Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung einer von der Beklagten verfügten Gewerbeuntersagung.

Mit Bescheid vom ... August 2013, am 9. August 2013 zugestellt, wurde dem Kläger die Ausübung des Gewerbes „Groß- und Einzelhandel“ sowie „Im- und Export“ bezüglich näher bezeichneter Waren, „Vermietung von Gastronomiebedarfsartikeln“, Durchführung bestimmter Gütertransporte, „Lieferung von Getränken“, „Vermittlung“ bestimmter Lebensmittel sowie „Blumen und/oder Pflanzen“ als selbstständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe untersagt (Nr. 1). Dem Kläger wurde unter Androhung unmittelbaren Zwangs (Nr. 3) aufgegeben, seine Tätigkeit spätestens einen Tag nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Untersagungsverfügung einzustellen (Nr. 2).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, laut Mitteilung des Finanzamtes ... seien die Einkommenssteuererklärung 2011 und die Umsatzsteuerer-klärungen 2011 und 2012 nicht abgegeben worden. Die Vollstreckung sei im Wesentlichen erfolglos verlaufen. Forderungspfändungen hätten nicht zum Erfolg geführt. Trotz Berichtigung der vorgenommenen Schätzungen würden die Steuerrückstände zum 7. August 2013 noch bei 125.950,32 Euro liegen. Nach Mitteilung des Kassen- und Steueramtes der Beklagten vom ... Mai 2013 habe der Kläger dort Gebührenrückstände einschließlich Mahngebühren und Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt 2.393,69 Euro. Laut Eintragung im Führungszeugnis vom ... Mai 2013 sei der Kläger am ... Februar 2011 vom Amtsgericht ... wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt worden. Laut Eintragung im Gewerbezentralregister vom ... Mai 2013 sei gegen den Kläger am ... April 2012 ein Bußgeld von 2.100,- Euro wegen der Durchführung von Güterkraftverkehr ohne Erlaubnis erlassen worden. Die Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass er seinen Zahlungsverpflichtungen seit Jahren nicht ordnungsgemäß nachkomme. Dabei spiele es keine Rolle, aus welchen Gründen er dies nicht könne oder wolle.

Am 4. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, wegen eines fehlenden Buchhalters sei der Kläger bis ca. Oktober 2012 bezüglich seiner Buchhaltung untätig gewesen. Seitdem bemühe er sich in Abstimmung mit seinem Steuerberater um eine Aufarbeitung im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten. Die Steuerschätzungen des Finanzamtes seien unzulässig hoch gewesen. Mittlerweile lägen geänderte Steuerbescheide vor, gegen die Einsprüche eingelegt worden seien. Auch die korrigierten Bescheide seien als nichtig, zumindest aber als rechtswidrig anzusehen. Der Kläger habe mittlerweile Steuererklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Die tatsächliche Steuerlast betrage laut den vorliegenden Bescheiden nach erfolgter Steueranmeldung nur 5.916,73 Euro. Hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Klägers sei aufgrund seiner Zahlungswilligkeit und des Vorliegens eines Sanierungskonzepts eine positive Prognose möglich. Mit dem Kassen- und Steueramt der Beklagten sei im Juni 2013 eine Ratenzahlung vereinbart worden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom ... August 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde unter anderem vorgetragen, aus einer Stellungnahme des Finanzamtes ... vom ... Januar 2014 würden sich keinerlei Hinweise auf einer steuerlichen Zuverlässigkeit des Klägers ergeben. Nach dieser Stellungnahme liegen für die Umsatzsteuer II bis IV/2012 und I/2013 sowie April bis Juni 2013 Einsprüche gegen die Ablehnung der Nichtigkeitsfeststellung vor, über die noch nicht entschieden wurde. Die Umsatzsteuervoranmeldungen 2013 seien bisher nicht abgegeben worden; es seien daher ab Juli 2013 neue Schätzungen durchgeführt worden. Zahlungen seien seit 1. Oktober 2013 in Höhe von 7.077,92 Euro eingegangen. Aktuell bestünden Steuerrückstände in Höhe von insgesamt 73.872,94 Euro einschließlich Säumniszuschläge.

