Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Sohn des Antragstellers, N…, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache (W 2 K 17.875) ab Schulbeginn zum 12. September 2017 von Weiler „…“ zur Schule zu befördern.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Schulwegbeförderung seines zum 12. September 2017 in der ersten Klasse schulpflichtigen Sohnes N. ab der Haustür.

Der Antragsteller bewohnt mit seiner Familie (Ehefrau, Sohn N. sowie dessen zweijährigem Geschwisterkind) einen zum Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gehörenden, abgelegenen Weiler, der nicht an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen ist.

Mit Schreiben vom 15. März 2017 bat die Antragsgegnerin den Antragsteller den Sohn N. gegen Wegstreckenentschädigung selbst zur Schule zu bringen und abzuholen. Dies lehnte der Antragsteller zunächst telefonisch unter Hinweis auf die mangelnde Verfügbarkeit eines Fahrzeugs ab und beantragte mit Schreiben vom 16. April 2017 die Schulwegbeförderung für den Sohn N. durch die Antragsgegnerin ab der Haustüre.

Nach weiterem Schriftwechsel unter Einbeziehung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. Juli 2017, den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 20. Juli 2017 zugegangen, den Antrag auf Schülerbeförderung ab der Haustüre ab (Ziffer 1) und bot dem Antragsteller stattdessen die Wahl zwischen einer Wegstreckenentschädigung von 6,00 EUR pro Tag bei Beförderung mit einem privaten PKW (Ziffer 2 Buchst. a) oder eine Wegstreckenentschädigung von 4,00 EUR pro Tag sowie die Übernahme der Busfahrkarte bei einer Beförderung mit einem privaten PKW zur nächstgelegenen, 4 km entfernten, Bushaltestelle (Ziffer 2 Buchst. b). Zugleich erhob sie für den Bescheid Gebühren in Höhe von 100 EUR und Auslagen für die PZU (Ziffer 3 und 4). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV) i.d.F. v. 8. September 1994 (GVBl. S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch V.v. 14. Juni 2017 (GVBl. S. 381), bestehe eine Beförderungspflicht für den Schüler N. Da der Weiler … nicht an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden sei, könne der Aufgabenträger seine Beförderungspflicht auch dadurch erfüllen, dass er für den zumutbaren Einsatz von privaten Kraftfahrzeugen (PKW) eine Wegstreckenentschädigung anbiete. Es seien zwei Angebote von Taxiunternehmen eingeholt worden, die mit 40,90 EUR pro Tag bzw. 33 EUR pro Tag jeweils weitaus teurer als die dem Antragsteller angebotenen Wahlmöglichkeiten seien. Die relativ kurze Wegstrecke von der … zur Schule sei mit 6 km und mit einer Fahrzeit von ca. 9 Minuten keine unverhältnismäßige Belastung für die Familie. Auch sei es zumutbar, dabei auf die Hilfe von Dritten wie beispielsweise Großeltern, Nachbarn und Verwandten zurückzugreifen. Die Kosten einer anderen als einer der beiden angebotenen Lösungen wären unverhältnismäßig höher und aufgrund der ohnehin knappen Haushaltslage der Antragsgegnerin nicht zu verantworten. Sofern in der Vergangenheit individuelle Lösungen bei der Schülerbeförderung gefunden worden seien, seien immer mehrere Kinder von den Weilern zu befördern gewesen, so dass eine Beförderung für die Antragsgegnerin wirtschaftlicher gewesen sei. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 17. Juli 2017 Bezug genommen.

Dagegen ließ der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg, dort vorab als Telefax am 16. August 2017 eingegangen, erheben. Für die näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des Verfahrens W 2 K 17.875 Bezug genommen.

Auf richterlichen Hinweis, dass vor Schulbeginn am 12. September 2017 nicht mit einer Entscheidung in der Hauptsache zu rechnen sei, beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. August 2017, beim Verwaltungsgericht Würzburg vorab als Telefax am 29. August 2017 eingegangen, einstweiligen Rechtsschutz.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

Da mit einer Entscheidung in der Hauptsache nicht vor Schulbeginn zum 12. September 2017 zu rechnen sei, bestehe ein Anordnungsgrund. Der Antragsteller könne sich auch auf einen Anordnungsanspruch berufen. Der Ablehnungsbescheid vom 17. Juli 2017 sei auch bei einer summarischen Prüfung im Eilverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig anzusehen. Von einer subjektiven Rechtsverletzung könne ausgegangen werden. Es sei weder dem Antragssteller noch seiner Frau, der Mutter von N., möglich, N. täglich zur Schule zu bringen und von dort abzuholen. Der Familie stünde lediglich ein PKW zur Verfügung, den der Antragsteller für die tägliche Fahrt zur Arbeit benötige. Der Antragsteller arbeite als Angestellter in Hobbach. Seine Arbeitszeit sei auf 6.00 Uhr bis 16.00 Uhr festgelegt. Arbeitszeitabweichungen seien nicht möglich. Es sei dem Antragsteller deshalb nicht möglich, N. auf dem Weg zur Arbeit zur Schule oder zur Bushaltestelle zu fahren. Einen Zweitwagen besitze die Familie nicht. Sie könne sich dies aus finanziellen Gründen nicht leisten. Es sei auch nicht verhältnismäßig, einen Zweitwagen alleine zur Schulwegbeförderung anzuschaffen. Es sei der Ehefrau des Antragstellers auch nicht zuzumuten, den Antragsteller morgens zur Arbeit zu fahren, um so das Fahrzeug zur Beförderung von N. zur Verfügung zu haben. Da der Antragsteller das Haus um kurz nach fünf Uhr verlasse, müsste die Ehefrau die Kinder bereits vor fünf Uhr wecken und fertig machen, so dass eine gemeinsame Fahrt zur Arbeitsstelle des Antragstellers nicht möglich sei. Soweit die Antragsgegnerin den Antragsteller auf die Hilfe Dritter, beispielsweise der Großeltern, verweise, sei es zwar möglich, das Auto der Großeltern oder Nachbarn gelegentlich auszuleihen, jedoch keinesfalls regelmäßig und verlässlich immer zu Schulbeginn und Schulende. Als der Sohn den Kindergarten besucht habe, habe die Familie tatsächlich gelegentlich auf das Fahrzeug der Großeltern zurückgreifen können. Dies sei jedoch keinesfalls täglich oder überhaupt regelmäßig möglich. Beide Großeltern seien berufstätig und benötigten ihre privaten PKWs berufsbedingt. Der Firmenwagen des Großvaters könne schon aus versicherungstechnischen Gründen nicht benutzt werden. Eine leihweise Nutzung der privaten PKWs sei immer nur sporadisch und nach Absprache möglich. Zu Kindergartenzeiten habe das kein Problem dargestellt, weil N. dann tageweise dem Kindergarten ferngeblieben sei. Die von der Antragsgegnerin angebotene Wegstreckenentschädigung gehe deshalb ins Leere. Der Einsatz anderer Verkehrsmittel sei notwendig, ohne dass es auf eine etwaige Wirtschaftlichkeit im Hinblick auf den Vergleich Wegstreckenentschädigung – Taxiskosten ankomme. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 28. August 2017 und vom 5. September 2017 Bezug genommen.

Der Antragsteller lässt beantragen,

„die Antragsgegnerin unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17. Juli 2017 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antrag des Antragstellers auf Schülerbeförderung seines Sohnes N* … … ab der Haustüre vorläufig zu entsprechen.“

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag zwar zulässig, jedoch unbegründet sei. Es werde inhaltlich auf den Bescheid vom 17. Juli 2017 und den Vortrag im Hauptsacheverfahren Bezug genommen. Der Einsatz eines privaten PKWs führe nicht zu ganz unverhältnismäßigen, letztlich nicht tragbaren Belastungen für die Familie des Antragstellers. Auf dem gleichen Anwesen wie die Familie des Antragstellers wohnten auch dessen Schwiegereltern, die Großeltern von N., die über zwei weitere PKWs verfügten. Zusätzlich besitze der Schwiegervater des Antragstellers ein Firmenfahrzeug für seine Arbeitswege. Zudem sei es der Familie zumutbar, den täglichen Arbeitsweg des Antragstellers so zu gestalten, dass der PKW der Familie für die Schulwegbeförderung von N. zur Verfügung stehe. Von der 4 km entfernten Bushaltestelle fahre um 5:26 Uhr ein Bus, der um 5:33 Uhr in Laufweite der Arbeitsstelle des Antragstellers halte. Die Ehefrau könne den Antragsteller morgens zur Bushaltestelle oder direkt zu seiner 9,2 km entfernten Arbeitsstelle fahren, ohne dafür die Kinder wecken zu müssen. Die kurzfristige Betreuung der Kinder bis zur Rückkehr der Mutter könne durch die Großeltern übernommen werden, da zu diesem frühen Zeitpunkt davon auszugehen sei, dass zumindest ein Großelternteil zuhause sei. Auch die Rückkehr des Antragstellers sei mithilfe des ÖPNV kombiniert mit Abholung durch die Ehefrau mit dem PKW bei Mitnahme der Kinder oder wiederum kurzfristiger Betreuung durch die Großeltern möglich. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30. August 2017 Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren der Hauptsache W 2 K 17.875 sowie die Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund der glaubhaft gemachten Eilbedürftigkeit im Hinblick auf den Schulbeginn zum 12. September 2017 davon auszugehen, dass der Antragsteller den Antrag im Hinblick auf das gemeinsame Sorgerecht auch Namens und mit Vollmacht seiner Ehefrau und Mutter des gemeinsamen Sohnes N. erhoben hat. In der Hauptsache wurde eine entsprechende Vollmacht inzwischen vorgelegt.

Zwar steht das Recht auf Beförderung zur Schule zunächst dem Schüler zu, jedoch werden in der Rechtsprechung – jedenfalls für den Fall eines Erstattungsanspruches – auch die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten weitgehend zusätzlich als Anspruchsinhaber angesehen (vgl. VG Bayreuth, U.v. 14.3.2011 – B 3 K 10.791; VG Ansbach, U.v. 8.10.2015 – AN 2 K 13.01829; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2016 – B 3 K 16.105 – jeweils juris). Ob es sich bei dem primären Beförderungsanspruch, der sich erst durch Zeitablauf in einen Erstattungsanspruch wandelt, um ein höchstpersönliches Recht des Schülers handelt, das nicht von den sorgeberechtigten Eltern als eigener Anspruch geltend gemacht werden kann, kann für das Eilverfahren offen bleiben. Der Antrag ist – trotz anwaltlicher Vertretung – dahingehend auslegungsfähig, dass er im Zweifel vom Vater – ermächtigt durch die Mutter – auch im Rahmen der Wahrnehmung des gemeinsamen Sorgerechts als gesetzliche Vertreter des Sohnes erhoben werden sollte.

2. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist demnach das Vorliegen eines Rechts, dessen Sicherung die Anordnung dient (Anordnungsanspruch) sowie die drohende Vereitelung oder Erschwerung dieses Anspruchs (Anordnungsgrund). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Wegen der Eilbedürftigkeit des Anordnungsverfahrens sind die Anforderungen an das Beweismaß und somit auch an den Umfang der Ermittlung von Sach- und Rechtslage geringer als im Hauptsacheverfahren. Es genügt eine nur summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 24).

2.1 Eine einstweilige Anordnung hat sich nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO und entsprechend dem Sicherungszweck des Anordnungsverfahrens grundsätzlich auf die Regelung eines vorläufigen Zustandes zu beschränken, die der Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren im Hauptsacheverfahren nicht vorgreifen darf. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur ausnahmsweise zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) zulässig. Dies setzt voraus, dass andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile drohen, die durch die Hauptsacheentscheidung nicht mehr beseitigt werden können (vgl. BVerfG, B.v. 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – juris; BVerwG, B.v. 21.3.1997 – 11 VR 3.97 – juris), und dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren erkennbar Erfolg haben muss, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1999 – 2 VR 1.99 – juris).

