Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 30.10.2013 betreffend Herstellungsbeiträge für die öffentliche Wasser- und Entwässerungseinrichtung (jeweils für die Grundbuchstellen 1262, 1263, 1273, 1290, 1293, 1294, 1295, 1296, 1297 und 1298 der Fl.Nr. …Gemarkung P* …*) wird angeordnet.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten der Verfahren zu tragen.

III. Der Streitwert wird insgesamt auf 11.961,19 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller erstrebt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche gegen insgesamt 20 Bescheide vom 30.10.2013, mit welchen er für Wohneigentum in der Seniorenresidenz P. zu Herstellungsbeiträgen für die Wasserversorgungs- und die Entwässerungseinrichtung des Antragsgegners herangezogen worden ist.

Gegenstand des Rechtsstreits sind insgesamt zehn Wohneinheiten des Antragstellers (Grundbuchstellen 1262, 1263, 1273, 1290, 1293, 1294, 1295, 1296, 1297, 1298) in der Seniorenresidenz Sch-str. 9, P* … (Fl.Nr. … Gemarkung P* …), Bauabschnitt 1, Haus B (BV 16/2003). Die diesbezügliche Baugenehmigung wurde vom Landratsamt T. am 22.1.2004 erteilt.

Mit Bescheiden vom 30.10.2013 - auf die Bezug genommen wird - veranlagte der Antragsgegner den Antragsteller zu Herstellungsbeiträgen für die öffentliche Wasserversorgung in Höhe von

145,95 € betreffend GBSt 1290 (= Az. RN 8 S 14.1586

146,11 € betreffend GBSt 1273 RN 8 S 14.1591

193,53 € betreffend GBSt 1263 RN 8 S 14.1592

146,11 € betreffend GBSt 1262 RN 8 S 14.1593

1.007,76 € betreffend GBSt 1298 RN 8 S 14.1594

807,34 € betreffend GBSt 1297 RN 8 S 14.1595

293,36 € betreffend GBSt 1296 RN 8 S 14.1596

164,60 € betreffend GBSt 1295 RN 8 S 14.1597

157,16 € betreffend GBSt 1294 RN 8 S 14.1598

164,52 € betreffend GBSt 1293 RN 8 S 14.1599) sowie für die öffentliche Entwässerungseinrichtung in Höhe von 395,12 € betreffend GBSt 1290 (= Az. RN 8 S 14.1589

395,55 € betreffend GBSt 1273 RN 8 S 14.1600

523,95 € betreffend GBSt 1263 RN 8 S 14.1601

395,55 € betreffend GBSt 1262 RN 8 S 14.1602

2.728,24 € betreffend GBSt 1298 RN 8 S 14.1603

2.185,66 € betreffend GBSt 1297 RN 8 S 14.1604

794,21 € betreffend GBSt 1296 RN 8 S 14.1605

445,60 € betreffend GBSt 1295 RN 8 S 14.1606

425,47 € betreffend GBSt 1294 RN 8 S 14.1607

445,40 € betreffend GBSt 1293 RN 8 S 14.1608).