Mit Beschluss vom 13. März 2014 wurde der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 7. November 2014 und die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom ... August 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers i. S. d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ausgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender dann gewerberechtlich unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergeben (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146/80 - juris; BVerwG, B. v. 19.1.1994 - 1 B 5/94 - juris; BVerwG, B. v. 11.11.1996 - 1 B 226/96 - juris; BVerwG, B. v. 5.3.1997 - 1 B 56/97 - juris; BVerwG, B. v. 16.2.1998 - 1 B 26/98- juris).

Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes gemäß § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - juris; BVerwG, B. v. 16.6.1995 - 1 B 83/95 - juris). Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (BayVGH, B. v. 23.10.2012 - 22 ZB 12.888 - juris).

Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Gewerbeuntersagung zu Recht ergangen. Die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers wurde hier auf dessen erhebliche Steuerschulden gestützt. Diese Zahlungsrückstände des Klägers sind sowohl hinsichtlich ihrer Höhe als auch hinsichtlich der Zeitdauer, während der der Kläger seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, geeignet, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Frage zu stellen (BayVGH, B. v. 1.3.2012 - 22 ZB 11.2872 - juris Rn. 3).

Zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung betrugen die Zahlungsrückstände des Klägers laut Mitteilung des Finanzamtes ... vom ... Juli 2013 insgesamt 125.950,32 Euro. Die ausstehenden Umsatzsteuervoranmeldungen waren zum damaligen Zeitpunkt nicht abgegeben gewesen. Die Korrektur der Steuerfestsetzung mit mehreren Bescheiden jeweils vom ... Oktober 2013 erfolgte erst nach der Gewerbeuntersagung und ist damit hier nicht maßgeblich.

Die Beklagte musste bei ihrer Entscheidung von den Ansprüchen des Finanzamtes ... gegenüber dem Kläger unabhängig davon ausgehen, dass der Steuerfestsetzung teilweise Schätzungen zugrunde lagen. Der Umstand, dass Steuerschulden auf Schätzungen beruhen, weil Steuererklärungen und Steueranmeldungen pflichtwidrig nicht rechtzeitig eingereicht wurden, ändert nichts an ihrer Verwertbarkeit im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren (BVerwG, B. v. 25.10.1996 - 1 B 214/96 - juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 5.6.2014 - 22 C 14.971 - juris Rn. 14).

Gleiches gilt für die von dem Kläger behauptete Nichtigkeit bestimmter Steuerbescheide gemäß § 125 AO. Verlässt eine überzogene Steuerschätzung den gesetzlichen Schätzrahmen, hat dies nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. U. v. 1.10.1992 - IV R 34/90 - juris Rn. 17) die Rechtswidrigkeit der Schätzung, nicht aber bereits ihre Nichtigkeit zur Folge. Nichtigkeit ist demnach selbst bei groben Schätzungsfehlern nicht anzunehmen, die auf einer Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten oder der wirtschaftlichen Zusammenhänge beruhen. Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn sich das Finanzamt nicht an den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen orientiert, sondern bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen geschätzt hat.

Im Gewerbeuntersagungsverfahren kann grundsätzlich nicht eingewandt werden, dass Steuerbescheide nichtig seien, solange die Nichtigkeit nicht gemäß § 125 Abs. 5 AO festgestellt wurde. Die für die Entscheidung über die Gewerbeuntersagung zuständige Behörde kann bereits die Umstände der Steuerschätzung nicht im Einzelnen beurteilen und wäre damit außer Stande, die Frage der Nichtigkeit eigenständig zu klären. Der Gewerbetreibende kann gegebenenfalls einen Antrag auf Nichtigkeitsfeststellung nach § 125 Abs. 5 AO bei den Finanzbehörden stellen. Durch eine zeitnahe Erhebung von Einwänden gegen die Steuerbescheide sowie die Abgabe von Steuererklärungen und -anmeldungen kann er gegebenenfalls eine Korrektur der Steuerbescheide erreichen.

