Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Nov. 2015 - 1 K 926/15

bei uns veröffentlicht am26.11.2015

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Beihilfeleistungen zu Aufwendungen, die ihm anlässlich der minimal-invasiven Behandlung eines bei ihm diagnostizierten Prostatakarzinoms mittels irreversibler Elektroporation - IRE - entstanden sind.
Der 1946 geborene Kläger ist als Versorgungsempfänger des Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Bei ihm wurde am 10.06.2014 eine IRE durchgeführt. Am 11.06.2014 erfolgte eine Kontrolluntersuchung. Am 10.08.2014 stellte er unter Vorlage entsprechender Rechnungen über insgesamt 14.779,33 EUR einen Antrag auf Beihilfe für die ihm entstandenen Aufwendungen.
Mit Bescheid vom 14.08.2014 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung den Antrag mit der Begründung ab, dass es sich bei der durchgeführten Behandlung um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methode handle, die nicht beihilfefähig sei.
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung nach Einholung einer ergänzenden amtsärztlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts der Landeshauptstadt Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die IRE sei aus amtsärztlicher Sicht nicht leitliniengerecht. Darüber hinaus sei in diesem speziellen Fall die Indikation zur IRE stark anzuzweifeln.
Am 24.02.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, zwar handle es sich bei der IRE um eine wissenschaftlich (noch) nicht anerkannte Behandlungsmethode. Dies schließe die Beihilfefähigkeit jedoch nicht aus. Vielmehr wäre in eine Einzelfallprüfung einzutreten gewesen, die im Ergebnis zur Bejahung der Beihilfefähigkeit hätte führen müssen. Der Kläger sei im Februar 2014 mit einem PSA-Wert von 199 ng/ml und einem Gleason-Score von 9 als unheilbarer Fall eingestuft worden. Bei den folgenden Untersuchungen seien allerdings keine Metastasen gefunden worden, so dass die Diagnose nunmehr „lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom ohne nachgewiesene Lymphknoten- und Fernmetastasen“ lauten musste. Als Konsequenz hätte der Facharzt für Urologie dem Kläger nach den Leitlinien eine kurative Maßnahme in Form von Operation oder Bestrahlung anbieten können. Der Kläger habe jedoch vor dem nächsten Sprechstundentermin, der am 18.06.2014 gewesen wäre, in Ausübung seines Patientenrechts auf eine Zweitmeinung die Alternative IRE ausfindig gemacht und sich dieser Behandlung auch schon unterzogen. Es sei kleinlich, diese persönliche Therapieentscheidung als nicht leitliniengerecht oder nicht indiziert zu kritisieren. In der vorliegenden Situation des „T3-Prostatakarzinoms“ überließen die Leitlinien Arzt und Patienten die freie Wahl der Therapie, weil genügende Daten über den Nutzen der dort aufgeführten kurativen Verfahren nicht vorhanden seien und es somit an einer wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethode fehle. Schon heute würden Patienten an den Universitätskliniken Bonn, Berlin, Magdeburg und Regensburg mit IRE behandelt. Das Institut von Prof. St., bei dem der Kläger sich der Behandlung unterzogen habe, sei über zweieinhalb Jahre konkurrenzlos gewesen und habe einen bedeutenden Erfahrungsvorsprung in dieser Technik, nachdem dort bereits mehr als 100 Eingriffe an der Prostata mit IRE durchgeführt worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 14.08.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom 27.01.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 10.08.2014 eine Beihilfe in Höhe von 10.345,53 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Er trägt vor, die Behandlung sei medizinisch nicht notwendig gewesen, da es sich bei der IRE-Therapie um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode handle. Um anerkannt zu sein, müsse einer Behandlungsmethode von dritter Seite attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können.
11 
Mit Beschluss vom 23.10.2015 ist der Rechtsstreit dem Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
12 
In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger ergänzend an, auch seine Krankenversicherung habe die Kostenerstattung mit der Begründung abgelehnt, dass die Behandlung nicht leitliniengerecht sei.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Beihilfe.
15 
1. Die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013 - 2 S 3166/11 - VBlBW 2014, 59 m.w.N.). Maßgeblich ist danach die Sach- und Rechtslage am 10./11.06.2014.
16 
2. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit (u. a.) die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen nach Maßgabe der Anlage zu dieser Verordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. An diesen Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit fehlt es. Bei der IRE handelt es sich um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode zur Behandlung eines T3-Prostatakarzinoms (unten a). Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für diese Therapie lässt sich auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen (unten b). Die Aufwendungen des Klägers für diese Behandlung sind schließlich nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht erstattungsfähig (unten c).
17 
a) Wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg grundsätzlich medizinisch nicht notwendig. Die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, ob die von ihm (mit-)finanzierte Behandlung medizinisch indiziert ist und Erfolg verspricht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.).
18 
Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.).
19 
Daran gemessen ist die IRE keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Behandlung eines T3-Prostatakarzinoms. Der Stand der Wissenschaft spiegelt sich wieder in der „Interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms“ - S3-Leitlinie Prostatakarzinom - (Langversion 3.1 – 2. Aktualisierung – Oktober 2014; abrufbar unter http://leitlinienprogramm-onkologie.de). Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. und die Deutsche Krebshilfe e.V. haben sich mit dem Leitlinienprogramm Onkologie (OL) das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung und den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Die Basis dieses Programms beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachgesellschaften und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexperten, Anwender und Patienten sowie auf dem Regelwerk für die Leitlinienerstellung der AWMF und der fachlichen Unterstützung und Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe. In dieser Leitlinie wird die vom Kläger gewählte Behandlungsmethode nicht einmal erwähnt. Primäre Therapieoptionen für Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom sind die radikale Prostatektomie und die primäre perkutane Strahlentherapie in Kombination mit einer hormonablativen Therapie, wobei eine klare Priorisierung von strahlentherapeutischem und operativem Vorgehen für cT3-Tumoren nicht möglich ist. Zu Recht wird daher die IRE in der im Widerspruchsverfahren vom Beklagten eingeholten amtsärztliche Stellungnahme vom 17.12.2014 als experimentelles Verfahren bezeichnet.
20 
b) Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die IRE lässt sich auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen. Nach dieser Vorschrift kann das Finanz- und Wirtschaftsministerium, soweit nicht in der Anlage zur Beihilfeverordnung bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen; dazu gehören auch die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die IRE ist weder in der Anlage zur Beihilfeverordnung geregelt noch hat das Finanz- und Wirtschaftsministerium eine Ausschlussentscheidung nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO getroffen. Das Fehlen einer solchen Entscheidung führt jedoch nicht dazu, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode zwangsläufig bejaht werden müsste. Vielmehr ist in diesen Fällen gemäß § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO in eine Einzelfallprüfung einzutreten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.). Diese Einzelfallprüfung wurde im Widerspruchsverfahren vorgenommen. Die Amtsärztin hat sich dabei nicht ausschließlich an den Leitlinien orientiert, sondern ergänzend Kollegen an den Universitätskliniken Berlin (Charité) und Regensburg konsultiert, die die IRE praktizieren, allerdings eindeutige Ein- und Ausschlusskriterien festgelegt haben (Gleason-Score maximal 3+4 oder 4+3; PSA maximal 15 ng/ml), die auf den Kläger nicht zutreffen.
21 
c) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten und für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Allerdings kann die Fürsorgepflicht es dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und entsprechende Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten. Stehen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Behandlung einer Erkrankung oder zur Linderung von Leidensfolgen nicht zur Verfügung, können auch Aufwendungen für sogenannte „Außenseitermethoden“ notwendig und angemessen und damit beihilfefähig sein, wenn die Aussicht besteht, dass eine solche Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.).
22 
Daran gemessen liegt hier bereits deshalb kein Ausnahmefall vor, weil mit der radikalen Prostatektomie und der primären perkutanen Strahlentherapie in Kombination mit einer hormonablativen Therapie zwei wissenschaftlich anerkannte Methoden zur Verfügung stehen. Zwar hat sich keine allgemeine Auffassung herausgebildet, welche dieser zwei Methoden vorzugswürdig ist, doch lässt sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen - und auch aus heutiger Sicht - noch nicht hinreichend sicher prognostizieren, dass die IRE für Patienten wie den Kläger mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom und extrem hohem PSA-Wert in absehbarer Zeit wissenschaftlich allgemein anerkannt werden wird. Dies gilt umso mehr, als der Kläger die Einschlusskriterien für eine IRE-Behandlung an den Universitätskliniken Berlin (Charité) und Regensburg, die diese Methode grundsätzlich anwenden, nicht erfüllt.
23 
3. Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, der Tumor sei vollständig abgetragen. Denn eine Erfolgsabhängigkeit ist dem geltenden Beihilferecht fremd (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.08.2010 - 10 S 3384/08 - ESVGH 61, 186 = DÖD 2010, 300).
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
14 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Beihilfe.
15 
1. Die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013 - 2 S 3166/11 - VBlBW 2014, 59 m.w.N.). Maßgeblich ist danach die Sach- und Rechtslage am 10./11.06.2014.
16 
2. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit (u. a.) die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen nach Maßgabe der Anlage zu dieser Verordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. An diesen Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit fehlt es. Bei der IRE handelt es sich um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode zur Behandlung eines T3-Prostatakarzinoms (unten a). Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für diese Therapie lässt sich auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen (unten b). Die Aufwendungen des Klägers für diese Behandlung sind schließlich nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht erstattungsfähig (unten c).
17 
a) Wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg grundsätzlich medizinisch nicht notwendig. Die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, ob die von ihm (mit-)finanzierte Behandlung medizinisch indiziert ist und Erfolg verspricht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.).
18 
Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.).
19 
Daran gemessen ist die IRE keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Behandlung eines T3-Prostatakarzinoms. Der Stand der Wissenschaft spiegelt sich wieder in der „Interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms“ - S3-Leitlinie Prostatakarzinom - (Langversion 3.1 – 2. Aktualisierung – Oktober 2014; abrufbar unter http://leitlinienprogramm-onkologie.de). Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. und die Deutsche Krebshilfe e.V. haben sich mit dem Leitlinienprogramm Onkologie (OL) das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung und den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Die Basis dieses Programms beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachgesellschaften und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexperten, Anwender und Patienten sowie auf dem Regelwerk für die Leitlinienerstellung der AWMF und der fachlichen Unterstützung und Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe. In dieser Leitlinie wird die vom Kläger gewählte Behandlungsmethode nicht einmal erwähnt. Primäre Therapieoptionen für Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom sind die radikale Prostatektomie und die primäre perkutane Strahlentherapie in Kombination mit einer hormonablativen Therapie, wobei eine klare Priorisierung von strahlentherapeutischem und operativem Vorgehen für cT3-Tumoren nicht möglich ist. Zu Recht wird daher die IRE in der im Widerspruchsverfahren vom Beklagten eingeholten amtsärztliche Stellungnahme vom 17.12.2014 als experimentelles Verfahren bezeichnet.
20 
b) Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die IRE lässt sich auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen. Nach dieser Vorschrift kann das Finanz- und Wirtschaftsministerium, soweit nicht in der Anlage zur Beihilfeverordnung bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen; dazu gehören auch die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die IRE ist weder in der Anlage zur Beihilfeverordnung geregelt noch hat das Finanz- und Wirtschaftsministerium eine Ausschlussentscheidung nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO getroffen. Das Fehlen einer solchen Entscheidung führt jedoch nicht dazu, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode zwangsläufig bejaht werden müsste. Vielmehr ist in diesen Fällen gemäß § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO in eine Einzelfallprüfung einzutreten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.). Diese Einzelfallprüfung wurde im Widerspruchsverfahren vorgenommen. Die Amtsärztin hat sich dabei nicht ausschließlich an den Leitlinien orientiert, sondern ergänzend Kollegen an den Universitätskliniken Berlin (Charité) und Regensburg konsultiert, die die IRE praktizieren, allerdings eindeutige Ein- und Ausschlusskriterien festgelegt haben (Gleason-Score maximal 3+4 oder 4+3; PSA maximal 15 ng/ml), die auf den Kläger nicht zutreffen.
21 
c) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten und für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Allerdings kann die Fürsorgepflicht es dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und entsprechende Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten. Stehen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Behandlung einer Erkrankung oder zur Linderung von Leidensfolgen nicht zur Verfügung, können auch Aufwendungen für sogenannte „Außenseitermethoden“ notwendig und angemessen und damit beihilfefähig sein, wenn die Aussicht besteht, dass eine solche Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.04.2013, a.a.O.).
22 
Daran gemessen liegt hier bereits deshalb kein Ausnahmefall vor, weil mit der radikalen Prostatektomie und der primären perkutanen Strahlentherapie in Kombination mit einer hormonablativen Therapie zwei wissenschaftlich anerkannte Methoden zur Verfügung stehen. Zwar hat sich keine allgemeine Auffassung herausgebildet, welche dieser zwei Methoden vorzugswürdig ist, doch lässt sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen - und auch aus heutiger Sicht - noch nicht hinreichend sicher prognostizieren, dass die IRE für Patienten wie den Kläger mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom und extrem hohem PSA-Wert in absehbarer Zeit wissenschaftlich allgemein anerkannt werden wird. Dies gilt umso mehr, als der Kläger die Einschlusskriterien für eine IRE-Behandlung an den Universitätskliniken Berlin (Charité) und Regensburg, die diese Methode grundsätzlich anwenden, nicht erfüllt.
23 
3. Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, der Tumor sei vollständig abgetragen. Denn eine Erfolgsabhängigkeit ist dem geltenden Beihilferecht fremd (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.08.2010 - 10 S 3384/08 - ESVGH 61, 186 = DÖD 2010, 300).
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2007 - 17 K 721/05 - wird geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land Beihilfe zu Aufwendungen für Behandlungen nach der „Atlastherapie nach Arlen“.
Die Klägerin ist Beamtin im Dienst des Beklagten und zu einem Bemessungssatz von 50 % beihilfeberechtigt. Am 20.12.1996 erlitt sie bei einem Autounfall eine Halswirbelsäulendistorsion und leidet seither an Kopf- und Nackenschmerzen, Schwindelgefühlen, Bewegungseinschränkungen und Durchblutungsstörungen. Zur Linderung ihrer Beschwerden erhält die Klägerin fortgesetzt physiotherapeutische Behandlungen und Massagen, zu deren Aufwendungen der Beklagte Beihilfe gewährt. Zusätzlich wird die Klägerin nach der Atlastherapie nach Arlen behandelt.
Für die in der Zeit vom 20.2. bis 16.4.2004 durchgeführten Behandlungen stellte ihr der Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie Dr. ... 846,24 EUR und für die in der Zeit vom 29.4. bis 23.7.2004 durchgeführten Behandlungen 1.011,83 EUR in Rechnung. In Abänderung seiner zuvor ergangenen Bescheide vom 26.5., 23.8. und 7.9.2004 erkannte das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Bescheid vom 20.12.2004 den nicht auf die Behandlungen der Klägerin nach der Atlastherapie entfallenden Teil dieser Aufwendungen als beihilfefähig an und gewährte der Klägerin dementsprechend eine Beihilfe in Höhe von 242,10 EUR bzw. 150,37 EUR. Die Gewährung einer Beihilfe zu den auf die Behandlungen der Klägerin nach der Atlastherapie entfallenden Aufwendungen lehnte es nach Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens des Landratsamts Esslingen - Gesundheitsamt - vom 27.7.2004 sowie einer ergänzenden Stellungnahme des Landratsamts Esslingen vom 25.10.2004 mit der Begründung ab, dass es sich bei dieser Therapie nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode handle. Der gegen diese Entscheidung eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Bescheid vom 22.12.2004 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 21.2.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, ihr eine weitere Beihilfe in Höhe von 536,56 EUR gemäß ihren Anträgen vom 6.5. und 29.7.2004 zu gewähren. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie erhalte seit ihrem Unfall regelmäßig krankengymnastische Behandlungen. Die standardisierten Behandlungsmethoden, wie Krankengymnastik und Massagen seien jedoch nicht in der Lage, die Blockierungen im Halswirbelsäulenbereich zu lockern. Um ihre Beschwerden wenigstens symptomatisch zu lindern, sei eine kontinuierliche manualtherapeutische Behandlung nötig. Die Atlastherapie sei wissenschaftlich anerkannt und werde bei Durchblutungsstörungen wegen Atlasdislokation angewandt. Das beklagte Land ist der Klage entgegen getreten.
Mit Urteil vom 26.6.2007 hat das Verwaltungsgericht das beklagte Land verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und die Bescheide des Landesamts vom 26.5., 23.8. und 7.9.2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 22.12.2004 aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht angenommen, dass die Atlastherapie nach Arlen eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode sei. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe diese Therapie mit Beschluss vom 21.6.2002 als Methode eingestuft, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfe. Die Versagung der Anerkennung durch den Bundesausschuss lasse die Schlussfolgerung zu, dass es der fraglichen Behandlungsmethode auch über den Bereich der kassenärztlichen Versorgung hinaus allgemein an dem Merkmal der wissenschaftlichen Anerkennung fehle. Die von der Klägerin angeführten wissenschaftlichen Publikationen führten zu keinem anderen Ergebnis, da diese der Prüfung des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen zugrunde gelegen hätten. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass nach dem Ergehen des Beschlusses des Bundesausschusses weitere wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht worden seien, die geeignet seien, zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der wissenschaftlichen Anerkennung der Methode zu führen. Das Erfordernis der wissenschaftlich allgemeinen Anerkennung einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode als Voraussetzung für ihre Beihilfefähigkeit sei mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn grundsätzlich vereinbar, da diese es nicht gebiete, dem Beamten eine Beihilfe zu objektiv nicht notwendigen Aufwendungen zu gewähren. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der ihr durch die Behandlung mit der Atlastherapie entstandenen Aufwendungen ergebe sich jedoch aus § 5 Abs. 6 BVO, da bei der Klägerin ein besonderer Härtefall vorliege. Aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich, dass allein die Atlastherapie geeignet sei, die Folgen der nicht mehr heilbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin wenigstens so weit zu lindern, dass jeweils vorübergehende Besserungszustände einträten. Das amtsärztliche Gutachten vom 27.7.2004 stelle lediglich allgemein darauf ab, dass die Wirksamkeit der Atlastherapie im Vergleich zu Standardtherapien nicht untersucht worden sei und keine medizinische Notwendigkeit bestehe, diese Therapie zusätzlich zu den Standardtherapien einzuführen. Entwertet werde der Aussagegehalt des Gutachtens insbesondere durch die fehlerhafte Annahme der Gutachterin, dass bei der Klägerin Standardtherapien bislang nicht zum Einsatz gekommen bzw. nicht ausgereizt worden seien. Neben der Sache liege auch der Hinweis in dem Gutachten darauf, dass in der Literatur die Beschwerdedauer bei Standardtherapien mit längstens zwei Jahren angegeben werde und die Symptome bei der Klägerin bislang nicht abgeklungen seien. Denn gerade dies hätte Anlass geben müssen, die bei der Klägerin vorliegenden Verletzungsfolgen näher in den Blick zu nehmen. Nach den vorgelegten Aufstellungen der Klägerin betrügen ihre Aufwendungen für die Behandlung mittels der Atlastherapie (Arztkosten, Therapie, Fahrtkosten) durchschnittlich pro Monat knapp 800 EUR. Dies übersteige 10 % ihres Bruttomonatseinkommens, das im Mai 2007 ca. 2.300 EUR betragen habe, sowie den in § 5 Abs. 6 BVO genannten Mindestbetrag von 360 EUR. Der Beklagte sei daher verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mit der Atlastherapie im Rahmen der Beihilfegewährung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Auf die mit Beschluss vom 11.8.2008 zugelassene Berufung des Beklagten hat der - für das Beihilferecht seinerzeit zuständige - 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 24.1.2011 das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin rüge zu Recht, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a VwGO nicht vorgelegen hätten. Der Beschluss verstoße deshalb gegen das Gebot, über die Berufung aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden und verletze zugleich den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Der Senat hat zu der Frage, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien wie physiotherapeutische Behandlungen und Massagen für sich genommen ausreicht, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken, ein Sachverständigengutachten des Privatdozenten Dr. ..., Oberarzt am Universitätsklinikum Freiburg, Department Orthopädie und Traumatologie eingeholt, das am 15.9.2012 erstattet worden ist.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Beklagte geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem Verstoß gegen § 88 VwGO, da das Gericht der Klägerin mehr zugesprochen habe, als diese beantragt habe. Die Klägerin begehre die Gewährung einer Beihilfe für die Atlastherapie in Höhe von 536,56 EUR unter gleichzeitiger Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide. Der Urteilstenor spreche dagegen die Verpflichtung aus, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und umfasse danach alle Aufwendungen aus der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 6 BVO lägen nicht vor. Das Erfordernis der unbedingten Notwendigkeit in § 5 Abs. 6 BVO bedeute eine Steigerung gegenüber dem Erfordernis der Notwendigkeit in § 5 Abs. 1 BVO. Eine Behandlungsmethode, deren Notwendigkeit im Rahmen des § 5 Abs. 1 BVO verneint werde, könne somit erst Recht nicht im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO unbedingt notwendig sein. Abgesehen davon könne die unbedingte Notwendigkeit der Atlastherapie entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht damit begründet werden, dass diese Therapie als Einzige geeignet sei, die nicht mehr heilbaren Beschwerden der Klägerin zu lindern. Auf den therapeutischen Erfolg im konkreten Einzelfall komme es für die Beihilfefähigkeit nicht an. Zudem habe das Verwaltungsgericht seine Überzeugung, dass die Beschwerden der Klägerin nicht mehr heilbar seien und dass die Atlastherapie als einzige Therapie geeignet sei, die Beschwerden der Klägerin zu lindern, aufgrund der Äußerungen des behandelnden Arztes und weiterer Ärzte aus dessen Umfeld gewonnen. Hierin liege ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht. Die Einholung eines Obergutachtens wäre auch deshalb geboten gewesen, weil die Stellungnahmen des behandelnden Arztes und der mit ihm kooperierenden Ärzte dem amtsärztlichen Gutachten vom 27.07.2004 widersprochen hätten. Auch aus Gründen der Fürsorgepflicht sei die Beihilfe nicht zu gewähren. Die Fürsorgepflicht könne dem Dienstherrn in Ausnahmefällen gebieten, die Kosten einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten. Dies setze jedoch voraus, dass nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Erwartung auf wissenschaftliche Anerkennung stehe. Dies sei bei der Atlastherapie nicht der Fall.
Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2007 - 17 K 721/05 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
13 
Die Klägerin erwidert: Ein Verstoß gegen § 88 VwGO liege nicht vor. Das Verwaltungsgericht habe ihren Antrag im Hinblick darauf, dass der Beklagte ab 2004 ihre Anträge auf Erstattung der Kosten für die Atlastherapie nicht mehr verbeschieden habe, dahingehend auslegen dürfen, dass sie eine grundsätzliche Klärung des Anspruchs auf Gewährung von Beihilfe für die Atlastherapie begehre. Die Härtefallregelung sei gemäß § 5 Abs. 6 BVO anwendbar, denn die von ihr begehrte Erstattung von Aufwendungen sei im Sinne der §§ 6 bis 13 BVO beihilfefähig. Die Atlastherapie sei sowohl notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 BVO als auch unbedingt notwendig im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO, da sie zum Erhalt ihrer Dienstfähigkeit erforderlich gewesen sei. Auch die finanzielle Schwelle für einen Härtefall im Sinne von § 5 Abs. 6 Satz 4 BVO sei nicht falsch berechnet worden. Die Gesamtkosten der Therapie betrügen pro Monat durchschnittlich 800 EUR, weshalb die finanzielle Schwelle von § 5 Abs. 6 BVO deutlich überschritten sei. Im Übrigen liege ein Härtefall vor, weil der Beklagte ihr seit dem Auftreten der Unfallfolgen die Kosten für die Atlastherapie erstattet und gleichzeitig ihre Dienstfähigkeit in Anspruch genommen habe. Der Beklagte habe außerdem im Rahmen der Fürsorgepflicht die Kosten der Atlastherapie zu erstatten, da die begründete Erwartung auf wissenschaftliche Anerkennung bestehe. Die Atlastherapie werde als Teilbereich der manuellen Therapie in vielen Rehabilitationskliniken im Bereich der Unfallmedizin sowie von vielen Orthopäden angewandt und habe bereits die Evidenzstufe 2b erreicht. Zudem verletze der Beklagte Art. 3 GG, da er in anderen Fällen die Kosten der Atlastherapie erstatte.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
16 
Der Ausspruch des Verwaltungsgerichts ist bereits deshalb fehlerhaft, weil sich das Begehren der Klägerin darauf beschränkt, den Beklagten zu verpflichten, ihr Beihilfe für die Aufwendungen gemäß den Anträgen vom 6.5. und 29.7.2004 für die Atlastherapie zu gewähren. Nach dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts wäre die Beklagte dagegen verpflichtet, nicht nur über die Gewährung einer Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 1.073,13 EUR, sondern über die Beihilfefähigkeit der gesamten Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie zu entscheiden. Der Ausspruch reicht deshalb über das Klagebegehren hinaus und verstößt damit gegen § 88 VwGO.
17 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts kann auch hinsichtlich des von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgten Begehrens keinen Bestand haben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen für die in der Zeit vom 20.2. bis 23.7.2004 durchgeführten Behandlungen nach der Atlastherapie.
18 
1. Die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 mit weiteren Nachweisen). Ob und inwieweit die Klägerin Beihilfe für die von ihr geltend gemachten Aufwendungen beanspruchen kann, richtet sich somit nach der - auf der Grundlage des § 101 LBG a. F. erlassenen - Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28.7.1995 in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 17.2.2004.
19 
2. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit (u. a.) die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen nach Maßgabe der Anlage zu dieser Verordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. An diesen Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit fehlt es. Bei der Atlastherapie nach Arlen handelt es sich um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode (unten a). Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für diese Therapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen (unten b). Die Aufwendungen der Klägerin für diese Therapie könnten deshalb allenfalls dann als beihilfefähig anerkannt werden, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Das ist jedoch nicht der Fall (unten c).
20 
a) Wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg grundsätzlich medizinisch nicht notwendig. Die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, ob die von ihm (mit-)finanzierte Behandlung medizinisch indiziert ist und Erfolg verspricht (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 29.6.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 - und Beschl. v. 28.7.2004 - 4 S 1331/04 -).
21 
Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile v. 29.6.1995, aaO, und 18.6.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.6.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199; Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231).
22 
In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist danach davon auszugehen, dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt (ebenso: VG Freiburg, Urt. v. 8.2.2005 - 7 K 2634/04 - Juris; VG Kassel, Urt. v. 23.10.2002 - 1 E 576/01 - Juris; VG Minden, Urt. v. 4.9.2002 - 4 K 3960/99 - Juris; LSG Saarland, Urt. v. 19.1.2005 - L 2 KR 30/03 - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.10.2003 - L 5 KR 62/02 - Juris).
23 
Nach dem Bericht des Arbeitsausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (im Folgenden: Bundesausschuss) vom 24.9.2002 besteht die Atlastherapie nach Arlen aus einer Serie gezielter Finger-Stoßimpulse über dem Atlas-Querfortsatz auf ein definiertes Rezeptorenfeld im Halsbereich in einer für jeden Patienten individuell zu ermittelnden Impulsrichtung. Die Korrekturimpulse sollen zur Beseitigung von Dysbalancen der quergestreiften Muskulatur über das Nackenrezeptorenfeld und zur Normalisierung des Sympathicotonus beitragen. Indikationen für die Atlastherapie seien nach Angabe der Anwender verschiedene Funktionsstörungen des menschlichen Körpers, die im Nackenrezeptorenfeld bestünden, von dort ausgehen oder von dort beeinflusst würden, wie beispielsweise cervikogene Gleichgewichtsstörungen, neurootologische Veränderungen nach HWS-Trauma, Brustschmerz und Atemstörungen sowie verschiedene neurologische Erkrankungen. Als weitere Indikationen würden von den Anwendern funktionelle Carpaltunnel-Syndrome, Multiple Sklerose, Schmerzen und Bewegungsstörungen nach operativen Eingriffen (z.B. Arthroskopie oder rheumatische Gelenkerkrankungen), Mastodynie, Hörsturz, Sprachentwicklungsverzögerungen, rheumatoide Arthritis und funktionelle weibliche Zyklusstörungen genannt.
