Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 29. März 2005 - A 7 K 10406/04

bei uns veröffentlicht am29.03.2005

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen erstreben ihre Anerkennung als Asylberechtigte sowie Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 - 5 und 7 AufenthG.
Die am ...1985 geborene Klägerin Ziff. 1, und ihre Schwestern, die am ...1988 geborene Klägerin Ziff. 2 und die am ...1992 geborene Klägerin Ziff. 3 hatten bereits - mit ihren Eltern - in der Vergangenheit ein erfolgloses Asylverfahren durchlaufen, ihr erstes Asylverfahren wurde ausweislich der Angaben im hier streitgegenständlichen Bescheid am 14.01.1998 erfolglos abgeschlossen.
Am 01.07.1998 stellten die Eltern der Klägerinnen für diese einen Folgeantrag und begründeten diesen damit, den albanischen Volkszugehörigen drohe im Kosovo asylerhebliche Gruppenverfolgung seitens der serbischen Staatsmacht.
Mit Bescheid vom 24.09.1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung weiterer Asylverfahren ab. In den Gründen des Bescheides wird auch das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG verneint.
Am 23.10.1998 haben die Klägerinnen beim Verwaltungsgericht Sigmaringen gegen diesen Bescheid Klage erhoben. Zur Begründung der Klage haben sie sich zunächst auf die drohende Gruppenverfolgung berufen. Am 08.07.1999 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Mit Schriftsatz vom 18.10.1999 haben sich die Klägerinnen darauf berufen, sie hätten sich zwar bisher als Albanerinnen bezeichnet, gehörten jedoch der Gruppe der assimilierten, nur albanisch sprechenden Roma an und befürchteten Übergriffe durch die albanische Bevölkerungsmehrheit.
Nach dem erneuten Wiederanruf des Verfahrens im Januar 2000 haben die Klägerinnen geltend gemacht, der Volksgruppe der Ashkali anzugehören und berufen sich wiederum auf die befürchteten Übergriffe nationalistischer Albaner, die als mittelbare Gruppenverfolgung anzusehen sei.
Das Verfahren hat nach entsprechendem Antrag wiederum von 06.04.2000 bis 24.02.2004 geruht. Nach dem Wiederanruf machen die Klägerinnen geltend, die Sicherheitslage im Kosovo sei für Ashkali nach wie vor äußerst schwierig, sie würden auch von der Polizei diskriminiert. Außerdem hätten die Klägerinnen fast ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht, im Kosovo hätten sie niemanden mehr, der sie unterstützt. Für ihren Vater seien Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 AuslG festgestellt. Dieser sei auch auf Unterstützung, namentlich durch die Klägerin Ziff. 1 angewiesen. Hierzu ist eine ärztliche Stellungnahme des Arztes Dr. I. vom ... vorgelegt worden.
Die Klägerinnen beantragen,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.09.1998 aufzuheben und die beklagte Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen.
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Die Beklagte hat schriftsätzlich unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
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Die Klägerin Ziff. 1 hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, ihre Mutter und ihre Schwestern, die Klägerinnen Ziff. 2 und 3 hätten derzeit Aufenthaltserlaubnisse im Anschluss an das für ihren Vater festgestellte Abschiebungshindernis. Inhaltlich hat sie sich wiederum auf die allgemeinen Lebensumstände und die Gefährdungslage für die Ashkali berufen und geltend gemacht, hierunter leide sie besonders, zumal sie im Falle einer Abschiebung ganz auf sich selbst gestellt wäre.
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Die Beteiligten sind auf die bei der Entscheidung berücksichtigten Erkenntnismittelliste hingewiesen worden.
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Dem Gericht liegen die Akten der Beklagten vor. Auf den Inhalt dieser Akten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
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Die Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet. Der ablehnende Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.09.1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen deshalb nicht in ihren Rechten. Nach § 77 AsylVfG ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung der Sach- und Rechtslage der der mündlichen Verhandlung. Dies bedeutet, dass in Fällen, in denen - wie hier - die Entscheidung des Bundesamts auf der Basis des alten, bis 31.12.2004 geltenden Rechts erfolgten, die gerichtliche Prüfung gleichwohl unter Anwendung der seit 01.01.2005 geltenden Rechtslage zu erfolgen hat. Dies verhilft der Klage jedoch nicht zum Erfolg. Die Klägerinnen haben weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte noch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG oder des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG. Auch die von der Beklagten erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Politisch Verfolgter nach Art. 16 a Abs. 1 GG ist, wer für seine Person die aus Tatsachen begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung heben muss. Eine begründete Furcht vor politischer Verfolgung wegen des von dem Asylsuchenden geltend gemachten Verfolgungsanlasses besteht dann, wenn im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Hat ein Asylbewerber schon einmal politische Verfolgung erlitten, so kann ihm der asylrechtliche Schutz allerdings nur dann versagt werden, wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.07.1980 - 2 BvR 147/80 - u.a., BVerfGE 54, 341 = NJW 1980, 2641; BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1/94 -, InfAuslR 1995, 24 = EZAR 202 Nr. 24 = NVwZ 1995; 391; Urteil vom 19.08.1996 - 9 C 322/85 -, Buchholz 402.25, § 1 Nr. 54 und Urteil vom 25.09.1984 - 9 C 17/84 -, BVerwGE 70, 169; BVerwG, Urteil vom, 31.03.1981, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 27; BVerwGE 67, 314).
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Bei der Prüfung der Frage, ob sich ein Flüchtling in dem aufgezeigten Sinne in einer ausweglosen Lage zur Flucht entschlossen hat, vor der ihm das Asylrecht Schutz gewähren will, kann sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung eines Asylbewerbers nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgerstaates (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichtete Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (vgl. BVerfGE 83, 216, 231). Die Annahme einer derartigen Gruppenverfolgung setzt voraus, dass jedes im Verfolgungsgebiet im Verfolgungszeitraum lebende Gruppenmitglied nicht nur möglicherweise, latent oder potentiell, sondern wegen der Gruppenzugehörigkeit aktuell gefährdet ist, weil den Gruppenangehörigen insgesamt politische Verfolgung droht. Voraussetzung für die Bejahung des Tatbestandmerkmals „Gruppenverfolgung“ ist damit das Vorliegen einer bestimmten „Verfolgungsdichte“, die die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.04.1994 - 9 C 462/93 -, Buchholz 402.25, § 1 Nr. 160 = NVwZ 1994, 1121 = InfAuslR 1994, 345 und Urteil vom 15.05.1990 - 9 C 17/89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 123 = BVerwGE 85, 139). Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt, sondern dass die Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder abzielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht, weil auch keine verfolgungsfreien oder deutlich weniger gefährdeten Zonen oder Bereiche vorhanden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.01.1991 - 2 BvR 902/85 - u.a., BVerfGE 83, 216, BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158/94 -, DVBl 1994, 1409 = Buchholz 402.25, § 1 Nr. 174 = NVwZ 1995, 175 und Urteil vom 08.02.1989 - 9 C 33/87 -, Buchholz 402.25, § 1 Nr. 105).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließlich setzt das Asylrecht des Art. 16 a Abs. 1 GG nach seinem historischen und völkerrechtlich vorgeprägten, vom Verfassungsgeber übernommenen Gewährleistungsinhalt grundsätzlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus. Es ist - auch nach seiner humanitären Intention - darauf gerichtet, nur dem in einer für ihn ausweglosen Lage vor politischer Verfolgung Flüchtenden Zuflucht und Schutz zu gewähren. Das ist bei politisch Verfolgten, die etwa um ihre Freiheit, ihres Lebens, ihrer körperlichen Unversehrtheit willen aus ihrem Heimat- oder Aufenthaltsstaat fliehen müssen, erkennbar der Fall. Demgegenüber ist bei Tatbeständen, die erst nach dem Verlassen des Heimatstaates entstehen und eine Verfolgungsgefahr begründen (Nachfluchttatbestände) eine solche Flucht aus auswegloser Lage gerade nicht gegeben. Eine Erstreckung des Asylgrundrechts auf solche Nachfluchttatbestände kann deshalb nur infrage kommen, wenn sie nach dem Sinn und Zweck der Asylverfolgung gefordert ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.11.1986 - 2 BvR 1058/95 -, BVerfGE 74, 51 = NVwZ 87, 311 und Beschluss vom 17.11.1988 - 2 BvR 422/88 -, InfAuslR 1989, 31; BVerwG, Urteil vom 19.05.1997 - 9 C 184/86 -, BVerwGE 77, 258 = InfAuslR, 1987, 228).
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Nach diesen Grundsätzen ist hier keine Asylberechtigung gegeben. Das Gericht kann auch bei einer Gesamtschau (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.1989, - 9 C 1/89 -, BVerwGE 82, 171/174 = Buchholz 204.25, § 1 AsylVfG Nr. 112 und Beschluss vom 03.04.1995 - 9 B 758/94 -, DVBl 1995, 868 (LS) = Buchholz 402.25, § 1 Nr. 178) nicht feststellen, dass eine eigene, anlassgeprägte Einzelverfolgung oder eine kollektive Gruppenverfolgung vor der Flucht bestanden hat oder dass eine solche bei einer Rückkehr in den Heimatstaat droht. Es entspricht der Rechtsprechung aller mit Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art befassten Obergerichte, dass im Kosovo eine politische Gruppenverfolgung durch die - vormalige – serbischjugoslawische Staatsmacht nicht mehr stattfindet (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 14. 4.2005 - 13 A 654/05.A., Hess. VGH, Urteil v. 26.02.2003 - 7 UE 847/01.A -, Bay. VGH, Beschluss v. 11.09.2001 - 9 B 00.31496 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 31.01.2001 - 8 L 6555/96 -).
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Die Voraussetzungen des Art. 16 a Abs. 1 GG liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Gefahr politischer Verfolgung durch die jugoslawische bzw. serbische Staatsgewalt zum gegenwärtigen Zeitpunkt und auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Hierbei ist der Gesamtstaat Serbien und Montenegro, dem die Provinz Kosovo völkerrechtlich auch weiterhin angehört (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 - und Beschluss vom 13.12.1999 - A 14 S 2213/99 -), in den Blick zu nehmen (BVerwG, Urteil vom 05.10.1999 - 9 C 15.99 -, DVBl. 2000, 422). Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts für die Zeit nach Ende des Krieges im Kosovo im Juni 1999 ist davon auszugehen, dass den Klägerinnen in ihrer Heimat - der Provinz Kosovo - keine politische Verfolgung droht. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass derzeit nicht mehr von einer effektiven Gebietsgewalt und Handlungsfähigkeit der jugoslawischen bzw. serbischen Regierung über die Provinz Kosovo ausgegangen werden kann (vgl. zu diesem Kriterium BVerwG, Urteil vom 15.04.1997 - 9 C 15.96 -, BVerwGE 104, 254). Am 20.06.1999 wurde der Rückzug der jugoslawischen Armee sowie der serbischen Polizei entsprechend der UN-Resolution Nr. 1244 vom 10.06.1999 (abgedr. in: EuGRZ 1999, 362) vollständig abgeschlossen (vgl. etwa FAZ vom 21.06.1999). Gleichzeitig ist die UN-Friedenstruppe für den Kosovo (KFOR) eingezogen, die den Schutz der albanischen Zivilbevölkerung auch militärisch absichert und die durch besagte UN-Resolution ebenso wie die internationale Zivilpräsenz autorisiert wird. Eine politische Verfolgung durch jugoslawische Sicherheitskräfte oder serbische Polizeieinheiten kann daher derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Jedoch bedarf es nunmehr keiner Prüfung der Frage mehr, ob die Rückkehr unter dem Aspekt des Vorliegens einer inländischen Fluchtalternative im Kosovo zumutbar ist. Vielmehr sind Albaner im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien vor politischer Verfolgung hinreichend sicher (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, dem sich das Gericht anschließt). Für ethnische Minderheiten wie etwa die Ashkali, die von nationalistischen Albanern nicht (mehr) als solche angesehen werden, die sog. Ägypter und die Roma gilt nichts anderes.
23 
Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen nicht vor. § 60 Abs. 1 AufenthG regelt in Satz 1 - wie bisher § 51 Abs. 1 AuslG - , dass ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden darf, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach S. 3 kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Satz 4 regelt - über den bisherigen § 51 Abs.1 AuslG hinaus - dass eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 nicht nur von dem Staat, sondern auch Parteien und Organisationen ausgehen kann, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder auch von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
24 
Was eine vom Staat ausgehende Verfolgung betrifft, sind die Klägerinnen hinreichend sicher. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen, zum Asylanspruch gemachten Ausführungen Bezug genommen werden.
25 
Die Klägerinnen machen auch keine allein an ihr Geschlecht anknüpfende Bedrohung i.S.d. § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG geltend. Vielmehr berufen sie sich, was die Erörterung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, auf eine von nichtstaatlichen Akteuren ausgehende Verfolgung der Ashkali.
26 
Mit der in § 60 Abs. 1 AufenthG enthaltenen Neuregelung sollte verdeutlicht werden, dass der Schutz des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) auch auf Fälle von nichtstaatlicher Verfolgung erstreckt werden soll (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf v. 07.02.2003 , BT-Drucksache 15/420). Weder der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs noch dem Wortlaut der aufgrund der Verhandlungen im Juni 2004 entstandenen, letztlich Gesetz gewordenen Neufassung ist jedoch zu entnehmen, dass sich bei den für das Asylrecht entwickelten Prognosemaßstäben Änderungen ergeben sollten.
27 
Hiervon ausgehend ist auch bei der Beurteilung nichtstaatlicher Verfolgung in Fällen individueller Verfolgung zu unterscheiden, ob der Betroffene vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Desweiteren wird jedoch auch danach zu unterscheiden sein, ob sich der Betroffene bei der Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure auf eine eigene, anlassgeprägte Einzelverfolgung beruft oder ob er die Gefahr eigener - nichtstaatlicher - Verfolgung nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen herleitet (also - wie im Asylrecht - eine anlassgeprägte Einzelverfolgung geltend macht), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines im Rahmen des § 60 AufenthG relevanten Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Wird danach eine in einer Bedrohung durch Private wurzelnde Gruppenverfolgungssituation geltend gemacht, werden auch die hierzu im bisherigen Recht entwickelten Maßstäbe anzuwenden sein.
28 
Die Annahme einer derartigen von nichtstaatlichen Akteuren ausgehenden Gruppenverfolgung (§ 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG) setzt dann voraus, dass in Folge des Umstands, dass die in § 60 Abs. 1 S. 4 a und b AufenthG genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten eine Situation entstanden ist, in der jedes im Verfolgungsgebiet im Verfolgungszeitraum lebende Gruppenmitglied nicht nur möglicherweise, latent oder potentiell, sondern wegen seiner Gruppenzugehörigkeit aktuell gefährdet ist, weil den Gruppenangehörigen insgesamt Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure droht. Voraussetzung für die Annahme einer „Gruppenverfolgung“ ist damit - wie im Asylrecht - jedenfalls auch das Vorliegen einer bestimmten „Verfolgungsdichte“, die die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die in Folge fehlender oder unzureichender Schutzfähigkeit oder -willigkeit des Staates oder internationaler Organisationen entstandene Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in durch § 60 Abs. 1 AufenthG geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt, sondern dass die Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder abzielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht, weil insoweit auch keine verfolgungsfreien oder deutlich weniger gefährdeten Zonen oder Bereiche vorhanden sind (vgl. die oben zum Asylrecht dargestellten Nachweise zur staatlichen Gruppenverfolgung).
29 
Eine solche Bedrohungslage ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Kosovo für die Minderheiten der Roma, Ashkali und „Ägypter“ nicht ersichtlich. Dies entspricht auch der weit überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. OVG Saarland, Beschluss v. 15.06.2005 - Q 16/05 -,VG Karlsruhe, Urteil v. 03.03.2005 - A 4 K 10294/02 -, VG Stade, Urteil v. 22.02.2005 - 2 A 306/05 -, VG Braunschweig, Urteil v. 08.02.2005 - 6 A 541/04 - insbesondere zu Gorani und Bosniaken , VG Regensburg, Urteil v. 01.02.2005 – RN 6 K 04.30878 -, VG Aachen, Urteil v. 17.01.2005 - 9 K 1126/02.A -; a. A. VG Stuttgart, Urteile v. 17.01.2005 - A 10 K 10587/04 -, - A 10 K 10359/04, - A 10 K 14051/03 - sowie Urteil v. 31.01.2005 - A 10 K 13481/04 -).
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Dabei kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob § 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG in Fällen, in denen allein wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure befürchtet wird, eine „Verfolgungsdichte“ entsprechend einer staatlichen Gruppenverfolgung verlangt.
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Anhand der vorliegenden Erkenntnisse und der allgemein zugänglichen Quellen lässt sich nämlich feststellen, dass Angehörige der Volksgruppen der Roma, Ashkali und „Ägypter“ bei einer Rückkehr in den Kosovo auch vor Übergriffen nichtstaatlicher Akteure hinreichend sicher sind, da die internationalen Organisationen, die die Verwaltung im Kosovo innehaben, derzeit uneingeschränkt sowohl schutzwillig als auch hinreichend schutzfähig sind.
32 
Dies ergibt sich aus folgendem: Im unmittelbaren Anschluss an die NATO-Intervention im Kosovo im Sommer und Herbst 1999 waren (neben den serbischen Volkszugehörigen) die Minderheiten der Roma, Ashkali und „Ägypter“ massiven Übergriffen durch die albanische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt. Die bekannt gewordenen Übergriffe richteten sich überwiegend gegen solche Angehörige dieser Volksgruppen, die während der NATO-Luftangriffe im Kosovo verblieben waren, und sich deshalb - aus Sicht der zurückkehrenden ethnischen Albaner - dem Verdacht ausgesetzt sahen, mit den Serben kollaboriert oder zumindest „auf deren Seite“ gestanden zu haben.
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In der Folgezeit hat sich die Sicherheitslage jedoch verbessert (vgl. zur Entwicklung der Auskunftslage Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002; SFH, Bericht „Kosovo - Situation der Minderheiten“ - Update v. 02.04.2003; UNHCR, Bericht „Zehnte Beurteilung der Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo < Berichtszeitraum Mai bis Dezember 2002>“ und „Aktualisierung zur Situation der Roma, Ashkali, Ägypter, Bosniaken und Gorani im Kosovo“). Dies ist wesentlich auch durch die Schaffung bewachter Enklaven und die Anstrengungen der UNMIK-Polizei, der KPS und der KFOR erreicht worden. Gleichwohl wird die Sicherheitslage der Minderheiten derzeit durchgehend als noch nicht zufriedenstellend bezeichnet. Mittlerweile kann allerdings festgestellt werden, dass die Lage der Minderheiten, insb. ihre Gefährdung und ihre Bewegungsfreiheit nicht für den gesamten Kosovo einheitlich beurteilt werden kann, sondern dass es sowohl regionale Unterschiede als auch solche hinsichtlich der verschiedenen Minderheitsethnien gibt. Ein weiteres Problem für Minderheiten ist, dass sie im wirtschaftlichen Bereich, gerade auch bei der Bemühung um Arbeit und Hilfe- und Wiederaufbauleistungen benachteiligt werden (vgl. Auswärtiges Amt, SFH und UNHCR a.a.O.). Diskriminierung findet in großem Ausmaß statt, Bewegungsfreiheit, Zugang zum Arbeitsmarkt und sozialer Infrastruktur sind weiterhin erschwert (vgl. SFH, a.a.O.).
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Auch die Ereignisse vom März 2004 vermögen nicht zu einer grundlegenden Änderung dieser Einschätzung zu führen. Trotz der sog. März-Unruhen kann von hinreichender Verfolgungssicherheit ausgegangen werden. In der Zeit von 17. - 20. 03.2004 kam es im gesamten Kosovo zu gravierenden Unruhen, die von allen Beobachtern einhellig als die schlimmsten Übergriffe sein 1999 angesehen werden. Nach Angaben der UNMIK, Office of Returns and Communities (ORC) waren an den mehr als 30 Gewaltausbrüchen in den verschiedensten Gemeinden des Kosovo rund 50.000 Personen beteiligt. Es wurden ca. 4.100 Menschen vertrieben, 19 Menschen getötet und 870 verletzt, ferner wurden 935 Häuser und 33 orthodoxe Kirchen und Klöster zerstört oder beschädigt, ebenso 150 UNMIK-Fahrzeuge (vgl. zum Ablauf der Ereignisse und den Ursachen Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) v. 04.11.2004; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004 v. 24.05.2005; UNHCR, Position zur fortdauernden internationalen Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo, August 2004). Bei der Beurteilung dieser Ereignisse kann jedoch nicht übersehen werden, dass die Übergriffe ganz überwiegend gegen serbische Volkszugehörige gerichtet waren: Von den Vertriebenen gehörten nur ca. 390 der Volksgruppe der Roma, Ashkali oder „Ägypter“ an, Todesopfer hatten diese Volksgruppen nicht zu beklagen. Zwar kam es z.B. in Obilic, Fushe Kosove und Lipljan zu Übergriffen auch auf Roma, Ashkali oder „Ägypter“, bei denen es Verletzte gab und bei denen Häuser niedergebrannt wurden, ausgesprochen schwer betroffen waren die jedoch nur die Ashkali in Vucitern/Vushtrii, wo 50 Häuser zerstört oder beschädigt wurden und 65 Familien von den KFOR-Truppen evakuiert werden mussten (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O, UNHCR, a.a.O., SFH, a.a.O). Den genannten Auskünften ist auch zu entnehmen, dass die Kräfte der KFOR, der UN-Polizei (Civpol) und der Kosovo-Polizei (KPS) von den Übergriffen überrascht wurden und mehrere Tage benötigten, um die Lage wieder völlig in den Griff zu bekommen, wobei hierfür verschiedene Ursachen genannt werden.
35 
Auch die Berücksichtigung dieser - zeitlich beschränkten - Ereignisse erlaubt jedoch nicht den Schluss auf fehlende Schutzbereitschaft der KFOR und der Polizeieinheiten und auch nicht auf eine unzureichende Schutzfähigkeit. Die Analyse der genannten Auskünfte zeigt, dass für die Entwicklung verschiedene Faktoren maßgeblich waren: So waren die Sicherheitskräfte auf die Übergriffe nicht vorbereitet, insbesondere war es für sie überraschend, dass die Gewalttätigkeiten rasch auf den ganzen Kosovo übergriffen. Hinzu mag gekommen sein, dass es zwischen den verschiedenen Einheiten der KFOR und zwischen der KFOR und der Polizei auch bei der Koordination des Vorgehens und gegenseitiger Hilfeleistungen zu Missständen gekommen ist und die Ausrüstung gerade der KFOR-Kräfte teilweise nicht für den Einsatz gegen Menschenmassen geeignet waren. Jedenfalls haben sich die KFOR-Kräfte darauf konzentriert, Menschenleben zu schützen und betroffene Minderheitenangehörige aus der Gefahrenzone zu evakuieren, allerdings um den Preis, dass dann häufig deren Häuser zerstört oder beschädigt wurden. Zwar wird gerade hieran häufig der Vorwurf unzureichender Schutzfähigkeit angeknüpft. Dem vermag das Gericht jedoch nicht zu folgen. Denn gerade in Ländern mit ethnischen Spannungen vermag eine Ordnungsmacht nie die völlige Sicherheit einzelner Volksgruppen zu garantieren. Kommt es gar flächendeckend zu Gewaltausbrüchen gegenüber einzelnen Volksgruppen, wird es regelmäßig eine gewisse Zeit - auch mehrere Tage - benötigen, die Sicherheit wieder herzustellen. Weder hieraus noch aus der Art des Vorgehens kann aber hier der Schluss auf fehlende Schutzfähigkeit gezogen werden. Dass der Schwerpunkt auf die Rettung der Menschen gelegt wurde und es dabei zu Defiziten beim Schutz von deren Häusern gekommen ist, entsprang wohl der Interpretation der Handelnden über die Zielsetzung des KFOR-Einsatzes, hieraus kann jedoch nicht der Schluss auf fehlende Schutzfähigkeit gezogen werden. Vielmehr ist es nachvollziehbar, dass in der damaligen akuten Krisensituation der Weg der Evakuierung betroffener Minderheitenangehöriger gewählt wurde, um Menschenleben zu retten und eine weitere Eskalation zu verhindern. Entscheidend ist jedoch, dass es gelang, in angemessener Zeit die Unruhen zu beenden und (schon) am 21.03.2005 die Sicherheit weitestgehend wieder hergestellt war. Von Bedeutung ist auch, dass es seither zu keinen gravierenden Übergriffen mehr gekommen ist, was durchaus belegt, dass die Sicherheitslage auch für die Minderheiten hinreichend wiederhergestellt ist. Die März-Unruhen sind danach als singuläres Ereignis zu werten, das nicht geeignet ist, ein generelles Schutzdefizit anzunehmen.
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Bei der Prognose der Verfolgungssicherheit ist im übrigen auch zu beachten, dass § 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG Schutz (nur) gewährt, wenn (u.a.) internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren. Auch angesichts der Defizite, die anlässlich der März-Unruhen bei den Sicherheitskräften sichtbar geworden sind, kann insoweit aber nicht als erwiesen gelten, dass sie künftig nicht in der Lage wären, die Sicherheit auch der Minderheiten hinreichend zu gewähren.
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Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen also nicht vor.