Hier hat die Beklagte dem Kläger noch Gelegenheit eingeräumt, seine steuerlichen Angelegenheiten zu klären und das Gewerbeuntersagungsverfahren laut Schreiben an das Finanzamt ... vom ... Juni 2013 zunächst ausgesetzt. Der Kläger ist jedoch erstmals mit Schreiben vom ... Juni 2013 an das Finanzamt ... mit dem Ziel einer Korrektur der Umsatzsteuerschuld herangetreten; die Einspruchsfrist bezüglich der Mehrzahl der Steuerbescheide war bereits verstrichen. Umsatzsteuervoranmeldungen waren weiterhin nicht abgegeben worden. Es war zu diesem Zeitpunkt völlig offen, wann mit einer abschließenden Klärung bezüglich der vom Kläger beanspruchten Korrekturen zu rechnen war. Es ist nachvollziehbar, dass die Beklagte das Verfahren angesichts dieser Sachlage und der Mitteilung des Finanzamts ... vom ... Juli 2013 fortgeführt hat.

Hinzu kommt, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum seiner Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen und -voranmeldungen nicht nachgekommen ist. Auch sprechen die weiteren Zahlungsrückstände bei dem Finanzamt ... bezüglich Einkommens- und Lohnsteuer und die nach Mitteilung des Finanzamts ... vom ... Mai 2013 erfolglosen Forderungspfändungen für eine fehlende Zahlungsfähigkeit bzw. Zahlungswilligkeit des Klägers.

Eine positive Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Klägers würde voraussetzen, dass er auch im Hinblick auf die bereits entstandenen Zahlungsverpflichtungen ein nachvollziehbares und tragfähiges Sanierungskonzept vorlegen würde, das einen Abbau der bisherigen Schulden erwarten lässt (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 22 ZB 13.1102 - juris, Rn. 18). Dies wird hier zunächst voraussetzen, dass der Kläger eine abschließende Klärung über die Höhe der Steuerschulden herbeiführt. Auf dieser Grundlage müsste der Kläger dann darlegen, inwieweit mit einer zeitnahen geordneten Rückführung dieser Zahlungsrückstände gerechnet werden könnte.

Da nach Angaben des Finanzamtes ...n die Steuerschulden des Klägers zum 29. Oktober 2014 auf 101.662,33 Euro wieder erheblich angestiegen sind und der Kläger die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Festsetzungen in Zweifel zieht würde es derzeit an der Entscheidungsgrundlage hinsichtlich einer Wiedergestattung der Gewerbeausübung nach § 35 Abs. 6 GewO fehlen.

Die dem Kläger eingeräumte Abwicklungsfrist sowie die damit verbundene Zwangsmittelandrohung begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 6


(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

Gewerbeordnung - GewO | § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit


(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez

Abgabenordnung - AO 1977 | § 125 Nichtigkeit des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2014 - 22 C 14.971

bei uns veröffentlicht am 05.06.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe I. Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage gegen einen Beschei

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(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine Anfechtungsklage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 6. November 2013, mit welchem ihm die Gewerbeausübung wegen Unzuverlässigkeit infolge Überschuldung und Verletzung steuerlicher Pflichten untersagt worden ist. Nach behördlichen Feststellungen hatte der Kläger zum 4. November 2013 Steuerrückstände in Höhe von 37.088,98 Euro aus seiner Gewerbetätigkeit und seit dem Jahr 2010 weder Steuererklärungen abgegeben noch Zahlungen geleistet.