24 
In dem Bericht vom 24.9.2002 ist der Arbeitsausschuss unter Verwertung von Stellungnahmen verschiedener Verbände sowie Empfehlungen aus evidenz- basierten Leitlinien und einer detaillierten Auswertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu dem Ergebnis gekommen, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nicht habe erbracht werden können. In keiner wissenschaftlichen Veröffentlichung sei die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen im Vergleich zur Standardbehandlung mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter, die für eine valide Wirksamkeitsbeurteilung notwendig seien, untersucht worden. Auch in Bezug auf solche Behandlungen, bei denen die Atlastherapie in Kombination z.B. mit manualmedizinischen Verfahren angewendet werde, bleibe unklar, welcher Anteil der Behandlungsergebnisse möglicherweise auf die Atlastherapie zurückgeführt werden könne. Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Atlastherapie nach Arlen seien somit nicht ausreichend belegt. Die Methode könne daher nicht als Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung anerkannt werden. Der Bundesausschuss hat auf der Grundlage dieses Berichts am 21.6.2002 beschlossen, die Atlastherapie nach Arlen in die Anlage B (nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt) der BUB-Richtlinien aufzunehmen. Der Beschluss ist seit dem 25.9.2002 in Kraft.
25 
Was die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft, ist der Beschluss des Bundesausschusses gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V bindend. Nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner im Zeitpunkt des Beschlusses des Bundesausschusses noch geltenden früheren Fassung dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, den Bundesverbänden der Krankenkassen, der Bundesknappschaft und den Verbänden der Ersatzkassen gebildete - Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen (u.a.) über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung abgegeben hat. Entsprechendes gilt nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner am 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, der diese Aufgabe aber nunmehr dem - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutsche Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildeten - Gemeinsamen Bundesausschuss überträgt. Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, soll nach der dieser Regelung zugrunde liegenden Konzeption nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bzw. - in der Zeit vor dem 1.1.2004 - durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Der Bundesausschuss hat dabei nicht die Aufgabe, selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urt. v. 19.2.2003 - B 1 KR 18/01 R - SozR 4-2500 § 135 Nr. 1).
26 
Die Entscheidungen des Bundesausschusses lassen damit auch über den Bereich der kassenärztlichen Versorgung hinaus die Schlussfolgerung zu, dass es der fraglichen Behandlungsmethode an dem Merkmal der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung fehlt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.1997 - 4 S 1980/95 - Juris; Beschl. v. 22.2.1995 - 4 S 642/95 - Juris). Dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt, wird im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass diese Therapie in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zu der Behandlung eines Beschleunigungstraumas der Halswirbelsäule in ihrer jüngsten Fassung vom Oktober 2008 nicht als Therapieform genannt wird. Der von der Klägerin genannte Umstand, dass es sich bei diesen Leitlinien nur um eine „S1-Leitlinie“ handelt, steht dem nicht entgegen. Die Leitlinien der Mitgliedsgesellschaften der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) werden in drei, mit S1 bis S3 bezeichnete Klassen eingeteilt. Mit S1 werden Leitlinien bezeichnet, die von einer Expertengruppe im informellen Konsens erarbeitet worden sind, mit S2 Leitlinien, bei denen eine formale Konsensfindung und/oder eine formale „Evidenz“-Recherche stattgefunden hat, und mit S3 Leitlinien „mit allen Elementen einer systematischen Entwicklung“. Auch die in S1-Leitlinien gegebenen Therapieempfehlungen sind danach im Zusammenhang mit der Frage nach der wissenschaftlichen Anerkennung einer bestimmten Therapie zumindest ein gewichtiges Indiz.
27 
Die von der Klägerin erhobenen Einwände geben zu keiner anderer Beurteilung Anlass. Die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren angeführte Stellungnahme der Gemeinsamen Gutachterstelle der Bezirksärztekammern Baden-Württemberg für Fragen der Gebührenordnung für Ärzte vom 21.3.2000 äußert sich nur zur Art der Abrechnung einer Atlastherapie und empfiehlt eine chirotherapeutischen Eingriffen entsprechende Abrechnung. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Atlastherapie wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Die von der Klägerin ferner angesprochenen wissenschaftlichen Publikationen über die Atlastherapie haben dem Bundesausschuss bei seiner Entscheidung vorgelegen und können daher nicht als Beleg für die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung dieser Therapie genommen werden. Auch die Ärztegesellschaft für Atlastherapie und manuelle Kinderbehandlung, die nach den Angaben der Klägerin regelmäßig alle wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Atlastherapie sammelt und veröffentlicht, hat im Überprüfungsverfahren des Bundesausschusses Stellung genommen, ohne dass dies zu einer anderen Einstufung geführt hätte.
28 
Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum weitere Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Atlastherapie veröffentlicht worden sind, die es nunmehr rechtfertigen, die Atlastherapie als eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode zu qualifizieren. In der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 heißt es zwar, die Atlastherapie sei „wissenschaftlich fundiert“, sie werde als wissenschaftlich sinnvoll erachtet und „in medizinischen Fachgesellschaften in speziellen Curricula mit Zertifizierung gelehrt“. Wissenschaftliche Veröffentlichungen, mit denen die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter untersucht worden sind, werden jedoch auch in der Stellungnahme von Dr. ... nicht genannt.
29 
Für den in der Stellungnahme erwähnten Aufsatz des Vorsitzenden der Sektion Physikalische Medizin und Rehabilitation der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, Prof. Dr. ... (Orthopädische Mitteilungen 2008, 255 f.) gilt das Gleiche. In dem Aufsatz äußert Prof. Dr. ... zwar die Ansicht, die Datenlage scheine eine Ablehnung der Atlastherapie nicht zu rechtfertigen. Auch Prof. Dr. ... weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nur eingeschränkt habe erbracht werden können. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang eine den Bericht des Bundesausschusses für den Zeitraum von 2002 bis 2008 ergänzende Literaturrecherche in der Datenbank „PubMed Medline“, die keine relevanten aussagekräftigen Studien zu Tage gefördert habe. Auch in der „Cochrane Library“ seien keine Aussagen zur Atlastherapie gefunden worden. Auch Prof. Dr. ... geht danach davon aus, dass die Atlastherapie keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode ist. Die oben genannte Ansicht wird von ihm stattdessen damit begründet, dass Arbeiten mit einem niedrigen Evidenzgrad vorlägen, die die Durchführung der Atlastherapie prinzipiell gerechtfertigt erscheinen ließen, und dass auch Expertenmeinungen eine Form der Evidenz darstellten und bei „fehlender anderer Evidenzlage“ Berücksichtigung finden müssten.
30 
b) Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen. Nach dieser Vorschrift kann das Finanzministerium, soweit nicht in der Anlage zur Beihilfeverordnung bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen; dazu gehören auch die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie ist weder in der Anlage zur Beihilfeverordnung geregelt noch hat das Finanzministerium eine Ausschlussentscheidung nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO getroffen. Das Fehlen einer solchen Entscheidung führt jedoch nicht dazu, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode zwangsläufig bejaht werden müsste. Vielmehr ist in diesen Fällen gemäß § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO in eine Einzelfallprüfung einzutreten (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139; ähnlich Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 20.2.2 zu § 6 BhV).
31 
c) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten und für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Allerdings kann die Fürsorgepflicht es dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und entsprechende Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten. Stehen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Behandlung einer Erkrankung oder zur Linderung von Leidensfolgen nicht zur Verfügung, können auch Aufwendungen für sogenannte „Außenseitermethoden“ notwendig und angemessen und damit beihilfefähig sein, wenn die Aussicht besteht, dass eine solche Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (BVerwG, Urteile vom 29.6.1995 und 18.6.1998, jeweils aaO; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
32 
Ob die Aussicht besteht, dass die Atlastherapie noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, kann dahinstehen. Denn selbst man dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt, wären die Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie nur dann als beihilfefähig anzuerkennen, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken (s. Beschluss des BVerwG vom 20.10.2011). Das ist jedoch nicht der Fall.
33 
Zur Klärung der Frage, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien ausreicht, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken, hat der Senat Herrn Privatdozent Dr. ..., Oberarzt am Universitätsklinikum Freiburg, Department Orthopädie und Traumatologie, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten kommt Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der Atlastherapie nach Arlen besteht. Zur Begründung verweist er zunächst auf die Richtlinien der Medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Halswirbelsäulen-Distorsion und den Folgezuständen beschäftigen. Nach den Richtlinien, in denen die Atlastherapie als therapeutische Maßnahme nicht genannt werde, seien Massagen und physiotherapeutische Maßnahmen grundsätzlich ausreichend, um die Beschwerden zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Der Gutachter führt danach weiter aus, dass der Unfall, den die Klägerin 1996 erlitten habe, geeignet sei, vorübergehend schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule zu erklären. Eine Halswirbelsäulen-Distorsion heile jedoch in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Die seit 1996 andauernden Beschwerden der Klägerin seien daher eher untypisch Die 1997 und 1998 durchgeführten Kernspintomographien zeigten keine Unfallfolgen. Für eine 2012 durchgeführte Upright-Kernspintomographie gelte das Gleiche. Von dem diese Untersuchung durchführenden Arzt werde zwar eine alte posttraumatische Verletzungsfolge dokumentiert. Dieser Befund könne jedoch nicht nachvollzogen werden. Auch in der aktuellen MRT-Untersuchung fände sich ein solcher Befund nicht. Die dauernden Beschwerden ohne wesentliche Linderung trügen damit die deutlichen Zeichen eines chronifizierten Schmerzsyndroms. Bei solchen Patienten sollte ggf. auch an eine spezifische Schmerztherapie gedacht werden. Durch die Atlastherapie könne, wie auch durch die über viele Jahre andauernde und intensive Behandlung der Klägerin nachgewiesen, die Beschwerdesymptomatik nicht gelindert werden. Dem bereits vorliegenden umfangreichen Fachgutachten von Prof. Dr. ..., das zu demselben Ergebnis gekommen sei, werde uneingeschränkt gefolgt.
34 
Der Senat sieht keinen Anlass, der Meinung des Sachverständigen nicht zu folgen. Das Gutachten wurde in Kenntnis aller Berichte und Stellungnahmen derjenigen Ärzte erstellt, die in der davor liegenden Zeit mit den Beschwerden der Klägerin befasst waren. Es beruht auf einer sorgfältigen Befunderhebung, ist widerspruchsfrei und schlüssig begründet.
35 
Die Einwendungen der Klägerin, die sich auf die Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 gründen, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
36 
aa) In dem Bericht über die am 20.7.2012 vorgenommene Upright-Kernspintomographie werden von dem die Untersuchung durchführenden Arzt (Dr. ...) narbige Strukturveränderungen in beiden Ligamenta alaria mit beiderseitigen Strukturauflockerungen und deutlicher Verplumpung der dreieckigen Bandkonfigurationen sowie narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis beschrieben. In dem Gutachten des Sachverständigen heißt es dazu, dieser Befund, mit dem eine alte posttraumatische Verletzungsfolge beschrieben werde, könne nicht nachvollzogen werden. Im Hinblick hierauf stellt Dr. ... die Frage, ob der Gutachter über solche Kenntnisse in der diagnostischen Radiologie verfüge, dass er in der Lage sei, die Ergebnisse eines Facharztes für Radiologie anzuzweifeln.
37 
Mit diesem Einwand wird übersehen, dass die Auffassung des Gutachters durch die von ihm veranlasste radiologische Untersuchung vom 30.8.2012 bestätigt wird, die von zwei Fachärzten für Radiologie durchgeführt wurde und deren Ergebnisse in dem Bericht wie folgt wiedergegeben werden: „Steilhaltung der HWS, eine Reklination ist nicht möglich, eingeschränkte Inklination. Für die Bewegungseinschränkung lässt sich kein knöchernes Korrelat finden, keine Traumafolge, keine das Altersmaß übersteigende Degenerationen.“ Die Beurteilung des Gutachters wird ferner durch die am 8.1.1997 erfolgte Kernspintomographie der Halswirbelsäule der Klägerin gestützt, die nach dem Bericht des die Untersuchung vornehmenden Facharztes für diagnostische Radiologie Dr. ... keine Hinweise auf Frakturen, discoligamentäre Verletzungen oder Unfallfolgen ergeben hat. Eine weitere zur Kontrolle erfolgte Kernspintomographie vom 8.1.1998 hat nach dem Bericht von Dr. ... das gleiche Ergebnis erbracht.
38 
bb) Zu der Äußerung des Sachverständigen, es bestehe der Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom (Ganzkörperschmerz), wird in der Stellungnahme von Dr. ... angemerkt, dass keiner der die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein solches Syndrom festgestellt habe. Ein Fibromyalgiesyn- drom liege somit anhand der gängigen diagnostischen Methoden nicht vor. Daran ist richtig, dass die die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein Fibromyalgiesyndrom nicht diagnostiziert haben. Eine solche Diagnose wird jedoch auch von dem Gutachter nicht gestellt, da er lediglich von dem Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom spricht. Der von dem Sachverständigen geäußerte Verdacht wird im Übrigen durch das zu der Frage der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeholte Gutachten Prof. Dr. ... vom 9.12.1999 gestützt. In dem Gutachten wird der Klägerin aus orthopädischer Sicht „volle und nachhaltige Dienstfähigkeit“ bescheinigt und festgestellt, dass auf orthopädischem Fachgebiet die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Für möglich gehalten wird jedoch, dass die Klägerin aus anderen Gründen nicht mehr dienstfähig sein könnte, da von einer psychischen Alteration auszugehen sei. Von dem Gutachtern wurde deshalb eine psychosomatische oder psychotherapeutische Evaluierung empfohlen.
39 
cc) In der Stellungnahme von Dr. ... wird ferner die Aussage des Gutachters kritisiert, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos ausheile, da in der AWMF-Richtlinie festgestellt werde, dass 12 % der Patienten nach sechs Monaten noch nicht bei ihrem Status quo ante angelangt seien. Ein Widerspruch zwischen dieser Feststellung und der Aussage des Gutachters ist nicht zu erkennen, da der Gutachter nur davon spricht, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion „in der Regel“ innerhalb des von ihm genannten Zeitraums ausheile, also ebenfalls davon ausgeht, dass der Heilungsprozess in Einzelfällen auch länger dauern oder eine Chronifizierung eintreten kann.
40 
dd) In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es weiter, der Gutachter spreche zu Unrecht von einer monomodalen Atlastherapie, da die Klägerin über Jahre hinweg auch krankengymnastische und physiotherapeutische Behandlungen erhalten habe. Auch treffe es nicht zu, dass eine Steigerung der monomodalen Therapieoption durchgeführt worden sei, da die Frequenz der atlastherapeutischen Interventionen nicht zu-, sondern abgenommen habe.
41 
Diese Einwendungen sind ebenfalls unbegründet. Wie sich aus seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.2.2013 ergibt, ist der Gutachter der Meinung, dass auch multiple Therapieformen keine multimodale Therapie ausmachten. Der Gutachter verwendet den Begriff „monomodal“ deshalb in einem anderen Sinn, als er von Dr. ... verstanden wird. Die Annahme, der Gutachter habe verkannt, dass die Klägerin außer den Behandlungen nach der Atlastherapie auch die in der Stellungnahme von Dr. ... genannten anderen Behandlungen erhalten habe, verbietet sich zudem schon deshalb, da Gegenstand des Gutachtens gerade die Frage war, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien wie physiotherapeutische Behandlungen und Massagen ausreicht, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern. Der Gutachter hat auch nicht unterstellt, dass die Behandlung der Klägerin mittels der Atlastherapie intensiviert worden sei. Auf S. 3 des Gutachtens wird vielmehr berichtet, dass die Klägerin angegeben habe, die Atlastherapie sei zunächst wöchentlich an zwei Tagen durchgeführt worden, während die Behandlung nunmehr nur noch alle drei bis vier Wochen stattfinde.
42 
ee) Gegen die Verwertung des Gutachtens bestehen schließlich auch insoweit keine Bedenken, als die Klägerin beanstandet, dass der Gutachter keine einzige manualmedizinische Befunderhebung vorgenommen habe. In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es dazu, dass eine solche Untersuchung „hinsichtlich des manualmedizinischen Störungsmusters“ von großem Interesse sei. Dass der Gutachter die ihm gestellte Frage ohne diese Untersuchung nicht sachgerecht beantworten konnte, ergibt sich daraus nicht.
43 
3. Sind die Aufwendungen für die Atlastherapie danach nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendig, kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfe zu diesen Aufwendungen auch nicht aus der Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO hergeleitet werden. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO nicht notwendige Aufwendungen erst recht nicht unbedingt notwendig im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO sein können. Die Regelung des § 5 Abs. 6 BVO ist Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, aus der sich ein Anspruch auf Beihilfe nur dann herleiten lässt, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Dies kommt allenfalls bei unzumutbaren Belastungen bzw. erheblichen Aufwendungen in Betracht, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89; Beschl. v. 16.9.1992 - 2 BvR 1161/89 - NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308).
44 
4. Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes kann die Klägerin die geltend gemachte Beihilfe nicht beanspruchen. Da jeder Beihilfeantrag regelmäßig ein neues, in sich abgeschlossenes Verwaltungsverfahren eröffnet, begründet eine frühere Bewilligung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keinen Anspruch auf entsprechende zukünftige Entscheidungen. Insbesondere kann der Gewährung einer Beihilfe zu einer bereits erfolgten Aufwendung für sich allein regelmäßig nicht die Zusage der gewährenden Behörde entnommen werden, sie werde auch zukünftig in gleicher Weise entscheiden. Maßgebend ist vielmehr die objektive Sach- und Rechtslage, wie sie sich für den jeweiligen Bewilligungszeitraum darstellt. Wenn ein Beamter insoweit Handlungssicherheit haben möchte, muss er eine ausdrückliche Klärung der Beihilfefähigkeit bestimmter Aufwendungen herbeiführen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 536,56 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
16 
Der Ausspruch des Verwaltungsgerichts ist bereits deshalb fehlerhaft, weil sich das Begehren der Klägerin darauf beschränkt, den Beklagten zu verpflichten, ihr Beihilfe für die Aufwendungen gemäß den Anträgen vom 6.5. und 29.7.2004 für die Atlastherapie zu gewähren. Nach dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts wäre die Beklagte dagegen verpflichtet, nicht nur über die Gewährung einer Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 1.073,13 EUR, sondern über die Beihilfefähigkeit der gesamten Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie zu entscheiden. Der Ausspruch reicht deshalb über das Klagebegehren hinaus und verstößt damit gegen § 88 VwGO.
17 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts kann auch hinsichtlich des von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgten Begehrens keinen Bestand haben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen für die in der Zeit vom 20.2. bis 23.7.2004 durchgeführten Behandlungen nach der Atlastherapie.
18 
1. Die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 mit weiteren Nachweisen). Ob und inwieweit die Klägerin Beihilfe für die von ihr geltend gemachten Aufwendungen beanspruchen kann, richtet sich somit nach der - auf der Grundlage des § 101 LBG a. F. erlassenen - Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28.7.1995 in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 17.2.2004.
19 
2. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit (u. a.) die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen nach Maßgabe der Anlage zu dieser Verordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. An diesen Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit fehlt es. Bei der Atlastherapie nach Arlen handelt es sich um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode (unten a). Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für diese Therapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen (unten b). Die Aufwendungen der Klägerin für diese Therapie könnten deshalb allenfalls dann als beihilfefähig anerkannt werden, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Das ist jedoch nicht der Fall (unten c).
20 
a) Wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg grundsätzlich medizinisch nicht notwendig. Die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, ob die von ihm (mit-)finanzierte Behandlung medizinisch indiziert ist und Erfolg verspricht (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 29.6.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 - und Beschl. v. 28.7.2004 - 4 S 1331/04 -).
21 
Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile v. 29.6.1995, aaO, und 18.6.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.6.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199; Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231).
22 
In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist danach davon auszugehen, dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt (ebenso: VG Freiburg, Urt. v. 8.2.2005 - 7 K 2634/04 - Juris; VG Kassel, Urt. v. 23.10.2002 - 1 E 576/01 - Juris; VG Minden, Urt. v. 4.9.2002 - 4 K 3960/99 - Juris; LSG Saarland, Urt. v. 19.1.2005 - L 2 KR 30/03 - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.10.2003 - L 5 KR 62/02 - Juris).
23 
Nach dem Bericht des Arbeitsausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (im Folgenden: Bundesausschuss) vom 24.9.2002 besteht die Atlastherapie nach Arlen aus einer Serie gezielter Finger-Stoßimpulse über dem Atlas-Querfortsatz auf ein definiertes Rezeptorenfeld im Halsbereich in einer für jeden Patienten individuell zu ermittelnden Impulsrichtung. Die Korrekturimpulse sollen zur Beseitigung von Dysbalancen der quergestreiften Muskulatur über das Nackenrezeptorenfeld und zur Normalisierung des Sympathicotonus beitragen. Indikationen für die Atlastherapie seien nach Angabe der Anwender verschiedene Funktionsstörungen des menschlichen Körpers, die im Nackenrezeptorenfeld bestünden, von dort ausgehen oder von dort beeinflusst würden, wie beispielsweise cervikogene Gleichgewichtsstörungen, neurootologische Veränderungen nach HWS-Trauma, Brustschmerz und Atemstörungen sowie verschiedene neurologische Erkrankungen. Als weitere Indikationen würden von den Anwendern funktionelle Carpaltunnel-Syndrome, Multiple Sklerose, Schmerzen und Bewegungsstörungen nach operativen Eingriffen (z.B. Arthroskopie oder rheumatische Gelenkerkrankungen), Mastodynie, Hörsturz, Sprachentwicklungsverzögerungen, rheumatoide Arthritis und funktionelle weibliche Zyklusstörungen genannt.
24 
In dem Bericht vom 24.9.2002 ist der Arbeitsausschuss unter Verwertung von Stellungnahmen verschiedener Verbände sowie Empfehlungen aus evidenz- basierten Leitlinien und einer detaillierten Auswertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu dem Ergebnis gekommen, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nicht habe erbracht werden können. In keiner wissenschaftlichen Veröffentlichung sei die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen im Vergleich zur Standardbehandlung mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter, die für eine valide Wirksamkeitsbeurteilung notwendig seien, untersucht worden. Auch in Bezug auf solche Behandlungen, bei denen die Atlastherapie in Kombination z.B. mit manualmedizinischen Verfahren angewendet werde, bleibe unklar, welcher Anteil der Behandlungsergebnisse möglicherweise auf die Atlastherapie zurückgeführt werden könne. Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Atlastherapie nach Arlen seien somit nicht ausreichend belegt. Die Methode könne daher nicht als Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung anerkannt werden. Der Bundesausschuss hat auf der Grundlage dieses Berichts am 21.6.2002 beschlossen, die Atlastherapie nach Arlen in die Anlage B (nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt) der BUB-Richtlinien aufzunehmen. Der Beschluss ist seit dem 25.9.2002 in Kraft.
25 
Was die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft, ist der Beschluss des Bundesausschusses gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V bindend. Nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner im Zeitpunkt des Beschlusses des Bundesausschusses noch geltenden früheren Fassung dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, den Bundesverbänden der Krankenkassen, der Bundesknappschaft und den Verbänden der Ersatzkassen gebildete - Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen (u.a.) über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung abgegeben hat. Entsprechendes gilt nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner am 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, der diese Aufgabe aber nunmehr dem - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutsche Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildeten - Gemeinsamen Bundesausschuss überträgt. Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, soll nach der dieser Regelung zugrunde liegenden Konzeption nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bzw. - in der Zeit vor dem 1.1.2004 - durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Der Bundesausschuss hat dabei nicht die Aufgabe, selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urt. v. 19.2.2003 - B 1 KR 18/01 R - SozR 4-2500 § 135 Nr. 1).
26 
Die Entscheidungen des Bundesausschusses lassen damit auch über den Bereich der kassenärztlichen Versorgung hinaus die Schlussfolgerung zu, dass es der fraglichen Behandlungsmethode an dem Merkmal der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung fehlt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.1997 - 4 S 1980/95 - Juris; Beschl. v. 22.2.1995 - 4 S 642/95 - Juris). Dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt, wird im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass diese Therapie in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zu der Behandlung eines Beschleunigungstraumas der Halswirbelsäule in ihrer jüngsten Fassung vom Oktober 2008 nicht als Therapieform genannt wird. Der von der Klägerin genannte Umstand, dass es sich bei diesen Leitlinien nur um eine „S1-Leitlinie“ handelt, steht dem nicht entgegen. Die Leitlinien der Mitgliedsgesellschaften der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) werden in drei, mit S1 bis S3 bezeichnete Klassen eingeteilt. Mit S1 werden Leitlinien bezeichnet, die von einer Expertengruppe im informellen Konsens erarbeitet worden sind, mit S2 Leitlinien, bei denen eine formale Konsensfindung und/oder eine formale „Evidenz“-Recherche stattgefunden hat, und mit S3 Leitlinien „mit allen Elementen einer systematischen Entwicklung“. Auch die in S1-Leitlinien gegebenen Therapieempfehlungen sind danach im Zusammenhang mit der Frage nach der wissenschaftlichen Anerkennung einer bestimmten Therapie zumindest ein gewichtiges Indiz.
27 
Die von der Klägerin erhobenen Einwände geben zu keiner anderer Beurteilung Anlass. Die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren angeführte Stellungnahme der Gemeinsamen Gutachterstelle der Bezirksärztekammern Baden-Württemberg für Fragen der Gebührenordnung für Ärzte vom 21.3.2000 äußert sich nur zur Art der Abrechnung einer Atlastherapie und empfiehlt eine chirotherapeutischen Eingriffen entsprechende Abrechnung. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Atlastherapie wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Die von der Klägerin ferner angesprochenen wissenschaftlichen Publikationen über die Atlastherapie haben dem Bundesausschuss bei seiner Entscheidung vorgelegen und können daher nicht als Beleg für die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung dieser Therapie genommen werden. Auch die Ärztegesellschaft für Atlastherapie und manuelle Kinderbehandlung, die nach den Angaben der Klägerin regelmäßig alle wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Atlastherapie sammelt und veröffentlicht, hat im Überprüfungsverfahren des Bundesausschusses Stellung genommen, ohne dass dies zu einer anderen Einstufung geführt hätte.
28 
Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum weitere Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Atlastherapie veröffentlicht worden sind, die es nunmehr rechtfertigen, die Atlastherapie als eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode zu qualifizieren. In der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 heißt es zwar, die Atlastherapie sei „wissenschaftlich fundiert“, sie werde als wissenschaftlich sinnvoll erachtet und „in medizinischen Fachgesellschaften in speziellen Curricula mit Zertifizierung gelehrt“. Wissenschaftliche Veröffentlichungen, mit denen die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter untersucht worden sind, werden jedoch auch in der Stellungnahme von Dr. ... nicht genannt.
29 
Für den in der Stellungnahme erwähnten Aufsatz des Vorsitzenden der Sektion Physikalische Medizin und Rehabilitation der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, Prof. Dr. ... (Orthopädische Mitteilungen 2008, 255 f.) gilt das Gleiche. In dem Aufsatz äußert Prof. Dr. ... zwar die Ansicht, die Datenlage scheine eine Ablehnung der Atlastherapie nicht zu rechtfertigen. Auch Prof. Dr. ... weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nur eingeschränkt habe erbracht werden können. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang eine den Bericht des Bundesausschusses für den Zeitraum von 2002 bis 2008 ergänzende Literaturrecherche in der Datenbank „PubMed Medline“, die keine relevanten aussagekräftigen Studien zu Tage gefördert habe. Auch in der „Cochrane Library“ seien keine Aussagen zur Atlastherapie gefunden worden. Auch Prof. Dr. ... geht danach davon aus, dass die Atlastherapie keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode ist. Die oben genannte Ansicht wird von ihm stattdessen damit begründet, dass Arbeiten mit einem niedrigen Evidenzgrad vorlägen, die die Durchführung der Atlastherapie prinzipiell gerechtfertigt erscheinen ließen, und dass auch Expertenmeinungen eine Form der Evidenz darstellten und bei „fehlender anderer Evidenzlage“ Berücksichtigung finden müssten.
30 
b) Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen. Nach dieser Vorschrift kann das Finanzministerium, soweit nicht in der Anlage zur Beihilfeverordnung bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen; dazu gehören auch die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie ist weder in der Anlage zur Beihilfeverordnung geregelt noch hat das Finanzministerium eine Ausschlussentscheidung nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO getroffen. Das Fehlen einer solchen Entscheidung führt jedoch nicht dazu, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode zwangsläufig bejaht werden müsste. Vielmehr ist in diesen Fällen gemäß § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO in eine Einzelfallprüfung einzutreten (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139; ähnlich Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 20.2.2 zu § 6 BhV).