Das sind insgesamt Beiträge von 3.226,44 € für die Wasserversorgungseinrichtung und von 8.734,75 € für die Entwässerungseinrichtung. Nach den Bescheiden legte der Antragsgegner für das Gesamtvorhaben jeweils eine beitragspflichtige Grundstücksgröße von 486,12 m² und eine beitragspflichtige Geschoßfläche von 2.519,48 m² beim Herstellungsbeitrag Wasser und 2.164,58 m² beim Herstellungsbeitrag Kanal zu Grunde. Über die hiergegen eingelegten Widersprüche ist bisher nicht entschieden. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 5.12.2013 ab.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten hat der Antragsteller vorliegende Anträge stellen lassen. Die Herstellung und Abnahme der Grundleitungen und des Wasseranschlusses an die öffentlichen Anlagen seien am 3.5.2004 erfolgt. Ab 2004 seien Wohneinheiten in den Etagen I, II und III verkauft und nach Herstellung der Bezugsfertigkeit ab 2006 in Besitz genommen worden. Bei Abschluss der notariellen Kaufverträge seien die Vertragsparteien davon ausgegangen, dass die erste Erschließung vollständig hergestellt und die Erschließungsbeiträge hierfür bezahlt sind. Seit dem Anschluss im Jahre 2004 seien Benutzungs- und Verbrauchsgebühren durch den Antragsgegner zunächst gegenüber der Bauantragstellerin (C* …-I. GmbH) und nach Fertigstellung ausschließlich gegenüber dem Antragsteller erhoben worden. Ansprüche auf Herstellungsbeiträge für Wasser und Kanal seien verjährt. Abzustellen sei insoweit auf die Fertigstellung der öffentlichen Anlagen, nicht auf die des Bauvorhabens. Außerdem sei das Vorhaben entgegen der Auffassung des Antragsgegners noch nicht komplett fertig. Das Erdgeschoß befinde sich noch im Ausbau. Beitragsschuldner seien nicht die Wohnungseigentümer. Gerügt werde auch die Höhe der angesetzten Beiträge, weil der Anteil für die jeweilige Grundbuchstelle nicht hinreichend bestimmt sei. Schließlich sei der Antragsteller wirtschaftlich nicht in der Lage, die geforderten Beiträge aufzubringen.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 30.10.2013 betreffend Herstellungsbeiträge für die öffentliche Wasser- und Entwässerungseinrichtung jeweils für die Grundbuchstellen 1262, 1263, 1273, 1290, 1293, 1294, 1295, 1296, 1297 und 1298 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Hinsichtlich der Bescheide vom 30.10.2013 sei weder Zahlungs- noch Festsetzungsverjährung im Sinne von Art. 13 KAG i.V.m. § 228 bzw. § 169 AO eingetreten. Der Antragsgegner habe erstmals anlässlich eines Ortstermin am 16.7.2013 vom Abschluss der beitragsrechtlich relevanten Maßnahmen erfahren. Der Antragsteller sei insoweit seiner Verpflichtung zur Meldung der maßgeblichen Veränderungen nicht nachgekommen. Unzutreffend sei auch, dass insoweit auf die Fertigstellung der öffentlichen Einrichtungen abzustellen sei. Vielmehr beruhe die Beitragserhebung auf einer Veränderung der Bebauung sowie der Nutzung des Grundstücks (§ 3 Abs. 2 BGS-WAS vom 7.8.2007; § 3 Abs. 2 BGS-EWS vom 4.7.2006). Wie bei der Ortsbesichtigung am 16.7.2013 festgestellt, seien die beitragsrelevanten Umbaumaßnahmen auch abgeschlossen. Sowohl der angeblich einstmals für Physiotherapie vorgesehene Bereich wie auch derjenige für eine Arztpraxis seien inzwischen zu Wohnungen umgebaut. Beitragsschuldner sei gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 1 KAG i.V.m. § 4 BGS-WAS und § 4 BGS-EWS, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter ist. Nach Art. 5 Abs. 6 Satz 2 KAG seien mehrere Beitragspflichtige Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum seien die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer entsprechend ihrem Miteigentumsanteil heranzuziehen. Soweit der Antragsteller bei Abschluss der notariellen Kaufverträge davon ausgegangen sei, dass Erschließungsbeiträge bezahlt seien, verwechsle er bereits Erschließungs- und Herstellungsbeiträge. Außerdem sei dies nur im Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien relevant. Die Einwände gegen die Beitragsfestsetzung der Höhe nach seien unsubstantiiert. Nicht ersichtlich sei im Übrigen, woraus sich vorliegend eine besondere und unbillige Härte für den Antragsteller ergeben solle. Nicht ausreichend sei insoweit, dass sich der Antragsteller lediglich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden will.

Im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsgegner auf richterliche Nachfrage eröffnet, ein Teil des Grundstücks sei schon seit jeher mit einem alten Steinmetzbetrieb bebaut gewesen, wann ein Anschluss an Wasser und Abwasser erfolgt sei, könne nicht mehr festgestellt werden, der damalige Eigentümer sei unbekannt. Das derzeitige Grundstück Fl.Nr. 478 sei 2003 aus den früheren Grundstücken Fl.Nrn. 265, 475/5, 475/3, 5/3, 478 und 479 (Gesamtgröße 6.280 m²) gebildet worden, noch 2003 sei dann das Grundstück Fl.Nr. 478/1 mit 2.317 m² weggemessen worden (verbleibende Grundstücksgröße Fl.Nr. 478: 3.984 m²). Für die früheren Grundstücke seien bereits Herstellungsbeiträge erhoben worden (vgl. hierzu Bl. 23 ff. Behördengeheft). Bereits erhobene Grundstücks- und Geschoßflächenbeiträge seien nunmehr prozentual auf die Grundstücke Fl.Nrn. 478 und 478/1 aufgeteilt und bei der streitgegenständlichen Beitragserhebung angerechnet worden. Für das Vorhaben Seniorenresidenz sei ab 7.6.2004 bis 20.12.2006 Bauwasser bezogen worden. Der Wasserhausanschluss sei durch den gemeindlichen Wasserwart am 21.8.2006 erfolgt. Am 9.1.2007 sei erstmals die Gebührenpflicht des Antragstellers mittels Wasser- und Abwassergebührenbescheid festgestellt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verfahren nach § 93 VwGO ist wegen des sachlichen Zusammenhangs geboten.

Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO sind zulässig und begründet.

Die grundsätzlich mit Widerspruch und Anfechtungsklage verbundene aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) tritt kraft Gesetzes nicht ein, wenn ein Verwaltungsakt die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten betrifft (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Das Gericht der Hauptsache kann jedoch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage anordnen (§ 80 Abs. 5 VwGO), was in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO dann zu geschehen hat, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Zahlungspflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Darüber hinaus müssen die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO vorliegen. Das ist hier der Fall, nachdem der Antragsgegner die Anträge des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat und mittlerweile die Vollstreckung betreibt (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO). Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids so erheblichen Bedenken begegnet, dass seine Aufhebung oder Abänderung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.

Die Bescheide des Antragsgegners vom 30.10.2013 betreffend Herstellungsbeiträge für die öffentliche Wasser- und Entwässerungseinrichtung jeweils für die Grundbuchstellen 1262, 1263, 1273, 1290, 1293, 1294, 1295, 1296, 1297 und 1298 begegnen bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit. Im Hinblick auf die im Widerspruchs- bzw. im eventuell nachfolgenden Klageverfahren zu klärenden tatsächlichen Verhältnisse und deren rechtliche Bewertung ist eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der anhängigen Widersprüche geboten.

1. Es bestehen keine Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit der streitgegenständlichen Bescheide. Soweit der Antragsteller meint, der Anteil für die jeweilige Grundbuchstelle sei nicht hinreichend bestimmt, trifft dies nicht zu. Die Bezugnahme auf die Grundbuchstelle ermöglicht eine konkrete Identifizierung. Der Antragsteller kann auch nichts daraus zu seinen Gunsten herleiten, dass er beim Erwerb des Wohneigentums von möglicherweise unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen ist. Eine Vereinbarung zwischen dem Bauträger/Verkäufer und den Erwerbern von Wohnungseigentum auf dem streitgegenständlichen Grundstück führt nicht zu einer Modifikation der Beitragsschuldnereigenschaft. Die öffentlich-rechtliche Beitragspflicht kann nämlich durch anderslautende Vereinbarungen nicht abgeändert werden. Ob und wie Eigentümer und Voreigentümer die Kostentragung hinsichtlich der Erschließung im Innenverhältnis verteilen, hat auf die Heranziehung der Beitragsschuldner keinen Einfluss. Auf Grund eines Kaufvertrags kann allenfalls ein privatrechtlicher Erstattungsanspruch gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht werden (vgl. VG Regensburg, U.v. 1.12.1997 - RO 13 K 97.950). Auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beitragsschuldners kommt es grundsätzlich nicht an.

2. Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist nach den streitgegenständlichen Bescheiden Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG i.V.m. den Beitrags- und Gebührensatzungen des Antragsgegners (BGS-WAS vom 7.8.2007, in der Fassung der Änderungssatzung vom 8.2.2011; BGS-EWS vom 4.7.2006, in der Fassung der Änderungssatzung vom 5.10.2011). Offen ist dabei, ob die im Hinblick auf die früheren Grundstücke Fl.Nrn. 265, 475/5, 475/3, 5/3, 478 und 479 erhobenen Grundstücks- und Geschoßflächenbeiträge durch wirksames Satzungsrecht gedeckt waren, sowie die Rechtsgrundlage für eine Anrechnung; insoweit wäre der Antragsteller jedoch nicht beschwert.

3. Maßgeblich für das Entstehen einer Beitragspflicht ist, dass die öffentliche Einrichtung fertiggestellt, eine Inanspruchnahme des damit verbundenen Vorteils also möglich ist, und dass wirksames Satzungsrecht vorliegt. Dabei ist der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung zu beachten.

a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BGS-WAS und § 3 Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS ist für das Entstehen der Beitragspflicht grundsätzlich die Verwirklichung des Beitragstatbestands entscheidend, d.h. eine Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung muss möglich sein und dem Beitragspflichtigen auch einen Vorteil bringen.