Von einer Vorwegnahme der Hauptsache ist im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen. Zwar kann die bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache tatsächlich geleistete Schülerbeförderung nicht wieder revidiert werden, dies ist einer vorläufigen Anordnung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses jedoch bis zu einem gewissen Grad inhärent und führt nicht zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 14.). Es verbleibt mithin beim Prüfungsmaßstab der überwiegenden Erfolgsaussichten.

2.2 Gemessen an diesen Anforderungen hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht. Bei der im einstweiligen Rechtschutzverfahren alleine gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist es als überwiegend wahrscheinlich anzusehen, dass ein Schulwegbeförderungsanspruch für den Sohn N. ab dem Weiler „…“ besteht.

2.2.1 Gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SchBefV ist die notwendige Beförderung der Schülerinnen und Schüler öffentlicher Grundschulen durch den Aufgabenträger, d.h. der Antragsgegnerin als Schulaufwandsträger, sicherzustellen.

2.2.2 Auch nach Auffassung der Antragsgegnerin besteht auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV eine Beförderungspflicht für N. zu der von ihm ab 12. September 2017 besuchten Grundschule.

2.2.3 Maßgeblich für die Erfolgsaussichten der Hauptsache ist mithin alleine, ob die Antragsgegnerin dieser Beförderungspflicht dadurch nachkommen kann, dass sie – wie im Bescheiden vom 17. Juli 2017 festgesetzt – dem Antragsgegner eine Wegstreckenentschädigung für die Beförderung mit einem privaten PKW zur Schule bzw. unter weiterer Kostenübernahme der ÖPNV-Fahrkarten zur nächstgelegenen Bushaltestelle anbietet.

2.2.3.1 Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Beförderung von „Tür zu Tür“. So schließt § 2 Abs. 2 Nr. 1 SchBefV nicht aus, dass auch bei bestehender Beförderungspflicht auf dem Schulweg unter Umständen Restwege von und zu Haltestellen verbleiben können. Ob es sich dabei um einen – hinzunehmenden – Restweg zur nächstgelegenen Haltestelle handelt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. dazu BayVGH, U.v. 7.4.2015 – 7 B 14.1636 – juris). Da es sich bei N. um einen Grundschüler handelt, ist ihm eine Wegstrecke von ca. 4 km zur nächstgelegenen Bushaltestelle schon im Hinblick auf den Wertungsmaßstab des § 2 Abs. 2 Satz 1 SchBefV – unabhängig von der konkreten Wegbeschaffenheit – als „Restweg“ nicht zuzumuten. Wie von der Antragsgegnerin auch nicht bestritten, erstreckt sich deren Beförderungspflicht mithin auch auf die Strecke zwischen Weiler und Bushaltestelle.

2.2.3.2 Da für diese Strecke die in § 3 Abs. 1 Satz 1 SchBefV als vorrangig vorgesehene Beförderung mit Hilfe des öffentlichen Personenverkehrs mangels bestehender Anbindung nicht möglich ist, müssen gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 SchBefV andere Verkehrsmittel zum Einsatz kommen, ohne dass es dabei zunächst auf die Frage der „Wirtschaftlichkeit“ ankommt.

2.2.3.3 Relevant ist diese Frage erst bei der von der Antragsgegnerin zu treffenden Auswahl des dafür genutzten Verkehrsmittels. So eröffnet § 3 Abs. 3 Satz 1 SchBefV gerade unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit die Möglichkeit für den Einzelfall, die Beförderungspflicht auch durch das Anbieten einer Wegstreckenentschädigung für den zumutbaren Einsatz von privaten Kraftfahrzeugen anzubieten.

Ein entsprechendes Auswahlermessen eröffnet sich der Antragsgegnerin jedoch nur dann, wenn der Einsatz eines PKWs auch im konkreten Fall tatsächlich zumutbar ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff „zumutbar“ auf der Tatbestandsseite der Norm, ist gerichtlich voll überprüfbar. Für die Frage der Zumutbarkeit kann nicht allein abstrakt auf die relativ kurze Strecke und Dauer der notwendigen Beförderung zu Bushaltestelle bzw. Schule abgestellt werden. Vielmehr sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und einzubeziehen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist der Einsatz eines PKWs nicht schon dann unzumutbar, wenn er für die Erziehungsberechtigten zu Unbequemlichkeiten und unangenehmen zeitlichen Bindungen oder für den Schüler zu gelegentlichen Wartezeiten von geringer Dauer führt. Unzumutbarkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn der Einsatz des PKWs zu ganz unverhältnismäßigen, für die Eltern letztlich nicht tragbaren Belastungen führt (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.1997 – ZB 96.3121). All diese tatsächlichen Umstände hat die Antragsgegnerin vorab zu ermitteln (Art. 24 Abs. 1 und 2 BayVwVfG).

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes alleine möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist hier jedoch davon auszugehen, dass die Schulwegbeförderung von N. mittels privatem PKW zu einer Belastung führen würde, die die Zumutbarkeitsgrenze des § 3 Abs. 3 Satz 1 SchBefV überschreitet.

Da den ebenfalls auf dem Anwesen ansässigen Großeltern von N. auch aus der grundsätzlich bestehenden Unterhaltsverpflichtung des § 1601 BGB keine Rechtspflicht erwächst, den Eltern des Schülers N. für dessen tägliche Schulwegbeförderung ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, kann bei der Frage der Verfügbarkeit lediglich auf das eigene Fahrzeug der Eltern abgestellt werden. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass den Eltern von N. die Fahrzeuge der Großeltern für den täglichen Beförderungsbedarf der Kinder bzw. Enkelkinder uneingeschränkt zur Verfügung stünden, kann schon nicht allein aus der Tatsache gefolgert werden, dass auf die Großeltern mehrere Fahrzeuge zugelassen sind und für die Mutter des N. punktuell die Nutzung eines der auf die Großeltern zugelassenen Fahrzeuge angenommen wurde. Insbesondere in Anbetracht der Berufstätigkeit der Großeltern ist vielmehr glaubhaft, dass zwar ein gelegentliches Ausleihen im Rahmen gelebter Familiensolidarität möglich ist. Es kann aber nicht eingefordert werden, dass die Großeltern sich in der Nutzung ihrer Fahrzeuge so einschränken, dass täglich zu den schulischen Bring- und Abholzeiten eines ihrer Fahrzeuge für die Schulwegbeförderung von N. für dessen Mutter zur Verfügung steht.

Nicht zumutbar erscheint dem Gericht bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zudem die vom Antragsgegner schriftsätzlich vorgetragene Möglichkeit, das vorhandene Fahrzeug der Eltern für die Schulwegbeförderung von N nutzen zu können, indem die Mutter den Antragsteller morgens zur Bushaltestelle fährt, damit er dort um 5:26 Uhr mit dem Bus zu seiner Arbeitsstelle fahren kann. Zwar scheitert die Zumutbarkeit dieser Möglichkeit wohl nicht bereits daran, dass die Mutter entsprechend früh aufstehen und ihren Ehemann zur Bushaltestelle fahren müsste. Nicht zumutbar erscheint jedoch, dass auch in diesem Fall die Großeltern ohne bestehende Rechtspflicht in die Betreuung der Kinder bzw. Enkelkinder durch Übernahme der Verantwortung bis zur Rückkehr der Mutter täglich eingebunden werden müssten. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Betreuungsaufwand aufgrund der frühen Uhrzeit, bei der regelmäßig davon auszugehen ist, dass die Kinder noch schlafen, gering sein könnte, so wäre damit jedoch verbunden, dass mindestens ein Großelternteil ebenfalls bereits um 5:00 Uhr aufsteht und sich in die Wohnung der Eltern begibt. Dies mag von den sorgeberechtigten Eltern als „Unbequemlichkeit“ abverlangt werden können, nicht jedoch von den gerade nicht in der Pflicht stehenden Großeltern. Die Übernahme einer solch dauerhaften Obliegenheit mag – wie vom Antragsgegner beschrieben – in manchen Familien auch heute noch üblich sein, sie kann jedoch – selbst bei einer Wohnung auf dem gleichen Anwesen – nicht vom Antragsgegner als primär Beförderungspflichtigem von den Großeltern eingefordert bzw. vorausgesetzt werden, zumal die Antragsgegnerin sich ihrerseits lediglich auf eine Spekulation stützt, die konkreten Umstände aber nicht ermittelt hat. Anders als in der vom Verwaltungsgericht Ansbach im Urteil vom 9. Februar 2012 (AN 2 K 11.02138 – juris) entschiedenen Fallkonstellation geht es dabei gerade nicht um die „grundsätzliche Möglichkeit“ ein Kleinkind gelegentlich bei Verwandten lassen zu können, statt es bei der Fahrt zur Schule des älteren Geschwisterkindes mitzunehmen. Es geht vielmehr um die Übernahme einer festen Betreuungsleistung, die das tägliche Aufstehen um 5:00 Uhr voraussetzt. Eine Ausweichmöglichkeit steht dem Antragsteller und seiner Familie gerade nicht zur Verfügung. Unter dem Gesichtspunkt der elterlichen Aufsichtspflicht wäre es indiskutabel, die beiden (schlafenden) sechs- und zweijährigen Kinder täglich – und sei es auch nur für die kurze Fahrdauer zur Bushaltestelle und zurück – alleine in der Wohnung zu lassen. Zwar ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof noch in seinem Urteil vom 11. Juni 1997 (a.a.O.) davon ausgegangen, dass Babys für kurze Zeit unbeaufsichtigt bleiben könnten. Jedoch entspricht dies jedenfalls nicht mehr dem heutigen Verständnis elterlicher Aufsichtspflicht, zumal es sich gerade nicht um einen – in seiner Mobilität noch sehr eingeschränkten – Säugling handelt, sondern um zwei völlig mobile Kinder, denen altersbedingt noch die Verstandesreife zu eigenverantwortlichem Handeln im Falle eines vorzeitigen Aufwachens fehlt. Im Hinblick auf das Kindeswohl wäre es ebenso wenig tragbar, die beiden Kinder vor 5:00 Uhr aus dem Schlaf zu reißen, um sie bei der Fahrt zur Bushaltestelle und zurück im Auto mitzunehmen. Im Übrigen sind etwaige krankheitsbedingte Probleme noch nicht berücksichtigt (Kinder, Eltern, Großeltern).

Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Einsatz eines privaten PKW im konkreten Fall mithin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unzumutbar, so dass der Antragsgegnerin die Möglichkeit nicht eröffnet ist, ihre Beförderungspflicht durch das Anbieten einer Wegstreckenentschädigung für den Einsatz eines privaten PKWs zu erfüllen.

2.2.4 Es verbleibt mithin bei der grundsätzlichen Beförderungspflicht des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV, bei deren Erfüllung die Antragsgegnerin gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV auf andere Verkehrsmittel als den ÖPNV zurückgreifen kann bzw. muss.

2.2.5 Im Rahmen ihrer Umsetzungskompetenz bleibt es der Antragsgegnerin dabei die Wahl offen, mit welchen Mitteln sie dies bewerkstelligt. Ihr bleibt es beispielsweise unbenommen, unter Einbeziehung des ÖPNV ab der Bushaltestelle „Altes Rathaus“ eine für den Schüler N. – und dessen Eltern – zumutbare Lösung mittels Schulbus, Taxi oder ggf. auch in Absprache mit dem überörtlichen Träger des ÖPNV oder auch gemeindeeigenen Fahrzeuge zu finden. So wäre dem Schüler N. – ggf. unter Begleitung seiner Mutter – im Hinblick auf den Wertungsmaßstab des § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV auch ein – zu Fuß gefahrlos begehbarer – Restweg von bis zu zwei Kilometern grundsätzlich zumutbar.

