I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Schulwegbeförderung seines zum 12. September 2017 in der ersten Klasse schulpflichtigen Sohnes N. ab der Haustür.
Der Antragsteller bewohnt mit seiner Familie (Ehefrau, Sohn N. sowie dessen zweijährigem Geschwisterkind) einen zum Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gehörenden, abgelegenen Weiler, der nicht an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen ist.
Mit Schreiben vom 15. März 2017 bat die Antragsgegnerin den Antragsteller den Sohn N. gegen Wegstreckenentschädigung selbst zur Schule zu bringen und abzuholen. Dies lehnte der Antragsteller zunächst telefonisch unter Hinweis auf die mangelnde Verfügbarkeit eines Fahrzeugs ab und beantragte mit Schreiben vom 16. April 2017 die Schulwegbeförderung für den Sohn N. durch die Antragsgegnerin ab der Haustüre.
Nach weiterem Schriftwechsel unter Einbeziehung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. Juli 2017, den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 20. Juli 2017 zugegangen, den Antrag auf Schülerbeförderung ab der Haustüre ab (Ziffer 1) und bot dem Antragsteller stattdessen die Wahl zwischen einer Wegstreckenentschädigung von 6,00 EUR pro Tag bei Beförderung mit einem privaten PKW (Ziffer 2 Buchst. a) oder eine Wegstreckenentschädigung von 4,00 EUR pro Tag sowie die Übernahme der Busfahrkarte bei einer Beförderung mit einem privaten PKW zur nächstgelegenen, 4 km entfernten, Bushaltestelle (Ziffer 2 Buchst. b). Zugleich erhob sie für den Bescheid Gebühren in Höhe von 100 EUR und Auslagen für die PZU (Ziffer 3 und 4). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV) i.d.F. v. 8. September 1994 (GVBl. S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch V.v. 14. Juni 2017 (GVBl. S. 381), bestehe eine Beförderungspflicht für den Schüler N. Da der Weiler … nicht an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden sei, könne der Aufgabenträger seine Beförderungspflicht auch dadurch erfüllen, dass er für den zumutbaren Einsatz von privaten Kraftfahrzeugen (PKW) eine Wegstreckenentschädigung anbiete. Es seien zwei Angebote von Taxiunternehmen eingeholt worden, die mit 40,90 EUR pro Tag bzw. 33 EUR pro Tag jeweils weitaus teurer als die dem Antragsteller angebotenen Wahlmöglichkeiten seien. Die relativ kurze Wegstrecke von der … zur Schule sei mit 6 km und mit einer Fahrzeit von ca. 9 Minuten keine unverhältnismäßige Belastung für die Familie. Auch sei es zumutbar, dabei auf die Hilfe von Dritten wie beispielsweise Großeltern, Nachbarn und Verwandten zurückzugreifen. Die Kosten einer anderen als einer der beiden angebotenen Lösungen wären unverhältnismäßig höher und aufgrund der ohnehin knappen Haushaltslage der Antragsgegnerin nicht zu verantworten. Sofern in der Vergangenheit individuelle Lösungen bei der Schülerbeförderung gefunden worden seien, seien immer mehrere Kinder von den Weilern zu befördern gewesen, so dass eine Beförderung für die Antragsgegnerin wirtschaftlicher gewesen sei. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 17. Juli 2017 Bezug genommen.
Dagegen ließ der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg, dort vorab als Telefax am 16. August 2017 eingegangen, erheben. Für die näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des Verfahrens W 2 K 17.875 Bezug genommen.
