materiell-rechtlicher Hinsicht liegen keine Fehler auf der Hand. Insbesondere war zuvor die Satzung für die Entwässerungsanlagen der Gemeinde H. (Entwässerungssatzung - EWS) vom 25. Oktober 2000 erlassen worden.

Die Beitragsfestsetzung für den Dachgeschossausbau basiert auf § 5 Abs. 5 Satz 2 BGS-EWS. Danach entsteht die Beitragspflicht im Falle der Geschossflächenvergrößerung für die zusätzlich geschaffenen Geschossflächen, wenn hierfür noch keine Beiträge geleistet wurden.

Die Beitragsbescheide sind sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Sie genügten den Anforderungen an die Bestimmtheit (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. § 119 Abs. 1 AO). Die Bestimmtheit erfordert, dass der Betroffene den behördlichen Willen und Regelungsinhalt eindeutig erkennen kann; maßgeblich ist der objektive Erklärungswert des Bescheides aus der Sicht des Abgabeschuldners (BayVGH, U. v. 2.10.1997 - 23 B 92.87 - GK 1998, Rn. 136). Folglich muss ein Abgabebescheid für den Adressaten nachvollziehbar und nachberechenbar sein (Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Stand Oktober 2014, Teil III, Frage 14, Ziff. 2.1). In den streitgegenständlichen Bescheiden werden die einschlägigen Rechtsgrundlagen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde H. vom 25. Oktober 2000 benannt. Auch die Berechnung des Herstellungsbeitrags ist auf der Grundlage der Bescheide nachvollziehbar. Hierbei ist es unerheblich, dass den Bescheiden keine Flächenberechnung beigefügt wurde. Schließlich übermittelte die Beklagte den Klägern bereits mit Schreiben vom 13. September 2012 das Geschossflächenbestandsblatt, in dem eine Geschossfläche von 215,05 m2 angegeben war.

Die Flächenberechnung als solche ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der von den Klägern erhobene Einwand der fehlenden Nachvollziehbarkeit dringt nicht durch. Zwar hat keine tatsächliche Vermessung des Dachgeschosses durch die Beklagte stattgefunden. Vielmehr hat die Beklagte die Maße ausweislich des Schreibens vom 3. Januar 2006 sowie der E-Mail der Verwaltungsgemeinschaft F. vom 24. April 2013 dem Bauantrag von Frau S. entnommen und an die Maße des Erdgeschosses angepasst. Hierbei hat sie darauf aufmerksam gemacht, dass zumindest das Erdgeschoss im Rahmen der Geschossflächenüberprüfung überprüft und besichtigt worden sei. Das Vorgehen der Beklagten lässt sich nicht gegen die Nachvollziehbarkeit der Flächenberechnung anführen. Schließlich beruhte es auf dem Umstand, dass die Kläger ihren Mitteilungspflichten als Beitragspflichtige nicht nachgekommen sind. Gemäß § 14 BGS-EWS sind die Beitragsschuldner verpflichtet, der Gemeinde für die Höhe der Schuld maßgebliche Veränderungen unverzüglich zu melden sowie über den Umfang dieser Veränderungen - auf Verlangen auch unter Vorlage entsprechender Unterlagen - Auskunft zu erteilen. Diese Mitwirkungspflicht wurde mit Wirkung zum 1. April 2014 nunmehr auch in Art. 5 Abs. 2a Satz 2 KAG niedergelegt. Die Kläger haben gegen diese Pflicht verstoßen. Denn sie haben die Beklagte nicht über die Fertigstellung des Dachgeschossausbaus in Kenntnis gesetzt. Der im Dezember 2005 von Frau S. gestellte Bauantrag kann nicht als Erfüllung der Mitwirkungspflicht erachtet werden. Schließlich war zu diesem Zeitpunkt der Beitragstatbestand für die Nacherhebung noch nicht verwirklicht. Dies war erst mit der Fertigstellung des Dachgeschossausbaus der Fall (vgl. § 3 Abs. 2 BGS-EWS). Die Anzeige der Aufnahme der Nutzung des Dachgeschosses gegenüber dem Landratsamt R.-G. durch Frau S. kann ebenfalls nicht als eine Wahrnehmung der Mitwirkungspflicht nach § 14 BGS-EWS erachtet werden. Denn die Zuständigkeit für die Beitragserhebung liegt bei der Beklagten und nicht beim Landratsamt. Der genaue Verlauf der von der Beklagten am 12. Juni 2008 vorgenommenen Geschossflächenüberprüfung ist zwischen den Beteiligten umstritten. Auch in Anbetracht der Ausführungen des Bevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestehen aber keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger der Beklagten an diesem Termin einen Zugang zur streitgegenständlichen Geschossfläche ermöglicht hätten. Konkrete Angaben zur Geschossfläche erfolgten seitens der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht. Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Beklagte auf diese Weise Anstrengungen unternahm, um eine tatsächliche Vermessung der Dachgeschossfläche zu ermöglichen. Der Verstoß der Kläger gegen ihre Auskunftspflicht als Beitragsschuldner darf nicht zum Nachteil des Beitragsgläubigers gereichen. Vorliegend beruhte die Zugrundelegung der Maße des Bauantrags bei der Flächenberechnung auf der Untätigkeit der Kläger. Demnach kann dieses Vorgehen der Beklagten nicht gegen die Nachvollziehbarkeit der Beitragsbescheide vorgebracht werden. Schließlich handelt es sich bei den dem Bauantrag entnommenen Maßen um die einzigen der Beklagten vorliegenden Angaben zur Dachgeschossfläche.