In diesem Sinne besteht – bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage – ein Anordnungsanspruch.

3. Da die Beförderungspflicht mit Beginn des Schuljahres 2017/18 zum 12. September 2017, mithin weit vor einer möglichen Terminierung der Hauptsache, eintritt, hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da es sich vorliegend um keine Vorwegnahme der Hauptsache handelt und sich das Begehren in der Hauptsache nur auf die Zulassung zur Examensprüfung bezieht, hält die Kammer den halben Auffangstreitwert für angemessen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

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Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2017 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Antrag auf Schulwegbeförderung unter Berücksichtigung des konkreten Schulwegs stattzugeben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt Schulwegbeförderung für das Schuljahr 2017/2018.

Der 2011 geborene Kläger besucht seit September 2017 die örtliche Grundschule. Er bewohnt mit seiner Familie einen zum Gemeindegebiet der Beklagten gehörenden, abgelegenen Weiler, der nicht an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen ist.

Die Bitte der Beklagten, den Kläger gegen Wegstreckenentschädigung selbst zur Schule zu bringen und abzuholen, lehnten die Eltern des Klägers unter Hinweis auf die mangelnde Verfügbarkeit eines Fahrzeugs ab und beantragte mit Schreiben vom 16. April 2017 die Beförderung des Klägers ab der Haustüre zur örtlichen Grundschule.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2017, den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 20. Juli 2017 zugegangen, lehnte die Beklagte den Antrag auf Schülerbeförderung ab der Haustüre ab (Ziffer 1) und bot den Eltern des Klägers stattdessen die Wahl zwischen einer Wegstreckenentschädigung von 6,00 EUR pro Tag bei Beförderung mit einem privaten PKW (Ziffer 2 Buchst. a) oder eine Wegstreckenentschädigung von 4,00 EUR pro Tag sowie die Übernahme der Busfahrkarte bei einer Beförderung mit einem privaten PKW zur nächstgelegenen, 4 km entfernten, Bushaltestelle (Ziffer 2 Buchst. b) an. Zugleich erhob sie für den Bescheid Gebühren in Höhe von 100,00 EUR und Auslagen für die Postzustellungsurkunde in Höhe von 3,45 EUR (Ziffer 3 und 4). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV) i.d.F. v. 8. September 1994 (GVBl. S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch V.v. 14. Juni 2017 (GVBl. S. 381), bestehe zwar eine Beförderungspflicht. Da der Weiler nicht an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden sei, könne die Beklagte ihre Beförderungspflicht jedoch auch dadurch erfüllen, dass sie für den zumutbaren Einsatz von privaten Kraftfahrzeugen (PKW) eine Wegstreckenentschädigung anbiete. Es seien zwei Angebote von Taxiunternehmen eingeholt worden, die mit 40,90 EUR pro Tag bzw. 33,00 EUR pro Tag jeweils weitaus teurer als die angebotenen Wahlmöglichkeiten seien. Die relativ kurze Wegstrecke zur Schule sei mit 6 km und mit einer Fahrzeit von ca. 9 Minuten keine unverhältnismäßige Belastung für die Familie des Klägers. Auch sei es zumutbar, dabei auf die Hilfe von Dritten wie beispielsweise Großeltern, Nachbarn und Verwandten zurückzugreifen. Die Kosten einer anderen als einer der beiden angebotenen Lösungen wären unverhältnismäßig und aufgrund der knappen Haushaltslage der Beklagten nicht zu verantworten. Sofern in der Vergangenheit individuelle Lösungen bei der Schülerbeförderung gefunden worden seien, seien immer mehrere Kinder von den Weilern betroffen gewesen, so dass eine Beförderung für die Beklagte wirtschaftlicher gewesen sei. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides vom 17. Juli 2017 Bezug genommen.

II.

Dagegen ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben, die dort vorab als Telefax am 16. August 2017 einging. Zur Klagegründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte sei gem. § 3 SchBefV zur Schülerbeförderung verpflichtet. Die Familie des Klägers verfüge lediglich über einen PKW, den der Vater für den täglichen Weg zur Arbeit benötige. Seine Arbeitszeit sei auf 6.00 Uhr bis 16.00 Uhr festgelegt. Arbeitszeitabweichungen seien nicht möglich. Es sei dem Vater deshalb weder möglich den Kläger zur Schule oder zur Bushaltestelle zubringen noch ihn nach Unterrichtsende von dort abzuholen. Für den Kläger seien mehrstündige Wartezeiten in der Schule nicht zumutbar. Hinzu käme, dass diese sich bei Unterrichtsausfall, der gerade in der ersten Klasse häufig auftrete, entsprechend verlängern würde. Auch könne weder vom Vater noch von dessen Arbeitgeber verlangt werden, dass die Arbeit zur Schulwegbeförderung des Klägers unterbrochen werde. Einen Zweitwagen besitze die Familie nicht. Sie könne sich dies aus finanziellen Gründen nicht leisten. Es sei auch nicht verhältnismäßig, einen Zweitwagen alleine zur Schulwegbeförderung anzuschaffen. Es sei der Mutter des Klägers nicht zuzumuten, den Vater morgens zur Arbeit zu fahren, um so das Fahrzeug zur Beförderung des Klägers zur Verfügung zu haben. Da der Vater das Haus um kurz nach fünf Uhr verlasse, müsste die Mutter in diesem Fall die Kinder, den sechsjährigen Kläger und seine zweijährige Schwester, bereits vor fünf Uhr wecken und fertig machen. Dies sei weder für die Mutter noch für die Kinder zumutbar. Soweit die Beklagte auf die Hilfe Dritter, beispielsweise der Großeltern, verweise, sei es zwar möglich, das Auto der Großeltern oder Nachbarn gelegentlich auszuleihen, jedoch keinesfalls regelmäßig und verlässlich immer zu Schulbeginn und Schulende. Zwar sei richtig, dass den Großeltern des Klägers zwei PKWs zur Verfügung stünden. Beide seien jedoch berufstätig und benötigten ihre privaten PKWs berufsbedingt. Der Firmenwagen des Großvaters könne schon aus versicherungstechnischen Gründen nicht benutzt werden. Eine leihweise Nutzung der privaten PKWs sei immer nur sporadisch und nach Absprache möglich. Zu Kindergartenzeiten habe das kein Problem dargestellt, weil der Kläger dann tageweise dem Kindergarten ferngeblieben sei. Die Beklagte „überziehe“ die unbeteiligten Großeltern jedoch indirekt mit der Beförderungspflicht ohne dass es dafür – auch unter Berücksichtigung von § 1601 BGB – eine Rechtsgrundlage gebe. Ebenso wenig wären die Großeltern dazu verpflichtet, die Kinder jeden Morgen zu betreuen, wenn die Mutter den Vater zur Arbeitsstelle fahren müsste. Die angebotene Wegstreckenentschädigung gehe angesichts des fehlenden PKWs ins Leere. Der Einsatz anderer Verkehrsmittel i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV sei notwendig, ohne dass es auf eine etwaige Wirtschaftlichkeit im Hinblick auf den Vergleich „Wegstreckenentschädigung – Taxikosten“ ankomme. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 14. August 2017, 5. September 2017 und 18. September 2017 Bezug genommen.

Der Kläger lässt beantragen,

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 17. Juli 2017 verpflichtet, dem Antrag des Klägers auf Schulwegbeförderung unter Berücksichtigung des konkreten Schulwegs stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Der Bescheid vom 17. Juli 2017 sei rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Da der Kläger ab dem Schuljahr 2017/2018 der einzige zu befördernde Schüler von den gemeindeangehörenden Weilern sei, sei eine Schülerbeförderung ab der Haustüre vollkommen unwirtschaftlich und für die Beklagte nicht tragbar. Der Gleichheitsgrundsatz werde nicht verletzt. Soweit in der Vergangenheit individuelle Lösungen getroffen worden seien, sei immer mehr als ein Schüler zu befördern gewesen. Die Großeltern des Klägers wohnten mit seiner Familie im gleichen Haus. Auf den Großvater seien mehrere Fahrzeuge, darunter zwei PKWs, zugelassen. Diese PKWs würden auch von den Eltern des Klägers genutzt und könnten zur Schulwegbeförderung herangezogen werden. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 29. August 2017 Bezug genommen.

Im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes trug die Beklagte inhaltlich weiterhin vor: Es sei der Familie des Klägers zumutbar, den täglichen Arbeitsweg des Vaters so zu gestalten, dass der PKW der Familie für die Schulwegbeförderung zur Verfügung stehe. Von der 4 km entfernten Bushaltestelle fahre um 5:26 Uhr ein Bus, der um 5:33 Uhr in Laufweite der Arbeitsstelle des Vaters halte. Die Mutter könne den Vater morgens zur Bushaltestelle oder direkt zu seiner 9,2 km entfernten Arbeitsstelle fahren, ohne dafür die Kinder wecken zu müssen. Die kurzfristige Betreuung der Kinder bis zur Rückkehr der Mutter könne durch die Großeltern übernommen werden, da zu diesem frühen Zeitpunkt davon auszugehen sei, dass zumindest ein Großelternteil zuhause sei. Auch die Rückkehr des Vaters sei mithilfe des ÖPNV kombiniert mit Abholung durch die Mutter mit dem PKW bei Mitnahme der Kinder oder wiederum kurzfristiger Betreuung durch die Großeltern möglich.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes W 2 E 17.947 wurde die Beklagte mit Beschluss vom 6. September 2017 verpflichtet, den Kläger vorläufig, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vom Weiler zur Schule zu befördern.

In der mündlichen Verhandlung trug der Beklagtenvertreter vor, der Kläger werde derzeit auf der Grundlage der gerichtlichen Anordnung von 6. September 2017 von einem Mitarbeiter des kommunalen Bauhofs mit einem gemeindeeigenen Fahrzeug zur Schule und zurück befördert. Man habe dafür die Dienstzeiten und die Mittagspausenregelung auf dem Bauhof verändern müssen. Im bevorstehenden Winter könne dies jedoch zu Problemen beim gemeindlichen Räum- und Streudienst führen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes W 2 E 17.947, die beigezogene Behördenakte und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 29. November 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat für das Schuljahr 2017/2018 einen Anspruch auf tatsächliche Beförderung zur Schule und kann nicht auf die zumutbare Nutzung eines privaten PKWs unter Erstattung einer Wegstreckenentschädigung verwiesen werden.

Als Schulaufwandsträgerin ist die Beklagte gem. § 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV zur Beförderung des Klägers zu der von ihm seit September 2017 besuchten, örtlichen Grundschule verpflichtet. Zwar besteht dabei grundsätzlich kein Anspruch auf Beförderung von „Tür zu Tür“. So schließt § 2 Abs. 2 Nr. 1 SchBefV nicht aus, dass auch bei bestehender Beförderungspflicht auf dem Schulweg unter Umständen Restwege von und zu Haltestellen verbleiben können. Ob es sich dabei um einen – hinzunehmenden – Rest Weg zur nächstgelegenen Haltestelle handelt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. dazu BayVGH, U.v. 7.4.2015 – 7 B 14.1636 – juris). Als Grundschüler ist dem Kläger jedoch schon im Hinblick auf den Wertungsmaßstab des § 2 Abs. 2 Satz 1 SchBefV die Strecke von 4 km zur nächsten Haltestelle des regulären Buslinienverkehrs – unabhängig von der konkreten Wegbeschaffenheit – als „Rest Weg“ nicht zuzumuten. Die Beförderungspflicht der Beklagten erstreckt sich mithin auch auf den Abschnitt zwischen dem vom Kläger bewohnten Weiler und der nächstgelegenen Bushaltestelle. Da für diese Etappe die in § 3 Abs. 1 Satz 1 SchBefV als vorrangig vorgesehene Beförderung mit Hilfe des öffentlichen Personenverkehrs mangels bestehender Anbindung nicht möglich ist, ist – jedenfalls für diesen Teilstrecke – der Einsatz anderer Verkehrsmittel wie z.B. Schulbus, privates Kraftfahrzeug, Taxi oder Mietwagen notwendig i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 SchBefV.