Die vom Kläger begehrte Prozesskostenhilfe hat ihm das Verwaltungsgericht zunächst mit Beschluss vom 13. November 2013 mangels hinreichender Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung versagt. In der mündlichen Verhandlung am 8. April 2014 übergab der Klägerbevollmächtigte Steuererklärungen für die Jahre 2011 und 2012 und erklärte, auch Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis März 2013 abgegeben zu haben. Der Kläger könne für das Jahr 2011 mit etwa 5.000 Euro Rückerstattung von Umsatzsteuer rechnen. Der Beklagtenvertreter verwies darauf, die Steuerrückstände des Klägers seien bis zum 2. April 2014 auf 48.985,41 Euro gestiegen, ohne dass er Zahlungen geleistet oder Steuererklärungen abgegeben habe. Schließlich schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung einen Vergleich, wonach der Kläger seine Klage zurücknahm und die Beklagte dem Kläger zusagte, bis zum 30. Juni 2014 nicht aus dem Bescheid zu vollstrecken, um ihm eine Antragstellung für eine Wiedergestattung zu erleichtern.

Der Kläger beantragte anschließend erneut die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die das Verwaltungsgericht erneut versagte. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der geltend macht, die Klage habe hinreichende Erfolgsaussichten gehabt, wie der Vergleich zeige. Die Prognose seiner Unzuverlässigkeit habe sich in der mündlichen Verhandlung als offen dargestellt, denn er habe die geforderten Steuererklärungen vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Es kann dahinstehen, ob auf den nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens in der mündlichen Verhandlung am 8. April 2014 gestellten Antrag des Klägers hin überhaupt noch rückwirkend Prozesskostenhilfe gewährt werden konnte.

Grundsätzlich kann Prozesskostenhilfe nur für die Zukunft gewährt werden, also nicht rückwirkend für ein - wie hier durch Vergleich nach § 106 Satz 1 VwGO (vgl. Aschke in: Gärditz, VwGO, 1. Auflage 2014, § 106 Rn. 3) bzw. die Klagerücknahme des Klägers nach § 92 Abs. 1 Satz 1 VwGO - bereits abgeschlossenes Verfahren. Eine Ausnahme besteht, soweit ein Antragsteller den Antrag auf Prozesskostenhilfe während des Verfahrens gestellt hat, dieser aber nicht beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hat (vgl. BVerwG, B.v. 3.3.1998 - 1 PKH 3/98 - juris Rn. 2 m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall, weil das Verwaltungsgericht den ersten Antrag verbeschieden hatte und die zweite Antragstellung erst nach Prozessbeendigung erfolgte (vgl. Niederschrift vom 8.4.2014, VG-Akte Bl. 65), also zu einem Zeitpunkt, als die Rechtsverfolgung schon deswegen keine Erfolgsaussichten mehr bot.

Es kann dahinstehen, ob der zweite Antrag des Klägers als bloßer Änderungsantrag zum Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. November 2013 anzusehen ist und - da die Versagung der Prozesskostenhilfe keine materielle Rechtskraft erlangt (vgl. Orth in: Gärditz, a. a. O., § 166 Rn. 50) - möglicherweise nicht vom Ausschluss rückwirkender Gewährung von Prozesskostenhilfe erfasst wird. In der Sache jedenfalls bot die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg:

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung ist grundsätzlich nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags. Dieser ändert aber nichts am für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses, der hier früher liegt und die spätere Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe insoweit materiell-rechtlich determiniert.

Bei einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, so dass nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B.v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115).

2.1. Die Untersagung des Gewerbes „Vermittlung von Aufträgen und Geschäftsbeziehungen im Handwerksbereich“ begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Im für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses war der Kläger gewerberechtlich unzuverlässig.

a) Soweit der Kläger kurz vor dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Steuererklärungen vorbereitet hatte, müssen diese wegen des für die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 35 Abs. 1 GewO maßgeblichen und früheren Beurteilungszeitpunkts des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 -1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.) außer Betracht bleiben.

b) Dass die vom Kläger geschuldeten Beträge aufgrund seiner Pflichtverletzungen lediglich geschätzt wurden, steht ihrer Verwertbarkeit nicht entgegen.