Auf richterlichen Hinweis, dass vor Schulbeginn am 12. September 2017 nicht mit einer Entscheidung in der Hauptsache zu rechnen sei, beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. August 2017, beim Verwaltungsgericht Würzburg vorab als Telefax am 29. August 2017 eingegangen, einstweiligen Rechtsschutz.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Da mit einer Entscheidung in der Hauptsache nicht vor Schulbeginn zum 12. September 2017 zu rechnen sei, bestehe ein Anordnungsgrund. Der Antragsteller könne sich auch auf einen Anordnungsanspruch berufen. Der Ablehnungsbescheid vom 17. Juli 2017 sei auch bei einer summarischen Prüfung im Eilverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig anzusehen. Von einer subjektiven Rechtsverletzung könne ausgegangen werden. Es sei weder dem Antragssteller noch seiner Frau, der Mutter von N., möglich, N. täglich zur Schule zu bringen und von dort abzuholen. Der Familie stünde lediglich ein PKW zur Verfügung, den der Antragsteller für die tägliche Fahrt zur Arbeit benötige. Der Antragsteller arbeite als Angestellter in Hobbach. Seine Arbeitszeit sei auf 6.00 Uhr bis 16.00 Uhr festgelegt. Arbeitszeitabweichungen seien nicht möglich. Es sei dem Antragsteller deshalb nicht möglich, N. auf dem Weg zur Arbeit zur Schule oder zur Bushaltestelle zu fahren. Einen Zweitwagen besitze die Familie nicht. Sie könne sich dies aus finanziellen Gründen nicht leisten. Es sei auch nicht verhältnismäßig, einen Zweitwagen alleine zur Schulwegbeförderung anzuschaffen. Es sei der Ehefrau des Antragstellers auch nicht zuzumuten, den Antragsteller morgens zur Arbeit zu fahren, um so das Fahrzeug zur Beförderung von N. zur Verfügung zu haben. Da der Antragsteller das Haus um kurz nach fünf Uhr verlasse, müsste die Ehefrau die Kinder bereits vor fünf Uhr wecken und fertig machen, so dass eine gemeinsame Fahrt zur Arbeitsstelle des Antragstellers nicht möglich sei. Soweit die Antragsgegnerin den Antragsteller auf die Hilfe Dritter, beispielsweise der Großeltern, verweise, sei es zwar möglich, das Auto der Großeltern oder Nachbarn gelegentlich auszuleihen, jedoch keinesfalls regelmäßig und verlässlich immer zu Schulbeginn und Schulende. Als der Sohn den Kindergarten besucht habe, habe die Familie tatsächlich gelegentlich auf das Fahrzeug der Großeltern zurückgreifen können. Dies sei jedoch keinesfalls täglich oder überhaupt regelmäßig möglich. Beide Großeltern seien berufstätig und benötigten ihre privaten PKWs berufsbedingt. Der Firmenwagen des Großvaters könne schon aus versicherungstechnischen Gründen nicht benutzt werden. Eine leihweise Nutzung der privaten PKWs sei immer nur sporadisch und nach Absprache möglich. Zu Kindergartenzeiten habe das kein Problem dargestellt, weil N. dann tageweise dem Kindergarten ferngeblieben sei. Die von der Antragsgegnerin angebotene Wegstreckenentschädigung gehe deshalb ins Leere. Der Einsatz anderer Verkehrsmittel sei notwendig, ohne dass es auf eine etwaige Wirtschaftlichkeit im Hinblick auf den Vergleich Wegstreckenentschädigung – Taxiskosten ankomme. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 28. August 2017 und vom 5. September 2017 Bezug genommen.