31 
c) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten und für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Allerdings kann die Fürsorgepflicht es dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und entsprechende Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten. Stehen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Behandlung einer Erkrankung oder zur Linderung von Leidensfolgen nicht zur Verfügung, können auch Aufwendungen für sogenannte „Außenseitermethoden“ notwendig und angemessen und damit beihilfefähig sein, wenn die Aussicht besteht, dass eine solche Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (BVerwG, Urteile vom 29.6.1995 und 18.6.1998, jeweils aaO; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
32 
Ob die Aussicht besteht, dass die Atlastherapie noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, kann dahinstehen. Denn selbst man dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt, wären die Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie nur dann als beihilfefähig anzuerkennen, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken (s. Beschluss des BVerwG vom 20.10.2011). Das ist jedoch nicht der Fall.
33 
Zur Klärung der Frage, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien ausreicht, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken, hat der Senat Herrn Privatdozent Dr. ..., Oberarzt am Universitätsklinikum Freiburg, Department Orthopädie und Traumatologie, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten kommt Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der Atlastherapie nach Arlen besteht. Zur Begründung verweist er zunächst auf die Richtlinien der Medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Halswirbelsäulen-Distorsion und den Folgezuständen beschäftigen. Nach den Richtlinien, in denen die Atlastherapie als therapeutische Maßnahme nicht genannt werde, seien Massagen und physiotherapeutische Maßnahmen grundsätzlich ausreichend, um die Beschwerden zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Der Gutachter führt danach weiter aus, dass der Unfall, den die Klägerin 1996 erlitten habe, geeignet sei, vorübergehend schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule zu erklären. Eine Halswirbelsäulen-Distorsion heile jedoch in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Die seit 1996 andauernden Beschwerden der Klägerin seien daher eher untypisch Die 1997 und 1998 durchgeführten Kernspintomographien zeigten keine Unfallfolgen. Für eine 2012 durchgeführte Upright-Kernspintomographie gelte das Gleiche. Von dem diese Untersuchung durchführenden Arzt werde zwar eine alte posttraumatische Verletzungsfolge dokumentiert. Dieser Befund könne jedoch nicht nachvollzogen werden. Auch in der aktuellen MRT-Untersuchung fände sich ein solcher Befund nicht. Die dauernden Beschwerden ohne wesentliche Linderung trügen damit die deutlichen Zeichen eines chronifizierten Schmerzsyndroms. Bei solchen Patienten sollte ggf. auch an eine spezifische Schmerztherapie gedacht werden. Durch die Atlastherapie könne, wie auch durch die über viele Jahre andauernde und intensive Behandlung der Klägerin nachgewiesen, die Beschwerdesymptomatik nicht gelindert werden. Dem bereits vorliegenden umfangreichen Fachgutachten von Prof. Dr. ..., das zu demselben Ergebnis gekommen sei, werde uneingeschränkt gefolgt.
34 
Der Senat sieht keinen Anlass, der Meinung des Sachverständigen nicht zu folgen. Das Gutachten wurde in Kenntnis aller Berichte und Stellungnahmen derjenigen Ärzte erstellt, die in der davor liegenden Zeit mit den Beschwerden der Klägerin befasst waren. Es beruht auf einer sorgfältigen Befunderhebung, ist widerspruchsfrei und schlüssig begründet.
35 
Die Einwendungen der Klägerin, die sich auf die Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 gründen, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
36 
aa) In dem Bericht über die am 20.7.2012 vorgenommene Upright-Kernspintomographie werden von dem die Untersuchung durchführenden Arzt (Dr. ...) narbige Strukturveränderungen in beiden Ligamenta alaria mit beiderseitigen Strukturauflockerungen und deutlicher Verplumpung der dreieckigen Bandkonfigurationen sowie narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis beschrieben. In dem Gutachten des Sachverständigen heißt es dazu, dieser Befund, mit dem eine alte posttraumatische Verletzungsfolge beschrieben werde, könne nicht nachvollzogen werden. Im Hinblick hierauf stellt Dr. ... die Frage, ob der Gutachter über solche Kenntnisse in der diagnostischen Radiologie verfüge, dass er in der Lage sei, die Ergebnisse eines Facharztes für Radiologie anzuzweifeln.
37 
Mit diesem Einwand wird übersehen, dass die Auffassung des Gutachters durch die von ihm veranlasste radiologische Untersuchung vom 30.8.2012 bestätigt wird, die von zwei Fachärzten für Radiologie durchgeführt wurde und deren Ergebnisse in dem Bericht wie folgt wiedergegeben werden: „Steilhaltung der HWS, eine Reklination ist nicht möglich, eingeschränkte Inklination. Für die Bewegungseinschränkung lässt sich kein knöchernes Korrelat finden, keine Traumafolge, keine das Altersmaß übersteigende Degenerationen.“ Die Beurteilung des Gutachters wird ferner durch die am 8.1.1997 erfolgte Kernspintomographie der Halswirbelsäule der Klägerin gestützt, die nach dem Bericht des die Untersuchung vornehmenden Facharztes für diagnostische Radiologie Dr. ... keine Hinweise auf Frakturen, discoligamentäre Verletzungen oder Unfallfolgen ergeben hat. Eine weitere zur Kontrolle erfolgte Kernspintomographie vom 8.1.1998 hat nach dem Bericht von Dr. ... das gleiche Ergebnis erbracht.
38 
bb) Zu der Äußerung des Sachverständigen, es bestehe der Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom (Ganzkörperschmerz), wird in der Stellungnahme von Dr. ... angemerkt, dass keiner der die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein solches Syndrom festgestellt habe. Ein Fibromyalgiesyn- drom liege somit anhand der gängigen diagnostischen Methoden nicht vor. Daran ist richtig, dass die die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein Fibromyalgiesyndrom nicht diagnostiziert haben. Eine solche Diagnose wird jedoch auch von dem Gutachter nicht gestellt, da er lediglich von dem Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom spricht. Der von dem Sachverständigen geäußerte Verdacht wird im Übrigen durch das zu der Frage der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeholte Gutachten Prof. Dr. ... vom 9.12.1999 gestützt. In dem Gutachten wird der Klägerin aus orthopädischer Sicht „volle und nachhaltige Dienstfähigkeit“ bescheinigt und festgestellt, dass auf orthopädischem Fachgebiet die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Für möglich gehalten wird jedoch, dass die Klägerin aus anderen Gründen nicht mehr dienstfähig sein könnte, da von einer psychischen Alteration auszugehen sei. Von dem Gutachtern wurde deshalb eine psychosomatische oder psychotherapeutische Evaluierung empfohlen.
39 
cc) In der Stellungnahme von Dr. ... wird ferner die Aussage des Gutachters kritisiert, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos ausheile, da in der AWMF-Richtlinie festgestellt werde, dass 12 % der Patienten nach sechs Monaten noch nicht bei ihrem Status quo ante angelangt seien. Ein Widerspruch zwischen dieser Feststellung und der Aussage des Gutachters ist nicht zu erkennen, da der Gutachter nur davon spricht, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion „in der Regel“ innerhalb des von ihm genannten Zeitraums ausheile, also ebenfalls davon ausgeht, dass der Heilungsprozess in Einzelfällen auch länger dauern oder eine Chronifizierung eintreten kann.
40 
dd) In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es weiter, der Gutachter spreche zu Unrecht von einer monomodalen Atlastherapie, da die Klägerin über Jahre hinweg auch krankengymnastische und physiotherapeutische Behandlungen erhalten habe. Auch treffe es nicht zu, dass eine Steigerung der monomodalen Therapieoption durchgeführt worden sei, da die Frequenz der atlastherapeutischen Interventionen nicht zu-, sondern abgenommen habe.
41 
Diese Einwendungen sind ebenfalls unbegründet. Wie sich aus seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.2.2013 ergibt, ist der Gutachter der Meinung, dass auch multiple Therapieformen keine multimodale Therapie ausmachten. Der Gutachter verwendet den Begriff „monomodal“ deshalb in einem anderen Sinn, als er von Dr. ... verstanden wird. Die Annahme, der Gutachter habe verkannt, dass die Klägerin außer den Behandlungen nach der Atlastherapie auch die in der Stellungnahme von Dr. ... genannten anderen Behandlungen erhalten habe, verbietet sich zudem schon deshalb, da Gegenstand des Gutachtens gerade die Frage war, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien wie physiotherapeutische Behandlungen und Massagen ausreicht, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern. Der Gutachter hat auch nicht unterstellt, dass die Behandlung der Klägerin mittels der Atlastherapie intensiviert worden sei. Auf S. 3 des Gutachtens wird vielmehr berichtet, dass die Klägerin angegeben habe, die Atlastherapie sei zunächst wöchentlich an zwei Tagen durchgeführt worden, während die Behandlung nunmehr nur noch alle drei bis vier Wochen stattfinde.
42 
ee) Gegen die Verwertung des Gutachtens bestehen schließlich auch insoweit keine Bedenken, als die Klägerin beanstandet, dass der Gutachter keine einzige manualmedizinische Befunderhebung vorgenommen habe. In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es dazu, dass eine solche Untersuchung „hinsichtlich des manualmedizinischen Störungsmusters“ von großem Interesse sei. Dass der Gutachter die ihm gestellte Frage ohne diese Untersuchung nicht sachgerecht beantworten konnte, ergibt sich daraus nicht.
43 
3. Sind die Aufwendungen für die Atlastherapie danach nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendig, kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfe zu diesen Aufwendungen auch nicht aus der Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO hergeleitet werden. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO nicht notwendige Aufwendungen erst recht nicht unbedingt notwendig im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO sein können. Die Regelung des § 5 Abs. 6 BVO ist Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, aus der sich ein Anspruch auf Beihilfe nur dann herleiten lässt, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Dies kommt allenfalls bei unzumutbaren Belastungen bzw. erheblichen Aufwendungen in Betracht, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89; Beschl. v. 16.9.1992 - 2 BvR 1161/89 - NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308).
44 
4. Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes kann die Klägerin die geltend gemachte Beihilfe nicht beanspruchen. Da jeder Beihilfeantrag regelmäßig ein neues, in sich abgeschlossenes Verwaltungsverfahren eröffnet, begründet eine frühere Bewilligung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keinen Anspruch auf entsprechende zukünftige Entscheidungen. Insbesondere kann der Gewährung einer Beihilfe zu einer bereits erfolgten Aufwendung für sich allein regelmäßig nicht die Zusage der gewährenden Behörde entnommen werden, sie werde auch zukünftig in gleicher Weise entscheiden. Maßgebend ist vielmehr die objektive Sach- und Rechtslage, wie sie sich für den jeweiligen Bewilligungszeitraum darstellt. Wenn ein Beamter insoweit Handlungssicherheit haben möchte, muss er eine ausdrückliche Klärung der Beihilfefähigkeit bestimmter Aufwendungen herbeiführen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 536,56 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. September 2008 - 12 K 3408/07 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für chinesische Phytotherapeutika.
Der Kläger ist Beamter im Landesdienst des Beklagten und für seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Seine Ehefrau leidet an multiplen Erkrankungen, die mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ärztlich behandelt werden. Auf Veranlassung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung (im Folgenden: Landesamt) erstattete das Gesundheitsamt bei dem Landratsamt E. am 08.12.2005 ein amtsärztliches Gutachten zur Frage der Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung der Ehefrau des Klägers mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin. Der Amtsarzt diagnostizierte bei der Ehefrau unter anderem eine rheumatoide Arthritis im Anschluss an ein rheumatisches Fieber, Fibromyalgiesyndrom, Migräne mit häufig lang anhaltenden Kopfschmerzanfällen und seit dem Jahre 2004 Bandscheibenvorfälle im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule; sie sei ein halbes Jahr auf den Rollstuhl angewiesen gewesen, habe Morphinpräparate eingenommen und sich schließlich einer Operation unterziehen müssen. Nachdem die Behandlung mit Antirheumatika und Analgetika keine Besserung gebracht habe, sei die Ehefrau des Klägers mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin behandelt worden, worauf die schulmedizinischen Medikamente mit ihren Nebenwirkungen, insbesondere auch die Morphinpräparate, hätten abgesetzt werden können. Bei der Traditionellen Chinesischen Medizin würden spezielle Pflanzenteile vom Arzt individuell zusammengestellt und dem jeweiligen Krankheitsstand angepasst; es handle sich dabei um apothekenpflichtige Arzneimittel. Aus ärztlicher Sicht könne „in diesem speziellen Fall die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin als notwendig und angemessen erachtet werden“.
In der Folgezeit erstattete das Landesamt die entsprechenden Aufwendungen des Klägers im Rahmen der Beihilfegewährung, zuletzt mit Beihilfebescheid vom 02.02.2007. Mit Schreiben vom 13.02.2007 teilte das Landesamt dem Kläger mit, dass künftig eine Erstattung von Aufwendungen für die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht mehr in Betracht komme.
Mit Formularantrag vom 09.03.2007 begehrte der Kläger unter anderem Beihilfe für die seiner Ehefrau ärztlich verordneten chinesischen Kräutermischungen in Höhe von insgesamt 262,69 EUR. Mit Bescheid vom 26.03.2007 lehnte das Landesamt diese mit dem Hinweis ab, Teemischungen seien keine beihilfefähigen Aufwendungen. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007 mit der Begründung zurück, Tees oder Teemischungen seien geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und könnten deshalb grundsätzlich nicht als beihilfefähig anerkannt werden.
Der Kläger hat am 18.05.2007 Klage bei dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm weitere Beihilfeleistungen in Höhe von 183,88 EUR zu gewähren sowie den Bescheid des Landesamts vom 26.03.2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die chinesischen Kräutermischungen seien geeignet, schwerste Medikamente zu ersetzen. Sie dienten nicht wie Kräutertees der Ernährung oder dem Genuss, sondern wirkten als Arzneimittel in fein abgestimmten Dosierungen und müssten nach ständiger Rücksprache mit den behandelnden Ärzten eingenommen werden. Die Präparate würden auch nicht wie Tee getrunken, sondern schluckweise über den Tag verteilt eingenommen.
Mit Urteil vom 10.09.2008 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter entsprechender Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in Höhe von 183,88 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, bei den ärztlich verordneten chinesischen Kräuteraufgüssen (sog. Dekokte) handle es sich um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts, welche nicht zugleich geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die Mittel dienten nach ihrer materiellen Zweckbestimmung der Heilung der diagnostizierten multiplen Erkrankungen. Unerheblich sei, dass die streitgegenständlichen Teemischungen in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen seien, da einer derartigen Zulassung lediglich eine Indizwirkung zukomme. Der Einsatz der chinesischen Heilkräutermischungen bei der schulmedizinisch austherapierten Ehefrau des Klägers habe nach ihrer Zweckbestimmung nicht der Ernährung oder der Nahrungsergänzung gedient; vielmehr seien sie hier aufgrund ärztlicher Verordnung und nach der gezielten Zusammenstellung als Arzneimittel zum Einsatz gelangt. Ferner sei ausnahmsweise die Behandlung mit chinesischen Heilkräutern notwendig, obwohl es sich um eine wissenschaftlich bislang nicht anerkannte Heilmethode handle. Der Umstand, dass die Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht bereits nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 1.5 und 1.5.1 der Anlage zur BVO von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien, führe nicht dazu, dass die Notwendigkeit ohne weiteres bejaht werden müsse. Vielmehr habe die Beihilfestelle in einer derartigen Fallgestaltung über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung zu entscheiden, wozu sie begründete medizinische Gutachten einholen könne. Ausweislich des überzeugenden amtsärztlichen Gutachtens vom 08.12.2005 sei die zuvor durchgeführte schulmedizinische Behandlung der Ehefrau des Klägers mit Antirheumatika und Analgetika nicht erfolgreich verlaufen. Der Amtsarzt habe deshalb in diesem speziellen Fall die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin als notwendig und angemessen erachtet. Die Beihilfestelle sei nicht berechtigt, sich ohne tragfähige Gründe in Widerspruch zu dem amtsärztlichen Gutachten zu setzen und für die Zukunft die Erstattung der Aufwendungen auszuschließen.
Mit Beschluss vom 18.12.2008 - dem Landesamt zugestellt am 12.01.2009 - hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zugelassen. Mit einem am 19.01.2009 eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte die Berufung begründet und vorgetragen, das Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Ehefrau des Klägers verordneten Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin bejaht. Derartige Mittel stellten bereits keine Arzneimittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO dar, da ihnen die hierzu erforderliche allgemeine wissenschaftliche Anerkennung fehle. Für die Arzneimitteleigenschaft im Sinne des Beihilferechts sei auf den materiellen Zweckcharakter eines Mittels und damit darauf abzustellen, ob von ihm nach objektiven Maßstäben eine therapeutische Wirkung zu erwarten sei. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, ob die Therapie wissenschaftlich allgemein anerkannt werde oder ob eine solche Anerkennung zumindest zu erwarten sei. Die verordneten Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin könnten bei Anlegung dieses Maßstabs bereits nicht als Arzneimittel angesehen werden, denn wissenschaftliche Äußerungen über ihre Wirkungsweise lägen nicht vor. Unabhängig hiervon seien die verordneten Heilkräutermischungen geeignet, andere Tees und damit Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und deshalb gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nicht beihilfefähig. Schließlich sei die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin hier nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 BVO, da sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft aus ärztlicher Sicht nicht als erforderlich anzusehen sei. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung lasse sich Gegenteiliges nicht dem eingeholten amtsärztlichen Gutachten des Landratsamts E. vom 08.12.2005 entnehmen. Denn der begutachtende Amtsarzt Dr. B. habe gerade nicht attestiert, „dass vorliegend der Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin unbedingt notwendig ist“; vielmehr gehe er davon aus, „dass die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin als notwendig erachtet werden kann“. Ferner betreffe das amtsärztliche Gutachten vom 08.12.2005 nicht die dem streitgegenständlichen Beihilfeantrag vom 09.03.2007 zugrundeliegenden Aufwendungen, sondern sei für einen früheren Leistungsantrag eingeholt worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. September 2008 - 12 K 3408/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil, indem er auf sein Vorbringen im Zulassungsverfahren verweist. Fehl gehe die Erwägung des Beklagten, wonach Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin mangels Anerkennung im medizinischen Schrifttum nicht als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts aufgefasst werden könnten. Das Landesamt übersehe dabei, dass es eine große Anzahl von Fachpublikationen zu diesem Thema gebe. Es handle sich nicht um Mittel der chinesischen Volksmedizin, sondern um Arzneimittel der traditionellen chinesischen Schulmedizin, deren Anwendung an Universitäten nicht nur in China, sondern zunehmend auch in Europa gelehrt und erforscht werde. Gerade auch in Deutschland seien in letzter Zeit klinische Einrichtungen und Universitätslehrstühle zur Erforschung der Traditionellen Chinesischen Medizin eingerichtet worden; auch werde sie von einer großen und weiter wachsenden Zahl von schulmedizinisch ausgebildeten Ärzten ambulant und in beihilfefähigen Kliniken mit Erfolg praktiziert. Der Beklagte verkenne im Übrigen, dass ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit der Traditionellen Chinesischen Medizin mangels Reproduzierbarkeit von Ergebnissen unter gleichen Voraussetzungen nicht im herkömmlichen naturwissenschaftlichen Sinne erbracht werden könne. Vielmehr könne der Wirksamkeitsnachweis - ähnlich wie bei der Homöopathie - nur durch exakte Dokumentationen und Erfahrungsberichte nachgewiesen werden, welche in großer Zahl existierten. Entgegen der Darstellung des Beklagten seien die verordneten Arzneimittel nicht als Güter des täglichen Bedarfs anzusehen. Denn es handle sich um hoch wirksame und teilweise stark toxische Arzneimittel, die bei gesunden Menschen zu schwerwiegenden Reaktionen wie etwa einer Thrombose sowie Herzrhythmusstörungen und Schwindelgefühlen führen könnten. Chinesische Arzneimittel dürften deshalb keinesfalls mit harmlosen Kräutertees verwechselt werden und könnten weder als Nahrungsergänzungsmittel noch als Mittel zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs eingesetzt werden. Was die Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung im Einzelfall angehe, müsse sich der Beklagte an dem von ihm eingeholten amtsärztlichen Gutachten festhalten lassen. Das Landesamt habe selbst in seiner Gutachtensanforderung vom 02.11.2005 darauf hingewiesen, dass ohne amtsärztliches Gutachten die Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht als beihilfefähig anerkannt werden könnten. Entgegen der Argumentation des Beklagten habe der Amtsarzt die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin für medizinisch notwendig erachtet; die von ihm verwendeten Formulierungen - insbesondere das Wort „kann“ - müssten im Textzusammenhang gesehen werden und dürften nicht isoliert für die Ansicht des Landesamtes herangezogen werden.
13 
Der Berichterstatter des Senats hat die nunmehr zuständige sachbearbeitende Amtsärztin bei dem Gesundheitsamt E. telefonisch am 20.05.2010 ergänzend zu den im amtsärztlichen Gutachten vom 08.12.2005 verwendeten Formulierungen und zur medizinischen Notwendigkeit der durchgeführten Behandlung befragt. Auf den den Beteiligten bekanntgegebenen und in der mündlichen Verhandlung erörterten Aktenvermerk vom 20.05.2010 (AS 109 f. der Senatsakte) wird verwiesen.
14 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Landesamts vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben; die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die Behandlung seiner Ehefrau mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin.
16 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Dezember 2006 bis Februar 2007) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17 m.w.N.). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.) sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BVO). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen unter anderem für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
17 
Bei den der Ehefrau des Klägers ärztlich verordneten chinesischen Kräuterdekokten handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts (dazu unter 1); auch sind die Kräutermischungen nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (dazu unter 2). Schließlich ist die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin hier auch notwendig und angemessen (dazu unter 3). Zwar handelt es sich um eine derzeit noch nicht wissenschaftlich allgemein anerkannte Heilmethode (3.1). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall vor, in welchem der Dienstherr aus Fürsorgegesichtspunkten zur Erstattung der Kosten für eine nicht allgemein anerkannte Methode verpflichtet ist (3.2).
18 
1. Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum Folgenden grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 -, PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.02.2010 - 13 S 2696/09 -, juris). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
19 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Unter den Stoffbegriff im Arzneimittelgesetz fallen unter anderem neben chemischen Elementen und Verbindungen und deren Gemischen sowie Lösungen auch Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenbestandteile, Algen, Pilze und Flechten in bearbeitetem und unbearbeitetem Zustand (§ 3 Nr. 2 AMG). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Dies sind nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (d.h. im Sinne der Terminologie des bislang geltenden Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes „verzehrt“ werden); nicht zu den Lebensmitteln gehören danach jedoch Arzneimittel (Art. 2 Abs. 2 d der Verordnung (EG) Nr. 178/2002). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, juris).
20 
Der Umstand, dass die aus chinesischen Heilkräutern gewonnenen Präparate weder als Arzneimittel registriert sind noch in einer solchen Liste aufgeführt werden, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter im beihilferechtlichen Sinne fehlt. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass die genannten Listen jeweils spezielle Zielrichtungen haben (Fertigarzneimittel, homöopathische Liste, Neuheiten etc.) und an der tradierten westlichen Schulmedizin ausgerichtet sind. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die hier in Rede stehenden chinesischen Heilkräuterpräparate scheidet schon deshalb aus, weil es sich um auf Individualrezept vom Pharmazeuten hergestellte Arzneimittel und damit nicht um Fertigarzneimittel gemäß § 4 Abs. 1 AMG handelt; § 21 Abs. 1 AMG sieht eine Zulassungspflicht jedoch lediglich für Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG vor. Zum anderen ist nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; Urteil des Senats vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
21 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung setzt der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff darüber hinaus nicht voraus, dass die Therapie wissenschaftlich anerkannt ist oder eine solche Anerkennung zumindest zu erwarten ist. Der auf den materiellen Zweckcharakter eines Präparats abstellende beihilferechtliche Arzneimittelbegriff zwingt nicht dazu, bereits auf dieser Ebene Fragen der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung oder Ausnahmen hiervon zu behandeln. Die Systematik der Beihilfeverordnung spricht vielmehr dafür, diese Frage allein und abschließend im Rahmen der Notwendigkeit bzw. Angemessenheit der Aufwendungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu prüfen. Gegenteiliges kann nicht dem von der Berufung herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.1996 (- 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314) entnommen werden, da sich diese Entscheidung zu der hier in Rede stehenden Problematik der wissenschaftlichen Anerkennung nicht verhält, sondern lediglich klarstellt, dass dem beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff lediglich Mittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper unterfallen. Eine weitergehende Erörterung dieser definitorischen Zuordnung ist freilich entbehrlich, weil sich die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen nach der Auffassung des Senats lediglich in anderem Zusammenhang stellen (dazu unter 3) und der materielle Prüfungsmaßstab jeweils der gleiche ist.
22 
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellen die der Ehefrau des Klägers von ihrem Arzt auf der Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin verordneten Dekokte aus Heilpflanzen Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne dar. Denn die in einer spezialisierten Apotheke nach der verordneten Rezeptur hergestellten Dekokte aus chinesischen Heilpflanzen und Heilpflanzenteilen sind zum einen vom Laien selbst nicht herzustellen und dienen zum anderen nach ihrer Zweckbestimmung der Heilung der bei der Ehefrau diagnostizierten multiplen Erkrankungen. Die Zweckbestimmung dieser Dekokte ist damit auch erkennbar auf die Heilung von Krankheiten gerichtet (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - juris; VG Schleswig, Urteil vom 29.01.2007 - 11 A 185/04 - juris). Diese Zweckbestimmung der verordneten Präparate steht zwischen den Beteiligten im Übrigen zu Recht auch nicht ernstlich im Streit.
23 
2. Die Kosten für die Heilkräuterdekokte gehören auch nicht zu den Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und bei denen die Beihilfefähigkeit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F. ausgeschlossen ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, also diese überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist; dies erfordert eine wertende Betrachtung, welche die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 - a.a.O.; sowie Beschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen. Vor diesem Hintergrund kann die Frage der Substitutionseignung letztlich nicht fallübergreifend und abstrakt für eine ganze Produktgruppe, sondern lediglich auf das im Einzelfall zur Anwendung gelangende Mittel und dessen pharmakologische Wirkungsweise bezogen beurteilt werden. Maßgeblich ist deshalb weder die Zubereitungsart der Dekokte bzw. Teeaufkochungen noch der subjektiv empfundene Geschmack. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um solche Heilteezubereitungen handelt, die im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr eingenommen werden und deshalb als Lebens- oder Genussmittel Verwendung finden können.
24 
Bei dieser Betrachtungsweise sind die hier in Rede stehenden Heildekokte nicht geeignet, klassischen Tee oder aus hergebrachten Kräutermischungen gewonnene Teezubereitungen zu ersetzen und im Rahmen der täglichen Lebensführung eingenommen zu werden. Dies ist nach den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der behandelnden Ärztin Dr. B. der Klinik am S. vom 13.07.2007 bzw. 21.11.2008 ohne Weiteres festzustellen. Wie die behandelnde Ärztin in sich schlüssig und nachvollziehbar darlegt, beinhalten die der Ehefrau des Klägers rezeptierten Pflanzenmischungen pharmakologisch hoch aktive und teilweise stark toxische Pflanzenbestandteile wie etwa Aconit (Eisenhut), welche bereits in geringer Dosis letale Wirkung haben können und die nur in speziell präparierter Weise bei strikter Mengenbegrenzung eingenommen werden dürfen. Aus medizinischer Sicht dürften diese Mittel daher nicht als Nahrungsergänzungsmittel oder zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs verwendet werden. Übereinstimmend hiermit würden die Kräutermischungen lediglich aus Gründen der besseren Verträglichkeit als Dekokte verabreicht und einzeln schluckweise eingenommen, obwohl an sich auch eine Verabreichung in Pillenform möglich wäre. Bei Berücksichtigung dieser Zusammensetzung der Präparate und deren Darreichung kann deshalb hier keine Rede davon sein, dass sie geeignet wären, hergebrachte Heilkräutertees im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr zu ersetzen.