Bei der Wahl der oder des zum Einsatz kommenden Transportmittel darf sich die Beklagte grundsätzlich an der Frage der Wirtschaftlichkeit orientieren. So eröffnet § 3 Abs. 3 Satz 1 SchBefV gerade unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit für den Einzelfall die Möglichkeit, die Beförderungspflicht auch durch das Anbieten einer Wegstreckenentschädigung für den zumutbaren Einsatz von privaten Kraftfahrzeugen anzubieten.

Ein entsprechendes Auswahlermessen ist jedoch nur dann eröffnet, wenn der Einsatz eines PKWs auch im konkreten Fall dem Kläger und seiner Familie tatsächlich zumutbar ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff „zumutbar“ auf der Tatbestandsseite der Norm ist gerichtlich voll überprüfbar. Für die Frage der Zumutbarkeit kann nicht allein abstrakt auf die relativ kurze Strecke und Dauer der notwendigen Beförderung zu Bushaltestelle bzw. Schule abgestellt werden. Vielmehr sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und einzubeziehen.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist der Einsatz eines PKWs nicht schon dann unzumutbar, wenn er für die Erziehungsberechtigten zu Unbequemlichkeiten und unangenehmen zeitlichen Bindungen oder für den Schüler zu gelegentlichen Wartezeiten von geringer Dauer führt. Unzumutbarkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn der Einsatz des PKWs zu ganz unverhältnismäßigen, für die Eltern letztlich nicht tragbaren Belastungen führt (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.1997 – ZB 96.3121). Diese Zumutbarkeitsschwelle ist zur Überzeugung des Gerichts im konkreten Einzelfall jedoch überschritten:

Den ebenfalls auf dem Anwesen ansässigen Großeltern des Klägers erwächst auch aus der grundsätzlich bestehenden Unterhaltsverpflichtung des § 1601 BGB keine Rechtspflicht, den Eltern des Klägers für dessen tägliche Schulwegbeförderung ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Auch kann aus der Tatsache, dass auf die Großeltern mehrere Fahrzeuge zugelassen sind, weder gefolgert werden, dass den Eltern des Klägers die Fahrzeuge der Großeltern für den täglichen Beförderungsbedarf der Kinder bzw. Enkelkinder ohne weiteres zur Verfügung stünden. Noch kann daraus eine entsprechende Überlassensverpflichtung der Großeltern abgeleitet werden. Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die Mutter des Klägers würde für anderweitige Fahren wie beispielsweise zum Kindergarten und zum Einkauf auch auf die Fahrzeuge der Großeltern zurückgreifen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Vater des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen, dass die Nutzung der Fahrzeuge der Großeltern zwar gelegentlich und nach Absprache möglich sei. Es sei jedoch im Hinblick auf die Berufstätigkeit der Großeltern gerade nicht möglich, ein Fahrzeug zuverlässig und gebunden an die Schulzeiten des Klägers für die Schülerbeförderung freizustellen. Mithin kann bei der Frage der Zumutbarkeit der Nutzung eines privaten PKWs zur Schülerbeförderung alleine auf das Fahrzeug der Eltern abgestellt werden.

Die von der Beklagten vorgetragene Möglichkeit, dass die Mutter des Klägers dessen Vater morgens zur Bushaltestelle fährt, wo um 5:26 Uhr ein Bus zu dessen Arbeitsstelle abfährt, scheitert zwar noch nicht daran, dass beide Eltern des Klägers entsprechend früh aufstehen müssten. Nicht zumutbar ist zur Überzeugung des Gerichts jedoch, dass auch in diesem Fall die Großeltern ohne bestehende Rechtspflicht in die Betreuung der Kinder bzw. Enkelkinder durch Übernahme der Verantwortung bis zur Rückkehr der Mutter täglich eingebunden werden müssten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die beiden zwei- und sechsjährigen Kinder zu dieser Uhrzeit regelmäßig noch schlafen und der Betreuungsaufwand entsprechend gering ausfiele, wäre dies jedoch zwingend damit verbunden, dass sich mindestens ein Großelternteil bereit erklären müsste, ebenfalls gegen 5:00 Uhr aufzustehen und – ggf. mittels Babyphone – die Verantwortung für die Kinder zu übernehmen. Dies mag von den sorgeberechtigten Eltern als „Unbequemlichkeit“ abverlangt werden können, nicht jedoch von den gerade nicht in der Pflicht stehenden Großeltern. Die Übernahme einer solch dauerhaften Obliegenheit mag – wie von der Beklagten beschrieben – in manchen Familien auch heute noch üblich sein, sie kann jedoch – selbst wenn man in einem Haus zusammen wohnt – nicht von der Beklagten als primär Beförderungspflichtigem eingefordert bzw. vorausgesetzt werden. Anders als in der vom Verwaltungsgericht Ansbach im Urteil vom 9. Februar 2012 (AN 2 K 11.02138 – juris) entschiedenen Fallkonstellation geht es dabei gerade nicht um die „grundsätzliche Möglichkeit“ ein Kleinkind gelegentlich bei Verwandten lassen zu können, statt es bei der Fahrt zur Schule des älteren Geschwisterkindes mitzunehmen. Es geht vielmehr um die Übernahme einer festen Betreuungsleistung, die das tägliche Aufstehen um 5:00 Uhr voraussetzt. Eine Ausweichmöglichkeit steht dem Antragsteller und seiner Familie gerade nicht zur Verfügung. Unter dem Gesichtspunkt der elterlichen Aufsichtspflicht wäre es indiskutabel, die beiden (schlafenden) sechs- und zweijährigen Kinder täglich – und sei es auch nur für die kurze Fahrdauer zur Bushaltestelle und zurück – alleine in der Wohnung zu lassen. Der Vortrag der Beklagten, der Kläger könne für diese kurze Zeitspanne im Fall des vorzeitigen Erwachens die Aufsicht über seine zweijährige Schwester übernehmen, übersteigt offensichtlich die einem Sechsjährigen alters- und entwicklungsangemessen übertragbare Verantwortung. Auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ins Spiel gebrachten Möglichkeiten einer Fernüberwachung durch die autofahrende Mutter mittels Smartphone und Babysitter-App wird den elterlichen Aufsichtspflichten nicht gerecht. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich dabei „nur“ um die Zeitspanne handelt, die die Mutter des Klägers mit dem Auto für die Strecke zur Bushaltestelle und zurück benötigt. Jedoch genügt diese Zeitspanne, um seitens der beiden Kinder gefahrengeneigte Abläufe im Haushalt in Gang zu setzen, ohne dass die abwesende Mutter mittels Babyphone tatsächlich eingreifen könnte. Zwar ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof noch in seinem Urteil vom 11. Juni 1997 (a.a.O.) davon ausgegangen, dass Babys für kurze Zeit unbeaufsichtigt bleiben könnten. Jedoch entspricht dies jedenfalls nicht mehr dem heutigen Verständnis elterlicher Aufsichtspflicht, zumal es sich gerade nicht um einen – in seiner Mobilität noch sehr eingeschränkten – Säugling handelt, sondern um zwei völlig mobile Kinder, denen altersbedingt noch die Verstandesreife zu eigenverantwortlichem Handeln im Falle eines vorzeitigen Aufwachens fehlt. Dem Wertungsmaßstab des § 828 Abs. 1 BGB folgend sind Kinder selbst für vorsätzlich verursachte Schäden bis zur Vollendung des siebten Lebensjahrs grundsätzlich nicht verantwortlich, im Straßenverkehr gilt das für unfallbedingte Schäden sogar bis zum zehnten Lebensjahr. Diesen, auf entwicklungspsychologischen Erkenntnissen basierenden Wertungen dürfen bei der Dichte der Aufsichtspflicht hier nicht außer Betracht bleiben. Auch wird die Beklagte – vor diesem Wertungshintergrund – jedenfalls nicht vor Vollendung des 10. Lebensjahres des Klägers von dessen Eltern fordern können, dass sie dem Kläger die Verantwortung für die kleinere Schwester für die Dauer der Hin- und Rückfahrt zur Bushaltestelle bzw. Arbeitsstelle des Vaters zu übertragen. Für das verfahrensgegenständliche Schuljahr 2017/2018 ist es den Eltern im Hinblick auf ihre Aufsichtspflicht zweifellos nicht zumutbar, die beiden Kinder auch nur für die Dauer der Fahrt zur Bushaltestelle und zurück ohne Aufsicht durch einen anwesenden Erwachsenen zu lassen. Im Hinblick auf das Kindeswohl wäre – wie von der Beklagten nicht bestritten – es ebenfalls nicht tragbar, die beiden Kinder vor 5:00 Uhr aus dem Schlaf zu reißen, um sie bei der Fahrt zur Bushaltestelle und zurück im Auto mitzunehmen.

Da die insoweit materiell beweisbelastete Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung keine für die Familie des Klägers i.S.d. § 3 Abs. 3 Satz 1 SchBefV zumutbare Möglichkeit aufzeigen konnte, wie sie die tägliche Schulwegbeförderung des Klägers mittels des vorhandenen privaten Kraftfahrzeug zuverlässig organisieren kann, ist ihr die Möglichkeit ihre Beförderungspflicht durch das Angebot einer Wegstreckenentschädigung zu erfüllen nicht eröffnet. Es verbleibt mithin bei der grundsätzlichen Beförderungspflicht des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchBefV.

Im Rahmen ihrer Umsetzungskompetenz bleibt es der Beklagten dabei selbstverständlich offen, mit welchen Mitteln sie ihrer Beförderungspflicht nachkommt. Ihr bleibt es beispielsweise unbenommen, unter Einbeziehung des ÖPNV ab der Bushaltestelle „Altes Rathaus“ eine für den Kläger – und dessen Eltern – zumutbare Lösung mittels Schulbus, Taxi oder ggf. in Absprache mit dem überörtlichen Träger des ÖPNV oder auch – wie es derzeit praktiziert wird – gemeindeeigenen Fahrzeuge zu finden. Es steht in ihrem Ermessen, eine Beförderung direkt vom Weiler zur Schule zu wählen oder lediglich zu gewährleisten, dass der Kläger zu einer Haltestelle des ÖPNV verbracht wird, von der aus er einen geeigneten Bus zur Schule nehmen kann. Gleiches gilt für die Gestaltung des Heimwegs.

Dabei obliegt es der Organisationsverantwortung der Beklagten mögliche Probleme, die sich im Winter bezüglich des vom Bauhof parallel wahrzunehmenden Räum- und Streudienstes ergeben könnten, sei es durch phasenweise Hinzuziehung eines Taxiunternehmens, sei es in Zusammenarbeit mit den Eltern des Klägers oder anderweitig auszuräumen.

Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 2 K 13.01829

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 8. Oktober 2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0212

Hauptpunkte:

Schulweglängenermittlung, Besondere Gefährlichkeit oder Beschwerlichkeit von Schulwegen, Aktivlegitimation und Klagebefugnis von Eltern für Schulwegkostenbefreiung für Kinder

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Stadt Nürnberg, Rechtsamt

vertreten durch den Oberbürgermeister ..., Hauptmarkt 16, 90403 Nürnberg

- Beklagte -

wegen Schülerbeförderung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 2. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Rauch, die Richterin am Verwaltungsgericht Gensler, den Richter am Verwaltungsgericht Maurer und durch, den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. August 2015 und ohne weitere mündliche Verhandlung am 8. Oktober 2015

folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für seine Tochter die kostenfreie Schulwegbeförderung.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten für seine Tochter ..., geboren ...2000, am 31. Juli 2013 für das Schuljahr 2013/2014 die kostenfreie Schulwegbeförderung. Seine Tochter besuche nach dem Wechsel vom Gymnasium die 7. Klasse der .... Die Schulwegentfernung zwischen Schule und Wohnung betrage mehr als 3 km.

