Verwaltungsgericht Münster Urteil, 18. März 2014 - 13 K 3156/12.O

Gericht
Tenor
Der Beklagte wird wegen Dienstvergehens zurückgestuft und in das Amt eines Polizeiobermeisters (Besoldungsgruppe A 8) versetzt.
Der Kläger trägt ¼ und der Beklagte ¾ der Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der am 00.00.0000 geborene Beklagte machte im August 2001 in C. sein Abitur. Seinen Grundwehrdienst leistete der Beklagte vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 im Sanitätsregiment ab. Zum Herbst 2002 nahm er ein Studium an der S. C. im Fach Q. auf. Zum 00.00.0000 trat er in den Dienst der Polizei NRW ein. Nach Bestehen der II. Fachprüfung (mit befriedigendem Ergebnis) wurde er mit Wirkung vom 00.00.0000 zum Polizeipräsidium C. versetzt und unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Polizeikommissar zur Anstellung ernannt. Er nahm seinen Dienst als Beamter des Wach- und Wechseldienstes in der Polizeiwache X. auf. Nach erfolgreichem Bestehen der Probezeit wurde der Beklagte am 00.00.0000 unter gleichzeitiger Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Polizeikommissar ernannt. Seit dem 00.00.0000 versieht der Beklagte seinen Dienst als Gruppenbeamter in der 2. BHP/1.Zug.
3In seiner bisher einzigen Beurteilung, einer Beurteilung im Eingangsamt seiner Laufbahn zum Stichtag 1. Juni 2010, wurde der Beklagte mit der Gesamtbewertung „entspricht voll den Anforderungen“ beurteilt.
4Der Beklagte ist seit dem 00.00.0000 mit Frau T. S1. , einer Polizeibeamtin, verheiratet und hat zwei Kinder. Die Eheleute erwarten zur Zeit ihr drittes Kind. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind, soweit vom Beklagten angegeben, geordnet.
5Mit Ausnahme des hier vorliegenden Sachverhaltes ist der Beklagte weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
6Am 00.00.0000 leitete der Kläger gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein, weil der Verdacht bestand, dass der Beklagte Herrn F. Q1. , einen Schulfreund, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung und Menschenhandel geführt wurde, hierüber informiert haben soll.
7Die gegen den Beklagten gerichteten Vorwürfe waren auch Gegenstand eines Strafverfahrens. Am 00.00.0000 verurteilte das Amtsgericht I. -X1. (Az.: 12 Ls-32 Js 307/10-77/10) den Beklagten wegen Geheimnisverrats zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; die Bewährungszeit ist mittlerweile beendet. In der Sache hat das Gericht folgende Feststellung getroffen:
8„Der Angeklagte war ... seit seiner Schulzeit eng mit dem F. Q1. befreundet. Gegen Q1. führte die Staatsanwaltschaft F1. das Ermittlungsverfahren 12 Js 1810/09 wegen Vergewaltigung und Menschenhandels, das jedoch zwischenzeitlich durch Verfügung vom 18. Januar 2011 eingestellt worden ist. In diesem Verfahren wurde gegen Q1. auch eine Telefonüberwachungsmaßnahme durchgeführt. Geschädigte in dem Verfahren war die Zeugin K. S2. . Mittäter soll der zwischenzeitlich verstorbene K1. T1. gewesen sein.
9In der Zeit vom 20. Oktober 2009 bis zum 21. Juni 2010 fragte der Angeklagte unter seiner Kennnummer 0000000 insgesamt 18 Mal die Personalien des Q1. im Erfassungssystem des Polizeipräsidiums C. IGVP ab. Darüber hinaus fragte er die Person Q1. in der Zeit vom 13. Juli 2007 bis zum 23. Juni 2010 insgesamt 43 Mal im Polizeierfassungssystem POLAS ab. Hierdurch erlangte er Kenntnis von dem bereits erwähnten Ermittlungsverfahren gegen Q1. . In der Zeit von Ende 2009 bis Anfang 2010 – der genaue Zeitpunkt lässt sich nicht mehr feststellen – suchte er Q1. in dessen Wohnung auf der S3.-----straße 00 in I. auf und teilte ihm mit, es werde ein Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung und Menschenhandels gegen ihn geführt. Er erklärte ihm ferner, Geschädigte sei K. S2. und eine Waffe und Prostitution sollten ebenfalls eine Rolle spielen. Dabei zeigte er ihm die so genannte „Erst- und Lagemeldung“ aus dem IGVP sowie ein Lichtbild des inzwischen verstorbenen T1. .