25 
3. Im vorliegenden Fall zählen die Kosten für die chinesischen Heilkräutermischungen auch zu den im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendigen Aufwendungen. Nach dieser Bestimmung sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen dabei unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713; Urteil des Senats vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts Gegenteiliges. Denn diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom behandelnden Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall verwaltungsgerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind daher die vom Beklagten angestellten Erwägungen zu einem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum der Beihilfestelle verfehlt. Nach der vom Senat geteilten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Geeignetheit einer medizinischen Behandlung zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen; ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - a.a.O.; und vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801). Eine differenzierte Betrachtung ist freilich bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden geboten.
26 
3.1 Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich bei der von der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Gerichtshofs ist eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199).
27 
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob diese vom Bundesverwaltungsgericht für Heilbehandlungen entwickelten Grundsätze vollen Umfangs für die Frage gelten, ob beispielsweise ein von einem Arzt im Rahmen einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Heilmethode verschriebenes Arzneimittel mit zweifelhafter Wirkung beihilfefähig ist. Auf diese Frage kommt es hier nicht an. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Arzt eine Arznei im Rahmen einer nicht allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethode verschreibt, kann diese Arznei nur notwendig sein, wenn ausnahmsweise die angewendete Heilmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung beihilfefähig ist (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - a.a.O.). Wie sich vor allem auch den Darlegungen des Klägers entnehmen lässt, arbeitet die Traditionelle Chinesische Medizin nicht nach westlich geprägten wissenschaftlichen Maßstäben, sondern beruht auf einem hiervon abweichenden Grundverständnis von Erkrankungen und verwendet abweichende Diagnose- bzw. Therapieansätze. Für die Frage der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung kommt es jedoch darauf an, ob ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die im vorliegenden Fall maßgeblichen Krankheiten in der westlich geprägten Schulmedizin allgemein anerkannt ist. Für diesen Maßstab spricht in systematischer Hinsicht etwa die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F., wonach die Beihilfestelle bei ihrer Entscheidung über die Notwendigkeit von Aufwendungen ein begründetes medizinisches Gutachten einholen kann. Gemäß § 18 Abs. 5 BVO a.F. soll die Beihilfestelle hierzu regelmäßig ein ausreichend begründetes amtsärztliches Zeugnis des zuständigen Gesundheitsamtes einholen. Dies verdeutlicht, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers die Frage der Notwendigkeit der Aufwendungen und in diesem Zusammenhang auch der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung einer Behandlungsmethode nach schulmedizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ist, nicht jedoch auf medizinische Außenseiterstandpunkte abzuheben ist.
28 
Danach kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die traditionelle chinesische Medizin und die bei ihrer Anwendung verordneten Kräuterdekokte als allgemein wissenschaftlich anerkannt anzusehen sind. Fraglich ist bereits, ob im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum hinreichende Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Traditionellen Chinesischen Medizin hinsichtlich der hier wohl im Vordergrund stehenden Erkrankungen einer primär chronischen Polyarthritis bzw. der Fibromyalgie vorliegen. Hinweise hierfür lassen sich jedenfalls nicht dem umfangreichen Sachvortrag des Klägers bzw. der vorgelegten medizinischen Stellungnahme der Klinik am S. entnehmen. So beziehen sich die mit Schriftsatz des Klägers vom 15.12.2008 vorgelegten Literaturhinweise - soweit für den Senat zu beurteilen - zumindest überwiegend nicht auf die hier in Rede stehenden Krankheitsbilder. Auch die im Schreiben der Klinik vom 23.11.2005 (AS. 57 der Behördenakte) erwähnten wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweise dürften andere Krankheiten als die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten betreffen. Übereinstimmend hiermit geht die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die traditionelle chinesische Medizin mittels Heilkräutertherapie derzeit nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt ist (vgl. mit weiteren Nachweisen OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - a.a.O.).
29 
3.2 Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlungsmethode nicht dazu, dass ein Anspruch auf Beihilfegewährung von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussregelung getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer Außenseitermethode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung dann, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht.
30 
a) Die maßgeblichen Beihilfevorschriften enthalten, anders als etwa die Nordrhein-Westfälische Beihilfeverordnung (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 - ZBR 2009, 270) oder etwa das Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - zu § 30 Abs. 4 der Satzung a.F.), keine explizite Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Jedoch sieht § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. (entsprechend § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes - BhV a.F.) vor, dass das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ganz ausschließen kann. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht, ist eine solche konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin begrenzen oder ausschließen würde, weder ausdrücklich in der Anlage zur Beihilfeverordnung noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Entscheidungen des Bundesministers des Inneren in den Hinweisen 1 und 2 zu § 6 Abs. 2 BhV getroffen worden.
31 
Der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. getroffenen Regelung kommt jedoch in systematischer Hinsicht für die Lösung der hier vorliegenden Problematik maßgebliche Bedeutung zu. Denn sowohl dem Wortlaut als auch der systematischen Stellung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lässt sich unzweideutig entnehmen, dass es nach der Vorstellung des Verordnungsgebers grundsätzlich Fallkonstellationen geben kann, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung einer Behandlungsmethode besteht. Für eine normausfüllende bzw. normkonkretisierende (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen Urteil des Senats vom 28.01.2010 - 10 S 2582/08 - juris) Entscheidung des Finanzministeriums bliebe kein Raum, wenn die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode in jedem Fall Grundvoraussetzung für die Beihilfegewährung wäre. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. zeigt, dass der Normgeber der Beihilfeverordnung selbst Fallkonstellationen für denkbar und regelungsbedürftig hält, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung besteht. Bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ist deshalb ein Anspruch auf Beihilfe nur dann von vornherein - vorbehaltlich der vom Bundesverwaltungsgericht auch für solche Fallkonstellationen aufgestellten Ausnahmen (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436) - ausgeschlossen, wenn das Finanzministerium auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO eine wirksame Ausschlussregelung getroffen hat. Diese Überlegungen verdeutlichen zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.06.1995 (2 C 15.94 - a.a.O.) für die Überprüfung von Ausschlussentscheidungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. entwickelten Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden können.
32 
b) Im Ausgangspunkt zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. regelmäßig nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Die Beihilfegewährung gründet daher auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb nicht ohne Belang, ob die von ihm (mit)finanzierte Behandlung Erfolg verspricht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.). Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern eine Begrenzung der Beihilfe auf Erfolg versprechende Heilbehandlungen zulässt, ist im Übrigen schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1960 - 5 AZR 438/59 - AP 1961 BeihilfenGR Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 - Buchholz 238.91 Nr. 2). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lediglich ausgestaltet und präzisiert wird. Auch ohne eine förmliche Ausschlussentscheidung des Landesfinanzministeriums auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. ist deshalb von der Beihilfestelle im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu treffenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung primär zu prüfen, ob diese allgemein wissenschaftlich anerkannt ist.
33 
c) Nach dem oben Dargelegten ist bei Nichtvorliegen einer förmlichen Ausschlussentscheidung und fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung der durchgeführten Behandlungsmethode ein Beihilfeanspruch jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr ist in einer derartigen Fallgestaltung § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO a.F. anzuwenden mit der Folge, dass die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung einzutreten und festzustellen hat, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode besteht (vgl. so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139 -; der Sache nach auch Urteil vom 17.12.2009 - 4 S 3040/07 -; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 33.2 zu § 6 BhV). In diesem Zusammenhang kommt der von § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F. vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu. Das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, eine Beihilfe zu „dem Grunde nach“ notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z. B. unbekannter Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z. B. wegen einer Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. so auch BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - a.a.O.).
34 
d) Auch bei Anlegung dieses strengen Maßstabs liegen im Fall der Ehefrau des Klägers die Voraussetzungen vor, unter denen ein verantwortungsbewusster Arzt ausnahmsweise zu sog. „Außenseitermethoden“ bzw. einem individuellen Heilversuch greifen wird. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass jedenfalls für die primär chronische Polyarthritis - wohl jedoch nicht für die ebenfalls schwerwiegende Fibromyalgie - schulmedizinische Behandlungsmethoden grundsätzlich zur Verfügung stehen. Denn nach den umfangreichen vom Kläger vorgelegten medizinischen Stellungnahmen steht fest, dass seine Ehefrau sich bereits ausreichend schulmedizinisch hat behandeln lassen und es ihr nicht zuzumuten war, weitere Versuche mit wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden zu unternehmen, bevor sie auf die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin ausgewichen ist. Insbesondere der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme der behandelnden Ärztin der Klinik Am S. vom 13.07.2007 lässt sich entnehmen, dass die Ehefrau des Klägers über einen längeren Zeitraum weitgehend erfolglos mit schulmedizinischen Methoden behandelt wurde bzw. die gegen die chronische Polyarthritis eingesetzten schulmedizinischen Medikamente derart starke Nebenwirkungen aufgewiesen haben, dass ihr eine Behandlung damit nicht mehr zuzumuten war.
35 
Von einem Fehlschlagen der schulmedizinischen Behandlungsversuche geht auch der Amtsarzt bei dem Gesundheitsamt des Landratsamts E. in seinem Gutachten vom 08.12.2005 aus. Der Amtsarzt gelangte aufgrund eigener Untersuchung der Ehefrau des Klägers und in Kenntnis der Behandlungsunterlagen zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Einzelfall die Behandlung mit der wissenschaftlich nicht anerkannten Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin ausnahmsweise notwendig und angemessen ist. Die vom Beklagten gegen diese amtsärztliche Beurteilung erhobenen Einwände vermag der Senat nicht zu teilen. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, stellte die nunmehr sachbearbeitende Amtsärztin in einem Telefongespräch mit dem Berichterstatter am 20.05.2010 klar, dass nach dem ständigen Sprachgebrauch bei dem Gesundheitsamt E. die von ihrem Vorgänger verwendete Formulierung („die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin kann als notwendig und angemessen erachtet werden“) eindeutig nicht im vom Beklagten favorisierten relativierenden Sinne zu verstehen ist. Wie die Amtsärztin nachvollziehbar und für den Senat überzeugend in dem Telefongespräch darlegte, bezieht sich diese Formulierung nicht etwa auf das Maß der amtsärztlichen Überzeugung, sondern soll lediglich zum Ausdruck bringen, dass ein Amtsarzt naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit beurteilen kann, ob noch weitere schulmedizinische Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Jedoch konnte auch die nunmehr zuständige Amtsärztin nach Durchsicht der vorhandenen Unterlagen bestätigen, dass jedenfalls sämtliche gängigen antirheumatischen Behandlungsmittel von der Ehefrau des Klägers erfolglos angewendet wurden.
36 
Im Ansatz zu Recht weist der Beklagte freilich darauf hin, dass sich das amtsärztliche Gutachten auf den Gesundheitszustand im Dezember 2005 bezog, während hier Beihilfeleistungen für Aufwendungen im Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 in Rede stehen. Den vom Kläger vorgelegten Behandlungsberichten der Klinik Am S. vom 13.07.2007 und 21.11.2008 lässt sich jedoch eindeutig entnehmen, dass sich unter der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin zwar die Beschwerden der Ehefrau des Klägers nachhaltig gebessert haben, die Fortsetzung der Behandlung jedoch auch zum maßgeblichen Leistungszeitraum medizinisch unzweideutig indiziert war. Eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustandes und der Notwendigkeit der Behandlung zum maßgeblichen Leistungszeitraum war vor allem deshalb nicht geboten, weil die Amtsärztin - wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert - eine ergänzende Begutachtung wegen des nunmehr abgelaufenen Zeitraumes für zu spekulativ und deshalb aus medizinischen Gründen nicht angemessen hält. Auch für den Senat ist vor diesem Hintergrund ohne Weiteres nachzuvollziehen, dass ein Amtsarzt selbst bei Auswertung der vorhandenen Behandlungsunterlagen keine Begutachtung für einen mehrere Jahre zurückliegenden Leistungszeitraum vornehmen kann.
37 
Unabhängig davon, dass dem geltenden Beihilferecht eine Erfolgsabhängigkeit fremd ist, hat der Amtsarzt im Übrigen bestätigt, dass die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin bei der Ehefrau des Klägers sich als wirksam erwiesen habe und deshalb ein Verzicht auf teurere schulmedizinische Medikamente möglich gewesen sei. Danach ist es - wenn nicht sogar geboten - jedenfalls aber nicht zu beanstanden, wenn ein verantwortungsbewusster Arzt an dieser Behandlungsmethode - die das Landesamt hier im Übrigen in der Vergangenheit mit Beihilfeleistungen gefördert hat - festhält.
38 
e) Unerheblich ist deshalb für die vorliegende Fallgestaltung, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht für eine wissenschaftliche Anerkennung der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin für die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten Krankheiten besteht.
39 
Eine solche Aussicht erscheint im Übrigen nicht ausgeschlossen, da nach dem zutreffenden Sachvortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 15.12.2008 die Traditionelle Chinesische Medizin bereits an zahlreichen deutschen medizinischen Fakultäten angewendet wird und in diesem Rahmen auch klinische Wirksamkeitsuntersuchungen durchgeführt werden. Ferner bestehen intensive Kooperationen von die traditionelle chinesische Medizin anwendenden niedergelassenen Ärzten und stationären klinischen Einrichtungen mit medizinischen Hochschulen, die ebenfalls eine wissenschaftliche Evaluierung der Methode zum Ziel haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, dass bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die attestieren, dass die Behandlungsmethode zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet ist und wirksam eingesetzt werden kann.
40 
Nach alldem war die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
43 
Beschluss vom 26. Juli 2010
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 183,88 EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben; die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die Behandlung seiner Ehefrau mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin.
16 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Dezember 2006 bis Februar 2007) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17 m.w.N.). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.) sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BVO). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen unter anderem für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
17 
Bei den der Ehefrau des Klägers ärztlich verordneten chinesischen Kräuterdekokten handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts (dazu unter 1); auch sind die Kräutermischungen nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (dazu unter 2). Schließlich ist die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin hier auch notwendig und angemessen (dazu unter 3). Zwar handelt es sich um eine derzeit noch nicht wissenschaftlich allgemein anerkannte Heilmethode (3.1). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall vor, in welchem der Dienstherr aus Fürsorgegesichtspunkten zur Erstattung der Kosten für eine nicht allgemein anerkannte Methode verpflichtet ist (3.2).
18 
1. Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum Folgenden grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 -, PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.02.2010 - 13 S 2696/09 -, juris). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
19 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Unter den Stoffbegriff im Arzneimittelgesetz fallen unter anderem neben chemischen Elementen und Verbindungen und deren Gemischen sowie Lösungen auch Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenbestandteile, Algen, Pilze und Flechten in bearbeitetem und unbearbeitetem Zustand (§ 3 Nr. 2 AMG). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Dies sind nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (d.h. im Sinne der Terminologie des bislang geltenden Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes „verzehrt“ werden); nicht zu den Lebensmitteln gehören danach jedoch Arzneimittel (Art. 2 Abs. 2 d der Verordnung (EG) Nr. 178/2002). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, juris).
20 
Der Umstand, dass die aus chinesischen Heilkräutern gewonnenen Präparate weder als Arzneimittel registriert sind noch in einer solchen Liste aufgeführt werden, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter im beihilferechtlichen Sinne fehlt. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass die genannten Listen jeweils spezielle Zielrichtungen haben (Fertigarzneimittel, homöopathische Liste, Neuheiten etc.) und an der tradierten westlichen Schulmedizin ausgerichtet sind. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die hier in Rede stehenden chinesischen Heilkräuterpräparate scheidet schon deshalb aus, weil es sich um auf Individualrezept vom Pharmazeuten hergestellte Arzneimittel und damit nicht um Fertigarzneimittel gemäß § 4 Abs. 1 AMG handelt; § 21 Abs. 1 AMG sieht eine Zulassungspflicht jedoch lediglich für Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG vor. Zum anderen ist nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; Urteil des Senats vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
21 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung setzt der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff darüber hinaus nicht voraus, dass die Therapie wissenschaftlich anerkannt ist oder eine solche Anerkennung zumindest zu erwarten ist. Der auf den materiellen Zweckcharakter eines Präparats abstellende beihilferechtliche Arzneimittelbegriff zwingt nicht dazu, bereits auf dieser Ebene Fragen der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung oder Ausnahmen hiervon zu behandeln. Die Systematik der Beihilfeverordnung spricht vielmehr dafür, diese Frage allein und abschließend im Rahmen der Notwendigkeit bzw. Angemessenheit der Aufwendungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu prüfen. Gegenteiliges kann nicht dem von der Berufung herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.1996 (- 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314) entnommen werden, da sich diese Entscheidung zu der hier in Rede stehenden Problematik der wissenschaftlichen Anerkennung nicht verhält, sondern lediglich klarstellt, dass dem beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff lediglich Mittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper unterfallen. Eine weitergehende Erörterung dieser definitorischen Zuordnung ist freilich entbehrlich, weil sich die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen nach der Auffassung des Senats lediglich in anderem Zusammenhang stellen (dazu unter 3) und der materielle Prüfungsmaßstab jeweils der gleiche ist.
22 
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellen die der Ehefrau des Klägers von ihrem Arzt auf der Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin verordneten Dekokte aus Heilpflanzen Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne dar. Denn die in einer spezialisierten Apotheke nach der verordneten Rezeptur hergestellten Dekokte aus chinesischen Heilpflanzen und Heilpflanzenteilen sind zum einen vom Laien selbst nicht herzustellen und dienen zum anderen nach ihrer Zweckbestimmung der Heilung der bei der Ehefrau diagnostizierten multiplen Erkrankungen. Die Zweckbestimmung dieser Dekokte ist damit auch erkennbar auf die Heilung von Krankheiten gerichtet (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - juris; VG Schleswig, Urteil vom 29.01.2007 - 11 A 185/04 - juris). Diese Zweckbestimmung der verordneten Präparate steht zwischen den Beteiligten im Übrigen zu Recht auch nicht ernstlich im Streit.
23 
2. Die Kosten für die Heilkräuterdekokte gehören auch nicht zu den Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und bei denen die Beihilfefähigkeit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F. ausgeschlossen ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, also diese überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist; dies erfordert eine wertende Betrachtung, welche die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 - a.a.O.; sowie Beschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen. Vor diesem Hintergrund kann die Frage der Substitutionseignung letztlich nicht fallübergreifend und abstrakt für eine ganze Produktgruppe, sondern lediglich auf das im Einzelfall zur Anwendung gelangende Mittel und dessen pharmakologische Wirkungsweise bezogen beurteilt werden. Maßgeblich ist deshalb weder die Zubereitungsart der Dekokte bzw. Teeaufkochungen noch der subjektiv empfundene Geschmack. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um solche Heilteezubereitungen handelt, die im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr eingenommen werden und deshalb als Lebens- oder Genussmittel Verwendung finden können.
24 
Bei dieser Betrachtungsweise sind die hier in Rede stehenden Heildekokte nicht geeignet, klassischen Tee oder aus hergebrachten Kräutermischungen gewonnene Teezubereitungen zu ersetzen und im Rahmen der täglichen Lebensführung eingenommen zu werden. Dies ist nach den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der behandelnden Ärztin Dr. B. der Klinik am S. vom 13.07.2007 bzw. 21.11.2008 ohne Weiteres festzustellen. Wie die behandelnde Ärztin in sich schlüssig und nachvollziehbar darlegt, beinhalten die der Ehefrau des Klägers rezeptierten Pflanzenmischungen pharmakologisch hoch aktive und teilweise stark toxische Pflanzenbestandteile wie etwa Aconit (Eisenhut), welche bereits in geringer Dosis letale Wirkung haben können und die nur in speziell präparierter Weise bei strikter Mengenbegrenzung eingenommen werden dürfen. Aus medizinischer Sicht dürften diese Mittel daher nicht als Nahrungsergänzungsmittel oder zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs verwendet werden. Übereinstimmend hiermit würden die Kräutermischungen lediglich aus Gründen der besseren Verträglichkeit als Dekokte verabreicht und einzeln schluckweise eingenommen, obwohl an sich auch eine Verabreichung in Pillenform möglich wäre. Bei Berücksichtigung dieser Zusammensetzung der Präparate und deren Darreichung kann deshalb hier keine Rede davon sein, dass sie geeignet wären, hergebrachte Heilkräutertees im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr zu ersetzen.
25 
3. Im vorliegenden Fall zählen die Kosten für die chinesischen Heilkräutermischungen auch zu den im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendigen Aufwendungen. Nach dieser Bestimmung sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen dabei unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713; Urteil des Senats vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts Gegenteiliges. Denn diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom behandelnden Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall verwaltungsgerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind daher die vom Beklagten angestellten Erwägungen zu einem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum der Beihilfestelle verfehlt. Nach der vom Senat geteilten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Geeignetheit einer medizinischen Behandlung zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen; ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - a.a.O.; und vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801). Eine differenzierte Betrachtung ist freilich bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden geboten.
26 
3.1 Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich bei der von der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Gerichtshofs ist eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199).
27 
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob diese vom Bundesverwaltungsgericht für Heilbehandlungen entwickelten Grundsätze vollen Umfangs für die Frage gelten, ob beispielsweise ein von einem Arzt im Rahmen einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Heilmethode verschriebenes Arzneimittel mit zweifelhafter Wirkung beihilfefähig ist. Auf diese Frage kommt es hier nicht an. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Arzt eine Arznei im Rahmen einer nicht allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethode verschreibt, kann diese Arznei nur notwendig sein, wenn ausnahmsweise die angewendete Heilmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung beihilfefähig ist (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - a.a.O.). Wie sich vor allem auch den Darlegungen des Klägers entnehmen lässt, arbeitet die Traditionelle Chinesische Medizin nicht nach westlich geprägten wissenschaftlichen Maßstäben, sondern beruht auf einem hiervon abweichenden Grundverständnis von Erkrankungen und verwendet abweichende Diagnose- bzw. Therapieansätze. Für die Frage der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung kommt es jedoch darauf an, ob ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die im vorliegenden Fall maßgeblichen Krankheiten in der westlich geprägten Schulmedizin allgemein anerkannt ist. Für diesen Maßstab spricht in systematischer Hinsicht etwa die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F., wonach die Beihilfestelle bei ihrer Entscheidung über die Notwendigkeit von Aufwendungen ein begründetes medizinisches Gutachten einholen kann. Gemäß § 18 Abs. 5 BVO a.F. soll die Beihilfestelle hierzu regelmäßig ein ausreichend begründetes amtsärztliches Zeugnis des zuständigen Gesundheitsamtes einholen. Dies verdeutlicht, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers die Frage der Notwendigkeit der Aufwendungen und in diesem Zusammenhang auch der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung einer Behandlungsmethode nach schulmedizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ist, nicht jedoch auf medizinische Außenseiterstandpunkte abzuheben ist.
28 
Danach kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die traditionelle chinesische Medizin und die bei ihrer Anwendung verordneten Kräuterdekokte als allgemein wissenschaftlich anerkannt anzusehen sind. Fraglich ist bereits, ob im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum hinreichende Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Traditionellen Chinesischen Medizin hinsichtlich der hier wohl im Vordergrund stehenden Erkrankungen einer primär chronischen Polyarthritis bzw. der Fibromyalgie vorliegen. Hinweise hierfür lassen sich jedenfalls nicht dem umfangreichen Sachvortrag des Klägers bzw. der vorgelegten medizinischen Stellungnahme der Klinik am S. entnehmen. So beziehen sich die mit Schriftsatz des Klägers vom 15.12.2008 vorgelegten Literaturhinweise - soweit für den Senat zu beurteilen - zumindest überwiegend nicht auf die hier in Rede stehenden Krankheitsbilder. Auch die im Schreiben der Klinik vom 23.11.2005 (AS. 57 der Behördenakte) erwähnten wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweise dürften andere Krankheiten als die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten betreffen. Übereinstimmend hiermit geht die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die traditionelle chinesische Medizin mittels Heilkräutertherapie derzeit nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt ist (vgl. mit weiteren Nachweisen OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - a.a.O.).
29 
3.2 Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlungsmethode nicht dazu, dass ein Anspruch auf Beihilfegewährung von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussregelung getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer Außenseitermethode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung dann, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht.
30 
a) Die maßgeblichen Beihilfevorschriften enthalten, anders als etwa die Nordrhein-Westfälische Beihilfeverordnung (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 - ZBR 2009, 270) oder etwa das Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - zu § 30 Abs. 4 der Satzung a.F.), keine explizite Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Jedoch sieht § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. (entsprechend § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes - BhV a.F.) vor, dass das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ganz ausschließen kann. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht, ist eine solche konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin begrenzen oder ausschließen würde, weder ausdrücklich in der Anlage zur Beihilfeverordnung noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Entscheidungen des Bundesministers des Inneren in den Hinweisen 1 und 2 zu § 6 Abs. 2 BhV getroffen worden.
31 
Der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. getroffenen Regelung kommt jedoch in systematischer Hinsicht für die Lösung der hier vorliegenden Problematik maßgebliche Bedeutung zu. Denn sowohl dem Wortlaut als auch der systematischen Stellung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lässt sich unzweideutig entnehmen, dass es nach der Vorstellung des Verordnungsgebers grundsätzlich Fallkonstellationen geben kann, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung einer Behandlungsmethode besteht. Für eine normausfüllende bzw. normkonkretisierende (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen Urteil des Senats vom 28.01.2010 - 10 S 2582/08 - juris) Entscheidung des Finanzministeriums bliebe kein Raum, wenn die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode in jedem Fall Grundvoraussetzung für die Beihilfegewährung wäre. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. zeigt, dass der Normgeber der Beihilfeverordnung selbst Fallkonstellationen für denkbar und regelungsbedürftig hält, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung besteht. Bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ist deshalb ein Anspruch auf Beihilfe nur dann von vornherein - vorbehaltlich der vom Bundesverwaltungsgericht auch für solche Fallkonstellationen aufgestellten Ausnahmen (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436) - ausgeschlossen, wenn das Finanzministerium auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO eine wirksame Ausschlussregelung getroffen hat. Diese Überlegungen verdeutlichen zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.06.1995 (2 C 15.94 - a.a.O.) für die Überprüfung von Ausschlussentscheidungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. entwickelten Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden können.
32 
b) Im Ausgangspunkt zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. regelmäßig nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Die Beihilfegewährung gründet daher auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb nicht ohne Belang, ob die von ihm (mit)finanzierte Behandlung Erfolg verspricht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.). Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern eine Begrenzung der Beihilfe auf Erfolg versprechende Heilbehandlungen zulässt, ist im Übrigen schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1960 - 5 AZR 438/59 - AP 1961 BeihilfenGR Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 - Buchholz 238.91 Nr. 2). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lediglich ausgestaltet und präzisiert wird. Auch ohne eine förmliche Ausschlussentscheidung des Landesfinanzministeriums auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. ist deshalb von der Beihilfestelle im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu treffenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung primär zu prüfen, ob diese allgemein wissenschaftlich anerkannt ist.
33 
c) Nach dem oben Dargelegten ist bei Nichtvorliegen einer förmlichen Ausschlussentscheidung und fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung der durchgeführten Behandlungsmethode ein Beihilfeanspruch jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr ist in einer derartigen Fallgestaltung § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO a.F. anzuwenden mit der Folge, dass die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung einzutreten und festzustellen hat, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode besteht (vgl. so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139 -; der Sache nach auch Urteil vom 17.12.2009 - 4 S 3040/07 -; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 33.2 zu § 6 BhV). In diesem Zusammenhang kommt der von § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F. vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu. Das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, eine Beihilfe zu „dem Grunde nach“ notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z. B. unbekannter Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z. B. wegen einer Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. so auch BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - a.a.O.).
34 
d) Auch bei Anlegung dieses strengen Maßstabs liegen im Fall der Ehefrau des Klägers die Voraussetzungen vor, unter denen ein verantwortungsbewusster Arzt ausnahmsweise zu sog. „Außenseitermethoden“ bzw. einem individuellen Heilversuch greifen wird. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass jedenfalls für die primär chronische Polyarthritis - wohl jedoch nicht für die ebenfalls schwerwiegende Fibromyalgie - schulmedizinische Behandlungsmethoden grundsätzlich zur Verfügung stehen. Denn nach den umfangreichen vom Kläger vorgelegten medizinischen Stellungnahmen steht fest, dass seine Ehefrau sich bereits ausreichend schulmedizinisch hat behandeln lassen und es ihr nicht zuzumuten war, weitere Versuche mit wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden zu unternehmen, bevor sie auf die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin ausgewichen ist. Insbesondere der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme der behandelnden Ärztin der Klinik Am S. vom 13.07.2007 lässt sich entnehmen, dass die Ehefrau des Klägers über einen längeren Zeitraum weitgehend erfolglos mit schulmedizinischen Methoden behandelt wurde bzw. die gegen die chronische Polyarthritis eingesetzten schulmedizinischen Medikamente derart starke Nebenwirkungen aufgewiesen haben, dass ihr eine Behandlung damit nicht mehr zuzumuten war.