Mit Bescheid vom 13. September 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Schulweg von der Wohnanschrift der Tochter des Klägers in der ... ... in ... zur ... in ... nur 2,880 km, also weniger als 3 km betrage und damit ein gesetzlicher Beförderungsanspruch nicht gegeben sei.

Gegen den mit einfachem Brief am 13. September 2013 zur Post gegebenen Bescheid, der mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht Ansbach, per Fax am gleichen Tag eingegangen, Klage und beantragte,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 13. September 2013 zu verpflichten, den Antrag des Klägers zur kostenfreien Beförderung seiner Tochter zu bewilligen.

Zur Begründung verwies der Kläger auf die Schwerbehinderung seiner Tochter mit einem Grad der Behinderung von 60 und legte drei mit Google Maps dargelegte Routen für den Fußweg zwischen der Wohnanschrift der Tochter der Klägerin und der ... vor. Danach beträgt eine Route 2,8 km (ca. 35 Minuten), eine Route 3,0 km (ca. 38 Minuten) und eine Route 3,1 km (ca. 39 Minuten).

Mit Schriftsatz vom 11. November 2013 wies die Beklagte darauf hin, dass die Behinderung der Tochter des Klägers bislang nicht benannt worden sei. Wäre dies mitgeteilt worden, hätte die Beklagte eine Untersuchung durch das Gesundheitsamt angeordnet, um die Notwendigkeit der Beförderung zu beurteilen.

Unter dem 3. Februar 2014 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Behinderung der Schülerin nicht ausschlaggebend sei und nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden solle. Die Klagebegründung ergebe sich ausschließlich daraus, dass der Schulweg 3 km lang sei.

Unter Vorlage einer amtlichen Karte des Amtes für Statistik und Stadtforschung der Beklagten errechne sich nach dem Schriftsatz der Beklagten vom 24. Februar 2014 eine Schulweglänge vom 2,880 km. Gefährliche Stellen und Wegabschnitte seien dabei bereits entnommen. Der errechnete Schulweg laufe auch nicht als Zick-Zack-Kurs über Nebenstraßen und Hinterhöfe wie die Klägerseite behaupte. Der Klägervortrag sei auch widersprüchlich, da eine der drei Berechnungen der Klägerseite eine Schulweglänge von weniger als 3 km ergebe.

Mit Schriftsatz vom 14. März 2014 führte die Klägerseite aus, dass lediglich die Schulwegvariante über 3 km ohne erhebliche Gefahren für die Schülerin sei. Der von der Beklagten nach dem vorgelegten Plan vorgeschlagenen Weg führe über nicht durchgehend beleuchtete und angelegte Gehwege und im Zick-Zack-Kurs über zugeparkte Nebenstraßen, Hinterhöfe und Schleichwege, die im Winter von der Beklagten nicht geräumt werden. Im Übrigen beginne der Kartenausdruck nicht an der Haustüre der Wohnanlage, welche im Innenhof liege, sondern an der Grundstücksgrenze, was zur Zugrundelegung eines kürzeren Schulwegs führe.

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2015 wurden auf die gerichtlichen Aufforderungen vom 17. Oktober 2014 und 10. Dezember 2014 von der Klägerseite die Gefahrenpunkte des Schulwegs aus deren Sicht im Einzelnen benannt. In den Bereichen Dr.-Carlo-Schmid-Straße bis Europaplatz, am Europaplatz bis zur Sulzbacher Straße, in der Schleiermacherstraße, am Gehweg Rechenberg Richtung Nettelbeckstraße, bei der Überquerung der Bismarckstraße, an der Karl-von-Linde-Straße und der Kasselerstraße bestehe kein oder ein nur eingeschränkter Winterdienst. In den Bereichen der Kreuzung Schleiermacherstraße Tauroggenstraße/Hardenbergweg sowie am Gehweg Rechenberg Richtung Nettelbeckstraße, der Kreuzung Bismarckstraße/Oedenberger Straße, der Ecke Längenstraße und der Kasselerstraße befänden sich keine Hinweisschilder auf Kinder auf der Fahrbahn und keine Zebrastreifen bzw. Fußgängerampeln; die Bereiche seien zum Teil aufgrund parkender Autos schwer einsehbar. Am Europaplatz bis zur Sulzbacher Straße befänden sich sehr große Treppen. Die Fußwegberechnung der Beklagten beginne im Übrigen mit der Hausnummer ... statt ..., die im Innenhof liege und ende ca. 100 m vor der Eingangstür der streitgegenständlichen Schule. Im Übrigen entspreche der Planauszug der Beklagten, was die Ampel an der Sulzbacher Straße betreffe, nicht der Realität; diese sei ca. 50 m stadteinwärts verschoben.

In ihrer Klageerwiderung vom 26. Februar 2015 verwies die Beklagte darauf, dass die Schulwegberechnung jeweils an der Grundstücksgrenze beginne und ende. Aus der pauschalen Darlegung ohne nähere Substantiierung ergebe sich auch keine besondere Gefährlichkeit des Schulweges im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Schulwegbeförderungsverordnung (SchBefV). Im Rahmen der Gefährlichkeit und Beschwerlichkeit sei auf die durchschnittlichen Witterungsverhältnisse und nicht auf gelegentliche und damit hinzunehmende Erschwernisse durch Eis und Schnee abzustellen. Nach der Straßenreinigungsverordnung der Beklagten seien im Übrigen die Anlieger zur Sicherung der öffentlichen Gehwege bei Schnee und Glatteis verpflichtet. Zu den angesprochenen Gefahrenpunkten wurde unter Vorlage von 21 Fotografien im Einzelnen Stellung genommen.

Mit weiterer Begründung vom 20. April 2015 verwies die Klägerseite darauf, dass sich ca. 50 m mehr Wegstrecke dadurch ergebe, dass der öffentliche Weg am Durchgang zum Anwesen im Innenhof beginne und ca. 100 m dadurch, dass die Ampel sich nicht in der Höhe der Schleiermacherstraße befinde, sondern ca. 100 m stadteinwärts. Dadurch ergebe sich eine um ca. 150 m größere Wegstrecke als nach der Berechnung der Beklagten.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Ansbach am 13. August 2015 verwies der Kläger unter Vorlage einer Skizze darauf, dass bei dem von der Beklagten vorgeschlagenen Schulweg noch eine zusätzliche Wegstrecke dazu zu rechnen sei, weil die bisherige Messung nicht da beginne, wo man aus dem Innenhof über einen Durchgang auf den Gehweg komme. Auf Vorschlag des Gerichts wurde die Entscheidung zur Durchführung einer tatsächlichen Messung durch die Beklagte im Beisein des Klägers vertagt. Die Parteien verzichteten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung.

Mit Schriftsatz vom 18. September 2015 teilte die Beklagte mit, dass die Messung mittels zweier Messrädchen am 16. September 2015 erfolgt sei. Bei der Messung sei auch die bislang noch nicht berücksichtigte Wegstrecke bis zur Ampel in der Äußeren Sulzbacher Straße miterfasst worden. Mittlerweile sei diese Ampel näher an die Treppe zum Europaplatz herangerückt. Das von der Beklagten geführte Messrädchen habe eine Weglänge von 2.874 m, das des Klägers von 2.886 m ergeben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behörden- und Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Verpflichtungsklage des Klägers in Form der Versagungsgegenklage auf Tragen der Schulwegbeförderungskosten für seine Tochter... für das Schuljahr 2013/2014 ist zulässig. Insbesondere ist, nachdem kein Bekanntgabenachweis seitens der Beklagten vorliegt, der klägerische Vortrag, dass der Bescheid vom 13. September 2013 ihm erst am 17. September 2013 zugegangen ist, zugrunde zu legen und die einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 2 VwGO damit durch den Eingang der Klage am 17. Oktober 2013 eingehalten.

Der Kläger ist als allein sorgeberechtigter Vater der Schülerin auch klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Der rechtsanwaltlich vertretene Kläger erhebt angesichts des insoweit eindeutigen Klageschriftsatzes vom 17. Oktober 2013 eine eigene Klage und tritt nicht nur als gesetzlicher Vertreter im Rahmen einer Klage seiner Tochter auf. Er macht im Hinblick auf die Schülerbeförderung eine eigene Rechtsposition als Unterhaltsverpflichteter und als Elternteil geltend, die ihm nach dem Schulwegkostenfreiheitsgesetz (SchKfrG) und aus seinem Elternrecht nach § 1629 Abs. 1 BGB, Art 6 Abs. 2 Grundgesetz, Art. 126 Bayerische Verfassung auch grundsätzlich zusteht. Eine Klagebefugnis - und im Weiteren seine Aktivlegitimation - ist nach Auffassung des Gerichts anzuerkennen; das SchKfrG stellt an mehreren Stellen (vergleiche insbesondere Art. 3 Abs. 2 Satz 3 und Satz 6 SchKfrG) auf den Unterhaltsleistenden ab und benennt den Anspruchsberechtigten für die Schulwegkostenbefreiung nicht ausdrücklich. Die Rechtsprechung sieht übereinstimmend den Schüler bzw. die Schülerin als Anspruchsinhaber der Schulwegkostenfreiheit an, erkennt aber jedenfalls für den Fall eines Erstattungsanspruches nach den jeweiligen Landesgesetzen zur Schulwegfreiheit auch die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten weitgehend zusätzlich als Anspruchsinhaber an (vgl. VG Hannover, U.v. 31.10.2010, 6 A 5926/09, VG Bayreuth, U.v. 14.03.2011, B 3 K 10.791, VG Gießen, U.v. 29.04.2015, 7 K 2496/14.GI, OVG des Saarlandes, B.v. 21.08.2997, 8 Y 12/97 - jeweils juris). Da es sich nicht nur bei dem Erstattungsanspruch nach Art 3 Abs. 2 SchKfrG, sondern auch bei dem aufgrund Zeitablaufs in einen Kostenanspruch verwandelten Anspruch aus Art 3 Abs. 1 SchKfrG nicht (mehr) um ein höchstpersönliches Recht handelt und die Beförderungskosten rechtlich und tatsächlich - wenn der Anspruch gegen die Behörde nicht durchgreift - von den Eltern aufzubringen sind, ist ein eigener Anspruch der Eltern auf Schulwegkostenbefreiung, hier des allein sorgeberechtigten Vaters, anzuerkennen.

Die Klage ist jedoch deshalb unbegründet und abzuweisen, weil dem Kläger ein Anspruch auf kostenfreie Schulwegbeförderung für seine Tochter in der Sache nicht zusteht.

Die Beförderung für die Schülerin hat die Beklagte nur dann zu tragen, wenn diese notwendig ist, Art 3 Abs. 1 SchKfrG. Dies ist nach Art 2 Abs. 1 Satz 1SchKfrG dann der Fall, wenn der Schulweg in eine Richtung mehr als 3 km beträgt und die Zurücklegung auf andere Weise nicht zumutbar ist. Nach Art 2 Abs. 1 Satz 2 SchKfrG kann die Schulwegfreiheit außerdem anerkannt werden, wenn der Schulweg besonders beschwerlich oder besonders gefährlich ist. Beides ist hier nicht der Fall.

