Verwaltungsgericht München Urteil, 04. Mai 2015 - M 8 K 14.3263

bei uns veröffentlicht am04.05.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 14.3263

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 4. Mai 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1023

Hauptpunkte: Unzulässige Klage; Keine Rechtsverletzung durch stattgebenden Bescheid bei einem Antrag, der den genauen Umfang des beantragten Rückschnitts eines Baumes offen lässt.

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen BaumschutzVO ...str. 15 d

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2015 am 4. Mai 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist Sondereigentümer einer im Erdgeschoss und Souterrain befindlichen Wohnung im Gebäude ...str. 21 a und Sondernutzungsberechtigter für den ca. 65 m² großen Gartenanteil, der dieser Wohnung südlich bis zur Grenze mit dem Grundstück ...str. 15 a - d vorgelagert ist.

Auf dem südlich angrenzenden Grundstück ...str. 15 a - d steht (an der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem Grundstück ...str. 21/21 a) u. a. eine ca. 17 m hohe Esche, deren Krone ca. bis zur Hälfte in den südlichen Grundstücksbereich der ...str. 21/21 a hineinragt, für den der Kläger sondernutzungsberechtigt ist.

Am 13. Januar 2014 beantragte der Kläger die Fällungsgenehmigung für die vorgenannte Esche mit einem Stammumfang von 150 cm an der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks ...str. 15 a-d. Zur Begründung gab er im Wesentlichen die massive Verschattung seiner Wohnung und des dieser vorgelagerten Gartenbereichs sowie Personen- und Sachschäden durch herabfallende Äste und Belästigungen durch massiven Laubabfall an.

In einer als „Fachgutachten“ überschriebenen Stellungnahme vom 6. Mai 2014 eines Mitarbeiters des fachlichen Naturschutzes der Beklagten wird aufgrund der Ortsbesichtigung vom 6. Mai 2014 festgestellt, dass die Stand- und Bruchsicherheit der zur Fällung beantragten Esche gewährleistet seien, der Baum vital und erhaltenswert bei leicht abbauendem Zustand sei. Eine Gefahr sei nicht nachvollziehbar.

Mit Bescheid vom ... Mai 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Fällung der streitgegenständlichen Esche an der Nordgrenze der ...str. 15 a-d ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass trotz gewisser Defizite die Stand- und Bruchsicherheit des Baumes gewährleistet sei und von diesem bei Kronenpflege und Totholzentfernung keine Gefahr ausginge. Die geschilderten Beeinträchtigungen des Baumes seien nicht unzumutbar.

Mit einem am gleichen Tage bei der Beklagten eingegangenen Schriftsatz vom 26. Mai 2014 zeigten die Bevollmächtigten des Klägers die Vertretung des Klägers bei der Beklagten an und erklärten: „Wir erweitern vorsorglich den Antrag unseres Mandanten vom 9.1.14 auf Fällung der Esche auf dem Nachbargrundstück ...str. 15 d in ... um den Antrag auf genehmigungspflichtige Baumveränderung entsprechend der Baumschutzverordnung der ... in der jeweils gültigen Fassung.“ Zur Begründung wurden die bereits im Antrag vom 9. Januar 2014 angeführten Argumente vertieft.

Am ... Juli 2014 erließ die Beklagte folgenden Bescheid:

1. Auf dem Grundstück ...str. 15 d wird nachstehende Maßnahme genehmigt:

Baumveränderung von einer Esche, 150 cm Stammumfang, in Form einer Einkürzung von Kronenteilen, d. h. des grenzseitigen Überhangs zum Nachbargrundstück ...str. 21/21 a um 2 m (= im Schwachastbereich, d. h. bis zu einem Durchmesser von maximal 5 cm).

Diese öffentlich-rechtliche Genehmigung ersetzt nicht eine eventuell erforderliche privat-rechtliche Zustimmung des Baumeigentümers.

2. Folgende Auflagen werden festgesetzt:

Die Maßnahmen sind fachgerecht durchzuführen (gemäß ZTV-Baumpflege aktuelle Fassung).

Die Baumveränderung ist der unteren Naturschutzbehörde binnen 14 Tagen nach Durchführung der Arbeiten anzuzeigen.

3. Die erteilte Genehmigung erlischt, wenn die Durchführung der Maßnahme nicht innerhalb von 2 Jahren nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides erfolgt ist.

Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Rechtsgrundlagen für die Genehmigung, die Auflage und die Befristung der Genehmigung angeführt. Weiterhin wurden entsprechende Hinweise nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz und dem Bundesnaturschutzgesetz gegeben, insbesondere hinsichtlich des Verbotes von Baumveränderungen im Zeitraum vom 1. März bis 30. September.

Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2014 - am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangen - erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage gegen den Bescheid vom ... Mai 2014 mit dem Antrag, diesen Bescheid aufzuheben und die ... zur Erteilung der Genehmigung zur Fällung der benannten Esche zu verpflichten. Das Klageverfahren gegen den Bescheid vom ... Juni 2014 wird unter dem Aktenzeichen M 8 K 14.2652 geführt.

Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2014 - am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangen - erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage mit dem Antrag,

den Bescheid vom ... Mai 2014 aufzuheben,

den Bescheid vom ... Juli 2014 insoweit aufzuheben, als dem Kläger eine Baumveränderung der gesamten Esche um mehr als 2 m verweigert wurde,

sowie die ... zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Genehmigung zur Fällung einer Esche zu erteilen.

hilfsweise die ... zu verpflichten, dem Kläger die Genehmigung zu erteilen, die Esche bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einkürzung im Schwachastbereich um lediglich 2 m nicht die unzumutbare Beeinträchtigung beseitige. Der Überhang des Baumes auf das Grundstück des Klägers betrage 75% des Gartens des Klägers. Im Übrigen gingen auch von Ästen mit einem Durchmesser von 1 cm bis 3 cm Gefahren aus.

Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2014 führten die Bevollmächtigten des Klägers noch aus, dass die Klage hinsichtlich des Bescheids vom ... Juli 2014 zulässig sei, da selbstverständlich aus dem Antrag hervorgehe, dass ein Rückschnitt von über 2 m beantragt werde, da erst so gewährleistet sei, dass die genannten Beeinträchtigungen beseitigt würden.

Das Gericht hat am 4. Mai 2015 in den beiden Verfahren M 8 K 14.2652 und M 8 K 14.3263 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins auf dem Grundstück ...str. 21/21 a erhoben und die beiden Verfahren anschließend mündlich verhandelt. Im vorliegenden Verfahren stellten die Bevollmächtigten des Klägers ihren schriftsätzlich angekündigten Antrag, die Vertreter der Beklagten beantragten Klageabweisung.

Im Verfahren M 8 K 14.2652 wurde die Klage ebenfalls mit Urteil vom 4. Mai 2015 abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die am 28. Juli 2014 erhobene Klage ist bereits unzulässig.

1. Soweit die Klagepartei die Aufhebung des Bescheids vom ... Juli 2014 beantragt, wird der Kläger durch den, seinem Antrag vom 26. Mai 2014 stattgebenden Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Bescheid vom ... Juli 2014 gestattet einen Rückschnitt um 2 m im Schwachastbereich von Ästen bis zu einem Durchmesser von maximal 5 cm. Bei der mit Bescheid vom ... Juli 2014 genehmigten Maßnahme handelt es sich somit nicht um eine genehmigungsfreie Pflegemaßnahme, sondern um eine genehmigungspflichtige Baumveränderung.