35 
Von einem Fehlschlagen der schulmedizinischen Behandlungsversuche geht auch der Amtsarzt bei dem Gesundheitsamt des Landratsamts E. in seinem Gutachten vom 08.12.2005 aus. Der Amtsarzt gelangte aufgrund eigener Untersuchung der Ehefrau des Klägers und in Kenntnis der Behandlungsunterlagen zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Einzelfall die Behandlung mit der wissenschaftlich nicht anerkannten Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin ausnahmsweise notwendig und angemessen ist. Die vom Beklagten gegen diese amtsärztliche Beurteilung erhobenen Einwände vermag der Senat nicht zu teilen. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, stellte die nunmehr sachbearbeitende Amtsärztin in einem Telefongespräch mit dem Berichterstatter am 20.05.2010 klar, dass nach dem ständigen Sprachgebrauch bei dem Gesundheitsamt E. die von ihrem Vorgänger verwendete Formulierung („die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin kann als notwendig und angemessen erachtet werden“) eindeutig nicht im vom Beklagten favorisierten relativierenden Sinne zu verstehen ist. Wie die Amtsärztin nachvollziehbar und für den Senat überzeugend in dem Telefongespräch darlegte, bezieht sich diese Formulierung nicht etwa auf das Maß der amtsärztlichen Überzeugung, sondern soll lediglich zum Ausdruck bringen, dass ein Amtsarzt naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit beurteilen kann, ob noch weitere schulmedizinische Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Jedoch konnte auch die nunmehr zuständige Amtsärztin nach Durchsicht der vorhandenen Unterlagen bestätigen, dass jedenfalls sämtliche gängigen antirheumatischen Behandlungsmittel von der Ehefrau des Klägers erfolglos angewendet wurden.
36 
Im Ansatz zu Recht weist der Beklagte freilich darauf hin, dass sich das amtsärztliche Gutachten auf den Gesundheitszustand im Dezember 2005 bezog, während hier Beihilfeleistungen für Aufwendungen im Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 in Rede stehen. Den vom Kläger vorgelegten Behandlungsberichten der Klinik Am S. vom 13.07.2007 und 21.11.2008 lässt sich jedoch eindeutig entnehmen, dass sich unter der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin zwar die Beschwerden der Ehefrau des Klägers nachhaltig gebessert haben, die Fortsetzung der Behandlung jedoch auch zum maßgeblichen Leistungszeitraum medizinisch unzweideutig indiziert war. Eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustandes und der Notwendigkeit der Behandlung zum maßgeblichen Leistungszeitraum war vor allem deshalb nicht geboten, weil die Amtsärztin - wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert - eine ergänzende Begutachtung wegen des nunmehr abgelaufenen Zeitraumes für zu spekulativ und deshalb aus medizinischen Gründen nicht angemessen hält. Auch für den Senat ist vor diesem Hintergrund ohne Weiteres nachzuvollziehen, dass ein Amtsarzt selbst bei Auswertung der vorhandenen Behandlungsunterlagen keine Begutachtung für einen mehrere Jahre zurückliegenden Leistungszeitraum vornehmen kann.
37 
Unabhängig davon, dass dem geltenden Beihilferecht eine Erfolgsabhängigkeit fremd ist, hat der Amtsarzt im Übrigen bestätigt, dass die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin bei der Ehefrau des Klägers sich als wirksam erwiesen habe und deshalb ein Verzicht auf teurere schulmedizinische Medikamente möglich gewesen sei. Danach ist es - wenn nicht sogar geboten - jedenfalls aber nicht zu beanstanden, wenn ein verantwortungsbewusster Arzt an dieser Behandlungsmethode - die das Landesamt hier im Übrigen in der Vergangenheit mit Beihilfeleistungen gefördert hat - festhält.
38 
e) Unerheblich ist deshalb für die vorliegende Fallgestaltung, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht für eine wissenschaftliche Anerkennung der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin für die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten Krankheiten besteht.
39 
Eine solche Aussicht erscheint im Übrigen nicht ausgeschlossen, da nach dem zutreffenden Sachvortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 15.12.2008 die Traditionelle Chinesische Medizin bereits an zahlreichen deutschen medizinischen Fakultäten angewendet wird und in diesem Rahmen auch klinische Wirksamkeitsuntersuchungen durchgeführt werden. Ferner bestehen intensive Kooperationen von die traditionelle chinesische Medizin anwendenden niedergelassenen Ärzten und stationären klinischen Einrichtungen mit medizinischen Hochschulen, die ebenfalls eine wissenschaftliche Evaluierung der Methode zum Ziel haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, dass bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die attestieren, dass die Behandlungsmethode zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet ist und wirksam eingesetzt werden kann.
40 
Nach alldem war die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
41
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
43 
Beschluss vom 26. Juli 2010
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 183,88 EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2007 - 17 K 721/05 - wird geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land Beihilfe zu Aufwendungen für Behandlungen nach der „Atlastherapie nach Arlen“.
Die Klägerin ist Beamtin im Dienst des Beklagten und zu einem Bemessungssatz von 50 % beihilfeberechtigt. Am 20.12.1996 erlitt sie bei einem Autounfall eine Halswirbelsäulendistorsion und leidet seither an Kopf- und Nackenschmerzen, Schwindelgefühlen, Bewegungseinschränkungen und Durchblutungsstörungen. Zur Linderung ihrer Beschwerden erhält die Klägerin fortgesetzt physiotherapeutische Behandlungen und Massagen, zu deren Aufwendungen der Beklagte Beihilfe gewährt. Zusätzlich wird die Klägerin nach der Atlastherapie nach Arlen behandelt.
Für die in der Zeit vom 20.2. bis 16.4.2004 durchgeführten Behandlungen stellte ihr der Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie Dr. ... 846,24 EUR und für die in der Zeit vom 29.4. bis 23.7.2004 durchgeführten Behandlungen 1.011,83 EUR in Rechnung. In Abänderung seiner zuvor ergangenen Bescheide vom 26.5., 23.8. und 7.9.2004 erkannte das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Bescheid vom 20.12.2004 den nicht auf die Behandlungen der Klägerin nach der Atlastherapie entfallenden Teil dieser Aufwendungen als beihilfefähig an und gewährte der Klägerin dementsprechend eine Beihilfe in Höhe von 242,10 EUR bzw. 150,37 EUR. Die Gewährung einer Beihilfe zu den auf die Behandlungen der Klägerin nach der Atlastherapie entfallenden Aufwendungen lehnte es nach Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens des Landratsamts Esslingen - Gesundheitsamt - vom 27.7.2004 sowie einer ergänzenden Stellungnahme des Landratsamts Esslingen vom 25.10.2004 mit der Begründung ab, dass es sich bei dieser Therapie nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode handle. Der gegen diese Entscheidung eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Bescheid vom 22.12.2004 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 21.2.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, ihr eine weitere Beihilfe in Höhe von 536,56 EUR gemäß ihren Anträgen vom 6.5. und 29.7.2004 zu gewähren. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie erhalte seit ihrem Unfall regelmäßig krankengymnastische Behandlungen. Die standardisierten Behandlungsmethoden, wie Krankengymnastik und Massagen seien jedoch nicht in der Lage, die Blockierungen im Halswirbelsäulenbereich zu lockern. Um ihre Beschwerden wenigstens symptomatisch zu lindern, sei eine kontinuierliche manualtherapeutische Behandlung nötig. Die Atlastherapie sei wissenschaftlich anerkannt und werde bei Durchblutungsstörungen wegen Atlasdislokation angewandt. Das beklagte Land ist der Klage entgegen getreten.
Mit Urteil vom 26.6.2007 hat das Verwaltungsgericht das beklagte Land verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und die Bescheide des Landesamts vom 26.5., 23.8. und 7.9.2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 22.12.2004 aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht angenommen, dass die Atlastherapie nach Arlen eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode sei. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe diese Therapie mit Beschluss vom 21.6.2002 als Methode eingestuft, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfe. Die Versagung der Anerkennung durch den Bundesausschuss lasse die Schlussfolgerung zu, dass es der fraglichen Behandlungsmethode auch über den Bereich der kassenärztlichen Versorgung hinaus allgemein an dem Merkmal der wissenschaftlichen Anerkennung fehle. Die von der Klägerin angeführten wissenschaftlichen Publikationen führten zu keinem anderen Ergebnis, da diese der Prüfung des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen zugrunde gelegen hätten. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass nach dem Ergehen des Beschlusses des Bundesausschusses weitere wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht worden seien, die geeignet seien, zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der wissenschaftlichen Anerkennung der Methode zu führen. Das Erfordernis der wissenschaftlich allgemeinen Anerkennung einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode als Voraussetzung für ihre Beihilfefähigkeit sei mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn grundsätzlich vereinbar, da diese es nicht gebiete, dem Beamten eine Beihilfe zu objektiv nicht notwendigen Aufwendungen zu gewähren. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der ihr durch die Behandlung mit der Atlastherapie entstandenen Aufwendungen ergebe sich jedoch aus § 5 Abs. 6 BVO, da bei der Klägerin ein besonderer Härtefall vorliege. Aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich, dass allein die Atlastherapie geeignet sei, die Folgen der nicht mehr heilbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin wenigstens so weit zu lindern, dass jeweils vorübergehende Besserungszustände einträten. Das amtsärztliche Gutachten vom 27.7.2004 stelle lediglich allgemein darauf ab, dass die Wirksamkeit der Atlastherapie im Vergleich zu Standardtherapien nicht untersucht worden sei und keine medizinische Notwendigkeit bestehe, diese Therapie zusätzlich zu den Standardtherapien einzuführen. Entwertet werde der Aussagegehalt des Gutachtens insbesondere durch die fehlerhafte Annahme der Gutachterin, dass bei der Klägerin Standardtherapien bislang nicht zum Einsatz gekommen bzw. nicht ausgereizt worden seien. Neben der Sache liege auch der Hinweis in dem Gutachten darauf, dass in der Literatur die Beschwerdedauer bei Standardtherapien mit längstens zwei Jahren angegeben werde und die Symptome bei der Klägerin bislang nicht abgeklungen seien. Denn gerade dies hätte Anlass geben müssen, die bei der Klägerin vorliegenden Verletzungsfolgen näher in den Blick zu nehmen. Nach den vorgelegten Aufstellungen der Klägerin betrügen ihre Aufwendungen für die Behandlung mittels der Atlastherapie (Arztkosten, Therapie, Fahrtkosten) durchschnittlich pro Monat knapp 800 EUR. Dies übersteige 10 % ihres Bruttomonatseinkommens, das im Mai 2007 ca. 2.300 EUR betragen habe, sowie den in § 5 Abs. 6 BVO genannten Mindestbetrag von 360 EUR. Der Beklagte sei daher verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mit der Atlastherapie im Rahmen der Beihilfegewährung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Auf die mit Beschluss vom 11.8.2008 zugelassene Berufung des Beklagten hat der - für das Beihilferecht seinerzeit zuständige - 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 24.1.2011 das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin rüge zu Recht, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a VwGO nicht vorgelegen hätten. Der Beschluss verstoße deshalb gegen das Gebot, über die Berufung aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden und verletze zugleich den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Der Senat hat zu der Frage, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien wie physiotherapeutische Behandlungen und Massagen für sich genommen ausreicht, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken, ein Sachverständigengutachten des Privatdozenten Dr. ..., Oberarzt am Universitätsklinikum Freiburg, Department Orthopädie und Traumatologie eingeholt, das am 15.9.2012 erstattet worden ist.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Beklagte geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe auf einem Verstoß gegen § 88 VwGO, da das Gericht der Klägerin mehr zugesprochen habe, als diese beantragt habe. Die Klägerin begehre die Gewährung einer Beihilfe für die Atlastherapie in Höhe von 536,56 EUR unter gleichzeitiger Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide. Der Urteilstenor spreche dagegen die Verpflichtung aus, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und umfasse danach alle Aufwendungen aus der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 6 BVO lägen nicht vor. Das Erfordernis der unbedingten Notwendigkeit in § 5 Abs. 6 BVO bedeute eine Steigerung gegenüber dem Erfordernis der Notwendigkeit in § 5 Abs. 1 BVO. Eine Behandlungsmethode, deren Notwendigkeit im Rahmen des § 5 Abs. 1 BVO verneint werde, könne somit erst Recht nicht im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO unbedingt notwendig sein. Abgesehen davon könne die unbedingte Notwendigkeit der Atlastherapie entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht damit begründet werden, dass diese Therapie als Einzige geeignet sei, die nicht mehr heilbaren Beschwerden der Klägerin zu lindern. Auf den therapeutischen Erfolg im konkreten Einzelfall komme es für die Beihilfefähigkeit nicht an. Zudem habe das Verwaltungsgericht seine Überzeugung, dass die Beschwerden der Klägerin nicht mehr heilbar seien und dass die Atlastherapie als einzige Therapie geeignet sei, die Beschwerden der Klägerin zu lindern, aufgrund der Äußerungen des behandelnden Arztes und weiterer Ärzte aus dessen Umfeld gewonnen. Hierin liege ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht. Die Einholung eines Obergutachtens wäre auch deshalb geboten gewesen, weil die Stellungnahmen des behandelnden Arztes und der mit ihm kooperierenden Ärzte dem amtsärztlichen Gutachten vom 27.07.2004 widersprochen hätten. Auch aus Gründen der Fürsorgepflicht sei die Beihilfe nicht zu gewähren. Die Fürsorgepflicht könne dem Dienstherrn in Ausnahmefällen gebieten, die Kosten einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten. Dies setze jedoch voraus, dass nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Erwartung auf wissenschaftliche Anerkennung stehe. Dies sei bei der Atlastherapie nicht der Fall.
Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2007 - 17 K 721/05 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin erwidert: Ein Verstoß gegen § 88 VwGO liege nicht vor. Das Verwaltungsgericht habe ihren Antrag im Hinblick darauf, dass der Beklagte ab 2004 ihre Anträge auf Erstattung der Kosten für die Atlastherapie nicht mehr verbeschieden habe, dahingehend auslegen dürfen, dass sie eine grundsätzliche Klärung des Anspruchs auf Gewährung von Beihilfe für die Atlastherapie begehre. Die Härtefallregelung sei gemäß § 5 Abs. 6 BVO anwendbar, denn die von ihr begehrte Erstattung von Aufwendungen sei im Sinne der §§ 6 bis 13 BVO beihilfefähig. Die Atlastherapie sei sowohl notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 BVO als auch unbedingt notwendig im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO, da sie zum Erhalt ihrer Dienstfähigkeit erforderlich gewesen sei. Auch die finanzielle Schwelle für einen Härtefall im Sinne von § 5 Abs. 6 Satz 4 BVO sei nicht falsch berechnet worden. Die Gesamtkosten der Therapie betrügen pro Monat durchschnittlich 800 EUR, weshalb die finanzielle Schwelle von § 5 Abs. 6 BVO deutlich überschritten sei. Im Übrigen liege ein Härtefall vor, weil der Beklagte ihr seit dem Auftreten der Unfallfolgen die Kosten für die Atlastherapie erstattet und gleichzeitig ihre Dienstfähigkeit in Anspruch genommen habe. Der Beklagte habe außerdem im Rahmen der Fürsorgepflicht die Kosten der Atlastherapie zu erstatten, da die begründete Erwartung auf wissenschaftliche Anerkennung bestehe. Die Atlastherapie werde als Teilbereich der manuellen Therapie in vielen Rehabilitationskliniken im Bereich der Unfallmedizin sowie von vielen Orthopäden angewandt und habe bereits die Evidenzstufe 2b erreicht. Zudem verletze der Beklagte Art. 3 GG, da er in anderen Fällen die Kosten der Atlastherapie erstatte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Ausspruch des Verwaltungsgerichts ist bereits deshalb fehlerhaft, weil sich das Begehren der Klägerin darauf beschränkt, den Beklagten zu verpflichten, ihr Beihilfe für die Aufwendungen gemäß den Anträgen vom 6.5. und 29.7.2004 für die Atlastherapie zu gewähren. Nach dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts wäre die Beklagte dagegen verpflichtet, nicht nur über die Gewährung einer Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 1.073,13 EUR, sondern über die Beihilfefähigkeit der gesamten Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie zu entscheiden. Der Ausspruch reicht deshalb über das Klagebegehren hinaus und verstößt damit gegen § 88 VwGO.
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts kann auch hinsichtlich des von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgten Begehrens keinen Bestand haben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen für die in der Zeit vom 20.2. bis 23.7.2004 durchgeführten Behandlungen nach der Atlastherapie.
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1. Die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 mit weiteren Nachweisen). Ob und inwieweit die Klägerin Beihilfe für die von ihr geltend gemachten Aufwendungen beanspruchen kann, richtet sich somit nach der - auf der Grundlage des § 101 LBG a. F. erlassenen - Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28.7.1995 in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 17.2.2004.
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2. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit (u. a.) die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen nach Maßgabe der Anlage zu dieser Verordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. An diesen Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit fehlt es. Bei der Atlastherapie nach Arlen handelt es sich um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode (unten a). Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für diese Therapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen (unten b). Die Aufwendungen der Klägerin für diese Therapie könnten deshalb allenfalls dann als beihilfefähig anerkannt werden, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Das ist jedoch nicht der Fall (unten c).
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a) Wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg grundsätzlich medizinisch nicht notwendig. Die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, ob die von ihm (mit-)finanzierte Behandlung medizinisch indiziert ist und Erfolg verspricht (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 29.6.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 - und Beschl. v. 28.7.2004 - 4 S 1331/04 -).
21 
Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile v. 29.6.1995, aaO, und 18.6.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.6.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199; Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231).
22 
In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist danach davon auszugehen, dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt (ebenso: VG Freiburg, Urt. v. 8.2.2005 - 7 K 2634/04 - Juris; VG Kassel, Urt. v. 23.10.2002 - 1 E 576/01 - Juris; VG Minden, Urt. v. 4.9.2002 - 4 K 3960/99 - Juris; LSG Saarland, Urt. v. 19.1.2005 - L 2 KR 30/03 - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.10.2003 - L 5 KR 62/02 - Juris).
23 
Nach dem Bericht des Arbeitsausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (im Folgenden: Bundesausschuss) vom 24.9.2002 besteht die Atlastherapie nach Arlen aus einer Serie gezielter Finger-Stoßimpulse über dem Atlas-Querfortsatz auf ein definiertes Rezeptorenfeld im Halsbereich in einer für jeden Patienten individuell zu ermittelnden Impulsrichtung. Die Korrekturimpulse sollen zur Beseitigung von Dysbalancen der quergestreiften Muskulatur über das Nackenrezeptorenfeld und zur Normalisierung des Sympathicotonus beitragen. Indikationen für die Atlastherapie seien nach Angabe der Anwender verschiedene Funktionsstörungen des menschlichen Körpers, die im Nackenrezeptorenfeld bestünden, von dort ausgehen oder von dort beeinflusst würden, wie beispielsweise cervikogene Gleichgewichtsstörungen, neurootologische Veränderungen nach HWS-Trauma, Brustschmerz und Atemstörungen sowie verschiedene neurologische Erkrankungen. Als weitere Indikationen würden von den Anwendern funktionelle Carpaltunnel-Syndrome, Multiple Sklerose, Schmerzen und Bewegungsstörungen nach operativen Eingriffen (z.B. Arthroskopie oder rheumatische Gelenkerkrankungen), Mastodynie, Hörsturz, Sprachentwicklungsverzögerungen, rheumatoide Arthritis und funktionelle weibliche Zyklusstörungen genannt.
24 
In dem Bericht vom 24.9.2002 ist der Arbeitsausschuss unter Verwertung von Stellungnahmen verschiedener Verbände sowie Empfehlungen aus evidenz- basierten Leitlinien und einer detaillierten Auswertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu dem Ergebnis gekommen, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nicht habe erbracht werden können. In keiner wissenschaftlichen Veröffentlichung sei die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen im Vergleich zur Standardbehandlung mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter, die für eine valide Wirksamkeitsbeurteilung notwendig seien, untersucht worden. Auch in Bezug auf solche Behandlungen, bei denen die Atlastherapie in Kombination z.B. mit manualmedizinischen Verfahren angewendet werde, bleibe unklar, welcher Anteil der Behandlungsergebnisse möglicherweise auf die Atlastherapie zurückgeführt werden könne. Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Atlastherapie nach Arlen seien somit nicht ausreichend belegt. Die Methode könne daher nicht als Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung anerkannt werden. Der Bundesausschuss hat auf der Grundlage dieses Berichts am 21.6.2002 beschlossen, die Atlastherapie nach Arlen in die Anlage B (nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt) der BUB-Richtlinien aufzunehmen. Der Beschluss ist seit dem 25.9.2002 in Kraft.
25 
Was die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft, ist der Beschluss des Bundesausschusses gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V bindend. Nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner im Zeitpunkt des Beschlusses des Bundesausschusses noch geltenden früheren Fassung dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, den Bundesverbänden der Krankenkassen, der Bundesknappschaft und den Verbänden der Ersatzkassen gebildete - Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen (u.a.) über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung abgegeben hat. Entsprechendes gilt nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner am 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, der diese Aufgabe aber nunmehr dem - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutsche Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildeten - Gemeinsamen Bundesausschuss überträgt. Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, soll nach der dieser Regelung zugrunde liegenden Konzeption nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bzw. - in der Zeit vor dem 1.1.2004 - durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Der Bundesausschuss hat dabei nicht die Aufgabe, selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urt. v. 19.2.2003 - B 1 KR 18/01 R - SozR 4-2500 § 135 Nr. 1).
26 
Die Entscheidungen des Bundesausschusses lassen damit auch über den Bereich der kassenärztlichen Versorgung hinaus die Schlussfolgerung zu, dass es der fraglichen Behandlungsmethode an dem Merkmal der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung fehlt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.1997 - 4 S 1980/95 - Juris; Beschl. v. 22.2.1995 - 4 S 642/95 - Juris). Dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt, wird im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass diese Therapie in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zu der Behandlung eines Beschleunigungstraumas der Halswirbelsäule in ihrer jüngsten Fassung vom Oktober 2008 nicht als Therapieform genannt wird. Der von der Klägerin genannte Umstand, dass es sich bei diesen Leitlinien nur um eine „S1-Leitlinie“ handelt, steht dem nicht entgegen. Die Leitlinien der Mitgliedsgesellschaften der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) werden in drei, mit S1 bis S3 bezeichnete Klassen eingeteilt. Mit S1 werden Leitlinien bezeichnet, die von einer Expertengruppe im informellen Konsens erarbeitet worden sind, mit S2 Leitlinien, bei denen eine formale Konsensfindung und/oder eine formale „Evidenz“-Recherche stattgefunden hat, und mit S3 Leitlinien „mit allen Elementen einer systematischen Entwicklung“. Auch die in S1-Leitlinien gegebenen Therapieempfehlungen sind danach im Zusammenhang mit der Frage nach der wissenschaftlichen Anerkennung einer bestimmten Therapie zumindest ein gewichtiges Indiz.
27 
Die von der Klägerin erhobenen Einwände geben zu keiner anderer Beurteilung Anlass. Die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren angeführte Stellungnahme der Gemeinsamen Gutachterstelle der Bezirksärztekammern Baden-Württemberg für Fragen der Gebührenordnung für Ärzte vom 21.3.2000 äußert sich nur zur Art der Abrechnung einer Atlastherapie und empfiehlt eine chirotherapeutischen Eingriffen entsprechende Abrechnung. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Atlastherapie wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Die von der Klägerin ferner angesprochenen wissenschaftlichen Publikationen über die Atlastherapie haben dem Bundesausschuss bei seiner Entscheidung vorgelegen und können daher nicht als Beleg für die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung dieser Therapie genommen werden. Auch die Ärztegesellschaft für Atlastherapie und manuelle Kinderbehandlung, die nach den Angaben der Klägerin regelmäßig alle wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Atlastherapie sammelt und veröffentlicht, hat im Überprüfungsverfahren des Bundesausschusses Stellung genommen, ohne dass dies zu einer anderen Einstufung geführt hätte.
28 
Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum weitere Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Atlastherapie veröffentlicht worden sind, die es nunmehr rechtfertigen, die Atlastherapie als eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode zu qualifizieren. In der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 heißt es zwar, die Atlastherapie sei „wissenschaftlich fundiert“, sie werde als wissenschaftlich sinnvoll erachtet und „in medizinischen Fachgesellschaften in speziellen Curricula mit Zertifizierung gelehrt“. Wissenschaftliche Veröffentlichungen, mit denen die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter untersucht worden sind, werden jedoch auch in der Stellungnahme von Dr. ... nicht genannt.
29 
Für den in der Stellungnahme erwähnten Aufsatz des Vorsitzenden der Sektion Physikalische Medizin und Rehabilitation der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, Prof. Dr. ... (Orthopädische Mitteilungen 2008, 255 f.) gilt das Gleiche. In dem Aufsatz äußert Prof. Dr. ... zwar die Ansicht, die Datenlage scheine eine Ablehnung der Atlastherapie nicht zu rechtfertigen. Auch Prof. Dr. ... weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nur eingeschränkt habe erbracht werden können. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang eine den Bericht des Bundesausschusses für den Zeitraum von 2002 bis 2008 ergänzende Literaturrecherche in der Datenbank „PubMed Medline“, die keine relevanten aussagekräftigen Studien zu Tage gefördert habe. Auch in der „Cochrane Library“ seien keine Aussagen zur Atlastherapie gefunden worden. Auch Prof. Dr. ... geht danach davon aus, dass die Atlastherapie keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode ist. Die oben genannte Ansicht wird von ihm stattdessen damit begründet, dass Arbeiten mit einem niedrigen Evidenzgrad vorlägen, die die Durchführung der Atlastherapie prinzipiell gerechtfertigt erscheinen ließen, und dass auch Expertenmeinungen eine Form der Evidenz darstellten und bei „fehlender anderer Evidenzlage“ Berücksichtigung finden müssten.
30 
b) Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen. Nach dieser Vorschrift kann das Finanzministerium, soweit nicht in der Anlage zur Beihilfeverordnung bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen; dazu gehören auch die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie ist weder in der Anlage zur Beihilfeverordnung geregelt noch hat das Finanzministerium eine Ausschlussentscheidung nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO getroffen. Das Fehlen einer solchen Entscheidung führt jedoch nicht dazu, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode zwangsläufig bejaht werden müsste. Vielmehr ist in diesen Fällen gemäß § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO in eine Einzelfallprüfung einzutreten (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139; ähnlich Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 20.2.2 zu § 6 BhV).
31 
c) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten und für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Allerdings kann die Fürsorgepflicht es dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und entsprechende Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten. Stehen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Behandlung einer Erkrankung oder zur Linderung von Leidensfolgen nicht zur Verfügung, können auch Aufwendungen für sogenannte „Außenseitermethoden“ notwendig und angemessen und damit beihilfefähig sein, wenn die Aussicht besteht, dass eine solche Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (BVerwG, Urteile vom 29.6.1995 und 18.6.1998, jeweils aaO; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
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Ob die Aussicht besteht, dass die Atlastherapie noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, kann dahinstehen. Denn selbst man dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt, wären die Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie nur dann als beihilfefähig anzuerkennen, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken (s. Beschluss des BVerwG vom 20.10.2011). Das ist jedoch nicht der Fall.
