Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der eigenen Angaben zufolge am … … 1997 geborene Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wendet sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wiederum hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der Kläger reiste am 5. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 11. Januar 2016 Asyl. Hierzu wurde er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 26. April 2017 persönlich angehört.

Hierbei gab er an, oromischer Volkszugehörigkeit zu sein, in Äthiopien einen Führerschein und einen Ausweis besessen zu haben. Den Ausweis habe er zu Hause gelassen, als er geflohen sei. Den Führerschein habe man ihm in Äthiopien weggenommen und zerrissen. Äthiopien habe er an einem Mittwoch im Juni 2015 verlassen. Er sei über den Sudan, Libyen und Italien nach Deutschland gereist. In Äthiopien habe er noch eine Schwester, einen Bruder, der seit 16 Jahren im Gefängnis sei, eine Großmutter und den Rest der Großfamilie. Bis zur sechsten Klasse sei er in die Schule gegangen. Er habe den Führerschein gemacht und auf der Farm eines Engländers als Bulldogfahrer gearbeitet. Später sei er LKW-Fahrer auf einem kleineren Lkw gewesen. Wirtschaftlich sei es ihm relativ gut gegangen, der Traktor habe ihm gehört. In seinem Ort habe es nur zwei Traktoren gegeben, der Traktor habe seinem Vater gehört. Auch der andere Traktor in seinem Dorf habe seinem Vater gehört. Sein Vater habe auch eine relativ große Farm. Die Flucht habe 140.000 Birr gekostet und sei von den Ersparnissen seines Vaters bezahlt worden.

Er habe mit dem Isuzu gearbeitet. In dieser Zeit sei er Mitglied der OFC geworden. Im Januar 2014 sei er in der Stadt am Mojo festgenommen worden, als er mit seinem Lkw unterwegs gewesen sei. Er sei für fünf Tage festgehalten und danach wieder freigelassen worden. Nachdem er dann mit seinem Fahrzeug in seinen Heimatort gekommen sei, sei er dort erneut verhaftet worden. Man habe ihm vorgeworfen, dass er mit seinem Fahrzeug Informationen der OFC transportieren würde. Hierfür sei er fünf Monate ins Gefängnis gekommen. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis sei er mit dem Lkw in Beltu Kurkuru gewesen. Auf dem Rückweg habe er Passagiere dabei gehabt und Bundespolizisten hätten auf die Reifen seines Fahrzeugs geschossen, weil diese geglaubt hätten, dass er gegnerische Soldaten transportiere. Die Polizisten seien zu ihnen gekommen, hätten die Fahrgäste geschlagen und verhaftet und er sei in die Stadt Ginir gebracht und eingesperrt worden. Nach sechs Monaten habe er fliehen können. Er habe einen Wachmann bestochen, der am Wochenende Wache hielt und so habe er beim Toilettengang fliehen können. Innerhalb von drei Tagen habe er Äthiopien dann verlassen. Vom Ort des Gefängnisses bis Salu sei er mit dem Motorrad gefahren, anschließend mit dem Auto nach Robe und mit dem Kleinbus nach Addis Abeba.

In dem letzten Gefängnis sei er auch gefesselt und mit verbundenen Augen zwei Tage in einen Raum gebracht worden. Er sei dort mit Elektroden und brennenden Plastikteilen misshandelt worden. Man habe auf Knien zur Toilette laufen müssen. Reden sei verboten gewesen und wenn man gehustet habe, sei einer reingekommen und habe sie geschlagen. Beim morgendlichen Toilettengang sei man mit dem Stock geschlagen worden. Nach dem Toilettengang sei man immer mit kaltem Wasser bespritzt worden und habe einige Zeit draußen bleiben müssen. Sein Bruder sei schon länger Mitglied der OFC und seit 17 Jahren im Gefängnis. Er sei zum Tode verurteilt, was üblicherweise lebenslange Haft bedeute. Bei der Verhaftung habe man seinen Führerschein zerrissen und 75.000 Birr, die er bei sich gehabt habe, beschlagnahmt. Sein Bruder habe in Russland eine Militärausbildung gemacht und die Soldaten der ABO trainiert. Dann habe er für die OFC den Wahlkampf organisiert. Er habe seinen Bruder erst kennengelernt, als er ihn im Gefängnis besucht habe. Bereits sein Vater und sein Großvater hätten für die Rechte der Oromo gekämpft.

Er habe bereits mit 16 Jahren einen Führerschein gehabt, da man in Äthiopien alles kaufen könne. Er sei zur Führerscheinstelle gegangen und habe 7.000 Birr bezahlt. Er habe für die OFC Informationen transportiert. Kämpfer habe er nicht befördert, nur normale Fahrgäste.

Es sei ihnen in Äthiopien gut gegangen. Sie hätten auch das Land gehabt, dass die Regierung ihnen wegnehmen wolle. Auch deshalb sei er nach Europa geflohen. Das Motorrad mit dem er geflohen sei, habe er gemietet. Die Bestechung des Wachmanns habe er mit diesem ausgehandelt. Der Wachmann sei dann von einem Onkel bezahlt worden. Der Onkel habe am Freitag bezahlt, am Samstag sei er freigekommen. Er habe noch 500 Birr in der Tasche gehabt, damit habe er das Motorrad gemietet. In Saldo habe er seine Schwester getroffen, die in 20.000 Birr gegeben habe.

Bei einer Rückkehr befürchte er, dass man ihn lange einsperren oder sofort töten werde, sogar der Vorsitzende der OFC, Dr. M. G., sei nach seiner Rückkehr aus Europa festgenommen worden und säße im selben Gefängnis wie sein Bruder. Er – der Kläger - werde eher getötet, als die bekannten Persönlichkeiten, wie der Parteivorsitzende, weil man ihn als einen Unbekannten leichter verschwinden lassen könne. Zudem sei bekannt, was er in den sozialen Medien getan habe. Er sei dabei, die Oromo in Bayern zu organisieren, um Demonstrationen in München und Nürnberg zu machen. Man habe sich beispielsweise in R. getroffen, da man in Regensburg keinen Raum gefunden habe. All dies sei auch auf YouTube und Facebook zu finden.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2017 lehnte die Beklagte die Begehren des Klägers ab. Hiergegen erhob er am 29. Juni 2017 Klage.

Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass weder die vorgebrachte Vorverfolgung zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl führe, noch die exilpolitische Tätigkeit des Klägers eine beachtliche Verfolgungsgefahr auslöse.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2017, Aktenzeichen 6 451 370 - 225 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz anzuerkennen,

hilfsweise, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wiederum hilfsweise, ihm subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren,

weiter hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den Bescheid.

Die vollständigen Unterlagen zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers (Kontobelege) sind am 23. Juli 2018 bei Gericht eingegangen.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung war mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, am 23. Juli 2018, abzulehnen.

Der Antrag war erst anderen 23. Juli 2018 entscheidungsreif, da erst zu diesem Zeitpunkt die vollständigen Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht vorgelegen haben.

Nach den §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, so wird der Partei gemäß §§ 166 VwGO, 121 Abs. 2 ZPO auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

Die nach § 114 Satz 1 ZPO vorzunehmende Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung steht im engen Zusammenhang mit der Feststellung und Würdigung des Sachverhaltes und der Auslegung und Anwendung des jeweils einschlägigen materiellen und prozessualen Rechts. Die auf die hinreichende Erfolgsaussicht gerichtete rechtliche Prüfung ist eine nur summarische; denn die Prüfung der Erfolgsaussicht dient nicht dazu, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Prozesskostenhilfeverfahren vorzuverlagern. Bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmales der hinreichenden Erfolgsaussicht darf kein Auslegungsmaßstab verwendet werden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung überspannt würden, weil dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt werden würde (BVerfG vom 13.3.1990, NJW 1991, 413; BayVGH vom 8.1.2003, Az. 23 CS 02.2995 ; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 166 RdNr. 8). Gemessen an diesen Anforderungen muss ein Prozesskostenhilfeantrag bereits dann Erfolg haben, wenn die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage bei einer summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offen sind (BVerwG vom 8.3.1999, NVwZ-RR 1999, 587; Kopp/Schenke a.a.O.).

Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife sind die Erfolgsaussichten der Klage nach Aktenlage nicht offen. Nach Aktenlage ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Beklagte die Asylbegehren des Klägers rechtswidrigerweise abgelehnt hätte. Der Kläger hat nach vorläufiger Einschätzung keinen Anspruch auf einen der geltend gemachten Schutzstatus.

1. Soweit der Kläger auf eine Vorverfolgung verweist, ist diese Geschichte nach Aktenlage unglaubhaft. Zweifelhaft bleibt trotz der Nachfrage des Anhörers des Bundesamts, die Frage der Bestechung des Gefängniswärters. Es bleibt offen, weshalb der Kläger im Gefängnis einen Restbetrag an Bargeld bei sich gehabt haben will, nachdem ihm sein Geld bei der Verhaftung abgenommen worden sein soll. Damit ist die Geschichte der Inhaftierung und der Vorverfolgung insgesamt unglaubhaft. Im Gegenteil ist angesichts der Aussagen des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung, wonach es seiner Familie wirtschaftlich gut gegangen habe und sein Vater die Flucht von den Ersparnissen habe bestreiten können, nicht davon auszugehen, dass die Familie politisch verfolgt worden wäre. Die Aussage, dass sein Vater die einzigen zwei Traktoren des Dorfes besessen habe, lässt eher darauf schließen, dass der Kläger einer angesehenen, nicht aber einer verfolgten, Familie entstammt. Ohne dass es hierauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass der vom Kläger vorgebrachte Vorsitzende der OFC, der der Kläger zugehörig sein will, Dr. M. G., im Januar 2018 freigelassen worden ist (vgl. https://www.bbc.com/news/world-africa-42716864, alle Webseiten aufgerufen am 31. Juli 2018). Weshalb nun die einfachen Mitglieder dieser Vereinigung weiterhin – sofern man überhaupt von einer bisherigen Verfolgung ausgehen will - verfolgt sein sollten, ist nicht ersichtlich.