Der Einwand der Kläger, wonach in dem von der Beklagten übermittelten „Auszug aus den angewendeten Beitrags- und Gebührensatzungen mit einigen Hinweisen“ bei Dachgeschossen eine Flächenberechnung „bis zur Außenwand“ angegeben sei, während die BGS-EWS eine „Flächenberechnung nach den Außenmaßen“ vorsehe, steht der Nachvollziehbarkeit der Beitragsbescheide ebenfalls nicht entgegen. Maßgeblich für die Flächenberechnung sind ausschließlich die satzungsrechtlichen Vorgaben. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 BGS-EWS wird die Geschossfläche nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Geschossen ermittelt, wobei Dachgeschosse nur soweit herangezogen werden, soweit sie ausgebaut sind.

1.2 Es ist auch keine Verjährung eingetreten. Die Festsetzungsverjährungsfrist beläuft sich auf vier Jahre (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO). Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitrag entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Wird eine Veränderung der Fläche, der Bebauung oder der Nutzung des Grundstücks vorgenommen, die beitragsrechtliche Auswirkungen hat, entsteht die Beitragsschuld mit dem Abschluss der Maßnahme (§ 3 Abs. 2 BGS-EWS; BayVGH, B. v. 5.1.2000 - 23 ZB 99.2490 - BayVBl. 2000, 350). Das Schreiben der Beklagten vom 3. Januar 2006 ist als eine bloße Ankündigung der Nacherhebung für den Ausbau des Dachgeschosses zu erachten, denn der Beitragstatbestand für den Dachgeschossausbau war erst mit dessen Fertigstellung im Jahr 2007 erfüllt.