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Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 - 5 AufenthG liegen gleichfalls nicht vor. Diese entsprechen in Wortlaut und Inhalt den bisher in 53 Abs. 1 - 4 AuslG enthaltenen Regelungen, so dass insoweit eine Rechtsänderung nicht eingetreten ist. Solche Abschiebungshindernisse scheiden aus, zumal eine "unmenschliche Behandlung" nach Abs. 5 i.V.m. Art. 3 EMRK zielgerichtete Maßnahmen staatlicher oder dem Staat zurechenbarer (serbischer) Kräfte erfordert (vgl. zu den entsprechenden Regelungen des AuslG BVerwG, Urteil vom 25.04.1997, InfAuslR 1997, 341; vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 476 und vom 04.06.1996, InfAuslR 1996, 289), woran es - wie oben dargelegt - derzeit in Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo fehlt.
39 
Es können auch keine Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG - früher § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG - festgestellt werden (vgl. insoweit die weit überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Unruhen im März 2004: VG Karlsruhe, Urteil v. 03.03.2005 - A 4 K 10294/02 -, VG Aachen, Urteil v. 25.02.2005 - 9 K 1051/03.A -, VG Lüneburg, Urteil v. 15.02.2005 - 4 A 58/04 -, VG Braunschweig, Urteil v. 08.02.2005 - 6 A 541/04 - insbesondere zu Gorani und Bosniaken, VG Regensburg, Urteil v. 01.02.2005 - 6 A 541/04 -, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 08.12.2004 - 13 A 4851/04 -, OVG Thüringen, Beschluss v. 06.04.2004 - 3 ZKO 168/04 -, OVG Saarland, Urteil v. 21.09.2004 - 1 R 8/04 - und OVG Niedersachsen, Urteil v. 10.08.2004 - 13 LA 195/04 -).
40 
Nach dieser Vorschrift soll (im früheren § 53 Abs. 6 AuslG: kann) von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren in diesem Staat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, werden (allerdings) bei Entscheidungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (früher § 54 AuslG )berücksichtigt. Bei Anwendung des insoweit zu Grunde zu legenden rechtlichen Maßstabs, wonach in den Fällen, in denen bei einer allgemeinen Gefahrenlage eine Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (früher § 54 AuslG) fehlt, ein Abschiebungsverbot bzw. -hindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG nur dann bejaht werden kann, wenn die Gefahrenlage landesweit so beschaffen ist, dass jeder von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen überantwortet würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 - Buchholz 402.240 Nr. § 53 Nr. 11, Urteil vom 29.03.1996 - 9 C 116.95 -, Buchholz 402.240 § 53 Nr. 31, Urteil vom 19.11 1996 - 1 C 6 95 - Buchholz 402.240 § 53 Nr. 5), liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor. Auf Grund der allgemeinkundigen und den in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen vermag das Gericht bei einer derzeitigen Rückkehr in den Kosovo substantiierte Anhaltspunkte weder hinsichtlich der Versorgungslage noch der Sicherheitslage eine existenzbedrohende Gefährdung festzustellen.
41 
Die wirtschaftliche Lage im Kosovo ist nach wie vor als schwierig anzusehen. Die Arbeitslosigkeit wird vom Ministerium für Arbeit und Soziales auf 57 % geschätzt. Das durchschnittliche Gehalt lag 2003 bei etwa 150,- EUR, etwa 30 % der Bevölkerung leben nach diesen Schätzungen in Armut (vgl. UNHCR, Auskunft v. 24.10.2003 an VG Saarlouis). Gleichwohl ist die Grundversorgung mit existentiellen Lebensmitteln sichergestellt. Die Bevölkerung des Kosovo ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen (vgl. Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002). Es gibt ein Sozialhilfesystem, das allen Bewohnern des Kosovo, die die Aufnahmebedingungen erfüllen, offen steht (vgl. UNHCR, Auskunft v. 24.10.2003 an VG Saarlouis mit näheren Ausführungen zu den Ansprüchen, allerdings skeptisch zu deren Höhe). Die Wohnraumversorgung hat sich wesentlich verbessert. Von den (nach Schätzungen der EU-Kommission) ca. 100.000 schwer beschädigten oder zerstörten Häusern wurden bisher mehr als 40.000 repariert (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002). Von Personen, die in den Kosovo zurückkehren ohne über eine eigene Unterkunft zu verfügen wird zunächst erwartet, dass sie bei Familienangehörigen, Freunden oder Gastfamilien unterkommen. Sollte das im Einzelfall nicht möglich sein, kommt eine Unterbringung in Notunterkünften (Sammelunterkünften) in Betracht, die Entscheidung über die Aufnahme in einem sog. Temporary Community Shelter liegt bei der örtlichen Gemeinde (vgl. UNHCR, a.a.O.). Nicht verkannt werden kann auch, dass sich wirtschaftlich gesehen über die letzten Jahre sehr viel verbessert hat. Tausende zumeist kleine Betriebe sind eröffnet worden. Hunderte von Nichtregierungsorganisationen (NROs) haben zusammen mit der EU diese Arbeit geleistet (vgl. Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina, Sonderbericht Februar 2003, wonach auch fast alle Häuser wieder aufgebaut sind). An der Wiederherstellung der medizinischen Grundversorgung wird prioritär gearbeitet, dennoch sind die Möglichkeiten, komplizierte Behandlungen oder Operationen vorzunehmen noch begrenzt. Gleichwohl kommt die medizintechnische Grundversorgung der Hospitäler weiter voran. Der Schul- und Hochschulbetrieb konnte bereits im September 1999 wieder aufgenommen werden. Die Wiederaufbau- und Reparaturmaßnahmen an den Schulen, von denen 2/3 durch den Kosovo-Konflikt in Mitleidenschaft gezogen wurden, sind inzwischen (teil-) abgeschlossen (vgl. Ad-hoc-Bericht, a.a.O.).
42 
Für die Angehörigen der Minderheiten gilt nichts grundlegend anderes. Es wurde bereits oben ausgeführt, dass ein gravierendes Problem für Minderheiten ist, dass sie im wirtschaftlichen Bereich, gerade auch bei der Bemühung um Arbeit und Hilfe- und Wiederaufbauleistungen benachteiligt werden (vgl. auch Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002; SFH, Bericht „Kosovo - Situation der Minderheiten“ - Update v. 02.04.2003; UNHCR, Bericht „Zehnte Beurteilung der Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo < Berichtszeitraum Mai bis Dezember 2002>“ und „Aktualisierung zur Situation der Roma, Ashkali, Ägypter, Bosniaken und Gorani im Kosovo“). Diskriminierung findet in großem Ausmaß statt, Bewegungsfreiheit, Zugang zum Arbeitsmarkt und sozialer Infrastruktur sind weiterhin erschwert (vgl. SFH, a.a.O.). Ungeachtet all dieser Probleme ist nicht ersichtlich, dass Angehörige von Minderheiten existentiell Hunger leiden oder in ähnlicher Weise gefährdet sind, insbesondere ist der - nach wie vor dichten - Berichterstattung nichts dafür zu entnehmen, dass es derzeit allgemein zu schwerwiegenden Existenzgefährdungen kommt.
43 
Auch die allgemeine Sicherheitslage im Kosovo ist so gestaltet, dass die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot bzw. -hindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG (bzw. früher § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG) nicht vorliegen. Dies lässt sich zunächst feststellen für die Zeit von 1999 bis zu den Unruhen von März 2004. Die KFOR-Truppen hatten bis dahin die allgemeine Sicherheit im Kosovo weitgehend hergestellt. Die Gefahr, im Kosovo Ziel von Übergriffen serbischer Kräfte zu werden, war erkennbar unerheblich, vielmehr konnte im Kosovo eher Gewalt gegen Minderheiten von albanischer Seite ausgehen. Der Aufbau einer zivilen Übergangsverwaltung in Umsetzung der UN-Resolution hatte erkennbar Fortschritte gemacht. Neben der Ernennung eines UN-Beauftragten und von über vierhundert UN-Administratoren waren bereits internationale zivile und militärische Polizisten nach einer speziellen Vorbereitung in den Kosovo entsandt worden. Auch andere KFOR-Staaten verstärkten in ihren Sektoren die Polizeipräsenz. Die zivile UN-Verwaltung nahm die administrativen Funktionen wahr und besorgte die Errichtung einer provinzeigenen Verwaltung einschließlich des Aufbaus eines Polizeiapparates, des Grenzkontrolldienstes sowie der Justiz. Jedenfalls in den Großstädten des Kosovo war wieder die frühere Geschäftstätigkeit und das frühere Treiben zurückgekehrt. Für die zerstörten Bereiche waren Programme verschiedener Hilfsorganisationen in Form tätiger oder finanzieller Aufbauhilfen angelaufen. Die für alle Bevölkerungsgruppen im Kosovo noch erschwerten Lebensbedingungen hatten sich insgesamt bereits spürbar verbessert. Seit dem Jahr 2000 bis zum März 2004 hatte sich die Lage auch für Minderheiten im Kosovo insgesamt verbessert (vgl. z.B. Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, BR Jugoslawien/Kosovo: Roma, Ashkali und Ägypter: Aktuelle Situation, Verfahren, Rechtsprechung, März 2002; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosova - Situation der Minderheiten, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten, 16.04.2002; Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo vom 27.11.2002; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosova - Situation der Minderheiten, Update, 02.04.2003; amnesty international, Länderkurzbericht Serbien und Montenegro inkl. Kosovo/Kosova, Oktober 2003).
44 
Auch die Unruhen vom März 2004 vermögen keine andere Einschätzung zu begründen. Dies gilt gerade auch für die Angehörigen der Volksgruppen der Roma, Ashkali und „Ägypter“. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Sind - wie oben ausgeführt - die Angehörigen dieser Volksgruppe bei einer Rückkehr vor Übergriffen - auch durch nichtstaatliche Akteure - hinreichend sicher, droht ihnen erst recht keine erhebliche konkrete Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG. Das Gericht ist weiterhin der Auffassung, dass auch den Angehörigen der Volksgruppen der Roma, Ashkali und „Ägypter“ eine freiwillige Ausreise in den Kosovo zumutbar ist (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss v. 30.03.2005 - 7 K 2192/04 - und Urteil v. 13.12.2004 - 5 K 346/04 -).
45 
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Wiederaufbau des Kosovo weder im Versorgungs- noch im Sicherheitssektor als abgeschlossen angesehen werden kann und noch weit hinter den Standards etwa der BRD zurückbleibt. Dies ist jedoch nicht entscheidend. Angesichts des oben dargestellten rechtlichen Maßstabs ist maßgeblich, dass eine existentielle Gefährdung generell nicht erwartet werden kann.
46 
Auch individuelle Gesichtspunkte in der Person der Klägerinnen vermögen zu keiner anderen Entscheidung zu führen. Die Klägerinnen Ziff. 2 und 3 verfügen derzeit, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, über Aufenthaltserlaubnisse, so dass sich die Frage einer Abschiebung nicht stellt. Zwar wäre eine Rückkehr insb. für die Klägerin Ziff. 1 ohne ihre Familie schwer, jedoch ist nicht ersichtlich, dass sie eine existentielle Gefährdung zur Folge haben würde, zumal die Familie sie von Deutschland aus wirtschaftlich unterstützen könnte. Die Klägerinnen - insb. die Klägerin Ziff. 1 - berufen sich wesentlich auf die Erkrankung ihres Vaters und dass sie bei seiner Versorgung und Pflege behilflich sein müssten. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Überprüfung, in welchem Umfang der Vater der Klägerinnen auf deren Hilfe angewiesen ist und ob ohne diese eine Gesundheits- oder gar Lebensgefahr eintreten würde. Dieser Gesichtspunkt begründet für die Klägerinnen nämlich keinesfalls ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, das unter § 60 Abs. 7 AufenthG subsumiert werden könnte. Dies wird von der Ausländerbehörde bei der Prüfung der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann bzw. ob von einer Abschiebung abgesehen werden soll zu prüfen sein. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Das Gericht weist gleichwohl darauf hin, dass neben der familiären Bindungen auch der langjährige Aufenthalt von der Ausländerbehörde, insb. bei der Ausübung des Ermessens, zu berücksichtigen sein wird.
47 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es bestand keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären, nachdem er sich im Verfahren nicht weiter geäußert hat. Das Verfahren ist nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Gründe

 
16 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
17 
Die Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet. Der ablehnende Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24.09.1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen deshalb nicht in ihren Rechten. Nach § 77 AsylVfG ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung der Sach- und Rechtslage der der mündlichen Verhandlung. Dies bedeutet, dass in Fällen, in denen - wie hier - die Entscheidung des Bundesamts auf der Basis des alten, bis 31.12.2004 geltenden Rechts erfolgten, die gerichtliche Prüfung gleichwohl unter Anwendung der seit 01.01.2005 geltenden Rechtslage zu erfolgen hat. Dies verhilft der Klage jedoch nicht zum Erfolg. Die Klägerinnen haben weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte noch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG oder des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG. Auch die von der Beklagten erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
18 
Politisch Verfolgter nach Art. 16 a Abs. 1 GG ist, wer für seine Person die aus Tatsachen begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung heben muss. Eine begründete Furcht vor politischer Verfolgung wegen des von dem Asylsuchenden geltend gemachten Verfolgungsanlasses besteht dann, wenn im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Hat ein Asylbewerber schon einmal politische Verfolgung erlitten, so kann ihm der asylrechtliche Schutz allerdings nur dann versagt werden, wenn eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.07.1980 - 2 BvR 147/80 - u.a., BVerfGE 54, 341 = NJW 1980, 2641; BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1/94 -, InfAuslR 1995, 24 = EZAR 202 Nr. 24 = NVwZ 1995; 391; Urteil vom 19.08.1996 - 9 C 322/85 -, Buchholz 402.25, § 1 Nr. 54 und Urteil vom 25.09.1984 - 9 C 17/84 -, BVerwGE 70, 169; BVerwG, Urteil vom, 31.03.1981, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 27; BVerwGE 67, 314).
19 
Bei der Prüfung der Frage, ob sich ein Flüchtling in dem aufgezeigten Sinne in einer ausweglosen Lage zur Flucht entschlossen hat, vor der ihm das Asylrecht Schutz gewähren will, kann sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung eines Asylbewerbers nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgerstaates (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichtete Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (vgl. BVerfGE 83, 216, 231). Die Annahme einer derartigen Gruppenverfolgung setzt voraus, dass jedes im Verfolgungsgebiet im Verfolgungszeitraum lebende Gruppenmitglied nicht nur möglicherweise, latent oder potentiell, sondern wegen der Gruppenzugehörigkeit aktuell gefährdet ist, weil den Gruppenangehörigen insgesamt politische Verfolgung droht. Voraussetzung für die Bejahung des Tatbestandmerkmals „Gruppenverfolgung“ ist damit das Vorliegen einer bestimmten „Verfolgungsdichte“, die die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.04.1994 - 9 C 462/93 -, Buchholz 402.25, § 1 Nr. 160 = NVwZ 1994, 1121 = InfAuslR 1994, 345 und Urteil vom 15.05.1990 - 9 C 17/89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 123 = BVerwGE 85, 139). Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt, sondern dass die Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder abzielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht, weil auch keine verfolgungsfreien oder deutlich weniger gefährdeten Zonen oder Bereiche vorhanden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.01.1991 - 2 BvR 902/85 - u.a., BVerfGE 83, 216, BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158/94 -, DVBl 1994, 1409 = Buchholz 402.25, § 1 Nr. 174 = NVwZ 1995, 175 und Urteil vom 08.02.1989 - 9 C 33/87 -, Buchholz 402.25, § 1 Nr. 105).
20 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließlich setzt das Asylrecht des Art. 16 a Abs. 1 GG nach seinem historischen und völkerrechtlich vorgeprägten, vom Verfassungsgeber übernommenen Gewährleistungsinhalt grundsätzlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus. Es ist - auch nach seiner humanitären Intention - darauf gerichtet, nur dem in einer für ihn ausweglosen Lage vor politischer Verfolgung Flüchtenden Zuflucht und Schutz zu gewähren. Das ist bei politisch Verfolgten, die etwa um ihre Freiheit, ihres Lebens, ihrer körperlichen Unversehrtheit willen aus ihrem Heimat- oder Aufenthaltsstaat fliehen müssen, erkennbar der Fall. Demgegenüber ist bei Tatbeständen, die erst nach dem Verlassen des Heimatstaates entstehen und eine Verfolgungsgefahr begründen (Nachfluchttatbestände) eine solche Flucht aus auswegloser Lage gerade nicht gegeben. Eine Erstreckung des Asylgrundrechts auf solche Nachfluchttatbestände kann deshalb nur infrage kommen, wenn sie nach dem Sinn und Zweck der Asylverfolgung gefordert ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.11.1986 - 2 BvR 1058/95 -, BVerfGE 74, 51 = NVwZ 87, 311 und Beschluss vom 17.11.1988 - 2 BvR 422/88 -, InfAuslR 1989, 31; BVerwG, Urteil vom 19.05.1997 - 9 C 184/86 -, BVerwGE 77, 258 = InfAuslR, 1987, 228).
21 
Nach diesen Grundsätzen ist hier keine Asylberechtigung gegeben. Das Gericht kann auch bei einer Gesamtschau (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.1989, - 9 C 1/89 -, BVerwGE 82, 171/174 = Buchholz 204.25, § 1 AsylVfG Nr. 112 und Beschluss vom 03.04.1995 - 9 B 758/94 -, DVBl 1995, 868 (LS) = Buchholz 402.25, § 1 Nr. 178) nicht feststellen, dass eine eigene, anlassgeprägte Einzelverfolgung oder eine kollektive Gruppenverfolgung vor der Flucht bestanden hat oder dass eine solche bei einer Rückkehr in den Heimatstaat droht. Es entspricht der Rechtsprechung aller mit Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art befassten Obergerichte, dass im Kosovo eine politische Gruppenverfolgung durch die - vormalige – serbischjugoslawische Staatsmacht nicht mehr stattfindet (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 14. 4.2005 - 13 A 654/05.A., Hess. VGH, Urteil v. 26.02.2003 - 7 UE 847/01.A -, Bay. VGH, Beschluss v. 11.09.2001 - 9 B 00.31496 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 31.01.2001 - 8 L 6555/96 -).
22 
Die Voraussetzungen des Art. 16 a Abs. 1 GG liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Gefahr politischer Verfolgung durch die jugoslawische bzw. serbische Staatsgewalt zum gegenwärtigen Zeitpunkt und auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Hierbei ist der Gesamtstaat Serbien und Montenegro, dem die Provinz Kosovo völkerrechtlich auch weiterhin angehört (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 - und Beschluss vom 13.12.1999 - A 14 S 2213/99 -), in den Blick zu nehmen (BVerwG, Urteil vom 05.10.1999 - 9 C 15.99 -, DVBl. 2000, 422). Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts für die Zeit nach Ende des Krieges im Kosovo im Juni 1999 ist davon auszugehen, dass den Klägerinnen in ihrer Heimat - der Provinz Kosovo - keine politische Verfolgung droht. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass derzeit nicht mehr von einer effektiven Gebietsgewalt und Handlungsfähigkeit der jugoslawischen bzw. serbischen Regierung über die Provinz Kosovo ausgegangen werden kann (vgl. zu diesem Kriterium BVerwG, Urteil vom 15.04.1997 - 9 C 15.96 -, BVerwGE 104, 254). Am 20.06.1999 wurde der Rückzug der jugoslawischen Armee sowie der serbischen Polizei entsprechend der UN-Resolution Nr. 1244 vom 10.06.1999 (abgedr. in: EuGRZ 1999, 362) vollständig abgeschlossen (vgl. etwa FAZ vom 21.06.1999). Gleichzeitig ist die UN-Friedenstruppe für den Kosovo (KFOR) eingezogen, die den Schutz der albanischen Zivilbevölkerung auch militärisch absichert und die durch besagte UN-Resolution ebenso wie die internationale Zivilpräsenz autorisiert wird. Eine politische Verfolgung durch jugoslawische Sicherheitskräfte oder serbische Polizeieinheiten kann daher derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Jedoch bedarf es nunmehr keiner Prüfung der Frage mehr, ob die Rückkehr unter dem Aspekt des Vorliegens einer inländischen Fluchtalternative im Kosovo zumutbar ist. Vielmehr sind Albaner im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien vor politischer Verfolgung hinreichend sicher (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, dem sich das Gericht anschließt). Für ethnische Minderheiten wie etwa die Ashkali, die von nationalistischen Albanern nicht (mehr) als solche angesehen werden, die sog. Ägypter und die Roma gilt nichts anderes.
23 
Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen nicht vor. § 60 Abs. 1 AufenthG regelt in Satz 1 - wie bisher § 51 Abs. 1 AuslG - , dass ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden darf, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach S. 3 kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Satz 4 regelt - über den bisherigen § 51 Abs.1 AuslG hinaus - dass eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 nicht nur von dem Staat, sondern auch Parteien und Organisationen ausgehen kann, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder auch von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
24 
Was eine vom Staat ausgehende Verfolgung betrifft, sind die Klägerinnen hinreichend sicher. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen, zum Asylanspruch gemachten Ausführungen Bezug genommen werden.
25 
Die Klägerinnen machen auch keine allein an ihr Geschlecht anknüpfende Bedrohung i.S.d. § 60 Abs. 1 S. 3 AufenthG geltend. Vielmehr berufen sie sich, was die Erörterung in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, auf eine von nichtstaatlichen Akteuren ausgehende Verfolgung der Ashkali.
26 
Mit der in § 60 Abs. 1 AufenthG enthaltenen Neuregelung sollte verdeutlicht werden, dass der Schutz des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) auch auf Fälle von nichtstaatlicher Verfolgung erstreckt werden soll (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf v. 07.02.2003 , BT-Drucksache 15/420). Weder der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs noch dem Wortlaut der aufgrund der Verhandlungen im Juni 2004 entstandenen, letztlich Gesetz gewordenen Neufassung ist jedoch zu entnehmen, dass sich bei den für das Asylrecht entwickelten Prognosemaßstäben Änderungen ergeben sollten.
27 
Hiervon ausgehend ist auch bei der Beurteilung nichtstaatlicher Verfolgung in Fällen individueller Verfolgung zu unterscheiden, ob der Betroffene vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Desweiteren wird jedoch auch danach zu unterscheiden sein, ob sich der Betroffene bei der Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure auf eine eigene, anlassgeprägte Einzelverfolgung beruft oder ob er die Gefahr eigener - nichtstaatlicher - Verfolgung nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen herleitet (also - wie im Asylrecht - eine anlassgeprägte Einzelverfolgung geltend macht), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines im Rahmen des § 60 AufenthG relevanten Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Wird danach eine in einer Bedrohung durch Private wurzelnde Gruppenverfolgungssituation geltend gemacht, werden auch die hierzu im bisherigen Recht entwickelten Maßstäbe anzuwenden sein.
28 
Die Annahme einer derartigen von nichtstaatlichen Akteuren ausgehenden Gruppenverfolgung (§ 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG) setzt dann voraus, dass in Folge des Umstands, dass die in § 60 Abs. 1 S. 4 a und b AufenthG genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten eine Situation entstanden ist, in der jedes im Verfolgungsgebiet im Verfolgungszeitraum lebende Gruppenmitglied nicht nur möglicherweise, latent oder potentiell, sondern wegen seiner Gruppenzugehörigkeit aktuell gefährdet ist, weil den Gruppenangehörigen insgesamt Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure droht. Voraussetzung für die Annahme einer „Gruppenverfolgung“ ist damit - wie im Asylrecht - jedenfalls auch das Vorliegen einer bestimmten „Verfolgungsdichte“, die die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die in Folge fehlender oder unzureichender Schutzfähigkeit oder -willigkeit des Staates oder internationaler Organisationen entstandene Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in durch § 60 Abs. 1 AufenthG geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt, sondern dass die Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder abzielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht, weil insoweit auch keine verfolgungsfreien oder deutlich weniger gefährdeten Zonen oder Bereiche vorhanden sind (vgl. die oben zum Asylrecht dargestellten Nachweise zur staatlichen Gruppenverfolgung).
29 
Eine solche Bedrohungslage ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Kosovo für die Minderheiten der Roma, Ashkali und „Ägypter“ nicht ersichtlich. Dies entspricht auch der weit überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. OVG Saarland, Beschluss v. 15.06.2005 - Q 16/05 -,VG Karlsruhe, Urteil v. 03.03.2005 - A 4 K 10294/02 -, VG Stade, Urteil v. 22.02.2005 - 2 A 306/05 -, VG Braunschweig, Urteil v. 08.02.2005 - 6 A 541/04 - insbesondere zu Gorani und Bosniaken , VG Regensburg, Urteil v. 01.02.2005 – RN 6 K 04.30878 -, VG Aachen, Urteil v. 17.01.2005 - 9 K 1126/02.A -; a. A. VG Stuttgart, Urteile v. 17.01.2005 - A 10 K 10587/04 -, - A 10 K 10359/04, - A 10 K 14051/03 - sowie Urteil v. 31.01.2005 - A 10 K 13481/04 -).
30 
Dabei kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob § 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG in Fällen, in denen allein wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure befürchtet wird, eine „Verfolgungsdichte“ entsprechend einer staatlichen Gruppenverfolgung verlangt.
31 
Anhand der vorliegenden Erkenntnisse und der allgemein zugänglichen Quellen lässt sich nämlich feststellen, dass Angehörige der Volksgruppen der Roma, Ashkali und „Ägypter“ bei einer Rückkehr in den Kosovo auch vor Übergriffen nichtstaatlicher Akteure hinreichend sicher sind, da die internationalen Organisationen, die die Verwaltung im Kosovo innehaben, derzeit uneingeschränkt sowohl schutzwillig als auch hinreichend schutzfähig sind.