10Aufgrund der Telefonkommunikationsüberwachungsmaßnahme erhielt die im Fall Q1. ermittelnde Polizei den Hinweis, dass Q1. das gegen ihn gerichtete Ermittlungsverfahren bereits kannte. Bei seiner anschließenden Vernehmung nannte dieser den Angeklagten als seinen Hinweisgeber.
11Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, der die ihm zur Last gelegte Tat in vollem Umfang eingeräumt hat sowie auf Vernehmung der Zeugen K2. und Q2. .
12Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er habe aus Langeweile viele seiner Bekannten im Polizeiregister überprüft. Dabei sei er zufällig auf den Datensatz gestoßen, in dem der Vorwurf gegen Q1. wegen Vergewaltigung und Menschenhandels aufgeführt worden sei. Da Q1. sein ältester und bester Freund sei, habe er es für ausgeschlossen gehalten, dass der Vorwurf zutreffe. Er habe ihn gleichwohl mit dem Vorwurf konfrontieren wollen, um sich letzte Gewissheit zu verschaffen.“
13Nach Rechtskraft des Urteils am 00.00.0000 setzte der Kläger das zuvor ausgesetzte Disziplinarverfahren fort. Durch Verfügung vom 00.00.0000 enthob er den Beklagten vorläufig des Dienstes.
14Auf Antrag des Bevollmächtigten des Beklagten vernahm der Kläger im April 2012 dessen Vorgesetzten, Polizeihauptkommissar M. . Dieser beschrieb den Beklagten als zurückhaltenden, ruhigen und zuverlässigen Kollegen. Nach der Tatbegehung sei der Beklagte sehr niedergeschlagen gewesen. Er habe Reue gezeigt und sich offensiv mit seinen Problemen auseinandergesetzt. Er habe sich weiterhin kollegial verhalten. Leistungseinbrüche seien nicht zu verzeichnen gewesen. Auch habe er weiter Rückhalt von seinen Kollegen aus dem Einsatzzug erfahren. Der ebenfalls als Zeuge vernommene Kriminalhauptkommissar L. K2. äußerte sich dahingehend, dass sich der Beklagte während der Durchsuchungsmaßnahmen durchweg kooperativ gezeigt habe. Nach seiner Einschätzung habe der Beklagte die Tragweite seines fehlerhaften Handelns nicht erkannt.
15Der den Beklagten behandelnde Dipl.-Psychologe Q2. führte in seiner Zeugenvernehmung aus: Der Beklagte habe sich in einer depressiven Selbstwertkrise befunden, die viel mit familiären Verlusten zu tun gehabt hätte. Es handele sich um eine depressive Anpassungsstörung. Eine solche Störung werde durch besondere Ereignisse hervorgerufen, im Falle des Beklagten durch den Tod des Stiefvaters und des Schwiegervaters. Durch die Kontrollen im Polizeicomputer habe der Beklagte versucht sich abzulenken, um von den schlechten Gefühlen weg zu kommen. Das Gegenteil sei jedoch eingetreten. Das gezeigte Verhalten habe teilweise Suchtcharakter gehabt. Der Beklagte habe aber niemals den Vorsatz gehabt, seinen Arbeitgeber zu schädigen. Die Person, der er hier die Informationen gegeben habe, sei nicht nur ein Freund, sondern fast wie ein Ersatzvater für ihn gewesen. Der Beklagte habe damals nicht glauben wollen, dass diese für ihn so wichtige Bezugsperson ein Schwerkrimineller habe sein sollen. Der Beklagte sei zu Beginn der Therapie nicht nur einsichtig gewesen, sondern habe voller Schuldgefühle gesteckt. Als Therapeut sei er – der Zeuge – absolut davon überzeugt, dass der Beklagte zwischenzeitlich von seiner depressiven Selbstwertkrise geheilt worden sei. Auch die Rahmenbedingungen (Beziehung, Kind) hätten sich für den Beklagten positiv entwickelt und ihn entsprechend beeinflusst.