Der Antragsteller lässt beantragen,
„die Antragsgegnerin unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17. Juli 2017 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antrag des Antragstellers auf Schülerbeförderung seines Sohnes N* … … ab der Haustüre vorläufig zu entsprechen.“
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag zwar zulässig, jedoch unbegründet sei. Es werde inhaltlich auf den Bescheid vom 17. Juli 2017 und den Vortrag im Hauptsacheverfahren Bezug genommen. Der Einsatz eines privaten PKWs führe nicht zu ganz unverhältnismäßigen, letztlich nicht tragbaren Belastungen für die Familie des Antragstellers. Auf dem gleichen Anwesen wie die Familie des Antragstellers wohnten auch dessen Schwiegereltern, die Großeltern von N., die über zwei weitere PKWs verfügten. Zusätzlich besitze der Schwiegervater des Antragstellers ein Firmenfahrzeug für seine Arbeitswege. Zudem sei es der Familie zumutbar, den täglichen Arbeitsweg des Antragstellers so zu gestalten, dass der PKW der Familie für die Schulwegbeförderung von N. zur Verfügung stehe. Von der 4 km entfernten Bushaltestelle fahre um 5:26 Uhr ein Bus, der um 5:33 Uhr in Laufweite der Arbeitsstelle des Antragstellers halte. Die Ehefrau könne den Antragsteller morgens zur Bushaltestelle oder direkt zu seiner 9,2 km entfernten Arbeitsstelle fahren, ohne dafür die Kinder wecken zu müssen. Die kurzfristige Betreuung der Kinder bis zur Rückkehr der Mutter könne durch die Großeltern übernommen werden, da zu diesem frühen Zeitpunkt davon auszugehen sei, dass zumindest ein Großelternteil zuhause sei. Auch die Rückkehr des Antragstellers sei mithilfe des ÖPNV kombiniert mit Abholung durch die Ehefrau mit dem PKW bei Mitnahme der Kinder oder wiederum kurzfristiger Betreuung durch die Großeltern möglich. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30. August 2017 Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren der Hauptsache W 2 K 17.875 sowie die Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund der glaubhaft gemachten Eilbedürftigkeit im Hinblick auf den Schulbeginn zum 12. September 2017 davon auszugehen, dass der Antragsteller den Antrag im Hinblick auf das gemeinsame Sorgerecht auch Namens und mit Vollmacht seiner Ehefrau und Mutter des gemeinsamen Sohnes N. erhoben hat. In der Hauptsache wurde eine entsprechende Vollmacht inzwischen vorgelegt.
Zwar steht das Recht auf Beförderung zur Schule zunächst dem Schüler zu, jedoch werden in der Rechtsprechung – jedenfalls für den Fall eines Erstattungsanspruches – auch die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten weitgehend zusätzlich als Anspruchsinhaber angesehen (vgl. VG Bayreuth, U.v. 14.3.2011 – B 3 K 10.791; VG Ansbach, U.v. 8.10.2015 – AN 2 K 13.01829; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2016 – B 3 K 16.105 – jeweils juris). Ob es sich bei dem primären Beförderungsanspruch, der sich erst durch Zeitablauf in einen Erstattungsanspruch wandelt, um ein höchstpersönliches Recht des Schülers handelt, das nicht von den sorgeberechtigten Eltern als eigener Anspruch geltend gemacht werden kann, kann für das Eilverfahren offen bleiben. Der Antrag ist – trotz anwaltlicher Vertretung – dahingehend auslegungsfähig, dass er im Zweifel vom Vater – ermächtigt durch die Mutter – auch im Rahmen der Wahrnehmung des gemeinsamen Sorgerechts als gesetzliche Vertreter des Sohnes erhoben werden sollte.
2. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist demnach das Vorliegen eines Rechts, dessen Sicherung die Anordnung dient (Anordnungsanspruch) sowie die drohende Vereitelung oder Erschwerung dieses Anspruchs (Anordnungsgrund). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Wegen der Eilbedürftigkeit des Anordnungsverfahrens sind die Anforderungen an das Beweismaß und somit auch an den Umfang der Ermittlung von Sach- und Rechtslage geringer als im Hauptsacheverfahren. Es genügt eine nur summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 24).
2.1 Eine einstweilige Anordnung hat sich nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO und entsprechend dem Sicherungszweck des Anordnungsverfahrens grundsätzlich auf die Regelung eines vorläufigen Zustandes zu beschränken, die der Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren im Hauptsacheverfahren nicht vorgreifen darf. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur ausnahmsweise zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zulässig. Dies setzt voraus, dass andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile drohen, die durch die Hauptsacheentscheidung nicht mehr beseitigt werden können (vgl. BVerfG, B.v. 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – juris; BVerwG, B.v. 21.3.1997 – 11 VR 3.97 – juris), und dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren erkennbar Erfolg haben muss, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1999 – 2 VR 1.99 – juris).
Von einer Vorwegnahme der Hauptsache ist im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen. Zwar kann die bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache tatsächlich geleistete Schülerbeförderung nicht wieder revidiert werden, dies ist einer vorläufigen Anordnung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses jedoch bis zu einem gewissen Grad inhärent und führt nicht zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 14.). Es verbleibt mithin beim Prüfungsmaßstab der überwiegenden Erfolgsaussichten.
