Verwaltungsgericht Münster Beschluss, 11. Mai 2015 - 9 Nc 6/15


Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller/Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Antragsteller/ Die Antragstellerin begehrt im Verfahren der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) als Studienanfänger/in nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Sommersemesters (SS) 2015 außerhalb - ggf. hilfsweise innerhalb - der festgesetzten Aufnahmekapazität bzw. die Teilnahme an einem Losverfahren zur Verteilung entsprechend vorhandener Studienplätze.
4Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (MIWF) hat durch Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im ersten Fachsemester für das Sommersemester 2015 (ZulassungszahlenVO 1. FS) vom 15. Dezember 2014 (GV.NRW. 2015, 2f.) die Zahl der von der WWU Münster aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber für den Studiengang Zahnmedizin auf 59 festgesetzt.
5Nach Mitteilung der Antragsgegnerin (Schriftsatz vom 6. Mai 2015 im Verfahren (9 Nc 6/15) sind im 1. Fachsemester des Studiengangs Zahnmedizin zum SS 2015 (Stand: 4. Mai 2015) tatsächlich 60 Studienanfänger/innen eingeschrieben.
6Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Leitverfahrens Zahnmedizin, WWU Münster, des Wintersemesters (WS) 2014/2015 - 9 Nc 26/14 - einschließlich der von der Antragsgegnerin auf Anforderung des Gerichts dort zum Studienjahr 2014/15 vorgelegten Kapazitätsunterlagen und der hierauf bezogenen Erläuterungen verwiesen.
7II.
8Der auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag des Antragstellers/der Antragstellerin hat jedenfalls mangels glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs keinen Erfolg.
9Der Antragsteller/ Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegnerin im Studiengang Zahnmedizin zum SS 2015 über die festgesetzte Zulassungszahl bzw. die kapazitätsdeckend tatsächlich vergebenen 60 Studienplätze hinaus ein freier Studienplatz für Studienanfänger/innen zur Verfügung steht, der vergeben werden könnte, § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO.
10Das Gericht hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Studienplätze für das erste Fachsemester des Studiengangs Zahnmedizin entsprechend den Angaben der Antragsgegnerin vom 6. Mai 2015 aufgrund der Zulassungen durch die Stiftung für Hochschulzulassung, hochschulstart.de (SfH), in den verschiedenen Vergabequoten vergeben sind. Durch die Besetzungszahl von 60 ist die festgesetzte Aufnahmekapazität der WWU Münster für Studienanfänger/innen im Studiengang Zahnmedizin des Sommersemesters 2015 von 59 nicht nur kapazitätsdeckend ausgeschöpft, sondern sogar - wegen Überbuchung durch die SfH, § 7 Abs. 3 letzter Satz VergabeVO NRW - umeine Zulassung überschritten worden.
11Das Gericht hat die Studienplatzkapazität im Studiengang Zahnmedizin an der WWU Münster zuletzt im Studienjahr 2013/2014 überprüft. Vorliegend ist festzustellen, dass für das Studienjahr 2014/2015 auf der Seite des Lehrangebotes vollständig identische Zahlen nach Art und Zahl der Personalstellen (insgesamt 80,50) mit einem Gesamtdeputat von 412 DS vorliegen und nach pauschaler Kürzung des Gesamtlehrdeputats zur Berücksichtigung des Personalbedarfs für die ambulanten Krankenversorgungsleistungen der Lehreinheit Zahnmedizin nach § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe c der Kapazitätsverordnung (KapVO) 56,35 Stellen verbleiben. Da das Gericht in den auf das Studienjahr 2013/2014 bezogenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes seinerzeit keinen Anlass zur Beanstandung erkannt hat, wird darauf auch für den hier betroffenen Berechnungszeitraum 2014/2015 vollumfänglich Bezug genommen und von weiteren Ausführungen abgesehen.