16Am 00.00.0000 hat der Kläger die vorliegende Disziplinarklage erhoben, mit der er dem Beklagten vorwirft, sich durch Nutzung der polizeilichen Informationssysteme IGVP und POLAS in der Zeit vom 19. Juli 2009 bis 23. Juni 2010 Informationen über insbesondere einen Freund beschafft und diese – strafbar – auch weitergegeben zu haben. Der Beklagte habe durch die Weitergabe von Informationen so gravierend gegen seine Verschwiegenheits-, Wohlverhaltens- und Gehorsamspflicht verstoßen, dass das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört sei. Ein Polizeibeamter, der seinen Auftrag zur Strafverfolgung soweit missachte, dass er genau das Gegenteil unternehme, nämlich in einem laufenden Strafverfahren mit erheblichen strafrechtlichen Vorwürfen (Menschenhandel und Vergewaltigung) sein erlangtes Wissen an einen Verdächtigen weitergebe, sei nicht tragbar. Durch den konkreten Geheimnisverrat habe der Beklagte nicht nur die Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft unterlaufen, sondern auch eine gravierende Gefährdung von Leib und Leben Dritter (hier insbes. der Geschädigten S2. ) billigend in Kauf genommen. Zudem habe er durch sein Verhalten nicht nur das Ansehen der Polizei, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit in die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden beschädigt. Die im Straf- und Disziplinarverfahren angeführte seelische Störung (Kontrollzwang) könne den Beklagten nicht entlasten. Von einer Verminderung der Schuldfähigkeit sei auch das Strafgericht nicht ausgegangen. Die angeführten psychischen Störungen seien erst mit den Ermittlungsverfahren gegen ihn einhergegangen. Erfasst seien jedoch Abfragen durch den Beamten bereits seit Juli 2007. Insgesamt seien von Juli 2007 bis 20. Mai 2010 im POLAS-System etwa 415 Abfragen dokumentiert. Diese Abfragen seien zum Teil in Minutenabständen zur gleichen Person getätigt worden. Der Beklagte habe neben seinen Freunden und Verwandten auch seine eigene Person und auch seine Ehefrau immer wieder abgefragt. Der Beklagte habe selbst angegeben, diese Abfragen zunächst aus Neugier oder Langeweile durchgeführt zu haben, erst später sei dann ein Kontrollzwang vorgetragen worden. Auch aus den vorliegenden Akten lasse sich nicht entnehmen, dass der Beklagte schon weit früher unter Kontrollpsychosen gelitten hätte.
17In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreterinnen des Klägers klargestellt, dass Gegenstand des disziplinaren Vorwurfs zum einen die strafgerichtliche Verurteilung und zum anderen die 415 dokumentierten Abfragen, wie auf Seite 7 der Klageschrift ausgeführt, seien.
18Der Kläger beantragt,
19den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
20Der Beklagte beantragt,
21auf eine Maßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.
22Er führt aus: Die Gründe für den Kontrollzwang seien keine Schutzbehauptungen, sondern ärztlich festgestellt. Es sei auch nicht richtig, dass die erklärten psychischen Störungen erst mit Beginn des Ermittlungsverfahrens einhergegangen seien. Die seit dem Jahr 2007 erfolgten Abfragen sprächen für sich. Eine fehlende Rechtstreue könne auch nicht aus einem vor Eintritt in den Polizeidienst erfolgten Ordnungswidrigkeitsverfahren in einer BAföG-Angelegenheit gesehen werden. Mit Blick auf die aufgezeigten Umstände sei durchaus noch von einem Restvertrauen auszugehen.
23In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Vorwürfe erneut zugestanden und seine Handlungen als großen Fehler bezeichnet, die ihm sehr leid täten und für die er sich entschuldige.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsvorgänge des Klägers sowie der beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft C. 32 Js 307/10 Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26Die zulässige Klage ist im Umfang der ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme begründet. Der Beklagte ist wegen Dienstvergehens zurückzustufen.
27I.
28In tatsächlicher Hinsicht geht das Gericht von dem Sachverhalt aus, den das Amtsgericht I. -X1. in seinem Urteil vom 00.00.0000 – für das Gericht bindend gemäß § 56 Abs. 1 LDG NRW – festgestellt hat. Der Beklagte hat diese Taten sowohl im Straf- als auch im Disziplinarverfahren vorbehaltlos eingeräumt. Hinzu kommen die im Einzelnen konkret auf S. 3 und 4 der Disziplinarklage bezeichneten Abfragen in den polizeilichen Erfassungssystemen (insgesamt 96, davon im IGVP-System 36 und im POLAS-System 60 Abfragen) seitens des Beklagten, die dieser ebenfalls eingestanden hat. Im Übrigen kann offen bleiben, ob die weiteren, in einem POLAS-Protokollband für die Zeit vom 13. Juli 2007 bis zum 20. Mai 2010 dokumentierten Abfragen in einer Anzahl von etwa 366 mangels fehlender Bestimmtheit zulässiger Weise Gegenstand der Disziplinarklage geworden sind; hierauf kommt es nicht in entscheidungserheblicher Weise an.