2.2 Gemessen an diesen Anforderungen hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht. Bei der im einstweiligen Rechtschutzverfahren alleine gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist es als überwiegend wahrscheinlich anzusehen, dass ein Schulwegbeförderungsanspruch für den Sohn N. ab dem Weiler „…“ besteht.
2.2.1 Gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SchBefV ist die notwendige Beförderung der Schülerinnen und Schüler öffentlicher Grundschulen durch den Aufgabenträger, d.h. der Antragsgegnerin als Schulaufwandsträger, sicherzustellen.
2.2.2 Auch nach Auffassung der Antragsgegnerin besteht auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV eine Beförderungspflicht für N. zu der von ihm ab 12. September 2017 besuchten Grundschule.
2.2.3 Maßgeblich für die Erfolgsaussichten der Hauptsache ist mithin alleine, ob die Antragsgegnerin dieser Beförderungspflicht dadurch nachkommen kann, dass sie – wie im Bescheiden vom 17. Juli 2017 festgesetzt – dem Antragsgegner eine Wegstreckenentschädigung für die Beförderung mit einem privaten PKW zur Schule bzw. unter weiterer Kostenübernahme der ÖPNV-Fahrkarten zur nächstgelegenen Bushaltestelle anbietet.
2.2.3.1 Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Beförderung von „Tür zu Tür“. So schließt § 2 Abs. 2 Nr. 1 SchBefV nicht aus, dass auch bei bestehender Beförderungspflicht auf dem Schulweg unter Umständen Restwege von und zu Haltestellen verbleiben können. Ob es sich dabei um einen – hinzunehmenden – Restweg zur nächstgelegenen Haltestelle handelt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. dazu BayVGH, U.v. 7.4.2015 – 7 B 14.1636 – juris). Da es sich bei N. um einen Grundschüler handelt, ist ihm eine Wegstrecke von ca. 4 km zur nächstgelegenen Bushaltestelle schon im Hinblick auf den Wertungsmaßstab des § 2 Abs. 2 Satz 1 SchBefV – unabhängig von der konkreten Wegbeschaffenheit – als „Restweg“ nicht zuzumuten. Wie von der Antragsgegnerin auch nicht bestritten, erstreckt sich deren Beförderungspflicht mithin auch auf die Strecke zwischen Weiler und Bushaltestelle.
2.2.3.2 Da für diese Strecke die in § 3 Abs. 1 Satz 1 SchBefV als vorrangig vorgesehene Beförderung mit Hilfe des öffentlichen Personenverkehrs mangels bestehender Anbindung nicht möglich ist, müssen gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 SchBefV andere Verkehrsmittel zum Einsatz kommen, ohne dass es dabei zunächst auf die Frage der „Wirtschaftlichkeit“ ankommt.
2.2.3.3 Relevant ist diese Frage erst bei der von der Antragsgegnerin zu treffenden Auswahl des dafür genutzten Verkehrsmittels. So eröffnet § 3 Abs. 3 Satz 1 SchBefV gerade unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit die Möglichkeit für den Einzelfall, die Beförderungspflicht auch durch das Anbieten einer Wegstreckenentschädigung für den zumutbaren Einsatz von privaten Kraftfahrzeugen anzubieten.
Ein entsprechendes Auswahlermessen eröffnet sich der Antragsgegnerin jedoch nur dann, wenn der Einsatz eines PKWs auch im konkreten Fall tatsächlich zumutbar ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff „zumutbar“ auf der Tatbestandsseite der Norm, ist gerichtlich voll überprüfbar. Für die Frage der Zumutbarkeit kann nicht allein abstrakt auf die relativ kurze Strecke und Dauer der notwendigen Beförderung zu Bushaltestelle bzw. Schule abgestellt werden. Vielmehr sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und einzubeziehen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist der Einsatz eines PKWs nicht schon dann unzumutbar, wenn er für die Erziehungsberechtigten zu Unbequemlichkeiten und unangenehmen zeitlichen Bindungen oder für den Schüler zu gelegentlichen Wartezeiten von geringer Dauer führt. Unzumutbarkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn der Einsatz des PKWs zu ganz unverhältnismäßigen, für die Eltern letztlich nicht tragbaren Belastungen führt (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.1997 – ZB 96.3121). All diese tatsächlichen Umstände hat die Antragsgegnerin vorab zu ermitteln (Art. 24 Abs. 1 und 2 BayVwVfG).
