Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 10. Juni 2005 - A 10 K 13121/03

bei uns veröffentlicht am10.06.2005

Tenor

Ziffer 2 bis 4 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.10.2002 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, die dieser selbst trägt.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine nach ihren Angaben XXX in Ukhun/Ekpoma/Bundesstaat Edo geborene nigerianische Staatsangehörige, katholischer Religionszugehörigkeit und Volkszugehörige der Ishan reiste eigenen Angaben zufolge am 8.9.2002 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 10.9.2002 einen Asylantrag.
Bei ihrer Anhörung im Rahmen der Vorprüfung beim Bundesamt am 19.9.2002 gab sie im Wesentlichen an, sie habe Nigeria in der Nacht des 7.9.2002 mit einer Maschine der Lufthansa zusammen mit ihrem Begleiter, einem Europäer namens Rolf, verlassen und Frankfurt/Main am Morgen des 8.9.2002 erreicht. Ihr Begleiter habe die Unterlagen gehabt. Weder auf dem Flughafen Lagos noch in Frankfurt sei eine Kontrolle erfolgt. Sie sei lediglich dem Begleiter gefolgt. Zu ihren Asylgründen gab sie an, dass ihr Vater Stammeskönig gewesen sei. Nach den Riten ihrer Region finde zweimal im Jahr ein Fest statt. Es handele sich um das Ihon-Fest. Dabei würden junge Mädchen und Frauen zum Tanz geladen. Das Fest gebe den Stammeskönigen Gelegenheit, neue Frauen auszusuchen. Sie habe im Januar 2002 zum ersten Mal teilgenommen. Ein König eines Stammes habe sich für sie interessiert. Daher habe noch im Januar ihre Beschneidung stattfinden sollen. Sie sei von Männern zu einer Frau geschleppt worden. Sie habe sich gewehrt und sei dabei gestürzt und habe sich eine Verletzung an der Schulter und einen Bruch des rechten Ellenbogens zugezogen. Die Frau, die die Beschneidung hätte vornehmen sollen, habe erklärt, dass sie unter diesen Bedingungen keine Beschneidung vornehme. Sie sei dann zu ihrem Elternhaus zurückgebracht worden. Der König sei immer wieder bei ihren Eltern erschienen und habe auf ihre Beschneidung gedrängt. Im August 2002 seien dann neun korpulente Männer erschienen, die sie zur Beschneidung führen sollten. Diese hätten ihr Haus umstellt. Sie habe die Beschneidung weiterhin abgelehnt. Dann sei ihr früh morgens die Flucht gelungen. Sie sei zunächst zu einer Freundin ins Dorf Ozogo gegangen. Der Vater der Freundin habe sie dann zu einem Alhadji nach Lagos gefahren. Sie habe sich anschließend bis zu ihrer Ausreise bei dem Bruder der Freundin in Lagos aufgehalten. Der Alhadji und der Europäer namens Rolf hätten dann die Ausreise organisiert. Auf Nachfrage erklärte sie, dass die Bevölkerung ihres Dorfes und des Umkreises überwiegend der christlichen Religion angehöre. Auch ihre Eltern seien Christen. Ihr Vater sei gegen die Beschneidung gewesen, als Stammeskönig jedoch an die Regeln des Dorfes gebunden. Die Beschneidung werde normalerweise bei Kindern durchgeführt. Sie wisse nicht, warum dies bei ihr unterlassen worden sei. Den Stammeskönig, der sie habe heiraten wollen, kenne sie nicht näher. Da er bereits älter als ihr Vater gewesen sei, habe sie ihn auch unabhängig von der drohenden Beschneidung nicht heiraten wollen. Ihre Mutter sei gegen diese Heirat gewesen, habe dies aber nicht gegenüber dem Vater geäußert. Auch in Lagos hätte man sie entdeckt. Wenn sie Lagos nicht verlassen hätte, hätte man sie verraten und zurückgeholt. Dann wäre sie getötet worden, weil sie die Heirat abgelehnt habe. Ihr Vater hätte hiergegen trotz seiner Stellung als Stammeskönig nichts ausrichten können.
Mit Bescheid vom 29.10.2002 wurde der Asylantrag abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und die des § 53 AuslG nicht vorliegen. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; andernfalls wurde ihr die Abschiebung nach Nigeria angedroht. Der Bescheid wurde der Klägerin mit Schreiben vom 29.10.2002 zugestellt.
Am 4.11.2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie weiter aus, sie sei bisher nicht zwangsbeschnitten worden. Hierzu legt sie eine fachärztliche Bescheinigung vom 13.5.2005 vor. Entgegen der Ansicht des Bundesamtes fänden auch Beschneidungen im Erwachsenenalter statt. Der gesellschaftliche Druck, die weiblichen Nachkommen beschneiden zu lassen, sei in Nigeria sehr hoch. Eine „Unbeschnittene“ käme bei der Mehrheit der Ethnien für eine Heirat nicht in Frage. Sie sei sozial und ökonomisch ausgegrenzt. Es sei für die betroffenen Frauen unerheblich, dass der nigerianische Staat versuche, die Beschneidung gesetzlich zu untersagen. Das fehlende Unrechtsbewusstsein, die Jahrtausende alte Tradition und der gesellschaftliche Druck führten dazu, dass die Zwangsbeschneidung in der Illegalität weiter ausgeübt werde. Aufgrund des Drucks durch den Stamm und der Familie würde ihr bei einer Rückkehr nach Nigeria eine Zwangsbeschneidung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.10.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, sowie hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt.
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Die Klägerin ist im Termin zur mündlichen Verhandlung zu ihren Asylgründen gehört worden. Sie hat im Wesentlichen angegeben, dass sie in Ukhun/Ekpoma in Edo-State gelebt habe. Ihr Vater habe zwei Frauen gehabt. Sie habe viele Geschwister gehabt, auch Mädchen. Manche seien schon gestorben. Ein Mädchen sei im Alter von 24/25 Jahren beschnitten worden. Sie sei während der Beschneidung verstorben. Auf Frage, warum sie beschnitten werden sollte, hat die Klägerin erklärt, die Beschneidung sei bei ihnen üblich. Wenn eine Frau heiraten wolle, halte der Mann um ihre Hand an. Es finde dann eine Beschneidung statt, bei der der Ehemann teilnehme. Bei ihnen gebe es zweimal im Jahr ein Fest, welches sieben Tage dauere, das Ihon-Fest. Sie habe während dieses Festes im Januar 2002 beschnitten werden sollen. Henry, der Häuptling der Ujagbe, habe sich für sie interessiert. Daher seien ein paar Männer gekommen und hätten sie mitgenommen. Man habe sie an Füßen und Händen gefesselt. Dabei sei es zu einem Gerangel zwischen den Männern und ihr gekommen. Sie sei hingefallen und habe sich den Arm gebrochen und eine Verletzung an den Rippen zugezogen. Man habe sie dann zur traditionellen Medizinstelle gebracht. Dort sei sie drei Monate geblieben und behandelt worden. Dann habe ihr Vater sie abgeholt. Sie sei davon ausgegangen, dass sich die Sache mit der Beschneidung erledigt habe. Dann seien die Männer eines Abends im August wiedergekommen. Da habe auch das Fest wieder stattgefunden. Sie habe sich im Haus aufgehalten. Die Frau ihres Vaters sei zu ihr gekommen und habe ihr gesagt, dass Henry und seine Männer mit ihrem Vater diskutierten. Er, Henry, wolle sie zur Beschneidung mitnehmen. Sie sei in der Nacht bei ihres Vaters Frau geblieben. Morgens, bevor es hell geworden sei, habe sie das Gebäude nach hinten verlassen. Sie sei zu einer Freundin in das Dorf Usogo gegangen. Die Eltern ihrer Freundin hätten gesehen, dass die Lage ernst für sie sei. Ein Besucher der Familie ihrer Freundin, ein Alhadji, habe ihr helfen wollen. Auf Frage hat sie angegeben, dass Alhadji eine moslemische Bezeichnung für die Leute sei, die nach Saudi-Arabien gegangen seien und goldene Zähne hätten - die Dolmetscherin hat erklärt, ein Alhadji sei jemand, der in Mekka gewesen sei -. Dieser habe sie zusammen mit dem Vater ihrer Freundin nach Lagos mitgenommen und dort zu Verwandten vom Vater ihrer Freundin gebracht. Sie habe sich dort nur im Haus aufhalten sollen, da in der Umgebung Leute gewohnt hätten, die ihre Sprache gesprochen hätten. Diese Leute hätten zu Hause Bericht erstattet, wenn sie von ihr gewusst hätten. Man habe eines Tages ein Foto von ihr gemacht. Dann sei ein weißer Mann namens Rolf gekommen. Dieser habe sie auf dem Flug am 7.9.2002, der gegen 23 Uhr nach Frankfurt gestartet sei, begleitet und alle Unterlagen bereit gehalten. Mit dem Zug sei sie dann weiter nach Karlsruhe gefahren. Auf Nachfrage, warum sie beschnitten werden sollte, hat die Klägerin vorgetragen, wenn jemand während des Festes komme, dann werde man beschnitten. Auf weitere Frage, ob Henry sie habe heiraten sollen, hat die Klägerin gesagt, ja, er sei ein alter Mann mit vier Frauen. Auf Frage, wann sich Henry entschieden habe, sie zu heiraten, hat sie erklärt, er sei immer wieder vorbeigekommen. Im Januar sei er erstmalig mit seinen Leuten zur Beschneidung gekommen. Auf Frage, wo die Beschneidung durchgeführt werde, hat die Klägerin angegeben, es gebe besondere Menschen, die dieses Ritual durchführten. Es hätte entweder bei ihr am Ort oder in seinem Dorf durchgeführt werden sollen. Die Frage, ob die Beschneidung während des Festes hätte stattfinden sollen, hat die Klägerin bejaht. Auf weitere Frage, seit wann