29II.
30Die disziplinarrechtliche Würdigung des so festgestellten Sachverhalts ergibt, dass sich der Beklagte eines schweren einheitlichen Dienstvergehens im Kernbereich seiner Aufgaben schuldig gemacht hat.
31Nach § 83 Abs. 1 LBG NRW a. F. bzw. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt. Diese Pflichten sind in Bezug auf den hier in Rede stehenden Zeitraum zunächst dem LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung zu entnehmen. Sie finden für die Zeit danach ihre Entsprechung in den Bestimmungen des zum 1. April 2009 in Kraft getretenen BeamtStG.
32Durch die unbefugte Datenabfrage und die pflichtwidrige Weitergabe von Informationen aus den polizeilichen Informationssystemen hat der Beklagte gegen die gegen die in § 57 Satz 3 LBG NRW a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG normierte Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes verstoßen. Ferner begründet der vom Strafgericht abgeurteilte Geheimnisverrat einen Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 37 Abs. 1 BeamtStG). Schließlich hat der Beklagte gegen seine Verpflichtung verstoßen, die von seinem Vorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG). Durch die unbefugte Datenabfrage hat der Beklagte gegen die Dienstanweisung für die Anwendung IGVP sowie die Dienstanweisung für den Betrieb und die Nutzung von DV-Anlagen und des Netzes vom PP C. und gegen Polas NRW-Hinweise zum Datenschutz verstoßen.
33III.
34Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauens-beeinträchtigung. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist ein Beamter, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Prognose ergibt, dass der Beamte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen wird oder die Ansehensschädigung nicht wieder gut zu machen ist.
35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. August 2011 ‑ 3d A 2711/10.O ‑, m.w.N.
36Bei der Frage nach der Schwere des Dienstvergehens ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung sowie besondere Umstände der Tatbegehung), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Daneben kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme auch auf das Persönlichkeitsbild, d.h. die persönlichen Verhältnisse und das sonstige Verhalten des Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen an.
37Das Schwergewicht des einheitlich zu würdigenden Dienstvergehens liegt hier in der Weitergabe der Erkenntnisse aus dem polizeilichen Informationssystem. Die Pflicht des Beamten zur Amtsverschwiegenheit gehört zu seinen Hauptpflichten und dient sowohl dem öffentlichen Interesse, insbesondere dem Schutz der dienstlichen Belange der Behörde, als auch dem Schutz des von Amtshandlungen betroffenen Bürgers. So liegt in der Verletzung des Amtsgeheimnisses ein schwerwiegender Treuebruch, der durchaus geeignet ist, die Vertrauenswürdigkeit eines Beamten infrage zu stellen. Wegen der großen Spannbreite der Verhaltensweisen hinsichtlich einer derartigen Pflichtverletzung lassen sich jedoch feste Regeln für eine Disziplinarmaßnahme nicht aufstellen. Deshalb ist bei der Ahndung von Dienstpflichtverletzungen in diesem Bereich der gesamte abgestufte und ausdifferenzierte Katalog möglicher Disziplinarmaßnahmen gemäß § 13 LDG NRW mit den Einzelregelungen der §§ 5 ff. LDG NRW in den Blick zu nehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch bei Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs sowohl die Schwere des strafrechtlichen Unrechtsgehalts als auch die des Dienstvergehens deutlich variieren kann, je nach der Sensibilität des in Rede stehenden Geheimnisses, etwa ob besonders schutzbedürftige Erkenntnisse und Daten, z.B. aus dem höchstpersönlichen Bereich, offenbart werden oder solche, die einen eher entfernteren Bezug zum persönlichen Lebens- und Geheimbereich einer Person haben. Auch sind die denkbaren Verletzungshandlungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs von stark unterschiedlichem Gewicht, je nach der Art des Zugriffs, z.B. wenn besondere Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Geheimnisses überwunden werden müssen. Dies zeigt sich u.a. daran, dass der Gesetzgeber solche Rechtsverstöße nur teilweise als Straftatbestände, im Übrigen aber nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet wissen will. Auch innerhalb der Gruppe der Straftaten schwankt der angedrohte Strafrahmen deutlich. Der unterschiedlich hohe Unrechtsgehalt des Dienstvergehens hat hiernach maßgeblichen Einfluss auch auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme. Während jedenfalls für den oben angeführten höchstpersönlichen Bereich grundsätzlich die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme in Betracht kommt, wird bei anderen Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs - je nach der Schwere der Tat - eher eine pflichtenmahnende, für den Beamten weniger einschneidende Disziplinarmaßnahme angemessen sein.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 – 1 D 1.12 -, juris, Rn. 42.