12Vergleiche etwa den rechtskräftigen Beschluss des Gerichts vom 5. November 2013 – 9 Nc 76/13 – (Zahnmedizin WS 2013/2014) in NRWE.
13Ausgehend von einem durchschnittlichen (mittleren) Lehrdeputat von (412 : 80,50 =) gerundet 5,12 DS beträgt das um den Krankenversorgungsabzug bereinigte Lehrdeputat der verfügbaren Stellen auch im Studienjahr 2014/2015 damit (56,35 x 5,12 DS =) gerundet 288,51 DS.
14Berücksichtigungsfähige Lehrauftragsstunden, die das Lehrdeputat gemäß § 10 KapVO erhöhen könnten, sind im maßgeblichen Zeitraum (hier: SS 2013 und WS 2013/2014) ebenso wenig angefallen wie eine Verminderung des Lehrangebots nach § 11 KapVO aufgrund eines Dienstleistungsexports in Betracht kommt.
15Es verbleibt damit ein bereinigtes Lehrangebot je Semester von 288,51 DS, das als bereinigtes Jahres-Lehrangebot (288,51 x 2 =) 577,02 DS beträgt.
16Auf der Lehrnachfrageseite legt die Kammer ausgehend von dem Curricularnormwert in Höhe von 7,8 (Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 KapVO) einen Eigenanteil (CAp) der Lehreinheit Zahnmedizin in Höhe von - unverändert - 5,85 zu Grunde.
17Nach der Formel (5) der Anlage 1 zu § 6 KapVO ermittelt sich einejährliche Aufnahmekapazität (AP) des der Lehreinheit Zahnmedizin allein zugeordneten Studiengangs Zahnmedizin von
182 x 288,51 5,85 |
= |
577,02 5,85 |
= |
98,64. |
Gerundet ergibt sich eine Zahl von 99 Studienplätzen für das Studienjahr, die mit der des vorherigen Berechnungszeitraumes – 2013/2014 - nach Rundung und vor Ansatz des Schwundausgleichs – vollständig identisch ist.
20Unter Zugrundelegung eines beanstandungsfrei nach dem so genannten Hamburger Modell ermittelten Schwundausgleichsfaktors von 1/0,84, mit dem zu Gunsten einer Erhöhung der Studienanfängerzahl ein erwarteter Studienabbruch, Fach- oder Hochschulwechsel von Studierenden in höheren Fachsemestern berücksichtigt wird (§ 16 KapVO), und der hier im Verhältnis zum Vorjahr (1/0,87) kapazitätsgünstiger ausfällt, ergibt sich eine Zahl von (99 : 0,84 =) 117,85, gerundet 118 Studienanfängerplätzen für das Studienjahr 2014/2015. Da das Ministerium und die Antragsgegnerin die nach den Kriterien des § 19 KapVO (Ausstattung mit klinischen Behandlungseinheiten) deutlich niedrigere Studienanfängerplatzzahl von 107 zu Gunsten der höheren Aufnahmekapazität nach der Personalausstattung nicht zugrundelegt, entfallen bei Aufteilung der Studienplatzzahl von 118 auf die beiden Aufnahmetermine für Studienanfänger auf das abgelaufene Wintersemester und das vorliegend in Rede stehende Sommersemester jeweils59 Plätze. Diese Zulassungszahl entspricht der Festsetzung durch die Zulassungszahlenverordnung und ist mit der Einschreibung von 60 Studienanfängern in der Lehreinheit Zahnmedizin sogar um 1 überschritten worden.
21Freie Plätze für Studienanfänger sind daher nicht festzustellen. Damit kommt auch, soweit dies geltend gemacht worden ist, eine vorläufige Zulassung zum Studium innerhalb der festgesetzten Kapazität nicht in Betracht.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
23Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Sie entspricht der ständigen Streitwertpraxis des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und des beschließenden Gerichts in Verfahren der vorliegenden Art.


Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.