klar gewesen sei, dass sie Henry heiraten solle, hat die Klägerin geschildert, dass ihr Vater im Januar zu ihr gekommen sei und ihr gesagt habe, dass sie Henry heiraten solle. Die Nachfrage, ob ihr Vater einfach bestimmt habe, dass sie Henry heiraten solle, hat die Klägerin bejaht. Dies sei bei ihnen so üblich. Auf Frage, ob ihre ältere Schwester, die gestorben sei, auch heiraten sollte, hat die Klägerin gesagt, ja, ihre älteste Schwester sei gestorben, die zweitälteste Schwester sei weggelaufen. Sie wisse nicht, wo sie sich aufhalte. Auf Frage, in welchem Alter die Mädchen im Dorf in der Regel verheiratet würden, hat die Klägerin geantwortet, dass die Mädchen irgendwann zwischen 24 und 25 Jahren heiraten müssten. Mit 26 Jahren sei man zu alt. Auf Nachfrage, ob auch 16 oder 18jährige verheiratet würden, hat die Klägerin erläutert, man werde erst mit 24 oder 25 Jahren vergeben. Die Beschneidung finde auch in diesem Alter statt. Neulich habe sie erfahren, dass ihr Vater erhebliche Probleme gehabt habe, da sie Henry nicht geheiratet habe. Dies habe sie von jemand gehört, der nach Nigeria zurückgegangen sei. Ihr Vater sei im Jahr 2002 getötet worden, weil sie Henry nicht übergeben worden sei. Hierüber habe sie ein Bruder telefonisch unterrichtet. Sie habe das Ende letzten Jahres erfahren. Die Klägerin hat hierzu die Kopie einer Sterbeurkunde vorgelegt. Aus dieser geht hervor, dass Todesursache des Vaters eine Bruch des Oberschenkelkopfes und weitere Ursachen eine Thrombose und Lungenembolie gewesen seien. Die Frage, ob sie sich der Beschneidung hätte entziehen und an einem anderen Ort in Nigeria hätte leben können, hat die Klägerin verneint. Auf Nachfrage, woran dies gescheitert wäre, hat die Klägerin erklärt, dies sei nicht möglich gewesen, da immer die Gefahr bestanden hätte, dass sie gesehen bzw. erkannt worden wäre. Auf Frage, ob ihre Mutter beschnitten gewesen sei, hat sie geantwortet, dass wisse sie nicht. Auf Frage, ob sie hierüber gesprochen hätten, hat die Klägerin gesagt, das erste Kind ihrer Mutter sei bei der Beschneidung gestorben. Ihre Mutter habe nicht gewollt, dass dies ihren anderen Töchtern auch passiere. Sie hätte ihnen geholfen, wenn sie gekonnt hätte. Sie habe ihnen den Rat gegeben wegzugehen. Auf Nachfrage, ob sie über die Beschneidung ihrer Mutter gesprochen hätten, hat die Klägerin vorgetragen, sie habe die Mutter nicht gefragt. Sie sei noch klein gewesen, als ihr älteste Schwester gestorben sei. Auf Nachfrage hat sie erklärt, dass sie keine weiteren Asylgründe habe.
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Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und auf einen Band Akten der Beklagten, der zu den genannten Verfahren vorgelegt worden ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet die Berichterstatterin anstelle der Kammer (§ 87 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 AsylVfG. Sie hat jedoch einen Anspruch auf die Feststellung, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AuslG vorliegen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist hinsichtlich Ziffer 2 bis 4 nach Maßgabe des Tenors rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
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Grundlage der gerichtlichen Prüfung sind das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Änderungen durch Art. 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - ZuwanderungsG - vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950) - AsylVfG n.F. -, das nach Art. 13 ZuwanderungsG, soweit hier erheblich, am 01.01.2005 in Kraft getreten ist, und das gemäß Art. 1 ZuwanderungsG an die Stelle des Ausländergesetzes getretene Aufenthaltsgesetz. Denn das Gericht hat die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zugrundezulegen (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG - die Vorschrift ist nicht geändert worden -).
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Die Voraussetzungen des Art. 16 a Abs. 1 GG liegen nicht vor. Danach genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann politisch, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder andere für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (vgl. BVerfG, B. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, S. 315/335 in Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung). Die Befürchtung einer politischen Verfolgung ist dann im dargestellten Sinne begründet, wenn dem Asylsuchenden für seine Person bei verständiger, objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, sodass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.03.1988, DVBl. 1988, S. 747/749; U.v. 05.11.1991 - 9 C 118.90 -). Steht fest, dass der Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist ist, so ist er asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Daher muss sein Asylantrag Erfolg haben, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen. Ist die Verfolgungsgefahr zwischenzeitlich beendet, kommt es darauf an, ob mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist; eine Anerkennung als Asylberechtigter ist dann nicht geboten, wenn der Asylsuchende vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher sein kann (vgl. BVerfG, B..v. 02.07.1980, BVerfGE 54, S. 341/360).
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Auch erlittene oder zu befürchtende Folter kann politische Verfolgung sein, wenn sie über das Maß hinaus geht, das Personen zu befürchten haben, die wegen krimineller Delikte inhaftiert sind. Zwar ist eine unmenschliche Behandlung wie die Folter als solche nach Wortlaut und Sinn des Artikels 16 a Abs. 1 GG nicht ohne weiteres asylerheblich. Wird sie jedoch wegen asylrelevanter Merkmale eingesetzt oder im Blick auf diese Merkmale in verschärfter Form angewandt, ist sie also nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit auf die politische Komponente der dem Betroffenen zur Last gelegten Taten bezogen, knüpft sie an die politische Überzeugung an und ist deshalb asylerheblich (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.1989, NVwZ 1990, 453).
18 
Die für den Asylrechtsschutz erforderliche Individualbetroffenheit eines Asylbewerbers ist auch im Falle einer so genannten Gruppenverfolgung gegeben. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Gruppe von - durch asylerhebliche Merkmale verbundenen - Menschen als solche Ziel einer politischen Verfolgung in der Weise ist, dass jedes einzelne Mitglied der Gruppe - und damit auch der betreffende Asylbewerber - allein deswegen, weil bei ihm die gruppenspezifischen Merkmale vorliegen, politische Verfolgung befürchten muss, wobei aber die unmittelbare Betroffenheit des einzelnen durch gerade auf ihn zielende Verfolgungsmaßnahmen sowie die Gruppengerichtetheit der Verfolgung die Eckpunkte eines durch fließende Übergänge gekennzeichneten Erscheinungsbildes politischer Verfolgung darstellen (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.1991, BVerfGE 83, S. 216 ff.). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche auf eine individuelle Verfolgungsgefahr zurückführt und demzufolge die Regelvermutung einer eigenen Verfolgung rechtfertigt (VGH Baden-Württemberg, U.v. 4.12.1998 - A 14 S 495/98 - m.w.N.). Dies gilt auch in einer Situation des Gegenterrors im Bürgerkrieg (BVerwG, U.v. 30.4.1996 , BVerwGE 101, S. 123/125 f.). Die hierfür erforderlichen Feststellungen unterscheiden sich allerdings hinsichtlich der Qualität und Quantität der Verfolgungsschläge erheblich von solchen zu einem Verfolgungsgeschehen, das nur einzelne Mitglieder einer Gruppe betrifft. Hier kann die Feststellung einer Vielzahl von militärischen Angriffen auf die Zivilbevölkerung, der wahllosen Zerstörung von Zivilobjekten mit zahlreichen Opfern die erforderliche Verfolgungsdichte eher rechtfertigen als etwa die Feststellung lediglich häufiger Übergriffe auf Einzelpersonen bei anderen Formen der Gruppenverfolgung (BVerwG, U.v. 15.7.1997, Buchholz 402.25 § 1 Nr. 194). Eine unmittelbar staatliche gruppengerichtete Verfolgung kommt auch in Betracht, wenn hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm vorliegen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist (BVerwG, U.v. 5.7.1994, BVerwGE 96, S. 200/203 ff.). Das kann etwa der Fall sein, wenn festgestellt werden kann, dass der Heimatstaat ethnische oder religiöse Minderheiten physisch vernichten und ausrotten oder aus seinem Staatsgebiet vertreiben will. Hierzu gehört die - insbesondere mit Mitteln der physischen Gewalt durchgeführte - Zerstörung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage bzw. der kollektiven Identität im weitesten Sinne (vgl. VGH BW, U.v. 4.12.1998, a.a.O.) oder die Vertreibung von großen Teilen der Bevölkerung unter unmenschlichen Umständen.