Für die Tochter des Klägers besteht mindestens ein zumutbarer, weder besonders beschwerlicher noch besonders gefährlicher Schulweg unter 3 km. Insbesondere beträgt die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 27. Februar 2014 vorgeschlagene und näher dargelegte Wegeführung über die ..., Dr.-Gustav-Heinemann-Straße, Dr.-Carlo-Schmid-Weg, über den Europaplatz, Überquerung der Sulzbacher Straße, Schleiermacherstraße, Nettenbeckstraße, Bismarckstraße und Kasseler Straße bis zum Schulgelände an der Merseburger Straße nicht mehr als 3 km. Dies ergibt sich aus der vom Beklagten vorgelegten Karte, wonach die Distanz (inkl. Hauszugänge) zwischen der ... und der Wohnung der Schülerin in der ... ... 2.880 m beträgt. Die ermittelte Schulweglänge deckt sich auch nahezu mit einem vom Kläger selbst vorgelegten Plan eines fast identischen Schulweges, der dort mit einer Länge von 2,8 km ausgewiesen ist. Schließlich ergab auch die Messung vor Ort am 16. September 2015 bei gemeinsamer Begehung des Schulweges durch die Kläger- und Beklagtenseite nur eine Länge von 2.874 m (Messung Beklagte) bzw. 2.886 m (Messung Kläger). Von einer Schulweglänge von nicht mehr als 3 km kann aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung damit als gesichert ausgegangen werden, ohne dass es einer weiteren Beweiserhebung bedürfte.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 09.08.2011, 7 B 10.1565 - juris) ist maßgeblich für die Ermittlung der Länge des Schulweges die Entfernung im öffentlichen Verkehrsraum zwischen dem Wohngrundstück des Schülers und dem nächstgelegenen möglichen und erlaubten Zugang zum Schulgrundstück. Dass die Beklagte in diesem Sinne von einem nicht korrekten Beginn des Schulwegs ausgegangen ist und die Messung nicht an der Stelle begonnen hat, an der der Zugangsweg zum Hauseingang auf die ... trifft, wie die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vom 13. August 2015 vorgetragen hat, ist nicht der Fall. Bereits der von der Beklagten am 27. Februar 2014 vorgelegte Plan wies die Distanz ausdrücklich „inkl. Hauszugänge“ aus und nicht etwa ab einer abgewandten Grundstücksgrenze. Die auf dem Plan der Beklagten als Linie eingezeichnete Route begann auch nicht ersichtlich an einem falschen Ausgangspunkt. Schließlich wies selbst die (fast identische) Route der Klägerseite nach dem von ihm vorgelegten Ausdruck aus Google Maps nur eine Länge von 2,8 km auf. Die Klägerseite wird bei ihrer eigenen Schulwegermittlung sicherlich nicht einen falschen Ausgangspunkt zugrunde gelegt haben. Letztlich ergab auch die gemeinsame Messung vor Ort mit dem übereinstimmend für korrekt angesehenen Ausgangspunkt eine Länge von unter 3 km.

Ein tatsächlich längerer Schulweg als ermittelt, ergibt sich auch nicht, wie von der Klägerseite geltend gemacht, aus der Ampelsituation über die Sulzbacher Straße im Schuljahr 2013/2014. Selbst wenn die damalige Ampelsituation einen Umweg für die Schülerin notwendig gemacht haben sollte, weil die Ampel nicht an der in der Karte eingezeichneten Stelle, sondern stadtauswärts verschoben gewesen sein sollte, ändert dies am Ergebnis nichts, da der Umweg nur geringfügig gewesen wäre und nicht zum Überschreiten der 3-km-Grenze geführt hätte. Bei einer Verschiebung der Ampel um 100 m stadteinwärts hätte der Schulweg ohne nennenswerten Umweg statt über die Schleiermacherstraße über die Winzelbürgstraße fortgesetzt werden können. Aus der Karte der Beklagten mit genauem Maßstab ergibt sich, dass die 3-km-Grenze dabei nicht überschritten worden wäre. 150 m Mehrweg, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 20. April 2015 geltend macht, hätten sich bei weitem nicht ergeben. Ein Schulweg über 3 km Länge kann damit ausgeschlossen werden, ohne dass es darauf ankommt, ob bei der Messung am 16. September 2015 die Ampelsituation noch so bestand und so in die Messung eingeflossen ist wie sie im Schuljahr 2013/2014 existierte.

Die Kostenfreiheit des Schulweges ergibt sich auch nicht aus Art. 2 Abs. 1 Satz 2 SchKfrG, § 2 Abs. 2 Satz 2 SchBefV, wonach bei kürzeren Wegstrecken die Notwendigkeit der Beförderung anerkannt werden kann, wenn der Schulweg besonders beschwerlich oder besonders gefährlich ist. Dies würde voraussetzen, dass sich die Gefahren oder Erschwernisse von den Umständen, die Schüler auf Schulwegen normalerweise bzw. durchschnittlich zu bewältigen haben, erkennbar abheben, wobei eine objektive Betrachtungsweise anzulegen ist (BayVGH, U.v. 17.02.2009, 7 B 08.1027 - juris). Aus den vorliegend geltend gemachten Straßenverkehrsverhältnissen ergibt sich eine derartige überdurchschnittliche Gefährlichkeit bzw. Beschwerlichkeit nicht.

Der Schulweg der Tochter des Klägers führte überall über entsprechende Fußwege und zwang auch nicht zu besonders gefährlichen Straßenüberquerungen. Mehrfach notwendige Straßenüberquerungen stellen als solche noch keinen ausreichenden Umstand für eine besondere Gefährlichkeit oder Beschwerlichkeit, sondern in einer Stadt vielmehr den Standardfall dar.

Dass im Einzelnen besonders gefährliche Straßenüberquerungen durch die Tochter des Klägers erforderlich waren, konnte ebenfalls nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt werden. Ampeln oder Zebrastreifen sind dabei nicht grundsätzlich, sondern nur an besonders befahrenen oder unübersichtlichen oder sonst gefährlichen Stellen erforderlich, nicht aber in den hier überwiegend betroffenen Nebenstraßen und Straßen in Wohngebieten. Hinweisschilder für Autofahrer auf querenden Fußgängerverkehr waren in dieser - nicht herausgehoben gefährlichen - Situation nicht notwendig. Auch dass die Sicht durch parkende Autos regelmäßig oder derart verstellt war, dass eine sichere Überquerung hier ohne eine Querungshilfe nicht zumutbar war, ist nicht erkennbar. Immerhin war die Tochter des Klägers im streitgegenständlichen Schuljahr bereits 13 Jahre alt. Ein Kind bzw. Jugendlicher in diesem Alter ist körperlich (insbesondere von der Körpergröße her) und geistig regelmäßig in der Lage, normale städtische Verkehrsverhältnisse zu meistern.

Nicht erkennbar ist auch, inwieweit die Treppe am Europaplatz und die Tatsache, dass der Schulweg nicht ganz geradlinig, sondern über mehrere Abzweigungen und verschiedene (insbesondere Neben-)Straßen führte (sog. „Zick-Zack-Kurs“), eine überdurchschnittliche Beschwerlichkeit oder Gefährlichkeit begründen soll. Derartige Wegführungen haben keinen Ausnahmecharakter, sondern stellen eher den Regelfall im städtischen Raum dar und sind von 13-jährigen normalerweise ohne Probleme zu bewältigen.

Eine besondere Gefährlichkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass Gehwege im Winter gelegentlich verschneit oder verreist sein können. Abzustellen ist für die Frage der Beschwerlichkeit des Weges vielmehr auf die durchschnittlichen und nicht auf nur selten vorkommende, extreme Wetterlagen (BayVGH, U.v. 17.02.2009 - juris). Derart besondere, sich nur auf einzelne Tage beziehende Umstände erfordern eine erhöhte Vorsicht, notfalls auch ein Abweichen von der üblichen Route an diesen Tagen, führen jedoch nicht dazu, dass der Weg ganzjährig als besonders gefährlich anzusehen wäre.

Nachdem die Voraussetzungen für eine Schulwegkostenbefreiung somit nicht vorliegen, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 536,60 EUR festgesetzt.

Gründe:

Das Interesse des Klägers beziffert sich auf die Beförderungskosten (Schülermonatsticket) für seine Tochter im Schuljahr 2013/2014 (September bis Dezember 2013 à 49,40 EUR, Januar bis Juli 2014 à 47,70 EUR, insgesamt 536,60 EUR), § 52 Abs. 3 GKG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, geb. …1998, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, begehrt - über den bewilligten Umfang hinaus - die Kostenerstattung für die Benutzung des privaten PKWs im Zeitraum vom 01.05.2015 bis 24.07.2015 für ihre Fahrten zum Blockunterricht der staatlichen Berufsschule in P …

Die Klägerin besuchte im Schuljahr 2014/2015 die Staatliche Berufsschule P …, Klasse HNO 10 (Gastronomie).

Mit Antrag vom 25.08.2015 beantragte die Mutter der Klägerin beim Beklagten unter Beilegung des „Blockplanes Gastronomie 2014/2015“ der Staatlichen Berufsschule P … die Anerkennung des Einsatzes eines privateigenen Kraftfahrzeuges für das Schuljahr 2014/2015. Beigelegen war auch eine Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Jobcenters … vom 18.06.2014 für die Mutter der Klägerin.

Der Beklagte erkannte mit Bescheid vom 13.10.2015 den Einsatz des privateigenen PKWs zur Beförderung der Klägerin auf der Strecke zwischen der Wohnung in … W … und dem Bahnhof in R … am Sonntag sowie auf der Strecke zwischen der Haltestelle Abzw. B … und der Wohnung … W … am Freitag als notwendig und in stets widerruflicher Weise an und erklärte, pro Kilometer 0,25 EUR zu erstatten. Die Beförderung mit dem privateigenen PKW auf den restlichen Strecken anstelle der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht notwendig. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass eine zeitgerechte, geeignete und zumutbare öffentliche Verkehrsverbindung zwischen R … nach P … am Sonntag und von P … zur Abzweigung B … am Freitag bestehe.

Dagegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2015 Widerspruch. Zur Begründung wurde auf das umfangreiche Gepäck der Klägerin für jeweils eine Woche verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2016 wies die Regierung von Oberfranken den Widerspruch zurück. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen.

Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ging dieser Bescheid am 19.01.2016 der Prozessbevollmächtigten zu.

Im Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.01.2016, eingegangen bei der Regierung von Oberfranken am 14.01.2016, ist ausgeführt, dass die Klägerin im Zeitraum vom 01.05.2015 bis 03.08.2015 aufgrund eines Distorsionstraumas des linken Sprunggelenks nur mit Hilfe von zwei Unterarmhilfen habe laufen können. Eine ärztliche Bescheinigung des Klinikums …, Klinik …, vom 05.01.2016 über eine ambulante Behandlung wegen eines Distorsionstrauma des linken Sprunggelenks vom 01.05.2015 bis 03.08.2015 und eines Distorsionstraumas mit Außenbandruptur des rechten Sprunggelenks vom 24.09.2015 bis 02.12.2015 lag diesem Schreiben bei.

Die Regierung leitete dieses Schreiben an den Beklagten weiter.

Der Beklagte erklärte dazu im Schreiben vom 29.01.2016, den Bescheid nicht abändern zu können, weil keine dauernde Behinderung vorgelegen habe.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 19.02.2016, erhob die Klägerin Klage.

Sie stellt folgenden Antrag:

1. Der Bescheid des Beklagten vom 13.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 19.01.2016 (Anm. gemeint wohl 12.01.2016) wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin im Zeitraum vom 01.05.2015 bis 24.07.2015 die Kosten für die Benutzung eines PKWs für die Fahrten zur Berufsfachschule zu erstatten.

3. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts wird für erforderlich erklärt.

Durch die Benutzung von Unterarmstützen sei der Transport des Gepäcks in öffentlichen Verkehrsmitteln ausgeschlossen gewesen.

Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 16.03.2016,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe kein Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten für die Nutzung des privateigenen PKWs, weil die vorliegende Verletzung nicht das Merkmal einer dauernden Behinderung im Sinne des Schulwegkostenfreiheitsgesetzes aufweise.

Mit Schriftsätzen 29.09.2016 und 30.09.2016 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegten Akten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Im Einverständnis der Beteiligten konnte die Streitsache ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig.