2. Soweit der Kläger befürchtet, aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten in Äthiopien verfolgt zu werden, ist dies nach Aktenlage zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags ebenfalls unbegründet.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Äthiopien seit Jahresbeginn 2018, ist zur Überzeugung des Richters - ungeachtet dessen, dass die Kammer auch bisher regelmäßig nicht von einer Verfolgung rein exilpolitisch tätiger Asylbewerber ausging (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris) – erst recht nicht mehr von einer Verfolgung exilpolitisch tätiger äthiopischer Asylbewerber durch die äthiopischen Behörden auszugehen.

Dies ergibt sich aus mehreren Entwicklungen dieses Jahres. Diese aktuellen Ereignisse führen auch dazu, dass der Beweisbeschluss des BayVGH vom 26. März 2018 und die hierzu bisher vorliegenden Auskünfte insoweit als überholt anzusehen sind, da der Beweisbeschluss den Ereignissen zeitlich vorgelagert war und diese damit nicht hat berücksichtigen können und einige der vorgelegten Auskünfte die jüngsten Ereignisse auch nicht berücksichtigen.

So wurde der Ausnahmezustand aufgehoben (Meldung der BBC vom 2. Juni 2018, 20:53 Uhr und vom 5. Juni 11:23 Uhr, https://www.bbc.com/news/world-africa-44344025?intlink_from_url=https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia& link_location=live-reporting-story).

Der neue Premierminister, Abiy Ahmed, ist oromischer Volkszugehörigkeit (vgl. Meldung der BBC vom 28. März 2018 10:29 Uhr, https://www.bbc.com/news/world-africa-42716864). Dieser hat bei seiner Vereidigung ausdrücklich betont, dass politischer Pluralismus ein Muss sei, denn das sei ein Grundstein dafür, dass Demokratie funktioniere. Ferner führte ihn seine erste Amtsreise in einen der Unruheherde des Landes, die Grenzregion zwischen den Siedlungsgebieten der Oromo und der Somali und er hat in Addis Abeba Oppositionspolitiker, Vertreter der Zivilgesellschaft und religiöse Führer empfangen. Dass er die Politik der Regierungskoalition nicht einfach fortsetzen will, hat er vor allem auch dadurch gezeigt, dass unter seiner Führung Hunderte von Oppositionsanhängern freigelassen worden sind, die nach einer Amnestie im Januar 2018 zwar aus der Haft entlassen, anschließend jedoch teils gleich wieder festgenommen worden waren. Außerdem wurde inzwischen das berüchtigte Makelawi-Gefängnis in Addis Abeba geschlossen (vgl. zum Vorstehenden die Presseartikel „Halber Machtwechsel“, taz vom 3.4.2018; „Man nennt ihn Äthiopiens Barack Obama“, FR vom 10.4.2018 und „Äthiopiens neuer Premier wirbt für Zusammenarbeit und Versöhnung“, DW vom 13.4.2018).

Der neue Premierminister bezeichnete Folter als Akt des Terrors durch den Staat, warf den eigenen Sicherheitsbehörden Folter und illegale Inhaftierungen vor und entließ Chefs der Nachrichtendienste und des Militärs (vgl. Meldung der BBC vom 18. Juni 2018, 18:05 Uhr, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia). Die oppositionelle Organisation Ginbot 7 stellte ihren bewaffneten Widerstand gegen die Regierung ein und bezeichnete die vom neuen Premierminister angestoßenen Reformen als wirkliche Hoffnung auf Demokratie (Meldung der BBC vom 22. Juni 2018, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia).

So wurde auch der zum Tode verurteilte Generalsekretär der Organisation Ginbot 7, Andargachew Tsege, der 2009 in Abwesenheit zum Tode verurteilt und 2014 auf einem jemenitischen Flughafen auf seinem Weg nach Eritrea festgenommen und den äthiopischen Behörden ausgehändigt worden war, freigelassen (vgl. Meldung der BBC vom 1. Juni 2018 17:05 Uhr, https://www.bbc.com/news/world-africa-42716864).

Es finden Gespräche zwischen Äthiopien und Eritrea statt. Äthiopien kündigte an, die Soldaten an der Grenze zu Eritrea abzuziehen. Telefonleitungen und Flugverbindungen zwischen beiden Ländern wurden wiedereröffnet (vgl. Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 20. Juli 2018, 11:00 Uhr, https://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-und-eritrea-zwei-laender-erwachen-aus-dem-tiefschlaf-1.4062868; Meldung der BBC vom 10. Juli 2018, 13:01 Uhr, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia).

Der Premierminister ließ bisher gesperrte Internetseiten oppositioneller Organisationen freigeben. Das oromische Medienportal Oromo Media Network (OMN), dem bis vor kurzem noch Terrorvorwürfe gemacht worden sind, eröffnete in Addis Abeba eine Redaktion (vgl. Meldung der BBC vom 26. Juni 2018, 16:16 Uhr, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia).

Aus alledem ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass äthiopische Asylbewerber in Äthiopien aufgrund ihres exilpolitischen Engagements in Europa eine flüchtlingsrelevante Verfolgung befürchten müssten. Hier sei auch auf die ältere Auskunftslage von Beginn dieses Jahres verwiesen, aus der sich nach der Rechtsprechung der Kammer regelmäßig ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine drohende Verfolgung ergaben (vgl. hierzu ausführlich VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris, VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris). Da die in diesem Jahr eingeleiteten Maßnahmen der äthiopischen Regierung die Lage vor Ort nach der Aktenlage nicht verschlechtert haben dürften, ist nichts erkennbar, was für eine beachtlich wahrscheinliche Gefahr der politischen Verfolgung aus Gründen des exilpolitischen Engagements spräche.

Von einer weiteren Darstellung der Gründe wird abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG entsprechend).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 31. Juli 2018 - RO 2 K 17.33894 zitiert 9 §§.

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sic
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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger ist äthiopischer St

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Tenor 1. Der Bescheid des Bundesamtes für ... vom 24. Januar 2017 wird in den Ziffern 1 bis 3 insoweit aufgehoben, als die darin ausgesprochenen Antragsablehnungen als „offensichtlich unbegründet“ erfolgt sind. Im Ü

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 07. Dez. 2018 - B 7 K 17.31304

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger ist äthiopischer St

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger ist äthiopischer St

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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger vom Volke der Oromo, geb. nach eigenen Angaben am ...1989 bzw. ...1989, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg am 18.5.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte er am 1.7.2014 einen Asylantrag.

Am 26.5.2014 wurde der Kläger von der Hessischen Aufnahmeeinrichtung in Gießen befragt und gab hierbei an, am 20.5.2014 mit „dem Auto von Italien nach Unbekannt“ gereist zu sein. Einen Pass habe er nie besessen.

Am 16.6.2014 erfolgte die Befragung zur Identitätsklärung an der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken Zirndorf. Hierbei gab der Kläger an, dass er vor ca. 3 Jahren einen Personalausweis von der Stadt W... D... ausgestellt bekommen habe. Am 10.4.2014 sei ihr Haus abgebrannt und der Personalausweis habe sich im Haus befunden. Er besitze keine Dokumente mehr. Er sei in W... D... in der K... Wa... in der Zone S... aufgewachsen und habe bis zuletzt dort gewohnt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Er habe im Heimatland zwei Brüder, eine Schwester, eine Tante und einen Onkel. Er sei von der 1. bis zu 6. Klasse in Wa... in die Schule gegangen, von der 7. bis 8. Klasse in der „G...“ Schule in M... und in der 9. Klasse in der „O...“ in M... Seine Schulzeugnisse habe er nicht von der Schule abgeholt. Er sei Bauer gewesen.