39Ausgehend hiervon ist zu Lasten des Beklagten festzuhalten, dass er durch die vorschriftswidrige Datenabfrage in den polizeilichen EDV-Systemen und durch die Weitergabe der so gewonnenen Informationen über ein laufendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren an den Verdächtigen Q1. im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt hat. Seiner Aufgabe als Polizeibeamter ist der Beklagte damit nicht nur nicht nachgekommen, sondern er hat im Gegenteil durch sein Handeln die Arbeit der Strafverfolgungsbehörde gefährdet, indem er die Erkenntnisse aus dem polizeilichen Datensystem an seinen ehemaligen Schulfreund weitergab. Hinzu kommt, dass das Ermittlungsverfahren strafrechtliche Vorwürfe erheblicher Art betraf, nämlich Menschenhandel und Vergewaltigung. Erschwerend ist zudem der Umstand, dass der Beklagte den Verdächtigen nicht nur über die Existenz des gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahrens informierte, sondern diesem überdies die Namen der Beteiligten nannte und ein Bild des Mittäters zeigte. Durch diese Vorgehensweise hat der Beklagte in besonderer Weise die Anzeigeerstatterin und Hauptzeugin S2. in diesem Ermittlungsverfahren einer Gefährdung ausgesetzt. Schließlich ist durch die Tat des Beklagten nicht nur das Ansehen der Polizei, sondern auch das Vertrauen in die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden gefährdet worden.
40Diesen Erschwernisgründen stehen jedoch beachtliche Milderungsgründe entgegen. So ist zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass dieser mit der erfolgten Weitergabe von Informationen an seinen ehemaligen Schulfreund keine eigenen Vorteile aus der Tat ziehen wollte. Auch lag es ihm nach seinen glaubhaften Bekundungen im strafrechtlichen sowie disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahren in Gänze fern, seinen Freund Q1. vor einer Bestrafung zu schützen oder das Ermittlungsverfahren in irgendeiner Art zu beeinflussen. Vielmehr war der Beklagte nach seinen für das Gericht glaubhaften Angaben von dem Vorwurf des Menschenhandels und der Vergewaltigung derart geschockt, dass er seinen Freund zur Rede hat stellen wollen. Beweggrund war für ihn der Umstand, dass er sich überhaupt nicht hat vorstellen können, dass sein ältester und bester Freund die ihm zur Last gelegten Straftaten begangen haben könnte. Demzufolge wurde der Beklagte ausdrücklich auch nicht wegen versuchter Strafvereitelung vom Amtsgericht I. -X1. schuldig gesprochen.
41Ferner spricht für den Beklagten, dass dieser die ihm zur Last gelegten Taten von Anfang an unumwunden eingeräumt hat. Während der Durchsuchungsmaßnahmen hat er sich nach Angaben des Kriminalhauptkommissars K2. kooperativ gezeigt.