Auch etwa zu hoch geschätzte Steuerbeträge ändern nichts an der darauf gestützten Unzuverlässigkeitsprognose. Es ist anerkannt, dass Steuerschulden, die auf Schätzungen beruhen, weil die Steuererklärungen und Steueranmeldungen pflichtwidrig nicht rechtzeitig eingereicht wurden, nichts an ihrer Verwertbarkeit im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren ändern (vgl. BVerwG, B.v. 29.1.1988 - 1 B 164.87 - GewArch 1988, 162/163; BVerwG, B.v. 22.6.1994 - 1 B 114.94 - GewArch 1995, 111; BayVGH, B.v. 14.2.2012 - 22 ZB 11.2464 - Rn. 23 m. w. N.; BayVGH, B.v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803/804).

So liegt es hier. Da der Kläger über Jahre seinen Steuererklärungspflichten nicht nachgekommen ist, hatte das Finanzamt zu Recht seine Steuerschuld geschätzt. Die sich daraus ergebenden Beträge waren dem Gewerbeuntersagungsverfahren ohne Weiteres zugrunde zu legen. Später entstandene Ansprüche auf Steuerrückzahlungen oder Reduzierung der Steuerhöhe spielen aus den angeführten Gründen sowie zeitlich keine Rolle.

c) Der in der mündlichen Verhandlung am 8. April 2014 geschlossene Vergleich ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung.

Dies ergibt sich zum Einen aus dem Vergleichsinhalt, wonach der Kläger seine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 6. November 2013 zurücknahm und die Gewerbeuntersagung bestandskräftig werden ließ. Zum Anderen ist für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses abzustellen, zu dem sich der Kläger als unzuverlässig erwiesen hatte. Zum Dritten ergibt sich dies aus dem Vergleichszweck, ihm lediglich eine Antragstellung auf Wiedergestattung zu erleichtern, die Gewerbeuntersagung davon aber unberührt zu lassen.

2.2. 3. Auch die erweiterte Gewerbeuntersagung begegnet entgegen der Auffassung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken.

a) Angesichts der Höhe der aufgelaufenen Steuerschulden ist die Gewerbeuntersagung als gerechtfertigt anzusehen.

Insofern bedarf die erweiterte Gewerbeuntersagung selbst bei vergleichsweise niedrigen Steuerschulden, zu denen der hier aufgelaufene Steuerrückstand von über 37.000 Euro in Relation zur geringen Größe des Unternehmens des Klägers nicht zählt, keiner besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes (vgl. BayVGH, B.v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - Rn. 7). Dass die Voraussetzungen für die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO wegen Nichtentrichtung fälliger Steuern und fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorliegen, ist nach dem Vorstehenden nicht zweifelhaft.

b) Auch bedarf die erweiterte Gewerbeuntersagung keiner zusätzlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene nach der Untersagung des ausgeübten Gewerbes in ein anderes Gewerbe ausweichen wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B.v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785 - Rn. 14) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist - wie hier - bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen unzweifelhaft gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist deshalb unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B.v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B.v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - Rn. 33; BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 14). Für solche besonderen Umstände fehlen vorliegend jegliche Anhaltspunkte.

c) Schließlich ist die erweiterte Gewerbeuntersagung auch nicht unverhältnismäßig.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (BVerwG, B.v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - GewArch 1995, 114; BVerwG, B.v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - GewArch 1995, 114). Auch in Bezug auf die erweiterte Gewerbeuntersagung ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich im Einklang steht (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - GewArch 1993, 155 m. w. N.; BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 15). Hier sind die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls nicht gegeben. Anhaltspunkte, dass die bei der erweiterten Gewerbeuntersagung gebotene Ermessensausübung aus anderen Gründen fehlerhaft wäre, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.