33 
Zur Klärung der Frage, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien ausreicht, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken, hat der Senat Herrn Privatdozent Dr. ..., Oberarzt am Universitätsklinikum Freiburg, Department Orthopädie und Traumatologie, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten kommt Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der Atlastherapie nach Arlen besteht. Zur Begründung verweist er zunächst auf die Richtlinien der Medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Halswirbelsäulen-Distorsion und den Folgezuständen beschäftigen. Nach den Richtlinien, in denen die Atlastherapie als therapeutische Maßnahme nicht genannt werde, seien Massagen und physiotherapeutische Maßnahmen grundsätzlich ausreichend, um die Beschwerden zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Der Gutachter führt danach weiter aus, dass der Unfall, den die Klägerin 1996 erlitten habe, geeignet sei, vorübergehend schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule zu erklären. Eine Halswirbelsäulen-Distorsion heile jedoch in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Die seit 1996 andauernden Beschwerden der Klägerin seien daher eher untypisch Die 1997 und 1998 durchgeführten Kernspintomographien zeigten keine Unfallfolgen. Für eine 2012 durchgeführte Upright-Kernspintomographie gelte das Gleiche. Von dem diese Untersuchung durchführenden Arzt werde zwar eine alte posttraumatische Verletzungsfolge dokumentiert. Dieser Befund könne jedoch nicht nachvollzogen werden. Auch in der aktuellen MRT-Untersuchung fände sich ein solcher Befund nicht. Die dauernden Beschwerden ohne wesentliche Linderung trügen damit die deutlichen Zeichen eines chronifizierten Schmerzsyndroms. Bei solchen Patienten sollte ggf. auch an eine spezifische Schmerztherapie gedacht werden. Durch die Atlastherapie könne, wie auch durch die über viele Jahre andauernde und intensive Behandlung der Klägerin nachgewiesen, die Beschwerdesymptomatik nicht gelindert werden. Dem bereits vorliegenden umfangreichen Fachgutachten von Prof. Dr. ..., das zu demselben Ergebnis gekommen sei, werde uneingeschränkt gefolgt.
34 
Der Senat sieht keinen Anlass, der Meinung des Sachverständigen nicht zu folgen. Das Gutachten wurde in Kenntnis aller Berichte und Stellungnahmen derjenigen Ärzte erstellt, die in der davor liegenden Zeit mit den Beschwerden der Klägerin befasst waren. Es beruht auf einer sorgfältigen Befunderhebung, ist widerspruchsfrei und schlüssig begründet.
35 
Die Einwendungen der Klägerin, die sich auf die Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 gründen, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
36 
aa) In dem Bericht über die am 20.7.2012 vorgenommene Upright-Kernspintomographie werden von dem die Untersuchung durchführenden Arzt (Dr. ...) narbige Strukturveränderungen in beiden Ligamenta alaria mit beiderseitigen Strukturauflockerungen und deutlicher Verplumpung der dreieckigen Bandkonfigurationen sowie narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis beschrieben. In dem Gutachten des Sachverständigen heißt es dazu, dieser Befund, mit dem eine alte posttraumatische Verletzungsfolge beschrieben werde, könne nicht nachvollzogen werden. Im Hinblick hierauf stellt Dr. ... die Frage, ob der Gutachter über solche Kenntnisse in der diagnostischen Radiologie verfüge, dass er in der Lage sei, die Ergebnisse eines Facharztes für Radiologie anzuzweifeln.
37 
Mit diesem Einwand wird übersehen, dass die Auffassung des Gutachters durch die von ihm veranlasste radiologische Untersuchung vom 30.8.2012 bestätigt wird, die von zwei Fachärzten für Radiologie durchgeführt wurde und deren Ergebnisse in dem Bericht wie folgt wiedergegeben werden: „Steilhaltung der HWS, eine Reklination ist nicht möglich, eingeschränkte Inklination. Für die Bewegungseinschränkung lässt sich kein knöchernes Korrelat finden, keine Traumafolge, keine das Altersmaß übersteigende Degenerationen.“ Die Beurteilung des Gutachters wird ferner durch die am 8.1.1997 erfolgte Kernspintomographie der Halswirbelsäule der Klägerin gestützt, die nach dem Bericht des die Untersuchung vornehmenden Facharztes für diagnostische Radiologie Dr. ... keine Hinweise auf Frakturen, discoligamentäre Verletzungen oder Unfallfolgen ergeben hat. Eine weitere zur Kontrolle erfolgte Kernspintomographie vom 8.1.1998 hat nach dem Bericht von Dr. ... das gleiche Ergebnis erbracht.
38 
bb) Zu der Äußerung des Sachverständigen, es bestehe der Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom (Ganzkörperschmerz), wird in der Stellungnahme von Dr. ... angemerkt, dass keiner der die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein solches Syndrom festgestellt habe. Ein Fibromyalgiesyn- drom liege somit anhand der gängigen diagnostischen Methoden nicht vor. Daran ist richtig, dass die die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein Fibromyalgiesyndrom nicht diagnostiziert haben. Eine solche Diagnose wird jedoch auch von dem Gutachter nicht gestellt, da er lediglich von dem Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom spricht. Der von dem Sachverständigen geäußerte Verdacht wird im Übrigen durch das zu der Frage der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeholte Gutachten Prof. Dr. ... vom 9.12.1999 gestützt. In dem Gutachten wird der Klägerin aus orthopädischer Sicht „volle und nachhaltige Dienstfähigkeit“ bescheinigt und festgestellt, dass auf orthopädischem Fachgebiet die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Für möglich gehalten wird jedoch, dass die Klägerin aus anderen Gründen nicht mehr dienstfähig sein könnte, da von einer psychischen Alteration auszugehen sei. Von dem Gutachtern wurde deshalb eine psychosomatische oder psychotherapeutische Evaluierung empfohlen.
39 
cc) In der Stellungnahme von Dr. ... wird ferner die Aussage des Gutachters kritisiert, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos ausheile, da in der AWMF-Richtlinie festgestellt werde, dass 12 % der Patienten nach sechs Monaten noch nicht bei ihrem Status quo ante angelangt seien. Ein Widerspruch zwischen dieser Feststellung und der Aussage des Gutachters ist nicht zu erkennen, da der Gutachter nur davon spricht, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion „in der Regel“ innerhalb des von ihm genannten Zeitraums ausheile, also ebenfalls davon ausgeht, dass der Heilungsprozess in Einzelfällen auch länger dauern oder eine Chronifizierung eintreten kann.
40 
dd) In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es weiter, der Gutachter spreche zu Unrecht von einer monomodalen Atlastherapie, da die Klägerin über Jahre hinweg auch krankengymnastische und physiotherapeutische Behandlungen erhalten habe. Auch treffe es nicht zu, dass eine Steigerung der monomodalen Therapieoption durchgeführt worden sei, da die Frequenz der atlastherapeutischen Interventionen nicht zu-, sondern abgenommen habe.
41 
Diese Einwendungen sind ebenfalls unbegründet. Wie sich aus seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.2.2013 ergibt, ist der Gutachter der Meinung, dass auch multiple Therapieformen keine multimodale Therapie ausmachten. Der Gutachter verwendet den Begriff „monomodal“ deshalb in einem anderen Sinn, als er von Dr. ... verstanden wird. Die Annahme, der Gutachter habe verkannt, dass die Klägerin außer den Behandlungen nach der Atlastherapie auch die in der Stellungnahme von Dr. ... genannten anderen Behandlungen erhalten habe, verbietet sich zudem schon deshalb, da Gegenstand des Gutachtens gerade die Frage war, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien wie physiotherapeutische Behandlungen und Massagen ausreicht, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern. Der Gutachter hat auch nicht unterstellt, dass die Behandlung der Klägerin mittels der Atlastherapie intensiviert worden sei. Auf S. 3 des Gutachtens wird vielmehr berichtet, dass die Klägerin angegeben habe, die Atlastherapie sei zunächst wöchentlich an zwei Tagen durchgeführt worden, während die Behandlung nunmehr nur noch alle drei bis vier Wochen stattfinde.
42 
ee) Gegen die Verwertung des Gutachtens bestehen schließlich auch insoweit keine Bedenken, als die Klägerin beanstandet, dass der Gutachter keine einzige manualmedizinische Befunderhebung vorgenommen habe. In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es dazu, dass eine solche Untersuchung „hinsichtlich des manualmedizinischen Störungsmusters“ von großem Interesse sei. Dass der Gutachter die ihm gestellte Frage ohne diese Untersuchung nicht sachgerecht beantworten konnte, ergibt sich daraus nicht.
43 
3. Sind die Aufwendungen für die Atlastherapie danach nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendig, kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfe zu diesen Aufwendungen auch nicht aus der Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO hergeleitet werden. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO nicht notwendige Aufwendungen erst recht nicht unbedingt notwendig im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO sein können. Die Regelung des § 5 Abs. 6 BVO ist Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, aus der sich ein Anspruch auf Beihilfe nur dann herleiten lässt, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Dies kommt allenfalls bei unzumutbaren Belastungen bzw. erheblichen Aufwendungen in Betracht, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89; Beschl. v. 16.9.1992 - 2 BvR 1161/89 - NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308).
44 
4. Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes kann die Klägerin die geltend gemachte Beihilfe nicht beanspruchen. Da jeder Beihilfeantrag regelmäßig ein neues, in sich abgeschlossenes Verwaltungsverfahren eröffnet, begründet eine frühere Bewilligung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keinen Anspruch auf entsprechende zukünftige Entscheidungen. Insbesondere kann der Gewährung einer Beihilfe zu einer bereits erfolgten Aufwendung für sich allein regelmäßig nicht die Zusage der gewährenden Behörde entnommen werden, sie werde auch zukünftig in gleicher Weise entscheiden. Maßgebend ist vielmehr die objektive Sach- und Rechtslage, wie sie sich für den jeweiligen Bewilligungszeitraum darstellt. Wenn ein Beamter insoweit Handlungssicherheit haben möchte, muss er eine ausdrückliche Klärung der Beihilfefähigkeit bestimmter Aufwendungen herbeiführen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 536,56 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land zu Unrecht verpflichtet, über den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die Behandlung mittels Atlastherapie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
16 
Der Ausspruch des Verwaltungsgerichts ist bereits deshalb fehlerhaft, weil sich das Begehren der Klägerin darauf beschränkt, den Beklagten zu verpflichten, ihr Beihilfe für die Aufwendungen gemäß den Anträgen vom 6.5. und 29.7.2004 für die Atlastherapie zu gewähren. Nach dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts wäre die Beklagte dagegen verpflichtet, nicht nur über die Gewährung einer Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 1.073,13 EUR, sondern über die Beihilfefähigkeit der gesamten Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie zu entscheiden. Der Ausspruch reicht deshalb über das Klagebegehren hinaus und verstößt damit gegen § 88 VwGO.
17 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts kann auch hinsichtlich des von der Klägerin mit ihrer Klage verfolgten Begehrens keinen Bestand haben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen für die in der Zeit vom 20.2. bis 23.7.2004 durchgeführten Behandlungen nach der Atlastherapie.
18 
1. Die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten richtet sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 mit weiteren Nachweisen). Ob und inwieweit die Klägerin Beihilfe für die von ihr geltend gemachten Aufwendungen beanspruchen kann, richtet sich somit nach der - auf der Grundlage des § 101 LBG a. F. erlassenen - Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO) vom 28.7.1995 in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassung vom 17.2.2004.
19 
2. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit (u. a.) die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen nach Maßgabe der Anlage zu dieser Verordnung beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. An diesen Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit fehlt es. Bei der Atlastherapie nach Arlen handelt es sich um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode (unten a). Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für diese Therapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen (unten b). Die Aufwendungen der Klägerin für diese Therapie könnten deshalb allenfalls dann als beihilfefähig anerkannt werden, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Das ist jedoch nicht der Fall (unten c).
20 
a) Wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg grundsätzlich medizinisch nicht notwendig. Die Gewährung von Beihilfen, die aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden, gründet auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, ob die von ihm (mit-)finanzierte Behandlung medizinisch indiziert ist und Erfolg verspricht (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 29.6.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 - und Beschl. v. 28.7.2004 - 4 S 1331/04 -).
21 
Eine Behandlungsmethode ist wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile v. 29.6.1995, aaO, und 18.6.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.6.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199; Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231).
22 
In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist danach davon auszugehen, dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt (ebenso: VG Freiburg, Urt. v. 8.2.2005 - 7 K 2634/04 - Juris; VG Kassel, Urt. v. 23.10.2002 - 1 E 576/01 - Juris; VG Minden, Urt. v. 4.9.2002 - 4 K 3960/99 - Juris; LSG Saarland, Urt. v. 19.1.2005 - L 2 KR 30/03 - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.10.2003 - L 5 KR 62/02 - Juris).
23 
Nach dem Bericht des Arbeitsausschusses „Ärztliche Behandlung“ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (im Folgenden: Bundesausschuss) vom 24.9.2002 besteht die Atlastherapie nach Arlen aus einer Serie gezielter Finger-Stoßimpulse über dem Atlas-Querfortsatz auf ein definiertes Rezeptorenfeld im Halsbereich in einer für jeden Patienten individuell zu ermittelnden Impulsrichtung. Die Korrekturimpulse sollen zur Beseitigung von Dysbalancen der quergestreiften Muskulatur über das Nackenrezeptorenfeld und zur Normalisierung des Sympathicotonus beitragen. Indikationen für die Atlastherapie seien nach Angabe der Anwender verschiedene Funktionsstörungen des menschlichen Körpers, die im Nackenrezeptorenfeld bestünden, von dort ausgehen oder von dort beeinflusst würden, wie beispielsweise cervikogene Gleichgewichtsstörungen, neurootologische Veränderungen nach HWS-Trauma, Brustschmerz und Atemstörungen sowie verschiedene neurologische Erkrankungen. Als weitere Indikationen würden von den Anwendern funktionelle Carpaltunnel-Syndrome, Multiple Sklerose, Schmerzen und Bewegungsstörungen nach operativen Eingriffen (z.B. Arthroskopie oder rheumatische Gelenkerkrankungen), Mastodynie, Hörsturz, Sprachentwicklungsverzögerungen, rheumatoide Arthritis und funktionelle weibliche Zyklusstörungen genannt.
24 
In dem Bericht vom 24.9.2002 ist der Arbeitsausschuss unter Verwertung von Stellungnahmen verschiedener Verbände sowie Empfehlungen aus evidenz- basierten Leitlinien und einer detaillierten Auswertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu dem Ergebnis gekommen, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nicht habe erbracht werden können. In keiner wissenschaftlichen Veröffentlichung sei die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen im Vergleich zur Standardbehandlung mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter, die für eine valide Wirksamkeitsbeurteilung notwendig seien, untersucht worden. Auch in Bezug auf solche Behandlungen, bei denen die Atlastherapie in Kombination z.B. mit manualmedizinischen Verfahren angewendet werde, bleibe unklar, welcher Anteil der Behandlungsergebnisse möglicherweise auf die Atlastherapie zurückgeführt werden könne. Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Atlastherapie nach Arlen seien somit nicht ausreichend belegt. Die Methode könne daher nicht als Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung anerkannt werden. Der Bundesausschuss hat auf der Grundlage dieses Berichts am 21.6.2002 beschlossen, die Atlastherapie nach Arlen in die Anlage B (nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt) der BUB-Richtlinien aufzunehmen. Der Beschluss ist seit dem 25.9.2002 in Kraft.
25 
Was die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft, ist der Beschluss des Bundesausschusses gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V bindend. Nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner im Zeitpunkt des Beschlusses des Bundesausschusses noch geltenden früheren Fassung dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, den Bundesverbänden der Krankenkassen, der Bundesknappschaft und den Verbänden der Ersatzkassen gebildete - Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen (u.a.) über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung abgegeben hat. Entsprechendes gilt nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner am 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, der diese Aufgabe aber nunmehr dem - von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutsche Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildeten - Gemeinsamen Bundesausschuss überträgt. Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, soll nach der dieser Regelung zugrunde liegenden Konzeption nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bzw. - in der Zeit vor dem 1.1.2004 - durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Der Bundesausschuss hat dabei nicht die Aufgabe, selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urt. v. 19.2.2003 - B 1 KR 18/01 R - SozR 4-2500 § 135 Nr. 1).
26 
Die Entscheidungen des Bundesausschusses lassen damit auch über den Bereich der kassenärztlichen Versorgung hinaus die Schlussfolgerung zu, dass es der fraglichen Behandlungsmethode an dem Merkmal der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung fehlt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.7.1997 - 4 S 1980/95 - Juris; Beschl. v. 22.2.1995 - 4 S 642/95 - Juris). Dass es sich bei der Atlastherapie nach Arlen um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt, wird im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass diese Therapie in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zu der Behandlung eines Beschleunigungstraumas der Halswirbelsäule in ihrer jüngsten Fassung vom Oktober 2008 nicht als Therapieform genannt wird. Der von der Klägerin genannte Umstand, dass es sich bei diesen Leitlinien nur um eine „S1-Leitlinie“ handelt, steht dem nicht entgegen. Die Leitlinien der Mitgliedsgesellschaften der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) werden in drei, mit S1 bis S3 bezeichnete Klassen eingeteilt. Mit S1 werden Leitlinien bezeichnet, die von einer Expertengruppe im informellen Konsens erarbeitet worden sind, mit S2 Leitlinien, bei denen eine formale Konsensfindung und/oder eine formale „Evidenz“-Recherche stattgefunden hat, und mit S3 Leitlinien „mit allen Elementen einer systematischen Entwicklung“. Auch die in S1-Leitlinien gegebenen Therapieempfehlungen sind danach im Zusammenhang mit der Frage nach der wissenschaftlichen Anerkennung einer bestimmten Therapie zumindest ein gewichtiges Indiz.
27 
Die von der Klägerin erhobenen Einwände geben zu keiner anderer Beurteilung Anlass. Die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren angeführte Stellungnahme der Gemeinsamen Gutachterstelle der Bezirksärztekammern Baden-Württemberg für Fragen der Gebührenordnung für Ärzte vom 21.3.2000 äußert sich nur zur Art der Abrechnung einer Atlastherapie und empfiehlt eine chirotherapeutischen Eingriffen entsprechende Abrechnung. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Atlastherapie wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Die von der Klägerin ferner angesprochenen wissenschaftlichen Publikationen über die Atlastherapie haben dem Bundesausschuss bei seiner Entscheidung vorgelegen und können daher nicht als Beleg für die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung dieser Therapie genommen werden. Auch die Ärztegesellschaft für Atlastherapie und manuelle Kinderbehandlung, die nach den Angaben der Klägerin regelmäßig alle wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Atlastherapie sammelt und veröffentlicht, hat im Überprüfungsverfahren des Bundesausschusses Stellung genommen, ohne dass dies zu einer anderen Einstufung geführt hätte.
28 
Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum weitere Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Atlastherapie veröffentlicht worden sind, die es nunmehr rechtfertigen, die Atlastherapie als eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode zu qualifizieren. In der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 heißt es zwar, die Atlastherapie sei „wissenschaftlich fundiert“, sie werde als wissenschaftlich sinnvoll erachtet und „in medizinischen Fachgesellschaften in speziellen Curricula mit Zertifizierung gelehrt“. Wissenschaftliche Veröffentlichungen, mit denen die Wirksamkeit der Atlastherapie nach Arlen mittels nachvollziehbarer und eindeutiger Ergebnisparameter untersucht worden sind, werden jedoch auch in der Stellungnahme von Dr. ... nicht genannt.
29 
Für den in der Stellungnahme erwähnten Aufsatz des Vorsitzenden der Sektion Physikalische Medizin und Rehabilitation der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, Prof. Dr. ... (Orthopädische Mitteilungen 2008, 255 f.) gilt das Gleiche. In dem Aufsatz äußert Prof. Dr. ... zwar die Ansicht, die Datenlage scheine eine Ablehnung der Atlastherapie nicht zu rechtfertigen. Auch Prof. Dr. ... weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass bei den in der Literatur untersuchten Indikationen ein wissenschaftlicher Nachweis des Nutzens der Atlastherapie bisher nur eingeschränkt habe erbracht werden können. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang eine den Bericht des Bundesausschusses für den Zeitraum von 2002 bis 2008 ergänzende Literaturrecherche in der Datenbank „PubMed Medline“, die keine relevanten aussagekräftigen Studien zu Tage gefördert habe. Auch in der „Cochrane Library“ seien keine Aussagen zur Atlastherapie gefunden worden. Auch Prof. Dr. ... geht danach davon aus, dass die Atlastherapie keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode ist. Die oben genannte Ansicht wird von ihm stattdessen damit begründet, dass Arbeiten mit einem niedrigen Evidenzgrad vorlägen, die die Durchführung der Atlastherapie prinzipiell gerechtfertigt erscheinen ließen, und dass auch Expertenmeinungen eine Form der Evidenz darstellten und bei „fehlender anderer Evidenzlage“ Berücksichtigung finden müssten.
30 
b) Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit dem Fehlen einer Ausschlussentscheidung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO begründen. Nach dieser Vorschrift kann das Finanzministerium, soweit nicht in der Anlage zur Beihilfeverordnung bereits geregelt, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen, die nicht zweifelsfrei notwendig oder nach Umfang oder Höhe angemessen sind, ganz oder teilweise von einer vorherigen Anerkennung abhängig machen, begrenzen oder ausschließen; dazu gehören auch die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Atlastherapie ist weder in der Anlage zur Beihilfeverordnung geregelt noch hat das Finanzministerium eine Ausschlussentscheidung nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO getroffen. Das Fehlen einer solchen Entscheidung führt jedoch nicht dazu, dass die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode zwangsläufig bejaht werden müsste. Vielmehr ist in diesen Fällen gemäß § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO in eine Einzelfallprüfung einzutreten (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139; ähnlich Urt. v. 26.7.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 20.2.2 zu § 6 BhV).
31 
c) Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden ist grundsätzlich mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten und für den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisierten Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Allerdings kann die Fürsorgepflicht es dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und entsprechende Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten. Stehen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Behandlung einer Erkrankung oder zur Linderung von Leidensfolgen nicht zur Verfügung, können auch Aufwendungen für sogenannte „Außenseitermethoden“ notwendig und angemessen und damit beihilfefähig sein, wenn die Aussicht besteht, dass eine solche Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (BVerwG, Urteile vom 29.6.1995 und 18.6.1998, jeweils aaO; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
32 
Ob die Aussicht besteht, dass die Atlastherapie noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, kann dahinstehen. Denn selbst man dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt, wären die Aufwendungen der Klägerin für die Atlastherapie nur dann als beihilfefähig anzuerkennen, wenn die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien für sich genommen nicht ausreichte, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken (s. Beschluss des BVerwG vom 20.10.2011). Das ist jedoch nicht der Fall.
33 
Zur Klärung der Frage, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien ausreicht, um die chronischen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken, hat der Senat Herrn Privatdozent Dr. ..., Oberarzt am Universitätsklinikum Freiburg, Department Orthopädie und Traumatologie, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten kommt Dr. ... zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der Atlastherapie nach Arlen besteht. Zur Begründung verweist er zunächst auf die Richtlinien der Medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Halswirbelsäulen-Distorsion und den Folgezuständen beschäftigen. Nach den Richtlinien, in denen die Atlastherapie als therapeutische Maßnahme nicht genannt werde, seien Massagen und physiotherapeutische Maßnahmen grundsätzlich ausreichend, um die Beschwerden zu lindern oder auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Der Gutachter führt danach weiter aus, dass der Unfall, den die Klägerin 1996 erlitten habe, geeignet sei, vorübergehend schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule zu erklären. Eine Halswirbelsäulen-Distorsion heile jedoch in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Die seit 1996 andauernden Beschwerden der Klägerin seien daher eher untypisch Die 1997 und 1998 durchgeführten Kernspintomographien zeigten keine Unfallfolgen. Für eine 2012 durchgeführte Upright-Kernspintomographie gelte das Gleiche. Von dem diese Untersuchung durchführenden Arzt werde zwar eine alte posttraumatische Verletzungsfolge dokumentiert. Dieser Befund könne jedoch nicht nachvollzogen werden. Auch in der aktuellen MRT-Untersuchung fände sich ein solcher Befund nicht. Die dauernden Beschwerden ohne wesentliche Linderung trügen damit die deutlichen Zeichen eines chronifizierten Schmerzsyndroms. Bei solchen Patienten sollte ggf. auch an eine spezifische Schmerztherapie gedacht werden. Durch die Atlastherapie könne, wie auch durch die über viele Jahre andauernde und intensive Behandlung der Klägerin nachgewiesen, die Beschwerdesymptomatik nicht gelindert werden. Dem bereits vorliegenden umfangreichen Fachgutachten von Prof. Dr. ..., das zu demselben Ergebnis gekommen sei, werde uneingeschränkt gefolgt.
34 
Der Senat sieht keinen Anlass, der Meinung des Sachverständigen nicht zu folgen. Das Gutachten wurde in Kenntnis aller Berichte und Stellungnahmen derjenigen Ärzte erstellt, die in der davor liegenden Zeit mit den Beschwerden der Klägerin befasst waren. Es beruht auf einer sorgfältigen Befunderhebung, ist widerspruchsfrei und schlüssig begründet.
35 
Die Einwendungen der Klägerin, die sich auf die Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. ... vom 29.1.2013 gründen, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
36 
aa) In dem Bericht über die am 20.7.2012 vorgenommene Upright-Kernspintomographie werden von dem die Untersuchung durchführenden Arzt (Dr. ...) narbige Strukturveränderungen in beiden Ligamenta alaria mit beiderseitigen Strukturauflockerungen und deutlicher Verplumpung der dreieckigen Bandkonfigurationen sowie narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis beschrieben. In dem Gutachten des Sachverständigen heißt es dazu, dieser Befund, mit dem eine alte posttraumatische Verletzungsfolge beschrieben werde, könne nicht nachvollzogen werden. Im Hinblick hierauf stellt Dr. ... die Frage, ob der Gutachter über solche Kenntnisse in der diagnostischen Radiologie verfüge, dass er in der Lage sei, die Ergebnisse eines Facharztes für Radiologie anzuzweifeln.
37 
Mit diesem Einwand wird übersehen, dass die Auffassung des Gutachters durch die von ihm veranlasste radiologische Untersuchung vom 30.8.2012 bestätigt wird, die von zwei Fachärzten für Radiologie durchgeführt wurde und deren Ergebnisse in dem Bericht wie folgt wiedergegeben werden: „Steilhaltung der HWS, eine Reklination ist nicht möglich, eingeschränkte Inklination. Für die Bewegungseinschränkung lässt sich kein knöchernes Korrelat finden, keine Traumafolge, keine das Altersmaß übersteigende Degenerationen.“ Die Beurteilung des Gutachters wird ferner durch die am 8.1.1997 erfolgte Kernspintomographie der Halswirbelsäule der Klägerin gestützt, die nach dem Bericht des die Untersuchung vornehmenden Facharztes für diagnostische Radiologie Dr. ... keine Hinweise auf Frakturen, discoligamentäre Verletzungen oder Unfallfolgen ergeben hat. Eine weitere zur Kontrolle erfolgte Kernspintomographie vom 8.1.1998 hat nach dem Bericht von Dr. ... das gleiche Ergebnis erbracht.
38 
bb) Zu der Äußerung des Sachverständigen, es bestehe der Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom (Ganzkörperschmerz), wird in der Stellungnahme von Dr. ... angemerkt, dass keiner der die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein solches Syndrom festgestellt habe. Ein Fibromyalgiesyn- drom liege somit anhand der gängigen diagnostischen Methoden nicht vor. Daran ist richtig, dass die die Klägerin regelmäßig behandelnden Ärzte ein Fibromyalgiesyndrom nicht diagnostiziert haben. Eine solche Diagnose wird jedoch auch von dem Gutachter nicht gestellt, da er lediglich von dem Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom spricht. Der von dem Sachverständigen geäußerte Verdacht wird im Übrigen durch das zu der Frage der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeholte Gutachten Prof. Dr. ... vom 9.12.1999 gestützt. In dem Gutachten wird der Klägerin aus orthopädischer Sicht „volle und nachhaltige Dienstfähigkeit“ bescheinigt und festgestellt, dass auf orthopädischem Fachgebiet die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Für möglich gehalten wird jedoch, dass die Klägerin aus anderen Gründen nicht mehr dienstfähig sein könnte, da von einer psychischen Alteration auszugehen sei. Von dem Gutachtern wurde deshalb eine psychosomatische oder psychotherapeutische Evaluierung empfohlen.
39 
cc) In der Stellungnahme von Dr. ... wird ferner die Aussage des Gutachters kritisiert, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen folgenlos ausheile, da in der AWMF-Richtlinie festgestellt werde, dass 12 % der Patienten nach sechs Monaten noch nicht bei ihrem Status quo ante angelangt seien. Ein Widerspruch zwischen dieser Feststellung und der Aussage des Gutachters ist nicht zu erkennen, da der Gutachter nur davon spricht, dass eine Halswirbelsäulen-Distorsion „in der Regel“ innerhalb des von ihm genannten Zeitraums ausheile, also ebenfalls davon ausgeht, dass der Heilungsprozess in Einzelfällen auch länger dauern oder eine Chronifizierung eintreten kann.