42Weiter fällt zu Gunsten des Beklagten erheblich ins Gewicht, dass dieser nach der Tat intensive Reue gezeigt hat und die Aufdeckung seiner Dienstverfehlungen für ihn der Anlass war, sich offensiv mit seinen Problemen auseinanderzusetzen. Der Beklagte hat sich nach Aufdeckung seiner Tat aus eigenem Antrieb heraus einer mehrjährigen psychologischen Therapie bei dem Dipl.-Psychologen B. Q2. unterzogen. Dieser diagnostizierte eine depressive Anpassungsstörung, die bei dem Beklagten durch den Tod des Stiefvaters und des Schwiegervaters ausgelöst worden war. Nach den glaubhaften Bekundungen des Psychologen im Straf- sowie im Disziplinarverfahren befand sich der Beklagte seinerzeit in einer depressiven Selbstwertkrise, die mit dessen familiären Verlusten zu tun gehabt hatte. Sowohl der Stiefvater als auch der Schwiegervater waren für den Beklagten starke Bezugspersonen. Der Beklagte entwickelte so nach Angaben des Psychologen eine Art Kontrollsucht, durch die er versucht hat, sich von den schlechten Gefühlen zu befreien. Das Gericht teilt aufgrund der plausiblen und nachvollziehbaren Darlegung des Psychologen dessen Auffassung, dass die über Jahre durchgeführten Kontrollen von Ehefrau, Freunden, Bekannten sowie auch Recherchen über seine eigene Person das Ausmaß einer solchen Sucht aufwiesen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anzahl der Kontrollen als auch hinsichtlich der Durchführung, da sie teilweise im Minutentakt erfolgten. Durch diese Verhaltensweise wird zudem deutlich, dass es dem Beklagten nicht in erster Linie darum ging, ggf. für ihn oder andere Personen brisantes Material in den polizeilichen Datenerfassungssystemen auszuforschen, um sodann gesteuert Informationen weitergeben zu können. Vielmehr macht die Art und Weise der Kontrollvorgänge ersichtlich, dass der Beklagte von seinem Kontrollzwang zunehmend beherrscht wurde. Nach den Darlegungen des Psychologen ist es für das Gericht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass es dem Beklagten fern lag, den Dienstherrn mit seinem Verhalten zu schädigen. Die Weitergabe von Informationen an seinen Freund Q1. , der nach Einschätzung des behandelnden Psychologen für den Beklagten fast wie ein Ersatzvater war, geschah allein deshalb, weil der Beklagte es sich nicht hat vorstellen können, dass diese für ihn so wichtige Bezugsperson ein Schwerkrimineller sein sollte. Ferner ist in den Blick zu nehmen, dass nach klarer Auffassung des Psychologen der Beklagte zwischenzeitlich durch die erfolgreich abgeschlossene Therapie von seiner depressiven Selbstkrise geheilt ist und das Risiko eines Rückfalls ausgeschlossen werden kann. Nach dessen Meinung ist der Beklagte heute gefestigter als jemals zuvor im Leben.
43Überdies spricht für den Beklagten, dass dieser nach Tatentdeckung sich nicht nur offensiv mit seinen Dienstpflichtverletzungen auseinandergesetzt hat, sondern offen und ehrlich damit im Kollegenkreis umgegangen ist. Er hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er schwerwiegend gefehlt hat. Zudem hat er sich nach Aufdeckung der Dienstpflichtverletzungen weiterhin kollegial verhalten und seinen Dienst bis zu seiner Dienstenthebung verantwortungsbewusst verrichtet. Weder gab es Leistungseinbrüche beim Beklagten noch hat es einen Vertrauensverlust bei den Kollegen und Vorgesetzten gegeben. Vielmehr hat der Beklagte aufgrund seines offenen Umgangs mit seinem Fehlverhalten positiven Rückhalt und Stärkung im Dienstbereich erfahren. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die persönlichen Verhältnisse des Beklagten seit Jahren geordnet und stabil sind.
44Unter Würdigung der dargelegten Gesamtumstände und des positiven Eindrucks, den die Kammer in der mündlichen Verhandlung von dem Beklagten gewonnen hat, ist sie zu der Überzeugung gelangt, dass im vorliegenden Fall das zwischen dem Beklagten und dem Dienstherrn bestehende Vertrauen noch nicht endgültig zerstört ist.
45Sieht das Gericht hiernach die Voraussetzungen für die Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme, der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, nicht als gegeben an, so stellt sich die Frage, ob die Zurückstufung des Beklagten erforderlich erscheint oder ob bereits in der Kürzung der Dienstbezüge eine ausreichende und persönlichkeitsgerechte Ahndung des Dienstvergehens gesehen werden kann. Trotz des Umstandes, dass sich das Disziplinarverfahren über mehrere Jahre hingezogen hat und der Beklagte nunmehr seit drei Jahren suspendiert ist, sieht das Gericht aber mit Blick auf die Schwere des Dienstvergehens eine Zurückstufung des Beklagten als notwendige Maßnahme zur Pflichtenmahnung an.