19 
Wer nicht von landesweiter, sondern von nur regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist erst dann politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann (inländische Fluchtalternative, vgl. BVerfG, B.v. 22.3.1991, InfAuslR 1991, S. 198).
20 
Ein Anspruch der Klägerin auf Anerkennung als Asylberechtigter ist schon gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a AsyIVfG ausgeschlossen, denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin, wie sie behauptet, auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist ist. Bleibt der Einreiseweg unaufklärbar, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für seine Behauptung, ohne Berührung eines sicheren Drittstaates nach Deutschland eingereist zu sein (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.1999, BVerwGE 109, 174). Aus den Angaben der Klägerin, die keine Personalpapiere oder sonstige Nachweise zu ihrer Einreise vorweisen kann, ergibt sich nichts Greifbares, sodass auch weitere Aufklärungsmöglichkeiten offensichtlich nicht in Betracht kommen.
21 
Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch, soweit ihre Klage zunächst auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG gerichtet war. Denn unter Zugrundelegung der durch die Vorschrift des an die Stelle des § 51 Abs. 1 AuslG getretenen § 60 Abs. 1 AufenthG geschaffenen neuen Rechtslage hat sie einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses.
22 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (Satz 1). Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft (Satz 3). Dabei kann eine Verfolgung im Sinne von Satz 1 und 3 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (Satz 4).
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§ 60 Abs. 1 AufenthG stimmt in seinem Satz 1 inhaltlich mit der bisherigen Regelung des § 51 Abs. 1 AuslG überein. Satz 3 der Vorschrift enthält aber eine Veränderung gegenüber der bisherigen Regelung. Danach bestimmt das Aufenthaltsgesetz nun ausdrücklich, dass die Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen könne, wenn die Bedrohung von Leib und Leben allein an das Geschlecht anknüpft, und legt den bis dato herrschenden Streit bei, ob die Anknüpfung von Verfolgungshandlung allein an das Geschlecht das Kriterium der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfüllt und damit abschiebungsverbotsrelevant sein kann (vgl. hierzu auch VGH Kassel, U.v. 23.3.2005 - 3 UE 3457/04.A -). Soweit die gesetzliche Regelung des Aufenthaltsgesetzes über die Regelung auf europäischer Ebene, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates - Qualifikationsrichtlinie - (ABl. L 304 v. 30.9.2004, S. 12), hinausgeht, hat dies keine einschränkende Auslegung des eindeutigen Wortlautes des Aufenthaltsgesetzes zur Folge. Art. 10 Abs. 1 b der Qualifikationsrichtlinie bestimmt zwar, dass geschlechterbezogene Aspekte bei der Bestimmung einer Gruppe berücksichtigt werden, für sich allein genommen aber nicht dazu führen können, dass ein Verfolgungsgrund vorliegt. Die genannte Richtlinie enthält jedoch lediglich Mindeststandards für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes; dem nationalen Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, diese Mindeststandards für einen besseren Schutz von Flüchtlingen zu überschreiten; das ist mit der Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erfolgt (vgl. VGH Kassel, U.v. 23.3.2005 - 3 UE 3457/04.A -, m.w.N.).
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Die Voraussetzungen des in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG geregelten Abschiebungsverbots liegen bei der Klägerin auch vor, denn es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sie ihren Heimatstaat wegen ihr unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat und ihr bei ihrer Wiedereinreise politische Verfolgung droht. Dabei gilt für die Klägerin als Vorverfolgte ein herabgesetzter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach ihr eine Rückkehr in ihr Heimatland nur zugemutet werden kann, wenn Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind (vgl. BVerfG, B.v. 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 -, BVerfGE 54, 341; BVerwG, U.v. 25.9.1984 - 9 C 17.84 -, BVerwGE 70, 169).
25 
Der Ausländer ist aufgrund der ihm obliegenden prozessualen Mitwirkungspflicht gehalten, von sich aus umfassend die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse substantiiert und in sich schlüssig zu schildern sowie eventuelle Widersprüche zu seinem Vorbringen in früheren Verfahrensstadien nachvollziehbar aufzulösen, so dass sein Vortrag insgesamt geeignet ist, seinen Klageanspruch lückenlos zu tragen, wobei es bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit einer Verfolgung ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 8.5.1984 - 9 C 141.83 - EZAR 630 Nr. 13 und U.v. 23.11.1982 - 9 C 74.81 - BVerwGE 66, 237).
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Nach diesen Maßstäben reicht das Vorbringen der Klägerin zur Glaubhaftmachung eines asylrelevanten Verfolgungsschicksals aus. Die Klägerin hat schon beim Bundesamt vorgetragen, dass sie ihr Heimatland wegen der ihr drohenden Beschneidung anlässlich einer Heirat verlassen hat. Dabei hat sie im Wesentlichen übereinstimmend bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt und im Termin zur mündlichen Verhandlung geschildert, dass anlässlich eines in ihrem Dorf regelmäßig stattfindenden Festes, welches den Stammeskönigen Gelegenheit gebe, neue Frauen auszusuchen, im Januar 2002 ein Stammeskönig auf sie aufmerksam geworden sei und sie zur Frau habe nehmen wollen. Voraussetzung für eine Heirat sei jedoch eine Beschneidung gewesen, die noch im Januar habe stattfinden sollen. Ihr Vater, der selbst Stammeskönig gewesen sei, sei zwar gegen eine Beschneidung gewesen. Als Stammeskönig sei er jedoch an die Regeln des Dorfes gebunden gewesen. Die Zwangsbeschneidung sei im Januar 2002 lediglich daran gescheitert, dass sie sich gewehrt und dabei erheblich verletzt habe. Erst drei Monate später seien die Verletzungen geheilt gewesen. Der Stammeskönig, der sie habe heiraten wollen, sei immer wieder bei ihren Eltern gewesen und habe auf eine Beschneidung gedrängt. Schließlich seien seine Männer im August 2002 erneut zum Haus ihrer Eltern gekommen, um sie zur Zwangsbeschneidung zu holen. Sie habe jedoch zu der Familie einer Freundin fliehen können, die ihr dann mit Hilfe eines Bekannten zur Ausreise verholfen habe.
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Aufgrund dieses in sich stimmigen Vortrags hat das Gericht keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Klägerin. Die Plausibilität ihres Vorbringens wird auch durch die dem Gericht vorliegenden und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünfte und Stellungnahmen sachverständiger Stellen zur Praxis der Genitalverstümmelung in Nigeria belegt. So ist nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.3.2005 (Stand: Februar 2005) die Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen in Nigeria in allen bekannten Formen besonders in ländlichen Gebieten weit verbreitet. Regierungsstatistiken zufolge sind - bei einer Gesamtbevölkerung von 130 Millionen - etwa 30 Millionen Frauen verstümmelt. Nichtregierungsorganisationen gehen sogar davon aus, dass 50 bis 60 % der Frauen Opfer von Genitalverstümmelungen sind. Verbreitung und Art der Verstümmelung variieren nach Region und sogar von Gemeinde zu Gemeinde. Sie ist im Südwesten in den Bundesstaaten Osun, Oyo und Ondo sowie Edo, gefolgt von den Bundesstaaten im Süden und denen im Norden, am meisten verbreitet. Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen besteht die Gefahr einer Zwangsbeschneidung nicht nur für Neugeborene, sondern auch noch für junge Frauen in der Situation der Klägerin. Zum Beschneidungsalter lassen sich keine generellen Aussagen für das gesamte nigerianische Staatsgebiet treffen, vielmehr ist diese abhängig von der Ethnie, kann aber auch innerhalb einer Ethnie variieren (vgl. ai, Stellungnahme vom 16.3.1999 an VG Koblenz; ACCORD, Nigeria, Länderbericht August 2004, S. 80). Nach kulturellen und traditionellen Überzeugungen dient die weibliche Genitalverstümmelung der Sicherung der Fruchtbarkeit der Frau, der Kontrolle der weiblichen Sexualität sowie dem Schutz vor Promiskuität und der Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft der Frau durch eine Heirat. Der gesellschaftliche und familiäre Druck innerhalb des gesamten Staatsgebietes von Nigeria, eine Beschneidung bei den Frauen einer Familie aus den oben genannten Gründen durchzuführen, ist sehr groß (vgl. VG Aachen, U.v. 12.8.2003 - 2 K 1140/02.A -, Asylmagazin 10/2003, 30, m.w.N.). In weiten Teilen der nigerianischen Bevölkerung ist ein Leben einer Frau außerhalb der Ehe praktisch unmöglich, was dazu führt, dass vor allem die weiblichen Mitglieder der Großfamilien darum bemüht sind, für Mädchen die Voraussetzungen für die existentielle Sicherheit in einer patriarchalischen Gesellschaft zu schaffen (vgl. Institut für Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 28.3.2003 an VG Düsseldorf). Dazu zählt die Beschneidung, die mitunter sogar gegen den erklärten Willen der Eltern mittels Entführung durch Großmütter oder Tanten durchgeführt wird. Die Verweigerung der Beschneidung stößt auf größtes Unverständnis und bedeutet für die Mädchen die soziale und ökonomische Ausgrenzung. So ist die Genitalbeschneidung nach Einschätzung nigerianischer Organisationen wie z.B. des Women’s Center for Peace and Development (WOPED) vornehmlich in den ländlichen Regionen für Frauen nach wie vor sehr wichtig, um einen angemessenen Platz in der Gesellschaft einnehmen zu können. Nach der Stellungnahme des Instituts für Afrikakunde vom 21.8.2002 (an VG Aachen) kann sogar in städtischen Gebieten die Beschneidung einer Frau kaum verhindert werden, wenn ihr soziales Umfeld darauf besteht.