40 
dd) In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es weiter, der Gutachter spreche zu Unrecht von einer monomodalen Atlastherapie, da die Klägerin über Jahre hinweg auch krankengymnastische und physiotherapeutische Behandlungen erhalten habe. Auch treffe es nicht zu, dass eine Steigerung der monomodalen Therapieoption durchgeführt worden sei, da die Frequenz der atlastherapeutischen Interventionen nicht zu-, sondern abgenommen habe.
41 
Diese Einwendungen sind ebenfalls unbegründet. Wie sich aus seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.2.2013 ergibt, ist der Gutachter der Meinung, dass auch multiple Therapieformen keine multimodale Therapie ausmachten. Der Gutachter verwendet den Begriff „monomodal“ deshalb in einem anderen Sinn, als er von Dr. ... verstanden wird. Die Annahme, der Gutachter habe verkannt, dass die Klägerin außer den Behandlungen nach der Atlastherapie auch die in der Stellungnahme von Dr. ... genannten anderen Behandlungen erhalten habe, verbietet sich zudem schon deshalb, da Gegenstand des Gutachtens gerade die Frage war, ob die Anwendung der allgemein anerkannten Therapien wie physiotherapeutische Behandlungen und Massagen ausreicht, um die Beschwerden der Klägerin zu lindern. Der Gutachter hat auch nicht unterstellt, dass die Behandlung der Klägerin mittels der Atlastherapie intensiviert worden sei. Auf S. 3 des Gutachtens wird vielmehr berichtet, dass die Klägerin angegeben habe, die Atlastherapie sei zunächst wöchentlich an zwei Tagen durchgeführt worden, während die Behandlung nunmehr nur noch alle drei bis vier Wochen stattfinde.
42 
ee) Gegen die Verwertung des Gutachtens bestehen schließlich auch insoweit keine Bedenken, als die Klägerin beanstandet, dass der Gutachter keine einzige manualmedizinische Befunderhebung vorgenommen habe. In der Stellungnahme von Dr. ... heißt es dazu, dass eine solche Untersuchung „hinsichtlich des manualmedizinischen Störungsmusters“ von großem Interesse sei. Dass der Gutachter die ihm gestellte Frage ohne diese Untersuchung nicht sachgerecht beantworten konnte, ergibt sich daraus nicht.
43 
3. Sind die Aufwendungen für die Atlastherapie danach nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendig, kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfe zu diesen Aufwendungen auch nicht aus der Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO hergeleitet werden. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO nicht notwendige Aufwendungen erst recht nicht unbedingt notwendig im Sinne von § 5 Abs. 6 BVO sein können. Die Regelung des § 5 Abs. 6 BVO ist Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, aus der sich ein Anspruch auf Beihilfe nur dann herleiten lässt, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Dies kommt allenfalls bei unzumutbaren Belastungen bzw. erheblichen Aufwendungen in Betracht, die für den Beamten unausweichlich sind und denen er sich nicht entziehen kann (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89; Beschl. v. 16.9.1992 - 2 BvR 1161/89 - NVwZ 1993, 560; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308).
44 
4. Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes kann die Klägerin die geltend gemachte Beihilfe nicht beanspruchen. Da jeder Beihilfeantrag regelmäßig ein neues, in sich abgeschlossenes Verwaltungsverfahren eröffnet, begründet eine frühere Bewilligung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keinen Anspruch auf entsprechende zukünftige Entscheidungen. Insbesondere kann der Gewährung einer Beihilfe zu einer bereits erfolgten Aufwendung für sich allein regelmäßig nicht die Zusage der gewährenden Behörde entnommen werden, sie werde auch zukünftig in gleicher Weise entscheiden. Maßgebend ist vielmehr die objektive Sach- und Rechtslage, wie sie sich für den jeweiligen Bewilligungszeitraum darstellt. Wenn ein Beamter insoweit Handlungssicherheit haben möchte, muss er eine ausdrückliche Klärung der Beihilfefähigkeit bestimmter Aufwendungen herbeiführen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2004 - 4 S 802/03 -).
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 536,56 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. September 2008 - 12 K 3408/07 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für chinesische Phytotherapeutika.
Der Kläger ist Beamter im Landesdienst des Beklagten und für seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Seine Ehefrau leidet an multiplen Erkrankungen, die mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ärztlich behandelt werden. Auf Veranlassung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung (im Folgenden: Landesamt) erstattete das Gesundheitsamt bei dem Landratsamt E. am 08.12.2005 ein amtsärztliches Gutachten zur Frage der Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung der Ehefrau des Klägers mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin. Der Amtsarzt diagnostizierte bei der Ehefrau unter anderem eine rheumatoide Arthritis im Anschluss an ein rheumatisches Fieber, Fibromyalgiesyndrom, Migräne mit häufig lang anhaltenden Kopfschmerzanfällen und seit dem Jahre 2004 Bandscheibenvorfälle im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule; sie sei ein halbes Jahr auf den Rollstuhl angewiesen gewesen, habe Morphinpräparate eingenommen und sich schließlich einer Operation unterziehen müssen. Nachdem die Behandlung mit Antirheumatika und Analgetika keine Besserung gebracht habe, sei die Ehefrau des Klägers mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin behandelt worden, worauf die schulmedizinischen Medikamente mit ihren Nebenwirkungen, insbesondere auch die Morphinpräparate, hätten abgesetzt werden können. Bei der Traditionellen Chinesischen Medizin würden spezielle Pflanzenteile vom Arzt individuell zusammengestellt und dem jeweiligen Krankheitsstand angepasst; es handle sich dabei um apothekenpflichtige Arzneimittel. Aus ärztlicher Sicht könne „in diesem speziellen Fall die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin als notwendig und angemessen erachtet werden“.
In der Folgezeit erstattete das Landesamt die entsprechenden Aufwendungen des Klägers im Rahmen der Beihilfegewährung, zuletzt mit Beihilfebescheid vom 02.02.2007. Mit Schreiben vom 13.02.2007 teilte das Landesamt dem Kläger mit, dass künftig eine Erstattung von Aufwendungen für die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht mehr in Betracht komme.
Mit Formularantrag vom 09.03.2007 begehrte der Kläger unter anderem Beihilfe für die seiner Ehefrau ärztlich verordneten chinesischen Kräutermischungen in Höhe von insgesamt 262,69 EUR. Mit Bescheid vom 26.03.2007 lehnte das Landesamt diese mit dem Hinweis ab, Teemischungen seien keine beihilfefähigen Aufwendungen. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007 mit der Begründung zurück, Tees oder Teemischungen seien geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und könnten deshalb grundsätzlich nicht als beihilfefähig anerkannt werden.
Der Kläger hat am 18.05.2007 Klage bei dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm weitere Beihilfeleistungen in Höhe von 183,88 EUR zu gewähren sowie den Bescheid des Landesamts vom 26.03.2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die chinesischen Kräutermischungen seien geeignet, schwerste Medikamente zu ersetzen. Sie dienten nicht wie Kräutertees der Ernährung oder dem Genuss, sondern wirkten als Arzneimittel in fein abgestimmten Dosierungen und müssten nach ständiger Rücksprache mit den behandelnden Ärzten eingenommen werden. Die Präparate würden auch nicht wie Tee getrunken, sondern schluckweise über den Tag verteilt eingenommen.
Mit Urteil vom 10.09.2008 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter entsprechender Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in Höhe von 183,88 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, bei den ärztlich verordneten chinesischen Kräuteraufgüssen (sog. Dekokte) handle es sich um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts, welche nicht zugleich geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die Mittel dienten nach ihrer materiellen Zweckbestimmung der Heilung der diagnostizierten multiplen Erkrankungen. Unerheblich sei, dass die streitgegenständlichen Teemischungen in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen seien, da einer derartigen Zulassung lediglich eine Indizwirkung zukomme. Der Einsatz der chinesischen Heilkräutermischungen bei der schulmedizinisch austherapierten Ehefrau des Klägers habe nach ihrer Zweckbestimmung nicht der Ernährung oder der Nahrungsergänzung gedient; vielmehr seien sie hier aufgrund ärztlicher Verordnung und nach der gezielten Zusammenstellung als Arzneimittel zum Einsatz gelangt. Ferner sei ausnahmsweise die Behandlung mit chinesischen Heilkräutern notwendig, obwohl es sich um eine wissenschaftlich bislang nicht anerkannte Heilmethode handle. Der Umstand, dass die Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht bereits nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO i.V.m. Nr. 1.5 und 1.5.1 der Anlage zur BVO von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien, führe nicht dazu, dass die Notwendigkeit ohne weiteres bejaht werden müsse. Vielmehr habe die Beihilfestelle in einer derartigen Fallgestaltung über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung zu entscheiden, wozu sie begründete medizinische Gutachten einholen könne. Ausweislich des überzeugenden amtsärztlichen Gutachtens vom 08.12.2005 sei die zuvor durchgeführte schulmedizinische Behandlung der Ehefrau des Klägers mit Antirheumatika und Analgetika nicht erfolgreich verlaufen. Der Amtsarzt habe deshalb in diesem speziellen Fall die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin als notwendig und angemessen erachtet. Die Beihilfestelle sei nicht berechtigt, sich ohne tragfähige Gründe in Widerspruch zu dem amtsärztlichen Gutachten zu setzen und für die Zukunft die Erstattung der Aufwendungen auszuschließen.
Mit Beschluss vom 18.12.2008 - dem Landesamt zugestellt am 12.01.2009 - hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zugelassen. Mit einem am 19.01.2009 eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte die Berufung begründet und vorgetragen, das Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die der Ehefrau des Klägers verordneten Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin bejaht. Derartige Mittel stellten bereits keine Arzneimittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO dar, da ihnen die hierzu erforderliche allgemeine wissenschaftliche Anerkennung fehle. Für die Arzneimitteleigenschaft im Sinne des Beihilferechts sei auf den materiellen Zweckcharakter eines Mittels und damit darauf abzustellen, ob von ihm nach objektiven Maßstäben eine therapeutische Wirkung zu erwarten sei. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, ob die Therapie wissenschaftlich allgemein anerkannt werde oder ob eine solche Anerkennung zumindest zu erwarten sei. Die verordneten Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin könnten bei Anlegung dieses Maßstabs bereits nicht als Arzneimittel angesehen werden, denn wissenschaftliche Äußerungen über ihre Wirkungsweise lägen nicht vor. Unabhängig hiervon seien die verordneten Heilkräutermischungen geeignet, andere Tees und damit Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und deshalb gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nicht beihilfefähig. Schließlich sei die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin hier nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 BVO, da sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft aus ärztlicher Sicht nicht als erforderlich anzusehen sei. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung lasse sich Gegenteiliges nicht dem eingeholten amtsärztlichen Gutachten des Landratsamts E. vom 08.12.2005 entnehmen. Denn der begutachtende Amtsarzt Dr. B. habe gerade nicht attestiert, „dass vorliegend der Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin unbedingt notwendig ist“; vielmehr gehe er davon aus, „dass die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin als notwendig erachtet werden kann“. Ferner betreffe das amtsärztliche Gutachten vom 08.12.2005 nicht die dem streitgegenständlichen Beihilfeantrag vom 09.03.2007 zugrundeliegenden Aufwendungen, sondern sei für einen früheren Leistungsantrag eingeholt worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. September 2008 - 12 K 3408/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil, indem er auf sein Vorbringen im Zulassungsverfahren verweist. Fehl gehe die Erwägung des Beklagten, wonach Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin mangels Anerkennung im medizinischen Schrifttum nicht als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts aufgefasst werden könnten. Das Landesamt übersehe dabei, dass es eine große Anzahl von Fachpublikationen zu diesem Thema gebe. Es handle sich nicht um Mittel der chinesischen Volksmedizin, sondern um Arzneimittel der traditionellen chinesischen Schulmedizin, deren Anwendung an Universitäten nicht nur in China, sondern zunehmend auch in Europa gelehrt und erforscht werde. Gerade auch in Deutschland seien in letzter Zeit klinische Einrichtungen und Universitätslehrstühle zur Erforschung der Traditionellen Chinesischen Medizin eingerichtet worden; auch werde sie von einer großen und weiter wachsenden Zahl von schulmedizinisch ausgebildeten Ärzten ambulant und in beihilfefähigen Kliniken mit Erfolg praktiziert. Der Beklagte verkenne im Übrigen, dass ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit der Traditionellen Chinesischen Medizin mangels Reproduzierbarkeit von Ergebnissen unter gleichen Voraussetzungen nicht im herkömmlichen naturwissenschaftlichen Sinne erbracht werden könne. Vielmehr könne der Wirksamkeitsnachweis - ähnlich wie bei der Homöopathie - nur durch exakte Dokumentationen und Erfahrungsberichte nachgewiesen werden, welche in großer Zahl existierten. Entgegen der Darstellung des Beklagten seien die verordneten Arzneimittel nicht als Güter des täglichen Bedarfs anzusehen. Denn es handle sich um hoch wirksame und teilweise stark toxische Arzneimittel, die bei gesunden Menschen zu schwerwiegenden Reaktionen wie etwa einer Thrombose sowie Herzrhythmusstörungen und Schwindelgefühlen führen könnten. Chinesische Arzneimittel dürften deshalb keinesfalls mit harmlosen Kräutertees verwechselt werden und könnten weder als Nahrungsergänzungsmittel noch als Mittel zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs eingesetzt werden. Was die Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlung im Einzelfall angehe, müsse sich der Beklagte an dem von ihm eingeholten amtsärztlichen Gutachten festhalten lassen. Das Landesamt habe selbst in seiner Gutachtensanforderung vom 02.11.2005 darauf hingewiesen, dass ohne amtsärztliches Gutachten die Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht als beihilfefähig anerkannt werden könnten. Entgegen der Argumentation des Beklagten habe der Amtsarzt die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin für medizinisch notwendig erachtet; die von ihm verwendeten Formulierungen - insbesondere das Wort „kann“ - müssten im Textzusammenhang gesehen werden und dürften nicht isoliert für die Ansicht des Landesamtes herangezogen werden.
13 
Der Berichterstatter des Senats hat die nunmehr zuständige sachbearbeitende Amtsärztin bei dem Gesundheitsamt E. telefonisch am 20.05.2010 ergänzend zu den im amtsärztlichen Gutachten vom 08.12.2005 verwendeten Formulierungen und zur medizinischen Notwendigkeit der durchgeführten Behandlung befragt. Auf den den Beteiligten bekanntgegebenen und in der mündlichen Verhandlung erörterten Aktenvermerk vom 20.05.2010 (AS 109 f. der Senatsakte) wird verwiesen.
14 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Landesamts vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben; die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die Behandlung seiner Ehefrau mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin.
16 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Dezember 2006 bis Februar 2007) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17 m.w.N.). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.) sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BVO). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen unter anderem für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
17 
Bei den der Ehefrau des Klägers ärztlich verordneten chinesischen Kräuterdekokten handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts (dazu unter 1); auch sind die Kräutermischungen nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (dazu unter 2). Schließlich ist die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin hier auch notwendig und angemessen (dazu unter 3). Zwar handelt es sich um eine derzeit noch nicht wissenschaftlich allgemein anerkannte Heilmethode (3.1). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall vor, in welchem der Dienstherr aus Fürsorgegesichtspunkten zur Erstattung der Kosten für eine nicht allgemein anerkannte Methode verpflichtet ist (3.2).
18 
1. Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum Folgenden grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 -, PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.02.2010 - 13 S 2696/09 -, juris). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
19 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Unter den Stoffbegriff im Arzneimittelgesetz fallen unter anderem neben chemischen Elementen und Verbindungen und deren Gemischen sowie Lösungen auch Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenbestandteile, Algen, Pilze und Flechten in bearbeitetem und unbearbeitetem Zustand (§ 3 Nr. 2 AMG). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Dies sind nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (d.h. im Sinne der Terminologie des bislang geltenden Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes „verzehrt“ werden); nicht zu den Lebensmitteln gehören danach jedoch Arzneimittel (Art. 2 Abs. 2 d der Verordnung (EG) Nr. 178/2002). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, juris).
20 
Der Umstand, dass die aus chinesischen Heilkräutern gewonnenen Präparate weder als Arzneimittel registriert sind noch in einer solchen Liste aufgeführt werden, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter im beihilferechtlichen Sinne fehlt. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass die genannten Listen jeweils spezielle Zielrichtungen haben (Fertigarzneimittel, homöopathische Liste, Neuheiten etc.) und an der tradierten westlichen Schulmedizin ausgerichtet sind. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die hier in Rede stehenden chinesischen Heilkräuterpräparate scheidet schon deshalb aus, weil es sich um auf Individualrezept vom Pharmazeuten hergestellte Arzneimittel und damit nicht um Fertigarzneimittel gemäß § 4 Abs. 1 AMG handelt; § 21 Abs. 1 AMG sieht eine Zulassungspflicht jedoch lediglich für Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG vor. Zum anderen ist nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; Urteil des Senats vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
21 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung setzt der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff darüber hinaus nicht voraus, dass die Therapie wissenschaftlich anerkannt ist oder eine solche Anerkennung zumindest zu erwarten ist. Der auf den materiellen Zweckcharakter eines Präparats abstellende beihilferechtliche Arzneimittelbegriff zwingt nicht dazu, bereits auf dieser Ebene Fragen der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung oder Ausnahmen hiervon zu behandeln. Die Systematik der Beihilfeverordnung spricht vielmehr dafür, diese Frage allein und abschließend im Rahmen der Notwendigkeit bzw. Angemessenheit der Aufwendungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu prüfen. Gegenteiliges kann nicht dem von der Berufung herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.1996 (- 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314) entnommen werden, da sich diese Entscheidung zu der hier in Rede stehenden Problematik der wissenschaftlichen Anerkennung nicht verhält, sondern lediglich klarstellt, dass dem beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff lediglich Mittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper unterfallen. Eine weitergehende Erörterung dieser definitorischen Zuordnung ist freilich entbehrlich, weil sich die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen nach der Auffassung des Senats lediglich in anderem Zusammenhang stellen (dazu unter 3) und der materielle Prüfungsmaßstab jeweils der gleiche ist.
22 
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellen die der Ehefrau des Klägers von ihrem Arzt auf der Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin verordneten Dekokte aus Heilpflanzen Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne dar. Denn die in einer spezialisierten Apotheke nach der verordneten Rezeptur hergestellten Dekokte aus chinesischen Heilpflanzen und Heilpflanzenteilen sind zum einen vom Laien selbst nicht herzustellen und dienen zum anderen nach ihrer Zweckbestimmung der Heilung der bei der Ehefrau diagnostizierten multiplen Erkrankungen. Die Zweckbestimmung dieser Dekokte ist damit auch erkennbar auf die Heilung von Krankheiten gerichtet (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - juris; VG Schleswig, Urteil vom 29.01.2007 - 11 A 185/04 - juris). Diese Zweckbestimmung der verordneten Präparate steht zwischen den Beteiligten im Übrigen zu Recht auch nicht ernstlich im Streit.
23 
2. Die Kosten für die Heilkräuterdekokte gehören auch nicht zu den Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und bei denen die Beihilfefähigkeit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F. ausgeschlossen ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, also diese überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist; dies erfordert eine wertende Betrachtung, welche die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 - a.a.O.; sowie Beschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen. Vor diesem Hintergrund kann die Frage der Substitutionseignung letztlich nicht fallübergreifend und abstrakt für eine ganze Produktgruppe, sondern lediglich auf das im Einzelfall zur Anwendung gelangende Mittel und dessen pharmakologische Wirkungsweise bezogen beurteilt werden. Maßgeblich ist deshalb weder die Zubereitungsart der Dekokte bzw. Teeaufkochungen noch der subjektiv empfundene Geschmack. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um solche Heilteezubereitungen handelt, die im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr eingenommen werden und deshalb als Lebens- oder Genussmittel Verwendung finden können.
24 
Bei dieser Betrachtungsweise sind die hier in Rede stehenden Heildekokte nicht geeignet, klassischen Tee oder aus hergebrachten Kräutermischungen gewonnene Teezubereitungen zu ersetzen und im Rahmen der täglichen Lebensführung eingenommen zu werden. Dies ist nach den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der behandelnden Ärztin Dr. B. der Klinik am S. vom 13.07.2007 bzw. 21.11.2008 ohne Weiteres festzustellen. Wie die behandelnde Ärztin in sich schlüssig und nachvollziehbar darlegt, beinhalten die der Ehefrau des Klägers rezeptierten Pflanzenmischungen pharmakologisch hoch aktive und teilweise stark toxische Pflanzenbestandteile wie etwa Aconit (Eisenhut), welche bereits in geringer Dosis letale Wirkung haben können und die nur in speziell präparierter Weise bei strikter Mengenbegrenzung eingenommen werden dürfen. Aus medizinischer Sicht dürften diese Mittel daher nicht als Nahrungsergänzungsmittel oder zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs verwendet werden. Übereinstimmend hiermit würden die Kräutermischungen lediglich aus Gründen der besseren Verträglichkeit als Dekokte verabreicht und einzeln schluckweise eingenommen, obwohl an sich auch eine Verabreichung in Pillenform möglich wäre. Bei Berücksichtigung dieser Zusammensetzung der Präparate und deren Darreichung kann deshalb hier keine Rede davon sein, dass sie geeignet wären, hergebrachte Heilkräutertees im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr zu ersetzen.
25 
3. Im vorliegenden Fall zählen die Kosten für die chinesischen Heilkräutermischungen auch zu den im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendigen Aufwendungen. Nach dieser Bestimmung sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen dabei unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713; Urteil des Senats vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts Gegenteiliges. Denn diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom behandelnden Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall verwaltungsgerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind daher die vom Beklagten angestellten Erwägungen zu einem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum der Beihilfestelle verfehlt. Nach der vom Senat geteilten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Geeignetheit einer medizinischen Behandlung zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen; ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - a.a.O.; und vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801). Eine differenzierte Betrachtung ist freilich bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden geboten.
26 
3.1 Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich bei der von der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Gerichtshofs ist eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199).
27 
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob diese vom Bundesverwaltungsgericht für Heilbehandlungen entwickelten Grundsätze vollen Umfangs für die Frage gelten, ob beispielsweise ein von einem Arzt im Rahmen einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Heilmethode verschriebenes Arzneimittel mit zweifelhafter Wirkung beihilfefähig ist. Auf diese Frage kommt es hier nicht an. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Arzt eine Arznei im Rahmen einer nicht allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethode verschreibt, kann diese Arznei nur notwendig sein, wenn ausnahmsweise die angewendete Heilmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung beihilfefähig ist (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - a.a.O.). Wie sich vor allem auch den Darlegungen des Klägers entnehmen lässt, arbeitet die Traditionelle Chinesische Medizin nicht nach westlich geprägten wissenschaftlichen Maßstäben, sondern beruht auf einem hiervon abweichenden Grundverständnis von Erkrankungen und verwendet abweichende Diagnose- bzw. Therapieansätze. Für die Frage der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung kommt es jedoch darauf an, ob ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die im vorliegenden Fall maßgeblichen Krankheiten in der westlich geprägten Schulmedizin allgemein anerkannt ist. Für diesen Maßstab spricht in systematischer Hinsicht etwa die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F., wonach die Beihilfestelle bei ihrer Entscheidung über die Notwendigkeit von Aufwendungen ein begründetes medizinisches Gutachten einholen kann. Gemäß § 18 Abs. 5 BVO a.F. soll die Beihilfestelle hierzu regelmäßig ein ausreichend begründetes amtsärztliches Zeugnis des zuständigen Gesundheitsamtes einholen. Dies verdeutlicht, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers die Frage der Notwendigkeit der Aufwendungen und in diesem Zusammenhang auch der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung einer Behandlungsmethode nach schulmedizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ist, nicht jedoch auf medizinische Außenseiterstandpunkte abzuheben ist.
28 
Danach kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die traditionelle chinesische Medizin und die bei ihrer Anwendung verordneten Kräuterdekokte als allgemein wissenschaftlich anerkannt anzusehen sind. Fraglich ist bereits, ob im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum hinreichende Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Traditionellen Chinesischen Medizin hinsichtlich der hier wohl im Vordergrund stehenden Erkrankungen einer primär chronischen Polyarthritis bzw. der Fibromyalgie vorliegen. Hinweise hierfür lassen sich jedenfalls nicht dem umfangreichen Sachvortrag des Klägers bzw. der vorgelegten medizinischen Stellungnahme der Klinik am S. entnehmen. So beziehen sich die mit Schriftsatz des Klägers vom 15.12.2008 vorgelegten Literaturhinweise - soweit für den Senat zu beurteilen - zumindest überwiegend nicht auf die hier in Rede stehenden Krankheitsbilder. Auch die im Schreiben der Klinik vom 23.11.2005 (AS. 57 der Behördenakte) erwähnten wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweise dürften andere Krankheiten als die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten betreffen. Übereinstimmend hiermit geht die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die traditionelle chinesische Medizin mittels Heilkräutertherapie derzeit nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt ist (vgl. mit weiteren Nachweisen OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - a.a.O.).
29 
3.2 Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlungsmethode nicht dazu, dass ein Anspruch auf Beihilfegewährung von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussregelung getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer Außenseitermethode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung dann, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht.
30 
a) Die maßgeblichen Beihilfevorschriften enthalten, anders als etwa die Nordrhein-Westfälische Beihilfeverordnung (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 - ZBR 2009, 270) oder etwa das Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - zu § 30 Abs. 4 der Satzung a.F.), keine explizite Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Jedoch sieht § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. (entsprechend § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes - BhV a.F.) vor, dass das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ganz ausschließen kann. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht, ist eine solche konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin begrenzen oder ausschließen würde, weder ausdrücklich in der Anlage zur Beihilfeverordnung noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Entscheidungen des Bundesministers des Inneren in den Hinweisen 1 und 2 zu § 6 Abs. 2 BhV getroffen worden.
31 
Der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. getroffenen Regelung kommt jedoch in systematischer Hinsicht für die Lösung der hier vorliegenden Problematik maßgebliche Bedeutung zu. Denn sowohl dem Wortlaut als auch der systematischen Stellung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lässt sich unzweideutig entnehmen, dass es nach der Vorstellung des Verordnungsgebers grundsätzlich Fallkonstellationen geben kann, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung einer Behandlungsmethode besteht. Für eine normausfüllende bzw. normkonkretisierende (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen Urteil des Senats vom 28.01.2010 - 10 S 2582/08 - juris) Entscheidung des Finanzministeriums bliebe kein Raum, wenn die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode in jedem Fall Grundvoraussetzung für die Beihilfegewährung wäre. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. zeigt, dass der Normgeber der Beihilfeverordnung selbst Fallkonstellationen für denkbar und regelungsbedürftig hält, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung besteht. Bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ist deshalb ein Anspruch auf Beihilfe nur dann von vornherein - vorbehaltlich der vom Bundesverwaltungsgericht auch für solche Fallkonstellationen aufgestellten Ausnahmen (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436) - ausgeschlossen, wenn das Finanzministerium auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO eine wirksame Ausschlussregelung getroffen hat. Diese Überlegungen verdeutlichen zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.06.1995 (2 C 15.94 - a.a.O.) für die Überprüfung von Ausschlussentscheidungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. entwickelten Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden können.
32 
b) Im Ausgangspunkt zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. regelmäßig nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Die Beihilfegewährung gründet daher auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb nicht ohne Belang, ob die von ihm (mit)finanzierte Behandlung Erfolg verspricht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.). Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern eine Begrenzung der Beihilfe auf Erfolg versprechende Heilbehandlungen zulässt, ist im Übrigen schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1960 - 5 AZR 438/59 - AP 1961 BeihilfenGR Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 - Buchholz 238.91 Nr. 2). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lediglich ausgestaltet und präzisiert wird. Auch ohne eine förmliche Ausschlussentscheidung des Landesfinanzministeriums auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. ist deshalb von der Beihilfestelle im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu treffenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung primär zu prüfen, ob diese allgemein wissenschaftlich anerkannt ist.
33 
c) Nach dem oben Dargelegten ist bei Nichtvorliegen einer förmlichen Ausschlussentscheidung und fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung der durchgeführten Behandlungsmethode ein Beihilfeanspruch jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr ist in einer derartigen Fallgestaltung § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO a.F. anzuwenden mit der Folge, dass die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung einzutreten und festzustellen hat, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode besteht (vgl. so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139 -; der Sache nach auch Urteil vom 17.12.2009 - 4 S 3040/07 -; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 33.2 zu § 6 BhV). In diesem Zusammenhang kommt der von § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F. vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu. Das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, eine Beihilfe zu „dem Grunde nach“ notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z. B. unbekannter Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z. B. wegen einer Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. so auch BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - a.a.O.).