46Zurückstufung ist die Versetzung in ein Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (§ 9 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW). Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Beklagte aus dem Amt eines Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9) in das Amt eines Polizeiobermeisters (Besoldungsgruppe A 8) zurückzustufen ist. Gegen eine Zurückstufung spricht nach Ansicht des Gerichts nicht, dass der Beklagte im Wege des Direkteinstiegs als Kommissaranwärter in den Dienst des Landes eingetreten ist und sich noch im Eingangsamt befindet.
47Vgl. bereits VG Münster, Urteil vom 16. November 2010 – 13 K 353/09.O -, juris, Rn. 32.
48Bei der Laufbahn der Polizeivollzugsbeamten handelt es sich um eine Einheitslaufbahn (§ 111 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW, § 2 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung der Polizei – LVOPol)), die in drei untereinander offene Laufbahnabschnitte gegliedert ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 LVOPol). Den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten stehen alle Ämter des Polizeivollzugsdienstes nach den Vorschriften der Verordnung offen (§ 2 Abs. 6 LVOPol). Darin unterscheidet sich die Laufbahn von anderen Verwaltungszweigen, in denen eine Vielzahl von Laufbahnen, gegliedert in nur ausnahmsweise offene Laufbahngruppen, vorgesehen sind. Die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes hingegen ist auf einen einheitlichen Werdegang ausgerichtet, in dem die polizeiliche Einsatztätigkeit einen gewichtigen Schwerpunkt bildet.
49Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2003 - 6 A 1579/02 -, NWVBl. 2004, 58 = juris, Rn. 21.
50Gründe dafür, dass in Anbetracht dieser normativen Erwägungen eine Zurückstufung rechtlich nicht möglich sein soll, sind weder ersichtlich noch hat der Kläger auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts solche aufgezeigt.
51Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Annotations
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Beamtinnen und Beamte haben über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch über den Bereich eines Dienstherrn hinaus sowie nach Beendigung des Beamtenverhältnisses.
(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit
- 1.
Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten sind, - 2.
Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, - 3.
gegenüber der zuständigen obersten Dienstbehörde, einer Strafverfolgungsbehörde oder einer durch Landesrecht bestimmten weiteren Behörde oder außerdienstlichen Stelle ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Korruptionsstraftat nach den §§ 331 bis 337 des Strafgesetzbuches angezeigt wird oder - 4.
Informationen unter den Voraussetzungen des Hinweisgeberschutzgesetzes an eine zuständige Meldestelle weitergegeben oder offengelegt werden.
(3) Beamtinnen und Beamte dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, für die Absatz 1 gilt, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt der Dienstherr oder, wenn das Beamtenverhältnis beendet ist, der letzte Dienstherr. Hat sich der Vorgang, der den Gegenstand der Äußerung bildet, bei einem früheren Dienstherrn ereignet, darf die Genehmigung nur mit dessen Zustimmung erteilt werden. Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass an die Stelle des in den Sätzen 2 und 3 genannten jeweiligen Dienstherrn eine andere Stelle tritt.
(4) Die Genehmigung, als Zeugin oder Zeuge auszusagen, darf nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes erhebliche Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass die Verweigerung der Genehmigung zur Aussage vor Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestages oder der Volksvertretung eines Landes einer Nachprüfung unterzogen werden kann. Die Genehmigung, ein Gutachten zu erstatten, kann versagt werden, wenn die Erstattung den dienstlichen Interessen Nachteile bereiten würde.
(5) Sind Beamtinnen oder Beamte Partei oder Beschuldigte in einem gerichtlichen Verfahren oder soll ihr Vorbringen der Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen dienen, darf die Genehmigung auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 erfüllt sind, nur versagt werden, wenn die dienstlichen Rücksichten dies unabweisbar erfordern. Wird sie versagt, ist Beamtinnen oder Beamten der Schutz zu gewähren, den die dienstlichen Rücksichten zulassen.
(6) Beamtinnen und Beamte haben, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, auf Verlangen des Dienstherrn oder des letzten Dienstherrn amtliche Schriftstücke, Zeichnungen, bildliche Darstellungen sowie Aufzeichnungen jeder Art über dienstliche Vorgänge, auch soweit es sich um Wiedergaben handelt, herauszugeben. Die gleiche Verpflichtung trifft ihre Hinterbliebenen und Erben.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.