Die minderjährige, durch ihre Mutter vertretene Klägerin ist klagebefugt. Die Rechtsprechung sieht übereinstimmend den Schüler bzw. die Schülerin als Anspruchsinhaber der Schulwegkostenfreiheit an, erkennt aber jedenfalls für den Fall eines Erstattungsanspruches nach den jeweiligen Landesgesetzen zur Schulwegfreiheit auch die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten weitgehend zusätzlich als Anspruchsinhaber an (vgl. VG Ansbach vom 08.10.2015, Az. AN 2 K 13.01829 mit weiteren Nachweisen, in juris).

Die Klage hat jedoch keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der beantragten Kosten für die Beförderung der Klägerin im privaten PKW zum Unterricht an der Staatlichen Berufsschule P* … Der Ausgangsbescheid vom 13.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2016 ist deshalb rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).

1. Die Schulwegkostenerstattung richtet sich nach dem Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Schulwegkostenfreiheitsgesetz - SchKfrG) in der Fassung vom 22.07.2014.

1.1 Aufgabenträger ist gemäß § 1 Satz 2 Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung - SchBefV in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.09.1994, letzte Änderung durch § 5 V.v. 17.08.2012, 443) i.V.m. Art. 2 Abs. 3 SchKfrG der Landkreis des gewöhnlichen Aufenthalts der Schülerin, hier der Beklagte.

1.2 Gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG erstattet der Aufgabenträger für Schüler/innen u.a. an staatlichen Berufsschulen im Teilzeitunterricht die Kosten der notwendigen Beförderung, soweit die nachgewiesenen, vom Unterhaltsleistenden aufgewendeten Gesamtkosten der Beförderung die Familienbelastungsgrenze übersteigen. Soweit ein Unterhaltsleistender Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II hat, werden die aufgewendeten Kosten der notwendigen Beförderung gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 6 und 7 SchKfrG in voller Höhe erstattet.

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 8 SchKfrG erfolgt die Kostenerstattung „insbesondere“ gegen die Vorlage von Fahrkarten.

Diesem Wortlaut ist zu entnehmen, dass auch die Möglichkeit eines anderen Kostennachweises besteht. Die Klägerin hat zwar keinerlei Nachweise vorgelegt; da aber hinsichtlich der Höhe einer Wegstreckenentschädigung in § 3 Abs. 3 Satz 2 SchBefV (entsprechend anwendbar gemäß § 4 Nr. 1 Halbsatz 2 SchBefV) auf Art. 6 Abs. 6 des Bayerischen Reisekostengesetzes verwiesen wird, und darin seit 01.08.2008 eine Erstattung von 0,25 EUR (unter Verweis auf § 1 Abs. 2 WegstrV (GVBl 2008, 493) je Kilometer festgelegt ist, steht die fehlende Vorlage von Kostennachweisen einem Kostenerstattungsanspruch nicht grundsätzlich entgegen.

Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG - unabhängig davon, ob berufsschulpflichtige oder nicht berufsschulpflichtige Berufsschüler betroffen sind - wird auf die Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshof vom 15.04.1987, Az. Vf 1-VII-85 und vom 25.01.1990, Az. Vf 2-VII-88, Vf. 1-VII-89 Bezug genommen.

2. Der Klägerin steht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG dem Grunde nach ein Anspruch auf Kostenerstattung zu; dies wird vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt. Die Voraussetzungen hierfür sind erfüllt:

2.1 Die Klägerin besuchte eine öffentliche Berufsschule: die staatliche Berufsschule P* …

2.2 Die Beförderung zur Schule war unstreitig notwendig im Sinne von Art. 3 Abs. 2 SchKfrG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG.

2.3 Dieser Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach umfasst jedoch nicht jegliche Beförderungsart. Gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung - SchBefV) gelten die Regelungen der §§ 2 und 3 Abs. 1 bis 3 dieser Verordnung entsprechend für die hier maßgebliche Kostenerstattung nach Art. 3 Abs. 2 SchKfrG. Danach erfüllen die Aufgabenträger (hier der Beklagte) gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 SchBefV) ihre Beförderungspflicht vorrangig mit Hilfe des öffentlichen Nahverkehrs. Ein privates Kraftfahrzeug ist gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV nur einzusetzen, soweit dies notwendig oder insgesamt wirtschaftlicher ist. Entsprechendes gilt im Rahmen der Kostenerstattung.

Insofern steht der Klägerin keinesfalls ein Wahlrecht bezüglich des Beförderungsmittels zu (vgl. BayVGH v. 28.04.2008, Az. 7 ZB 07.1035 -in juris-).

2.4. Die Beförderung der Klägerin auf dem Schulweg über den bewilligten Umfang hinaus mit dem privaten Kraftfahrzeug war vorliegend nach Überzeugung der Kammer nicht notwendig oder wirtschaftlicher im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 13.10.2015 den Einsatz des privaten PKWs zur Beförderung der Klägerin zwischen der Wohnung in Birk und dem Bahnhof in R … am Sonntag sowie zwischen der Haltestelle Abzweigung Birk und der Wohnung in Birk am Freitag als notwendig anerkannt und im Übrigen auf die zumutbare öffentliche Verkehrsverbindung zwischen R … und P … bzw. zwischen P … und der Haltestelle Abzweigung B … verwiesen.

Die Parteien streiten sich, ob darüber hinaus der Einsatz des privaten PKWs im streitgegenständlichen Zeitraum notwendig im Sinne des Gesetzes war oder nicht.

Weder das Gesetz noch die Schülerbeförderungsverordnung definieren näher, was unter „notwendig“ zu verstehen ist.

– Zur Auslegung des Begriffes „notwendig“ in Bezug auf die Beförderung mit einem privaten PKW statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln taugen die Regelungen in Art. 2 SchKfrG und § 2 Abs. 2 SchBefV, Entfernung und nicht zumutbarer Weg, nur begrenzt, da diese Normen der Begründung einer Beförderungspflicht dienen, während vorliegend die Notwendigkeit einer Beförderung mit einem privaten PKW anstelle mit dem öffentlichen Nahverkehr im Streit steht.

– Nach der nicht zu beanstandenden Praxis von Aufgabenträgern ist die Benutzung eines privaten Kraftfahrzeuges dann notwendig, wenn die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels zwar möglich ist, sich aber mit dem privaten Kraftfahrzeug die regelmäßige Abwesenheit von der Wohnung an mindestens drei Tagen in der Woche um mehr als zwei Stunden verringert. Diese Voraussetzungen sind jedoch - wegen des Blockunterrichts - nach den Ausführungen im Ausgangsbescheid vom 13.10.2015 nicht einschlägig.

Der Begriff „notwendig“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der grundsätzlich vom Gericht in vollem Umfang überprüfbar ist; vor dem Hintergrund, dass hier der Gesetz- und Verordnungsgeber einen Vorrang der Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs statuiert, der mit erheblichen öffentlichen Mitteln subventioniert wird, ist es deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Aufgabenträger Parallelverkehre durch eine einheitliche Vorgehensweise möglichst einschränken will und dementsprechend den Begriff „notwendig“ restriktiv anwendet. Der Aufgabenträger ist nämlich lediglich verpflichtet, eine Grundversorgung nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des Schulwegkostenfreiheitsgesetzes und der Schülerbeförderungsverordnung sicherzustellen (vgl. BayVGH, B. v. 03.12.2010 - 7 ZB 10.2368 - in juris Rn. 19). Da es sich bei der Schulwegkostenfreiheit um eine freiwillige soziale Leistung des Staates handelt, ist von einem gewissen Gestaltungsspielraum der Verwaltung auszugehen.

Gleichwohl hat der Aufgabenträger bei der Organisation der Schülerbeförderung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 SchBefV auch die Belange der Schüler/innen angemessen zu berücksichtigen und insbesondere auch die Zumutbarkeit des angebotenen Beförderungsmittels in den Blick zu nehmen. Der Normgeber hat allerdings davon abgesehen, hierfür nähere Kriterien festzulegen. Somit obliegt es dem jeweiligen Aufgabenträger unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls über die Art und Weise der Beförderung zu entscheiden (vgl. BayVGH, B. v. 3.12.2010, a.a.O. juris Rn. 20).

Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn in Ermangelung anderer Regelungen u.a. außer Kraft getretene Regelungen zur einheitlichen Auslegung des Begriffes „notwendig“ herangezogen werden.

So ist beispielsweise der zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs vom 08.01.1975 zur Änderung des § 9 Abs. 1 (GVBl Nr. 2/1975) zu entnehmen, dass eine Beförderung mit dem privaten PKW dann als notwendig anerkannt werden kann, wenn für den Schüler wegen einer dauernden körperlichen Behinderung oder aus anderen gesundheitlichen Gründen eine andere Beförderung nicht nur vorübergehend nicht zumutbar ist. Auch in der dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs vom 12.04.1976 (GVBl Nr. 9/1976) wurde mit der Neueinführung von § 9a b zusätzlich aufgenommen, dass als behinderte Schüler im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Satz 2 und Art. 3 Abs. 4 b SchulwegKFrG auch Schüler gelten, die wegen einer dauernden körperlichen Behinderung oder aus anderen gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend auf die Benutzung von privaten Kraftfahrzeugen angewiesen sind.

Nach den Ausführungen der Regierung von Oberfranken in ihrem Schreiben vom 22.08.2008 zu Auslegung des Begriffes „dauernde Behinderung“, verteilt an alle Landratsämter, liege eine solche vor, wenn der Schüler z.B. infolge einer Einschränkung des Gehvermögens etc. den Schulweg nicht zurückzulegen vermag und diese Behinderung mehr als 6 Monate dauert.

Gemeinsamer Nenner der oben genannten Maßstäbe ist, dass schwerpunktmäßig auf eine nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung Wert gelegt wurde bzw. wird, um nicht in zahllosen Einzelentscheidung mit großem Verwaltungsaufwand über die jeweilige persönliche Zumutbarkeit entscheiden zu müssen, sondern diesen unter Berücksichtigung des konkreten Sachverhalts auf ein überschaubares Maß zu beschränken. Diese zeitliche Einschränkung bei der Auslegung des Begriffes „notwendig“ bietet die Grundlage für eine praktikable Handhabung sowie eine einheitliche Vorgehensweise bei der Kostenerstattung und entspricht im Übrigen den gesetzlichen Rahmenbedingung zu zeitlichen Anforderungen, wie sie in § 2 Abs. 1 SGB IX zum Ausdruck kommen.

Vorliegend erfüllt die nachgewiesene körperliche Beeinträchtigung der Klägerin die obige zeitliche Komponente des Begriffes „notwendig“ nicht; sie stellt eine vorübergehende Gehbehinderung dar, die im Laufe der Behandlung von drei Monaten sukzessive abheilte; die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel war nicht grundsätzlich unmöglich.

Ausweislich des vorgelegten ärztlichen Attestes des Klinikums … vom 05.01.2016 befand sich die Klägerin in der Zeit vom 01.05. bis 03.08.2015 wegen eines Distorsionstraumas in ambulanter Behandlung. Diesem Attest lässt sich das Ausmaß der Schädigung und der damit verbundenen (vorübergehenden) Gehbeeinträchtigung nicht entnehmen. Nach den Angaben ihrer Prozessbevollmächtigten konnte sie in dieser Zeit nur mit Hilfe von zwei Unterarmstützen laufen. Es braucht vorliegend jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, ob dies tatsächlich über die gesamte Zeitdauer der ambulanten Behandlung der Fall war. Da die Distorsionsbehandlung insgesamt drei Monate andauerte, ist nach den oben dargelegten Maßstäben die Beeinträchtigung jedenfalls als vorübergehend zu bezeichnen.