Am 6.9.2016 erfolgte die Anhörung gem. § 25 AsylG vor dem Bundesamt. Bei dieser gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er keine Personaldokumente habe. Er habe einen K...-Ausweis besessen. Den habe er in Äthiopien verbrannt. Er habe sich zuletzt im Dorf Wa... aufgehalten. Eine K... oder Hausnummer gäbe es nicht. Es sei ein kleines Dorf zwischen B...Z... und M... Er habe seine Heimat am 10.8.2006 (EC) verlassen und sei am 18.5.2014 in Deutschland eingereist. Er habe die Schule bis zur 10. Klasse besucht und sei Bauer gewesen. Man müsse nach der 10. Klasse eine Prüfung machen. Er habe nicht Mitglied der TPLF werden wollen und habe daher die Prüfung nicht machen dürfen. Er habe dann 4 Jahre als Bauer gearbeitet. Die Regierung habe dann alle Bauern versammelt und gesagt, dass sie das Land an Investoren aus Israel verkaufe. Sie sollten ihr Land verlassen. Alle Leute, die dagegen waren, seien festgenommen worden. Auch er sei 2003 (EC) von der Polizei in das Gefängnis in Z... gekommen und dort 3 Jahre gewesen. 2006 (EC) sei er aus dem Gefängnis geflohen und nach Mo... gefahren. An das genaue Datum der Verhaftung könne er sich nicht erinnern. Ca. ein Monat nach seiner Flucht aus dem Gefängnis sei er wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt und nach fünf Tagen wieder verhaftet worden. Er sei zehn Tage im Gefängnis gewesen. Das Gefängnis habe eine Farm gehabt, auf der ein Bekannter von ihm gearbeitet habe. Er habe seine Uniform angezogen und fast acht Stunden auf der Farm gearbeitet. Auf dem LKW, der die Tomaten abgeholt habe, sei er geflüchtet. Er habe dann von seinem Onkel Geld abgeholt und von seinem Onkel erfahren, dass sein Vater tot sei. Er sei dann zusammen mit seinem Onkel nach Addis Abeba gereist. Er sei dann über Mekele, Shere und Humera in den Sudan. Sein Vater sei Unterstützer der OLF gewesen und gegen den Verkauf des Landes an die Investoren. Darum habe die Polizei ihn umgebracht. Der Kläger sei Unterstützer der OLF gewesen. Er sei ein Oromo. Auch in Deutschland sei er als Mitglied der TBOJ exilpolitisch tätig. Kontakt in die Heimat habe er nicht mehr. Dem Bundesamt wurde eine Bestätigung der TBOJ / UOSG übergeben, wonach der Kläger seit 22.11.2014 Mitglied sei und an 17 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 12.9.2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte andernfalls dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Die vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und oberflächlich. Auch bei unterstellter Wahrheit würden die geschilderten Umstände keinen Flüchtlingsschutz begründen. Die vom Antragsteller behauptete Zugehörigkeit zur OLF führe für sich noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Der Kläger habe kein aktives Tätigwerden für die OLF glaubhaft gemacht. Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hebe sich nicht erkennbar aus dem Kreis der Mitläufer hervor. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 12.9.2016 verwiesen.

Am 26.9.2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Der Kläger verweist hierbei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Rahmen der Vorprüfung. Der Kläger habe sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig. Mit Schriftsatz vom 12.1.2018 brachte die Klägerseite ergänzend vor, der Kläger sei in Äthiopien bereits auf Grund der Weigerung, Land aufzugeben, verhaftet worden. Nach Auffassung des äthiopischen Regimes seien oromische Volkszugehörige, die sich gegen die Durchführung des „Masterplanes“ aussprächen etc., verdächtig, die OLF zu unterstützen. Verhaftungen wie im vorliegenden Fall knüpften daher zumindest an eine unterstellte politische Überzeugung an. Die im Bescheid gerügte angeblich nicht detailliert genug beschriebene Haftzeit etc. werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals darlegen. Der Kläger sei vorverfolgt ausgereist. Jedenfalls drohe dem Kläger auf Grund seiner exilpolitischen Aktivitäten eine Verfolgung in seinem Heimatland. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde eine Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 10.1.2018 vorgelegt. In dieser wird bestätigt, dass der Kläger seit 2.9.2016 an weiteren 7 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe. Ferner wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2017 vorgelegt und die dort benannten Erkenntnismaterialien und Auskünfte zum Bestandteil des Vorbringens gemacht. Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg ausgeführt, habe sich durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes zum 4.8.2017 keine Änderung an der Verfolgungssituation ergeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.9.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

weiter hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 12.12.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt.

Mit der Ladung vom 14.12.2017 wurde die Auskunftsliste „Äthiopien“ vom Stand 12.12.2017 übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2018 hat das Gericht den Kläger nochmals zu den Ereignissen in Äthiopien und seiner exilpolitischen Betätigung befragt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Klägervertreter stellt den im Schriftsatz vom 12.1.2018 angekündigten bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 es unverändert dabei verbleibt, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, die Einholung einer Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und auf die Sitzungsniederschrift vom 24.1.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die vom Bundesamt gemäß den §§ 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylG, 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG getroffene Entscheidung ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids, den Antrag des Klägers im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter abzulehnen, ist bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Entscheidung mit seiner Klage nicht angegriffen (vgl. VGH BW U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – juris). Ohnehin könnte er sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, da er nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien nach Deutschland eingereist ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris). Eine Verfolgung i.S. d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (vgl. auch VG Augsburg, U.v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 – juris). Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Der Kläger macht geltend, dass er in Äthiopien bereits inhaftiert gewesen sei, da er sein Land nicht an Investoren verkaufen habe wollen. Er habe gegen den Landverkauf demonstriert und er und seine Familie hätten die OLF allgemein unterstützt.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

Die Angaben, die der Kläger im Verlauf seines Asylverfahrens zu den Geschehnissen in Äthiopien gemacht hat, sind nicht glaubhaft. Zwar ergänzte der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Angaben und berichtete insbesondere konkreter von der Verhaftung und Haft. Es ist jedoch bereits nicht nachvollziehbar, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, in der er aufgefordert wurde, alle Ereignisse zu schildern, die nach seiner Auffassung die Vorflucht begründen, weder Details zur Verhaftung und Haftzeit schilderte, noch die Demonstrationen und seine Unterstützungstätigkeiten für die OLF vortrug. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger insbesondere die einschneidenden Erlebnisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und die Gräueltaten und die Angst im Gefängnis vor diesen von sich aus vor dem Bundesamt berichtet. Bereits dies erweckt den Anschein, dass es sich nicht um selbst Erlebtes handelt, sondern der Vortrag im gerichtlichen Verfahren entsprechend zu den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 12.9.2016 asyltaktisch ergänzt wurde. Zudem steigerte der Kläger hiermit sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, was ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit spricht. Gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht ferner, dass der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf konkrete Fragen des Gerichts zunächst mit allgemeinen Ausführungen antwortete. So antwortete der Kläger im Rahmen mehrfacher Nachfragen zu den konkreten Unterstützungstätigkeiten auf die Frage nach dem konkreten Text auf den Plakaten, die der Kläger an Strommasten plakatiert haben will, dass er die meisten Schriftstücke selbst verfasst habe und er anfangs klargestellt habe, dass „wir Oromo keine Demokratie in unseren Gebieten haben und keine gleichwertige Schulbildung“. Einen konkreten Text benannte er nicht, obwohl gerade bei Plakaten, die sich gewöhnlich durch kurze plakative Aussagen auszeichnen, dies gut möglich sein müsste. Ebenfalls gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht, dass der Kläger vor dem Bundesamt im Hinblick auf die Verhaftung und die Flucht nur jeweils das Jahr angab. Erst in der mündlichen Verhandlung ergänzte er auf entsprechenden Vorhalt die Monate. Hierbei mutet bereits seltsam an, dass der Kläger z.B. im Rahmen der Befragung in Zirndorf am 16.6.2014 im Rahmen seiner Fluchtgeschichte tagesgenau Daten zu verschiedenen Stationen auf der Flucht und auch bezüglich des Brandes des Heimathauses angab, so einschneidende Ereignisse wie seine Verhaftung und seine Flucht aus dem Gefängnis zunächst aber nur im Hinblick auf das Jahr eingrenzen konnte und erst vor Gericht noch den Monat benennen konnte. Soweit der Kläger vor Gericht angab, dass er beim Bundesamt genauere Angaben gemacht habe, diese aber nicht aufgenommen worden seien, hält das Gericht dies für eine Schutzbehauptung. Hiergegen spricht zum einen, dass der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Anhörung bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angab, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Hätte der Kläger damals wirklich versucht, nach der Rückübersetzung eine Ergänzung der Daten zu erreichen, stünde seine Einlassung am Beginn der informatorischen Befragung dazu im völligen Widerspruch.

Gegen die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu den Geschehnissen in seinem Heimatland sprechen insbesondere jedoch zahlreiche Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten, die sich im Laufe des Vortrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben und die nicht zur Überzeugung des Gerichts aufgelöst werden konnten. So gab der Kläger vor dem Bundesamt an, dass die Regierung alle Bauern versammelt hätte und erklärt habe, dass sie das Land an Investoren in Israel verkaufe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger aber, dass er mit der Haft gezwungen werden sollte, sein Land an die Investoren zu verkaufen. Vor allem aber widerspricht sich der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Verhaftungen und Fluchten aus dem Gefängnis. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, zweimal in Haft gewesen zu sein; zunächst einmal für 3 Jahre und dann nach seiner Flucht und Heimkehr in sein Heimatdorf noch einmal für ca. 10 Tage. Dann habe er von der Farm des Gefängnisses mit der Uniform eines Bekannten auf einem Tomaten-Transporter fliehen können. Vor Gericht gab er jedoch an, dass er nur einmal in Haft gewesen sei. Soweit der Kläger, als er hierauf hingewiesen wurde, dass er vor dem Bundesamt von einer zweiten Verhaftung und einem zweiten Gefängnisaufenthalt berichtet habe, äußerte, dies nicht gesagt zu haben, überzeugt dies nicht. Es erscheint völlig lebensfremd, dass der Dolmetscher vor dem Bundesamt einen ganzen zusätzlichen Ereigniskomplex mit Zeitangaben zur Haftdauer und eigener Fluchtgeschichte ohne die entsprechende Aussage des Klägers in das Protokoll einfügt und dies auch noch bei der Rückübersetzung unerkannt bleibt. Auch soweit die Klägerseite diesen Widerspruch damit zu entkräften versucht, dass der damalige Dolmetscher wegen Qualitätsmängeln nicht mehr beim Bundesamt eingesetzt werde, überzeugt dies nicht. Zum einen hat der Kläger vor dem Bundesamt auf dem Kontrollbogen bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll den heute gemachten Angaben des Klägers entsprochen habe. Zum anderen hat der Kläger auch im Rahmen der Anhörung ausweislich der Niederschrift erklärt, dass er sich gut mit dem Sprachmittler verständigen könne. Überdies hat der Kläger noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angegeben, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Im Übrigen fällt auf, dass eine angebliche Falschübersetzung oder die schlechte Qualität der Übersetzung mittlerweile zum Standardvorbringen bei Widersprüchlichkeiten gehört. Ebenfalls widersprüchlich ist, dass der Kläger vor dem Bundesamt angab, bei seiner Rückkehr in sein Heimatdorf nach der Flucht aus dem Gefängnis sei die Wohnung noch da gewesen. Vor Gericht erklärte er aber, dass das Haus bei seiner Rückkehr bereits abgebrannt gewesen sei. Bereits die massiven Widersprüchlichkeiten führen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vortags.

Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten zudem lebensfremd ist. So ist es nicht vorstellbar, dass der Kläger während einer dreijährigen Haft im Gefängnis immer seinen Ausweis bei sich haben durfte und er ihn daher auch bei seiner Flucht griffbereit hatte. Dies widerspricht im Übrigen auch den Angaben des Klägers bei seiner Befragung in Zirndorf am 16.6.2014, wonach sein Personalausweis am 10.4.2014 beim Brand des Hauses verbrannt sei. Des Weiteren mutet die Fluchtgeschichte des Klägers aus dem Gefängnis, die er vor Gericht erzählte, ebenfalls lebensfremd an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des Dienstes auf der Farm beim Tomatenverkauf zwischen dem Kläger und einem Händler so enge Bande geknüpft werden konnten, dass der Händler sein Leben riskierte, um dem Kläger zur Flucht zu verhelfen. Dem Händler musste klar sein, dass er in der Situation, in der nur ein Lkw Tomaten abholte und ausgerechnet der Gefangene, der die Tomaten verkauft, anschließend fehlt, er ein extrem hohes Entdeckungsrisiko einging. Ihm musste klar sein, dass sein Handeln für ihn ernsthafte Konsequenzen bis hin zum eigenen Tod haben könnte. Das Eingehen dieses Risikos erscheint nicht realistisch. Im Übrigen fällt auf, dass diese Fluchtgeschichte gewisse Ähnlichkeiten zur Fluchtgeschichte aufweist, die der Kläger vor dem Bundesamt im Zusammenhang mit seiner zweiten Verhaftung erzählte. Sie ist jedoch nicht so identisch, dass man von einer missverständlichen Zuordnung zur ausgehen könnte.

Im Übrigen kommen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens noch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese Zweifel werden dadurch begründet, dass der Kläger keinerlei Personaldokumente vorlegen kann und er sich auch im Hinblick auf die Personaldokumente in Widersprüchlichkeiten verwickelt. So gab er zunächst an, dass sie verbrannt seien, als das Haus am 10.4.2014 brannte. Später gab er an, dass er sie selber in Äthiopien verbrannt habe. Auf Vorhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte er dies damit zu erklären, dass er bei seiner Befragung in Zirndorf nicht nach dem K...-Ausweis gefragt worden sei, sondern nach Identitätspapieren. Unter diesen habe er seine Besitzkarte für die Grundstücke und seine Zeugnisse bis zu 4. Klasse gemeint, nicht aber den K...-Ausweis. Hiergegen spricht jedoch, dass der Kläger auf die Frage nach den Personalpapieren ausweislich der Niederschrift ausdrücklich antwortete, dass er einen Personalausweis besessen habe, den er vor ca. 3 Jahren in der Stadt M..., K... Wa..., W... D... ausgestellt bekommen habe. Auf die Frage nach weiteren Dokumenten gab er damals an, keine mehr zu besitzen und im Hinblick auf die Schulzeugnisse erklärte er damals, dass er diese nicht von der Schule abgeholt habe. Diese Widersprüchlichkeiten sprechen dafür, dass der Kläger durch Verschleierung seiner wahren Identität die Überprüfbarkeit seiner Angaben erschweren bzw. unmöglich machen will. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass die Anhörung in Zirndorf nicht in Oromo, sondern in Amharisch erfolgt sei, erklärt bzw. beseitigt dies die Widersprüchlichkeiten nicht. Denn die genauen Angaben des Klägers in der Niederschrift erwecken nicht den Eindruck, dass sich der Kläger in Amharisch nicht habe ausdrücken können. Auch lässt sich das Missverständnis im Hinblick auf die Papiere nicht nachvollziehbar mit einem Übersetzungsfehler erklären. Zudem erklärte der Kläger ausweislich der Niederschrift ausdrücklich, dass er zusätzlich zu seiner Muttersprache auch Amharisch spreche.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass das Vorgetragene so nicht geschehen ist und der Kläger Äthiopien nicht vorverfolgt verlassen hat.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo droht dem Kläger keine landesweite Verfolgung in Form der Gruppenverfolgung. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamtes insoweit. Auf die Ausführungen im Bescheid vom 12.9.2016 wird verwiesen.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr ins Heimatland eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Das Gericht nimmt auch unter Zugrundelegung der gegenwärtig dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016 und des mittlerweile wieder aufgehobenen Ausnahmezustandes berücksichtigen, weiterhin nicht an, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Das Gericht geht nach wie vor davon aus, dass es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf ankommt, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KSA mit weiteren Nachweisen; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Soweit hiergegen angeführt wird, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9.12.2016 zur Betätigung für die EPPFG geäußert habe, dass eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sei, so wurden diese Aussage im aktuelleren Lagebericht vom 6.3.2017 nicht mehr wiederholt. In diesem kehrte das Auswärtige Amt wieder zu seiner Formulierung zurück, die sich bereits in seinen Lageberichten vom 24.5.2016; 4.3.2015 und 8.4.2014 findet. Soweit im Hinblick auf die Formulierung „Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (.z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position Organisation gewaltsamer Aktionen)“ angenommen wird, dass das „oder“ zum zwingenden Schluss führen würde, dass bereits die Beteiligung an einer exilpolitischen Organisation, die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft würde, alleine ausreichend für eine beachtliche Verfolgungsgefahr sei, lässt dies nach Einschätzung des Gericht die übergeordnete Betonung des Einzelfalls außer Betracht. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass zwar im Einzelfall die Beteiligung bei einer Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit auslösen kann, aber nicht bereits jede Beteiligung bei jeder Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, zwingend die Gefahr einer beachtlichen Verfolgung auslöst. Hierfür spricht auch, dass von Bedeutung auch sei, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) führt in seiner Stellungnahme vom 30.1.2017 aus, dass es aufgrund der Verhängung des Ausnahmezustandes zu einer weiteren Einschränkung der Bürgerrechte seit dem Erlass der Anti-Terror-Gesetze im Jahr 2009 gekommen sei. In diesem Zusammenhang verweist das Institut auf die Verhaftung des Vorsitzenden der legalen Oppositionspartei Oromo Federalist Congress im Dezember 2016, der sich mit dem Vorsitzenden von Ginbot 7 getroffen habe, einer Gruppierung, die die Regierung eindeutig als „terroristisch“ ansehe. Die Stellungnahme des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) spricht im Zuge einer Auskunft für das Verwaltungsgericht Gießen im Zusammenhang mit einer Betätigung für die EPPFG davon, dass eine Verfolgung „keinesfalls ausgeschlossen werden könne“. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr abgeleitet werden.

Der Gutachter Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie er trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme vom 15.2.2017, Rn 214). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen kam. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit zumindest teilweise gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien auch die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass der Gutachter zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet (Rn 232); häufige Verhaftungen (Rn. 214); längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen (Rn. 237), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen.

Bei Würdigung der vorgenannten Auskunftslage in einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) nimmt das Gericht nicht an, dass äthiopische Asylbewerber sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GlA – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180). Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 –juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht davon aus, dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Nach diesen Maßstäben gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigungen des TBOJ/UOSG seit dem 22.11.2014 aktives Mitglied und hat seither an 24 Veranstaltungen der TBOJ/UOSG teilgenommen. Mit der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen der TBOJ/UOSG – auch wenn diese kontinuierlich erfolgten - hebt sich der Kläger jedoch in keiner Weise aus der Masse der exilpolitisch Tätigen ab. Auch erweckte der Kläger weder durch seine Aussagen zu seiner exilpolitischen Betätigung vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer politisch engagierten Person. Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.

Der bedingt gestellte Beweisantrag musste das Gericht nicht veranlassen, entsprechenden Beweis zu erheben. Er ist darauf gerichtet, die Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt zum Beweis dafür einzuholen, dass es auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 unverändert dabei verblieben sei, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung drohe. Das Gericht ging in ständiger Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auskunftslage während des Ausnahmezustandes entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris) davon aus, dass nicht jede exilpolitische Betätigung im Falle der Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit führt. Die von Klägerseite angeregte Einholung einer Auskunft, um darzulegen, dass auch nach Aufhebung des Ausnahmezustandes eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung weiter drohe, führt daher mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht zum Ziel. Denn der Antrag geht von einer Einschätzung der vorhandenen Auskunftslage aus, die das Gericht so nicht teilt und nicht geteilt hat. Soweit es um eine andere Würdigung der Auskunftslage geht, ist dies jedoch eine Frage der richterlichen Würdigung der Auskunftslage und einer Klärung durch Beweiserhebung nicht zugänglich. Der bedingt gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen. Das Gericht hatte auf Grund des gestellten Antrags auch keinen Anlass, von Amts wegen Gutachten zur aktuellen Lage nach Aufhebung des Ausnahmezustandes einzuholen, da offensichtlich ist, dass sich die Lage in Äthiopien jedenfalls mit Aufhebung des Ausnahmezustandes für Rückkehrer nicht verschärft hat. Entsprechendes wird auch nicht von Klägerseite vorgetragen, die lediglich vorträgt, dass die Lage trotz Aufhebung des Ausnahmezustandes unverändert sei.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamen Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss, was dann der Fall ist, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein würde (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation kann sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung lebt von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20). Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (AA, Lagebericht Äthiopien vom 18.12.2012, Stand: Oktober 2012. IV.1.1, S. 23 f.).