32 
Dies ergibt sich aus folgendem: Im unmittelbaren Anschluss an die NATO-Intervention im Kosovo im Sommer und Herbst 1999 waren (neben den serbischen Volkszugehörigen) die Minderheiten der Roma, Ashkali und „Ägypter“ massiven Übergriffen durch die albanische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt. Die bekannt gewordenen Übergriffe richteten sich überwiegend gegen solche Angehörige dieser Volksgruppen, die während der NATO-Luftangriffe im Kosovo verblieben waren, und sich deshalb - aus Sicht der zurückkehrenden ethnischen Albaner - dem Verdacht ausgesetzt sahen, mit den Serben kollaboriert oder zumindest „auf deren Seite“ gestanden zu haben.
33 
In der Folgezeit hat sich die Sicherheitslage jedoch verbessert (vgl. zur Entwicklung der Auskunftslage Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002; SFH, Bericht „Kosovo - Situation der Minderheiten“ - Update v. 02.04.2003; UNHCR, Bericht „Zehnte Beurteilung der Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo < Berichtszeitraum Mai bis Dezember 2002>“ und „Aktualisierung zur Situation der Roma, Ashkali, Ägypter, Bosniaken und Gorani im Kosovo“). Dies ist wesentlich auch durch die Schaffung bewachter Enklaven und die Anstrengungen der UNMIK-Polizei, der KPS und der KFOR erreicht worden. Gleichwohl wird die Sicherheitslage der Minderheiten derzeit durchgehend als noch nicht zufriedenstellend bezeichnet. Mittlerweile kann allerdings festgestellt werden, dass die Lage der Minderheiten, insb. ihre Gefährdung und ihre Bewegungsfreiheit nicht für den gesamten Kosovo einheitlich beurteilt werden kann, sondern dass es sowohl regionale Unterschiede als auch solche hinsichtlich der verschiedenen Minderheitsethnien gibt. Ein weiteres Problem für Minderheiten ist, dass sie im wirtschaftlichen Bereich, gerade auch bei der Bemühung um Arbeit und Hilfe- und Wiederaufbauleistungen benachteiligt werden (vgl. Auswärtiges Amt, SFH und UNHCR a.a.O.). Diskriminierung findet in großem Ausmaß statt, Bewegungsfreiheit, Zugang zum Arbeitsmarkt und sozialer Infrastruktur sind weiterhin erschwert (vgl. SFH, a.a.O.).
34 
Auch die Ereignisse vom März 2004 vermögen nicht zu einer grundlegenden Änderung dieser Einschätzung zu führen. Trotz der sog. März-Unruhen kann von hinreichender Verfolgungssicherheit ausgegangen werden. In der Zeit von 17. - 20. 03.2004 kam es im gesamten Kosovo zu gravierenden Unruhen, die von allen Beobachtern einhellig als die schlimmsten Übergriffe sein 1999 angesehen werden. Nach Angaben der UNMIK, Office of Returns and Communities (ORC) waren an den mehr als 30 Gewaltausbrüchen in den verschiedensten Gemeinden des Kosovo rund 50.000 Personen beteiligt. Es wurden ca. 4.100 Menschen vertrieben, 19 Menschen getötet und 870 verletzt, ferner wurden 935 Häuser und 33 orthodoxe Kirchen und Klöster zerstört oder beschädigt, ebenso 150 UNMIK-Fahrzeuge (vgl. zum Ablauf der Ereignisse und den Ursachen Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) v. 04.11.2004; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004 v. 24.05.2005; UNHCR, Position zur fortdauernden internationalen Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo, August 2004). Bei der Beurteilung dieser Ereignisse kann jedoch nicht übersehen werden, dass die Übergriffe ganz überwiegend gegen serbische Volkszugehörige gerichtet waren: Von den Vertriebenen gehörten nur ca. 390 der Volksgruppe der Roma, Ashkali oder „Ägypter“ an, Todesopfer hatten diese Volksgruppen nicht zu beklagen. Zwar kam es z.B. in Obilic, Fushe Kosove und Lipljan zu Übergriffen auch auf Roma, Ashkali oder „Ägypter“, bei denen es Verletzte gab und bei denen Häuser niedergebrannt wurden, ausgesprochen schwer betroffen waren die jedoch nur die Ashkali in Vucitern/Vushtrii, wo 50 Häuser zerstört oder beschädigt wurden und 65 Familien von den KFOR-Truppen evakuiert werden mussten (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O, UNHCR, a.a.O., SFH, a.a.O). Den genannten Auskünften ist auch zu entnehmen, dass die Kräfte der KFOR, der UN-Polizei (Civpol) und der Kosovo-Polizei (KPS) von den Übergriffen überrascht wurden und mehrere Tage benötigten, um die Lage wieder völlig in den Griff zu bekommen, wobei hierfür verschiedene Ursachen genannt werden.
35 
Auch die Berücksichtigung dieser - zeitlich beschränkten - Ereignisse erlaubt jedoch nicht den Schluss auf fehlende Schutzbereitschaft der KFOR und der Polizeieinheiten und auch nicht auf eine unzureichende Schutzfähigkeit. Die Analyse der genannten Auskünfte zeigt, dass für die Entwicklung verschiedene Faktoren maßgeblich waren: So waren die Sicherheitskräfte auf die Übergriffe nicht vorbereitet, insbesondere war es für sie überraschend, dass die Gewalttätigkeiten rasch auf den ganzen Kosovo übergriffen. Hinzu mag gekommen sein, dass es zwischen den verschiedenen Einheiten der KFOR und zwischen der KFOR und der Polizei auch bei der Koordination des Vorgehens und gegenseitiger Hilfeleistungen zu Missständen gekommen ist und die Ausrüstung gerade der KFOR-Kräfte teilweise nicht für den Einsatz gegen Menschenmassen geeignet waren. Jedenfalls haben sich die KFOR-Kräfte darauf konzentriert, Menschenleben zu schützen und betroffene Minderheitenangehörige aus der Gefahrenzone zu evakuieren, allerdings um den Preis, dass dann häufig deren Häuser zerstört oder beschädigt wurden. Zwar wird gerade hieran häufig der Vorwurf unzureichender Schutzfähigkeit angeknüpft. Dem vermag das Gericht jedoch nicht zu folgen. Denn gerade in Ländern mit ethnischen Spannungen vermag eine Ordnungsmacht nie die völlige Sicherheit einzelner Volksgruppen zu garantieren. Kommt es gar flächendeckend zu Gewaltausbrüchen gegenüber einzelnen Volksgruppen, wird es regelmäßig eine gewisse Zeit - auch mehrere Tage - benötigen, die Sicherheit wieder herzustellen. Weder hieraus noch aus der Art des Vorgehens kann aber hier der Schluss auf fehlende Schutzfähigkeit gezogen werden. Dass der Schwerpunkt auf die Rettung der Menschen gelegt wurde und es dabei zu Defiziten beim Schutz von deren Häusern gekommen ist, entsprang wohl der Interpretation der Handelnden über die Zielsetzung des KFOR-Einsatzes, hieraus kann jedoch nicht der Schluss auf fehlende Schutzfähigkeit gezogen werden. Vielmehr ist es nachvollziehbar, dass in der damaligen akuten Krisensituation der Weg der Evakuierung betroffener Minderheitenangehöriger gewählt wurde, um Menschenleben zu retten und eine weitere Eskalation zu verhindern. Entscheidend ist jedoch, dass es gelang, in angemessener Zeit die Unruhen zu beenden und (schon) am 21.03.2005 die Sicherheit weitestgehend wieder hergestellt war. Von Bedeutung ist auch, dass es seither zu keinen gravierenden Übergriffen mehr gekommen ist, was durchaus belegt, dass die Sicherheitslage auch für die Minderheiten hinreichend wiederhergestellt ist. Die März-Unruhen sind danach als singuläres Ereignis zu werten, das nicht geeignet ist, ein generelles Schutzdefizit anzunehmen.
36 
Bei der Prognose der Verfolgungssicherheit ist im übrigen auch zu beachten, dass § 60 Abs. 1 S. 4 c AufenthG Schutz (nur) gewährt, wenn (u.a.) internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren. Auch angesichts der Defizite, die anlässlich der März-Unruhen bei den Sicherheitskräften sichtbar geworden sind, kann insoweit aber nicht als erwiesen gelten, dass sie künftig nicht in der Lage wären, die Sicherheit auch der Minderheiten hinreichend zu gewähren.
37 
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen also nicht vor.
38 
Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 - 5 AufenthG liegen gleichfalls nicht vor. Diese entsprechen in Wortlaut und Inhalt den bisher in 53 Abs. 1 - 4 AuslG enthaltenen Regelungen, so dass insoweit eine Rechtsänderung nicht eingetreten ist. Solche Abschiebungshindernisse scheiden aus, zumal eine "unmenschliche Behandlung" nach Abs. 5 i.V.m. Art. 3 EMRK zielgerichtete Maßnahmen staatlicher oder dem Staat zurechenbarer (serbischer) Kräfte erfordert (vgl. zu den entsprechenden Regelungen des AuslG BVerwG, Urteil vom 25.04.1997, InfAuslR 1997, 341; vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 476 und vom 04.06.1996, InfAuslR 1996, 289), woran es - wie oben dargelegt - derzeit in Serbien und Montenegro einschließlich des Kosovo fehlt.
39 
Es können auch keine Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG - früher § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG - festgestellt werden (vgl. insoweit die weit überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Unruhen im März 2004: VG Karlsruhe, Urteil v. 03.03.2005 - A 4 K 10294/02 -, VG Aachen, Urteil v. 25.02.2005 - 9 K 1051/03.A -, VG Lüneburg, Urteil v. 15.02.2005 - 4 A 58/04 -, VG Braunschweig, Urteil v. 08.02.2005 - 6 A 541/04 - insbesondere zu Gorani und Bosniaken, VG Regensburg, Urteil v. 01.02.2005 - 6 A 541/04 -, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 08.12.2004 - 13 A 4851/04 -, OVG Thüringen, Beschluss v. 06.04.2004 - 3 ZKO 168/04 -, OVG Saarland, Urteil v. 21.09.2004 - 1 R 8/04 - und OVG Niedersachsen, Urteil v. 10.08.2004 - 13 LA 195/04 -).
40 
Nach dieser Vorschrift soll (im früheren § 53 Abs. 6 AuslG: kann) von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren in diesem Staat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, werden (allerdings) bei Entscheidungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (früher § 54 AuslG )berücksichtigt. Bei Anwendung des insoweit zu Grunde zu legenden rechtlichen Maßstabs, wonach in den Fällen, in denen bei einer allgemeinen Gefahrenlage eine Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (früher § 54 AuslG) fehlt, ein Abschiebungsverbot bzw. -hindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG nur dann bejaht werden kann, wenn die Gefahrenlage landesweit so beschaffen ist, dass jeder von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen überantwortet würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 - Buchholz 402.240 Nr. § 53 Nr. 11, Urteil vom 29.03.1996 - 9 C 116.95 -, Buchholz 402.240 § 53 Nr. 31, Urteil vom 19.11 1996 - 1 C 6 95 - Buchholz 402.240 § 53 Nr. 5), liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor. Auf Grund der allgemeinkundigen und den in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen vermag das Gericht bei einer derzeitigen Rückkehr in den Kosovo substantiierte Anhaltspunkte weder hinsichtlich der Versorgungslage noch der Sicherheitslage eine existenzbedrohende Gefährdung festzustellen.
41 
Die wirtschaftliche Lage im Kosovo ist nach wie vor als schwierig anzusehen. Die Arbeitslosigkeit wird vom Ministerium für Arbeit und Soziales auf 57 % geschätzt. Das durchschnittliche Gehalt lag 2003 bei etwa 150,- EUR, etwa 30 % der Bevölkerung leben nach diesen Schätzungen in Armut (vgl. UNHCR, Auskunft v. 24.10.2003 an VG Saarlouis). Gleichwohl ist die Grundversorgung mit existentiellen Lebensmitteln sichergestellt. Die Bevölkerung des Kosovo ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen (vgl. Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002). Es gibt ein Sozialhilfesystem, das allen Bewohnern des Kosovo, die die Aufnahmebedingungen erfüllen, offen steht (vgl. UNHCR, Auskunft v. 24.10.2003 an VG Saarlouis mit näheren Ausführungen zu den Ansprüchen, allerdings skeptisch zu deren Höhe). Die Wohnraumversorgung hat sich wesentlich verbessert. Von den (nach Schätzungen der EU-Kommission) ca. 100.000 schwer beschädigten oder zerstörten Häusern wurden bisher mehr als 40.000 repariert (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002). Von Personen, die in den Kosovo zurückkehren ohne über eine eigene Unterkunft zu verfügen wird zunächst erwartet, dass sie bei Familienangehörigen, Freunden oder Gastfamilien unterkommen. Sollte das im Einzelfall nicht möglich sein, kommt eine Unterbringung in Notunterkünften (Sammelunterkünften) in Betracht, die Entscheidung über die Aufnahme in einem sog. Temporary Community Shelter liegt bei der örtlichen Gemeinde (vgl. UNHCR, a.a.O.). Nicht verkannt werden kann auch, dass sich wirtschaftlich gesehen über die letzten Jahre sehr viel verbessert hat. Tausende zumeist kleine Betriebe sind eröffnet worden. Hunderte von Nichtregierungsorganisationen (NROs) haben zusammen mit der EU diese Arbeit geleistet (vgl. Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina, Sonderbericht Februar 2003, wonach auch fast alle Häuser wieder aufgebaut sind). An der Wiederherstellung der medizinischen Grundversorgung wird prioritär gearbeitet, dennoch sind die Möglichkeiten, komplizierte Behandlungen oder Operationen vorzunehmen noch begrenzt. Gleichwohl kommt die medizintechnische Grundversorgung der Hospitäler weiter voran. Der Schul- und Hochschulbetrieb konnte bereits im September 1999 wieder aufgenommen werden. Die Wiederaufbau- und Reparaturmaßnahmen an den Schulen, von denen 2/3 durch den Kosovo-Konflikt in Mitleidenschaft gezogen wurden, sind inzwischen (teil-) abgeschlossen (vgl. Ad-hoc-Bericht, a.a.O.).
42 
Für die Angehörigen der Minderheiten gilt nichts grundlegend anderes. Es wurde bereits oben ausgeführt, dass ein gravierendes Problem für Minderheiten ist, dass sie im wirtschaftlichen Bereich, gerade auch bei der Bemühung um Arbeit und Hilfe- und Wiederaufbauleistungen benachteiligt werden (vgl. auch Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Bericht Kosovo v. 27.11.2002; SFH, Bericht „Kosovo - Situation der Minderheiten“ - Update v. 02.04.2003; UNHCR, Bericht „Zehnte Beurteilung der Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo < Berichtszeitraum Mai bis Dezember 2002>“ und „Aktualisierung zur Situation der Roma, Ashkali, Ägypter, Bosniaken und Gorani im Kosovo“). Diskriminierung findet in großem Ausmaß statt, Bewegungsfreiheit, Zugang zum Arbeitsmarkt und sozialer Infrastruktur sind weiterhin erschwert (vgl. SFH, a.a.O.). Ungeachtet all dieser Probleme ist nicht ersichtlich, dass Angehörige von Minderheiten existentiell Hunger leiden oder in ähnlicher Weise gefährdet sind, insbesondere ist der - nach wie vor dichten - Berichterstattung nichts dafür zu entnehmen, dass es derzeit allgemein zu schwerwiegenden Existenzgefährdungen kommt.
43 
Auch die allgemeine Sicherheitslage im Kosovo ist so gestaltet, dass die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot bzw. -hindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG (bzw. früher § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG) nicht vorliegen. Dies lässt sich zunächst feststellen für die Zeit von 1999 bis zu den Unruhen von März 2004. Die KFOR-Truppen hatten bis dahin die allgemeine Sicherheit im Kosovo weitgehend hergestellt. Die Gefahr, im Kosovo Ziel von Übergriffen serbischer Kräfte zu werden, war erkennbar unerheblich, vielmehr konnte im Kosovo eher Gewalt gegen Minderheiten von albanischer Seite ausgehen. Der Aufbau einer zivilen Übergangsverwaltung in Umsetzung der UN-Resolution hatte erkennbar Fortschritte gemacht. Neben der Ernennung eines UN-Beauftragten und von über vierhundert UN-Administratoren waren bereits internationale zivile und militärische Polizisten nach einer speziellen Vorbereitung in den Kosovo entsandt worden. Auch andere KFOR-Staaten verstärkten in ihren Sektoren die Polizeipräsenz. Die zivile UN-Verwaltung nahm die administrativen Funktionen wahr und besorgte die Errichtung einer provinzeigenen Verwaltung einschließlich des Aufbaus eines Polizeiapparates, des Grenzkontrolldienstes sowie der Justiz. Jedenfalls in den Großstädten des Kosovo war wieder die frühere Geschäftstätigkeit und das frühere Treiben zurückgekehrt. Für die zerstörten Bereiche waren Programme verschiedener Hilfsorganisationen in Form tätiger oder finanzieller Aufbauhilfen angelaufen. Die für alle Bevölkerungsgruppen im Kosovo noch erschwerten Lebensbedingungen hatten sich insgesamt bereits spürbar verbessert. Seit dem Jahr 2000 bis zum März 2004 hatte sich die Lage auch für Minderheiten im Kosovo insgesamt verbessert (vgl. z.B. Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, BR Jugoslawien/Kosovo: Roma, Ashkali und Ägypter: Aktuelle Situation, Verfahren, Rechtsprechung, März 2002; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosova - Situation der Minderheiten, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten, 16.04.2002; Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo vom 27.11.2002; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosova - Situation der Minderheiten, Update, 02.04.2003; amnesty international, Länderkurzbericht Serbien und Montenegro inkl. Kosovo/Kosova, Oktober 2003).
44 
Auch die Unruhen vom März 2004 vermögen keine andere Einschätzung zu begründen. Dies gilt gerade auch für die Angehörigen der Volksgruppen der Roma, Ashkali und „Ägypter“. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Sind - wie oben ausgeführt - die Angehörigen dieser Volksgruppe bei einer Rückkehr vor Übergriffen - auch durch nichtstaatliche Akteure - hinreichend sicher, droht ihnen erst recht keine erhebliche konkrete Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG. Das Gericht ist weiterhin der Auffassung, dass auch den Angehörigen der Volksgruppen der Roma, Ashkali und „Ägypter“ eine freiwillige Ausreise in den Kosovo zumutbar ist (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss v. 30.03.2005 - 7 K 2192/04 - und Urteil v. 13.12.2004 - 5 K 346/04 -).
45 
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Wiederaufbau des Kosovo weder im Versorgungs- noch im Sicherheitssektor als abgeschlossen angesehen werden kann und noch weit hinter den Standards etwa der BRD zurückbleibt. Dies ist jedoch nicht entscheidend. Angesichts des oben dargestellten rechtlichen Maßstabs ist maßgeblich, dass eine existentielle Gefährdung generell nicht erwartet werden kann.
46 
Auch individuelle Gesichtspunkte in der Person der Klägerinnen vermögen zu keiner anderen Entscheidung zu führen. Die Klägerinnen Ziff. 2 und 3 verfügen derzeit, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, über Aufenthaltserlaubnisse, so dass sich die Frage einer Abschiebung nicht stellt. Zwar wäre eine Rückkehr insb. für die Klägerin Ziff. 1 ohne ihre Familie schwer, jedoch ist nicht ersichtlich, dass sie eine existentielle Gefährdung zur Folge haben würde, zumal die Familie sie von Deutschland aus wirtschaftlich unterstützen könnte. Die Klägerinnen - insb. die Klägerin Ziff. 1 - berufen sich wesentlich auf die Erkrankung ihres Vaters und dass sie bei seiner Versorgung und Pflege behilflich sein müssten. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Überprüfung, in welchem Umfang der Vater der Klägerinnen auf deren Hilfe angewiesen ist und ob ohne diese eine Gesundheits- oder gar Lebensgefahr eintreten würde. Dieser Gesichtspunkt begründet für die Klägerinnen nämlich keinesfalls ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, das unter § 60 Abs. 7 AufenthG subsumiert werden könnte. Dies wird von der Ausländerbehörde bei der Prüfung der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann bzw. ob von einer Abschiebung abgesehen werden soll zu prüfen sein. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Das Gericht weist gleichwohl darauf hin, dass neben der familiären Bindungen auch der langjährige Aufenthalt von der Ausländerbehörde, insb. bei der Ausübung des Ermessens, zu berücksichtigen sein wird.
47 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es bestand keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten für erstattungsfähig zu erklären, nachdem er sich im Verfahren nicht weiter geäußert hat. Das Verfahren ist nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

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Tenor Ziff. 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) vom 20.01.2004 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des gerichtskoste

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Ziff. 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) vom 20.01.2004 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Die Kläger sind Staatsangehörige Serbiens und Montenegros und gehören zur Minderheitengruppe der Ashkali. Der Kläger Ziffer 1 ist der Vater der Kläger Ziffer 2-5. Die Kläger Ziffer 1-3 stammen aus Ferizaj im Kosovo, die Kläger Ziffer 4 und 5 sind in der Bundesrepublik Deutschland geboren.
Der Kläger Ziffer 1 reiste im September 1991 zusammen mit seiner Ehefrau N. M., den Klägern Ziffer 2 und 3 sowie zwei weiteren Kindern, B. und G. M., von Österreich kommend legal in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo die Familie Asylantrag stellte.
Der Kläger Ziffer 1 gab bei seiner im Dezember 1994 erfolgten Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) u.a. an, seine beiden in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kinder, die Kläger Ziffer 4 und 5, sollten in das Asylverfahren mit aufgenommen werden. Die Familie sei im Sommer 1991 mit einem Reisebus über Mazedonien und Österreich nach Deutschland eingereist. Er habe schon während des Wehrdienstes 1982/1983 Probleme in seinem Heimatland gehabt und habe einen Monat im Gefängnis gesessen. Grund für die Ausreise sei die sehr kritische Lage im Heimatland. Sein Vater und seine Schwester seien etwa ein Jahr nach seiner Ausreise unter Folter der Polizei zu Tode gekommen.
Mit Bescheid vom 07.02.1995 lehnte das Bundesamt den Antrag der Kläger sowie der weiteren Familienmitglieder ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte den Klägern die Abschiebung nach Jugoslawien an. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 08.02.1996 (A 12 K 11663/95) ab.
Mit Schriftsatz vom 06.02.1997 stellte der damalige Bevollmächtigte der Kläger für diese sowie für die Ehefrau des Klägers Ziffer 1 und die weiteren Kinder B. und G. M. einen Folgeantrag, mit dem das Wiederaufgreifen des Verfahrens - zunächst nur im Hinblick auf die Voraussetzung des § 51 AuslG - verfolgt wurde. Der Folgeantrag wurde damit begründet, dass sich die Verfolgung ethnischer Albaner im Kosovo verdichtet habe und die Willkür und Repressionsmaßnahmen Bestandteil eines Vertreibungsprogrammes seien.
Mit Bescheid vom 24.10.1997 lehnte das Bundesamt die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab.
Dagegen erhoben die Kläger seinerzeit Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Mit Urteil vom 14.04.1999 (A 17 K 15415/97) wurde die Beklagte entsprechend dem vom damaligen Bevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag verpflichtet, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG für die Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen und hob den Bescheid vom 24.10.1997 auf. In der Begründung heißt es, seit dem 24.03.1999 bestehe in der Bundesrepublik Jugoslawien ein Verfolgungsprogramm gegenüber Albanern aus dem Kosovo, insbesondere in Form eines Vertreibungsprogramms.
Mit Bescheid vom 04.06.1999 erkannte das Bundesamt die Kläger sowie die Ehefrau des Klägers Ziffer 1, N. M., sowie die Kinder B. und G. M. als Asylberechtigte an und stellte fest, dass die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen.
Im Hinblick auf die veränderte politische Lage im Kosovo leitete das Bundesamt am 24.11.2003 ein Widerrufsverfahren gemäß § 73 AsylVfG bezüglich der Kläger ein. Unter dem 05.12.2003 wurden die Kläger zum beabsichtigten Widerruf angehört. Der damalige Bevollmächtigte der Kläger trug daraufhin mit Schriftsatz vom 22.12.2003, eingegangen beim Bundesamt am 23.12.2003, vor, die Ausführungen des Bundesamtes seien durch eine Bagatellisierung und gefährliche Verharmlosung der bedrohlichen Situation der Volkszugehörigen der Roma und Ashkali im Kosovo gekennzeichnet. Den Klägern könne nach wie vor nicht zugemutet werden, in den Kosovo zurückzukehren. Darüber hinaus sei der Kläger Ziffer 1 schwer erkrankt. Er leide an insulinpflichtiger Diabetes mellitus II B, einer arteriellen Hypertonie, Adipositas II, einem metabolischen Syndrom sowie einem Bandscheibenvorfall. Der Bevollmächtigte der Kläger legte in diesem Zusammenhang ärztliche Bescheinigungen vom 17.12.2003 und 18.12.2003 vor. Für die Kinder des Klägers Ziffer 1 werde geltend gemacht, dass diese deutsche Schulen besuchten und vollkommen in die bundesdeutschen Verhältnisse integriert seien.
10 
Mit Bescheid vom 20.01.2004 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 04.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigte sowie die dort getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, und stellte ferner fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Das Bundesamt führte zur Begründung im Wesentlichen aus, es erstaune sehr, dass im Widerrufsverfahren die Kläger als Angehörige einer Minderheit bezeichnet würden, während sie sich in zwei Vorverfahren, auch vor dem Verwaltungsgericht, als albanische Volkszugehörige ausgegeben hätten. Auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Roma oder Ashkali hätten die Kläger politische Verfolgung nicht zu befürchten. Auch Abschiebungshindernisse gemäß § 53, insbesondere nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, lägen nicht vor. Die vom Kläger Ziffer 1 geltend gemachten Erkrankungen seien im Kosovo medizinisch behandelbar.