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei der Schulwegkostenfreiheit um eine freiwillige soziale Leistung des Staates handelt und deshalb ein Gestaltungsspielraum der Verwaltung besteht, ist die einheitliche Vorgehensweise des Beklagten nicht zu beanstanden.

Aus diesen Gründen steht der Klägerin kein Anspruch auf Kostenerstattung zu.

3. Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 B 14.1636

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 7. April 2015

(VG Regensburg, Entscheidung vom 5. Februar 2014, Az.: RN 1 K 14.82)

7. Senat

Sachgebietsschlüssel: 212

Hauptpunkte:

Schulwegkosten, Wegstreckenentschädigung, Begrenzung auf die Höhe der Kosten für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels, Ermessensentscheidung des Aufgabenträgers

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Landkreis R.,

vertreten durch den Landrat, P. Str. ..., R.,

- Beklagter -

beteiligt:

... als Vertreter des öffentlichen Interesses, L-str. ..., M.,

wegen Schulwegkosten;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 5. Februar 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmeichel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Lotz-Schimmelpfennig aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. März 2015

am 7. April 2015

folgendes Urteil:

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 5. Februar 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der im Jahr 2011/2012 die 11. Jahrgangsstufe des D.-...-Gymnasiums in V. besuchte, begehrt die Übernahme von Schulwegkosten.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2012 übernahm der Beklagte die Kosten der Beförderung des Klägers von seinem Wohnort in B., Ortsteil S. nach V. bei einem Unterrichtsende um 17.00 Uhr (donnerstags) in einem privaten Kraftfahrzeug für das Schuljahr 2011/2012 in Form einer Wegstreckenentschädigung in Höhe von 0,25 Euro pro Kilometer. Die Kosten seiner Beförderung an den übrigen (Schul-)Werktagen (Unterrichtsende vor 17.00 Uhr) in einem privaten Kraftfahrzeug wurden in Höhe der Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels übernommen. Zur Begründung hieß es in dem Bescheid sinngemäß, da donnerstags bei einem Unterrichtsende um 17.00 Uhr kein öffentliches Verkehrsmittel zeitgerecht verkehre, sei der Einsatz des privaten Kraftfahrzeugs notwendig. An den übrigen vier Schultagen in der Woche verlängere sich bei Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels die regelmäßige Abwesenheitsdauer von der Wohnung um mehr als zwei Stunden; das sei dem Kläger nicht zumutbar, die Benutzung des eigenen Autos werde auch insoweit als notwendig anerkannt. Die Erstattung der Kosten auf der Strecke vom Wohnort zur Schule (einfach 18 km) erfolge bei Unterrichtsende 17.00 Uhr (donnerstags) in Form einer Wegstreckenentschädigung von 0,25 Euro/km, an den übrigen Tagen, an denen ein öffentliches Verkehrsmittel verkehre, werde die Höhe der Entschädigung dagegen auf dessen Kosten begrenzt.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hatte insoweit Erfolg, als das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtete, die Kosten für die Beförderung des Klägers in einem privaten Kraftfahrzeug im Schuljahr 2011/2012 zwischen B. und S. in Form einer Wegstreckenentschädigung in Höhe von 0,25 Euro/km zu übernehmen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dem Kläger auf der Strecke zwischen B. und dem Ortsteil S. nachmittags nicht möglich, weil er regelmäßig den nur morgens und mittags verkehrenden Schulbus, dessen Mitbenutzung ihm gestattet sei, nicht erreichen könne. Der Beklagte sei bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass für die Teilstrecke zwischen B. und dem Ortsteil S., die weniger als drei Kilometer betrage und nicht als besonders gefährlich oder beschwerlich angesehen werde, kein Beförderungsanspruch des Klägers bestehe. Eine derartige Beurteilung sei dem Aufgabenträger indes nur im Rahmen der Bestimmung der Beförderungspflicht nach § 2 Abs. 2 Schülerbeförderungsverordnung (SchBefV) eingeräumt. Dazu habe der Beklagte jedoch bereits entschieden gehabt, dass eine solche von der Wohnung des Klägers bis zur Schule bestehe. Bei der Erstattung der solchermaßen entstehenden Kosten sehe die SchBefV eine entsprechende Beschränkung der Wegstreckenentschädigung nicht vor.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung. Das Verwaltungsgericht gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass § 3 Abs. 3 Satz 3 SchBefV nur auf (Teil-)Strecken Anwendung finde, auf denen tatsächlich ein öffentliches Verkehrsmittel verkehre, für verbleibende Schulwegreste jedoch die volle Wegstreckenentschädigung zu zahlen sei. Dabei werde verkannt, dass bei nahezu jeder Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine Restwegstrecke von und zu Haltestellen zurückzulegen sei, deren Zumutbarkeit vom Aufgabenträger im Einzelfall zu beurteilen sei.

Der Beklagte hat beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 5. Februar 2014 insoweit abzuändern, als der Landkreis R. unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 1. Februar 2012 verpflichtet wurde, eine Wegstreckenentschädigung in Höhe von 0,25 Euro/km für die Strecke vom Ortsteil S. nach B. zu übernehmen und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt und teilt die rechtliche Einschätzung des Beklagten. Eine auf die Höhe der Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels beschränkte Wegstreckenentschädigung müsse jedenfalls dann möglich sein, wenn der nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigende Schulwegteil - wie hier - in zumutbarer Weise auch anderweitig (etwa zu Fuß oder mit dem Fahrrad) zurückgelegt werden könne. Anderenfalls würden nicht nur die den öffentlichen Nahverkehr tatsächlich nutzenden Schüler benachteiligt, sondern auch der im Schülerbeförderungsrecht herrschende Vorrang der Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel, der der Einhaltung des Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit diene, missachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme von Schulwegkosten in Form einer Wegstreckenentschädigung in Höhe von 0,25 Euro pro Kilometer auch für die Strecke zwischen B. und dem Ortsteil S. Die in Nummer 2 des Bescheids des Beklagten vom 1. Februar 2012 insoweit vorgenommene und durch Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2012 bestätigte Begrenzung der Wegstreckenentschädigung auf die Höhe der Kosten für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels ist rechtmäßig.

Gemäß § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung - SchBefV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. September 1994 (GVBl S. 953; BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. August 2012 (GVBl S. 443) erfüllen die Aufgabenträger - hier der Beklagte - ihre Beförderungspflicht vorrangig mit Hilfe des öffentlichen Personenverkehrs. Andere Verkehrsmittel, wie z. B. ein privates Kraftfahrzeug, sind nur einzusetzen, soweit dies notwendig oder insgesamt wirtschaftlicher ist. Der Aufgabenträger kann seine Beförderungspflicht im Einzelfall auch dadurch erfüllen, dass er für den zumutbaren Einsatz von privaten Kraftfahrzeugen eine Wegstreckenentschädigung anbietet. Bei einer möglichen Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel kann die Wegstreckenentschädigung auf die Höhe der Kosten für die Benutzung dieses Verkehrsmittels begrenzt werden (§ 3 Abs. 3 Satz 1 und 3 SchBefV).

Gemessen daran ist die Berechnung des Beklagten zur Höhe der dem Kläger zu erstattenden Schulwegkosten nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht geht - zunächst zutreffend und insoweit in Übereinstimmung mit dem Beklagten - davon aus, dass der Einsatz des privaten Kraftfahrzeugs des Klägers auch an den Tagen mit einem Unterrichtsende vor 17.00 Uhr notwendig war, weil sich hierdurch die Dauer der Abwesenheit des Klägers von seiner Wohnung um mehr als zwei Stunden verkürzte. Dass eine derartige Zeitersparnis die Benutzung eines Privatfahrzeugs rechtfertigt, ist auch in der Rechtsprechung des erkennenden Senats bereits anerkannt (vgl. U.v. 18.2.2005 - 7 B 04.92 - juris; B.v. 5.7.2010 - 7 ZB 09.2880 - juris).

Der Beklagte konnte jedoch die für diesen Einsatz des privaten Fahrzeugs des Klägers anfallende Wegstreckenentschädigung in rechtlich zulässiger Weise gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 SchBefV begrenzen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war es dem Kläger nämlich - obwohl er den nur morgens und mittags zwischen B. und S. verkehrenden Schulbus unstreitig nicht erreichen konnte - objektiv möglich, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang folgende Erwägungen:

Ein Schulbus ist, wie sich aus § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV ergibt, kein öffentlicher Personenverkehr im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 SchBefV, sondern ein anderes Verkehrsmittel. Eine Anbindung des Ortsteils S. an B. mit öffentlichen Verkehrsmitteln gab und gibt es nach wie vor nicht. Allerdings besteht, anders als das Verwaltungsgericht meint, auch keine Beförderungspflicht des Beklagten gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 SchBefV auf dem gesamten Schulweg, d. h. von „Tür zu Tür“. Diese Entfernung ist zwar maßgeblich für die Berechnung der Gesamtlänge des Schulwegs - im Fall des Klägers 18 km einfach - und damit für das Entstehen der Beförderungspflicht des Beklagten. Die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 SchBefV schließt jedoch nicht aus, dass auch bei bestehender Beförderungspflicht auf dem Schulweg unter Umständen Restwege von und zu Haltestellen verbleiben können und hinzunehmen sind, wie dies üblicher Weise auch bei jeglicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel der Fall ist. Ob es sich um einen - hinzunehmenden - Restweg zur nächstgelegenen Haltestelle handelt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

Vorliegend beträgt die Entfernung zwischen B. und S. 2,6 km. Es handelt sich um keine beschwerliche oder besonders gefährliche Strecke, die auch nach Auffassung des erkennenden Senats von einem Schüler der 11. Jahrgangsstufe grundsätzlich als Weg zur nächstgelegenen Haltestelle bewältigt werden kann und hingenommen werden muss.

Dass dem Kläger die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gleichwohl in subjektiver Hinsicht aufgrund des damit verbundenen Zeitaufwands nicht zumutbar war, ist ein Umstand, der bereits auf einer ersten Stufe der Prüfung, nämlich ob der Einsatz des privaten Kraftfahrzeugs notwendig war, berücksichtigt wurde und der deshalb nicht dazu führt, dass die Kostenerstattung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 SchBefV i. V. m. Art. 6 Abs. 6 des Bayerischen Reisekostengesetzes in voller Höhe gewährt werden müsste. Denn der Beklagte hat bei seinem Vergleich des Zeitbedarfs für die Nutzung des öffentlichen Personenverkehrs einerseits und des Privatfahrzeugs andererseits zweimal 38 Minuten täglich für den anfallenden Fußweg zwischen S. und B. angesetzt; anderenfalls hätte sich keine tägliche Zeitersparnis bei Nutzung des Kraftfahrzeugs von mehr als zwei Stunden errechnet.

Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat (BayVGH, U.v. 18.2.2005 - 7 B 04.92 - juris) kommt es bezüglich der sodann - auf einer zweiten Stufe festzusetzenden - Wegstreckenentschädigung vom Ansatz her nicht mehr darauf an, ob die Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels für den Schüler zumutbar ist, da diese Frage bereits im Rahmen der Notwendigkeit des Einsatzes eines privaten Kraftfahrzeugs geprüft wird. Wenn die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel - wie hier - objektiv möglich ist, steht es, ohne dass es auf die Frage der subjektiven Zumutbarkeit ankommt, im Ermessen des Aufgabenträgers, die Wegstreckenentschädigung auf die Höhe der Kosten für die Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels zu begrenzen (BayVGH a. a. O.). Dass der Beklagte vorliegend diese Entscheidung unter Heranziehung der maßgeblichen Kriterien (angespannte Haushaltslage und sparsamer Umgang mit Steuergeldern einerseits und Länge, Gefahren und Beschwerlichkeit des zurückzulegenden Fußwegs von S. nach B. andererseits) zugunsten einer möglichen Begrenzung der Wegstreckenentschädigung getroffen hat, ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckung der Klage folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO hierfür nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 241,80 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG).

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.