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr, seine Existenz nicht mehr sichern können würde. Der Kläger ist ein junger erwachsener Mann. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass er in Äthiopien keine existenzsichernden Tätigkeiten ausüben kann. Auch befindet sich noch Familie des Klägers in Äthiopien. Der Kläger selbst hat im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, befürchten zu müssen, dass es ihm in Äthiopien nicht möglich sein würde, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Nach alledem ist es dem Kläger zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.

Die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den §§ 34 Abs. 1 Asyl, 59 AufenthG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa Reiseunfähigkeit – sind vom Bundesamt im Asylverfahren nicht zu prüfen. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sind auf Grund des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.

Die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist bestandskräftig. Der Kläger hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Status, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG beantragt. Die entsprechenden Ablehnungen sind in den Ziffern 1 – 3 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt. Ein Verpflichtungsantrag auf eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG mit entsprechendem Aufhebungsbegehren wurde nicht gestellt. Im Übrigen wäre die getroffene Regelung auch nicht zu beanstanden. Die Beklagte musste nach den §§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 4, 75 Nr. 12 AufenthG eine Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG treffen. Über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich. Grundsätzlich darf die Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Hier hat das Bundesamt diese maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Das Vorliegen besonderer Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 12.9.2016 wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 AsylG.

Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen. Gerichtskosten werden nach § 83b Asyl nicht erhoben.

Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … 1990 geborene Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wendet sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wiederum hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der amharische Kläger reiste eigenen Angaben zufolge am 6. September 2013 auf dem Landweg in Begleitung seiner Frau (Klägerin im Verfahren mit dem Aktenzeichen RO 2 K 16.30644) in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 16. September 2013 einen Asylantrag. Am 16. September 2013 erfolgte eine erste Befragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Am 23. September 2013 führte die Regierung von Mittelfranken eine Befragung durch. Die Anhörung gemäß § 25 Asylgesetz (AsylG) fand am 22. Juli 2014 statt.

Der Kläger gab in den ersten beiden Befragungen an, der amharischen Volksgruppe anzugehören und außer amharisch keine Sprache zu beherrschen. Er habe seine Dokumente Mitte 2011 in K. im Sudan verloren. Vor seiner Ausreise aus Äthiopien habe er im Dorf G. B. in der Nähe von A. gelebt. Zusammen mit seiner Ehefrau habe er am 25. April 2008 sein Heimatland in Richtung Sudan verlassen. Bis April oder Mai 2013 habe sich das Paar in K. aufgehalten. Am 6. August 2013 seien sie nach Libyen aufgebrochen. Von dort aus hätten sie per Schiff nach Italien übergesetzt und seien dort am 14. August 2013 angekommen. Anschließend seien sie mit dem Zug nach München gefahren. In K. lebe noch eine Tochter des Paares. Diese sei am 4. August 2009 geboren worden und befinde sich in der Obhut der Schwiegermutter des Klägers. Am 16. September 2013 gab er an, sein Vater sei verstorben und seine Mutter sei ca. 45 Jahre alt und lebe in A. Be. In Äthiopien lebten noch zwei jüngere Geschwister bei seiner Mutter. Bis zur achten Klasse sei er zur Schule gegangen. Am 23. September 2013 teilte er mit, dass seine Mutter 2003 verstorben und in der Stadt D. begraben sei. Dort lebten auch seine Stiefgeschwister. Die Grundschule habe er vier Jahre lang besucht.

In der Anhörung am 22. Juli 2014 gab er zu Beginn an, dass es bei seiner Erstbefragung ein paar Missverständnisse gegeben habe, welche er ausräumen möchte. Er habe unter der Flucht noch gelitten und deswegen falsche Daten genannt. Sein richtiger Name sei Ki. H. T. Er sei Sohn eines Imam und von Geburt an Moslem gewesen. Er sei zusammen mit seiner Frau fünf Jahre im Sudan gewesen, diese habe dort gearbeitet, er nicht. Er habe dort für die äthiopische Opposition Zeitschriften, Flugblätter und solche Sachen gemacht. Er sei dort Chefredakteur gewesen. Seine Frau habe ein kleines Café gehabt und traditionelles Essen gekocht. Seine Tochter habe er im Sudan gelassen, da er von einem Imam in Äthiopien verfolgt worden sei. Seine Familie habe ihn verfolgt. Sein Leben sei in Gefahr gewesen, die Tochter müsse weiterleben, sie solle nicht wegen seiner Schuld sterben. Die Mutter seiner Frau passe auf seine Tochter auf. Zur Schwiegermutter bestehe (damals) Kontakt. Aus dem Sudan sei er ausgereist, weil in der Moschee sein Todesurteil ausgesprochen worden sei. Wer ihn umbringe, komme ins Paradies. Gegen seinen Vater habe man sich verschworen, diesem sei gesagt worden, wie könne sein Wort Gewicht haben, wenn sein Sohn Christ geworden sei. Er habe von seinem Halbbruder, der gebildet sei und in der Stadt D. arbeite, am 27. August 2013 Informationen bekommen, dass nach ihm gesucht werde. Der Bruder habe ihm mitgeteilt, dass das Versteck bekannt geworden sei und er sein Leben retten solle.

In Äthiopien habe er seine Frau im Jahr 2000 (äthiopischer Kalender) kennengelernt und sich in sie verliebt. Sie sei in das Bekleidungsgeschäft seiner Familie gekommen. Sie hätten sich öfters gesehen. Seine Frau wollte keinen Moslem zum Mann, weil dieser bis zu vier Frauen haben dürfe. Deshalb sei er konvertiert. Aus Liebe zu ihr sei er Christ geworden. Seine Eltern, insbesondere sein Vater, hätten ihm gesagt, dass er die Familienehre verletzt habe. Bis dahin sei er praktizierender Moslem gewesen. Er habe die Wahrheit erkannt und sei deshalb Christ geworden. Eine Woche vor der Hochzeit habe er sich taufen lassen. Zuvor habe er Bibelunterricht erhalten. Er habe nicht geglaubt, wegen einer Taufe Probleme zu bekommen. Er habe nur seine Frau im Kopf gehabt und gedacht, seine Familie werde es schon akzeptieren. Mit Todesdrohungen habe er nicht gerechnet. Die Familie habe von der Heirat gewusst. Nach den Todesdrohungen sei er demotiviert gewesen. Sie seien dann zum Onkel der Frau gegangen und dort drei Monate bis zur Ausreise geblieben. Er könne nicht einmal in Deutschland seinen richtigen Namen nennen, da auch hier welche seien, die sehr extremistisch sind.

In Äthiopien sei er nicht politisch tätig gewesen. Im Sudan habe er sich für eine Gruppe namens Menschen für Menschen engagiert.

In Deutschland mache er ein paar Aufgaben für die EPRP, aber nicht viel. Er nehme an Veranstaltungen teil. Er sei Chefredakteur der Zeitschrift „Platform for Freedom of Expression“ (Netsebraq). Diese Zeitschrift gebe es seit (damals) vier Monaten. Es seien zwei Ausgaben erschienen, die Auflage betrage so 100 - 200 Stück. Als Chefredakteur schaue er alle Schreiben durch und wähle die Überschriften aus. Für die 36 Seiten dicke Zeitung seien drei Chefredakteure nötig, weil sie alles korrigieren müssen und alles bestimmen. Er sei hierfür qualifiziert, weil er bis zur zehnten Klasse zur Schule gegangen und nicht wie früher angegeben bis zur Achten oder Vierten.

Bei einer Rückkehr nach Äthiopien werde er von ungebildeten Extremisten umgebracht. Lieber werde er hier von einem gebildeten umgebracht. Die äthiopische Regierung gewähre ihm keinen Schutz.