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Aufgrund dieser Lage in Nigeria ist nachvollziehbar, dass für die Klägerin bereits vor ihrer Ausreise ein erheblicher Druck zur Durchführung der Beschneidung bestanden hat. Entgegen der Ansicht des Bundesamtes kann dem nicht entgegen gehalten werden, dass der Vater in seiner Funktion als Stammeskönig diese Beschneidung hätte verhindern können. Denn die Klägerin hat plausibel dargelegt, dass sich ihr Vater gerade als Oberhaupt einer Dorfgemeinschaft den rituellen Regeln zu unterwerfen hatte. Insoweit ist auch unerheblich, dass die Klägerin und ihre Eltern Christen sind. Denn die Genitalverstümmelung wird unabhängig von der Religion praktiziert (vgl. ACCORD, Nigeria, Länderbericht August 2004, S. 79). Durch Vorlage des ärztlichen Attestes vom 13.5.2005 hat die Klägerin auch nachgewiesen, dass sie nicht zwangsbeschnitten ist.
29 
Nach alledem betrifft die Genitalverstümmelung die Klägerin in einem verfolgungserheblichen Merkmal i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, nämlich dem für sie unverfügbaren Merkmal des weiblichen Geschlechts. Der Qualifizierung der Genitalverstümmelung als Verfolgungsmaßnahme i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG kann nicht entgegen gehalten werden, sie diene nicht dazu, die Betroffenen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen, sondern verfolge gerade das Ziel, die betroffenen Mädchen und Frauen in die Gesellschaft zu integrieren (sog. Initiationsritual, so VG Ansbach, U.v. 28.9.2004 - AN 18 K 04.30944 -, www.asyl.net/Magazin/3_2005c.htm; VG Osnabrück, U.v. 5.4.2004 - 5 A 69/04 -; VG Frankfurt, U.v. 29.3.1999 - 9 E 30919/97.A -, InfAuslR 1999, 300; VG Oldenburg, U.v. 7.5.1998 - 6 A 4610/96 -, InfAuslR 1998, 412). Dieser Argumentation kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. Bei umfassender und wertender Betrachtung wird deutlich, dass die Beschneidungspraxis den Zweck verfolgt, das gesellschaftliche Leben in Nigeria in sozialer Hinsicht zu ordnen und zwar derart, dass das Geschlechterverhältnis in traditioneller Weise erhalten bleiben soll. Im Rahmen dieser traditionellen Rollenverteilung werden Frauen und Mädchen darauf reduziert, bloße Objekte einer eventuellen Verheiratung zu sein (vgl. VG Aachen, U.v. 2.8.2003 - 2 K 1140/02.A -, a.a.O). Ihre soziale Anerkennung beschränkt sich allein auf diesen Aspekt. Das ausgrenzende Moment liegt gerade darin, dass mittels der Beschneidung die Situation der sozialen Minderwertigkeit und der angestrebten Unterwerfung der Frauen und Mädchen verfestigt wird. Darüber hinaus ist die Frage, ob eine ausgrenzende Zielrichtung der Verfolgung vorliegt, allein anhand des objektiven Charakters der Maßnahme nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahmen selbst zu beurteilen, nicht aber nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die die Verfolgenden leiten (vgl. BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86, 1000/86 und 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Im Übrigen spricht vieles dafür, dass es im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht auf die Frage ankommt, ob sich eine Maßnahme aus der Täterperspektive als Ausgrenzung darstellt oder aus dieser Sicht von redlichen Motiven geleitet ist. Denn § 60 Abs. 1 AufenthG führt als Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie nunmehr eine Anpassung des deutschen Rechts an die internationale Staatenpraxis bei der Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.19951 herbei (s. Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz, BT-Drs. 15/420, S. 91; vgl. auch VG Köln, U.v. 3.3.2005 - 16 K 586/01.A -, zit. nach juris). Bei einer an völkerrechtlichen Interpretationskriterien ausgerichteten Auslegung des Flüchtlingsbegriffs ist aber nicht der Urheber der Verfolgung entscheidend, sondern allein die Möglichkeit, staatlichen Schutz in Anspruch nehmen zu können. Damit orientiert sich das Flüchtlingsvölkerrecht nicht an der Perspektive des Täters, sondern der des Opfers (vgl. VG Köln, U.v. 3.3.2005 - 16 K 586/01.A -, a.a.O.). Dass der Eingriff die verfolgungserhebliche Intensitätsschwelle überschreitet, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
30 
Bei der Genitalverstümmelung handelt es sich zwar nicht um staatliche Verfolgung. Es kann auch offen bleiben, ob diese dem Staat zuzurechnen wäre (so VG Aachen, U.v. 12.8.2003 - 2 K 1140/02.A -, a.a.O.; ablehnend VG Düsseldorf, U.v. 31.10.2003 - 1 K 2129/01.A -, zit. nach juris; VG Stuttgart, U.v. 28.10.2003 - A 7 K 10716/02 -; VG Trier, U.v. 27.4.1999 - 4 K 1157/98 -, NVwZ-Beilage I 7/1999, 75), da aufgrund der Rechtsänderung durch das Aufenthaltsgesetz politische Verfolgung auch vorliegen kann, wenn durch nichtstaatliche Akteure eine landesweite Verfolgung im Hinblick auf ein asylrelevantes Merkmal droht und weder der Staat noch quasistaatliche Akteure i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 b) AufenthG in der Lage oder willens sind, einen effektiven Schutz zu bieten.
31 
Unter Zugrundelegung dieser durch § 60 Abs. 1 Nr. 4 c AufenthG erfolgten Rechtsänderung hat die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 1 AufenthG. § 60 Abs. 1 Nr. 4 c AufenthG enthält nunmehr zur Verfolgung durch Dritte eine ausdrückliche Regelung. Damit hat der Gesetzgeber im Vorgriff auf die bis zum 10.10.2006 umzusetzende Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (Qualifikationsrichtlinie) deren Art. 6 in § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG - erweitert durch die Einbeziehung internationaler Organisationen - übernommen. Danach kann eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch von „nichtstaatlichen Akteuren“ ausgehen, sofern der Staat einschließlich internationaler Organisationen „erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten“. Dies stellt einen Perspektivwechsel von der „täterbezogenen“ Verfolgung im Sinne der von der Rechtsprechung zu Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten „mittelbaren staatlichen Verfolgung“, die letztlich eine „Komplizenschaft“ des Staates mit den verfolgenden Dritten voraussetzte (vgl. BVerwG, U.v. 18.1.1994, BVerwGE 95, 42, 49) zur „opferbezogenen“ Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und damit von der „Zurechnungslehre“ zur „Schutzlehre“ dar (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl., 2005, § 7 Rdnr. 119, und ausführlich Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, Losebl., Stand 2000, § 33 Rdnrn. 118 ff.). Kommt es damit auf die Zurechenbarkeit im Sinne der „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ im herkömmlichen Verständnis nach der neuen Rechtslage nicht mehr an, kann politische Verfolgung durch Dritte auch vorliegen, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen trotz prinzipieller Schutzbereitschaft Personen oder Gruppen vor der Verfolgung durch Dritte nicht effektiv schützen können. Daraus folgt, dass politische Verfolgungsmaßnahmen Dritter, die nicht im Sinne einer „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ im herkömmlichen Verständnis zurechenbar sind und bisher nur bei § 53 Abs. 6 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 7 AufenthG) berücksichtigt werden konnten, nach der neuen Rechtslage im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG erheblich sein können, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen zwar willens, aber „erwiesenermaßen“ nicht in der Lage sind, Schutz zu bieten (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., Rdnr. 103 ff.). Wann „erwiesenermaßen“ fehlende Schutzbereitschaft bzw. -willigkeit vorliegt, ist im Gesetz nicht definiert. Allerdings ist in Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie in Bezug auf Art. 6 Qualifikationsrichtlinie (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG) bestimmt, dass generell Schutz gewährleistet ist, wenn die dort genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zu Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Betroffene Zugang zu diesem Schutz hat. Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie gibt, obwohl noch nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt, bereits jetzt Auslegungshinweise zu Art. 6 Qualifikationsrichtlinie und damit zu § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG. Nach Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie ist Schutz gegen Dritte gewährleistet, wenn er durchgängig - abgesehen von isolierten und lediglich entfernt liegenden Möglichkeiten der Verfolgung durch Dritte - effektiv gewährleistet ist (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O. § 7 Rdnr. 117 ff.). Kann dies - oder das Gegenteil - nicht von Vornherein hinreichend wahrscheinlich prognostiziert werden, kommt es darauf an, ob der Betroffene konkrete Tatsachen und Umstände bezeichnet, aus denen sich ergibt, dass er sich beim Staat bzw. den internationalen Organisationen vergeblich um Schutz bemüht hat oder unabhängig davon darlegt, dass diese generell dazu nicht willens oder in der Lage sind (vgl. Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., § 7 Rdnr. 101 ff.; Duchrow, ZAR 2004, 339, 340). 
