Die Klage richtet sich gegen die Zulassung von Ausnahmen von den Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung für die Durchführung einer Spülbohrung.
Das Staatliche Bauamt Weilheim (Staatliches Bauamt) lässt derzeit die mit bestandskräftigem Beschluss vom 15. Februar 2010 planfestgestellte Ortsumfahrung W. der Staats Straße 2068 bauen. Die Neubaustrecke verläuft teilweise durch die weitere Schutzzone des mit Verordnung vom 21. Dezember 2000 für den Brunnen III der Gemeinde W. festgesetzten Wasserschutzgebiets „…“. Auf dieser Teilstrecke unterquert die im Bau befindliche Ortsumfahrung eine Bahnlinie. Im Bereich der Unterführung wurde anlässlich der Straßenbauarbeiten ein parallel zur Bahnstrecke verlegter Kabelstrang der Telekom mittels einer Spülbohrung unter die künftige Fahrbahn verlegt.
Am 7. Mai 2015 hatte die Firma S. im Auftrag des Staatlichen Bauamts die wasserrechtliche Gestattung für die Durchführung der Spülbohrung beantragt. In dem Antrag wird unter „Systembeschreibung“ angegeben: „Horizontal-Spülbohrsystem, auf ca. 125 lfm Düker/Tiefe ca. 15 mauf 20 m Länge/Bohrspülung besteht aus Wasser mit Bentonit“. Auf einem beigefügten Lageplan wird eine Teilstrecke der Spülbohrung (nämlich die am tiefsten liegende) auf dem Grundstück FlNr. 702 der Gemarkung … dargestellt.
Das vom Landratsamt Starnberg (Landratsamt) angehörte gemeinsame Kommunalunternehmen ..., dem die Gemeinde W. mit Wirkung vom 1. Januar 2010 die Aufgabe Wasserversorgung für ihr Gemeindegebiet übertragen hatte, nahm mit Schreiben vom 22. Mai 2015 zu dem Antrag Stellung. Zum Schutz des Grundwassers sei die Verlegung der Kabel im offenen Graben vorzuziehen, die Eingriffstiefe würde sich dadurch deutlich reduzieren, wodurch ein besserer Schutz für das Grundwasser verbleibe. Sofern dies nicht möglich sei, könne einer Ausnahmegenehmigung zur Durchführung einer Spülbohrung zugestimmt werden, wenn verschiedene (im Einzelnen benannte) Auflagen eingehalten werden würden. Mit E-Mail vom 2. Juni 2015 äußerte das … unter Hinweis auf eine beigefügte hydrogeologische Stellungnahme vom gleichen Tag ergänzend, die zwischen dem Grundwasservorkommen und dem vorliegenden Schichtwasservorkommen liegende Moränenlage dürfe nicht verletzt werden, der Horizont bei ca. 580 mü. NN sei nicht zu unterschreiten, bei einer Geländehöhe von ca. 590 mü. NN. bedeute dies eine maximale Bohrtiefe von 10 munter Gelände; sollte die Umlegung der Kabel nur durch eine Spülbohrung möglich sein, seien die vorgenannten und die in der Stellungnahme vom 22. Mai 2015 genannten Vorgaben einzuhalten.
Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim nahm unter dem 22. Mai 2015 zu dem Vorhaben Stellung. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht stelle die Kabelverlegung im Vergleich zur offenen Bauweise eine deutlich geringere Gefährdung für das Grundwasser und demgemäß für den ca. 900 mentfernten Brunnen „…“ dar. Sofern die Bohrung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik durchgeführt werde, sei eine Beeinträchtigung des Grundwassers nicht zu besorgen, weshalb aus wasserwirtschaftlicher Sicht unter Beachtung verschiedener (im Einzelnen benannter) Auflagen eine Befreiung von der Schutzgebietsverordnung befürwortet werden könne. Das Gesundheitsamt stimmte dem Vorhaben ebenfalls am 22. Mai 2015 zu.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2015 erteilte das Landratsamt dem Freistaat Bayern unter mehreren Inhalts- und Nebenbestimmungen die Ausnahme von den Verboten in § 3 Abs. 1 Ziffer 2.1, 2.2 und 5.12 der Wasserschutzgebietsverordnung, nämlich von den Verboten, unter anderem in der weiteren Schutzzone Aufschlüsse und Veränderungen der Erdoberfläche vorzunehmen, Erdaufschlüsse wieder zu verfüllen und Bohrungen durchzuführen. Die Ausnahmegenehmigung diene der Durchführung einer Spülbohrung auf dem Grundstück FlNr. 702, Gemarkung … Nach Nr. 4.1 der Inhalts- und Nebenbestimmungen darf die Bohrung ein Höhenniveau von 580,7 mü. NN nicht unterschreiten und ist eine maximale Bohrtiefe von 10 mbei einer Geländehöhe von ca. 590 mü. NN zulässig.
In der Folgezeit wurden für die Spülbohrung eine Start- und eine Zielgrube mit je ca. 1,80 m Tiefe ausgehoben. Die am 15. Juni 2015 begonnene Spülbohrung wurde nach Mitteilung der ausführenden Firma nach etwa 5 meingestellt, weil die drahtlose Ortung des Bohrkopfes durch die Oberleitung der S-Bahn gestört wurde. Vom 22. bis 25. Juni 2015 wurde die Spülbohrung mit einer kabelgeführten Ortung durchgeführt. Nach dem von der ausführenden Firma erstellten Bohrprotokoll wurde dabei eine maximale Tiefe von 10 merreicht. Anschließend wurden das Leerrohr und in dieses die Telekommunikationsleitungen eingezogen sowie die Start- und Zielgrube wieder verschlossen.
Am 22. Juni 2015 erhob die Gemeinde W. Klage wegen des Ausnahmegenehmigungsbescheids vom 3. Juni 2015, wobei hinsichtlich Antragstellung und Klagebegründung auf einen späteren Schriftsatz verwiesen wurde.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2015 ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung der Ausnahmegenehmigung an.
Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2016 wurde die Aufhebung des Bescheids vom 3. Juni 2015 beantragt und zur Begründung auf die Klagebegründung des … Bezug genommen. Das gemeinsame Kommunalunternehmen hatte am 3. Juli 2015 Klage gegen den Ausnahmegenehmigungsbescheid vom 3. Juni 2015 erhoben (Az: M 2 K 15.2774), wobei zunächst nur Akteneinsicht beantragt worden war. Mit weiterem Schriftsatz vom 10. September 2015 hatte das Unternehmen die Aufhebung dieses Bescheids beantragt. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf eine beigefügte geotechnische hydrogeologische Stellungnahme vom 10. Juli 2015 unter anderem ausgeführt: Der Bescheid sei rechtswidrig; die Durchführung der Spülbohrung sei auf dem unzutreffenden Grundstück FlNr. 702 zugelassen worden, während sie tatsächlich auf dem Grundstück FlNr. 281/2 der Gemarkung … durchgeführt worden sei; abweichend vom Genehmigungsantrag sei eine maximale Bohrtiefe von 10 mverfügt worden; es sei eine unzutreffende Geländehöhe zugrunde gelegt worden; der angeführte Bescheid verstoße gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 15. Februar 2010 in Verbindung mit der Wasserschutzgebietsverordnung und den Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag); der Bescheid berücksichtige nicht, dass neben der Zielgrube eine 3000 m2 große Deponie- und Altlastenfläche bestehe; der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil selbst bei einer maximalen Bohrtiefe von 10 mdas obere Grundwasserstockwerk angeschnitten werde und weil die zugelassene maximale Bohrtiefe von 10 mnicht eingehalten werden konnte und tatsächlich tiefer als 10 mgebohrt worden sei. Dem Kläger stehe auch ein Abwehrrecht gegen die Ausnahmegenehmigung zu, nach aktueller obergerichtlicher Rechtsprechung werde er von dieser nicht nur reflexartig betroffen. Bei einer Verunreinigung der Trinkwasserversorgung würden dem Kläger Schäden in Millionenhöhe entstehen, die ihm vom Vorhabenträger zu ersetzen seien. Zur Begründung der Klage der Gemeinde W. wurde zudem ausgeführt, dass sich die Klägerin trotz der Übertragung der Wasserversorgung auf das gemeinsame Kommunalunternehmen ihrer Verantwortung für diese Aufgabe nicht völlig begeben habe, was sich unter anderem aus der Gewährträgerschaft der Gemeinde nach Art. 89 Abs. 4 GO ergebe.