Eine eben solche hat die Klagepartei beantragt und zwar ohne diesen Antrag auf Länge und Durchmesser der zurückzuschneidenden Äste zu präzisieren, so dass dem am 26. Mai 2014 gestellten Antrag durch den Bescheid vom ... Juli 2014 in vollem Umfang stattgegeben worden ist. Die Behauptung der Klagepartei, aus der Begründung des Antrags vom 26. Mai 2014 gehe hervor, dass selbstverständlich ein Zurückschnitt von über 2 m erfolgen sollte, da erst so gewährleistet sei, dass die beanstandete Verschattung sowie der Astabwurf und der Laubabfall beseitigt werde, trifft nicht zu. Die Begründung des Antrags vom 26. Mai 2014 entspricht im Wesentlichen auch der Begründung des Fällungsantrags für die streitgegenständliche Esche, weshalb sich daraus gerade kein präziser Umfang des Rückschnitts ergibt. Soweit die Klagepartei einen Totalrückschnitt bis zur Grenze der Grundstücke ...str. 21/21 a mit der ...str. 15 a-d hätte durchsetzen wollen, hätte sie diese Absicht auch klar in einem entsprechenden Antrag formulieren müssen. Dies gilt umso mehr, als der Antrag durch die rechtskundigen Bevollmächtigten des Klägers gestellt worden ist.

Da der Antrag hinsichtlich des Umfangs des Rückschnitts ergebnisoffen formuliert wurde, wurde ihm von Seiten der Beklagten in dem mit der Baumschutzverordnung korrespondierenden Umfang stattgegeben. Da auch der Antrag der Bevollmächtigten des Klägers vom 26. Mai 2014 keinen anderen Inhalt hatte, wurde dem Antrag somit in vollem Umfang stattgegeben mit der Folge, dass der Bescheid vom ... Juli 2014 die Klagepartei nicht in ihren Rechten verletzen kann (vgl. Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 17. Auflage, Vorbemerkung zu § 40 RdNr. 43).

2. Soweit im Klageschriftsatz vom 28. Juli 2014 nochmals die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom ... Mai 2014 und die Verpflichtung der Beklagten, die Fällungsgenehmigung für die streitgegenständliche Esche zu erteilen, beantragt wurden, ist die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig, da diese Anträge bereits Inhalt der Klage im Verfahren M 8 K 14.2652 sind, § 90 VwGO.

Die Klage war somit insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 1.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

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Aktenzeichen: M 8 K 14.2652

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 4. Mai 2015

Sachgebiets-Nr. 1023

8. Kammer

Hauptpunkte: Fällungsgenehmigung für eine Esche auf dem Nachbargrundstück; keine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung durch Totholzabwurf, Laubfall und Verschattung

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen BaumSchVO ...str. 15 d

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2015 am 4. Mai 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist Sondereigentümer einer im Erdgeschoss und Souterrain befindlichen südlichen Wohnung im Gebäude ...str. 21 a und Sondernutzungsberechtigter für den ca. 65 m² großen Gartenanteil, der dieser Wohnung südlich bis zur Grenze mit dem Grundstück ...str. 15 a-d vorgelagert ist.

Auf dem südlich angrenzenden Grundstück ...str. 15 a-d steht (an der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem Grundstück ...str. 21/21 a) unter anderem eine ca. 17 m hohe Esche, deren Krone circa zur Hälfte in den Grundstücksbereich der ...str. 21/21 a hineinragt, für den der Kläger sondernutzungsberechtigt ist.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Am 13. Januar 2014 beantragte der Kläger die Fällungsgenehmigung für die Esche mit einem Stammumfang von 150 cm an der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks ...str. 15 a-d.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Der Gartenbereich des Klägers werde von der Krone dieses Baumes fast vollständig überragt, wodurch es zu einer unzumutbaren Verschattung des gesamten Gartens und sämtlicher Wohnräume sowie erheblichen Laubfall und ständiger Gefährdung durch Astabwurf komme. In der Anlage zum Fällungsantrag wurden die genannten Beeinträchtigungen durch den Baum detailliert erläutert.

In der mit „Fachgutachten“ überschriebenen Stellungnahme vom 6. Mai 2014 durch einen Mitarbeiter des fachlichen Naturschutzes der Beklagten wird aufgrund der Ortsbesichtigung vom 6. Mai 2014 festgetellt, dass die Stand- und Bruchsicherheit der Esche an der nördlichen Grundstücksgrenze der ...str. 15 a-d gewährleistet und der Baum vital und erhaltenswert bei einem leicht abbauenden Zustand sei. Eine Gefahr sei nicht nachvollziehbar.

Mit Bescheid vom ... Mai 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Fällung einer Esche mit 150 cm Stammumfang auf dem Grundstück ...str. 15 d ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Bei der im rückwärtigen Garten des Grundstücks ...str. 15 a-d in einer Baumreihe stehenden Esche handele es sich um einen dominanten Baum. Die atypische Krone zeige Totholz und teils Schäden an den Ästen sowie leichte Besentriebe. Der Stammbereich sei teilweise nicht einsehbar, weil er mit Efeu bewachsen sei. Im Wurzelbereich seien keine Schadensmerkmale erkennbar; die Stand- und Bruchsicherheit sei nach Sichtkontrolle gewährleistet. Das Totholz könne jederzeit genehmigungsfrei entfernt werden. Aus fachlicher Sicht sei bei fachgerechter Kronenpflege eine von der Esche ausgehende Gefahr nicht nachvollziehbar. Die Esche, die leichte Abbauerscheinungen zeige, sei als „erhaltenswert“ bis „bedingt erhaltenswert“ zu beurteilen. Die Esche sei vom Gebäude ...str. 15 d sowie vom Nachbargebäude ...str. 21 a jeweils 4 m-5 m entfernt. Zwar sei eine Verschattung erkennbar, jedoch sei diese nicht so stark, dass sie für den Kläger eine unzumutbare Belastung darstellen könnte. Nach der Rechtsprechung sei bei der Frage, ob die von einem geschützten Baum naturgemäß ausgehende Verschattungswirkung den Grad einer unzumutbaren Beeinträchtigung erreiche, ein strenger Maßstab anzulegen. Zur Verbesserung der Belichtungsverhältnisse könne der Unterwuchs genehmigungsfrei entfernt werden und im Rahmen einer Kronenpflege der Esche auch ein genehmigungsfreier Pflegeschnitt durchgeführt werden. Laub- und Samenfall sowie das Abbrechen von Zweigen gehöre zu den natürlichen Lebensäußerungen eines Baumes; die damit verbundenen Aufräumarbeiten stellten keine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung dar, da sie als normale Auswirkungen von Bäumen in ihren jahreszeitlich unterschiedlichen Formen sowohl vom Baumeigentümer als auch vom Nachbarn hinzunehmen seien.