32 
Nach den oben genannten Auskünften kann zwar nicht davon ausgegangen werden, dass der nigerianische Staat die Praxis der Zwangsbeschneidungen unterstützen, billigen oder tatenlos hinnehmen würde. Den Erkenntnismitteln ist vielmehr zu entnehmen, dass er bemüht ist, diese Praxis zu unterbinden. Nach der Stellungnahme des Instituts für Afrika-Kunde vom 21.8.2002 (an VG Aachen) wurde die weibliche Beschneidung bereits durch ein Dekret der Militärregierung von 1994 auf Veranlassung des Departements of Women’s Affairs formell verboten. Auch die frei gewählte Bundesregierung Nigerias hat sich seit 1999 mehrfach öffentlich gegen die Genitalverstümmelung ausgesprochen. Sie unterstützt außerdem bundesweit Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen, oft in enger Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen. Die Gesetzgebung ist überwiegend Ländersache. So haben inzwischen zahlreiche Bundesstaaten Gesetze erlassen, welche die Genitalverstümmelung ausdrücklich unter Strafe stellen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.3.2005; ACCORD, Nigeria, Länderbericht August 2004, S. 78; Institut für Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 28.3.2003 an VG Düsseldorf). Im Bundesstaat Edo droht seit 1999 beim Verstoß gegen das Gesetz eine Geldstrafe von maximal 1.000 Naira und/oder ein halbes Jahr Haftstrafe. Trotz der geänderten Rechtlage werden Beschneidungen aber weitgehend im gleichen Umfang durchgeführt (vgl. Institut für Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 23.8.2003 an VG Düsseldorf). Das Verbot weiblicher Beschneidung ist auch heute noch innerhalb der nigerianischen Gesellschaft umstritten. Hierzu führt das Institut für Afrika-Kunde in seiner Stellungnahme vom 23.8.2003 (an VG Düsseldorf) aus, nicht zuletzt die Erfahrung mit ähnlichen gesetzlichen Verboten von Genitalverstümmelung in anderen afrikanischen Staaten zeigen, dass diese Verbote keine signifikanten Auswirkungen auf die aktuelle Beschneidungspraxis haben, die sich allenfalls durch geduldige Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit über mehrere Generationen zurückdrängen lässt. Dies gelte auch für Nigeria, zumal ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung und der Betroffenen, angeführt von einflussreichen Traditionalisten, diesem Verbot bisher skeptisch bis ablehnend gegenübersteht. Daher wird das gesetzliche Verbot der weiblichen Genitalbeschneidung in Nigeria bisher als wenig effektiv eingeschätzt. Entsprechend führt das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 23.3.2005 aus, dass angesichts der gesellschaftlichen Verhältnisse vor Ort ein effektiver Schutz von Mädchen und Frauen durch solche Gesetze bezweifelt werden muss. Das Institut für Afrika-Kunde kommt in seiner Stellungnahme vom 23.8.2003 (an VG Düsseldorf) zu dem Ergebnis, dass der nigerianische Staat bisher keinen effektiven Schutz gegen weibliche Genitalbeschneidung bieten kann. Da die Beschneidung landesweit verbreitet ist, gibt es in Nigeria praktisch keine Gebiete, in denen Frauen und Mädchen prinzipiell vor Beschneidung sicher sind. Aus all dem folgt, dass der nigerianische Staat zwar generell willens ist, die Genitalverstümmelung einzudämmen, er jedoch nicht in der Lage ist, einen effektiven Schutz i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie zu bieten.
33 
Der Klägerin stand vor ihrer Ausreise auch keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Sie hat, wie sich aus ihrem Vortrag ergibt, die ihr vernünftigerweise zur Verfügung stehenden Möglichkeiten regionalen Ausweichens ausgeschöpft. Dieses Ausweichen hat nicht zur Beseitigung der ihr drohenden Gefahr geführt. Deshalb könnte sie für ihre Wiedereinreise nur auf eine inländische Fluchtalternative verwiesen werden, wenn mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könnte, dass sie in anderen Landesteilen Nigerias nunmehr vor Verfolgung sicher wäre (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.1993, NVwZ 1993, 791). Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Wenn sie sich nicht der Genitalverstümmelung unterwirft, kann die Gefahr ihrer sozialen und ökonomischen Ausgrenzung angesichts der dargestellten gesellschaftlichen Gegebenheiten auch an anderen Orten Nigerias nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. Im Übrigen dürfte für eine alleinstehende Nigerianerin mit dem sozialen Hintergrund der Klägerin die erhebliche Gefahr bestehen, ohne die Akzeptanz und Unterstützung ihrer Sippe ein Leben unterhalb des wirtschaftlichen Existenzminimums fristen zu müssen.
34 
Die entgegenstehende Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides ist deshalb aufzuheben.
35 
Die Klage ist auch begründet, soweit die Aufhebung des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes hinsichtlich der Ziffer 3 begehrt wird. Soweit das Bundesamt festgestellt hat, die Voraussetzungen des § 53 AuslG (jetzt § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG) lägen nicht vor, folgt dies bereits daraus, dass das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AsylVfG davon hätte absehen können, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt wird.
36 
Nachdem das Bundesamt verpflichtet worden ist festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, ist Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids aufzuheben (vgl. VGH BW, U.v. 25.2.1997 - A 14 S 3083/96 -).
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, der sich zum Verfahren nicht geäußert hat, für erstattungsfähig zu erklären.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet die Berichterstatterin anstelle der Kammer (§ 87 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 AsylVfG. Sie hat jedoch einen Anspruch auf die Feststellung, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AuslG vorliegen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist hinsichtlich Ziffer 2 bis 4 nach Maßgabe des Tenors rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
15 
Grundlage der gerichtlichen Prüfung sind das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Änderungen durch Art. 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - ZuwanderungsG - vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950) - AsylVfG n.F. -, das nach Art. 13 ZuwanderungsG, soweit hier erheblich, am 01.01.2005 in Kraft getreten ist, und das gemäß Art. 1 ZuwanderungsG an die Stelle des Ausländergesetzes getretene Aufenthaltsgesetz. Denn das Gericht hat die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zugrundezulegen (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG - die Vorschrift ist nicht geändert worden -).
16 
Die Voraussetzungen des Art. 16 a Abs. 1 GG liegen nicht vor. Danach genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann politisch, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder andere für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (vgl. BVerfG, B. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, S. 315/335 in Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung). Die Befürchtung einer politischen Verfolgung ist dann im dargestellten Sinne begründet, wenn dem Asylsuchenden für seine Person bei verständiger, objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, sodass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.03.1988, DVBl. 1988, S. 747/749; U.v. 05.11.1991 - 9 C 118.90 -). Steht fest, dass der Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist ist, so ist er asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Daher muss sein Asylantrag Erfolg haben, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen. Ist die Verfolgungsgefahr zwischenzeitlich beendet, kommt es darauf an, ob mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist; eine Anerkennung als Asylberechtigter ist dann nicht geboten, wenn der Asylsuchende vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher sein kann (vgl. BVerfG, B..v. 02.07.1980, BVerfGE 54, S. 341/360).
17 
Auch erlittene oder zu befürchtende Folter kann politische Verfolgung sein, wenn sie über das Maß hinaus geht, das Personen zu befürchten haben, die wegen krimineller Delikte inhaftiert sind. Zwar ist eine unmenschliche Behandlung wie die Folter als solche nach Wortlaut und Sinn des Artikels 16 a Abs. 1 GG nicht ohne weiteres asylerheblich. Wird sie jedoch wegen asylrelevanter Merkmale eingesetzt oder im Blick auf diese Merkmale in verschärfter Form angewandt, ist sie also nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit auf die politische Komponente der dem Betroffenen zur Last gelegten Taten bezogen, knüpft sie an die politische Überzeugung an und ist deshalb asylerheblich (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.1989, NVwZ 1990, 453).