aa) Nach dem einschlägigen Satzungsrecht des Antragsgegners entsteht die Beitragsschuld, wenn für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke ein Recht zum Anschluss an die öffentliche Einrichtung besteht, wenn das Grundstück tatsächlich an die öffentliche Einrichtung angeschlossen ist oder aufgrund einer Sondervereinbarung (vgl. § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BGS-WAS; § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 BGS-EWS). Soweit der Antragsgegner meint, gemäß § 3 Abs. 2 BGS-WAS bzw. § 3 Abs. 2 BGS-EWS sei auf die Fertigstellung des Vorhabens abzustellen, verkennt er, dass nach dieser Vorschrift nur beitragsrelevante Veränderungen der Fläche, der Bebauung oder der Nutzung des Grundstücks veranlagt werden können.

bb) Soweit die Beitragspflicht grundstücksbezogen ist, ist eine solche im bescheidsgegenständlichen Umfang bereits mit der Neubildung des Grundstück Fl.Nr. 478 – noch vor der Wegmessung der Fl.Nr. 478/1 – im Jahr 2003 entstanden; entsprechendes gilt für eine fiktive Geschoßfläche. Nach den konkreten Umständen (vgl. EWS vom 11.9.2001) kann hier davon ausgegangen werden, dass die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die öffentliche Entwässerungsanlage des Antragsgegners bereits vor Baubeginn der Seniorenresidenz P* … fertiggestellt waren und dem Grundstück Fl.Nr. 478 entsprechende Vorteile vermittelten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BGS-WAS; § 3 Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS). Nach der Baugenehmigung liegt das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Nach Auskunft des Rauminformationssystems Bayern besteht für das streitgegenständliche Gebiet seit 1999 ein Bebauungsplan. Das Grundstück Fl.Nr. 478 galt damit jedenfalls ab seiner Neubildung 2003 als bebaubar und war damit unabhängig von einer tatsächlichen Bebauung beitragspflichtig (Grundstücksflächenbeitrag, fiktiver Geschoßflächenbeitrag). Soweit im Jahr 2003 durch die Verschmelzung der früheren Grundstücke Fl.Nrn. 265, 475/5, 475/3, 5/3, 478 und 479 (auf welche ursprünglich teilweise Regelungen für übergroße Grundstücke zur Anwendung kamen) zu dem neuen Grundstück Fl.Nr. 478 – noch vor der Wegmessung der Fl.Nr. 478/1 – eine weitergehende Beitragspflicht entstanden ist, hätte damals eine entsprechende Nacherhebung gegenüber der damaligen Grundstückseigentümerin erfolgen müssen. Dies ist offenbar nicht geschehen.

cc) Darüber hinaus steht – bei beitragsrelevanten Veränderungen – eine geschoßflächenbezogene Beitragspflicht im bescheidsgegenständlichen Umfang entweder mit dem tatsächlichen Anschluss des Bauvorhabens an die öffentlichen Einrichtungen (nach Angaben des Antragsgegners am 21.8.2006) oder aber mit dessen Fertigstellung im Raum. Tatsächlich wurden für die früheren Grundstücke Fl.Nrn. 265, 475/5, 475/3, 5/3, 478 und 479 bereits Grundstücks- und Geschoßflächenbeiträge erhoben. Ein Nacherhebungstatbestand im Sinne von § 3 Abs. 2 BGS-WAS bzw. § 3 Abs. 2 BGS-EWS könnte daher nur durch beitragsrelevante Veränderungen eingetreten sein. Solche könnten sich einerseits aus der tatsächlichen Anschlussnahme, andererseits bei Fertigstellung des Bauvorhabens ergeben. Nach Angaben des Antragsgegners wurde das streitgegenständliche Grundstück am 21.8.2006 an die öffentlichen Einrichtungen angeschlossen. Es spricht viel dafür, dass unabhängig von der Fertigstellung des Bauvorhabens spätestens mit der tatsächlichen Anschlussnahme eine weitere Beitragsschuld hinsichtlich des Geschoßflächenbeitrags entstanden ist. Auf die Art der Nutzung bzw. eine bestimmungsgemäße Benutzbarkeit kommt es dabei nicht an. Unerheblich ist insoweit, ob das Erdgeschoß baulich bereits fertig gestellt ist bzw. ob an Stelle der ursprünglich geplanten Nutzung (Physiotherapie, Arztpraxis) jetzt Wohnungseigentum entstehen soll. Der Antragsgegner kann sich insoweit nicht darauf berufen, er habe von der tatsächlichen Anschlussnahme keine Kenntnis gehabt. Von Seiten des Antragsgegners wurde nämlich ein Wasserzähler im Gebäude angebracht, der Antragsgegner erhebt seit 2007 auch Gebühren für Wasser und Abwasser. Eine Veränderung in den Grundstücks- oder Geschoßflächen ist seit dem Anschluss an die öffentlichen Einrichtungen nicht ersichtlich. Wie ausgeführt, hätte seit der Bebaubarkeit bzw. gewerblichen Nutzungsmöglichkeit ein Grundstücksflächen- und ein fiktiver Geschoßflächenbeitrag erhoben bzw. spätestens seit Neubildung der Fl.Nr. 478 nacherhoben werden können und müssen. Spätestens mit dem tatsächlichen Anschluss an die öffentlichen Einrichtungen hätten dann auch die in diesem Zeitpunkt vorhandenen Geschoßflächen abgerechnet werden müssen. Der Antragsgegner kann diesbezügliche Versäumnisse nicht dadurch ungeschehen machen, dass er (erst) mit Eintritt eines angeblichen Veränderungstatbestands – der eine erstmalige Beitragspflicht nur hinsichtlich der beitragsrelevanten Änderungen (Erhöhung der Geschossfläche) begründet – die schon früher gebotene Beitragserhebung nachholt. Eine Beitragspflicht entsteht nämlich grundsätzlich nur einmal mit der erstmaligen Erfüllung eines Beitragstatbestands, ein Wahlrecht hinsichtlich der verschiedenen Beitragstatbestände steht dem Antragsgegner insoweit nicht zu.