Ein Nachweis der Zustellung des Bescheides vom ... Mai 2014 findet sich nicht in den Akten.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 23. Juni 2014 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage und beantragten,

den Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 aufzuheben

und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Genehmigung zur Fällung einer Esche (150 cm Stammumfang auf dem Grundstück ...str. 15 d) zu erteilen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die streitgegenständliche Esche beeinträchtige die Nutzbarkeit des Grundstücks des Klägers unzumutbar, weshalb dieser einen Anspruch auf Fällungsgenehmigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Baumschutzverordnung der Beklagten habe. Die Äste der Esche überragten ca. 75% des Gartens des Klägers, der eine Tiefe von 6 m habe. Der Kläger habe keinen Ausweichplatz, da ihm nur dieser Garten zur Verfügung stehe. Der Baum habe im Jahre 2012 und 2013 eine größere Anzahl von Ästen mit einer Länge von 60 cm - 1,20 m sowie einem Durchmesser von 1 cm - 2 cm auf das Grundstück des Klägers geworfen. Der größte Ast habe sogar eine Länge von 2,80 m und einen Durchmesser von 6 cm - 7 cm gehabt. Da diese Äste aus großer Höhe herabfielen, sei es dadurch bisher zu drei Personenschäden und einem Sachschaden gekommen. Sowohl die 1,5-jährige Enkeltochter des Klägers als auch der Kläger selbst seien im Juni 2012 bzw. im April 2013 von einem Ast getroffen worden. Ein im August 2013 herabfallender Ast habe auf dem gedeckten Terrassentisch 2 Gläser sowie 1 Teller zerbrochen. Im Oktober 2013 sei die Ehefrau des Klägers bei Gartenarbeiten von einem Ast am linken Fuß getroffen worden, was zu einem schmerzhaften Bluterguss geführt habe. Da alle Fenster des Hauses des Klägers nach Süden ausgerichtet seien, bestehe kaum brauchbares Tageslicht in den Räumen. Der Kläger habe im Zeitraum vom 13. Mai 2014 bis 18. Mai 2014 im Wohnzimmer sowie im Souterrain Lichtmessungen morgens, mittags und am frühen Abend vorgenommen, die eine Lux-Stärke zwischen 2 und 184 ergeben hätten. Die empfohlene Beleuchtungsstärke bei leichten Sehaufgaben betrage zwischen 50 und 300 Lux. Am Raumende im Wohnzimmer sei eine Lux-Stärke zwischen 0 und 53 gemessen worden. Dies bedeute, dass sich der Kläger dort lediglich orientieren könne. Im Souterrain herrsche 3 m vom Fenster entfernt eine Beleuchtungsstärke zwischen 0 und 26 Lux, am Raumende eine von 0 - 6 Lux. In den Räumlichkeiten könnten daher keine Arbeiten ohne künstliches Licht geführt werden. Die schlechten Lichtverhältnisse herrschten nicht nur im Wohnzimmer sowie im Souterrain, sondern auch im Schlafzimmer und in der Küche, weshalb die in der Küche anfallenden Arbeiten meist nur mit künstlichem Licht erledigt werden könnten. Im Garten selbst sei eine Lux-Stärke zwischen 1.025 und 9.210 gemessen worden. In keinem Zimmer sei es möglich, wegen des geringen Lichteinfalles Pflanzen zu halten. Im Garten selbst wachse kein Rasen mehr, so dass die Rasenfläche durch Zierkies ersetzt worden sei. Während der Ablaubzeit der Esche entstehe eine wöchentliche Laubmenge von etwa 500 l auf dem Grundstück des Klägers, die dieser entsorgen müsse. Da diese Laubmenge in den entsprechenden Biotonnen keinen Platz finde, sei der Kläger gehalten, jede Woche das Laub der auf dem Nachbargrundstück stehenden Esche mit seinem Pkw wegzufahren. Dies werde durch die Schwer-behinderung des Klägers erschwert; der Kläger habe aufgrund von fünf Bandscheibenvorfällen einen Grad der Behinderung von 40% und sei einem Behinderten gleichgestellt.

Das Vorbringen im Schriftsatz vom 23. Juni 2014 wurde mit einer zeichnerischen Darstellung der Kronenumfänge der Esche sowie der benachbarten Bäume in Bezug auf das klägerische Grundstück, einer Reihe von Fotos (50) sowie einer Tabelle zu den Lichtmessungen belegt.

Mit Schriftsatz vom 12. September 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vertieft. Das vom Kläger angeführte Lichtgutachten sei nur bedingt verwertbar, da die inzwischen genehmigte Baumveränderung im Bescheid vom ... Juli 2014 - mit dem eine Einkürzung von Kronenteilen des grenzseitigen Überhanges zum Nachbargrundstück im Schwachastbereich bis zu einem Durchmesser von maximal 5 cm - genehmigt worden sei, eine beträchtliche Auslichtung zur Folge habe. Weiterhin wurde die Methodik und die Ergebnisse des Lichtgutachtens mit der Begründung angezweifelt, dass es nicht zulässig sei, Lichtstärken in 3 m Abstand zum Fenster bzw. am Raumende zu messen, da andernfalls Wohnungen mit teilweiser Nordausrichtung gar nicht genehmigungsfähig seien. Auch sei zu berücksichtigen, dass Erdgeschosswohnungen - bedingt durch ihre natürliche Situierung - weniger Lichteinfall ausgesetzt seien, als Wohnungen in Obergeschossen.

Das Gericht hat durch Einnahme eines Augenscheines am 4. Mai 2015 Beweis über die örtlichen Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück und - soweit von hier aus ersichtlich - auch auf den Nachbargrundstücken der Umgebung erhoben. Auf das Protokoll dieses Augenscheines und der anschließenden mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligen wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen im Einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014, mit dem diese den Antrag auf Genehmigung der Fällung der Esche abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Stand- und Bruchsicherheit des streitgegenständlichen Baumes steht nicht in Frage; eine derartige Behauptung wurde von der Klagepartei nicht aufgestellt. Die Feststellungen beim Augenschein entsprechen dem Fachgutachten der Beklagten vom 6. Mai 2014, so dass insoweit auch kein weiterer Sachaufklärungsbedarf besteht.

Die mit dem Ast- und Laubabfall verbundenen Belästigungen bzw. Beeinträchtigungen stellen sich für den Kläger als zumutbar dar; der Beitrag des streitgegenständlichen Baumes zur Verschattung des klägerischen Grundstücks bzw. der Wohnung ist nach Auffassung der Kammer nicht unzumutbar.

1. Das Grundstück, auf dem die Esche steht, liegt innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Baumschutzverordnung der Beklagten vom 18. Januar 2013 (MüABl. Nr. 4/2013). Hiernach sind alle in diesem Gebiet stehenden Gehölze (Bäume und Sträucher), die einen Stammumfang von 80 cm und mehr in 100 cm Höhe über dem Erdboden haben, unter Schutz gestellt (§ 1 Abs. 1 BaumSchV, zu Ausnahmen von der Unterschutzstellung für bestimmte Gehölze siehe § 1 Abs. 4 BaumSchV).

Gemäß § 3 Abs. 1 BaumSchV ist es verboten, geschützte Gehölze ohne Genehmigung der Beklagten zu entfernen, zu zerstören oder zu verändern. Unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung u. a. für das Fällen eines Baumes erteilt werden kann, ist in § 5 Abs. 1 und 2 BaumSchV geregelt. Nach Abs. 1 der Bestimmung kann eine Genehmigung erteilt werden, wenn

- aufgrund anderer Rechtsvorschriften ein Anspruch auf Genehmigung eines Vorhabens besteht, dessen Verwirklichung ohne eine Entfernung, Zerstörung oder Veränderung des Gehölzes nicht möglich ist (Nr. 1),

- der Bestand oder die Nutzbarkeit eines Grundstücks oder eines vorhandenen Gebäudes unzumutbar beeinträchtigt wird (Nr. 2)

- oder die ausgeübte gewerbliche Nutzung eines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird (Nr. 3).

Nach Abs. 2 der Bestimmung muss die Genehmigung erteilt werden, wenn die geschützten Gehölze krank sind und ihre Erhaltung nicht im öffentlichen Interesse geboten oder nicht möglich ist.

Nach § 5 Abs. 3 BaumSchV kann von den Verboten dieser Verordnung im Einzelfall eine Befreiung nach den Vorschriften des § 67 Abs. 1 BNatSchG erteilt werden. § 67 Abs. 1 BNatSchG ermöglicht eine Befreiung im Einzelfall, wenn

1. dies aus Gründen überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art notwendig ist oder

2. die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

2. Gegen die Gültigkeit der Regelungen der Baumschutzverordnung, soweit diese den Schutzbereich, die geschützten Gehölze sowie die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung für ein Entfernen, Zerstören oder Verändern geschützter Gehölze betreffen, bestehen keine Bedenken.

Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Baumschutzverordnungen findet sich nunmehr in § 29 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG.

Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind geschützte Landschaftsbestandteile rechtsverbindlich festgesetzte Teile von Natur und Landschaft, deren besonderer Schutz erforderlich ist

1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts,

2. zur Behebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes,

3. zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder

4. wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tiere und Pflanzenarten.

Der Schutz kann sich für den Bereich eines Landes oder für Teile des Landes auf den gesamten Bestand an Alleen, einseitigen Baumreihen, Bäumen, Hecken oder anderen Landschaftsbestandteilen erstrecken.

Zielsetzung ist insoweit der Objektschutz, also der Schutz des einzelnen Baumes. Eine Unterschutzstellung erfordert aber wegen des Flächenbezugs keine Einzelfallprüfung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der unter Schutz gestellten Bäume. Gültigkeitsvoraussetzung einer Baumschutzverordnung ist vielmehr nur, dass die Unterschutzstellung im Interesse des Naturhaushalts erforderlich ist bzw. zur Belebung des Landschaftsbildes hinsichtlich des Bestandes an Bäumen - nicht hinsichtlich jedes einzelnen Baumes - beiträgt. Für den innerörtlichen Baumschutz tritt insoweit neben das Tatbestandsmerkmal des „Landschaftsbildes“ das Tatbestandsmerkmal des „Ortsbildes“. Die Belebung des Landschaftsbildes/Ortsbildes betrifft im Übrigen nicht nur den optisch-visuellen Eindruck, sondern erfasst auch den biologisch-ökologischen Gehalt vorhandenen Baumbestandes (vgl. BayVGH v. 8.11.1984 BayVBl. 1985, 435).

Den Schutzzweck der Verordnung hat die Beklagte in § 2 den gesetzlichen Vorgaben entsprechend näher konkretisiert. Danach bezweckt die Verordnung, eine angemessene innerörtliche Durchgrünung sicherzustellen, das Ortsbild zu beleben, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten und zu verbessern und schädliche Umwelteinwirkungen zu mindern.

Es liegt auch auf der Hand, dass vorliegend eine gebietsbezogene Unterschutzstellung im Interesse des Naturhaushalts erforderlich war bzw. zur Belebung des Landschafts- bzw. Ortsbildes beiträgt. Insbesondere in städtischen Ballungsräumen besteht ein evidentes Bedürfnis nach einem möglichst weitgehenden Erhalt des vorhandenen Baumbestandes und dieses Schutzziel kann am effektivsten durch eine generelle Unterschutzstellung des Bestandes erreicht werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 2.10.1996 - 5 S 831/95 - juris und NJW 1997, 2128). Wie bereits erwähnt, bedarf es beim flächen-bezogenen Schutz keiner Prüfung der Schutzwürdigkeit einzelner Bäume. Aber auch eine Differenzierung nach bestimmten Gebieten (mit viel oder weniger Grün) oder etwa danach, ob bestimmte Baumarten im Hinblick auf die naturräumlichen Gegebenheiten standortfremd sind oder nicht, ist insoweit nicht geboten, weil grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass in dicht besiedelten Landschaften Bäume zumindest dann generell schützenswert sind, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben und damit die für einen Baumbestand typischen positiven Wirkungen entfalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 28.7.1994 - 5 S 2467/93 - juris und NuR 1995, 259).

Die in der Verordnung enthaltenen Verbote bzw. Nutzungsbeschränkungen stellen sich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Der verfassungsrechtlich gebotene Ausgleich für den Fall einer übermäßigen, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Belastung des betroffenen Grundstückseigentümers wird durch die Dispensvorschrift in § 5 der Verordnung und die Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG in ausreichender Weise gewährleistet.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchV nicht erfüllt.

3.1 Die vom Kläger angeführten Belästigungen und Beeinträchtigungen durch Ast- und Laubabfall auf sein Grundstück stellen sich nicht als unzumutbare Beeinträchtigungen von Bestand oder Nutzbarkeit seines Grundstücks oder eines darauf stehenden Gebäudes im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchV dar.

Zur Bestimmung dessen, was der Betroffene noch hinzunehmen hat, lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen treffen. Regelmäßig wird eine unzumutbare Beeinträchtigung aber nur dann angenommen werden können, wenn die von dem geschützten Baum ausgehenden Immissionen oder sonstigen Auswirkungen nach Art und Intensität die Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks erheblich beeinträchtigen. Die Beeinträchtigungen müssen deutlich über das Maß bloßer Belästigungen hinausgehen. Beachtlich sind weiter nur solche Beeinträchtigungen, deren potentiell die Wesentlichkeitsschwelle überschreitenden Folgewirkungen nicht mit Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Insoweit können dem Betroffen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aber keine unverhältnismäßig hohen finanziellen Opfer abverlangt werden (vgl. dazu OVG Berlin, U. v. 16.8.1996 - 2 B 26.93 - juris und NVwZ-RR 1997, 530 m. w. N.). Grundsätzlich gehören die typischen Baumemissionen - also insbesondere der Laub- und Nadelfall, das Herabfallen von Früchten, Samen und auch kleineren Ästen - zu den Einwirkungen, die grundsätzlich hinzunehmen sind, da sie sich allenfalls als Belästigungen darstellen (VGH BW v. 02.10.1996 a. a. O.; Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Abschnitt E, Naturschutz, Rn. 429 m. w. N.). Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen vergleichsweise immissionsträchtigen Baum handelt und daher die Reinigung des Grundstücks einen nicht unerheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert.

Das Vorbringen des Klägers, wonach insbesondere im Spätsommer und im Herbst größere Mengen von Laub auf sein Grundstück fallen würden, stellen für sich alleine unzweifelhaft noch nicht die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung dar, da der Laubabfall im Spätsommer/Herbst eine normale jahreszeittypische Reaktion des Baumes darstellt.

Abgesehen davon werden die angeführten Beeinträchtigungen und Belästigungen durch die mit Bescheid vom ... Juli 2014 zugelassenen Einkürzung von Kronenteilen des grenzseitigen Überhanges um 2 m im Schwachastbereich bis zu einem Durchmesser von maximal 5 cm deutlich relativiert. Wie die Beklagte zurecht ausführt, ist gerade der Schwachastbereich am stärksten belaubt, so dass durch den zugelassenen Rückschnitt eine erhebliche Entlastung hinsichtlich des Laubabfalles erfolgt.

Das Gleiche gilt auch hinsichtlich des von der Klagepartei beanstandeten Ast-(Totholz-)Abwurfs. Durch eine entsprechende (genehmigungsfreie) Baumpflege im Nachgang zu dem mit Bescheid vom ... Juli 2014 genehmigten Rückschnitt sind nach Überzeugung des Gerichts vergleichbare Schadensfälle durch herabfallende Äste wie die aus den Jahren 2012 und 2013 beschriebenen, nicht mehr zu befürchten.

Der Umstand, dass der Kläger die weiterhin - wenn auch durch den Rückschnitt sowie eine entsprechende Baumpflege in deutlich geringerem Maße - erforderlichen Reinigungsarbeiten möglicherweise gesundheitsbedingt nicht mehr in vollem Umfang selbst durchführen kann und auf die Hilfe Dritter angewiesen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchV nur Beeinträchtigungen der objektiven Nutzbarkeit eines Grundstückes erfasst. Die Berücksichtigung subjektiver, in der Person des Betroffenen liegender Umstände ist dem Naturschutzrecht fremd und würde letztlich die gesetzliche Schutzintention unterlaufen (vgl. OVG Saarland, B. v. 27.04.2009 - 2 A 286/09 - juris und NUR 2009, 428; st. Rspr. der erkennenden Kammer, vgl. VG München, U. v. 9.6.2008 - M 8 K 07.5646 - juris und v. 22.3.2010 - M 8 K 09.690 - nicht veröffentlich; U. v. 07.05.2012 - M 8 K 11.957 - juris Rn. 40).