18 
Die für den Asylrechtsschutz erforderliche Individualbetroffenheit eines Asylbewerbers ist auch im Falle einer so genannten Gruppenverfolgung gegeben. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Gruppe von - durch asylerhebliche Merkmale verbundenen - Menschen als solche Ziel einer politischen Verfolgung in der Weise ist, dass jedes einzelne Mitglied der Gruppe - und damit auch der betreffende Asylbewerber - allein deswegen, weil bei ihm die gruppenspezifischen Merkmale vorliegen, politische Verfolgung befürchten muss, wobei aber die unmittelbare Betroffenheit des einzelnen durch gerade auf ihn zielende Verfolgungsmaßnahmen sowie die Gruppengerichtetheit der Verfolgung die Eckpunkte eines durch fließende Übergänge gekennzeichneten Erscheinungsbildes politischer Verfolgung darstellen (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.1991, BVerfGE 83, S. 216 ff.). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche auf eine individuelle Verfolgungsgefahr zurückführt und demzufolge die Regelvermutung einer eigenen Verfolgung rechtfertigt (VGH Baden-Württemberg, U.v. 4.12.1998 - A 14 S 495/98 - m.w.N.). Dies gilt auch in einer Situation des Gegenterrors im Bürgerkrieg (BVerwG, U.v. 30.4.1996 , BVerwGE 101, S. 123/125 f.). Die hierfür erforderlichen Feststellungen unterscheiden sich allerdings hinsichtlich der Qualität und Quantität der Verfolgungsschläge erheblich von solchen zu einem Verfolgungsgeschehen, das nur einzelne Mitglieder einer Gruppe betrifft. Hier kann die Feststellung einer Vielzahl von militärischen Angriffen auf die Zivilbevölkerung, der wahllosen Zerstörung von Zivilobjekten mit zahlreichen Opfern die erforderliche Verfolgungsdichte eher rechtfertigen als etwa die Feststellung lediglich häufiger Übergriffe auf Einzelpersonen bei anderen Formen der Gruppenverfolgung (BVerwG, U.v. 15.7.1997, Buchholz 402.25 § 1 Nr. 194). Eine unmittelbar staatliche gruppengerichtete Verfolgung kommt auch in Betracht, wenn hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm vorliegen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist (BVerwG, U.v. 5.7.1994, BVerwGE 96, S. 200/203 ff.). Das kann etwa der Fall sein, wenn festgestellt werden kann, dass der Heimatstaat ethnische oder religiöse Minderheiten physisch vernichten und ausrotten oder aus seinem Staatsgebiet vertreiben will. Hierzu gehört die - insbesondere mit Mitteln der physischen Gewalt durchgeführte - Zerstörung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage bzw. der kollektiven Identität im weitesten Sinne (vgl. VGH BW, U.v. 4.12.1998, a.a.O.) oder die Vertreibung von großen Teilen der Bevölkerung unter unmenschlichen Umständen.
19 
Wer nicht von landesweiter, sondern von nur regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist erst dann politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann (inländische Fluchtalternative, vgl. BVerfG, B.v. 22.3.1991, InfAuslR 1991, S. 198).
20 
Ein Anspruch der Klägerin auf Anerkennung als Asylberechtigter ist schon gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a AsyIVfG ausgeschlossen, denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin, wie sie behauptet, auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist ist. Bleibt der Einreiseweg unaufklärbar, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für seine Behauptung, ohne Berührung eines sicheren Drittstaates nach Deutschland eingereist zu sein (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.1999, BVerwGE 109, 174). Aus den Angaben der Klägerin, die keine Personalpapiere oder sonstige Nachweise zu ihrer Einreise vorweisen kann, ergibt sich nichts Greifbares, sodass auch weitere Aufklärungsmöglichkeiten offensichtlich nicht in Betracht kommen.
21 
Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch, soweit ihre Klage zunächst auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG gerichtet war. Denn unter Zugrundelegung der durch die Vorschrift des an die Stelle des § 51 Abs. 1 AuslG getretenen § 60 Abs. 1 AufenthG geschaffenen neuen Rechtslage hat sie einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses.
22 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (Satz 1). Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft (Satz 3). Dabei kann eine Verfolgung im Sinne von Satz 1 und 3 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (Satz 4).
23 
§ 60 Abs. 1 AufenthG stimmt in seinem Satz 1 inhaltlich mit der bisherigen Regelung des § 51 Abs. 1 AuslG überein. Satz 3 der Vorschrift enthält aber eine Veränderung gegenüber der bisherigen Regelung. Danach bestimmt das Aufenthaltsgesetz nun ausdrücklich, dass die Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen könne, wenn die Bedrohung von Leib und Leben allein an das Geschlecht anknüpft, und legt den bis dato herrschenden Streit bei, ob die Anknüpfung von Verfolgungshandlung allein an das Geschlecht das Kriterium der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfüllt und damit abschiebungsverbotsrelevant sein kann (vgl. hierzu auch VGH Kassel, U.v. 23.3.2005 - 3 UE 3457/04.A -). Soweit die gesetzliche Regelung des Aufenthaltsgesetzes über die Regelung auf europäischer Ebene, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates - Qualifikationsrichtlinie - (ABl. L 304 v. 30.9.2004, S. 12), hinausgeht, hat dies keine einschränkende Auslegung des eindeutigen Wortlautes des Aufenthaltsgesetzes zur Folge. Art. 10 Abs. 1 b der Qualifikationsrichtlinie bestimmt zwar, dass geschlechterbezogene Aspekte bei der Bestimmung einer Gruppe berücksichtigt werden, für sich allein genommen aber nicht dazu führen können, dass ein Verfolgungsgrund vorliegt. Die genannte Richtlinie enthält jedoch lediglich Mindeststandards für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes; dem nationalen Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, diese Mindeststandards für einen besseren Schutz von Flüchtlingen zu überschreiten; das ist mit der Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erfolgt (vgl. VGH Kassel, U.v. 23.3.2005 - 3 UE 3457/04.A -, m.w.N.).
24 
Die Voraussetzungen des in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG geregelten Abschiebungsverbots liegen bei der Klägerin auch vor, denn es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sie ihren Heimatstaat wegen ihr unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat und ihr bei ihrer Wiedereinreise politische Verfolgung droht. Dabei gilt für die Klägerin als Vorverfolgte ein herabgesetzter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wonach ihr eine Rückkehr in ihr Heimatland nur zugemutet werden kann, wenn Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind (vgl. BVerfG, B.v. 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 -, BVerfGE 54, 341; BVerwG, U.v. 25.9.1984 - 9 C 17.84 -, BVerwGE 70, 169).
25 
Der Ausländer ist aufgrund der ihm obliegenden prozessualen Mitwirkungspflicht gehalten, von sich aus umfassend die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse substantiiert und in sich schlüssig zu schildern sowie eventuelle Widersprüche zu seinem Vorbringen in früheren Verfahrensstadien nachvollziehbar aufzulösen, so dass sein Vortrag insgesamt geeignet ist, seinen Klageanspruch lückenlos zu tragen, wobei es bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im Herkunftsland genügt, dass die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende Möglichkeit einer Verfolgung ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 8.5.1984 - 9 C 141.83 - EZAR 630 Nr. 13 und U.v. 23.11.1982 - 9 C 74.81 - BVerwGE 66, 237).
26 
Nach diesen Maßstäben reicht das Vorbringen der Klägerin zur Glaubhaftmachung eines asylrelevanten Verfolgungsschicksals aus. Die Klägerin hat schon beim Bundesamt vorgetragen, dass sie ihr Heimatland wegen der ihr drohenden Beschneidung anlässlich einer Heirat verlassen hat. Dabei hat sie im Wesentlichen übereinstimmend bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt und im Termin zur mündlichen Verhandlung geschildert, dass anlässlich eines in ihrem Dorf regelmäßig stattfindenden Festes, welches den Stammeskönigen Gelegenheit gebe, neue Frauen auszusuchen, im Januar 2002 ein Stammeskönig auf sie aufmerksam geworden sei und sie zur Frau habe nehmen wollen. Voraussetzung für eine Heirat sei jedoch eine Beschneidung gewesen, die noch im Januar habe stattfinden sollen. Ihr Vater, der selbst Stammeskönig gewesen sei, sei zwar gegen eine Beschneidung gewesen. Als Stammeskönig sei er jedoch an die Regeln des Dorfes gebunden gewesen. Die Zwangsbeschneidung sei im Januar 2002 lediglich daran gescheitert, dass sie sich gewehrt und dabei erheblich verletzt habe. Erst drei Monate später seien die Verletzungen geheilt gewesen. Der Stammeskönig, der sie habe heiraten wollen, sei immer wieder bei ihren Eltern gewesen und habe auf eine Beschneidung gedrängt. Schließlich seien seine Männer im August 2002 erneut zum Haus ihrer Eltern gekommen, um sie zur Zwangsbeschneidung zu holen. Sie habe jedoch zu der Familie einer Freundin fliehen können, die ihr dann mit Hilfe eines Bekannten zur Ausreise verholfen habe.