11 
Der Bescheid wurde dem damaligen Bevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 21.01.2004 übersandt.
12 
Dagegen haben die Kläger mit Schriftsatz vom 29.01.2004, eingegangen am 30.01.2004, Klage eingereicht. Ihr damaliger Bevollmächtigte hatte im Klageverfahren vorgetragen, es gehe schwerpunktmäßig um die Frage, ob der hier vorliegende Verstoß gegen das Unverzüglichkeitsgebot des § 73 Abs. 1 AsylVfG zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führe. Der jetzige Bevollmächtigte der Kläger trägt zur Klagebegründung sinngemäß vor, es sei zwar richtig, dass die Kläger in den vorangegangenen Asylverfahren als Albaner geführt worden seien. Die Kläger seien aber nach ihrer Abstammung Ashkali. Dies sei nur deshalb nicht zu Protokoll gegeben worden, weil zum damaligen Zeitpunkt bei den Behörden einer ethnischen Trennung zwischen Ashkali und Albaner keine Bedeutung beigemessen worden sei. Für die damaligen serbischen Verfolger seien Ashkali und damit die Kläger als Nicht-Serben verfolgt worden. Jetzt drohe den Klägern Verfolgung von der albanischen Mehrheit im Kosovo. Nach der Flucht der Kläger sei das Haus der Familie in Ferizaj vom Bruder des Klägers Ziffer bewacht und benutzt worden. Nach Verlassen des Hauses durch die klägerische Familie sei der Bruder des Klägers Ziffer 1 von Albanern schikaniert worden. Dies habe sich nach der Besetzung des Kosovo und der Rückkehr der UCK noch gesteigert. Der Bruder sei geschlagen und bedroht worden, damit er die Gegend verlasse. Sobald er das Haus habe verlassen wollen, sei er mit Gegenständen beworfen worden. Albaner seien in das Haus eingedrungen und hätten sich dort festgesetzt. Während der Bruder geschlafen habe, sei in einem der Zimmer ein Brand gelegt worden, den der Bruder noch habe löschen können. Der Bruder habe daraufhin ebenfalls die Flucht nach Deutschland angetreten. Eine Woche nach seiner Ausreise sei das Haus der Kläger von Albanern in Brand gesetzt worden. In rechtlicher Hinsicht werde darauf hingewiesen, dass die Beklagte eine Prüfung der Zumutbarkeit der Rückkehr nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG unterlassen habe.
13 
Zum Beweis der Volkszugehörigkeit der Kläger hat dessen Bevollmächtigter im Klageverfahren einen Mitgliedsausweis des 1999 gegründeten Vereins der Ashkali Kosovos, der Einstempelungen seit dem Jahr 2001 enthält, sowie ein Schreiben des Vorsitzenden dieses Vereins vom 15.12.2003 vorgelegt.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
den Bescheid des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration vom 20.01.2004 aufzuheben,
16 
hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen.
17 
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
18 
die Klagen abzuweisen
19 
und bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung.
20 
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt.
21 
Das Gericht hat den Kläger Ziffer 1 in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2005 persönlich angehört. Seine Angaben ergeben sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte einschließlich der Gerichtsakten der vorangegangenen Verfahren A 12 K 11663/95 und A 17 K 15415/97 sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, ebenfalls einschließlich der Verwaltungsakten der vorangegangenen Verwaltungsverfahren, sowie auf die Erkenntnisquellen verwiesen, die den Beteiligten mit der Ladung mitgeteilt bzw. zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
24 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
25 
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Maßgeblich ist dabei der Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2004, der dem damaligen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 21.01.2004 übersandt wurde, so dass mit der am 30.01.2004 eingegangene Klage die zweiwöchige Klagefrist in jedem Fall gewahrt wurde. Der sich in der vorgelegten Akte des Bundesamtes befindliche Bescheidsentwurf vom 13.01.2004 wurde weder zugestellt noch sonst bekannt gegeben.
26 
Die Klage ist auch nach Maßgabe des Ausspruchs begründet.
27 
Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) vom 20.01.2004, mit der die Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte widerrufen wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Der Widerruf der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist allerdings rechtswidrig und führt zu einer Rechtsverletzung der Kläger. Maßgeblich für diese Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
28 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in der vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung (vgl. Art. 15 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - ZuwanderungsG - , BGBl. I S. 1950 ff.) war die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Diese Rechtslage hat sich durch die Gesetzesänderungen seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes insoweit geändert, als § 51 Abs. 1 AuslG durch § 60 Abs. 1 AufenthG ersetzt wurde (vgl. Art. 3 Nr. 46 ZuwanderungsG). Übergangsvorschriften für anhängige verwaltungsgerichtliche Verfahren enthält das Zuwanderungsgesetz nicht, so dass dieses mit Inkrafttreten in diesen Verfahren zu beachten ist. Unverändert geblieben ist § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, wonach von einem Widerruf abzusehen ist, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhenden Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.
29 
Für die Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist unerheblich, ob die Asylanerkennung rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 2). Es kommt deshalb maßgeblich darauf an, ob nach Erlass des Anerkennungsbescheides Tatsachen eingetreten sind, die, wären sie vorher eingetreten, das Bundesamt berechtigt hätten, den Bescheid nicht zu erlassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.11.1996, VBlBW 1997, 151).
30 
Für die Frage, ob nachträglich eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, ist, sofern der dem Begehren des Asylbewerbers entsprechende Bescheid auf einem Verpflichtungsurteil beruht, falls dieses Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist, auf den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, anderenfalls gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf den Zeitpunkt, in dem es gefällt worden ist, abzustellen (vgl., VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 - m.w.N.). Dies ist hier der 14.04.1999.
31 
Nach diesen Maßgaben ist der Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigte nicht zu beanstanden, denn die Kläger sind inzwischen in ihrer Heimat nicht mehr von politischer Verfolgung i.S.d. Art. 16 a Abs. 1 GG bedroht.
32 
Das Gericht geht bei seiner Beurteilung davon aus, dass es sich bei den Klägern um Zugehörige der Minderheit der Ashkali aus dem Kosovo handelt. Der Kläger Ziffer 1 hat dies zur Überzeugung des Gerichts, insbesondere auch durch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, dargetan. Der Kläger Ziffer 1 hat dabei geschildert, dass die Familie schon immer um ihre ethnische Abstammung gewusst habe, dies aber vor dem Krieg in ihrem Heimatort Ferizaj keine Rolle gespielt habe. Sie hätten Albanisch gesprochen und sich als Albaner gefühlt. In den vorhergegangenen Asylverfahren habe die Volkszugehörigkeit zur Gruppe der Ashkali keine Rolle gespielt, da es um die Verfolgung durch die Serben gegangen sei. Erst 1999 hätten sich wegen der Situation der Minderheiten im Kosovo die Ashkali in Deutschland organisiert. Er sei Mitglied im 1999 in München gegründeten Verein der Ashkali Kosovos. Dieser Verein unterhalte eine Untergliederung in Stuttgart. Dort sei er Mitglied im Vorstand. Diese Darstellung des Klägers Ziffer 1 ist nachvollziehbar und glaubhaft. Sie entspricht den typischen Merkmalen der Ashkali, die sich einerseits als besondere Volksgruppe betrachten, aber Albanisch als Muttersprache ansehen und deren „Identität das albanisch geprägte Kosovo“ ist (vgl. v. Holtey vom 15.11.1999; zur Situation der Ashkali in Ferezaj vgl. auch Arbeitsgruppe EURASIL der EU vom 18.03.2003). Der Kläger Ziffer 1 hat seinen Vortrag untermauert durch die Vorlage eines Mitgliedsausweises des Vereins der Ashkali Kosovos sowie eines Schreibens des Münchner Vereinsvorsitzenden, der die Tätigkeit des Klägers Ziffer 1 für die Stuttgarter Sektion bestätigt. Das Gericht sieht keine Veranlassung, an der Echtheit der Dokumente zu zweifeln. In den Vortrag des Klägers Ziffer 1 fügt sich auch dessen glaubhafte Schilderung des Schicksals seines Bruders ein, welcher, um das Haus der Familie zu bewachen, zunächst im Kosovo verblieben und wegen seiner Minderheitenzugehörigkeit gewaltsamen albanischen Übergriffen ausgesetzt war, bis er ebenfalls das Land verlassen musste.
33 
Die Gefahr einer unmittelbaren staatlichen politischen Verfolgung der Kläger im Kosovo allein auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit kann aber ausgeschlossen werden. Organe der Republik Serbien und Montenegro scheiden, da sie mit dem Einmarsch der KFOR-Truppen ihre Gebietsgewalt im Kosovo verloren haben, als Urheber einer politischen Verfolgung im Kosovo von vornherein aus (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000 - A 14 S 2559/98 - mi.w.N.). Auch eine im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG erhebliche mittelbare staatliche Verfolgung haben die Kläger nicht zu befürchten. Verfolgungsmaßnahmen Dritter wie hier die von den Klägern befürchteten Übergriffe der albanischen Bevölkerungsmehrheit kommen als politische Verfolgung im Sinne des Artikel 16 a Abs. 1 GG nur dann in Betracht, wenn sie dem jeweiligen Staat zuzurechnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, 358; Beschluss vom 1.7.1987, BVerfGE 76, 143, 169). Nach ständiger Rechtsprechung sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare staatliche Verfolgung im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG nur dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Dies ist nur dann der Fall, wenn staatliche Organe die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Der Umstand allein, dass staatliche Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht in der Lage sind, die betroffene Bevölkerungsgruppe vor derartiger Verfolgung Dritter wirkungsvoll zu schützen, begründet eine staatliche Verantwortlichkeit insoweit nicht (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O. m.w.N.). Es fehlt aber an jeglichen Anhaltspunkten, dass entsprechende Übergriffe von den derzeit im Kosovo die alleinige Herrschaftsgewalt ausübenden KFOR-Truppen bzw. der UNMIK-Verwaltung unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen würden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 18.09.2001 - 13 LB 2442/01 -). Im Hinblick auf Art. 16 a GG hat sich die Rechtslage auch durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht geändert.
34 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgt ist, kann offen bleiben. Ein Ausländer wird nicht dadurch in seinen Rechten i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, dass das Bundesamt einen - ansonsten - berechtigten Widerruf der Asylanerkennung bzw. der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht unverzüglich ausspricht. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf ist dem Bundesamt nicht im Interesse des einzelnen Ausländers als Adressaten des Widerrufsbescheides, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung der ihm nicht (mehr) zustehenden Rechtsposition auferlegt. Angesichts der gesetzlichen Verpflichtung der Behörde zum Widerruf soll die bei Fehlen der Verfolgungsgefahr nicht länger gerechtfertigte Asylanerkennung im Interesse der alsbaldigen Entlastung der Bundesrepublik Deutschland als Aufnahmestaat unverzüglich beseitigt werden (ebenso BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, NVwZ-RR 1997, 741; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 05.03.1997 - A 13 S 188/96 - und vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -). Der im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 - vertretenen gegenteiligen Auffassung folgt das Gericht nicht.
35 
Ebenso kann offen bleiben, ob im Rahmen des § 73 AsylVfG die allgemeinen Bestimmungen der §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG Anwendung finden, wonach Rücknahme und Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntnisnahme der Behörde von den Tatsachen zulässig sind, die die Rücknahme oder den Widerruf rechtfertigen (verneinend VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -), denn die Jahresfrist wäre hier gewahrt.
36 
Die Jahresfrist beginnt zu laufen, sobald die für den Widerruf zuständige Behörde das Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen erkannt hat und ihr die für die Entscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung über den Widerruf zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Jahresfrist als einer Entscheidungsfrist, die sinnvoller Weise erst anlaufen kann, wenn der zuständigen Behörde alle für die Widerrufsentscheidung bedeutsamen Tatsachen bekannt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 1999). Im konkreten Fall des Widerrufs der Feststellung des Abschiebungsschutzes gem. § 51 Abs. 1 AuslG (bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG) sind bedeutsame Tatsachen in diesem Sinne nicht nur die allgemeine politische Lage im Verfolgerstaat, sondern auch die persönlichen Verhältnisse des Flüchtlings. Denn das Bundesamt hat gem. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auch aus diesem Grunde ist dem Flüchtling vor der Widerrufsentscheidung Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG). Daraus folgt, dass die Jahresfrist gem. §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht bereits durch die Kenntnis der Behörde über die grundlegende Veränderung der Verhältnisse im Kosovo in der zweiten Juni-Hälfte 1999 in Gang gesetzt wurde (a.A. VG Stuttgart, 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -). Sie begann vielmehr erst in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem sich das Bundesamt auch über die persönlichen Verhältnisse der Kläger ein Bild verschaffen und ggf. individuelle Hinderungsgründe berücksichtigen konnte. Dies war hier erst nach Ablauf der den Klägern im Anhörungsschreiben vom 05.12.2003 gesetzten Frist zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf bzw. nach Eingang der Stellungnahme der Kläger vom 22.12.2003 der Fall, so dass die Jahresfrist bei Erlass der Verfügung vom 20.01.2004 auf jeden Fall noch nicht verstrichen war.
37 
An dieser Rechtslage ändert sich im vorliegenden Fall auch nichts dadurch, dass durch das Zuwanderungsgesetz in § 73 AsylVfG ein Absatz 2a eingefügt wurde, nach dem die Prüfung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Die neu eingeführte Drei-Jahres-Frist kommt den Klägern nicht zu Gute. Vielmehr richtet sich das Verwaltungsverfahren nach dem jeweils geltenden Recht (vgl. auch § 87 Abs. 1 Ziff. 1 AsylVfG).
38 
Auch § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht im vorliegenden Fall einem Widerruf der Asylanerkennung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. In Betracht kommen in diesem Zusammenhang ausschließlich Gründe, die ihre Ursache in einer früheren Verfolgung haben. Damit soll der psychischen Sondersituation Rechnung getragen werden, in der sich ein Asylberechtigter befindet, der ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Verfolgungsschicksal erlitten hat und dem es deshalb selbst lange Jahre danach ungeachtet der veränderten Verhältnisse nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, InfAuslR 1987,91 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 73 Rdnr. 28 ff.). Solche zwingenden, auf früherer Verfolgung beruhenden Gründe liegen bei den Klägern nicht vor.
39 
Die Klage ist aber insoweit begründet, als in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes die Feststellung, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf Serbien und Montenegro vorliegen, widerrufen wurde. Maßgeblich ist dabei wie dargelegt die seit dem 01.01.2005 geltende Rechtslage, wie sie sich aus dem Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Änderungen durch Art. 3 ZuwanderungsG und aus dem gemäß Art. 1 ZuwanderungsG an die Stelle des Ausländergesetzes getretenen Aufenthaltsgesetz ergibt. Danach erweist sich der Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG als rechtswidrig, weil bei den Klägern nunmehr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, d.h. also die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht nachträglich entfallen, sondern weiterhin gegeben sind.
40 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthaltsG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (Satz 1). Dabei kann eine Verfolgung im Sinne von Satz 1 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (Satz 4).
41 
In § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird anders als im bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention, BGBl. 1953 II S. 559) Bezug genommen. Die Sätze 3 - 5 verdeutlichen darüber hinaus, dass der Schutz des Abkommens auch auf Fälle von nichtstaatlicher Verfolgung erstreckt werden soll. Auch insoweit schließt sich Deutschland damit nunmehr der Auffassung der überwiegenden Zahl der Staaten in der Europäischen Union an (vgl. Referentenentwurfsbegründung BTDs. 15/420, S. 91). Wenn nunmehr in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG ausdrücklich bestimmt wird, dass eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthaltsG auch von „nichtstaatlichen Akteuren“ ausgehen kann, sofern der Staat einschließlich internationaler Organisationen „erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten“, stellt dies einen Perspektivwechsel von der „täterbezogenen“ Verfolgung im Sinne der von der Rechtsprechung zu Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zur „opferbezogenen“ Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und damit von der „Zurechnungslehre“ zur „Schutzlehre“ dar (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2005, § 7 Rdnr. 119 und ausführlich Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, Losebl., Stand 2000, § 33 Rdnrn. 118 ff., bzw. Marx, ZAR 2001, 12 ff. ). Dies hat über das Begriffliche hinaus auch inhaltliche Konsequenzen. Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard beruht nicht auf der Zurechnungslehre, deren Zweck darin besteht, die Verantwortlichkeit des Staates für ein völkerrechtliches Delikt festzulegen und die der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zugrunde liegt. Vielmehr geht es im Sinne der Schutzlehre darum, einen effektiven Schutz vor Verfolgung zu gewährleisten unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugerechnet werden kann oder nicht. Der Blick ist also auf das verfolgte Subjekt gerichtet und nicht auf den Täter (s. dazu auch Duchrow, ZAR 2004, 339 ff.). Kommt es auf die Zurechenbarkeit im Sinne der „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ nach der neuen Rechtslage nicht mehr an, kann danach politische Verfolgung durch Dritte auch vorliegen, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen trotz prinzipieller Schutzbereitschaft Personen oder Gruppen vor der Verfolgung durch Dritte nicht effektiv schützen können. Verfolgungsmaßnahmen Dritter, die bisher nur bei § 53 Abs. 6 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 7 AufenthG) berücksichtigt werden konnten, können nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG erheblich sein, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen „erwiesenermaßen“ nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Auch bei der Prüfung der staatlichen Schutzbereitschaft treten im Hinblick auf den o.g. Perspektivwechsel Zurechnungsgesichtspunkte in den Hintergrund. Vielmehr ist die Formulierung Ausdruck des auf der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes aufbauenden Prinzips, wonach internationalen Schutzes nur bedarf, wer vor einer Verfolgungshandlung im Herkunftsstaat keinen Schutz erlangen kann. Von einer mangelnden Schutzgewährung ist dabei nicht nur dann auszugehen, wenn die in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG genannten Akteure im Sinne der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtsprechung zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewähren und die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Vielmehr kommt es unter dem Gesichtspunkt der Schutzgewährung darauf an, ob der Schutz im konkreten Einzelfall effektiv und angemessen ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., § 7 Rdnr. 95 - 119 zu Art. 7 und 8 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ABl. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 - ).
42 
Nach diesen Maßgaben stellt sich nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen die Lage der Ashkali im Kosovo folgendermaßen dar:
43 
Nach der UNHCR-Position vom 30.03.2004 haben schwere Sicherheitsvorfälle Mitte März 2004 zu einer Eskalation der ethnisch motivierten Gewalt im gesamten Kosovo geführt und die Region an den Rand eines bewaffneten Konflikts gebracht. Die Folge waren 20 Tote, mehr als 1000 Verletzte, die systematische Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum und die Vertreibung von mehr als 4000 Kosovo-Serben, Ashkali, Roma sowie Angehörigen anderer Minderheiten. Die Vorfälle waren die schlimmsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen seit 1999. Sowohl die UNMIK als auch die provisorische Selbstverwaltung des Kosovo und die KFOR wurden von der flächendeckenden und systematischen Natur der Gewalttaten überrascht. Die KFOR, die Polizei der UNMIK und der Kosovo-Polizei (KPS) kämpften während der ersten Welle der Angriffe in erster Linie darum, die Kontrolle zu behalten. Sie konnten den Schutz der Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten. Den NATO-Truppen war es erst nach Entsendung von 2000 Mann Verstärkung möglich, die Gewalt einzudämmen. Unter den Binnenvertriebenen fanden mehr als 1000 Zuflucht in verschiedenen KFOR-Lagern, während die Übrigen in öffentlichen Gebäuden oder Privathaushalten untergebracht wurden und von Truppen geschützt werden mussten. Vielerorts waren auch Ashkali betroffen. In Vucitrn haben radikale Albaner unter Gewaltanwendung gegen Personen die Bewohner eines ganzen Wohnviertels der Ashkali (ca. 300 bis 350 Menschen) vertrieben und deren 67 Häuser geplündert und niedergebrannt. Nach der Schilderung v. Holteys vom 01.04.2004 muss die rassistisch motivierte Aktion wohl als Pogrom bezeichnet werden. Teilweise sollen auch Angehörige der kosovo-albanischen Polizei an den Gewalttaten beteiligt gewesen sein. Das Informationszentrum Asyl und Migration des Bundesamtes, das sich in seiner ersten Analyse vom 05.04.2004 auf zahlreiche Quellen insbesondere aus der internationalen Presse stützt, berichtet von drei weiteren derartigen Aktionen gegen Ashkali auch an anderen Orten im Kosovo. An den mehr als 30 Gewaltausbrüchen in den verschiedenen Gemeinden im Zuge der Ausschreitungen sollen schätzungsweise 51.000 Menschen - meist junge Albaner - teilgenommen haben. Unter den betroffenen albanisch-sprechenden Roma, Ashkali und Ägyptern waren viele, die mit Unterstützung des UNHCR erst im April 2002 in als „sicher“ geltende Orte zurückgekehrt waren, nach v. Holtey (a.a.O.) darunter auch aus Deutschland abgeschobene Familien. Die betroffenen Ashkali erlitten nicht nur Vertreibung, Verlust ihrer Existenzgrundlage, Schläge und Misshandlungen, sondern ihnen drohte nach den genannten Quellen während der Ausschreitungen konkret auch Vergewaltigung und Ermordung. In der aufgeheizten Situation mussten sie zum Schutz vor der Gefahr für Leib und Leben in ihrer Heimat gleichsam unter dem Schutz von NATO-Truppen in Militärlagern interniert werden. Bei den Ausschreitungen konnte selbst dieser militärische Schutz die Tötung und schwere Verletzung von Serben nicht verhindern. Dass es bei den Ashkali anscheinend keine Todesfälle gab, erscheint in dem Zusammenhang eher zufällig. Ein Vermerk des deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 02.04.2004 sagt deutlich, was auch die Analyse des Informationszentrum Asyl und Migration vom 05.04.2004 und die UNHCR-Position vom 30.03.2004 andeuten, nämlich dass es sich bei den Unruhen nicht um spontane Gewaltausbrüche einzelner isolierter Gruppen, sondern um ein koordiniertes und zielgerichtetes Handeln von bisher unbekannten Strukturen handelt, gegen das die KFOR-Truppen auch in der nächsten Zukunft keinen effektiven Schutz gewährleisten können.
44 
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) weist in ihrem Update zur Situation der ethnischen Minderheiten vom 24.05.2004 darauf hin, dass die internationalen Truppen während der letzten zwei Jahre vor den März-Ereignissen von 45 000 auf 17 500 Personen reduziert worden waren und schon dadurch der physische Schutz der Minderheiten immer mehr gesunken war. Bei den Ereignissen vom März 2004 habe sich die KFOR im Hinblick auf ihre Aufgabenstellung und Ausrüstung als unfähig erwiesen, eine Vertreibung der Minderheiten zu verhindern. Es habe sich gezeigt, dass die bisher gewählte Sicherheitsstrategie gegenüber einer drohenden Menschenmenge völlig ungeeignet sei. Zur Überforderung der Sicherheitskräfte habe auch der Mangel einer zentralen Leitung beigetragen. Die UN-Polizei (Civ-Pol) und die Kosovo-Polizei (KPS) seien selbst Ziel von Radikalen geworden. Teile der kosovarischen Polizisten seien vollkommen führungslos gewesen, hätten sich passiv verhalten oder sich auf die Seite der Menge geschlagen. Zusammenfassen kommt die SHF für das Gericht nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass das Ziel einer multiethnischen Gesellschaft in weite Ferne gerückt sei und die kosovarische Gesellschaft auch in der Zukunft das Potential für ähnliche Eskalationen berge. Im Hinblick auf Roma, Ashkali und Ägypter sei in Teilen der albanischen Bevölkerung eine latente Pogromstimmung festzustellen. Neben der Sicherheitsproblematik sei die fehlende Existenzsicherung für diese Bevölkerungsgruppe unverändert und inakzeptabel. Zu einer vergleichbaren Einschätzung der Situation der Minderheiten kommt der UNHCR in seinem Positionspapier zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom August 2004. Dass sich die beschriebene Situation zwischenzeitlich grundsätzlich verbessert hätte, ergibt sich aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen nicht. Insbesondere enthält auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 zur Lage im Kosovo keine Hinweise auf eine Änderung der Lage (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2004 - 7 S 1128/02 -).
45 
Auf dieser Tatsachengrundlage ist davon auszugehen, dass Angehörige der Minderheiten, zu denen die Kläger gehören, bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten würden, Opfer solcher von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbarer Übergriffe zu werden. Dies reicht für die Annahme, den Klägern drohe im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthaltsG wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali „erweislich“, Verfolgung durch „nichtstaatliche Akteure“, gegen die internationale Organisationen Schutz zu bieten nicht in der Lage sind, aus. Soweit der Begriff „erweislich“, der aus der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ins Aufenthaltsgesetz übernommen worden ist, im Schrifttum erläutert wird (vgl. Marx, Asylmagazin 9/2004, 8, 11; s. auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., zu Art. 7 und 8 der Qualifikationsrichtlinie, Rdnr. 95 - 119; Duchrow, ZAR 2004, 339, 341), wird darauf abgehoben, dass der Flüchtling erfahrene Schutzverweigerung bzw. Schutzlosigkeit darlegen bzw. nachweisen müsse. Wenn, wie bei der vorliegenden Fallgestaltung, auf Grund nach der Ausreise eingetretener tatsächlicher Änderungen Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure droht, ist ein solcher Nachweis nicht zu führen. Darüber hinaus sind bei der Gefahrenprognose zur Verfolgungswahrscheinlichkeit im Rahmen des Widerrufsverfahrens nach § 73 Abs. 1 AsylVfG Besonderheiten zu beachten. Wegen der meist schweren und bleibenden Folgen einer bereits erlittenen Verfolgung sind an die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses erneuter Verfolgung hohe Anforderungen zu stellen, so dass es mehr als nur überwiegend wahrscheinlich sein muss, dass der Betroffene im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist. Ist dem Betroffenen - wie im vorliegenden Fall - nicht wegen eines persönlichen Verfolgungsschicksals die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden, ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass künftige Verfolgungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.11.1992, ZAR 1993, 92 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, NVwZ 1986, 957 f.; Hailbronner, AuslR, § 73 AsylVfG, Rdnr. 20).