3.2 Hinsichtlich der vom Kläger angeführten, nach seiner Auffassung unzumutbaren Verschattung seiner Wohnung sowie des von ihm genutzten Grundstücks ist festzustellen, dass die Rechtsprechung grundsätzlich hohe Anforderungen an die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung durch Verschattung geschützter Bäume stellt (VGH BW v. 2.10.1996 a. a. O.). Bezüglich einer baumbedingten Verschattung ist von einer Unzumutbarkeit jedenfalls dann auszugehen, wenn in der betroffenen Wohnung überhaupt kein ausreichend besonnter Aufenthaltsraum mehr vorhanden ist und durchgehend künstliches Licht notwendig ist (vgl. VGH BW v. 2.10.1996 a. a. O.; VG München, U. v. 19.11.2012 - M 8 K 11.5128 - juris Rn. 30 ff., und U. v. 14.10.2013 - M 8 K 12.5892 - juris).

Nachdem beim Augenschein getroffenen Feststellungen wird die erdgeschossige klägerische Wohnung zwar nicht optimal belichtet. Zum Zeitpunkt des Augenscheins (ca. 9.15 Uhr) war aber das Lesen von Dokumenten oder Büchern im südlichen (gartennahen) Bereich des Wohnzimmers ohne künstliche Beleuchtung durchaus möglich. Abgesehen davon, dass zum Zeitpunkt des Augenscheines nicht die optimalste, tageslaufabhängige Belichtungssituation gegeben war, fällt hier entscheidungserheblich ins Gewicht, dass für die zweifellos nicht sehr günstige Belichtungssituation der klägerischen Wohnung der streitgegenständliche Baum nicht im Wesentlichen mitbestimmend, geschweige denn ausschließlich ursächlich ist. Wie beim Augenschein festgestellt, verschatten eine ganze Reihe (noch) nicht geschützter Bäume mit einer nicht unerheblichen Höhe das klägerische Grundstück. Die dem streitgegenständlichen Baum benachbarten 3 Ahornbäume - deren Stammumfang in 1 m Höhe offensichtlich keine 80 cm aufweist - weisen nahezu die gleiche Höhe wie die streitgegenständliche Esche auf und wachsen mit ihrem Kronenbereich von unten massiv in den der Esche hinein, so dass sich durch die Beseitigung der streitgegenständlichen Esche der Lichteinfall zum klägerischen Gebäude/Grundstück nicht entscheidend verbessern würde; vor allem aber würde eine etwaige Verbesserung aufgrund der festgestellten Größe der Bäume sowie deren Kronenwuchs allenfalls vorübergehender Natur sein. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Lichteinfall - wie beim Augenschein festgestellt werden konnte - im Osten durch eine nicht unerhebliche Anzahl von großen und dicht belaubten Bäumen auf den benachbarten Grundstücken sowie zwei eben solchen Bäumen und in der südöstlichen und südwestlichen Grundstücksecke des Anwesens ...str. 21/21 a behindert wird. Weiterhin verschatten das Gebäude ...str. 15 d selbst sowie - die schon angeführten - nicht geschützten Ahorne und weitere große Bäume - darunter ein neu angepflanzter Spalierbaum mit 7 m Höhe - entlang der nördlichen Grundstücksgrenze der ...str. 15 a-d im Süden und der massive Gebäuderiegel ...str. 8 a - c mit dem in der Nord-West-Ecke des Grundstücks stehenden 17 m hohen Walnussbaum das Anwesen des Klägers.

Aufgrund der vorgefundenen Bau- und Baumsituation rund um die klägerische Wohnung, ist festzustellen, dass eine Beseitigung des streitgegenständlichen Baumes die Verschattungssituation der klägerischen Wohnung/des zugeordneten Grundstücksbereiches - die sich zumindest am Rande der Zumutbarkeit bewegt - spürbar weder gegenwärtig geschweige denn auf absehbare Zeit verbessern würde. Vielmehr ergaben die Eindrücke und Feststellungen beim Augenschein, dass eine solche Verbesserung wesentlich nachhaltiger durch ein Auslichten der nördlichen Grundstücksgrenze der ...str. 15 d durch die Beseitigung nicht geschützter Bäume und Büsche erzielt werden könnte.

4. Die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 5 Abs. 3 BaumSchVO i. V. m. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG liegen aufgrund der unter Ziff. 3. getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht vor.

5. Da sich eine unzumutbare Beeinträchtigung entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchVO durch die streitgegenständliche Esche nicht feststellen lässt und weder die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 BaumSchVO noch des § 5 Abs. 3 BaumSchVO i. V. m. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG erfüllt sind, war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 2.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 14.2652

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 4. Mai 2015

Sachgebiets-Nr. 1023

8. Kammer

Hauptpunkte: Fällungsgenehmigung für eine Esche auf dem Nachbargrundstück; keine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung durch Totholzabwurf, Laubfall und Verschattung

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen BaumSchVO ...str. 15 d

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2015 am 4. Mai 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist Sondereigentümer einer im Erdgeschoss und Souterrain befindlichen südlichen Wohnung im Gebäude ...str. 21 a und Sondernutzungsberechtigter für den ca. 65 m² großen Gartenanteil, der dieser Wohnung südlich bis zur Grenze mit dem Grundstück ...str. 15 a-d vorgelagert ist.

Auf dem südlich angrenzenden Grundstück ...str. 15 a-d steht (an der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem Grundstück ...str. 21/21 a) unter anderem eine ca. 17 m hohe Esche, deren Krone circa zur Hälfte in den Grundstücksbereich der ...str. 21/21 a hineinragt, für den der Kläger sondernutzungsberechtigt ist.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Am 13. Januar 2014 beantragte der Kläger die Fällungsgenehmigung für die Esche mit einem Stammumfang von 150 cm an der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks ...str. 15 a-d.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Der Gartenbereich des Klägers werde von der Krone dieses Baumes fast vollständig überragt, wodurch es zu einer unzumutbaren Verschattung des gesamten Gartens und sämtlicher Wohnräume sowie erheblichen Laubfall und ständiger Gefährdung durch Astabwurf komme. In der Anlage zum Fällungsantrag wurden die genannten Beeinträchtigungen durch den Baum detailliert erläutert.

In der mit „Fachgutachten“ überschriebenen Stellungnahme vom 6. Mai 2014 durch einen Mitarbeiter des fachlichen Naturschutzes der Beklagten wird aufgrund der Ortsbesichtigung vom 6. Mai 2014 festgetellt, dass die Stand- und Bruchsicherheit der Esche an der nördlichen Grundstücksgrenze der ...str. 15 a-d gewährleistet und der Baum vital und erhaltenswert bei einem leicht abbauenden Zustand sei. Eine Gefahr sei nicht nachvollziehbar.