27 
Aufgrund dieses in sich stimmigen Vortrags hat das Gericht keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Klägerin. Die Plausibilität ihres Vorbringens wird auch durch die dem Gericht vorliegenden und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünfte und Stellungnahmen sachverständiger Stellen zur Praxis der Genitalverstümmelung in Nigeria belegt. So ist nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.3.2005 (Stand: Februar 2005) die Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen in Nigeria in allen bekannten Formen besonders in ländlichen Gebieten weit verbreitet. Regierungsstatistiken zufolge sind - bei einer Gesamtbevölkerung von 130 Millionen - etwa 30 Millionen Frauen verstümmelt. Nichtregierungsorganisationen gehen sogar davon aus, dass 50 bis 60 % der Frauen Opfer von Genitalverstümmelungen sind. Verbreitung und Art der Verstümmelung variieren nach Region und sogar von Gemeinde zu Gemeinde. Sie ist im Südwesten in den Bundesstaaten Osun, Oyo und Ondo sowie Edo, gefolgt von den Bundesstaaten im Süden und denen im Norden, am meisten verbreitet. Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen besteht die Gefahr einer Zwangsbeschneidung nicht nur für Neugeborene, sondern auch noch für junge Frauen in der Situation der Klägerin. Zum Beschneidungsalter lassen sich keine generellen Aussagen für das gesamte nigerianische Staatsgebiet treffen, vielmehr ist diese abhängig von der Ethnie, kann aber auch innerhalb einer Ethnie variieren (vgl. ai, Stellungnahme vom 16.3.1999 an VG Koblenz; ACCORD, Nigeria, Länderbericht August 2004, S. 80). Nach kulturellen und traditionellen Überzeugungen dient die weibliche Genitalverstümmelung der Sicherung der Fruchtbarkeit der Frau, der Kontrolle der weiblichen Sexualität sowie dem Schutz vor Promiskuität und der Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft der Frau durch eine Heirat. Der gesellschaftliche und familiäre Druck innerhalb des gesamten Staatsgebietes von Nigeria, eine Beschneidung bei den Frauen einer Familie aus den oben genannten Gründen durchzuführen, ist sehr groß (vgl. VG Aachen, U.v. 12.8.2003 - 2 K 1140/02.A -, Asylmagazin 10/2003, 30, m.w.N.). In weiten Teilen der nigerianischen Bevölkerung ist ein Leben einer Frau außerhalb der Ehe praktisch unmöglich, was dazu führt, dass vor allem die weiblichen Mitglieder der Großfamilien darum bemüht sind, für Mädchen die Voraussetzungen für die existentielle Sicherheit in einer patriarchalischen Gesellschaft zu schaffen (vgl. Institut für Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 28.3.2003 an VG Düsseldorf). Dazu zählt die Beschneidung, die mitunter sogar gegen den erklärten Willen der Eltern mittels Entführung durch Großmütter oder Tanten durchgeführt wird. Die Verweigerung der Beschneidung stößt auf größtes Unverständnis und bedeutet für die Mädchen die soziale und ökonomische Ausgrenzung. So ist die Genitalbeschneidung nach Einschätzung nigerianischer Organisationen wie z.B. des Women’s Center for Peace and Development (WOPED) vornehmlich in den ländlichen Regionen für Frauen nach wie vor sehr wichtig, um einen angemessenen Platz in der Gesellschaft einnehmen zu können. Nach der Stellungnahme des Instituts für Afrikakunde vom 21.8.2002 (an VG Aachen) kann sogar in städtischen Gebieten die Beschneidung einer Frau kaum verhindert werden, wenn ihr soziales Umfeld darauf besteht.
28 
Aufgrund dieser Lage in Nigeria ist nachvollziehbar, dass für die Klägerin bereits vor ihrer Ausreise ein erheblicher Druck zur Durchführung der Beschneidung bestanden hat. Entgegen der Ansicht des Bundesamtes kann dem nicht entgegen gehalten werden, dass der Vater in seiner Funktion als Stammeskönig diese Beschneidung hätte verhindern können. Denn die Klägerin hat plausibel dargelegt, dass sich ihr Vater gerade als Oberhaupt einer Dorfgemeinschaft den rituellen Regeln zu unterwerfen hatte. Insoweit ist auch unerheblich, dass die Klägerin und ihre Eltern Christen sind. Denn die Genitalverstümmelung wird unabhängig von der Religion praktiziert (vgl. ACCORD, Nigeria, Länderbericht August 2004, S. 79). Durch Vorlage des ärztlichen Attestes vom 13.5.2005 hat die Klägerin auch nachgewiesen, dass sie nicht zwangsbeschnitten ist.
29 
Nach alledem betrifft die Genitalverstümmelung die Klägerin in einem verfolgungserheblichen Merkmal i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, nämlich dem für sie unverfügbaren Merkmal des weiblichen Geschlechts. Der Qualifizierung der Genitalverstümmelung als Verfolgungsmaßnahme i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG kann nicht entgegen gehalten werden, sie diene nicht dazu, die Betroffenen aus der staatlichen Friedensordnung auszugrenzen, sondern verfolge gerade das Ziel, die betroffenen Mädchen und Frauen in die Gesellschaft zu integrieren (sog. Initiationsritual, so VG Ansbach, U.v. 28.9.2004 - AN 18 K 04.30944 -, www.asyl.net/Magazin/3_2005c.htm; VG Osnabrück, U.v. 5.4.2004 - 5 A 69/04 -; VG Frankfurt, U.v. 29.3.1999 - 9 E 30919/97.A -, InfAuslR 1999, 300; VG Oldenburg, U.v. 7.5.1998 - 6 A 4610/96 -, InfAuslR 1998, 412). Dieser Argumentation kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. Bei umfassender und wertender Betrachtung wird deutlich, dass die Beschneidungspraxis den Zweck verfolgt, das gesellschaftliche Leben in Nigeria in sozialer Hinsicht zu ordnen und zwar derart, dass das Geschlechterverhältnis in traditioneller Weise erhalten bleiben soll. Im Rahmen dieser traditionellen Rollenverteilung werden Frauen und Mädchen darauf reduziert, bloße Objekte einer eventuellen Verheiratung zu sein (vgl. VG Aachen, U.v. 2.8.2003 - 2 K 1140/02.A -, a.a.O). Ihre soziale Anerkennung beschränkt sich allein auf diesen Aspekt. Das ausgrenzende Moment liegt gerade darin, dass mittels der Beschneidung die Situation der sozialen Minderwertigkeit und der angestrebten Unterwerfung der Frauen und Mädchen verfestigt wird. Darüber hinaus ist die Frage, ob eine ausgrenzende Zielrichtung der Verfolgung vorliegt, allein anhand des objektiven Charakters der Maßnahme nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahmen selbst zu beurteilen, nicht aber nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die die Verfolgenden leiten (vgl. BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86, 1000/86 und 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Im Übrigen spricht vieles dafür, dass es im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht auf die Frage ankommt, ob sich eine Maßnahme aus der Täterperspektive als Ausgrenzung darstellt oder aus dieser Sicht von redlichen Motiven geleitet ist. Denn § 60 Abs. 1 AufenthG führt als Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie nunmehr eine Anpassung des deutschen Rechts an die internationale Staatenpraxis bei der Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.19951 herbei (s. Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz, BT-Drs. 15/420, S. 91; vgl. auch VG Köln, U.v. 3.3.2005 - 16 K 586/01.A -, zit. nach juris). Bei einer an völkerrechtlichen Interpretationskriterien ausgerichteten Auslegung des Flüchtlingsbegriffs ist aber nicht der Urheber der Verfolgung entscheidend, sondern allein die Möglichkeit, staatlichen Schutz in Anspruch nehmen zu können. Damit orientiert sich das Flüchtlingsvölkerrecht nicht an der Perspektive des Täters, sondern der des Opfers (vgl. VG Köln, U.v. 3.3.2005 - 16 K 586/01.A -, a.a.O.). Dass der Eingriff die verfolgungserhebliche Intensitätsschwelle überschreitet, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
30 
Bei der Genitalverstümmelung handelt es sich zwar nicht um staatliche Verfolgung. Es kann auch offen bleiben, ob diese dem Staat zuzurechnen wäre (so VG Aachen, U.v. 12.8.2003 - 2 K 1140/02.A -, a.a.O.; ablehnend VG Düsseldorf, U.v. 31.10.2003 - 1 K 2129/01.A -, zit. nach juris; VG Stuttgart, U.v. 28.10.2003 - A 7 K 10716/02 -; VG Trier, U.v. 27.4.1999 - 4 K 1157/98 -, NVwZ-Beilage I 7/1999, 75), da aufgrund der Rechtsänderung durch das Aufenthaltsgesetz politische Verfolgung auch vorliegen kann, wenn durch nichtstaatliche Akteure eine landesweite Verfolgung im Hinblick auf ein asylrelevantes Merkmal droht und weder der Staat noch quasistaatliche Akteure i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 b) AufenthG in der Lage oder willens sind, einen effektiven Schutz zu bieten.
