Verwaltungsgericht München Urteil, 31. Juli 2014 - 11 K 13.5572

published on 31/07/2014 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 31. Juli 2014 - 11 K 13.5572
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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine vom Beklagten mit Bescheid vom ... November 2013 verfügte Baueinstellung hinsichtlich des Ausbaus einer genehmigten Doppelgarage zu Wohnzwecken an der Süd-Ost-Seite des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ..., ...weg ... in ...

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ...

Anlässlich zahlreicher Beschwerden von Nachbarn führte das Landratsamt ... (Landratsamt) am 5. November 2013 eine Baukontrolle auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ..., ...weg ... in ... durch. Dabei wurde Folgendes festgestellt (Behördenakte Bl. 647):

„Die Doppelgarage ist nicht als Garage benutzbar (statt Garagentor Fenster und Eingangstüre eingebaut). Die Garage wird zu Wohnzwecken ausgebaut.“

Vor Ort wurde eine mündliche Baueinstellung ausgesprochen.

Mit Bescheid vom ... November 2013, dem Kläger zugestellt am 8. November 2013, verfügte das Landratsamt eine Baueinstellung (Nr. I.) mit Sofortvollzug.

Am 5. November 2013 sei festgestellt worden, dass beim Bauvorhaben auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... von der Baugenehmigung abgewichen worden sei. Abweichend von den genehmigten Plänen für eine Doppelgarage sei ein Ausbau zu Wohnzwecken erfolgt (statt Garagentor seien Fenster und Eingangstüre eingebaut worden). Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 a der Bayerischen Bauordnung (- BayBO -) könne das Landratsamt die Bauarbeiten einstellen, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen werde. Die Planabweichung sei nach Art. 55 ff. BayBO genehmigungspflichtig. Mit der Bauausführung hätte daher erst nach dem Zugang einer Baugenehmigung für das geänderte Vorhaben (Tektur) begonnen werden dürfen (Art. 68 Abs. 5 Nr. 1 BayBO). Eine solche Tekturgenehmigung liege aber nicht vor. Da das Bauvorhaben damit zumindest formell rechtswidrig sei, seien die Voraussetzungen für den Erlass einer Baueinstellung erfüllt. Die Baueinstellung entspreche pflichtgemäßem Ermessen, da die Fortführung rechtswidriger Bauarbeiten und das Schaffen vollendeter Tatsachen verhindert werden solle. Die Baueinstellung bleibe wirksam, bis abschließend geprüft sei, ob die Planabweichung genehmigt werden könne. Bei Genehmigungsfähigkeit könnten die Bauarbeiten erst nach dem Zugang der Tekturgenehmigung fortgesetzt werden.

Am 6. Dezember 2013 erhob der Kläger zur Niederschrift bei der Rechtsantragstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München Klage und beantragte,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom ... November 2013 aufzuheben.

Mit Schreiben datierend vom 21. April 2014 wurde die Klage begründet:

Im Juli 2006 hätten die Nachbarn des Klägers, die das Haus im ...weg ... in ... bewohnen, entlang ihrer Garage bzw. deren Stauraum an der Grundstücksgrenze zum klägerischen Grundstück einen Maschendrahtzaun montiert und ein Blumenbeet angelegt.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 habe der Kläger den Nachbarn zur Beseitigung von Maschendrahtzaun und Blumenbeet eine Frist gesetzt. Das Landratsamt sei bis heute untätig geblieben. Rechtswidrig hätten die Nachbarn ihren Pkw im Stauraumbereich - entgegen dem Baugenehmigungsbescheid vom ... Juni 1988 Ziff. 19, wonach vor der Garage ein Stauraum von 5 m einzuhalten sei, der nicht eingezäunt werden dürfe - abgestellt. Der genehmigte Freiflächenplan gelte für alle 16 Häuser auf der Anlage. Für das Grundstück ...weg ... sei die Einzäunung im Einfahrtsbereich der Garagen nicht zulässig, da es sich hier um einen gemeinsamen Garagenhof für die Garagen ...weg ... und zwei Fertiggaragen für das Haus ...weg ... handele. Durch die Erstellung des Zaunes und des Blumenbeetes sei die Einfahrt in die zwei Fertiggaragen des Klägers - ...weg ... am ...weg zum Weiher sowie in die streitgegenständliche Doppelgarage für das Haus ...weg ... an der Süd-Ost-Ecke - nicht möglich. Durch die Untätigkeit des Beklagten sei die genehmigte streitgegenständliche Doppelgarage nicht als Garage verwendbar und müsse einer anderen Nutzung bzw. Verwendung zugeführt werden. Die Untätigkeit des Beklagten sei nicht gerechtfertigt und die Baueinstellung der Doppelgarage müsse aufgehoben werden. Im Übrigen wird auf das genannte Schreiben Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2014 bestellte sich der Bevollmächtigte des Klägers.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2014 legte der Beklagte die Behördenakten vor, beantragte

Klageabweisung

und erwiderte auf die Klage.