46 
Das vorrangige qualitative Kriterium für die Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr beachtlich ist, ist die Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat (BVerwG, Urteil vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162 ff.). „Erweislich“ ist eine Verfolgung bei dieser Fallgestaltung darum jedenfalls dann, wenn auf Grundlage einer prognostischen Bewertung der Erkenntnislage die zu Art. 16 a Abs. 1 GG entwickelten Kriterien vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im o.g. Urteil vom 05.11.1991 ausgeführt:
47 
Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftigen Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Unzumutbar kann aber ... eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ... nur eine mathematische Wahrscheinlichkeit von weniger als 50 % für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Falle reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus ... . Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die „reale Möglichkeit“ einer politischen Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen ... .
48 
Angesichts der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004, der nach der Erkenntnislage weitere derartige Übergriffe befürchten lässt, droht die Verfolgung der Minderheiten nicht nur als theoretischen Möglichkeit; vielmehr ist von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit im o.g. Sinn auszugehen. Nach dem Ablauf der in zahlreichen Orten erfolgten Übergriffe können die Kläger auch nicht auf ein regionales Ausweichen innerhalb des Kosovo verwiesen werden.
49 
Für die Kläger besteht auch keine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG im restlichen Serbien oder in Montenegro. Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen spricht alles dafür, dass die Kläger auch nicht in der Lage sein werden, im restlichen Serbien und Montenegro ihre Existenz zu sichern und dort eine menschenwürdige neue Heimat zu finden.
50 
In der vormaligen Bundesrepublik Jugoslawien ist zwar am 07.03.2002 ein neues Minderheitengesetz in Kraft getreten, in dem Minderheitenrechte gemäß internationalem Standard verankert sind; an der praktischen Umsetzung des neuen Regelungen mangelt es aber weiterhin (AA, Lagebericht vom 24.02.2004). Für Flüchtlinge ist es in Serbien für den Zugang zu grundlegenden Rechten und sozialen Dienstleistungen wie z.B. Gesundheitsfürsorge, Rente und Schule erforderlich, dass eine Anmeldung mit ständigem Wohnsitz bzw. eine Registrierung als Binnenvertriebener erfolgt (AA, Lageberichte vom 28.07.2003 und 24.02.2004; AA vom 24.05.2004 an VG Bremen; UNHCR vom September 2004) Bis Juli 2003 galt die Vorgabe der serbischen Regierung, wonach es Binnenvertriebenen nicht gestattet war, ihren ständigen Wohnsitz in Serbien anzumelden. Inzwischen ist diese Politik zwar aufgegeben worden. Dem UNHCR ist jedoch kein Fall bekannt, in dem die neue Rechtslage in der Praxis umgesetzt wurde. Die Anforderungen an die für eine Anmeldung notwendigen Dokumente für Kosovo-Roma, Ashkali und Ägypter verhindern es darüber hinaus, dass diese Personengruppen die notwendigen Anträge stellen können (AA, Lagebericht vom 24.02.2004; UNHCR vom September 2004). Mangels eines festen Wohnsitzes müssen sich Binnenvertriebene beim serbischen Flüchtlingsbeauftragten registrieren lassen, um Zugang zu sozialen und wirtschaftlichen Rechten zu erhalten. Nach der detaillierten Stellungnahme des UNHCR vom September 2004 ist Personen, die ursprünglich aus dem Kosovo stammen und die aus Drittländern zwangsweise nach Serbien und Montenegro zurückgeführt werden, eine Registrierung als Binnenvertriebene weder in Serbien noch in Montenegro möglich. Auf die Problematik der Registrierung als Flüchtling geht das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 24.05.2004 an VG Bremen, in der es auf das Vorhandensein von Sozialleistungen verweist, nicht ein. Binnenvertriebenen ohne eine solche Registrierung ist die Inanspruchnahme grundlegender Rechte einschließlich Gesundheitsfürsorge, Arbeitslosenunterstützung, Rente, Sozialversicherung und Unterkunft verwehrt. In Montenegro sehen sich Vertriebene aus dem Kosovo, die sich offiziell registrieren lassen wollen, ähnlichen Anforderungen und Schwierigkeiten ausgesetzt wie in Serbien. Die Hürde, Zugang zu grundlegenden Rechten zu erhalten, ist hier nochmals höher, da Vertriebene aus dem Kosovo rechtlich als Bürger Serbiens und nicht Montenegros betrachtet werden (UNHCR vom September 2004). Ein Kernproblem für die Vertriebenen stellt der Zugang zu Wohnraum und Unterkunft dar. Von dieser Problematik sind Roma, Ashkali und Ägypter besonders betroffen. Die meisten von ihnen haben Unterschlupf in improvisierten, illegalen Siedlungen - teils aus Blech und Pappe - gefunden, wo sie unter sehr harten Bedingungen leben (ohne Elektrizität, fließendes Wasser, kein Abwassersystem, keine öffentlichen Einrichtungen etc.). Der aktuelle Privatisierungsprozess führt darüber hinaus zu einer fortdauernden Serie von Zwangsräumungen. Weder in Serbien noch in Montenegro erfordert die Rechtslage, dass eine alternative Unterbringung nachzuweisen ist, bevor die Räumung durchgesetzt werden kann. Obdachlosigkeit, körperliche Schäden, Gesundheitsprobleme etc. sind die Folge. Unter diesen Gegebenheiten sind gerade Roma, Ashkali und Ägypter Bedingungen ausgesetzt sein, die zu einer Situation völliger Mittellosigkeit führen können und ein wirtschaftliches Überleben nicht sicherstellen (UNHCR vom September 2004; s. auch AA, Lagebericht vom 24.02.2004).
51 
Nachdem die Widerrufsentscheidung im Falle der Kläger zu Unrecht erfolgt ist, bestand für das Bundesamt weder eine Veranlassung noch Berechtigung, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) zu entscheiden, so dass die diesbezügliche Feststellung aufzuheben war (zu den Voraussetzungen, unter denen das Bundesamt anlässlich einer Widerrufsentscheidung berechtigt ist, auch erstmalig Feststellungen zu § 53 AuslG zu treffen, s. BVerwG, Urteil vom 27.02.1996, DVBl. 1996, 624 ff.).
52 
Da die Klage im Hauptantrag Erfolg hatte, bedarf es einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Kläger nicht.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO.

Gründe

 
23 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
24 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
25 
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Maßgeblich ist dabei der Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2004, der dem damaligen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 21.01.2004 übersandt wurde, so dass mit der am 30.01.2004 eingegangene Klage die zweiwöchige Klagefrist in jedem Fall gewahrt wurde. Der sich in der vorgelegten Akte des Bundesamtes befindliche Bescheidsentwurf vom 13.01.2004 wurde weder zugestellt noch sonst bekannt gegeben.
26 
Die Klage ist auch nach Maßgabe des Ausspruchs begründet.
27 
Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) vom 20.01.2004, mit der die Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte widerrufen wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Der Widerruf der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist allerdings rechtswidrig und führt zu einer Rechtsverletzung der Kläger. Maßgeblich für diese Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
28 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in der vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung (vgl. Art. 15 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - ZuwanderungsG - , BGBl. I S. 1950 ff.) war die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Diese Rechtslage hat sich durch die Gesetzesänderungen seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes insoweit geändert, als § 51 Abs. 1 AuslG durch § 60 Abs. 1 AufenthG ersetzt wurde (vgl. Art. 3 Nr. 46 ZuwanderungsG). Übergangsvorschriften für anhängige verwaltungsgerichtliche Verfahren enthält das Zuwanderungsgesetz nicht, so dass dieses mit Inkrafttreten in diesen Verfahren zu beachten ist. Unverändert geblieben ist § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, wonach von einem Widerruf abzusehen ist, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhenden Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.
29 
Für die Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist unerheblich, ob die Asylanerkennung rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 2). Es kommt deshalb maßgeblich darauf an, ob nach Erlass des Anerkennungsbescheides Tatsachen eingetreten sind, die, wären sie vorher eingetreten, das Bundesamt berechtigt hätten, den Bescheid nicht zu erlassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.11.1996, VBlBW 1997, 151).
30 
Für die Frage, ob nachträglich eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, ist, sofern der dem Begehren des Asylbewerbers entsprechende Bescheid auf einem Verpflichtungsurteil beruht, falls dieses Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist, auf den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, anderenfalls gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf den Zeitpunkt, in dem es gefällt worden ist, abzustellen (vgl., VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 - m.w.N.). Dies ist hier der 14.04.1999.
31 
Nach diesen Maßgaben ist der Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigte nicht zu beanstanden, denn die Kläger sind inzwischen in ihrer Heimat nicht mehr von politischer Verfolgung i.S.d. Art. 16 a Abs. 1 GG bedroht.
32 
Das Gericht geht bei seiner Beurteilung davon aus, dass es sich bei den Klägern um Zugehörige der Minderheit der Ashkali aus dem Kosovo handelt. Der Kläger Ziffer 1 hat dies zur Überzeugung des Gerichts, insbesondere auch durch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, dargetan. Der Kläger Ziffer 1 hat dabei geschildert, dass die Familie schon immer um ihre ethnische Abstammung gewusst habe, dies aber vor dem Krieg in ihrem Heimatort Ferizaj keine Rolle gespielt habe. Sie hätten Albanisch gesprochen und sich als Albaner gefühlt. In den vorhergegangenen Asylverfahren habe die Volkszugehörigkeit zur Gruppe der Ashkali keine Rolle gespielt, da es um die Verfolgung durch die Serben gegangen sei. Erst 1999 hätten sich wegen der Situation der Minderheiten im Kosovo die Ashkali in Deutschland organisiert. Er sei Mitglied im 1999 in München gegründeten Verein der Ashkali Kosovos. Dieser Verein unterhalte eine Untergliederung in Stuttgart. Dort sei er Mitglied im Vorstand. Diese Darstellung des Klägers Ziffer 1 ist nachvollziehbar und glaubhaft. Sie entspricht den typischen Merkmalen der Ashkali, die sich einerseits als besondere Volksgruppe betrachten, aber Albanisch als Muttersprache ansehen und deren „Identität das albanisch geprägte Kosovo“ ist (vgl. v. Holtey vom 15.11.1999; zur Situation der Ashkali in Ferezaj vgl. auch Arbeitsgruppe EURASIL der EU vom 18.03.2003). Der Kläger Ziffer 1 hat seinen Vortrag untermauert durch die Vorlage eines Mitgliedsausweises des Vereins der Ashkali Kosovos sowie eines Schreibens des Münchner Vereinsvorsitzenden, der die Tätigkeit des Klägers Ziffer 1 für die Stuttgarter Sektion bestätigt. Das Gericht sieht keine Veranlassung, an der Echtheit der Dokumente zu zweifeln. In den Vortrag des Klägers Ziffer 1 fügt sich auch dessen glaubhafte Schilderung des Schicksals seines Bruders ein, welcher, um das Haus der Familie zu bewachen, zunächst im Kosovo verblieben und wegen seiner Minderheitenzugehörigkeit gewaltsamen albanischen Übergriffen ausgesetzt war, bis er ebenfalls das Land verlassen musste.
33 
Die Gefahr einer unmittelbaren staatlichen politischen Verfolgung der Kläger im Kosovo allein auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit kann aber ausgeschlossen werden. Organe der Republik Serbien und Montenegro scheiden, da sie mit dem Einmarsch der KFOR-Truppen ihre Gebietsgewalt im Kosovo verloren haben, als Urheber einer politischen Verfolgung im Kosovo von vornherein aus (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000 - A 14 S 2559/98 - mi.w.N.). Auch eine im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG erhebliche mittelbare staatliche Verfolgung haben die Kläger nicht zu befürchten. Verfolgungsmaßnahmen Dritter wie hier die von den Klägern befürchteten Übergriffe der albanischen Bevölkerungsmehrheit kommen als politische Verfolgung im Sinne des Artikel 16 a Abs. 1 GG nur dann in Betracht, wenn sie dem jeweiligen Staat zuzurechnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, 358; Beschluss vom 1.7.1987, BVerfGE 76, 143, 169). Nach ständiger Rechtsprechung sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare staatliche Verfolgung im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG nur dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Dies ist nur dann der Fall, wenn staatliche Organe die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Der Umstand allein, dass staatliche Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht in der Lage sind, die betroffene Bevölkerungsgruppe vor derartiger Verfolgung Dritter wirkungsvoll zu schützen, begründet eine staatliche Verantwortlichkeit insoweit nicht (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O. m.w.N.). Es fehlt aber an jeglichen Anhaltspunkten, dass entsprechende Übergriffe von den derzeit im Kosovo die alleinige Herrschaftsgewalt ausübenden KFOR-Truppen bzw. der UNMIK-Verwaltung unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen würden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 18.09.2001 - 13 LB 2442/01 -). Im Hinblick auf Art. 16 a GG hat sich die Rechtslage auch durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht geändert.
34 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgt ist, kann offen bleiben. Ein Ausländer wird nicht dadurch in seinen Rechten i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, dass das Bundesamt einen - ansonsten - berechtigten Widerruf der Asylanerkennung bzw. der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht unverzüglich ausspricht. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf ist dem Bundesamt nicht im Interesse des einzelnen Ausländers als Adressaten des Widerrufsbescheides, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung der ihm nicht (mehr) zustehenden Rechtsposition auferlegt. Angesichts der gesetzlichen Verpflichtung der Behörde zum Widerruf soll die bei Fehlen der Verfolgungsgefahr nicht länger gerechtfertigte Asylanerkennung im Interesse der alsbaldigen Entlastung der Bundesrepublik Deutschland als Aufnahmestaat unverzüglich beseitigt werden (ebenso BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, NVwZ-RR 1997, 741; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 05.03.1997 - A 13 S 188/96 - und vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -). Der im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 - vertretenen gegenteiligen Auffassung folgt das Gericht nicht.
35 
Ebenso kann offen bleiben, ob im Rahmen des § 73 AsylVfG die allgemeinen Bestimmungen der §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG Anwendung finden, wonach Rücknahme und Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntnisnahme der Behörde von den Tatsachen zulässig sind, die die Rücknahme oder den Widerruf rechtfertigen (verneinend VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -), denn die Jahresfrist wäre hier gewahrt.
36 
Die Jahresfrist beginnt zu laufen, sobald die für den Widerruf zuständige Behörde das Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen erkannt hat und ihr die für die Entscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung über den Widerruf zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Jahresfrist als einer Entscheidungsfrist, die sinnvoller Weise erst anlaufen kann, wenn der zuständigen Behörde alle für die Widerrufsentscheidung bedeutsamen Tatsachen bekannt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 1999). Im konkreten Fall des Widerrufs der Feststellung des Abschiebungsschutzes gem. § 51 Abs. 1 AuslG (bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG) sind bedeutsame Tatsachen in diesem Sinne nicht nur die allgemeine politische Lage im Verfolgerstaat, sondern auch die persönlichen Verhältnisse des Flüchtlings. Denn das Bundesamt hat gem. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auch aus diesem Grunde ist dem Flüchtling vor der Widerrufsentscheidung Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG). Daraus folgt, dass die Jahresfrist gem. §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht bereits durch die Kenntnis der Behörde über die grundlegende Veränderung der Verhältnisse im Kosovo in der zweiten Juni-Hälfte 1999 in Gang gesetzt wurde (a.A. VG Stuttgart, 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -). Sie begann vielmehr erst in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem sich das Bundesamt auch über die persönlichen Verhältnisse der Kläger ein Bild verschaffen und ggf. individuelle Hinderungsgründe berücksichtigen konnte. Dies war hier erst nach Ablauf der den Klägern im Anhörungsschreiben vom 05.12.2003 gesetzten Frist zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf bzw. nach Eingang der Stellungnahme der Kläger vom 22.12.2003 der Fall, so dass die Jahresfrist bei Erlass der Verfügung vom 20.01.2004 auf jeden Fall noch nicht verstrichen war.
37 
An dieser Rechtslage ändert sich im vorliegenden Fall auch nichts dadurch, dass durch das Zuwanderungsgesetz in § 73 AsylVfG ein Absatz 2a eingefügt wurde, nach dem die Prüfung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Die neu eingeführte Drei-Jahres-Frist kommt den Klägern nicht zu Gute. Vielmehr richtet sich das Verwaltungsverfahren nach dem jeweils geltenden Recht (vgl. auch § 87 Abs. 1 Ziff. 1 AsylVfG).
38 
Auch § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht im vorliegenden Fall einem Widerruf der Asylanerkennung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. In Betracht kommen in diesem Zusammenhang ausschließlich Gründe, die ihre Ursache in einer früheren Verfolgung haben. Damit soll der psychischen Sondersituation Rechnung getragen werden, in der sich ein Asylberechtigter befindet, der ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Verfolgungsschicksal erlitten hat und dem es deshalb selbst lange Jahre danach ungeachtet der veränderten Verhältnisse nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, InfAuslR 1987,91 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 73 Rdnr. 28 ff.). Solche zwingenden, auf früherer Verfolgung beruhenden Gründe liegen bei den Klägern nicht vor.
39 
Die Klage ist aber insoweit begründet, als in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes die Feststellung, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf Serbien und Montenegro vorliegen, widerrufen wurde. Maßgeblich ist dabei wie dargelegt die seit dem 01.01.2005 geltende Rechtslage, wie sie sich aus dem Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Änderungen durch Art. 3 ZuwanderungsG und aus dem gemäß Art. 1 ZuwanderungsG an die Stelle des Ausländergesetzes getretenen Aufenthaltsgesetz ergibt. Danach erweist sich der Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG als rechtswidrig, weil bei den Klägern nunmehr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, d.h. also die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht nachträglich entfallen, sondern weiterhin gegeben sind.
40 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthaltsG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (Satz 1). Dabei kann eine Verfolgung im Sinne von Satz 1 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (Satz 4).
41 
In § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird anders als im bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention, BGBl. 1953 II S. 559) Bezug genommen. Die Sätze 3 - 5 verdeutlichen darüber hinaus, dass der Schutz des Abkommens auch auf Fälle von nichtstaatlicher Verfolgung erstreckt werden soll. Auch insoweit schließt sich Deutschland damit nunmehr der Auffassung der überwiegenden Zahl der Staaten in der Europäischen Union an (vgl. Referentenentwurfsbegründung BTDs. 15/420, S. 91). Wenn nunmehr in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG ausdrücklich bestimmt wird, dass eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthaltsG auch von „nichtstaatlichen Akteuren“ ausgehen kann, sofern der Staat einschließlich internationaler Organisationen „erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten“, stellt dies einen Perspektivwechsel von der „täterbezogenen“ Verfolgung im Sinne der von der Rechtsprechung zu Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zur „opferbezogenen“ Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und damit von der „Zurechnungslehre“ zur „Schutzlehre“ dar (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2005, § 7 Rdnr. 119 und ausführlich Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, Losebl., Stand 2000, § 33 Rdnrn. 118 ff., bzw. Marx, ZAR 2001, 12 ff. ). Dies hat über das Begriffliche hinaus auch inhaltliche Konsequenzen. Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard beruht nicht auf der Zurechnungslehre, deren Zweck darin besteht, die Verantwortlichkeit des Staates für ein völkerrechtliches Delikt festzulegen und die der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zugrunde liegt. Vielmehr geht es im Sinne der Schutzlehre darum, einen effektiven Schutz vor Verfolgung zu gewährleisten unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugerechnet werden kann oder nicht. Der Blick ist also auf das verfolgte Subjekt gerichtet und nicht auf den Täter (s. dazu auch Duchrow, ZAR 2004, 339 ff.). Kommt es auf die Zurechenbarkeit im Sinne der „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ nach der neuen Rechtslage nicht mehr an, kann danach politische Verfolgung durch Dritte auch vorliegen, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen trotz prinzipieller Schutzbereitschaft Personen oder Gruppen vor der Verfolgung durch Dritte nicht effektiv schützen können. Verfolgungsmaßnahmen Dritter, die bisher nur bei § 53 Abs. 6 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 7 AufenthG) berücksichtigt werden konnten, können nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG erheblich sein, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen „erwiesenermaßen“ nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Auch bei der Prüfung der staatlichen Schutzbereitschaft treten im Hinblick auf den o.g. Perspektivwechsel Zurechnungsgesichtspunkte in den Hintergrund. Vielmehr ist die Formulierung Ausdruck des auf der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes aufbauenden Prinzips, wonach internationalen Schutzes nur bedarf, wer vor einer Verfolgungshandlung im Herkunftsstaat keinen Schutz erlangen kann. Von einer mangelnden Schutzgewährung ist dabei nicht nur dann auszugehen, wenn die in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG genannten Akteure im Sinne der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtsprechung zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewähren und die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Vielmehr kommt es unter dem Gesichtspunkt der Schutzgewährung darauf an, ob der Schutz im konkreten Einzelfall effektiv und angemessen ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., § 7 Rdnr. 95 - 119 zu Art. 7 und 8 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ABl. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 - ).
42 
Nach diesen Maßgaben stellt sich nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen die Lage der Ashkali im Kosovo folgendermaßen dar:
43 
Nach der UNHCR-Position vom 30.03.2004 haben schwere Sicherheitsvorfälle Mitte März 2004 zu einer Eskalation der ethnisch motivierten Gewalt im gesamten Kosovo geführt und die Region an den Rand eines bewaffneten Konflikts gebracht. Die Folge waren 20 Tote, mehr als 1000 Verletzte, die systematische Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum und die Vertreibung von mehr als 4000 Kosovo-Serben, Ashkali, Roma sowie Angehörigen anderer Minderheiten. Die Vorfälle waren die schlimmsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen seit 1999. Sowohl die UNMIK als auch die provisorische Selbstverwaltung des Kosovo und die KFOR wurden von der flächendeckenden und systematischen Natur der Gewalttaten überrascht. Die KFOR, die Polizei der UNMIK und der Kosovo-Polizei (KPS) kämpften während der ersten Welle der Angriffe in erster Linie darum, die Kontrolle zu behalten. Sie konnten den Schutz der Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten. Den NATO-Truppen war es erst nach Entsendung von 2000 Mann Verstärkung möglich, die Gewalt einzudämmen. Unter den Binnenvertriebenen fanden mehr als 1000 Zuflucht in verschiedenen KFOR-Lagern, während die Übrigen in öffentlichen Gebäuden oder Privathaushalten untergebracht wurden und von Truppen geschützt werden mussten. Vielerorts waren auch Ashkali betroffen. In Vucitrn haben radikale Albaner unter Gewaltanwendung gegen Personen die Bewohner eines ganzen Wohnviertels der Ashkali (ca. 300 bis 350 Menschen) vertrieben und deren 67 Häuser geplündert und niedergebrannt. Nach der Schilderung v. Holteys vom 01.04.2004 muss die rassistisch motivierte Aktion wohl als Pogrom bezeichnet werden. Teilweise sollen auch Angehörige der kosovo-albanischen Polizei an den Gewalttaten beteiligt gewesen sein. Das Informationszentrum Asyl und Migration des Bundesamtes, das sich in seiner ersten Analyse vom 05.04.2004 auf zahlreiche Quellen insbesondere aus der internationalen Presse stützt, berichtet von drei weiteren derartigen Aktionen gegen Ashkali auch an anderen Orten im Kosovo. An den mehr als 30 Gewaltausbrüchen in den verschiedenen Gemeinden im Zuge der Ausschreitungen sollen schätzungsweise 51.000 Menschen - meist junge Albaner - teilgenommen haben. Unter den betroffenen albanisch-sprechenden Roma, Ashkali und Ägyptern waren viele, die mit Unterstützung des UNHCR erst im April 2002 in als „sicher“ geltende Orte zurückgekehrt waren, nach v. Holtey (a.a.O.) darunter auch aus Deutschland abgeschobene Familien. Die betroffenen Ashkali erlitten nicht nur Vertreibung, Verlust ihrer Existenzgrundlage, Schläge und Misshandlungen, sondern ihnen drohte nach den genannten Quellen während der Ausschreitungen konkret auch Vergewaltigung und Ermordung. In der aufgeheizten Situation mussten sie zum Schutz vor der Gefahr für Leib und Leben in ihrer Heimat gleichsam unter dem Schutz von NATO-Truppen in Militärlagern interniert werden. Bei den Ausschreitungen konnte selbst dieser militärische Schutz die Tötung und schwere Verletzung von Serben nicht verhindern. Dass es bei den Ashkali anscheinend keine Todesfälle gab, erscheint in dem Zusammenhang eher zufällig. Ein Vermerk des deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 02.04.2004 sagt deutlich, was auch die Analyse des Informationszentrum Asyl und Migration vom 05.04.2004 und die UNHCR-Position vom 30.03.2004 andeuten, nämlich dass es sich bei den Unruhen nicht um spontane Gewaltausbrüche einzelner isolierter Gruppen, sondern um ein koordiniertes und zielgerichtetes Handeln von bisher unbekannten Strukturen handelt, gegen das die KFOR-Truppen auch in der nächsten Zukunft keinen effektiven Schutz gewährleisten können.