31 
Unter Zugrundelegung dieser durch § 60 Abs. 1 Nr. 4 c AufenthG erfolgten Rechtsänderung hat die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 1 AufenthG. § 60 Abs. 1 Nr. 4 c AufenthG enthält nunmehr zur Verfolgung durch Dritte eine ausdrückliche Regelung. Damit hat der Gesetzgeber im Vorgriff auf die bis zum 10.10.2006 umzusetzende Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (Qualifikationsrichtlinie) deren Art. 6 in § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG - erweitert durch die Einbeziehung internationaler Organisationen - übernommen. Danach kann eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch von „nichtstaatlichen Akteuren“ ausgehen, sofern der Staat einschließlich internationaler Organisationen „erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten“. Dies stellt einen Perspektivwechsel von der „täterbezogenen“ Verfolgung im Sinne der von der Rechtsprechung zu Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten „mittelbaren staatlichen Verfolgung“, die letztlich eine „Komplizenschaft“ des Staates mit den verfolgenden Dritten voraussetzte (vgl. BVerwG, U.v. 18.1.1994, BVerwGE 95, 42, 49) zur „opferbezogenen“ Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und damit von der „Zurechnungslehre“ zur „Schutzlehre“ dar (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl., 2005, § 7 Rdnr. 119, und ausführlich Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, Losebl., Stand 2000, § 33 Rdnrn. 118 ff.). Kommt es damit auf die Zurechenbarkeit im Sinne der „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ im herkömmlichen Verständnis nach der neuen Rechtslage nicht mehr an, kann politische Verfolgung durch Dritte auch vorliegen, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen trotz prinzipieller Schutzbereitschaft Personen oder Gruppen vor der Verfolgung durch Dritte nicht effektiv schützen können. Daraus folgt, dass politische Verfolgungsmaßnahmen Dritter, die nicht im Sinne einer „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ im herkömmlichen Verständnis zurechenbar sind und bisher nur bei § 53 Abs. 6 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 7 AufenthG) berücksichtigt werden konnten, nach der neuen Rechtslage im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG erheblich sein können, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen zwar willens, aber „erwiesenermaßen“ nicht in der Lage sind, Schutz zu bieten (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., Rdnr. 103 ff.). Wann „erwiesenermaßen“ fehlende Schutzbereitschaft bzw. -willigkeit vorliegt, ist im Gesetz nicht definiert. Allerdings ist in Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie in Bezug auf Art. 6 Qualifikationsrichtlinie (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG) bestimmt, dass generell Schutz gewährleistet ist, wenn die dort genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zu Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Betroffene Zugang zu diesem Schutz hat. Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie gibt, obwohl noch nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt, bereits jetzt Auslegungshinweise zu Art. 6 Qualifikationsrichtlinie und damit zu § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG. Nach Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie ist Schutz gegen Dritte gewährleistet, wenn er durchgängig - abgesehen von isolierten und lediglich entfernt liegenden Möglichkeiten der Verfolgung durch Dritte - effektiv gewährleistet ist (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O. § 7 Rdnr. 117 ff.). Kann dies - oder das Gegenteil - nicht von Vornherein hinreichend wahrscheinlich prognostiziert werden, kommt es darauf an, ob der Betroffene konkrete Tatsachen und Umstände bezeichnet, aus denen sich ergibt, dass er sich beim Staat bzw. den internationalen Organisationen vergeblich um Schutz bemüht hat oder unabhängig davon darlegt, dass diese generell dazu nicht willens oder in der Lage sind (vgl. Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., § 7 Rdnr. 101 ff.; Duchrow, ZAR 2004, 339, 340). 
32 
Nach den oben genannten Auskünften kann zwar nicht davon ausgegangen werden, dass der nigerianische Staat die Praxis der Zwangsbeschneidungen unterstützen, billigen oder tatenlos hinnehmen würde. Den Erkenntnismitteln ist vielmehr zu entnehmen, dass er bemüht ist, diese Praxis zu unterbinden. Nach der Stellungnahme des Instituts für Afrika-Kunde vom 21.8.2002 (an VG Aachen) wurde die weibliche Beschneidung bereits durch ein Dekret der Militärregierung von 1994 auf Veranlassung des Departements of Women’s Affairs formell verboten. Auch die frei gewählte Bundesregierung Nigerias hat sich seit 1999 mehrfach öffentlich gegen die Genitalverstümmelung ausgesprochen. Sie unterstützt außerdem bundesweit Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen, oft in enger Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen. Die Gesetzgebung ist überwiegend Ländersache. So haben inzwischen zahlreiche Bundesstaaten Gesetze erlassen, welche die Genitalverstümmelung ausdrücklich unter Strafe stellen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.3.2005; ACCORD, Nigeria, Länderbericht August 2004, S. 78; Institut für Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 28.3.2003 an VG Düsseldorf). Im Bundesstaat Edo droht seit 1999 beim Verstoß gegen das Gesetz eine Geldstrafe von maximal 1.000 Naira und/oder ein halbes Jahr Haftstrafe. Trotz der geänderten Rechtlage werden Beschneidungen aber weitgehend im gleichen Umfang durchgeführt (vgl. Institut für Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 23.8.2003 an VG Düsseldorf). Das Verbot weiblicher Beschneidung ist auch heute noch innerhalb der nigerianischen Gesellschaft umstritten. Hierzu führt das Institut für Afrika-Kunde in seiner Stellungnahme vom 23.8.2003 (an VG Düsseldorf) aus, nicht zuletzt die Erfahrung mit ähnlichen gesetzlichen Verboten von Genitalverstümmelung in anderen afrikanischen Staaten zeigen, dass diese Verbote keine signifikanten Auswirkungen auf die aktuelle Beschneidungspraxis haben, die sich allenfalls durch geduldige Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit über mehrere Generationen zurückdrängen lässt. Dies gelte auch für Nigeria, zumal ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung und der Betroffenen, angeführt von einflussreichen Traditionalisten, diesem Verbot bisher skeptisch bis ablehnend gegenübersteht. Daher wird das gesetzliche Verbot der weiblichen Genitalbeschneidung in Nigeria bisher als wenig effektiv eingeschätzt. Entsprechend führt das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 23.3.2005 aus, dass angesichts der gesellschaftlichen Verhältnisse vor Ort ein effektiver Schutz von Mädchen und Frauen durch solche Gesetze bezweifelt werden muss. Das Institut für Afrika-Kunde kommt in seiner Stellungnahme vom 23.8.2003 (an VG Düsseldorf) zu dem Ergebnis, dass der nigerianische Staat bisher keinen effektiven Schutz gegen weibliche Genitalbeschneidung bieten kann. Da die Beschneidung landesweit verbreitet ist, gibt es in Nigeria praktisch keine Gebiete, in denen Frauen und Mädchen prinzipiell vor Beschneidung sicher sind. Aus all dem folgt, dass der nigerianische Staat zwar generell willens ist, die Genitalverstümmelung einzudämmen, er jedoch nicht in der Lage ist, einen effektiven Schutz i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Qualifikationsrichtlinie zu bieten.
33 
Der Klägerin stand vor ihrer Ausreise auch keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Sie hat, wie sich aus ihrem Vortrag ergibt, die ihr vernünftigerweise zur Verfügung stehenden Möglichkeiten regionalen Ausweichens ausgeschöpft. Dieses Ausweichen hat nicht zur Beseitigung der ihr drohenden Gefahr geführt. Deshalb könnte sie für ihre Wiedereinreise nur auf eine inländische Fluchtalternative verwiesen werden, wenn mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könnte, dass sie in anderen Landesteilen Nigerias nunmehr vor Verfolgung sicher wäre (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.1993, NVwZ 1993, 791). Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Wenn sie sich nicht der Genitalverstümmelung unterwirft, kann die Gefahr ihrer sozialen und ökonomischen Ausgrenzung angesichts der dargestellten gesellschaftlichen Gegebenheiten auch an anderen Orten Nigerias nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. Im Übrigen dürfte für eine alleinstehende Nigerianerin mit dem sozialen Hintergrund der Klägerin die erhebliche Gefahr bestehen, ohne die Akzeptanz und Unterstützung ihrer Sippe ein Leben unterhalb des wirtschaftlichen Existenzminimums fristen zu müssen.
34 
Die entgegenstehende Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides ist deshalb aufzuheben.
35 
Die Klage ist auch begründet, soweit die Aufhebung des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes hinsichtlich der Ziffer 3 begehrt wird. Soweit das Bundesamt festgestellt hat, die Voraussetzungen des § 53 AuslG (jetzt § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG) lägen nicht vor, folgt dies bereits daraus, dass das Bundesamt gemäß § 31 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AsylVfG davon hätte absehen können, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt wird.
36 
Nachdem das Bundesamt verpflichtet worden ist festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, ist Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids aufzuheben (vgl. VGH BW, U.v. 25.2.1997 - A 14 S 3083/96 -).
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, der sich zum Verfahren nicht geäußert hat, für erstattungsfähig zu erklären.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ode

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.