b) Selbst wenn der Beitragstatbestand verwirklicht wird, hängt das Entstehen der Beitragspflicht auch noch vom Bestehen einer wirksamen Beitragssatzung ab. Wird eine wirksame Satzung erlassen und ist der Beitragstatbestand vor dem Inkrafttreten dieser Satzung erfüllt, entsteht die Beitragsschuld erst mit Inkrafttreten dieser Satzung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 BGS-WAS; § 3 Satz 2 BGS-EWS). Rechtliche Bedenken gegen das Zustandekommen und den Inhalt der aktuellen Satzungen sind weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es kann hier offen bleiben, ob vor dem derzeit gültigen Satzungsrecht bereits wirksames Satzungsrecht vorhanden gewesen ist. Selbst wenn man nämlich davon ausgehen wollte, dass der Antragsgegner erstmals mit den aktuellen Satzungen wirksames Satzungsrecht geschaffen hätte, wäre eine Beitragspflicht bereits mit dessen Inkrafttreten (BGS-WAS: 1.11.2007 bzw. BGS-EWS: 1.11.2006) entstanden.

5. Unter diesen Umständen spricht derzeit alles dafür, dass einer Beitragserhebung – zumindest weitgehend – Festsetzungsverjährung entgegen steht.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b bb KAG i.V.m. § 169 AO können öffentliche Abgaben – wie hier Herstellungsbeiträge – nur innerhalb einer Festsetzungsfrist von vier Jahren erhoben werden. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b bb 2. Spiegelstrich KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 AO vier Jahre und beginnt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b cc KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem die Beitragspflicht entstanden ist. Hinsichtlich der Nacherhebung im Zusammenhang mit der Neubildung des Grundstücks Fl.Nr. 478 wäre damit mit Ablauf des 31.12.2007, hinsichtlich einer Beitragspflicht durch tatsächliche Anschlussnahme mit Ablauf des 31.12.2010 und hinsichtlich unterstelltem erstmals wirksamen Satzungsrechts mit Ablauf des 31.12.2010 bzw. 2011 Festsetzungsverjährung eingetreten.

6. Schließlich ist auch offen ist, wer im Zeitpunkt des erstmaligen Entstehens der jeweiligen Beitragspflicht Beitragsschuldner war.

Beitragspflichtig ist gemäß Art. 5 Abs. 6 KAG i.V.m. § 4 BGS-WAS bzw. § 4 BGS-EWS, wer zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer oder Erbbauberechtigter des beitragspflichtigen Grundstücks ist. Entsteht die Beitragspflicht erst mit dem Inkrafttreten einer erstmalig wirksamen Satzung, ist derjenige beitragspflichtig, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung gerade Eigentümer des Grundstücks ist, auch wenn der Beitragstatbestand möglicherweise bereits zu einem Zeitpunkt verwirklicht wurde, in dem noch eine andere Person Eigentümer war. Wer im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt (Neubildung der Fl.Nr. 478, möglicher oder durch Anschlussnahme tatsächlicher Vorteil, Inkraftttreten einschlägigen Satzungsrechts) Grundstückseigentümer war bzw. wann eine Aufteilung in Wohnungseigentum erfolgt ist, ist derzeit – zum Nachteil des Antragsgegners – offen.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. Feb. 2016 - RO 8 K 15.1850

bei uns veröffentlicht am 08.02.2016

Tenor I. Die Klagen werden abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger wendet sich gegen insgesamt

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(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.