Allerdings trat eine Anlaufhemmung der Festsetzungsverjährungsfrist ein. Wenn die Forderung zum Zeitpunkt ihres Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, beginnt die Festsetzungsverjährungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Berechnung möglich ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 1 KAG i. V. m. § 170 AO). Dies ist der Fall, wenn die Gemeinde keine Kenntnis von der Geschossflächenerweiterung erhält (Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Stand Oktober 2014, Teil III, Frage 8, Ziff. 2.3.1, Frage 9, Ziff. 10.1; Nitsche/Baumann/Schwamberger, Satzungen zur Wasserversorgung, Stand April 2015, 20.03 Ziff. 3 c) ). Ein Verstoß der Beitragsschuldner gegen die Mitwirkungspflicht wirkt sich jedoch nur dann aus, wenn der Beitragsgläubiger nicht auf andere Weise von der Verwirklichung des Beitragstatbestands erfährt oder den Sachverhalt ohne besondere Schwierigkeiten hätte feststellen können (Ehmann, in: Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Stand: Januar 2014, Art. 13, Rn. 125; BayVGH, B. v. 30.8.1996 - 23 CS 95.2267 - GK 1997, 131; B. v. 28.7.1999 - 23 ZB 99.1553 - BayVBl. 2000, 127; VG München, B. v. 14.5.2010 - M 10 S 09.5721 - juris). Die Kläger haben, wie bereits zuvor ausgeführt, gegen ihre Mitwirkungspflichten aus § 14 BGS-EWS verstoßen. Dies gereicht ihnen nicht nur im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der Flächenberechnung, sondern auch hinsichtlich des Anlaufs der Festsetzungsverjährungsfrist zum Nachteil. Eine Kenntniserlangung des Beitragsgläubigers liegt vor, „wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zum Erlass des Bescheides berufene Beamte oder ein sonst behördlich zur rechtlichen Überprüfung des Bescheides berufener Amtswalter die den Erlass des Bescheides rechtfertigenden Tatsachen feststellt“ (Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Stand Oktober 2014, Teil III, Frage 8, Ziff. 2.3.1; BayVGH, U. v. 20.2.1991 - 4 B 87.3487 - GK 1991, Rn. 194; B. v. 28.7.1999 - 23 ZB 99.1553 - BayVBl. 2000, 127; BVerwG, B. v. 19.12.1984 - Gr. Sen. 1/84 - BVerwGE 70, 356). In Anbetracht dieser Anforderungen hat die Beklagte frühestens im Jahr 2008 Kenntnis vom Nacherhebungstatbestand erlangt. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Beendigung des Dachgeschossausbaus trotz der unterlassenen Anzeige ohne besondere Schwierigkeiten hätte feststellen können. Die Auffassung der Kläger, wonach die Aufnahme der Nutzung des Dachgeschosses für jedermann sichtbar gewesen sei, ist für eine Kenntniserlangung unzureichend. Schließlich ist das Wissen des nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung für den Erlass des Beitragsbescheids berufenen Beamten maßgeblich. Das Schreiben der Beklagten vom 3. Juni 2006, in dem diese für den bevorstehenden Ausbau eine Nacherhebung ankündigte, kann ebenfalls nicht für eine Kenntnis angeführt werden. Schließlich war der Nacherhebungstatbestand zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt. Die durch Frau S. erfolgte Anzeige der Aufnahme der Nutzung des Dachgeschosses gegenüber dem Landratsamt R.-G. ist hierfür ebenfalls unzureichend, da dieses über keine Zuständigkeit für die Beitragserhebung verfügt. Entsprechendes gilt für die Feststellung der Fertigstellung des Dachgeschossausbaus durch den Baukontrolleur des Landratsamtes R.-G. im Jahr 2008. Der Einwand der Kläger, wonach die Beklagte eigene Ermittlungen habe anstellen müssen, dringt nicht durch. Die Gemeinde ist nur bei der erstmaligen Veranlagung eines Gebäudes zu Ermittlungen verpflichtet, nicht aber im Hinblick auf nachträgliche Veränderungen (Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Stand Oktober 2014, Teil IV, Frage 26, Ziff. 3.6). Dies ist im Umkehrschluss auch der Mitteilungspflicht der Beitragsschuldner nach § 14 BGS-EWS zu entnehmen. Demnach hat die Beklagte frühestens am 12. Juni 2008 im Rahmen ihrer Geschossflächenüberprüfung Kenntnis von der Fertigstellung des Dachgeschossausbaus erlangt, wobei der genaue Verlauf dieses Termins nicht aufgeklärt werden konnte. Hierauf kommt es jedoch nicht an: Selbst wenn man von einer Kenntniserlangung zu diesem Zeitpunkt ausginge, wäre die Festsetzungsverjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2008 angelaufen und erst zum Ende des Jahres 2012 abgelaufen. Die Beklagte hat mit dem Erlass der streitgegenständlichen Bescheide am 16. Oktober 2012 die Festsetzungsverjährungsfrist gewahrt.

Auch die Verjährungshöchstgrenze von 30 Jahren ist gewahrt. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist die Vorschrift des § 169 Abs. 1 AO mit der Maßgabe anzuwenden, dass über Abs. 1 Satz 1 hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; im Falle eines Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG beträgt die Frist 25 Jahre. Allerdings beläuft sich die Verjährungshöchstgrenze für Beiträge, die wie hier vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt wurden, gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG einheitlich auf 30 Jahre (vgl. Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Stand Oktober 2014, Teil III, Frage 9, Ziff. 10.1).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.