44 
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) weist in ihrem Update zur Situation der ethnischen Minderheiten vom 24.05.2004 darauf hin, dass die internationalen Truppen während der letzten zwei Jahre vor den März-Ereignissen von 45 000 auf 17 500 Personen reduziert worden waren und schon dadurch der physische Schutz der Minderheiten immer mehr gesunken war. Bei den Ereignissen vom März 2004 habe sich die KFOR im Hinblick auf ihre Aufgabenstellung und Ausrüstung als unfähig erwiesen, eine Vertreibung der Minderheiten zu verhindern. Es habe sich gezeigt, dass die bisher gewählte Sicherheitsstrategie gegenüber einer drohenden Menschenmenge völlig ungeeignet sei. Zur Überforderung der Sicherheitskräfte habe auch der Mangel einer zentralen Leitung beigetragen. Die UN-Polizei (Civ-Pol) und die Kosovo-Polizei (KPS) seien selbst Ziel von Radikalen geworden. Teile der kosovarischen Polizisten seien vollkommen führungslos gewesen, hätten sich passiv verhalten oder sich auf die Seite der Menge geschlagen. Zusammenfassen kommt die SHF für das Gericht nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass das Ziel einer multiethnischen Gesellschaft in weite Ferne gerückt sei und die kosovarische Gesellschaft auch in der Zukunft das Potential für ähnliche Eskalationen berge. Im Hinblick auf Roma, Ashkali und Ägypter sei in Teilen der albanischen Bevölkerung eine latente Pogromstimmung festzustellen. Neben der Sicherheitsproblematik sei die fehlende Existenzsicherung für diese Bevölkerungsgruppe unverändert und inakzeptabel. Zu einer vergleichbaren Einschätzung der Situation der Minderheiten kommt der UNHCR in seinem Positionspapier zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom August 2004. Dass sich die beschriebene Situation zwischenzeitlich grundsätzlich verbessert hätte, ergibt sich aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen nicht. Insbesondere enthält auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 zur Lage im Kosovo keine Hinweise auf eine Änderung der Lage (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2004 - 7 S 1128/02 -).
45 
Auf dieser Tatsachengrundlage ist davon auszugehen, dass Angehörige der Minderheiten, zu denen die Kläger gehören, bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten würden, Opfer solcher von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbarer Übergriffe zu werden. Dies reicht für die Annahme, den Klägern drohe im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthaltsG wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali „erweislich“, Verfolgung durch „nichtstaatliche Akteure“, gegen die internationale Organisationen Schutz zu bieten nicht in der Lage sind, aus. Soweit der Begriff „erweislich“, der aus der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ins Aufenthaltsgesetz übernommen worden ist, im Schrifttum erläutert wird (vgl. Marx, Asylmagazin 9/2004, 8, 11; s. auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., zu Art. 7 und 8 der Qualifikationsrichtlinie, Rdnr. 95 - 119; Duchrow, ZAR 2004, 339, 341), wird darauf abgehoben, dass der Flüchtling erfahrene Schutzverweigerung bzw. Schutzlosigkeit darlegen bzw. nachweisen müsse. Wenn, wie bei der vorliegenden Fallgestaltung, auf Grund nach der Ausreise eingetretener tatsächlicher Änderungen Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure droht, ist ein solcher Nachweis nicht zu führen. Darüber hinaus sind bei der Gefahrenprognose zur Verfolgungswahrscheinlichkeit im Rahmen des Widerrufsverfahrens nach § 73 Abs. 1 AsylVfG Besonderheiten zu beachten. Wegen der meist schweren und bleibenden Folgen einer bereits erlittenen Verfolgung sind an die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses erneuter Verfolgung hohe Anforderungen zu stellen, so dass es mehr als nur überwiegend wahrscheinlich sein muss, dass der Betroffene im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist. Ist dem Betroffenen - wie im vorliegenden Fall - nicht wegen eines persönlichen Verfolgungsschicksals die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden, ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass künftige Verfolgungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.11.1992, ZAR 1993, 92 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, NVwZ 1986, 957 f.; Hailbronner, AuslR, § 73 AsylVfG, Rdnr. 20).
46 
Das vorrangige qualitative Kriterium für die Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr beachtlich ist, ist die Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat (BVerwG, Urteil vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162 ff.). „Erweislich“ ist eine Verfolgung bei dieser Fallgestaltung darum jedenfalls dann, wenn auf Grundlage einer prognostischen Bewertung der Erkenntnislage die zu Art. 16 a Abs. 1 GG entwickelten Kriterien vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im o.g. Urteil vom 05.11.1991 ausgeführt:
47 
Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftigen Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Unzumutbar kann aber ... eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ... nur eine mathematische Wahrscheinlichkeit von weniger als 50 % für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Falle reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus ... . Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die „reale Möglichkeit“ einer politischen Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen ... .
48 
Angesichts der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004, der nach der Erkenntnislage weitere derartige Übergriffe befürchten lässt, droht die Verfolgung der Minderheiten nicht nur als theoretischen Möglichkeit; vielmehr ist von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit im o.g. Sinn auszugehen. Nach dem Ablauf der in zahlreichen Orten erfolgten Übergriffe können die Kläger auch nicht auf ein regionales Ausweichen innerhalb des Kosovo verwiesen werden.
49 
Für die Kläger besteht auch keine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG im restlichen Serbien oder in Montenegro. Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen spricht alles dafür, dass die Kläger auch nicht in der Lage sein werden, im restlichen Serbien und Montenegro ihre Existenz zu sichern und dort eine menschenwürdige neue Heimat zu finden.
50 
In der vormaligen Bundesrepublik Jugoslawien ist zwar am 07.03.2002 ein neues Minderheitengesetz in Kraft getreten, in dem Minderheitenrechte gemäß internationalem Standard verankert sind; an der praktischen Umsetzung des neuen Regelungen mangelt es aber weiterhin (AA, Lagebericht vom 24.02.2004). Für Flüchtlinge ist es in Serbien für den Zugang zu grundlegenden Rechten und sozialen Dienstleistungen wie z.B. Gesundheitsfürsorge, Rente und Schule erforderlich, dass eine Anmeldung mit ständigem Wohnsitz bzw. eine Registrierung als Binnenvertriebener erfolgt (AA, Lageberichte vom 28.07.2003 und 24.02.2004; AA vom 24.05.2004 an VG Bremen; UNHCR vom September 2004) Bis Juli 2003 galt die Vorgabe der serbischen Regierung, wonach es Binnenvertriebenen nicht gestattet war, ihren ständigen Wohnsitz in Serbien anzumelden. Inzwischen ist diese Politik zwar aufgegeben worden. Dem UNHCR ist jedoch kein Fall bekannt, in dem die neue Rechtslage in der Praxis umgesetzt wurde. Die Anforderungen an die für eine Anmeldung notwendigen Dokumente für Kosovo-Roma, Ashkali und Ägypter verhindern es darüber hinaus, dass diese Personengruppen die notwendigen Anträge stellen können (AA, Lagebericht vom 24.02.2004; UNHCR vom September 2004). Mangels eines festen Wohnsitzes müssen sich Binnenvertriebene beim serbischen Flüchtlingsbeauftragten registrieren lassen, um Zugang zu sozialen und wirtschaftlichen Rechten zu erhalten. Nach der detaillierten Stellungnahme des UNHCR vom September 2004 ist Personen, die ursprünglich aus dem Kosovo stammen und die aus Drittländern zwangsweise nach Serbien und Montenegro zurückgeführt werden, eine Registrierung als Binnenvertriebene weder in Serbien noch in Montenegro möglich. Auf die Problematik der Registrierung als Flüchtling geht das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 24.05.2004 an VG Bremen, in der es auf das Vorhandensein von Sozialleistungen verweist, nicht ein. Binnenvertriebenen ohne eine solche Registrierung ist die Inanspruchnahme grundlegender Rechte einschließlich Gesundheitsfürsorge, Arbeitslosenunterstützung, Rente, Sozialversicherung und Unterkunft verwehrt. In Montenegro sehen sich Vertriebene aus dem Kosovo, die sich offiziell registrieren lassen wollen, ähnlichen Anforderungen und Schwierigkeiten ausgesetzt wie in Serbien. Die Hürde, Zugang zu grundlegenden Rechten zu erhalten, ist hier nochmals höher, da Vertriebene aus dem Kosovo rechtlich als Bürger Serbiens und nicht Montenegros betrachtet werden (UNHCR vom September 2004). Ein Kernproblem für die Vertriebenen stellt der Zugang zu Wohnraum und Unterkunft dar. Von dieser Problematik sind Roma, Ashkali und Ägypter besonders betroffen. Die meisten von ihnen haben Unterschlupf in improvisierten, illegalen Siedlungen - teils aus Blech und Pappe - gefunden, wo sie unter sehr harten Bedingungen leben (ohne Elektrizität, fließendes Wasser, kein Abwassersystem, keine öffentlichen Einrichtungen etc.). Der aktuelle Privatisierungsprozess führt darüber hinaus zu einer fortdauernden Serie von Zwangsräumungen. Weder in Serbien noch in Montenegro erfordert die Rechtslage, dass eine alternative Unterbringung nachzuweisen ist, bevor die Räumung durchgesetzt werden kann. Obdachlosigkeit, körperliche Schäden, Gesundheitsprobleme etc. sind die Folge. Unter diesen Gegebenheiten sind gerade Roma, Ashkali und Ägypter Bedingungen ausgesetzt sein, die zu einer Situation völliger Mittellosigkeit führen können und ein wirtschaftliches Überleben nicht sicherstellen (UNHCR vom September 2004; s. auch AA, Lagebericht vom 24.02.2004).
51 
Nachdem die Widerrufsentscheidung im Falle der Kläger zu Unrecht erfolgt ist, bestand für das Bundesamt weder eine Veranlassung noch Berechtigung, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) zu entscheiden, so dass die diesbezügliche Feststellung aufzuheben war (zu den Voraussetzungen, unter denen das Bundesamt anlässlich einer Widerrufsentscheidung berechtigt ist, auch erstmalig Feststellungen zu § 53 AuslG zu treffen, s. BVerwG, Urteil vom 27.02.1996, DVBl. 1996, 624 ff.).
52 
Da die Klage im Hauptantrag Erfolg hatte, bedarf es einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Kläger nicht.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Ziff. 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) vom 20.01.2004 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Die Kläger sind Staatsangehörige Serbiens und Montenegros und gehören zur Minderheitengruppe der Ashkali. Der Kläger Ziffer 1 ist der Vater der Kläger Ziffer 2-5. Die Kläger Ziffer 1-3 stammen aus Ferizaj im Kosovo, die Kläger Ziffer 4 und 5 sind in der Bundesrepublik Deutschland geboren.
Der Kläger Ziffer 1 reiste im September 1991 zusammen mit seiner Ehefrau N. M., den Klägern Ziffer 2 und 3 sowie zwei weiteren Kindern, B. und G. M., von Österreich kommend legal in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo die Familie Asylantrag stellte.
Der Kläger Ziffer 1 gab bei seiner im Dezember 1994 erfolgten Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) u.a. an, seine beiden in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kinder, die Kläger Ziffer 4 und 5, sollten in das Asylverfahren mit aufgenommen werden. Die Familie sei im Sommer 1991 mit einem Reisebus über Mazedonien und Österreich nach Deutschland eingereist. Er habe schon während des Wehrdienstes 1982/1983 Probleme in seinem Heimatland gehabt und habe einen Monat im Gefängnis gesessen. Grund für die Ausreise sei die sehr kritische Lage im Heimatland. Sein Vater und seine Schwester seien etwa ein Jahr nach seiner Ausreise unter Folter der Polizei zu Tode gekommen.
Mit Bescheid vom 07.02.1995 lehnte das Bundesamt den Antrag der Kläger sowie der weiteren Familienmitglieder ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte den Klägern die Abschiebung nach Jugoslawien an. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 08.02.1996 (A 12 K 11663/95) ab.
Mit Schriftsatz vom 06.02.1997 stellte der damalige Bevollmächtigte der Kläger für diese sowie für die Ehefrau des Klägers Ziffer 1 und die weiteren Kinder B. und G. M. einen Folgeantrag, mit dem das Wiederaufgreifen des Verfahrens - zunächst nur im Hinblick auf die Voraussetzung des § 51 AuslG - verfolgt wurde. Der Folgeantrag wurde damit begründet, dass sich die Verfolgung ethnischer Albaner im Kosovo verdichtet habe und die Willkür und Repressionsmaßnahmen Bestandteil eines Vertreibungsprogrammes seien.
Mit Bescheid vom 24.10.1997 lehnte das Bundesamt die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab.
Dagegen erhoben die Kläger seinerzeit Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Mit Urteil vom 14.04.1999 (A 17 K 15415/97) wurde die Beklagte entsprechend dem vom damaligen Bevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag verpflichtet, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG für die Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen und hob den Bescheid vom 24.10.1997 auf. In der Begründung heißt es, seit dem 24.03.1999 bestehe in der Bundesrepublik Jugoslawien ein Verfolgungsprogramm gegenüber Albanern aus dem Kosovo, insbesondere in Form eines Vertreibungsprogramms.
Mit Bescheid vom 04.06.1999 erkannte das Bundesamt die Kläger sowie die Ehefrau des Klägers Ziffer 1, N. M., sowie die Kinder B. und G. M. als Asylberechtigte an und stellte fest, dass die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen.
Im Hinblick auf die veränderte politische Lage im Kosovo leitete das Bundesamt am 24.11.2003 ein Widerrufsverfahren gemäß § 73 AsylVfG bezüglich der Kläger ein. Unter dem 05.12.2003 wurden die Kläger zum beabsichtigten Widerruf angehört. Der damalige Bevollmächtigte der Kläger trug daraufhin mit Schriftsatz vom 22.12.2003, eingegangen beim Bundesamt am 23.12.2003, vor, die Ausführungen des Bundesamtes seien durch eine Bagatellisierung und gefährliche Verharmlosung der bedrohlichen Situation der Volkszugehörigen der Roma und Ashkali im Kosovo gekennzeichnet. Den Klägern könne nach wie vor nicht zugemutet werden, in den Kosovo zurückzukehren. Darüber hinaus sei der Kläger Ziffer 1 schwer erkrankt. Er leide an insulinpflichtiger Diabetes mellitus II B, einer arteriellen Hypertonie, Adipositas II, einem metabolischen Syndrom sowie einem Bandscheibenvorfall. Der Bevollmächtigte der Kläger legte in diesem Zusammenhang ärztliche Bescheinigungen vom 17.12.2003 und 18.12.2003 vor. Für die Kinder des Klägers Ziffer 1 werde geltend gemacht, dass diese deutsche Schulen besuchten und vollkommen in die bundesdeutschen Verhältnisse integriert seien.
10 
Mit Bescheid vom 20.01.2004 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 04.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigte sowie die dort getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, und stellte ferner fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Das Bundesamt führte zur Begründung im Wesentlichen aus, es erstaune sehr, dass im Widerrufsverfahren die Kläger als Angehörige einer Minderheit bezeichnet würden, während sie sich in zwei Vorverfahren, auch vor dem Verwaltungsgericht, als albanische Volkszugehörige ausgegeben hätten. Auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Roma oder Ashkali hätten die Kläger politische Verfolgung nicht zu befürchten. Auch Abschiebungshindernisse gemäß § 53, insbesondere nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, lägen nicht vor. Die vom Kläger Ziffer 1 geltend gemachten Erkrankungen seien im Kosovo medizinisch behandelbar.
11 
Der Bescheid wurde dem damaligen Bevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 21.01.2004 übersandt.
12 
Dagegen haben die Kläger mit Schriftsatz vom 29.01.2004, eingegangen am 30.01.2004, Klage eingereicht. Ihr damaliger Bevollmächtigte hatte im Klageverfahren vorgetragen, es gehe schwerpunktmäßig um die Frage, ob der hier vorliegende Verstoß gegen das Unverzüglichkeitsgebot des § 73 Abs. 1 AsylVfG zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führe. Der jetzige Bevollmächtigte der Kläger trägt zur Klagebegründung sinngemäß vor, es sei zwar richtig, dass die Kläger in den vorangegangenen Asylverfahren als Albaner geführt worden seien. Die Kläger seien aber nach ihrer Abstammung Ashkali. Dies sei nur deshalb nicht zu Protokoll gegeben worden, weil zum damaligen Zeitpunkt bei den Behörden einer ethnischen Trennung zwischen Ashkali und Albaner keine Bedeutung beigemessen worden sei. Für die damaligen serbischen Verfolger seien Ashkali und damit die Kläger als Nicht-Serben verfolgt worden. Jetzt drohe den Klägern Verfolgung von der albanischen Mehrheit im Kosovo. Nach der Flucht der Kläger sei das Haus der Familie in Ferizaj vom Bruder des Klägers Ziffer bewacht und benutzt worden. Nach Verlassen des Hauses durch die klägerische Familie sei der Bruder des Klägers Ziffer 1 von Albanern schikaniert worden. Dies habe sich nach der Besetzung des Kosovo und der Rückkehr der UCK noch gesteigert. Der Bruder sei geschlagen und bedroht worden, damit er die Gegend verlasse. Sobald er das Haus habe verlassen wollen, sei er mit Gegenständen beworfen worden. Albaner seien in das Haus eingedrungen und hätten sich dort festgesetzt. Während der Bruder geschlafen habe, sei in einem der Zimmer ein Brand gelegt worden, den der Bruder noch habe löschen können. Der Bruder habe daraufhin ebenfalls die Flucht nach Deutschland angetreten. Eine Woche nach seiner Ausreise sei das Haus der Kläger von Albanern in Brand gesetzt worden. In rechtlicher Hinsicht werde darauf hingewiesen, dass die Beklagte eine Prüfung der Zumutbarkeit der Rückkehr nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG unterlassen habe.
13 
Zum Beweis der Volkszugehörigkeit der Kläger hat dessen Bevollmächtigter im Klageverfahren einen Mitgliedsausweis des 1999 gegründeten Vereins der Ashkali Kosovos, der Einstempelungen seit dem Jahr 2001 enthält, sowie ein Schreiben des Vorsitzenden dieses Vereins vom 15.12.2003 vorgelegt.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
den Bescheid des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration vom 20.01.2004 aufzuheben,
16 
hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen.
17 
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
18 
die Klagen abzuweisen
19 
und bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung.
20 
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt.
21 
Das Gericht hat den Kläger Ziffer 1 in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2005 persönlich angehört. Seine Angaben ergeben sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte einschließlich der Gerichtsakten der vorangegangenen Verfahren A 12 K 11663/95 und A 17 K 15415/97 sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, ebenfalls einschließlich der Verwaltungsakten der vorangegangenen Verwaltungsverfahren, sowie auf die Erkenntnisquellen verwiesen, die den Beteiligten mit der Ladung mitgeteilt bzw. zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
24 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
25 
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Maßgeblich ist dabei der Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2004, der dem damaligen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 21.01.2004 übersandt wurde, so dass mit der am 30.01.2004 eingegangene Klage die zweiwöchige Klagefrist in jedem Fall gewahrt wurde. Der sich in der vorgelegten Akte des Bundesamtes befindliche Bescheidsentwurf vom 13.01.2004 wurde weder zugestellt noch sonst bekannt gegeben.
26 
Die Klage ist auch nach Maßgabe des Ausspruchs begründet.
27 
Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) vom 20.01.2004, mit der die Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte widerrufen wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Der Widerruf der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist allerdings rechtswidrig und führt zu einer Rechtsverletzung der Kläger. Maßgeblich für diese Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
28 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in der vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung (vgl. Art. 15 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - ZuwanderungsG - , BGBl. I S. 1950 ff.) war die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Diese Rechtslage hat sich durch die Gesetzesänderungen seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes insoweit geändert, als § 51 Abs. 1 AuslG durch § 60 Abs. 1 AufenthG ersetzt wurde (vgl. Art. 3 Nr. 46 ZuwanderungsG). Übergangsvorschriften für anhängige verwaltungsgerichtliche Verfahren enthält das Zuwanderungsgesetz nicht, so dass dieses mit Inkrafttreten in diesen Verfahren zu beachten ist. Unverändert geblieben ist § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, wonach von einem Widerruf abzusehen ist, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhenden Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.
29 
Für die Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist unerheblich, ob die Asylanerkennung rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 2). Es kommt deshalb maßgeblich darauf an, ob nach Erlass des Anerkennungsbescheides Tatsachen eingetreten sind, die, wären sie vorher eingetreten, das Bundesamt berechtigt hätten, den Bescheid nicht zu erlassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.11.1996, VBlBW 1997, 151).
30 
Für die Frage, ob nachträglich eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, ist, sofern der dem Begehren des Asylbewerbers entsprechende Bescheid auf einem Verpflichtungsurteil beruht, falls dieses Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist, auf den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, anderenfalls gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf den Zeitpunkt, in dem es gefällt worden ist, abzustellen (vgl., VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 - m.w.N.). Dies ist hier der 14.04.1999.
31 
Nach diesen Maßgaben ist der Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigte nicht zu beanstanden, denn die Kläger sind inzwischen in ihrer Heimat nicht mehr von politischer Verfolgung i.S.d. Art. 16 a Abs. 1 GG bedroht.
32 
Das Gericht geht bei seiner Beurteilung davon aus, dass es sich bei den Klägern um Zugehörige der Minderheit der Ashkali aus dem Kosovo handelt. Der Kläger Ziffer 1 hat dies zur Überzeugung des Gerichts, insbesondere auch durch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, dargetan. Der Kläger Ziffer 1 hat dabei geschildert, dass die Familie schon immer um ihre ethnische Abstammung gewusst habe, dies aber vor dem Krieg in ihrem Heimatort Ferizaj keine Rolle gespielt habe. Sie hätten Albanisch gesprochen und sich als Albaner gefühlt. In den vorhergegangenen Asylverfahren habe die Volkszugehörigkeit zur Gruppe der Ashkali keine Rolle gespielt, da es um die Verfolgung durch die Serben gegangen sei. Erst 1999 hätten sich wegen der Situation der Minderheiten im Kosovo die Ashkali in Deutschland organisiert. Er sei Mitglied im 1999 in München gegründeten Verein der Ashkali Kosovos. Dieser Verein unterhalte eine Untergliederung in Stuttgart. Dort sei er Mitglied im Vorstand. Diese Darstellung des Klägers Ziffer 1 ist nachvollziehbar und glaubhaft. Sie entspricht den typischen Merkmalen der Ashkali, die sich einerseits als besondere Volksgruppe betrachten, aber Albanisch als Muttersprache ansehen und deren „Identität das albanisch geprägte Kosovo“ ist (vgl. v. Holtey vom 15.11.1999; zur Situation der Ashkali in Ferezaj vgl. auch Arbeitsgruppe EURASIL der EU vom 18.03.2003). Der Kläger Ziffer 1 hat seinen Vortrag untermauert durch die Vorlage eines Mitgliedsausweises des Vereins der Ashkali Kosovos sowie eines Schreibens des Münchner Vereinsvorsitzenden, der die Tätigkeit des Klägers Ziffer 1 für die Stuttgarter Sektion bestätigt. Das Gericht sieht keine Veranlassung, an der Echtheit der Dokumente zu zweifeln. In den Vortrag des Klägers Ziffer 1 fügt sich auch dessen glaubhafte Schilderung des Schicksals seines Bruders ein, welcher, um das Haus der Familie zu bewachen, zunächst im Kosovo verblieben und wegen seiner Minderheitenzugehörigkeit gewaltsamen albanischen Übergriffen ausgesetzt war, bis er ebenfalls das Land verlassen musste.
33 
Die Gefahr einer unmittelbaren staatlichen politischen Verfolgung der Kläger im Kosovo allein auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit kann aber ausgeschlossen werden. Organe der Republik Serbien und Montenegro scheiden, da sie mit dem Einmarsch der KFOR-Truppen ihre Gebietsgewalt im Kosovo verloren haben, als Urheber einer politischen Verfolgung im Kosovo von vornherein aus (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000 - A 14 S 2559/98 - mi.w.N.). Auch eine im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG erhebliche mittelbare staatliche Verfolgung haben die Kläger nicht zu befürchten. Verfolgungsmaßnahmen Dritter wie hier die von den Klägern befürchteten Übergriffe der albanischen Bevölkerungsmehrheit kommen als politische Verfolgung im Sinne des Artikel 16 a Abs. 1 GG nur dann in Betracht, wenn sie dem jeweiligen Staat zuzurechnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, 358; Beschluss vom 1.7.1987, BVerfGE 76, 143, 169). Nach ständiger Rechtsprechung sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare staatliche Verfolgung im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG nur dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Dies ist nur dann der Fall, wenn staatliche Organe die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Der Umstand allein, dass staatliche Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht in der Lage sind, die betroffene Bevölkerungsgruppe vor derartiger Verfolgung Dritter wirkungsvoll zu schützen, begründet eine staatliche Verantwortlichkeit insoweit nicht (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O. m.w.N.). Es fehlt aber an jeglichen Anhaltspunkten, dass entsprechende Übergriffe von den derzeit im Kosovo die alleinige Herrschaftsgewalt ausübenden KFOR-Truppen bzw. der UNMIK-Verwaltung unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen würden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 18.09.2001 - 13 LB 2442/01 -). Im Hinblick auf Art. 16 a GG hat sich die Rechtslage auch durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht geändert.
34 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgt ist, kann offen bleiben. Ein Ausländer wird nicht dadurch in seinen Rechten i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, dass das Bundesamt einen - ansonsten - berechtigten Widerruf der Asylanerkennung bzw. der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht unverzüglich ausspricht. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf ist dem Bundesamt nicht im Interesse des einzelnen Ausländers als Adressaten des Widerrufsbescheides, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung der ihm nicht (mehr) zustehenden Rechtsposition auferlegt. Angesichts der gesetzlichen Verpflichtung der Behörde zum Widerruf soll die bei Fehlen der Verfolgungsgefahr nicht länger gerechtfertigte Asylanerkennung im Interesse der alsbaldigen Entlastung der Bundesrepublik Deutschland als Aufnahmestaat unverzüglich beseitigt werden (ebenso BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, NVwZ-RR 1997, 741; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 05.03.1997 - A 13 S 188/96 - und vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -). Der im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 - vertretenen gegenteiligen Auffassung folgt das Gericht nicht.