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes alleine möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist hier jedoch davon auszugehen, dass die Schulwegbeförderung von N. mittels privatem PKW zu einer Belastung führen würde, die die Zumutbarkeitsgrenze des § 3 Abs. 3 Satz 1 SchBefV überschreitet.
Da den ebenfalls auf dem Anwesen ansässigen Großeltern von N. auch aus der grundsätzlich bestehenden Unterhaltsverpflichtung des § 1601 BGB keine Rechtspflicht erwächst, den Eltern des Schülers N. für dessen tägliche Schulwegbeförderung ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, kann bei der Frage der Verfügbarkeit lediglich auf das eigene Fahrzeug der Eltern abgestellt werden. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass den Eltern von N. die Fahrzeuge der Großeltern für den täglichen Beförderungsbedarf der Kinder bzw. Enkelkinder uneingeschränkt zur Verfügung stünden, kann schon nicht allein aus der Tatsache gefolgert werden, dass auf die Großeltern mehrere Fahrzeuge zugelassen sind und für die Mutter des N. punktuell die Nutzung eines der auf die Großeltern zugelassenen Fahrzeuge angenommen wurde. Insbesondere in Anbetracht der Berufstätigkeit der Großeltern ist vielmehr glaubhaft, dass zwar ein gelegentliches Ausleihen im Rahmen gelebter Familiensolidarität möglich ist. Es kann aber nicht eingefordert werden, dass die Großeltern sich in der Nutzung ihrer Fahrzeuge so einschränken, dass täglich zu den schulischen Bring- und Abholzeiten eines ihrer Fahrzeuge für die Schulwegbeförderung von N. für dessen Mutter zur Verfügung steht.
Nicht zumutbar erscheint dem Gericht bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zudem die vom Antragsgegner schriftsätzlich vorgetragene Möglichkeit, das vorhandene Fahrzeug der Eltern für die Schulwegbeförderung von N nutzen zu können, indem die Mutter den Antragsteller morgens zur Bushaltestelle fährt, damit er dort um 5:26 Uhr mit dem Bus zu seiner Arbeitsstelle fahren kann. Zwar scheitert die Zumutbarkeit dieser Möglichkeit wohl nicht bereits daran, dass die Mutter entsprechend früh aufstehen und ihren Ehemann zur Bushaltestelle fahren müsste. Nicht zumutbar erscheint jedoch, dass auch in diesem Fall die Großeltern ohne bestehende Rechtspflicht in die Betreuung der Kinder bzw. Enkelkinder durch Übernahme der Verantwortung bis zur Rückkehr der Mutter täglich eingebunden werden müssten. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Betreuungsaufwand aufgrund der frühen Uhrzeit, bei der regelmäßig davon auszugehen ist, dass die Kinder noch schlafen, gering sein könnte, so wäre damit jedoch verbunden, dass mindestens ein Großelternteil ebenfalls bereits um 5:00 Uhr aufsteht und sich in die Wohnung der Eltern begibt. Dies mag von den sorgeberechtigten Eltern als „Unbequemlichkeit“ abverlangt werden können, nicht jedoch von den gerade nicht in der Pflicht stehenden Großeltern. Die Übernahme einer solch dauerhaften Obliegenheit mag – wie vom Antragsgegner beschrieben – in manchen Familien auch heute noch üblich sein, sie kann jedoch – selbst bei einer Wohnung auf dem gleichen Anwesen – nicht vom Antragsgegner als primär Beförderungspflichtigem von den Großeltern eingefordert bzw. vorausgesetzt werden, zumal die Antragsgegnerin sich ihrerseits lediglich auf eine Spekulation stützt, die konkreten Umstände aber nicht ermittelt hat. Anders als in der vom Verwaltungsgericht Ansbach im Urteil vom 9. Februar 2012 (AN 2 K 11.02138 – juris) entschiedenen Fallkonstellation geht es dabei gerade nicht um die „grundsätzliche Möglichkeit“ ein Kleinkind gelegentlich bei Verwandten lassen zu können, statt es bei der Fahrt zur Schule des älteren Geschwisterkindes mitzunehmen. Es geht vielmehr um die Übernahme einer festen Betreuungsleistung, die das tägliche Aufstehen um 5:00 Uhr voraussetzt. Eine Ausweichmöglichkeit steht dem Antragsteller und seiner Familie gerade nicht zur Verfügung. Unter dem Gesichtspunkt der elterlichen Aufsichtspflicht wäre es indiskutabel, die beiden (schlafenden) sechs- und zweijährigen Kinder täglich – und sei es auch nur für die kurze Fahrdauer zur Bushaltestelle und zurück – alleine in der Wohnung zu lassen. Zwar ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof noch in seinem Urteil vom 11. Juni 1997 (a.a.O.) davon ausgegangen, dass Babys für kurze Zeit unbeaufsichtigt bleiben könnten. Jedoch entspricht dies jedenfalls nicht mehr dem heutigen Verständnis elterlicher Aufsichtspflicht, zumal es sich gerade nicht um einen – in seiner Mobilität noch sehr eingeschränkten – Säugling handelt, sondern um zwei völlig mobile Kinder, denen altersbedingt noch die Verstandesreife zu eigenverantwortlichem Handeln im Falle eines vorzeitigen Aufwachens fehlt. Im Hinblick auf das Kindeswohl wäre es ebenso wenig tragbar, die beiden Kinder vor 5:00 Uhr aus dem Schlaf zu reißen, um sie bei der Fahrt zur Bushaltestelle und zurück im Auto mitzunehmen. Im Übrigen sind etwaige krankheitsbedingte Probleme noch nicht berücksichtigt (Kinder, Eltern, Großeltern).
Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Einsatz eines privaten PKW im konkreten Fall mithin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unzumutbar, so dass der Antragsgegnerin die Möglichkeit nicht eröffnet ist, ihre Beförderungspflicht durch das Anbieten einer Wegstreckenentschädigung für den Einsatz eines privaten PKWs zu erfüllen.
2.2.4 Es verbleibt mithin bei der grundsätzlichen Beförderungspflicht des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV, bei deren Erfüllung die Antragsgegnerin gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV auf andere Verkehrsmittel als den ÖPNV zurückgreifen kann bzw. muss.
2.2.5 Im Rahmen ihrer Umsetzungskompetenz bleibt es der Antragsgegnerin dabei die Wahl offen, mit welchen Mitteln sie dies bewerkstelligt. Ihr bleibt es beispielsweise unbenommen, unter Einbeziehung des ÖPNV ab der Bushaltestelle „Altes Rathaus“ eine für den Schüler N. – und dessen Eltern – zumutbare Lösung mittels Schulbus, Taxi oder ggf. auch in Absprache mit dem überörtlichen Träger des ÖPNV oder auch gemeindeeigenen Fahrzeuge zu finden. So wäre dem Schüler N. – ggf. unter Begleitung seiner Mutter – im Hinblick auf den Wertungsmaßstab des § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV auch ein – zu Fuß gefahrlos begehbarer – Restweg von bis zu zwei Kilometern grundsätzlich zumutbar.
In diesem Sinne besteht – bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage – ein Anordnungsanspruch.
3. Da die Beförderungspflicht mit Beginn des Schuljahres 2017/18 zum 12. September 2017, mithin weit vor einer möglichen Terminierung der Hauptsache, eintritt, hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da es sich vorliegend um keine Vorwegnahme der Hauptsache handelt und sich das Begehren in der Hauptsache nur auf die Zulassung zur Examensprüfung bezieht, hält die Kammer den halben Auffangstreitwert für angemessen.