Mit Bescheid vom ... Mai 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Fällung einer Esche mit 150 cm Stammumfang auf dem Grundstück ...str. 15 d ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Bei der im rückwärtigen Garten des Grundstücks ...str. 15 a-d in einer Baumreihe stehenden Esche handele es sich um einen dominanten Baum. Die atypische Krone zeige Totholz und teils Schäden an den Ästen sowie leichte Besentriebe. Der Stammbereich sei teilweise nicht einsehbar, weil er mit Efeu bewachsen sei. Im Wurzelbereich seien keine Schadensmerkmale erkennbar; die Stand- und Bruchsicherheit sei nach Sichtkontrolle gewährleistet. Das Totholz könne jederzeit genehmigungsfrei entfernt werden. Aus fachlicher Sicht sei bei fachgerechter Kronenpflege eine von der Esche ausgehende Gefahr nicht nachvollziehbar. Die Esche, die leichte Abbauerscheinungen zeige, sei als „erhaltenswert“ bis „bedingt erhaltenswert“ zu beurteilen. Die Esche sei vom Gebäude ...str. 15 d sowie vom Nachbargebäude ...str. 21 a jeweils 4 m-5 m entfernt. Zwar sei eine Verschattung erkennbar, jedoch sei diese nicht so stark, dass sie für den Kläger eine unzumutbare Belastung darstellen könnte. Nach der Rechtsprechung sei bei der Frage, ob die von einem geschützten Baum naturgemäß ausgehende Verschattungswirkung den Grad einer unzumutbaren Beeinträchtigung erreiche, ein strenger Maßstab anzulegen. Zur Verbesserung der Belichtungsverhältnisse könne der Unterwuchs genehmigungsfrei entfernt werden und im Rahmen einer Kronenpflege der Esche auch ein genehmigungsfreier Pflegeschnitt durchgeführt werden. Laub- und Samenfall sowie das Abbrechen von Zweigen gehöre zu den natürlichen Lebensäußerungen eines Baumes; die damit verbundenen Aufräumarbeiten stellten keine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung dar, da sie als normale Auswirkungen von Bäumen in ihren jahreszeitlich unterschiedlichen Formen sowohl vom Baumeigentümer als auch vom Nachbarn hinzunehmen seien.

Ein Nachweis der Zustellung des Bescheides vom ... Mai 2014 findet sich nicht in den Akten.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 23. Juni 2014 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage und beantragten,

den Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 aufzuheben

und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Genehmigung zur Fällung einer Esche (150 cm Stammumfang auf dem Grundstück ...str. 15 d) zu erteilen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die streitgegenständliche Esche beeinträchtige die Nutzbarkeit des Grundstücks des Klägers unzumutbar, weshalb dieser einen Anspruch auf Fällungsgenehmigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Baumschutzverordnung der Beklagten habe. Die Äste der Esche überragten ca. 75% des Gartens des Klägers, der eine Tiefe von 6 m habe. Der Kläger habe keinen Ausweichplatz, da ihm nur dieser Garten zur Verfügung stehe. Der Baum habe im Jahre 2012 und 2013 eine größere Anzahl von Ästen mit einer Länge von 60 cm - 1,20 m sowie einem Durchmesser von 1 cm - 2 cm auf das Grundstück des Klägers geworfen. Der größte Ast habe sogar eine Länge von 2,80 m und einen Durchmesser von 6 cm - 7 cm gehabt. Da diese Äste aus großer Höhe herabfielen, sei es dadurch bisher zu drei Personenschäden und einem Sachschaden gekommen. Sowohl die 1,5-jährige Enkeltochter des Klägers als auch der Kläger selbst seien im Juni 2012 bzw. im April 2013 von einem Ast getroffen worden. Ein im August 2013 herabfallender Ast habe auf dem gedeckten Terrassentisch 2 Gläser sowie 1 Teller zerbrochen. Im Oktober 2013 sei die Ehefrau des Klägers bei Gartenarbeiten von einem Ast am linken Fuß getroffen worden, was zu einem schmerzhaften Bluterguss geführt habe. Da alle Fenster des Hauses des Klägers nach Süden ausgerichtet seien, bestehe kaum brauchbares Tageslicht in den Räumen. Der Kläger habe im Zeitraum vom 13. Mai 2014 bis 18. Mai 2014 im Wohnzimmer sowie im Souterrain Lichtmessungen morgens, mittags und am frühen Abend vorgenommen, die eine Lux-Stärke zwischen 2 und 184 ergeben hätten. Die empfohlene Beleuchtungsstärke bei leichten Sehaufgaben betrage zwischen 50 und 300 Lux. Am Raumende im Wohnzimmer sei eine Lux-Stärke zwischen 0 und 53 gemessen worden. Dies bedeute, dass sich der Kläger dort lediglich orientieren könne. Im Souterrain herrsche 3 m vom Fenster entfernt eine Beleuchtungsstärke zwischen 0 und 26 Lux, am Raumende eine von 0 - 6 Lux. In den Räumlichkeiten könnten daher keine Arbeiten ohne künstliches Licht geführt werden. Die schlechten Lichtverhältnisse herrschten nicht nur im Wohnzimmer sowie im Souterrain, sondern auch im Schlafzimmer und in der Küche, weshalb die in der Küche anfallenden Arbeiten meist nur mit künstlichem Licht erledigt werden könnten. Im Garten selbst sei eine Lux-Stärke zwischen 1.025 und 9.210 gemessen worden. In keinem Zimmer sei es möglich, wegen des geringen Lichteinfalles Pflanzen zu halten. Im Garten selbst wachse kein Rasen mehr, so dass die Rasenfläche durch Zierkies ersetzt worden sei. Während der Ablaubzeit der Esche entstehe eine wöchentliche Laubmenge von etwa 500 l auf dem Grundstück des Klägers, die dieser entsorgen müsse. Da diese Laubmenge in den entsprechenden Biotonnen keinen Platz finde, sei der Kläger gehalten, jede Woche das Laub der auf dem Nachbargrundstück stehenden Esche mit seinem Pkw wegzufahren. Dies werde durch die Schwer-behinderung des Klägers erschwert; der Kläger habe aufgrund von fünf Bandscheibenvorfällen einen Grad der Behinderung von 40% und sei einem Behinderten gleichgestellt.

Das Vorbringen im Schriftsatz vom 23. Juni 2014 wurde mit einer zeichnerischen Darstellung der Kronenumfänge der Esche sowie der benachbarten Bäume in Bezug auf das klägerische Grundstück, einer Reihe von Fotos (50) sowie einer Tabelle zu den Lichtmessungen belegt.

Mit Schriftsatz vom 12. September 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vertieft. Das vom Kläger angeführte Lichtgutachten sei nur bedingt verwertbar, da die inzwischen genehmigte Baumveränderung im Bescheid vom ... Juli 2014 - mit dem eine Einkürzung von Kronenteilen des grenzseitigen Überhanges zum Nachbargrundstück im Schwachastbereich bis zu einem Durchmesser von maximal 5 cm - genehmigt worden sei, eine beträchtliche Auslichtung zur Folge habe. Weiterhin wurde die Methodik und die Ergebnisse des Lichtgutachtens mit der Begründung angezweifelt, dass es nicht zulässig sei, Lichtstärken in 3 m Abstand zum Fenster bzw. am Raumende zu messen, da andernfalls Wohnungen mit teilweiser Nordausrichtung gar nicht genehmigungsfähig seien. Auch sei zu berücksichtigen, dass Erdgeschosswohnungen - bedingt durch ihre natürliche Situierung - weniger Lichteinfall ausgesetzt seien, als Wohnungen in Obergeschossen.

Das Gericht hat durch Einnahme eines Augenscheines am 4. Mai 2015 Beweis über die örtlichen Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück und - soweit von hier aus ersichtlich - auch auf den Nachbargrundstücken der Umgebung erhoben. Auf das Protokoll dieses Augenscheines und der anschließenden mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligen wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen im Einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014, mit dem diese den Antrag auf Genehmigung der Fällung der Esche abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Stand- und Bruchsicherheit des streitgegenständlichen Baumes steht nicht in Frage; eine derartige Behauptung wurde von der Klagepartei nicht aufgestellt. Die Feststellungen beim Augenschein entsprechen dem Fachgutachten der Beklagten vom 6. Mai 2014, so dass insoweit auch kein weiterer Sachaufklärungsbedarf besteht.