35 
Ebenso kann offen bleiben, ob im Rahmen des § 73 AsylVfG die allgemeinen Bestimmungen der §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG Anwendung finden, wonach Rücknahme und Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntnisnahme der Behörde von den Tatsachen zulässig sind, die die Rücknahme oder den Widerruf rechtfertigen (verneinend VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -), denn die Jahresfrist wäre hier gewahrt.
36 
Die Jahresfrist beginnt zu laufen, sobald die für den Widerruf zuständige Behörde das Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen erkannt hat und ihr die für die Entscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung über den Widerruf zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Jahresfrist als einer Entscheidungsfrist, die sinnvoller Weise erst anlaufen kann, wenn der zuständigen Behörde alle für die Widerrufsentscheidung bedeutsamen Tatsachen bekannt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 1999). Im konkreten Fall des Widerrufs der Feststellung des Abschiebungsschutzes gem. § 51 Abs. 1 AuslG (bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG) sind bedeutsame Tatsachen in diesem Sinne nicht nur die allgemeine politische Lage im Verfolgerstaat, sondern auch die persönlichen Verhältnisse des Flüchtlings. Denn das Bundesamt hat gem. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auch aus diesem Grunde ist dem Flüchtling vor der Widerrufsentscheidung Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG). Daraus folgt, dass die Jahresfrist gem. §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht bereits durch die Kenntnis der Behörde über die grundlegende Veränderung der Verhältnisse im Kosovo in der zweiten Juni-Hälfte 1999 in Gang gesetzt wurde (a.A. VG Stuttgart, 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -). Sie begann vielmehr erst in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem sich das Bundesamt auch über die persönlichen Verhältnisse der Kläger ein Bild verschaffen und ggf. individuelle Hinderungsgründe berücksichtigen konnte. Dies war hier erst nach Ablauf der den Klägern im Anhörungsschreiben vom 05.12.2003 gesetzten Frist zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf bzw. nach Eingang der Stellungnahme der Kläger vom 22.12.2003 der Fall, so dass die Jahresfrist bei Erlass der Verfügung vom 20.01.2004 auf jeden Fall noch nicht verstrichen war.
37 
An dieser Rechtslage ändert sich im vorliegenden Fall auch nichts dadurch, dass durch das Zuwanderungsgesetz in § 73 AsylVfG ein Absatz 2a eingefügt wurde, nach dem die Prüfung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Die neu eingeführte Drei-Jahres-Frist kommt den Klägern nicht zu Gute. Vielmehr richtet sich das Verwaltungsverfahren nach dem jeweils geltenden Recht (vgl. auch § 87 Abs. 1 Ziff. 1 AsylVfG).
38 
Auch § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht im vorliegenden Fall einem Widerruf der Asylanerkennung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. In Betracht kommen in diesem Zusammenhang ausschließlich Gründe, die ihre Ursache in einer früheren Verfolgung haben. Damit soll der psychischen Sondersituation Rechnung getragen werden, in der sich ein Asylberechtigter befindet, der ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Verfolgungsschicksal erlitten hat und dem es deshalb selbst lange Jahre danach ungeachtet der veränderten Verhältnisse nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, InfAuslR 1987,91 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 73 Rdnr. 28 ff.). Solche zwingenden, auf früherer Verfolgung beruhenden Gründe liegen bei den Klägern nicht vor.
39 
Die Klage ist aber insoweit begründet, als in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes die Feststellung, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf Serbien und Montenegro vorliegen, widerrufen wurde. Maßgeblich ist dabei wie dargelegt die seit dem 01.01.2005 geltende Rechtslage, wie sie sich aus dem Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Änderungen durch Art. 3 ZuwanderungsG und aus dem gemäß Art. 1 ZuwanderungsG an die Stelle des Ausländergesetzes getretenen Aufenthaltsgesetz ergibt. Danach erweist sich der Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG als rechtswidrig, weil bei den Klägern nunmehr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, d.h. also die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht nachträglich entfallen, sondern weiterhin gegeben sind.
40 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthaltsG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (Satz 1). Dabei kann eine Verfolgung im Sinne von Satz 1 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (Satz 4).
41 
In § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird anders als im bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention, BGBl. 1953 II S. 559) Bezug genommen. Die Sätze 3 - 5 verdeutlichen darüber hinaus, dass der Schutz des Abkommens auch auf Fälle von nichtstaatlicher Verfolgung erstreckt werden soll. Auch insoweit schließt sich Deutschland damit nunmehr der Auffassung der überwiegenden Zahl der Staaten in der Europäischen Union an (vgl. Referentenentwurfsbegründung BTDs. 15/420, S. 91). Wenn nunmehr in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG ausdrücklich bestimmt wird, dass eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthaltsG auch von „nichtstaatlichen Akteuren“ ausgehen kann, sofern der Staat einschließlich internationaler Organisationen „erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten“, stellt dies einen Perspektivwechsel von der „täterbezogenen“ Verfolgung im Sinne der von der Rechtsprechung zu Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zur „opferbezogenen“ Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und damit von der „Zurechnungslehre“ zur „Schutzlehre“ dar (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2005, § 7 Rdnr. 119 und ausführlich Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, Losebl., Stand 2000, § 33 Rdnrn. 118 ff., bzw. Marx, ZAR 2001, 12 ff. ). Dies hat über das Begriffliche hinaus auch inhaltliche Konsequenzen. Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard beruht nicht auf der Zurechnungslehre, deren Zweck darin besteht, die Verantwortlichkeit des Staates für ein völkerrechtliches Delikt festzulegen und die der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zugrunde liegt. Vielmehr geht es im Sinne der Schutzlehre darum, einen effektiven Schutz vor Verfolgung zu gewährleisten unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugerechnet werden kann oder nicht. Der Blick ist also auf das verfolgte Subjekt gerichtet und nicht auf den Täter (s. dazu auch Duchrow, ZAR 2004, 339 ff.). Kommt es auf die Zurechenbarkeit im Sinne der „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ nach der neuen Rechtslage nicht mehr an, kann danach politische Verfolgung durch Dritte auch vorliegen, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen trotz prinzipieller Schutzbereitschaft Personen oder Gruppen vor der Verfolgung durch Dritte nicht effektiv schützen können. Verfolgungsmaßnahmen Dritter, die bisher nur bei § 53 Abs. 6 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 7 AufenthG) berücksichtigt werden konnten, können nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG erheblich sein, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen „erwiesenermaßen“ nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Auch bei der Prüfung der staatlichen Schutzbereitschaft treten im Hinblick auf den o.g. Perspektivwechsel Zurechnungsgesichtspunkte in den Hintergrund. Vielmehr ist die Formulierung Ausdruck des auf der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes aufbauenden Prinzips, wonach internationalen Schutzes nur bedarf, wer vor einer Verfolgungshandlung im Herkunftsstaat keinen Schutz erlangen kann. Von einer mangelnden Schutzgewährung ist dabei nicht nur dann auszugehen, wenn die in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG genannten Akteure im Sinne der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtsprechung zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewähren und die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Vielmehr kommt es unter dem Gesichtspunkt der Schutzgewährung darauf an, ob der Schutz im konkreten Einzelfall effektiv und angemessen ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., § 7 Rdnr. 95 - 119 zu Art. 7 und 8 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ABl. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 - ).
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Nach diesen Maßgaben stellt sich nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen die Lage der Ashkali im Kosovo folgendermaßen dar:
43 
Nach der UNHCR-Position vom 30.03.2004 haben schwere Sicherheitsvorfälle Mitte März 2004 zu einer Eskalation der ethnisch motivierten Gewalt im gesamten Kosovo geführt und die Region an den Rand eines bewaffneten Konflikts gebracht. Die Folge waren 20 Tote, mehr als 1000 Verletzte, die systematische Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum und die Vertreibung von mehr als 4000 Kosovo-Serben, Ashkali, Roma sowie Angehörigen anderer Minderheiten. Die Vorfälle waren die schlimmsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen seit 1999. Sowohl die UNMIK als auch die provisorische Selbstverwaltung des Kosovo und die KFOR wurden von der flächendeckenden und systematischen Natur der Gewalttaten überrascht. Die KFOR, die Polizei der UNMIK und der Kosovo-Polizei (KPS) kämpften während der ersten Welle der Angriffe in erster Linie darum, die Kontrolle zu behalten. Sie konnten den Schutz der Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten. Den NATO-Truppen war es erst nach Entsendung von 2000 Mann Verstärkung möglich, die Gewalt einzudämmen. Unter den Binnenvertriebenen fanden mehr als 1000 Zuflucht in verschiedenen KFOR-Lagern, während die Übrigen in öffentlichen Gebäuden oder Privathaushalten untergebracht wurden und von Truppen geschützt werden mussten. Vielerorts waren auch Ashkali betroffen. In Vucitrn haben radikale Albaner unter Gewaltanwendung gegen Personen die Bewohner eines ganzen Wohnviertels der Ashkali (ca. 300 bis 350 Menschen) vertrieben und deren 67 Häuser geplündert und niedergebrannt. Nach der Schilderung v. Holteys vom 01.04.2004 muss die rassistisch motivierte Aktion wohl als Pogrom bezeichnet werden. Teilweise sollen auch Angehörige der kosovo-albanischen Polizei an den Gewalttaten beteiligt gewesen sein. Das Informationszentrum Asyl und Migration des Bundesamtes, das sich in seiner ersten Analyse vom 05.04.2004 auf zahlreiche Quellen insbesondere aus der internationalen Presse stützt, berichtet von drei weiteren derartigen Aktionen gegen Ashkali auch an anderen Orten im Kosovo. An den mehr als 30 Gewaltausbrüchen in den verschiedenen Gemeinden im Zuge der Ausschreitungen sollen schätzungsweise 51.000 Menschen - meist junge Albaner - teilgenommen haben. Unter den betroffenen albanisch-sprechenden Roma, Ashkali und Ägyptern waren viele, die mit Unterstützung des UNHCR erst im April 2002 in als „sicher“ geltende Orte zurückgekehrt waren, nach v. Holtey (a.a.O.) darunter auch aus Deutschland abgeschobene Familien. Die betroffenen Ashkali erlitten nicht nur Vertreibung, Verlust ihrer Existenzgrundlage, Schläge und Misshandlungen, sondern ihnen drohte nach den genannten Quellen während der Ausschreitungen konkret auch Vergewaltigung und Ermordung. In der aufgeheizten Situation mussten sie zum Schutz vor der Gefahr für Leib und Leben in ihrer Heimat gleichsam unter dem Schutz von NATO-Truppen in Militärlagern interniert werden. Bei den Ausschreitungen konnte selbst dieser militärische Schutz die Tötung und schwere Verletzung von Serben nicht verhindern. Dass es bei den Ashkali anscheinend keine Todesfälle gab, erscheint in dem Zusammenhang eher zufällig. Ein Vermerk des deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 02.04.2004 sagt deutlich, was auch die Analyse des Informationszentrum Asyl und Migration vom 05.04.2004 und die UNHCR-Position vom 30.03.2004 andeuten, nämlich dass es sich bei den Unruhen nicht um spontane Gewaltausbrüche einzelner isolierter Gruppen, sondern um ein koordiniertes und zielgerichtetes Handeln von bisher unbekannten Strukturen handelt, gegen das die KFOR-Truppen auch in der nächsten Zukunft keinen effektiven Schutz gewährleisten können.
44 
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) weist in ihrem Update zur Situation der ethnischen Minderheiten vom 24.05.2004 darauf hin, dass die internationalen Truppen während der letzten zwei Jahre vor den März-Ereignissen von 45 000 auf 17 500 Personen reduziert worden waren und schon dadurch der physische Schutz der Minderheiten immer mehr gesunken war. Bei den Ereignissen vom März 2004 habe sich die KFOR im Hinblick auf ihre Aufgabenstellung und Ausrüstung als unfähig erwiesen, eine Vertreibung der Minderheiten zu verhindern. Es habe sich gezeigt, dass die bisher gewählte Sicherheitsstrategie gegenüber einer drohenden Menschenmenge völlig ungeeignet sei. Zur Überforderung der Sicherheitskräfte habe auch der Mangel einer zentralen Leitung beigetragen. Die UN-Polizei (Civ-Pol) und die Kosovo-Polizei (KPS) seien selbst Ziel von Radikalen geworden. Teile der kosovarischen Polizisten seien vollkommen führungslos gewesen, hätten sich passiv verhalten oder sich auf die Seite der Menge geschlagen. Zusammenfassen kommt die SHF für das Gericht nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass das Ziel einer multiethnischen Gesellschaft in weite Ferne gerückt sei und die kosovarische Gesellschaft auch in der Zukunft das Potential für ähnliche Eskalationen berge. Im Hinblick auf Roma, Ashkali und Ägypter sei in Teilen der albanischen Bevölkerung eine latente Pogromstimmung festzustellen. Neben der Sicherheitsproblematik sei die fehlende Existenzsicherung für diese Bevölkerungsgruppe unverändert und inakzeptabel. Zu einer vergleichbaren Einschätzung der Situation der Minderheiten kommt der UNHCR in seinem Positionspapier zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom August 2004. Dass sich die beschriebene Situation zwischenzeitlich grundsätzlich verbessert hätte, ergibt sich aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen nicht. Insbesondere enthält auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 zur Lage im Kosovo keine Hinweise auf eine Änderung der Lage (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2004 - 7 S 1128/02 -).
45 
Auf dieser Tatsachengrundlage ist davon auszugehen, dass Angehörige der Minderheiten, zu denen die Kläger gehören, bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten würden, Opfer solcher von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbarer Übergriffe zu werden. Dies reicht für die Annahme, den Klägern drohe im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthaltsG wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali „erweislich“, Verfolgung durch „nichtstaatliche Akteure“, gegen die internationale Organisationen Schutz zu bieten nicht in der Lage sind, aus. Soweit der Begriff „erweislich“, der aus der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ins Aufenthaltsgesetz übernommen worden ist, im Schrifttum erläutert wird (vgl. Marx, Asylmagazin 9/2004, 8, 11; s. auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., zu Art. 7 und 8 der Qualifikationsrichtlinie, Rdnr. 95 - 119; Duchrow, ZAR 2004, 339, 341), wird darauf abgehoben, dass der Flüchtling erfahrene Schutzverweigerung bzw. Schutzlosigkeit darlegen bzw. nachweisen müsse. Wenn, wie bei der vorliegenden Fallgestaltung, auf Grund nach der Ausreise eingetretener tatsächlicher Änderungen Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure droht, ist ein solcher Nachweis nicht zu führen. Darüber hinaus sind bei der Gefahrenprognose zur Verfolgungswahrscheinlichkeit im Rahmen des Widerrufsverfahrens nach § 73 Abs. 1 AsylVfG Besonderheiten zu beachten. Wegen der meist schweren und bleibenden Folgen einer bereits erlittenen Verfolgung sind an die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses erneuter Verfolgung hohe Anforderungen zu stellen, so dass es mehr als nur überwiegend wahrscheinlich sein muss, dass der Betroffene im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist. Ist dem Betroffenen - wie im vorliegenden Fall - nicht wegen eines persönlichen Verfolgungsschicksals die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden, ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass künftige Verfolgungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.11.1992, ZAR 1993, 92 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, NVwZ 1986, 957 f.; Hailbronner, AuslR, § 73 AsylVfG, Rdnr. 20).
46 
Das vorrangige qualitative Kriterium für die Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr beachtlich ist, ist die Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat (BVerwG, Urteil vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162 ff.). „Erweislich“ ist eine Verfolgung bei dieser Fallgestaltung darum jedenfalls dann, wenn auf Grundlage einer prognostischen Bewertung der Erkenntnislage die zu Art. 16 a Abs. 1 GG entwickelten Kriterien vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im o.g. Urteil vom 05.11.1991 ausgeführt:
47 
Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftigen Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Unzumutbar kann aber ... eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ... nur eine mathematische Wahrscheinlichkeit von weniger als 50 % für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Falle reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus ... . Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die „reale Möglichkeit“ einer politischen Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen ... .
48 
Angesichts der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004, der nach der Erkenntnislage weitere derartige Übergriffe befürchten lässt, droht die Verfolgung der Minderheiten nicht nur als theoretischen Möglichkeit; vielmehr ist von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit im o.g. Sinn auszugehen. Nach dem Ablauf der in zahlreichen Orten erfolgten Übergriffe können die Kläger auch nicht auf ein regionales Ausweichen innerhalb des Kosovo verwiesen werden.
49 
Für die Kläger besteht auch keine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG im restlichen Serbien oder in Montenegro. Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen spricht alles dafür, dass die Kläger auch nicht in der Lage sein werden, im restlichen Serbien und Montenegro ihre Existenz zu sichern und dort eine menschenwürdige neue Heimat zu finden.
50 
In der vormaligen Bundesrepublik Jugoslawien ist zwar am 07.03.2002 ein neues Minderheitengesetz in Kraft getreten, in dem Minderheitenrechte gemäß internationalem Standard verankert sind; an der praktischen Umsetzung des neuen Regelungen mangelt es aber weiterhin (AA, Lagebericht vom 24.02.2004). Für Flüchtlinge ist es in Serbien für den Zugang zu grundlegenden Rechten und sozialen Dienstleistungen wie z.B. Gesundheitsfürsorge, Rente und Schule erforderlich, dass eine Anmeldung mit ständigem Wohnsitz bzw. eine Registrierung als Binnenvertriebener erfolgt (AA, Lageberichte vom 28.07.2003 und 24.02.2004; AA vom 24.05.2004 an VG Bremen; UNHCR vom September 2004) Bis Juli 2003 galt die Vorgabe der serbischen Regierung, wonach es Binnenvertriebenen nicht gestattet war, ihren ständigen Wohnsitz in Serbien anzumelden. Inzwischen ist diese Politik zwar aufgegeben worden. Dem UNHCR ist jedoch kein Fall bekannt, in dem die neue Rechtslage in der Praxis umgesetzt wurde. Die Anforderungen an die für eine Anmeldung notwendigen Dokumente für Kosovo-Roma, Ashkali und Ägypter verhindern es darüber hinaus, dass diese Personengruppen die notwendigen Anträge stellen können (AA, Lagebericht vom 24.02.2004; UNHCR vom September 2004). Mangels eines festen Wohnsitzes müssen sich Binnenvertriebene beim serbischen Flüchtlingsbeauftragten registrieren lassen, um Zugang zu sozialen und wirtschaftlichen Rechten zu erhalten. Nach der detaillierten Stellungnahme des UNHCR vom September 2004 ist Personen, die ursprünglich aus dem Kosovo stammen und die aus Drittländern zwangsweise nach Serbien und Montenegro zurückgeführt werden, eine Registrierung als Binnenvertriebene weder in Serbien noch in Montenegro möglich. Auf die Problematik der Registrierung als Flüchtling geht das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 24.05.2004 an VG Bremen, in der es auf das Vorhandensein von Sozialleistungen verweist, nicht ein. Binnenvertriebenen ohne eine solche Registrierung ist die Inanspruchnahme grundlegender Rechte einschließlich Gesundheitsfürsorge, Arbeitslosenunterstützung, Rente, Sozialversicherung und Unterkunft verwehrt. In Montenegro sehen sich Vertriebene aus dem Kosovo, die sich offiziell registrieren lassen wollen, ähnlichen Anforderungen und Schwierigkeiten ausgesetzt wie in Serbien. Die Hürde, Zugang zu grundlegenden Rechten zu erhalten, ist hier nochmals höher, da Vertriebene aus dem Kosovo rechtlich als Bürger Serbiens und nicht Montenegros betrachtet werden (UNHCR vom September 2004). Ein Kernproblem für die Vertriebenen stellt der Zugang zu Wohnraum und Unterkunft dar. Von dieser Problematik sind Roma, Ashkali und Ägypter besonders betroffen. Die meisten von ihnen haben Unterschlupf in improvisierten, illegalen Siedlungen - teils aus Blech und Pappe - gefunden, wo sie unter sehr harten Bedingungen leben (ohne Elektrizität, fließendes Wasser, kein Abwassersystem, keine öffentlichen Einrichtungen etc.). Der aktuelle Privatisierungsprozess führt darüber hinaus zu einer fortdauernden Serie von Zwangsräumungen. Weder in Serbien noch in Montenegro erfordert die Rechtslage, dass eine alternative Unterbringung nachzuweisen ist, bevor die Räumung durchgesetzt werden kann. Obdachlosigkeit, körperliche Schäden, Gesundheitsprobleme etc. sind die Folge. Unter diesen Gegebenheiten sind gerade Roma, Ashkali und Ägypter Bedingungen ausgesetzt sein, die zu einer Situation völliger Mittellosigkeit führen können und ein wirtschaftliches Überleben nicht sicherstellen (UNHCR vom September 2004; s. auch AA, Lagebericht vom 24.02.2004).
51 
Nachdem die Widerrufsentscheidung im Falle der Kläger zu Unrecht erfolgt ist, bestand für das Bundesamt weder eine Veranlassung noch Berechtigung, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) zu entscheiden, so dass die diesbezügliche Feststellung aufzuheben war (zu den Voraussetzungen, unter denen das Bundesamt anlässlich einer Widerrufsentscheidung berechtigt ist, auch erstmalig Feststellungen zu § 53 AuslG zu treffen, s. BVerwG, Urteil vom 27.02.1996, DVBl. 1996, 624 ff.).
52 
Da die Klage im Hauptantrag Erfolg hatte, bedarf es einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Kläger nicht.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO.

Gründe

 
23 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
24 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
25 
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Maßgeblich ist dabei der Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2004, der dem damaligen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 21.01.2004 übersandt wurde, so dass mit der am 30.01.2004 eingegangene Klage die zweiwöchige Klagefrist in jedem Fall gewahrt wurde. Der sich in der vorgelegten Akte des Bundesamtes befindliche Bescheidsentwurf vom 13.01.2004 wurde weder zugestellt noch sonst bekannt gegeben.
26 
Die Klage ist auch nach Maßgabe des Ausspruchs begründet.
27 
Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) vom 20.01.2004, mit der die Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte widerrufen wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten. Der Widerruf der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ist allerdings rechtswidrig und führt zu einer Rechtsverletzung der Kläger. Maßgeblich für diese Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
28 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in der vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung (vgl. Art. 15 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - ZuwanderungsG - , BGBl. I S. 1950 ff.) war die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Diese Rechtslage hat sich durch die Gesetzesänderungen seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes insoweit geändert, als § 51 Abs. 1 AuslG durch § 60 Abs. 1 AufenthG ersetzt wurde (vgl. Art. 3 Nr. 46 ZuwanderungsG). Übergangsvorschriften für anhängige verwaltungsgerichtliche Verfahren enthält das Zuwanderungsgesetz nicht, so dass dieses mit Inkrafttreten in diesen Verfahren zu beachten ist. Unverändert geblieben ist § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, wonach von einem Widerruf abzusehen ist, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhenden Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.
29 
Für die Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist unerheblich, ob die Asylanerkennung rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 2). Es kommt deshalb maßgeblich darauf an, ob nach Erlass des Anerkennungsbescheides Tatsachen eingetreten sind, die, wären sie vorher eingetreten, das Bundesamt berechtigt hätten, den Bescheid nicht zu erlassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.11.1996, VBlBW 1997, 151).
30 
Für die Frage, ob nachträglich eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, ist, sofern der dem Begehren des Asylbewerbers entsprechende Bescheid auf einem Verpflichtungsurteil beruht, falls dieses Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist, auf den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, anderenfalls gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf den Zeitpunkt, in dem es gefällt worden ist, abzustellen (vgl., VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 - m.w.N.). Dies ist hier der 14.04.1999.
31 
Nach diesen Maßgaben ist der Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigte nicht zu beanstanden, denn die Kläger sind inzwischen in ihrer Heimat nicht mehr von politischer Verfolgung i.S.d. Art. 16 a Abs. 1 GG bedroht.
32 
Das Gericht geht bei seiner Beurteilung davon aus, dass es sich bei den Klägern um Zugehörige der Minderheit der Ashkali aus dem Kosovo handelt. Der Kläger Ziffer 1 hat dies zur Überzeugung des Gerichts, insbesondere auch durch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, dargetan. Der Kläger Ziffer 1 hat dabei geschildert, dass die Familie schon immer um ihre ethnische Abstammung gewusst habe, dies aber vor dem Krieg in ihrem Heimatort Ferizaj keine Rolle gespielt habe. Sie hätten Albanisch gesprochen und sich als Albaner gefühlt. In den vorhergegangenen Asylverfahren habe die Volkszugehörigkeit zur Gruppe der Ashkali keine Rolle gespielt, da es um die Verfolgung durch die Serben gegangen sei. Erst 1999 hätten sich wegen der Situation der Minderheiten im Kosovo die Ashkali in Deutschland organisiert. Er sei Mitglied im 1999 in München gegründeten Verein der Ashkali Kosovos. Dieser Verein unterhalte eine Untergliederung in Stuttgart. Dort sei er Mitglied im Vorstand. Diese Darstellung des Klägers Ziffer 1 ist nachvollziehbar und glaubhaft. Sie entspricht den typischen Merkmalen der Ashkali, die sich einerseits als besondere Volksgruppe betrachten, aber Albanisch als Muttersprache ansehen und deren „Identität das albanisch geprägte Kosovo“ ist (vgl. v. Holtey vom 15.11.1999; zur Situation der Ashkali in Ferezaj vgl. auch Arbeitsgruppe EURASIL der EU vom 18.03.2003). Der Kläger Ziffer 1 hat seinen Vortrag untermauert durch die Vorlage eines Mitgliedsausweises des Vereins der Ashkali Kosovos sowie eines Schreibens des Münchner Vereinsvorsitzenden, der die Tätigkeit des Klägers Ziffer 1 für die Stuttgarter Sektion bestätigt. Das Gericht sieht keine Veranlassung, an der Echtheit der Dokumente zu zweifeln. In den Vortrag des Klägers Ziffer 1 fügt sich auch dessen glaubhafte Schilderung des Schicksals seines Bruders ein, welcher, um das Haus der Familie zu bewachen, zunächst im Kosovo verblieben und wegen seiner Minderheitenzugehörigkeit gewaltsamen albanischen Übergriffen ausgesetzt war, bis er ebenfalls das Land verlassen musste.