Mit Bescheid vom 29. März 2016 lehnte die Beklagte die Begehren des Klägers ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen und drohte die Abschiebung nach Äthiopien an. Hiergegen ließ der Kläger am 16. April 2016 Klage erheben.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Ergänzungen vortragen. Er betonte nochmals, dass sein richtiger Name Ki. H. T. sei. Seine leibliche Mutter sei 2003 verstorben, diese habe in die Ehe bereits einen Sohn und eine Tochter mitgebracht. Der Vater habe nochmals geheiratet und weitere Kinder (Tochter und Sohn) bekommen. Der Vater sei doch nicht verstorben, sondern lebe noch. Der Kläger sei 10 Jahre in der Schule gewesen. Als Sohn eines Imams sei der Kläger nach religiösen Regeln aufgezogen worden. Im September 2007 habe er seine spätere Frau kenngelernt. Anfangs sei die Beziehung verheimlicht worden. Nach Bekanntgabe der geplanten Hochzeit habe der Vater gesagt, diese werde nicht stattfinden. Der Halbbruder des Klägers sei loyal zum Kläger geblieben. Am 1. Februar 2008 hätten er seine Frau dann kirchlich geheiratet. Daraufhin habe der Vater in der Moschee eine Fatwa gegen ihn ausgesprochen. Auch die Schwiegermutter des Klägers sei in die Verfolgung einbezogen worden, da man ihr unterstellte, zum Religionswechsel beigetragen zu haben. Ihr sei das Haus angezündet worden. Mit ihrem damals zwölfjährigen Sohn sei sie bei einer Freundin untergekommen. Der Sohn habe das Haus verlassen und sei drei Tage später verschwunden, man wisse nichts mehr über ihn. Daraufhin sei man in den Sudan geflohen. Dort habe man sich als Moslems ausgegeben. Ein Halbbruder des Klägers habe ab und an mit Geld ausgeholfen. Im Sudan sei am 4. August 2009 die Tochter F. geboren worden. Im August 2013 habe der Kläger von seinem Halbbruder die Nachricht erhalten, dass man ihm im Sudan auf die Spur gekommen sei. So habe man Schwiegermutter und Tochter im Sudan gelassen und sei über Libyen nach Italien und Deutschland geflohen. Hier sei man nun für die EPRP tätig und arbeite an der Zeitschrift Netsebraq mit. Diese Zeitschrift veröffentliche Beiträge und Gedichte, die sich gegen das äthiopische Regime wendeten. Zudem sei der Kläger Mitglied von EPCOU. Letztere sei eine parteiübergreifende Oppositionsorganisation. Der Kläger beteilige sich an Protest- und Informationsveranstaltungen der äthiopischen Exilopposition. Man habe etwa ein im äthiopischen Generalkonsulat Frankfurt am 9. April 2016 geplantes Treffen der in Deutschland lebenden Amharen verhindert, indem man vor dem Konsulat demonstriert habe.

Dem Kläger drohe Verfolgung durch seinen Vater. Die muslimische Gemeinde habe enge Netze. Auch in Ad. Ab. sei er deshalb nicht sicher. Ohne die Familie aber, könne der Kläger sich keine Existenz aufbauen. Wegen seines Engagements für die Exilorganisationen drohe ihm politische Verfolgung.

Mit weiterem Schreiben vom 27. Februar 2018 ergänzte der Klagebevollmächtigte die Klagebegründung. Der Kläger und seine Frau seien weiterhin exilpolitisch tätig. Nunmehr hätten sie sich der EDFM angeschlossen. Die EDFM (Ethiopian Democratic Forces Movement) vertrete die EPPF/Gunbot 7 Berhanu Negas in Deutschland. Man nehme an diversen Protest- und Infoveranstaltungen teil.

Auch veröffentliche er weiterhin Artikel in der Netsebraq. Im Oktober 2016 und im Januar 2018 seien Artikel von ihm erschienen. Diese finde man auch auf der Website: netsebraqm.wordpress.com. Im Januar 2018 habe er mit einem Artikel in dem Magazin den Leiter (Generaldirektor) der WHO (World Health Organisation) und früheren äthiopischen Außenminister Teerose Adhanom (gemeint ist wohl Tedros Adhanom) der Folterunterstützung bezichtigt.

Der Kläger trägt vor, die Lage in Äthiopien habe sich seit November 2015 drastisch verändert. Die Auskunftslage belege eine Verschärfung der innenpolitischen Situation. Die Eintrittsschwelle für eine politische Verfolgung sei sehr niedrig. Insbesondere richte sich die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte auf die Exilpresse. Diese spiele angesichts der Ausschaltung der freien Presse im Land eine große Rolle. Jede Positionsnahme für eine Entmachtung der EPRDF werde als strafbar gewertet. Auf das Urteil des VG Würzburgs vom 24. Juli 2017 (W 3 K 16.20710) werden hingewiesen. Zu beachten sei auch, dass der Ausnahmezustand am 16. Februar 2018 erneut verhängt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 29. März 2016, Aktenzeichen 5 669 714 - 225 vollumfänglich aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz anzuerkennen,

hilfsweise,

ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wiederum hilfsweise, ihm subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren,

weiter hilfsweise,

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung des angegriffenen Bescheids,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss vom 26. Januar 2018 abgelehnt.

Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2018 informatorisch angehört. Hierbei wurde er insbesondere zu seinem vormaligen Glauben, seinem wahren Namen und seiner exilpolitischen Tätigkeiten befragt. Insoweit wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen. Der Klagebevollmächtigte stellte in der mündlichen Verhandlung 6 Beweisanträge, die sämtliche abgelehnt worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, auch des Verfahrens der Ehefrau und des Sohnes (RO 2 K 16.30644, RO 2 K 16.30645), sowie die jeweiligen Niederschrift auch in deren Verfahren der mündlichen Verhandlungen vom 7. März 2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und bleibt ohne Erfolg.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter, die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und den Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit auch nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des gegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig. Der Kläger kann sich, da er nach eigenen Angaben über Italien als einem EU Mitgliedstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, nicht auf Asyl nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wie sich schon aus Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG ergibt.

Auch die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1) Die getroffene Entscheidung ist rechtmäßig, da er keinen Anspruch nach § 3 Abs. 4 Asylgesetz (AsylG) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat. Er ist kein Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG.

a) Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen.

An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris).

Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der entscheidende Richter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

b) Die geltend gemachte Vorverfolgung führt schon ungeachtet der Frage der Glaubhaftigkeit der Schilderungen und der sich aus der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Richters ergebenden fehlenden Glaubwürdigkeit des Klägers aufgrund mehrfacher irreführender Behauptungen und falscher Angaben (s.u.) nicht zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung.

Zwar wäre eine Verfolgung infolge eines Religionswechsels ein tauglicher Verfolgungsgrund nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Jedoch ginge die geltend gemachte Verfolgung nicht von einem Akteur i.S.d. § 3c AsylG aus. Verfolger wäre nach Angaben des Klägers allenfalls sein Vater und dessen Familie. Diese sehe den Kläger infolge der Konversion zum Christentum als Apostaten an und soll in der Moschee eine Todesdrohung (Fatwa) gegen ihn ausgesprochen haben. Wobei schon fraglich ist - ohne das es hierauf ankommt -, ob im islamischen Recht jedem Dorfimam die entsprechende religiöse Autorität zukommt, Fatwas zu erlassen. Der Vater und dessen Familie sind aber weder der äthiopische Staat (§ 3c Nr. 1 AsylG), noch sind sie eine Organisation, die einen wesentlichen Teil Äthiopiens beherrscht (3c Nr. 2 AsylG), noch sind sie ein nichtstaatlicher Akteur nach § 3c Nr. 3 AsylG. Von letzterem kann entgegen der klägerischen Ausführungen nicht ausgegangen werden, da nicht ersichtlich ist, dass die äthiopische Regierung weder in der Lage noch willens wäre dem Kläger und seiner Frau Schutz vor Verfolgung zu geben. Die Behauptung des Klägers, dass ihn auch die muslimischen äthiopischen Polizisten in Folge der Fatwa umbringen würden, falls er dort Schutz suchen würde, steht in diametralem Gegensatz zur Auskunft des Auswärtigen Amts an das Bundesamt vom 15. Januar 2018. Hiernach kommt es zwar eventuell in streng religiösen Familien zu Problemen infolge von Glaubenswechseln. Jedoch herrscht in Äthiopien Glaubensfreiheit. Probleme staatlicher oder offizieller Art gibt es dort diesbezüglich nicht. Zudem gibt es in der Hauptstadt Unterstützungsgruppen für Religionswechsler.

Auch die Glaubhaftigkeit des Vortrags zur Fluchtgeschichte ist angesichts mehrerer Unstimmigkeiten oder Widersprüche in Zweifel zu ziehen. Das Gericht sieht es als zweifelhaft an, dass die vermeintlichen Verfolger über 4 Jahre nicht gewusst haben sollen, wo sich der Kläger und seine Familie aufhalten, dann aber im Sommer 2013 plötzlich den Aufenthaltsort wussten. Zudem hat der Kläger in der Befragung am 22. Juli 2014 angegeben, von seinem Bruder am 27. August 2013 über die drohende Entdeckung informiert worden zu sein. In der mündlichen Verhandlung hat er dann erklärt, schon am 27. Juli 2013 vom Bruder angerufen worden zu sein. Man sei dann am nächsten Tag nach Libyen geflohen. Bei der Regierung von Mittelfranken hatte er angegeben bis 6. August 2013 im Sudan gewesen zu sein. Auch erschließt sich dem Gericht nicht, dass Eltern ihre Tochter, die als Folge des Religionswechsels für die Verfolger sichtbares Zeichen der Apostasie sein muss, bei der Schwiegermutter lassen. Zwar ist nachvollziehbar, dass die Saharadurchquerung für ein kleines Kind nicht zu schaffen ist, umso mehr verwundert aber, dass man die Tochter dann bei der Schwiegermutter lässt, wo die Verfolger doch angeblich wissen, wo im Sudan man sich befindet, anstatt, bei ihr zu bleiben, um sie zu schützen. Die Behauptung des Klägers, man habe gehofft, dass die Verfolger glauben würden, die Tochter sei mit nach Libyen gegangen und würden sie deshalb nicht im Sudan suchen ist schlicht unglaubhaft. Zumal der Klägers im Schriftsatz vom 4. Mai 2016 (Seite 6) behauptet hat, dass die Netzwerke der äthiopischen Muslime weitreichend sind. Nimmt man nämlich an, dass die vermeintlichen Verfolger wissen, wo sich der Kläger befindet, dann ist es lebensfremd zu glauben, dass sie dann nicht herausbekommen würden, dass die Tochter vor Ort geblieben ist. Auch die Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung, man habe seit ca. 8 Monaten keinen Kontakt mehr zur Tochter, weil Schwiegermutter und Tochter krank seien und man aus Furcht vor schlechten Nachrichten lieber keine Nachrichten bekomme, verwundert sehr, widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und trägt nicht zur Glaubhaftigkeit des Ganzen bei.

c) Eine Verfolgung durch den äthiopischen Staat aufgrund eines politischen Engagements vor Ort in Äthiopien wurde schon nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

d) Soweit der Kläger geltend macht, zunächst für die EPRP exilpolitisch tätig gewesen zu sein und nunmehr die EDFM zu unterstützen, sowie an der Zeitschrift NETSEBRAQ als einer von drei Chefredakteuren mitzuarbeiten, führt auch dies nicht zur Annahme der beachtlich wahrscheinlichen Gefahr einer politischen Verfolgung im Heimatland.

Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1a AsylG im Gegensatz zu § 28 Abs. 2 AsylG auch möglich ist, wenn sämtliche Umstände erst nach der Flucht eingetreten sind. Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris).

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). Gerade an letzterem fehlt es hier.

Es gibt zahlreiche äthiopische politische Exilgruppen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Programmen. Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6. März 2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es nach dieser Auskunft auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Bei Würdigung dieser Auskunftslage ist weiterhin davon auszugehen, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staates gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering ist, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht sind. Vielmehr ist anzunehmen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist zur Überzeugung des Gerichts nach Auswertung der aktuellen Erkenntnisquellen eine Verfolgung von nicht herausgehoben politisch tätigen Personen zwar nicht ausgeschlossen, aber jedenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich.

Die Kammer und der entscheidende Einzelrichter gehen weiterhin davon aus, dass Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber, die im Herkunftsland nicht politisch aufgefallen waren, nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet.

Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „verfolgungswürdig“ erachten. Damit ist eine politische Verfolgung im Heimatland nicht beachtlich wahrscheinlich. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht weiterhin davon aus, dass die zu beobachtenden vielfältigen Vorstands- oder sonstigen Funktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und in der Bundesrepublik sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Die Kammer und der Einzelrichter folgen damit nicht der vom Klägerbevollmächtigten dargelegten Auffassung des Verwaltungsgerichts Würzburg, wonach einem exilpolitisch tätigem Asylbewerber in Äthiopien politische Verfolgung drohe. Das VG Würzburg hat in Urteilen vom 24. Juli 2017 und vom 23. November 2017 zu einer die EPPFG,EPCOU unterstützenden Amharin und einem die TBOJ unterstützenden Oromo ausgeführt, dass es aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse - die sich auf dieselben Erkenntnismittel wie hier stützen - davon ausgehe, dass staatliche äthiopische Stellen Kenntnis von den oppositionellen Tätigkeiten im Ausland lebender Äthiopier zu erlangen versuchen und diese Kenntnisse dazu nutzten, heimgekehrte, exilpolitisch tätige Asylbewerber zu verfolgen.

Hierzu ist festzustellen, dass sich die Aussage, wonach jede exilpolitische Betätigung, auch die eines reinen Mitläufers, zu einer beachtlich wahrscheinlichen Verfolgung führen werde, nach Ansicht des Gerichts den Erkenntnismitteln nicht entnehmen lässt. Zunächst ist festzuhalten, dass nach sämtlichen Gutachten kein belegbarer Fall bekannt ist, wonach ein rein exilpolitisch tätiger Asylbewerber im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien verfolgt worden wäre. Sämtliche Gutachten basieren damit hinsichtlich der Verfolgungswahrscheinlichkeit auf Vermutungen ohne Tatsachengrundlage der jeweiligen Gutachter.

Das Auswärtige Amt teilt mit, dass keine Erkenntnisse vorlägen, wonach allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland zu staatlichen Repressionen führe. Es seien auch keine Fälle bekannt, wonach zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar einer Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt worden wären (AA in seinem Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, Seite 16 und 21). Demgegenüber steht die Aussage des Auswärtigen Amtes, wonach eine Verfolgung wahrscheinlich sei, wenn Anhänger der EPPFG aus dem Ausland zurückkehrten (AA an VG Gießen vom 9.12.2016 - EPPFG). Diese Aussage wurde aber im aktuelleren Lagebericht des Auswärtigen Amts von 2017 nicht wiederholt und kann daher als überholt angesehen werden.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 - EPPFG) betrifft die EPPFG. Zudem stellt diese Auskunft nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab erreicht aber schon nicht den Maßstab der nötigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit.

Die Auskünfte des Gutachters Günter Schröder aus dem Jahr 2009 (Auskunft an das VG Köln vom 11.5.2009 Oromo, TBOJ/UOSG, OLF) und jene aus dem Jahr 2017 vermögen ebenfalls nicht zur Feststellung führen, dass heimkehrenden, rein exilpolitisch tätigen Asylbewerbern eine flüchtlingsrelevante Verfolgung droht. Dieser Gutachter behauptet zwar, dass zwangsweise zurückgeführte Äthiopier häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 214). Dieser Behauptung steht zum einen die oben genannte Auskunft des Auswärtigen Amtes entgegen. Zum anderen gibt auch der Gutachter Schröder keinen nachweisbaren Beleg an, wonach ein rein exilpolitische tätiges Mitglied einer der zahlreichen Exilorganisationen bei der Rückkehr nach Äthiopien etwa verhaftet worden wäre. Die Aussage, Rückkehrer würden häufig verhaftet, steht leer im Raum. Die von ihm näher erwähnten Verhaftungen betreffen jeweils Fälle von in Äthiopien demonstrierenden Personen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 123, 125). So seien im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden. Dabei war der Großteil der Verhafteten oromischer Volkszugehörigkeit, ihnen wurde jeweils vorgehalten, an gewalttätigen Aktionen im Auftrag der OLF beteiligt gewesen zu sein. Entscheidend für die Verhaftung war also nicht die Frage, ob sie zurückgekehrte exilpolitisch tätige Asylbewerber waren, sondern, dass sie tatsächlich vor Ort demonstriert hatten. Dies wiederum deckt sich mit der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es im Hinblick auf eine Verfolgung auch darauf ankommt, wie sich ein Rückkehrer vor Ort verhält.

Der Gutachter Schröder führt weiter an, dass eine Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene Tätigkeiten für die Beurteilung einer Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht relevant sei (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 228), da dem äthiopischen Staat ein hohes Maß an Willkür zuzurechnen sei. Abschließend stellt der Gutachter fest, dass sich im Einzelfall nicht vorhersagen lasse, mit welchen konkreten Verfolgungsmaßnahmen ein Rückkehrer zu rechnen habe (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 1). Als Minimum müsse man jedoch mit einer längeren Inhaftierung und intensiver Befragung rechnen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 2). Auch hier steht diese Aussage leer im Raum und der Auskunft des Auswärtigen Amts entgegen. Ein nachweisbarer Einzelfall ist vom Gutachter ebenfalls nicht dargetan. Auch erscheint es widersprüchlich, zunächst festzustellen, dass man konkrete Verfolgungshandlungen nicht vorhersagen könne, dann jedoch festzuhalten, dass mindestens mit einer längeren Inhaftierung und intensiven Befragungen zu rechnen ist.

Auch soweit das VG Würzburg dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 6. März 2017 entnimmt, dass schon die Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuften Organisation für eine flüchtlingsrelevante Verfolgung ausreicht, folgt das Gericht dem nicht. Diese Wortlautauslegung einer amtlichen Auskunft legt zu viel Wert auf das Wort „oder“ und lässt den Sinnzusammenhang des Satzes im ganzen Absatz unberücksichtigt. Zunächst teilt das Auswärtige Amt nämlich mit, dass keine Erkenntnisse darüber vorlägen, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Es komme auf den Einzelfall an, d.h. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche Art von exilpolitischer Tätigkeit es sich handle. Wenn man nun wie das VG Würzburg davon ausgeht, dass schon die einfache Mitgliedschaft eines Asylbewerbers bei einer exilpolitischen Organisation ausreicht, so betrachtet man nicht mehr den Einzelfall, sondern pauschaliert nahezu sämtliche äthiopischen Asylbewerber, da der Großteil hiervon Mitglied oder Unterstützer irgendeiner Exilorganisation ist. Man ginge dann entgegen der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es eben auf den Einzelfall ankommt, von einer generellen Verfolgung aller Mitglieder von Exilorganisationen, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft werden, aus.

Das Gericht weist nochmals daraufhin, dass es seine Erkenntnisse aus denselben Mitteln zieht, wie das seitens des Klagebevollmächtigten erwähnte VG Würzburg. Es bestanden daher mangels Konkretisierung, was eine neue Auskunft anderes ergeben würde, keine Anhaltspunkte, dass eine weitere Auskunft bei einem der angebotenen Gutachter neue Erkenntnisse brächte. Vielmehr erfolgt durch die Gerichte derzeit eine divergierende Schlussfolgerung aus den gegebenen Erkenntnissen. Dies aber ist eben keine beweisbare Tatsache und daher nicht dem angebotenen Beweis (Antrag Nr. 5 und 6) zugänglich. Entgegen der Ansicht des Klagebevollmächtigten in seiner Gegendarstellung gegen die Ablehnung der entsprechenden Beweisanträge handelt es sich hierbei auch nicht um eine beweisbare Wertung eines Sachverständigen. Das Gericht hat eben sämtliche vorliegenden Gutachten auszuwerten und zu berücksichtigen und kann nicht blind einer Aussage folgen, sondern es muss aus divergierenden Bewertungen mehrerer Gutachter eigene Schlüsse ziehen, was durch eine weiteres Gutachten nicht anders wäre.