Die mit dem Ast- und Laubabfall verbundenen Belästigungen bzw. Beeinträchtigungen stellen sich für den Kläger als zumutbar dar; der Beitrag des streitgegenständlichen Baumes zur Verschattung des klägerischen Grundstücks bzw. der Wohnung ist nach Auffassung der Kammer nicht unzumutbar.

1. Das Grundstück, auf dem die Esche steht, liegt innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Baumschutzverordnung der Beklagten vom 18. Januar 2013 (MüABl. Nr. 4/2013). Hiernach sind alle in diesem Gebiet stehenden Gehölze (Bäume und Sträucher), die einen Stammumfang von 80 cm und mehr in 100 cm Höhe über dem Erdboden haben, unter Schutz gestellt (§ 1 Abs. 1 BaumSchV, zu Ausnahmen von der Unterschutzstellung für bestimmte Gehölze siehe § 1 Abs. 4 BaumSchV).

Gemäß § 3 Abs. 1 BaumSchV ist es verboten, geschützte Gehölze ohne Genehmigung der Beklagten zu entfernen, zu zerstören oder zu verändern. Unter welchen Voraussetzungen eine Genehmigung u. a. für das Fällen eines Baumes erteilt werden kann, ist in § 5 Abs. 1 und 2 BaumSchV geregelt. Nach Abs. 1 der Bestimmung kann eine Genehmigung erteilt werden, wenn

- aufgrund anderer Rechtsvorschriften ein Anspruch auf Genehmigung eines Vorhabens besteht, dessen Verwirklichung ohne eine Entfernung, Zerstörung oder Veränderung des Gehölzes nicht möglich ist (Nr. 1),

- der Bestand oder die Nutzbarkeit eines Grundstücks oder eines vorhandenen Gebäudes unzumutbar beeinträchtigt wird (Nr. 2)

- oder die ausgeübte gewerbliche Nutzung eines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird (Nr. 3).

Nach Abs. 2 der Bestimmung muss die Genehmigung erteilt werden, wenn die geschützten Gehölze krank sind und ihre Erhaltung nicht im öffentlichen Interesse geboten oder nicht möglich ist.

Nach § 5 Abs. 3 BaumSchV kann von den Verboten dieser Verordnung im Einzelfall eine Befreiung nach den Vorschriften des § 67 Abs. 1 BNatSchG erteilt werden. § 67 Abs. 1 BNatSchG ermöglicht eine Befreiung im Einzelfall, wenn

1. dies aus Gründen überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art notwendig ist oder

2. die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

2. Gegen die Gültigkeit der Regelungen der Baumschutzverordnung, soweit diese den Schutzbereich, die geschützten Gehölze sowie die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung für ein Entfernen, Zerstören oder Verändern geschützter Gehölze betreffen, bestehen keine Bedenken.

Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Baumschutzverordnungen findet sich nunmehr in § 29 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG.

Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind geschützte Landschaftsbestandteile rechtsverbindlich festgesetzte Teile von Natur und Landschaft, deren besonderer Schutz erforderlich ist

1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts,

2. zur Behebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes,

3. zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder

4. wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tiere und Pflanzenarten.

Der Schutz kann sich für den Bereich eines Landes oder für Teile des Landes auf den gesamten Bestand an Alleen, einseitigen Baumreihen, Bäumen, Hecken oder anderen Landschaftsbestandteilen erstrecken.

Zielsetzung ist insoweit der Objektschutz, also der Schutz des einzelnen Baumes. Eine Unterschutzstellung erfordert aber wegen des Flächenbezugs keine Einzelfallprüfung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der unter Schutz gestellten Bäume. Gültigkeitsvoraussetzung einer Baumschutzverordnung ist vielmehr nur, dass die Unterschutzstellung im Interesse des Naturhaushalts erforderlich ist bzw. zur Belebung des Landschaftsbildes hinsichtlich des Bestandes an Bäumen - nicht hinsichtlich jedes einzelnen Baumes - beiträgt. Für den innerörtlichen Baumschutz tritt insoweit neben das Tatbestandsmerkmal des „Landschaftsbildes“ das Tatbestandsmerkmal des „Ortsbildes“. Die Belebung des Landschaftsbildes/Ortsbildes betrifft im Übrigen nicht nur den optisch-visuellen Eindruck, sondern erfasst auch den biologisch-ökologischen Gehalt vorhandenen Baumbestandes (vgl. BayVGH v. 8.11.1984 BayVBl. 1985, 435).

Den Schutzzweck der Verordnung hat die Beklagte in § 2 den gesetzlichen Vorgaben entsprechend näher konkretisiert. Danach bezweckt die Verordnung, eine angemessene innerörtliche Durchgrünung sicherzustellen, das Ortsbild zu beleben, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten und zu verbessern und schädliche Umwelteinwirkungen zu mindern.

Es liegt auch auf der Hand, dass vorliegend eine gebietsbezogene Unterschutzstellung im Interesse des Naturhaushalts erforderlich war bzw. zur Belebung des Landschafts- bzw. Ortsbildes beiträgt. Insbesondere in städtischen Ballungsräumen besteht ein evidentes Bedürfnis nach einem möglichst weitgehenden Erhalt des vorhandenen Baumbestandes und dieses Schutzziel kann am effektivsten durch eine generelle Unterschutzstellung des Bestandes erreicht werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 2.10.1996 - 5 S 831/95 - juris und NJW 1997, 2128). Wie bereits erwähnt, bedarf es beim flächen-bezogenen Schutz keiner Prüfung der Schutzwürdigkeit einzelner Bäume. Aber auch eine Differenzierung nach bestimmten Gebieten (mit viel oder weniger Grün) oder etwa danach, ob bestimmte Baumarten im Hinblick auf die naturräumlichen Gegebenheiten standortfremd sind oder nicht, ist insoweit nicht geboten, weil grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass in dicht besiedelten Landschaften Bäume zumindest dann generell schützenswert sind, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben und damit die für einen Baumbestand typischen positiven Wirkungen entfalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 28.7.1994 - 5 S 2467/93 - juris und NuR 1995, 259).

Die in der Verordnung enthaltenen Verbote bzw. Nutzungsbeschränkungen stellen sich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Der verfassungsrechtlich gebotene Ausgleich für den Fall einer übermäßigen, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Belastung des betroffenen Grundstückseigentümers wird durch die Dispensvorschrift in § 5 der Verordnung und die Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG in ausreichender Weise gewährleistet.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchV nicht erfüllt.

3.1 Die vom Kläger angeführten Belästigungen und Beeinträchtigungen durch Ast- und Laubabfall auf sein Grundstück stellen sich nicht als unzumutbare Beeinträchtigungen von Bestand oder Nutzbarkeit seines Grundstücks oder eines darauf stehenden Gebäudes im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchV dar.

Zur Bestimmung dessen, was der Betroffene noch hinzunehmen hat, lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen treffen. Regelmäßig wird eine unzumutbare Beeinträchtigung aber nur dann angenommen werden können, wenn die von dem geschützten Baum ausgehenden Immissionen oder sonstigen Auswirkungen nach Art und Intensität die Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks erheblich beeinträchtigen. Die Beeinträchtigungen müssen deutlich über das Maß bloßer Belästigungen hinausgehen. Beachtlich sind weiter nur solche Beeinträchtigungen, deren potentiell die Wesentlichkeitsschwelle überschreitenden Folgewirkungen nicht mit Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Insoweit können dem Betroffen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aber keine unverhältnismäßig hohen finanziellen Opfer abverlangt werden (vgl. dazu OVG Berlin, U. v. 16.8.1996 - 2 B 26.93 - juris und NVwZ-RR 1997, 530 m. w. N.). Grundsätzlich gehören die typischen Baumemissionen - also insbesondere der Laub- und Nadelfall, das Herabfallen von Früchten, Samen und auch kleineren Ästen - zu den Einwirkungen, die grundsätzlich hinzunehmen sind, da sie sich allenfalls als Belästigungen darstellen (VGH BW v. 02.10.1996 a. a. O.; Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Abschnitt E, Naturschutz, Rn. 429 m. w. N.). Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen vergleichsweise immissionsträchtigen Baum handelt und daher die Reinigung des Grundstücks einen nicht unerheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert.