33 
Die Gefahr einer unmittelbaren staatlichen politischen Verfolgung der Kläger im Kosovo allein auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit kann aber ausgeschlossen werden. Organe der Republik Serbien und Montenegro scheiden, da sie mit dem Einmarsch der KFOR-Truppen ihre Gebietsgewalt im Kosovo verloren haben, als Urheber einer politischen Verfolgung im Kosovo von vornherein aus (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000 - A 14 S 2559/98 - mi.w.N.). Auch eine im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG erhebliche mittelbare staatliche Verfolgung haben die Kläger nicht zu befürchten. Verfolgungsmaßnahmen Dritter wie hier die von den Klägern befürchteten Übergriffe der albanischen Bevölkerungsmehrheit kommen als politische Verfolgung im Sinne des Artikel 16 a Abs. 1 GG nur dann in Betracht, wenn sie dem jeweiligen Staat zuzurechnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2.7.1980, BVerfGE 54, 341, 358; Beschluss vom 1.7.1987, BVerfGE 76, 143, 169). Nach ständiger Rechtsprechung sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbare staatliche Verfolgung im Rahmen des Art. 16 a Abs. 1 GG nur dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Dies ist nur dann der Fall, wenn staatliche Organe die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Der Umstand allein, dass staatliche Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht in der Lage sind, die betroffene Bevölkerungsgruppe vor derartiger Verfolgung Dritter wirkungsvoll zu schützen, begründet eine staatliche Verantwortlichkeit insoweit nicht (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O. m.w.N.). Es fehlt aber an jeglichen Anhaltspunkten, dass entsprechende Übergriffe von den derzeit im Kosovo die alleinige Herrschaftsgewalt ausübenden KFOR-Truppen bzw. der UNMIK-Verwaltung unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen würden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2000, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 18.09.2001 - 13 LB 2442/01 -). Im Hinblick auf Art. 16 a GG hat sich die Rechtslage auch durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht geändert.
34 
Ob der Widerruf „unverzüglich“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfolgt ist, kann offen bleiben. Ein Ausländer wird nicht dadurch in seinen Rechten i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, dass das Bundesamt einen - ansonsten - berechtigten Widerruf der Asylanerkennung bzw. der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht unverzüglich ausspricht. Die Pflicht zum unverzüglichen Widerruf ist dem Bundesamt nicht im Interesse des einzelnen Ausländers als Adressaten des Widerrufsbescheides, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Beseitigung der ihm nicht (mehr) zustehenden Rechtsposition auferlegt. Angesichts der gesetzlichen Verpflichtung der Behörde zum Widerruf soll die bei Fehlen der Verfolgungsgefahr nicht länger gerechtfertigte Asylanerkennung im Interesse der alsbaldigen Entlastung der Bundesrepublik Deutschland als Aufnahmestaat unverzüglich beseitigt werden (ebenso BVerwG, Beschluss vom 27.06.1997, NVwZ-RR 1997, 741; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 05.03.1997 - A 13 S 188/96 - und vom 19.09.2002 - A 14 S 457/02 -). Der im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 - vertretenen gegenteiligen Auffassung folgt das Gericht nicht.
35 
Ebenso kann offen bleiben, ob im Rahmen des § 73 AsylVfG die allgemeinen Bestimmungen der §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG Anwendung finden, wonach Rücknahme und Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntnisnahme der Behörde von den Tatsachen zulässig sind, die die Rücknahme oder den Widerruf rechtfertigen (verneinend VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.08.2003 - A 6 S 820/03 -), denn die Jahresfrist wäre hier gewahrt.
36 
Die Jahresfrist beginnt zu laufen, sobald die für den Widerruf zuständige Behörde das Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen erkannt hat und ihr die für die Entscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung über den Widerruf zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Jahresfrist als einer Entscheidungsfrist, die sinnvoller Weise erst anlaufen kann, wenn der zuständigen Behörde alle für die Widerrufsentscheidung bedeutsamen Tatsachen bekannt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 1999). Im konkreten Fall des Widerrufs der Feststellung des Abschiebungsschutzes gem. § 51 Abs. 1 AuslG (bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG) sind bedeutsame Tatsachen in diesem Sinne nicht nur die allgemeine politische Lage im Verfolgerstaat, sondern auch die persönlichen Verhältnisse des Flüchtlings. Denn das Bundesamt hat gem. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Auch aus diesem Grunde ist dem Flüchtling vor der Widerrufsentscheidung Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG). Daraus folgt, dass die Jahresfrist gem. §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht bereits durch die Kenntnis der Behörde über die grundlegende Veränderung der Verhältnisse im Kosovo in der zweiten Juni-Hälfte 1999 in Gang gesetzt wurde (a.A. VG Stuttgart, 07.01.2003 - A 5 K 11226/01 -). Sie begann vielmehr erst in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem sich das Bundesamt auch über die persönlichen Verhältnisse der Kläger ein Bild verschaffen und ggf. individuelle Hinderungsgründe berücksichtigen konnte. Dies war hier erst nach Ablauf der den Klägern im Anhörungsschreiben vom 05.12.2003 gesetzten Frist zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf bzw. nach Eingang der Stellungnahme der Kläger vom 22.12.2003 der Fall, so dass die Jahresfrist bei Erlass der Verfügung vom 20.01.2004 auf jeden Fall noch nicht verstrichen war.
37 
An dieser Rechtslage ändert sich im vorliegenden Fall auch nichts dadurch, dass durch das Zuwanderungsgesetz in § 73 AsylVfG ein Absatz 2a eingefügt wurde, nach dem die Prüfung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Die neu eingeführte Drei-Jahres-Frist kommt den Klägern nicht zu Gute. Vielmehr richtet sich das Verwaltungsverfahren nach dem jeweils geltenden Recht (vgl. auch § 87 Abs. 1 Ziff. 1 AsylVfG).
38 
Auch § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht im vorliegenden Fall einem Widerruf der Asylanerkennung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. In Betracht kommen in diesem Zusammenhang ausschließlich Gründe, die ihre Ursache in einer früheren Verfolgung haben. Damit soll der psychischen Sondersituation Rechnung getragen werden, in der sich ein Asylberechtigter befindet, der ein besonders schweres, nachhaltig wirkendes Verfolgungsschicksal erlitten hat und dem es deshalb selbst lange Jahre danach ungeachtet der veränderten Verhältnisse nicht zumutbar ist, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, InfAuslR 1987,91 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 73 Rdnr. 28 ff.). Solche zwingenden, auf früherer Verfolgung beruhenden Gründe liegen bei den Klägern nicht vor.
39 
Die Klage ist aber insoweit begründet, als in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes die Feststellung, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf Serbien und Montenegro vorliegen, widerrufen wurde. Maßgeblich ist dabei wie dargelegt die seit dem 01.01.2005 geltende Rechtslage, wie sie sich aus dem Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Änderungen durch Art. 3 ZuwanderungsG und aus dem gemäß Art. 1 ZuwanderungsG an die Stelle des Ausländergesetzes getretenen Aufenthaltsgesetz ergibt. Danach erweist sich der Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG als rechtswidrig, weil bei den Klägern nunmehr die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, d.h. also die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht nachträglich entfallen, sondern weiterhin gegeben sind.
40 
Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthaltsG darf in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (Satz 1). Dabei kann eine Verfolgung im Sinne von Satz 1 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (Satz 4).
41 
In § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird anders als im bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG ausdrücklich auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Konvention, BGBl. 1953 II S. 559) Bezug genommen. Die Sätze 3 - 5 verdeutlichen darüber hinaus, dass der Schutz des Abkommens auch auf Fälle von nichtstaatlicher Verfolgung erstreckt werden soll. Auch insoweit schließt sich Deutschland damit nunmehr der Auffassung der überwiegenden Zahl der Staaten in der Europäischen Union an (vgl. Referentenentwurfsbegründung BTDs. 15/420, S. 91). Wenn nunmehr in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG ausdrücklich bestimmt wird, dass eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthaltsG auch von „nichtstaatlichen Akteuren“ ausgehen kann, sofern der Staat einschließlich internationaler Organisationen „erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten“, stellt dies einen Perspektivwechsel von der „täterbezogenen“ Verfolgung im Sinne der von der Rechtsprechung zu Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zur „opferbezogenen“ Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und damit von der „Zurechnungslehre“ zur „Schutzlehre“ dar (vgl. dazu Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2005, § 7 Rdnr. 119 und ausführlich Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, Losebl., Stand 2000, § 33 Rdnrn. 118 ff., bzw. Marx, ZAR 2001, 12 ff. ). Dies hat über das Begriffliche hinaus auch inhaltliche Konsequenzen. Der in § 60 Abs. 1 AufenthG festgelegte Standard beruht nicht auf der Zurechnungslehre, deren Zweck darin besteht, die Verantwortlichkeit des Staates für ein völkerrechtliches Delikt festzulegen und die der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ zugrunde liegt. Vielmehr geht es im Sinne der Schutzlehre darum, einen effektiven Schutz vor Verfolgung zu gewährleisten unabhängig davon, ob die Verfolgungshandlung einem staatlichen Träger zugerechnet werden kann oder nicht. Der Blick ist also auf das verfolgte Subjekt gerichtet und nicht auf den Täter (s. dazu auch Duchrow, ZAR 2004, 339 ff.). Kommt es auf die Zurechenbarkeit im Sinne der „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ nach der neuen Rechtslage nicht mehr an, kann danach politische Verfolgung durch Dritte auch vorliegen, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen trotz prinzipieller Schutzbereitschaft Personen oder Gruppen vor der Verfolgung durch Dritte nicht effektiv schützen können. Verfolgungsmaßnahmen Dritter, die bisher nur bei § 53 Abs. 6 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 7 AufenthG) berücksichtigt werden konnten, können nunmehr im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG erheblich sein, wenn der Staat bzw. die internationalen Organisationen „erwiesenermaßen“ nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Auch bei der Prüfung der staatlichen Schutzbereitschaft treten im Hinblick auf den o.g. Perspektivwechsel Zurechnungsgesichtspunkte in den Hintergrund. Vielmehr ist die Formulierung Ausdruck des auf der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes aufbauenden Prinzips, wonach internationalen Schutzes nur bedarf, wer vor einer Verfolgungshandlung im Herkunftsstaat keinen Schutz erlangen kann. Von einer mangelnden Schutzgewährung ist dabei nicht nur dann auszugehen, wenn die in § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG genannten Akteure im Sinne der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtsprechung zur „mittelbaren staatlichen Verfolgung“ gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewähren und die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Vielmehr kommt es unter dem Gesichtspunkt der Schutzgewährung darauf an, ob der Schutz im konkreten Einzelfall effektiv und angemessen ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., § 7 Rdnr. 95 - 119 zu Art. 7 und 8 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ABl. L 304 v. 30.09.2004, S. 12 - ).
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Nach diesen Maßgaben stellt sich nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen die Lage der Ashkali im Kosovo folgendermaßen dar:
43 
Nach der UNHCR-Position vom 30.03.2004 haben schwere Sicherheitsvorfälle Mitte März 2004 zu einer Eskalation der ethnisch motivierten Gewalt im gesamten Kosovo geführt und die Region an den Rand eines bewaffneten Konflikts gebracht. Die Folge waren 20 Tote, mehr als 1000 Verletzte, die systematische Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum und die Vertreibung von mehr als 4000 Kosovo-Serben, Ashkali, Roma sowie Angehörigen anderer Minderheiten. Die Vorfälle waren die schlimmsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen seit 1999. Sowohl die UNMIK als auch die provisorische Selbstverwaltung des Kosovo und die KFOR wurden von der flächendeckenden und systematischen Natur der Gewalttaten überrascht. Die KFOR, die Polizei der UNMIK und der Kosovo-Polizei (KPS) kämpften während der ersten Welle der Angriffe in erster Linie darum, die Kontrolle zu behalten. Sie konnten den Schutz der Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten. Den NATO-Truppen war es erst nach Entsendung von 2000 Mann Verstärkung möglich, die Gewalt einzudämmen. Unter den Binnenvertriebenen fanden mehr als 1000 Zuflucht in verschiedenen KFOR-Lagern, während die Übrigen in öffentlichen Gebäuden oder Privathaushalten untergebracht wurden und von Truppen geschützt werden mussten. Vielerorts waren auch Ashkali betroffen. In Vucitrn haben radikale Albaner unter Gewaltanwendung gegen Personen die Bewohner eines ganzen Wohnviertels der Ashkali (ca. 300 bis 350 Menschen) vertrieben und deren 67 Häuser geplündert und niedergebrannt. Nach der Schilderung v. Holteys vom 01.04.2004 muss die rassistisch motivierte Aktion wohl als Pogrom bezeichnet werden. Teilweise sollen auch Angehörige der kosovo-albanischen Polizei an den Gewalttaten beteiligt gewesen sein. Das Informationszentrum Asyl und Migration des Bundesamtes, das sich in seiner ersten Analyse vom 05.04.2004 auf zahlreiche Quellen insbesondere aus der internationalen Presse stützt, berichtet von drei weiteren derartigen Aktionen gegen Ashkali auch an anderen Orten im Kosovo. An den mehr als 30 Gewaltausbrüchen in den verschiedenen Gemeinden im Zuge der Ausschreitungen sollen schätzungsweise 51.000 Menschen - meist junge Albaner - teilgenommen haben. Unter den betroffenen albanisch-sprechenden Roma, Ashkali und Ägyptern waren viele, die mit Unterstützung des UNHCR erst im April 2002 in als „sicher“ geltende Orte zurückgekehrt waren, nach v. Holtey (a.a.O.) darunter auch aus Deutschland abgeschobene Familien. Die betroffenen Ashkali erlitten nicht nur Vertreibung, Verlust ihrer Existenzgrundlage, Schläge und Misshandlungen, sondern ihnen drohte nach den genannten Quellen während der Ausschreitungen konkret auch Vergewaltigung und Ermordung. In der aufgeheizten Situation mussten sie zum Schutz vor der Gefahr für Leib und Leben in ihrer Heimat gleichsam unter dem Schutz von NATO-Truppen in Militärlagern interniert werden. Bei den Ausschreitungen konnte selbst dieser militärische Schutz die Tötung und schwere Verletzung von Serben nicht verhindern. Dass es bei den Ashkali anscheinend keine Todesfälle gab, erscheint in dem Zusammenhang eher zufällig. Ein Vermerk des deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 02.04.2004 sagt deutlich, was auch die Analyse des Informationszentrum Asyl und Migration vom 05.04.2004 und die UNHCR-Position vom 30.03.2004 andeuten, nämlich dass es sich bei den Unruhen nicht um spontane Gewaltausbrüche einzelner isolierter Gruppen, sondern um ein koordiniertes und zielgerichtetes Handeln von bisher unbekannten Strukturen handelt, gegen das die KFOR-Truppen auch in der nächsten Zukunft keinen effektiven Schutz gewährleisten können.
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Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) weist in ihrem Update zur Situation der ethnischen Minderheiten vom 24.05.2004 darauf hin, dass die internationalen Truppen während der letzten zwei Jahre vor den März-Ereignissen von 45 000 auf 17 500 Personen reduziert worden waren und schon dadurch der physische Schutz der Minderheiten immer mehr gesunken war. Bei den Ereignissen vom März 2004 habe sich die KFOR im Hinblick auf ihre Aufgabenstellung und Ausrüstung als unfähig erwiesen, eine Vertreibung der Minderheiten zu verhindern. Es habe sich gezeigt, dass die bisher gewählte Sicherheitsstrategie gegenüber einer drohenden Menschenmenge völlig ungeeignet sei. Zur Überforderung der Sicherheitskräfte habe auch der Mangel einer zentralen Leitung beigetragen. Die UN-Polizei (Civ-Pol) und die Kosovo-Polizei (KPS) seien selbst Ziel von Radikalen geworden. Teile der kosovarischen Polizisten seien vollkommen führungslos gewesen, hätten sich passiv verhalten oder sich auf die Seite der Menge geschlagen. Zusammenfassen kommt die SHF für das Gericht nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass das Ziel einer multiethnischen Gesellschaft in weite Ferne gerückt sei und die kosovarische Gesellschaft auch in der Zukunft das Potential für ähnliche Eskalationen berge. Im Hinblick auf Roma, Ashkali und Ägypter sei in Teilen der albanischen Bevölkerung eine latente Pogromstimmung festzustellen. Neben der Sicherheitsproblematik sei die fehlende Existenzsicherung für diese Bevölkerungsgruppe unverändert und inakzeptabel. Zu einer vergleichbaren Einschätzung der Situation der Minderheiten kommt der UNHCR in seinem Positionspapier zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom August 2004. Dass sich die beschriebene Situation zwischenzeitlich grundsätzlich verbessert hätte, ergibt sich aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen nicht. Insbesondere enthält auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 zur Lage im Kosovo keine Hinweise auf eine Änderung der Lage (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2004 - 7 S 1128/02 -).
45 
Auf dieser Tatsachengrundlage ist davon auszugehen, dass Angehörige der Minderheiten, zu denen die Kläger gehören, bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten würden, Opfer solcher von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbarer Übergriffe zu werden. Dies reicht für die Annahme, den Klägern drohe im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthaltsG wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali „erweislich“, Verfolgung durch „nichtstaatliche Akteure“, gegen die internationale Organisationen Schutz zu bieten nicht in der Lage sind, aus. Soweit der Begriff „erweislich“, der aus der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 - Qualifikationsrichtlinie - ins Aufenthaltsgesetz übernommen worden ist, im Schrifttum erläutert wird (vgl. Marx, Asylmagazin 9/2004, 8, 11; s. auch Marx, Ausländer- und Asylrecht, a.a.O., zu Art. 7 und 8 der Qualifikationsrichtlinie, Rdnr. 95 - 119; Duchrow, ZAR 2004, 339, 341), wird darauf abgehoben, dass der Flüchtling erfahrene Schutzverweigerung bzw. Schutzlosigkeit darlegen bzw. nachweisen müsse. Wenn, wie bei der vorliegenden Fallgestaltung, auf Grund nach der Ausreise eingetretener tatsächlicher Änderungen Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure droht, ist ein solcher Nachweis nicht zu führen. Darüber hinaus sind bei der Gefahrenprognose zur Verfolgungswahrscheinlichkeit im Rahmen des Widerrufsverfahrens nach § 73 Abs. 1 AsylVfG Besonderheiten zu beachten. Wegen der meist schweren und bleibenden Folgen einer bereits erlittenen Verfolgung sind an die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses erneuter Verfolgung hohe Anforderungen zu stellen, so dass es mehr als nur überwiegend wahrscheinlich sein muss, dass der Betroffene im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist. Ist dem Betroffenen - wie im vorliegenden Fall - nicht wegen eines persönlichen Verfolgungsschicksals die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden, ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass künftige Verfolgungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.11.1992, ZAR 1993, 92 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.02.1986, NVwZ 1986, 957 f.; Hailbronner, AuslR, § 73 AsylVfG, Rdnr. 20).
46 
Das vorrangige qualitative Kriterium für die Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr beachtlich ist, ist die Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat (BVerwG, Urteil vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162 ff.). „Erweislich“ ist eine Verfolgung bei dieser Fallgestaltung darum jedenfalls dann, wenn auf Grundlage einer prognostischen Bewertung der Erkenntnislage die zu Art. 16 a Abs. 1 GG entwickelten Kriterien vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu im o.g. Urteil vom 05.11.1991 ausgeführt:
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Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftigen Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Unzumutbar kann aber ... eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ... nur eine mathematische Wahrscheinlichkeit von weniger als 50 % für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Falle reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus ... . Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die „reale Möglichkeit“ einer politischen Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen ... .
48 
Angesichts der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004, der nach der Erkenntnislage weitere derartige Übergriffe befürchten lässt, droht die Verfolgung der Minderheiten nicht nur als theoretischen Möglichkeit; vielmehr ist von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit im o.g. Sinn auszugehen. Nach dem Ablauf der in zahlreichen Orten erfolgten Übergriffe können die Kläger auch nicht auf ein regionales Ausweichen innerhalb des Kosovo verwiesen werden.
49 
Für die Kläger besteht auch keine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG im restlichen Serbien oder in Montenegro. Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen spricht alles dafür, dass die Kläger auch nicht in der Lage sein werden, im restlichen Serbien und Montenegro ihre Existenz zu sichern und dort eine menschenwürdige neue Heimat zu finden.
50 
In der vormaligen Bundesrepublik Jugoslawien ist zwar am 07.03.2002 ein neues Minderheitengesetz in Kraft getreten, in dem Minderheitenrechte gemäß internationalem Standard verankert sind; an der praktischen Umsetzung des neuen Regelungen mangelt es aber weiterhin (AA, Lagebericht vom 24.02.2004). Für Flüchtlinge ist es in Serbien für den Zugang zu grundlegenden Rechten und sozialen Dienstleistungen wie z.B. Gesundheitsfürsorge, Rente und Schule erforderlich, dass eine Anmeldung mit ständigem Wohnsitz bzw. eine Registrierung als Binnenvertriebener erfolgt (AA, Lageberichte vom 28.07.2003 und 24.02.2004; AA vom 24.05.2004 an VG Bremen; UNHCR vom September 2004) Bis Juli 2003 galt die Vorgabe der serbischen Regierung, wonach es Binnenvertriebenen nicht gestattet war, ihren ständigen Wohnsitz in Serbien anzumelden. Inzwischen ist diese Politik zwar aufgegeben worden. Dem UNHCR ist jedoch kein Fall bekannt, in dem die neue Rechtslage in der Praxis umgesetzt wurde. Die Anforderungen an die für eine Anmeldung notwendigen Dokumente für Kosovo-Roma, Ashkali und Ägypter verhindern es darüber hinaus, dass diese Personengruppen die notwendigen Anträge stellen können (AA, Lagebericht vom 24.02.2004; UNHCR vom September 2004). Mangels eines festen Wohnsitzes müssen sich Binnenvertriebene beim serbischen Flüchtlingsbeauftragten registrieren lassen, um Zugang zu sozialen und wirtschaftlichen Rechten zu erhalten. Nach der detaillierten Stellungnahme des UNHCR vom September 2004 ist Personen, die ursprünglich aus dem Kosovo stammen und die aus Drittländern zwangsweise nach Serbien und Montenegro zurückgeführt werden, eine Registrierung als Binnenvertriebene weder in Serbien noch in Montenegro möglich. Auf die Problematik der Registrierung als Flüchtling geht das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 24.05.2004 an VG Bremen, in der es auf das Vorhandensein von Sozialleistungen verweist, nicht ein. Binnenvertriebenen ohne eine solche Registrierung ist die Inanspruchnahme grundlegender Rechte einschließlich Gesundheitsfürsorge, Arbeitslosenunterstützung, Rente, Sozialversicherung und Unterkunft verwehrt. In Montenegro sehen sich Vertriebene aus dem Kosovo, die sich offiziell registrieren lassen wollen, ähnlichen Anforderungen und Schwierigkeiten ausgesetzt wie in Serbien. Die Hürde, Zugang zu grundlegenden Rechten zu erhalten, ist hier nochmals höher, da Vertriebene aus dem Kosovo rechtlich als Bürger Serbiens und nicht Montenegros betrachtet werden (UNHCR vom September 2004). Ein Kernproblem für die Vertriebenen stellt der Zugang zu Wohnraum und Unterkunft dar. Von dieser Problematik sind Roma, Ashkali und Ägypter besonders betroffen. Die meisten von ihnen haben Unterschlupf in improvisierten, illegalen Siedlungen - teils aus Blech und Pappe - gefunden, wo sie unter sehr harten Bedingungen leben (ohne Elektrizität, fließendes Wasser, kein Abwassersystem, keine öffentlichen Einrichtungen etc.). Der aktuelle Privatisierungsprozess führt darüber hinaus zu einer fortdauernden Serie von Zwangsräumungen. Weder in Serbien noch in Montenegro erfordert die Rechtslage, dass eine alternative Unterbringung nachzuweisen ist, bevor die Räumung durchgesetzt werden kann. Obdachlosigkeit, körperliche Schäden, Gesundheitsprobleme etc. sind die Folge. Unter diesen Gegebenheiten sind gerade Roma, Ashkali und Ägypter Bedingungen ausgesetzt sein, die zu einer Situation völliger Mittellosigkeit führen können und ein wirtschaftliches Überleben nicht sicherstellen (UNHCR vom September 2004; s. auch AA, Lagebericht vom 24.02.2004).
51 
Nachdem die Widerrufsentscheidung im Falle der Kläger zu Unrecht erfolgt ist, bestand für das Bundesamt weder eine Veranlassung noch Berechtigung, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) zu entscheiden, so dass die diesbezügliche Feststellung aufzuheben war (zu den Voraussetzungen, unter denen das Bundesamt anlässlich einer Widerrufsentscheidung berechtigt ist, auch erstmalig Feststellungen zu § 53 AuslG zu treffen, s. BVerwG, Urteil vom 27.02.1996, DVBl. 1996, 624 ff.).
52 
Da die Klage im Hauptantrag Erfolg hatte, bedarf es einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Kläger nicht.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.