Soweit der Kläger angibt, Mitglied der EPRP gewesen und jetzt bei der EDFM Mitglied zu sein, ist die reine Mitgliedschaft in einer der genannten Organisationen schon keine herausgehobene Stellung. Auch die behauptete Teilnahme an Demonstrationen vermag den Kläger nicht aus der Masse der äthiopischen Asylbewerber herauszuheben. In nahezu sämtlichen Verfahren äthiopischer Asylbewerber werden Teilnahmebescheinigungen an diversen Demonstrationen vorgelegt, so dass dies keinen mehr herauszuheben vermag. Weshalb die Frage der Tätigkeiten in den genannten Gruppen insoweit schon nicht entscheidungserheblich war und damit der Grund für die Ablehnung des entsprechenden Beweisantrags war. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die in englischer Sprache erstellte und in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Mitgliedsbescheinigung der EDFM von „some of her current acivity“ spricht, also allenfalls Tätigkeiten einer Frau und nicht eines Mannes bescheinigt werden würden.

Soweit der Kläger angibt, er sei einer der drei Chefredakteure der Zeitschrift NETSEBRAQ und veröffentliche dort regierungskritische Artikel, die von der äthiopischen Regierung gesehen und ihm zugeordnet würden, vermag auch dies selbst bei Wahrunterstellung nicht zu einer herausgehobenen Stellung des Klägers zu führen, weshalb der entsprechende Beweisantrag abzulehnen war. Die Selbsttitulierung mit scheinbar bedeutenden Posten vermag nicht zu einer herausgehobenen Stellung zu führen Die behauptete Tätigkeit des Klägers führt hier mitnichten zu einer exponierten Stellung. Wie sich durch die Befragung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, hat der Kläger den zuletzt angegebenen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins schon nicht selbst verfasst. Eine Beweiserhebung darüber, dass die Artikel „unter seinem Namen“ stehen, ist unerheblich. Sie verhülfe dem Kläger nicht zum Erfolg, da es nach der Auffassung des Gerichts nicht darauf ankommt, ob irgendwelche Artikel räumlich in der Nähe seines Namens stehen oder was sonst mit dem Ausdruck „unter/mit seinem Namen“ gemeint sein soll, sondern ob er Urheber derselben ist. Letzteres ist er jedenfalls für den englischsprachigen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins nicht.

Dieser englische Artikel wurde bereits am 19. Mai 2017 auf folgender Website veröffentlicht: http://...org/torture-victims-reeyot-and-habtamu-oppose-dr-tedros-adhanoms-candidacy-for-director-general-of-who/ (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und stammt damit nicht vom Kläger. Entgegen dem Vortrag in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 (Seite 3 unten) ist dies damit nicht „ein Artikel“ des Klägers. Zumal der Kläger auch kein Englisch kann. Auf den entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab der Kläger zu, dass er den Artikel nur weiterleiten und verbreiten wollte. Die reine Weiterleitung regierungskritischer Artikel ist aber keinesfalls eine eigene schöpferische Leistung, die dem selbst erkorenen Titel eines Chefredakteurs entspräche.

Auch die Frau des Klägers hat entgegen ihrer Darstellung in der Klagebegründung vom 27. Februar 2018 keinen eigenen Artikel verfasst. Der unter ihrem Namen veröffentlichte Artikel stimmt im Wortlaut mit einem Artikel der BBC vom 17. Januar 2018 überein. Er ist auf folgender Website abrufbar: http://www...com/news/world-africa-42716864?intlink_from_url=http://www...com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia& link_location=live-reporting-story (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und damit nicht von ihr. Auf die Bitte, ihren Artikel vorzulesen, teilte die Klägerin mit, dass sie kein Englisch könne und den Artikel auf Amharisch verfasst habe. Sodann sei er übersetzt worden.

Beide Artikel sind durch eine einfache Google-Suche auffindbar, es ist nicht ersichtlich, dass die äthiopische Regierung diese fehlende Urheberschaft nicht erkennen würde.

Des Weiteren fällt auf, dass die Zeitschrift im Jahr 2017 nach bisherigen Erkenntnissen nicht erschienen ist, jedenfalls war bei den in der mündlichen Verhandlung vorgezeigten Zeitungen keine entsprechend datierte Ausgabe enthalten. Die Frau des Klägers erklärte, die Redaktion sei zerstritten gewesen, weshalb man nichts veröffentlicht habe. Auch dies verwundert sehr, will man doch stark gegen die Regierung engagiert sein. Im Jahr 2017 ruhte also die exilpolitische Tätigkeit insoweit. Erst im Jahr 2018, nach der Terminierung der mündlichen Verhandlung wurde am 27. Februar 2018 eine auf den 1. Januar 2018 datierte Zeitung vorgelegt. Auf den Hinweis des Richters an die Frau des Klägers in deren Verhandlung, dass das Veröffentlichungsdatum nicht stimmen könne, da die Zeitung einen Artikel über die Freilassung M. Gu. am 17. Januar 2018 enthalte, antwortete diese, dass komme vor, weil man nicht rechtzeitig fertig geworden sei. Man setze dann einfach das geplante Datum auf.

Hinzukommt, dass beide Artikel entgegen der Angabe in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 auch nicht im Internet auf der angegebenen Website www.netsebraqm.wordpress.com veröffentlicht werden. Nach entsprechendem Vorhalt des Gerichts, dass dort nur Zeitschriften von Februar 2016 oder früher auffindbar seien, erklärte die Frau des Klägers, dass sie eben nicht mehr veröffentlicht werden. Der Kläger erklärte, es habe Uneinigkeit in der Redaktion gegeben, ob die Website kostenpflichtig sei oder nicht. Festzuhalten ist jedenfalls, dass die Website weiter online ist, aber eben nicht aktualisiert oder gepflegt wird, wie dies bei dem behaupteten exilpolitischen Engagement zu erwarten wäre. Jedenfalls ist hieraus zu schließen, dass der aktuelle Verbreitungsgrad der Zeitschrift, angesichts der geringen Auflage, äußerst gering ist.

Hingewiesen sei noch darauf, dass die anderen, amharischen Artikel des Klägers in früheren Zeitschriften entgegen zweimaliger Aufforderung unter Hinweis auf § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht übersetzt worden sind, so dass sie insoweit nicht verwertbar sind. Wobei angesichts der aufgedeckten Täuschung über die Urheberschaft der englischsprachigen Artikel zu befürchten stünde, dass auch diese Artikel nur kopiert sind.

Aus alledem ergibt sich, dass der Kläger kein Redakteur ist und ihm damit auch keinesfalls eine herausgehobene Stellung in der äthiopischen Exilszene zukommt. Die Weiterleitung englischsprachiger Artikel unter der Angabe, dass seien eigene Artikel des Klägers, ist zur Überzeugung des Einzelrichters schlicht eine Täuschung des Gerichts über die behauptete Art und Weise der Tätigkeit aus asyltaktischen Motiven. Zur Erlangung einer scheinbar herausgehobenen Stellung und um sich einen Schutzgrund zu kreieren, hat der Kläger mehrfach wahrheitswidrige oder unvollständige Angaben gemacht.

Dadurch ist die Glaubwürdigkeit des Klägers zutiefst erschüttert. Dieser hat gegenüber dem Gericht mehrfach falsche, unvollständige Angaben machen lassen. Falsch war die Angabe, der Artikel sei im Internet auf der Zeitschriftenwebsite veröffentlicht. Falsch war die Angabe, es sei sein Artikel, da er schlicht kopiert worden war. Unvollständig war zudem die Behauptung, der englische Artikel sei von ihm. Denn der Kläger kann kein Englisch. Deshalb wäre korrekterweise anzugeben gewesen, dass es ein von ihm in Amharisch verfasster und sodann übersetzter Artikel sein soll.

Angesichts der sich nach der mündlichen Verhandlung darstellenden Art und Weise der Tätigkeit scheidet eine herausgehobene, aus Sicht der äthiopischen Regierung verfolgungswürdige, Tätigkeit aus. Da die Tätigkeit auch nicht zu einer beachtlich wahrscheinlichen politischen Verfolgung führt, kam es auch nicht auf die unter Beweis gestellte Behauptung, die äthiopischen Sicherheitsdienste würden über die Aktivitäten des Klägers auch dann genauestens Bescheid wissen, wenn er unter Pseudonym tätig sei, an. Der ähnlich gelagerte Beweisantrag Nr. 3 war aber schon deshalb abzulehnen, weil nicht dargetan war, inwiefern die angebotenen Beweismittel eigenes Wissen darüber haben sollen, welche Tätigkeiten des Klägers den Sicherheitsdiensten bekannt sind.

3) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

4) Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamer Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation könnte sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Ä. Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20).

Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung.

Hierbei berücksichtigt das Gericht auch, dass der Kläger - zumindest nach seinem Vortrag -nicht in den Schoß seiner Familie und die dortige soziale Sicherheit zurückkehren kann. Jedoch ist es nicht ersichtlich, dass der gesunde Kläger nicht in der Lage wäre, Arbeit in Äthiopien zu suchen und zu finden, um sich und seine Familie zu ernähren. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger sich in einem gesunden Zustand befindet, er hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er auch nicht gesund sei, sondern der Stress seine Spuren hinterlassen habe. Hierzu wurden jedoch schon keinerlei Atteste vorgelegt, noch führt Stress alleine zur Annahme einer Krankheit.

Die Entscheidung zur Kostentragung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.