Das Vorbringen des Klägers, wonach insbesondere im Spätsommer und im Herbst größere Mengen von Laub auf sein Grundstück fallen würden, stellen für sich alleine unzweifelhaft noch nicht die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung dar, da der Laubabfall im Spätsommer/Herbst eine normale jahreszeittypische Reaktion des Baumes darstellt.

Abgesehen davon werden die angeführten Beeinträchtigungen und Belästigungen durch die mit Bescheid vom ... Juli 2014 zugelassenen Einkürzung von Kronenteilen des grenzseitigen Überhanges um 2 m im Schwachastbereich bis zu einem Durchmesser von maximal 5 cm deutlich relativiert. Wie die Beklagte zurecht ausführt, ist gerade der Schwachastbereich am stärksten belaubt, so dass durch den zugelassenen Rückschnitt eine erhebliche Entlastung hinsichtlich des Laubabfalles erfolgt.

Das Gleiche gilt auch hinsichtlich des von der Klagepartei beanstandeten Ast-(Totholz-)Abwurfs. Durch eine entsprechende (genehmigungsfreie) Baumpflege im Nachgang zu dem mit Bescheid vom ... Juli 2014 genehmigten Rückschnitt sind nach Überzeugung des Gerichts vergleichbare Schadensfälle durch herabfallende Äste wie die aus den Jahren 2012 und 2013 beschriebenen, nicht mehr zu befürchten.

Der Umstand, dass der Kläger die weiterhin - wenn auch durch den Rückschnitt sowie eine entsprechende Baumpflege in deutlich geringerem Maße - erforderlichen Reinigungsarbeiten möglicherweise gesundheitsbedingt nicht mehr in vollem Umfang selbst durchführen kann und auf die Hilfe Dritter angewiesen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchV nur Beeinträchtigungen der objektiven Nutzbarkeit eines Grundstückes erfasst. Die Berücksichtigung subjektiver, in der Person des Betroffenen liegender Umstände ist dem Naturschutzrecht fremd und würde letztlich die gesetzliche Schutzintention unterlaufen (vgl. OVG Saarland, B. v. 27.04.2009 - 2 A 286/09 - juris und NUR 2009, 428; st. Rspr. der erkennenden Kammer, vgl. VG München, U. v. 9.6.2008 - M 8 K 07.5646 - juris und v. 22.3.2010 - M 8 K 09.690 - nicht veröffentlich; U. v. 07.05.2012 - M 8 K 11.957 - juris Rn. 40).

3.2 Hinsichtlich der vom Kläger angeführten, nach seiner Auffassung unzumutbaren Verschattung seiner Wohnung sowie des von ihm genutzten Grundstücks ist festzustellen, dass die Rechtsprechung grundsätzlich hohe Anforderungen an die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung durch Verschattung geschützter Bäume stellt (VGH BW v. 2.10.1996 a. a. O.). Bezüglich einer baumbedingten Verschattung ist von einer Unzumutbarkeit jedenfalls dann auszugehen, wenn in der betroffenen Wohnung überhaupt kein ausreichend besonnter Aufenthaltsraum mehr vorhanden ist und durchgehend künstliches Licht notwendig ist (vgl. VGH BW v. 2.10.1996 a. a. O.; VG München, U. v. 19.11.2012 - M 8 K 11.5128 - juris Rn. 30 ff., und U. v. 14.10.2013 - M 8 K 12.5892 - juris).

Nachdem beim Augenschein getroffenen Feststellungen wird die erdgeschossige klägerische Wohnung zwar nicht optimal belichtet. Zum Zeitpunkt des Augenscheins (ca. 9.15 Uhr) war aber das Lesen von Dokumenten oder Büchern im südlichen (gartennahen) Bereich des Wohnzimmers ohne künstliche Beleuchtung durchaus möglich. Abgesehen davon, dass zum Zeitpunkt des Augenscheines nicht die optimalste, tageslaufabhängige Belichtungssituation gegeben war, fällt hier entscheidungserheblich ins Gewicht, dass für die zweifellos nicht sehr günstige Belichtungssituation der klägerischen Wohnung der streitgegenständliche Baum nicht im Wesentlichen mitbestimmend, geschweige denn ausschließlich ursächlich ist. Wie beim Augenschein festgestellt, verschatten eine ganze Reihe (noch) nicht geschützter Bäume mit einer nicht unerheblichen Höhe das klägerische Grundstück. Die dem streitgegenständlichen Baum benachbarten 3 Ahornbäume - deren Stammumfang in 1 m Höhe offensichtlich keine 80 cm aufweist - weisen nahezu die gleiche Höhe wie die streitgegenständliche Esche auf und wachsen mit ihrem Kronenbereich von unten massiv in den der Esche hinein, so dass sich durch die Beseitigung der streitgegenständlichen Esche der Lichteinfall zum klägerischen Gebäude/Grundstück nicht entscheidend verbessern würde; vor allem aber würde eine etwaige Verbesserung aufgrund der festgestellten Größe der Bäume sowie deren Kronenwuchs allenfalls vorübergehender Natur sein. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Lichteinfall - wie beim Augenschein festgestellt werden konnte - im Osten durch eine nicht unerhebliche Anzahl von großen und dicht belaubten Bäumen auf den benachbarten Grundstücken sowie zwei eben solchen Bäumen und in der südöstlichen und südwestlichen Grundstücksecke des Anwesens ...str. 21/21 a behindert wird. Weiterhin verschatten das Gebäude ...str. 15 d selbst sowie - die schon angeführten - nicht geschützten Ahorne und weitere große Bäume - darunter ein neu angepflanzter Spalierbaum mit 7 m Höhe - entlang der nördlichen Grundstücksgrenze der ...str. 15 a-d im Süden und der massive Gebäuderiegel ...str. 8 a - c mit dem in der Nord-West-Ecke des Grundstücks stehenden 17 m hohen Walnussbaum das Anwesen des Klägers.

Aufgrund der vorgefundenen Bau- und Baumsituation rund um die klägerische Wohnung, ist festzustellen, dass eine Beseitigung des streitgegenständlichen Baumes die Verschattungssituation der klägerischen Wohnung/des zugeordneten Grundstücksbereiches - die sich zumindest am Rande der Zumutbarkeit bewegt - spürbar weder gegenwärtig geschweige denn auf absehbare Zeit verbessern würde. Vielmehr ergaben die Eindrücke und Feststellungen beim Augenschein, dass eine solche Verbesserung wesentlich nachhaltiger durch ein Auslichten der nördlichen Grundstücksgrenze der ...str. 15 d durch die Beseitigung nicht geschützter Bäume und Büsche erzielt werden könnte.

4. Die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 5 Abs. 3 BaumSchVO i. V. m. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG liegen aufgrund der unter Ziff. 3. getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht vor.

5. Da sich eine unzumutbare Beeinträchtigung entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchVO durch die streitgegenständliche Esche nicht feststellen lässt und weder die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 BaumSchVO noch des § 5 Abs. 3 BaumSchVO i. V. m. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG erfüllt sind, war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 2.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.