34 
d) Auch bei Anlegung dieses strengen Maßstabs liegen im Fall der Ehefrau des Klägers die Voraussetzungen vor, unter denen ein verantwortungsbewusster Arzt ausnahmsweise zu sog. „Außenseitermethoden“ bzw. einem individuellen Heilversuch greifen wird. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass jedenfalls für die primär chronische Polyarthritis - wohl jedoch nicht für die ebenfalls schwerwiegende Fibromyalgie - schulmedizinische Behandlungsmethoden grundsätzlich zur Verfügung stehen. Denn nach den umfangreichen vom Kläger vorgelegten medizinischen Stellungnahmen steht fest, dass seine Ehefrau sich bereits ausreichend schulmedizinisch hat behandeln lassen und es ihr nicht zuzumuten war, weitere Versuche mit wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden zu unternehmen, bevor sie auf die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin ausgewichen ist. Insbesondere der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme der behandelnden Ärztin der Klinik Am S. vom 13.07.2007 lässt sich entnehmen, dass die Ehefrau des Klägers über einen längeren Zeitraum weitgehend erfolglos mit schulmedizinischen Methoden behandelt wurde bzw. die gegen die chronische Polyarthritis eingesetzten schulmedizinischen Medikamente derart starke Nebenwirkungen aufgewiesen haben, dass ihr eine Behandlung damit nicht mehr zuzumuten war.
35 
Von einem Fehlschlagen der schulmedizinischen Behandlungsversuche geht auch der Amtsarzt bei dem Gesundheitsamt des Landratsamts E. in seinem Gutachten vom 08.12.2005 aus. Der Amtsarzt gelangte aufgrund eigener Untersuchung der Ehefrau des Klägers und in Kenntnis der Behandlungsunterlagen zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Einzelfall die Behandlung mit der wissenschaftlich nicht anerkannten Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin ausnahmsweise notwendig und angemessen ist. Die vom Beklagten gegen diese amtsärztliche Beurteilung erhobenen Einwände vermag der Senat nicht zu teilen. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, stellte die nunmehr sachbearbeitende Amtsärztin in einem Telefongespräch mit dem Berichterstatter am 20.05.2010 klar, dass nach dem ständigen Sprachgebrauch bei dem Gesundheitsamt E. die von ihrem Vorgänger verwendete Formulierung („die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin kann als notwendig und angemessen erachtet werden“) eindeutig nicht im vom Beklagten favorisierten relativierenden Sinne zu verstehen ist. Wie die Amtsärztin nachvollziehbar und für den Senat überzeugend in dem Telefongespräch darlegte, bezieht sich diese Formulierung nicht etwa auf das Maß der amtsärztlichen Überzeugung, sondern soll lediglich zum Ausdruck bringen, dass ein Amtsarzt naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit beurteilen kann, ob noch weitere schulmedizinische Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Jedoch konnte auch die nunmehr zuständige Amtsärztin nach Durchsicht der vorhandenen Unterlagen bestätigen, dass jedenfalls sämtliche gängigen antirheumatischen Behandlungsmittel von der Ehefrau des Klägers erfolglos angewendet wurden.
36 
Im Ansatz zu Recht weist der Beklagte freilich darauf hin, dass sich das amtsärztliche Gutachten auf den Gesundheitszustand im Dezember 2005 bezog, während hier Beihilfeleistungen für Aufwendungen im Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 in Rede stehen. Den vom Kläger vorgelegten Behandlungsberichten der Klinik Am S. vom 13.07.2007 und 21.11.2008 lässt sich jedoch eindeutig entnehmen, dass sich unter der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin zwar die Beschwerden der Ehefrau des Klägers nachhaltig gebessert haben, die Fortsetzung der Behandlung jedoch auch zum maßgeblichen Leistungszeitraum medizinisch unzweideutig indiziert war. Eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustandes und der Notwendigkeit der Behandlung zum maßgeblichen Leistungszeitraum war vor allem deshalb nicht geboten, weil die Amtsärztin - wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert - eine ergänzende Begutachtung wegen des nunmehr abgelaufenen Zeitraumes für zu spekulativ und deshalb aus medizinischen Gründen nicht angemessen hält. Auch für den Senat ist vor diesem Hintergrund ohne Weiteres nachzuvollziehen, dass ein Amtsarzt selbst bei Auswertung der vorhandenen Behandlungsunterlagen keine Begutachtung für einen mehrere Jahre zurückliegenden Leistungszeitraum vornehmen kann.
37 
Unabhängig davon, dass dem geltenden Beihilferecht eine Erfolgsabhängigkeit fremd ist, hat der Amtsarzt im Übrigen bestätigt, dass die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin bei der Ehefrau des Klägers sich als wirksam erwiesen habe und deshalb ein Verzicht auf teurere schulmedizinische Medikamente möglich gewesen sei. Danach ist es - wenn nicht sogar geboten - jedenfalls aber nicht zu beanstanden, wenn ein verantwortungsbewusster Arzt an dieser Behandlungsmethode - die das Landesamt hier im Übrigen in der Vergangenheit mit Beihilfeleistungen gefördert hat - festhält.
38 
e) Unerheblich ist deshalb für die vorliegende Fallgestaltung, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht für eine wissenschaftliche Anerkennung der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin für die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten Krankheiten besteht.
39 
Eine solche Aussicht erscheint im Übrigen nicht ausgeschlossen, da nach dem zutreffenden Sachvortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 15.12.2008 die Traditionelle Chinesische Medizin bereits an zahlreichen deutschen medizinischen Fakultäten angewendet wird und in diesem Rahmen auch klinische Wirksamkeitsuntersuchungen durchgeführt werden. Ferner bestehen intensive Kooperationen von die traditionelle chinesische Medizin anwendenden niedergelassenen Ärzten und stationären klinischen Einrichtungen mit medizinischen Hochschulen, die ebenfalls eine wissenschaftliche Evaluierung der Methode zum Ziel haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, dass bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die attestieren, dass die Behandlungsmethode zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet ist und wirksam eingesetzt werden kann.
40 
Nach alldem war die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
43 
Beschluss vom 26. Juli 2010
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 183,88 EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben; die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die Behandlung seiner Ehefrau mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin.
16 
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (hier: Dezember 2006 bis Februar 2007) maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 17 m.w.N.). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.) sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BVO). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO a.F. sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen unter anderem für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
17 
Bei den der Ehefrau des Klägers ärztlich verordneten chinesischen Kräuterdekokten handelt es sich um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts (dazu unter 1); auch sind die Kräutermischungen nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (dazu unter 2). Schließlich ist die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin hier auch notwendig und angemessen (dazu unter 3). Zwar handelt es sich um eine derzeit noch nicht wissenschaftlich allgemein anerkannte Heilmethode (3.1). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall vor, in welchem der Dienstherr aus Fürsorgegesichtspunkten zur Erstattung der Kosten für eine nicht allgemein anerkannte Methode verpflichtet ist (3.2).
18 
1. Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzen diesen voraus (hierzu und zum Folgenden grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 -, PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.02.2010 - 13 S 2696/09 -, juris). Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 - ZBR 2006, 203).
19 
Unter Arzneimitteln im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Unter den Stoffbegriff im Arzneimittelgesetz fallen unter anderem neben chemischen Elementen und Verbindungen und deren Gemischen sowie Lösungen auch Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenbestandteile, Algen, Pilze und Flechten in bearbeitetem und unbearbeitetem Zustand (§ 3 Nr. 2 AMG). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Dies sind nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (d.h. im Sinne der Terminologie des bislang geltenden Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes „verzehrt“ werden); nicht zu den Lebensmitteln gehören danach jedoch Arzneimittel (Art. 2 Abs. 2 d der Verordnung (EG) Nr. 178/2002). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, juris).
20 
Der Umstand, dass die aus chinesischen Heilkräutern gewonnenen Präparate weder als Arzneimittel registriert sind noch in einer solchen Liste aufgeführt werden, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter im beihilferechtlichen Sinne fehlt. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass die genannten Listen jeweils spezielle Zielrichtungen haben (Fertigarzneimittel, homöopathische Liste, Neuheiten etc.) und an der tradierten westlichen Schulmedizin ausgerichtet sind. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die hier in Rede stehenden chinesischen Heilkräuterpräparate scheidet schon deshalb aus, weil es sich um auf Individualrezept vom Pharmazeuten hergestellte Arzneimittel und damit nicht um Fertigarzneimittel gemäß § 4 Abs. 1 AMG handelt; § 21 Abs. 1 AMG sieht eine Zulassungspflicht jedoch lediglich für Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG vor. Zum anderen ist nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; Urteil des Senats vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
21 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung setzt der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff darüber hinaus nicht voraus, dass die Therapie wissenschaftlich anerkannt ist oder eine solche Anerkennung zumindest zu erwarten ist. Der auf den materiellen Zweckcharakter eines Präparats abstellende beihilferechtliche Arzneimittelbegriff zwingt nicht dazu, bereits auf dieser Ebene Fragen der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung oder Ausnahmen hiervon zu behandeln. Die Systematik der Beihilfeverordnung spricht vielmehr dafür, diese Frage allein und abschließend im Rahmen der Notwendigkeit bzw. Angemessenheit der Aufwendungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu prüfen. Gegenteiliges kann nicht dem von der Berufung herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.1996 (- 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314) entnommen werden, da sich diese Entscheidung zu der hier in Rede stehenden Problematik der wissenschaftlichen Anerkennung nicht verhält, sondern lediglich klarstellt, dass dem beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff lediglich Mittel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper unterfallen. Eine weitergehende Erörterung dieser definitorischen Zuordnung ist freilich entbehrlich, weil sich die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen nach der Auffassung des Senats lediglich in anderem Zusammenhang stellen (dazu unter 3) und der materielle Prüfungsmaßstab jeweils der gleiche ist.
22 
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellen die der Ehefrau des Klägers von ihrem Arzt auf der Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin verordneten Dekokte aus Heilpflanzen Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne dar. Denn die in einer spezialisierten Apotheke nach der verordneten Rezeptur hergestellten Dekokte aus chinesischen Heilpflanzen und Heilpflanzenteilen sind zum einen vom Laien selbst nicht herzustellen und dienen zum anderen nach ihrer Zweckbestimmung der Heilung der bei der Ehefrau diagnostizierten multiplen Erkrankungen. Die Zweckbestimmung dieser Dekokte ist damit auch erkennbar auf die Heilung von Krankheiten gerichtet (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - juris; VG Schleswig, Urteil vom 29.01.2007 - 11 A 185/04 - juris). Diese Zweckbestimmung der verordneten Präparate steht zwischen den Beteiligten im Übrigen zu Recht auch nicht ernstlich im Streit.
23 
2. Die Kosten für die Heilkräuterdekokte gehören auch nicht zu den Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und bei denen die Beihilfefähigkeit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F. ausgeschlossen ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, also diese überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist; dies erfordert eine wertende Betrachtung, welche die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 - a.a.O.; sowie Beschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen. Vor diesem Hintergrund kann die Frage der Substitutionseignung letztlich nicht fallübergreifend und abstrakt für eine ganze Produktgruppe, sondern lediglich auf das im Einzelfall zur Anwendung gelangende Mittel und dessen pharmakologische Wirkungsweise bezogen beurteilt werden. Maßgeblich ist deshalb weder die Zubereitungsart der Dekokte bzw. Teeaufkochungen noch der subjektiv empfundene Geschmack. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um solche Heilteezubereitungen handelt, die im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr eingenommen werden und deshalb als Lebens- oder Genussmittel Verwendung finden können.
24 
Bei dieser Betrachtungsweise sind die hier in Rede stehenden Heildekokte nicht geeignet, klassischen Tee oder aus hergebrachten Kräutermischungen gewonnene Teezubereitungen zu ersetzen und im Rahmen der täglichen Lebensführung eingenommen zu werden. Dies ist nach den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der behandelnden Ärztin Dr. B. der Klinik am S. vom 13.07.2007 bzw. 21.11.2008 ohne Weiteres festzustellen. Wie die behandelnde Ärztin in sich schlüssig und nachvollziehbar darlegt, beinhalten die der Ehefrau des Klägers rezeptierten Pflanzenmischungen pharmakologisch hoch aktive und teilweise stark toxische Pflanzenbestandteile wie etwa Aconit (Eisenhut), welche bereits in geringer Dosis letale Wirkung haben können und die nur in speziell präparierter Weise bei strikter Mengenbegrenzung eingenommen werden dürfen. Aus medizinischer Sicht dürften diese Mittel daher nicht als Nahrungsergänzungsmittel oder zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs verwendet werden. Übereinstimmend hiermit würden die Kräutermischungen lediglich aus Gründen der besseren Verträglichkeit als Dekokte verabreicht und einzeln schluckweise eingenommen, obwohl an sich auch eine Verabreichung in Pillenform möglich wäre. Bei Berücksichtigung dieser Zusammensetzung der Präparate und deren Darreichung kann deshalb hier keine Rede davon sein, dass sie geeignet wären, hergebrachte Heilkräutertees im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr zu ersetzen.
25 
3. Im vorliegenden Fall zählen die Kosten für die chinesischen Heilkräutermischungen auch zu den im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO notwendigen Aufwendungen. Nach dieser Bestimmung sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen dabei unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713; Urteil des Senats vom 09.07.2009 - 10 S 465/09 - juris). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts Gegenteiliges. Denn diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom behandelnden Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall verwaltungsgerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind daher die vom Beklagten angestellten Erwägungen zu einem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum der Beihilfestelle verfehlt. Nach der vom Senat geteilten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Geeignetheit einer medizinischen Behandlung zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen; ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - a.a.O.; und vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801). Eine differenzierte Betrachtung ist freilich bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Heilmethoden geboten.
26 
3.1 Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich bei der von der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Gerichtshofs ist eine Behandlungsmethode dann wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen wird. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode von dritter Seite - also von anderen als dem oder den Urhebern - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, muss die Therapieform zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit ist eine Behandlungsmethode dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - IÖD 2003, 199).
27 
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob diese vom Bundesverwaltungsgericht für Heilbehandlungen entwickelten Grundsätze vollen Umfangs für die Frage gelten, ob beispielsweise ein von einem Arzt im Rahmen einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Heilmethode verschriebenes Arzneimittel mit zweifelhafter Wirkung beihilfefähig ist. Auf diese Frage kommt es hier nicht an. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Arzt eine Arznei im Rahmen einer nicht allgemein wissenschaftlich anerkannten Heilmethode verschreibt, kann diese Arznei nur notwendig sein, wenn ausnahmsweise die angewendete Heilmethode trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung beihilfefähig ist (ähnlich OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47/01 - a.a.O.). Wie sich vor allem auch den Darlegungen des Klägers entnehmen lässt, arbeitet die Traditionelle Chinesische Medizin nicht nach westlich geprägten wissenschaftlichen Maßstäben, sondern beruht auf einem hiervon abweichenden Grundverständnis von Erkrankungen und verwendet abweichende Diagnose- bzw. Therapieansätze. Für die Frage der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung kommt es jedoch darauf an, ob ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die im vorliegenden Fall maßgeblichen Krankheiten in der westlich geprägten Schulmedizin allgemein anerkannt ist. Für diesen Maßstab spricht in systematischer Hinsicht etwa die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F., wonach die Beihilfestelle bei ihrer Entscheidung über die Notwendigkeit von Aufwendungen ein begründetes medizinisches Gutachten einholen kann. Gemäß § 18 Abs. 5 BVO a.F. soll die Beihilfestelle hierzu regelmäßig ein ausreichend begründetes amtsärztliches Zeugnis des zuständigen Gesundheitsamtes einholen. Dies verdeutlicht, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers die Frage der Notwendigkeit der Aufwendungen und in diesem Zusammenhang auch der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung einer Behandlungsmethode nach schulmedizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ist, nicht jedoch auf medizinische Außenseiterstandpunkte abzuheben ist.
28 
Danach kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die traditionelle chinesische Medizin und die bei ihrer Anwendung verordneten Kräuterdekokte als allgemein wissenschaftlich anerkannt anzusehen sind. Fraglich ist bereits, ob im medizinisch-wissenschaftlichen Fachschrifttum hinreichende Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Traditionellen Chinesischen Medizin hinsichtlich der hier wohl im Vordergrund stehenden Erkrankungen einer primär chronischen Polyarthritis bzw. der Fibromyalgie vorliegen. Hinweise hierfür lassen sich jedenfalls nicht dem umfangreichen Sachvortrag des Klägers bzw. der vorgelegten medizinischen Stellungnahme der Klinik am S. entnehmen. So beziehen sich die mit Schriftsatz des Klägers vom 15.12.2008 vorgelegten Literaturhinweise - soweit für den Senat zu beurteilen - zumindest überwiegend nicht auf die hier in Rede stehenden Krankheitsbilder. Auch die im Schreiben der Klinik vom 23.11.2005 (AS. 57 der Behördenakte) erwähnten wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweise dürften andere Krankheiten als die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten betreffen. Übereinstimmend hiermit geht die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die traditionelle chinesische Medizin mittels Heilkräutertherapie derzeit nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt ist (vgl. mit weiteren Nachweisen OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - a.a.O.).
29 
3.2 Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung der bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Behandlungsmethode nicht dazu, dass ein Anspruch auf Beihilfegewährung von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussregelung getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer Außenseitermethode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung dann, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht.
30 
a) Die maßgeblichen Beihilfevorschriften enthalten, anders als etwa die Nordrhein-Westfälische Beihilfeverordnung (vgl. hierzu OVG Münster, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 - ZBR 2009, 270) oder etwa das Leistungsrecht der Postbeamtenkrankenkasse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 - zu § 30 Abs. 4 der Satzung a.F.), keine explizite Klausel, nach der wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel nicht beihilfefähig sind. Jedoch sieht § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. (entsprechend § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes - BhV a.F.) vor, dass das Finanzministerium die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Untersuchung oder Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode begrenzen oder ganz ausschließen kann. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit steht, ist eine solche konkretisierende Ausschlussentscheidung durch das Finanzministerium, welche die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin begrenzen oder ausschließen würde, weder ausdrücklich in der Anlage zur Beihilfeverordnung noch durch die Bezugnahme in Nr. 1.5.1 der Anlage zur Beihilfeverordnung auf die Entscheidungen des Bundesministers des Inneren in den Hinweisen 1 und 2 zu § 6 Abs. 2 BhV getroffen worden.
31 
Der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. getroffenen Regelung kommt jedoch in systematischer Hinsicht für die Lösung der hier vorliegenden Problematik maßgebliche Bedeutung zu. Denn sowohl dem Wortlaut als auch der systematischen Stellung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lässt sich unzweideutig entnehmen, dass es nach der Vorstellung des Verordnungsgebers grundsätzlich Fallkonstellationen geben kann, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung einer Behandlungsmethode besteht. Für eine normausfüllende bzw. normkonkretisierende (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen Urteil des Senats vom 28.01.2010 - 10 S 2582/08 - juris) Entscheidung des Finanzministeriums bliebe kein Raum, wenn die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode in jedem Fall Grundvoraussetzung für die Beihilfegewährung wäre. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. zeigt, dass der Normgeber der Beihilfeverordnung selbst Fallkonstellationen für denkbar und regelungsbedürftig hält, in denen ein Anspruch auf Beihilfe trotz fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung besteht. Bei wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ist deshalb ein Anspruch auf Beihilfe nur dann von vornherein - vorbehaltlich der vom Bundesverwaltungsgericht auch für solche Fallkonstellationen aufgestellten Ausnahmen (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - NJW 1996, 801; und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - NJW 1998, 3436) - ausgeschlossen, wenn das Finanzministerium auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO eine wirksame Ausschlussregelung getroffen hat. Diese Überlegungen verdeutlichen zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.06.1995 (2 C 15.94 - a.a.O.) für die Überprüfung von Ausschlussentscheidungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. entwickelten Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden können.
32 
b) Im Ausgangspunkt zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. regelmäßig nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind. Die Beihilfe stellt eine aus der Fürsorgepflicht resultierende, die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Leistung des Dienstherrn dar, bei deren Gewährung er an den Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel gebunden ist. Die Beihilfegewährung gründet daher auf der Erwartung, dass die Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie bietet. Aus der Sicht des Dienstherrn ist es deshalb nicht ohne Belang, ob die von ihm (mit)finanzierte Behandlung Erfolg verspricht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 24.09.2004 - 1 Bf 47.01 - a.a.O.). Dass das öffentliche Interesse an einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern eine Begrenzung der Beihilfe auf Erfolg versprechende Heilbehandlungen zulässt, ist im Übrigen schon frühzeitig von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1960 - 5 AZR 438/59 - AP 1961 BeihilfenGR Nr. 4; BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 - Buchholz 238.91 Nr. 2). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz liegt dem Begriff der Notwendigkeit der Aufwendungen zugrunde, der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. lediglich ausgestaltet und präzisiert wird. Auch ohne eine förmliche Ausschlussentscheidung des Landesfinanzministeriums auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a.F. ist deshalb von der Beihilfestelle im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO zu treffenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Heilbehandlung primär zu prüfen, ob diese allgemein wissenschaftlich anerkannt ist.
33 
c) Nach dem oben Dargelegten ist bei Nichtvorliegen einer förmlichen Ausschlussentscheidung und fehlender allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung der durchgeführten Behandlungsmethode ein Beihilfeanspruch jedoch nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. Vielmehr ist in einer derartigen Fallgestaltung § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVO a.F. anzuwenden mit der Folge, dass die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung einzutreten und festzustellen hat, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen für eine Behandlung mit einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode besteht (vgl. so schon VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.01.1999 - 4 S 1086/96 - IÖD 1999, 139 -; der Sache nach auch Urteil vom 17.12.2009 - 4 S 3040/07 -; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Erläuterungen, Anm. 33.2 zu § 6 BhV). In diesem Zusammenhang kommt der von § 5 Abs. 1 Satz 3 BVO a.F. vorgesehenen Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung besondere Bedeutung zu. Das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO, eine Beihilfe zu „dem Grunde nach“ notwendigen Aufwendungen zu leisten, kann den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z. B. unbekannter Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z. B. wegen einer Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen, die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten (vgl. so auch BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 - a.a.O. und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 - a.a.O.).
34 
d) Auch bei Anlegung dieses strengen Maßstabs liegen im Fall der Ehefrau des Klägers die Voraussetzungen vor, unter denen ein verantwortungsbewusster Arzt ausnahmsweise zu sog. „Außenseitermethoden“ bzw. einem individuellen Heilversuch greifen wird. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass jedenfalls für die primär chronische Polyarthritis - wohl jedoch nicht für die ebenfalls schwerwiegende Fibromyalgie - schulmedizinische Behandlungsmethoden grundsätzlich zur Verfügung stehen. Denn nach den umfangreichen vom Kläger vorgelegten medizinischen Stellungnahmen steht fest, dass seine Ehefrau sich bereits ausreichend schulmedizinisch hat behandeln lassen und es ihr nicht zuzumuten war, weitere Versuche mit wissenschaftlich anerkannten Heilmethoden zu unternehmen, bevor sie auf die Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin ausgewichen ist. Insbesondere der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme der behandelnden Ärztin der Klinik Am S. vom 13.07.2007 lässt sich entnehmen, dass die Ehefrau des Klägers über einen längeren Zeitraum weitgehend erfolglos mit schulmedizinischen Methoden behandelt wurde bzw. die gegen die chronische Polyarthritis eingesetzten schulmedizinischen Medikamente derart starke Nebenwirkungen aufgewiesen haben, dass ihr eine Behandlung damit nicht mehr zuzumuten war.
35 
Von einem Fehlschlagen der schulmedizinischen Behandlungsversuche geht auch der Amtsarzt bei dem Gesundheitsamt des Landratsamts E. in seinem Gutachten vom 08.12.2005 aus. Der Amtsarzt gelangte aufgrund eigener Untersuchung der Ehefrau des Klägers und in Kenntnis der Behandlungsunterlagen zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Einzelfall die Behandlung mit der wissenschaftlich nicht anerkannten Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin ausnahmsweise notwendig und angemessen ist. Die vom Beklagten gegen diese amtsärztliche Beurteilung erhobenen Einwände vermag der Senat nicht zu teilen. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, stellte die nunmehr sachbearbeitende Amtsärztin in einem Telefongespräch mit dem Berichterstatter am 20.05.2010 klar, dass nach dem ständigen Sprachgebrauch bei dem Gesundheitsamt E. die von ihrem Vorgänger verwendete Formulierung („die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin kann als notwendig und angemessen erachtet werden“) eindeutig nicht im vom Beklagten favorisierten relativierenden Sinne zu verstehen ist. Wie die Amtsärztin nachvollziehbar und für den Senat überzeugend in dem Telefongespräch darlegte, bezieht sich diese Formulierung nicht etwa auf das Maß der amtsärztlichen Überzeugung, sondern soll lediglich zum Ausdruck bringen, dass ein Amtsarzt naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit beurteilen kann, ob noch weitere schulmedizinische Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Jedoch konnte auch die nunmehr zuständige Amtsärztin nach Durchsicht der vorhandenen Unterlagen bestätigen, dass jedenfalls sämtliche gängigen antirheumatischen Behandlungsmittel von der Ehefrau des Klägers erfolglos angewendet wurden.
36 
Im Ansatz zu Recht weist der Beklagte freilich darauf hin, dass sich das amtsärztliche Gutachten auf den Gesundheitszustand im Dezember 2005 bezog, während hier Beihilfeleistungen für Aufwendungen im Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 in Rede stehen. Den vom Kläger vorgelegten Behandlungsberichten der Klinik Am S. vom 13.07.2007 und 21.11.2008 lässt sich jedoch eindeutig entnehmen, dass sich unter der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin zwar die Beschwerden der Ehefrau des Klägers nachhaltig gebessert haben, die Fortsetzung der Behandlung jedoch auch zum maßgeblichen Leistungszeitraum medizinisch unzweideutig indiziert war. Eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustandes und der Notwendigkeit der Behandlung zum maßgeblichen Leistungszeitraum war vor allem deshalb nicht geboten, weil die Amtsärztin - wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert - eine ergänzende Begutachtung wegen des nunmehr abgelaufenen Zeitraumes für zu spekulativ und deshalb aus medizinischen Gründen nicht angemessen hält. Auch für den Senat ist vor diesem Hintergrund ohne Weiteres nachzuvollziehen, dass ein Amtsarzt selbst bei Auswertung der vorhandenen Behandlungsunterlagen keine Begutachtung für einen mehrere Jahre zurückliegenden Leistungszeitraum vornehmen kann.
37 
Unabhängig davon, dass dem geltenden Beihilferecht eine Erfolgsabhängigkeit fremd ist, hat der Amtsarzt im Übrigen bestätigt, dass die Therapie mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin bei der Ehefrau des Klägers sich als wirksam erwiesen habe und deshalb ein Verzicht auf teurere schulmedizinische Medikamente möglich gewesen sei. Danach ist es - wenn nicht sogar geboten - jedenfalls aber nicht zu beanstanden, wenn ein verantwortungsbewusster Arzt an dieser Behandlungsmethode - die das Landesamt hier im Übrigen in der Vergangenheit mit Beihilfeleistungen gefördert hat - festhält.
38 
e) Unerheblich ist deshalb für die vorliegende Fallgestaltung, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht für eine wissenschaftliche Anerkennung der Behandlung mit Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin für die bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten Krankheiten besteht.
39 
Eine solche Aussicht erscheint im Übrigen nicht ausgeschlossen, da nach dem zutreffenden Sachvortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 15.12.2008 die Traditionelle Chinesische Medizin bereits an zahlreichen deutschen medizinischen Fakultäten angewendet wird und in diesem Rahmen auch klinische Wirksamkeitsuntersuchungen durchgeführt werden. Ferner bestehen intensive Kooperationen von die traditionelle chinesische Medizin anwendenden niedergelassenen Ärzten und stationären klinischen Einrichtungen mit medizinischen Hochschulen, die ebenfalls eine wissenschaftliche Evaluierung der Methode zum Ziel haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus möglich, dass bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die attestieren, dass die Behandlungsmethode zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet ist und wirksam eingesetzt werden kann.
40 
Nach alldem war die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
41
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
43 
Beschluss vom 26. Juli 2010
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 183,88 EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.