In der mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 2016 beantragte die Klägerin:
I.
Der Ausnahmegenehmigungsbescheid des Landratsamts Starnberg vom 3. Juni 2015 wird aufgehoben:
II.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass der Ausnahmegenehmigungsbescheid vom 3. Juni 2015 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragte
Klageabweisung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (M 2 K 15.2595 und M 2 K 15.2774) und die vom Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
1. Die Anfechtungsklage (Klageantrag I.) ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
a) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Gemeinde W., die ihre mit der Wasserversorgung (Art. 83 Abs. 1 der Verfassung, Art. 7 Abs. 1 GO) verbundenen Aufgaben und Befugnisse auf das gemeinsame Kommunalunternehmen … ausgegliedert und übertragen hat (Art. 89 Abs. 2 GO, Art. 49 Abs. 1 KommZG, § 1 Abs. 2 Buchstabe qder Unternehmenssatzung), eine etwaige Verletzung eigener Rechte im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen kann. Selbst wenn angenommen wird, dass die Klägerin trotz der Übertragung dieser Pflichtaufgabe im Hinblick auf ihre gesetzliche Gewährträgerschaft nach Art. 89 Abs. 4 GO noch (gesamtschuldnerisch, Art. 50 Abs. 5 KommZG) für Verbindlichkeiten des gemeinsamen Kommunalunternehmens in Anspruch genommen werden könnte, und wenn darüber hinaus angenommen wird, dass der Träger der Wasserversorgung durch die Zulassung von Ausnahmen von den Verboten einer Schutzgebietsverordnung nicht nur reflexartig betroffen ist (zweifelnd BayVGH, B.v. 20.2.2015 - 8 CS 14.2591 - juris Rn. 12), ist die Klage unzulässig, weil für sie kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
b) Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist ungeschriebene Voraussetzung für die Inanspruchnahme jedes Gerichts, für eine unnötige Ausübung von Klagemöglichkeiten brauchen die Gerichte nicht zur Verfügung zu stehen. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere auch für Klagen, deren Erfolg die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern würde. Keine Verbesserung seiner Rechtsstellung bringt es, wenn der Kläger die Aufhebung eines erledigten oder irreversibel vollzogenen Verwaltungsakts begehrt (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor §§ 40 bis 53 Rn. 11, 16), wenn die Aufhebung des Verwaltungsakts sinnlos ist (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015 § 113 Rn. 102).
Dies ist hier der Fall. Es ist nicht ersichtlich, welchen Vorteil eine etwaige Aufhebung des Bescheids vom 3. Juni 2015 für die Klägerin hätte. Dieser Bescheid lässt als Ausnahmen von den in § 3 Abs. 1 Nr. 2.1, 2.2 und 5.12 normierten Verboten der Schutzgebietsschutzverordnung vom 21. Dezember 2000 nur (einmalig) die Vornahme von Erdaufschlüssen, die Durchführung der Spülbohrung für die Verlegung des Leerrohrs und die Wiederverfüllung der dafür vorgenommenen Erdaufschlüsse zu. Weitere Ausnahmen von den im Wasserschutzgebiet geltenden Verboten lässt der Bescheid nicht zu, insbesondere regelt er auch nicht einen Dauerzustand oder wiederholte Handlungen. Die ausnahmsweise zugelassenen Arbeiten waren nach Angaben der bauausführenden Firma am 25. Juni 2015 und nach Angaben des Staatlichen Bauamts wohl Ende Juni 2015 beendet, jedenfalls sei auf einem am 8. Juli 2015 aufgenommenen Lichtbild zu sehen, dass die Gruben wieder verschlossen wurden. Die mit dem Bescheid vom 3. Juni 2015 zugelassenen Maßnahmen lassen sich nicht wieder rückgängig machen. Es ist nicht ersichtlich, dass an diesen Bescheid noch irgendwelche für die Klägerin nachteiligen rechtlichen Folgen geknüpft werden können und ein Erfolg der Anfechtungsklage für die Klägerin irgendeinen Vorteil hätte, dass sich also ihre rechtliche oder tatsächliche Position in irgendeiner Weise verbessern würde. Damit ist die Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 3. Juni 2015 im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nutzlos und mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
2. Der hilfsweise gestellte Antrag, gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO die Rechtswidrigkeit des Ausnahmezulassungsbescheids vom 3. Juni 2015 festzustellen, ist ebenfalls unzulässig, da die Klägerin kein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung darlegen konnte.
Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Klage bei Eintritt des erledigenden Ereignisses, nämlich bei Abschluss der ausnahmsweise zugelassenen Tätigkeiten, noch nicht begründet und noch nicht einmal ein Sachantrag, sondern nur ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt war, das gerichtliche Verfahren also noch gar nicht richtig in Gang gekommen war (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 64, 83). Es fehlt jedoch aus anderen Gründen am Feststellungsinteresse.
Hat sich bei einer Anfechtungsklage der angefochtene Verwaltungsakt - wie hier - nach Erhebung der Anfechtungsklage erledigt, spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Für das Feststellungsinteresse genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Erforderlich ist jedoch, dass das Sachurteil in irgendeiner Weise geeignet ist, die Position des Klägers in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht konkret zu verbessern. Andernfalls erweist sich die Inanspruchnahme des Gerichts als unnütz und ist der Fortsetzungsfeststellungsantrag als unzulässig abzuweisen (Schmidt a.a.O. Rn. 83; Kopp/Schenke, a.a.O. § 113 Rn. 129 f., 135). Die Darlegung der Umstände, aus denen sich das Fortsetzungsfeststel-lungsinteresse ergibt, obliegt der Klägerseite (Schmidt a.a.O. Rn. 85). Zu bejahen ist dieses Interesse regelmäßig in den Fällen, in denen eine Wiederholungsgefahr besteht, ein Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess vorbereitet wer den soll oder bei Vorliegen eines ideellen oder Rehabilitationsinteresses (Schmidt a.a.O.).
Vorliegend hat die Klägerseite kein anzuerkennendes schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der behaupteten Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 3. Juni 2015 dargelegt, insbesondere auch kein Präjudizinteresse. Es ist anerkannt, dass auch die Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses vor den ordentlichen Gerichten ein berechtigtes Interesse für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage begründen kann. Ausreichend, aber auch erforderlich ist die ernstliche Absicht, einen entsprechenden Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Dabei muss der Kläger sein Feststellungsinteresse substantiiert darlegen, insbesondere auch, gegen wen er Klage erheben will und um welchen Schaden es geht (Schmidt a.a.O. Rn. 87). Hier hat die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung nur vage auf eine etwaige Beeinträchtigung des für die Wasserversorgung genutzten Grundwasservorkommens und sich daraus möglicherweise ergebende Konsequenzen verwiesen. Dies reicht nicht für die Begründung eines Feststellungsinteresses, zumal noch nicht einmal Anhaltspunkte für irgendeine Beeinträchtigung des Grundwassers vorliegen und demgemäß auch alle weiteren Voraussetzungen für einen derzeit nur theoretisch denkbaren Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch ungewiss sind.
Auch die Möglichkeit, dass der Beklagte für eine weitere Spülbohrung Ausnahmen von den Verboten der Schutzgebietsverordnung zulassen wird und damit eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht, ist nicht ersichtlich. Ein ideelles (Rehabilitations-) Interesse oder ein sonstiges anerkennenswertes Feststellungsinteresse ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Nach alledem war die Klage im Haupt- und Hilfsantrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.