Die streitgegenständliche Garage sei mit Bescheid vom ... Dezember 2004 genehmigt worden. Mit Baukontrolle vom 5. November 2013 sei festgestellt worden, dass abweichend von den genehmigten Plänen für eine Doppelgarage ein Ausbau zu Wohnzwecken erfolgt sei. Hierauf sei mit streitgegenständlichem Bescheid die Einstellung der Bauarbeiten für den Garagenausbau erfolgt. Die Baueinstellung sei stichprobenartig überprüft worden. Mit Baukontrolle vom 9. April 2014 sei festgestellt worden, dass entgegen der Baueinstellungsverfügung weitere Putzarbeiten durchgeführt worden seien. Hierauf habe das Landratsamt mit Bescheid vom ... April 2014 die Versiegelung der Baustelle für die genehmigte Doppelgarage in der südöstlichen Grundstücksecke des Baugrundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... angeordnet.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2014 beantragte die Gemeinde ... die Beiladung zum Verfahren.

Mit Beschluss vom 9. Juli 2014 wurde die Gemeinde ... beigeladen.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2014 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen

Klageabweisung.

Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2014 wurde der Klageabweisungsantrag der Beigeladenen begründet.

Die Baueinstellungsanordnung sei rechtmäßig. Dem Kläger sei durch Baugenehmigung vom ... Dezember 2004 der Bau einer Doppelhaushälfte mit zwei Garagen auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... genehmigt worden. Die Baugenehmigung sei mit der Auflage verbunden gewesen, die erforderlichen zwei Stellplätze durch den Bau der Garage bis zur Bezugsfertigkeit herzustellen unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass diese nicht anderweitig genutzt werden dürfte. Von dieser Genehmigung abweichend habe der Kläger mit der Errichtung einer größeren und unterkellerten Garage begonnen sowie deren Ausbau zu Wohnzwecken vorgenommen. Diese Abweichung führe zur formellen Illegalität des Gesamtvorhabens. Das Grundstück des Klägers liege im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes der Beigeladenen. Dessen Festsetzungen würde durch den von der Genehmigung abweichenden Ausbau der Garage zu Wohnzwecken hinsichtlich der Einhaltung der Geschossflächenzahl und der Baugrenzen widersprochen, so dass die Abweichung auch nicht genehmigungsfähig sei. Der Kläger habe auch keinen entsprechenden Befreiungs- oder Abweichungsantrag gestellt. Die Voraussetzungen für dessen Erteilung lägen im Übrigen auch nicht vor, weil die Grundzüge der Planung berührt seien. Durch die dem qualifizierten Bebauungsplan der Beigeladenen widersprechende Planabweichung werde die Beigeladene in ihrer Planungshoheit verletzt, so dass zu deren Schutz die Baueinstellung durch die Bauaufsichtsbehörde habe erfolgen müssen.

Das Gericht erhob am 31. Juli 2014 Beweis über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... sowie in dessen Umgebung durch Einnahme eines Augenscheines. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift über den Augenschein Bezug genommen.

In der sich anschließenden mündlichen Verhandlung - auf deren Niederschrift verweisen wird - wiederholten die Beteiligten die bereits schriftsätzlich gestellten Anträge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die mit Bescheid vom ... November 2013 verfügte Baueinstellung (Nr. I des Bescheides) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Das Gericht folgt der Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Ergänzend ist noch zu sagen:

Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden. Nach Satz 2 Nr. 2 lit. a) dieser Vorschrift gilt dies auch dann, wenn bei der Ausführung eines genehmigungsbedürftigen Vorhabens von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wird.

Voraussetzung für eine Baueinstellung ist grundsätzlich allein die formelle Illegalität der Bauarbeiten. Eine Abweichung von den genehmigten Bauvorlagen im Sinne von Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. a) BayBO liegt vor.

Mit Bescheid des Landratsamtes vom ... Dezember 2004 ist dem Kläger für das streitgegenständliche Grundstück die bauaufsichtliche Genehmigung für eine Doppelhaushälfte mit zwei Garagen erteilt worden. Aus dem Bescheid sowie aus den genehmigten Plänen ergibt sich zweifelsfrei, dass das hier streitgegenständliche Gebäude in der südöstlichen Ecke des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... als Garage genehmigt wurde. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im gerichtlichen Augenschein steht fest, dass mit den Arbeiten, die Anlass für die Baueinstellung waren, von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen wird. Bereits von außen erkennbar - kein Garagentor, dafür eine Eingangstür und ein Fenster - liegt keine Ausführung des Gebäudes wie genehmigt als Garage vor. Die Arbeiten sind auch noch nicht fertig gestellt.

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die verfügte Baueinstellung liegen daher vor. Das damit eröffnete Ermessen durfte hier wie regelmäßig in Richtung des Erlasses der streitgegenständlichen Einstellungsverfügung ausgeübt werden.

Die Ausführungen in der Klagebegründung vermögen an der Rechtmäßigkeit der Baueinstellung nichts zu ändern. Die Argumentation läuft darauf hinaus, dass der Kläger wegen der Verhältnisse vor Ort - insbesondere wegen des von den Nachbarn errichteten Maschendrahtzaunes - die Garage nicht anfahren und deswegen nicht nutzen könne. Daraus zieht der Kläger offenbar den Schluss, dass - weil er das als Garage genehmigte Gebäude nicht zum genehmigten Zweck nutzen könne - er quasi nur die Möglichkeit habe, das Gebäude einer anderen Nutzung - wohl, wie sich aus den in der Behördenakte befindlichen Fotos (vgl. Bl. 649-654 der Behördenakten), einer Wohnnutzung - zuzuführen.

Aus diesen Umständen lässt sich jedoch nichts herleiten, was die Rechtmäßigkeit der verfügten Baueinstellung in Frage stellen könnte.

Abgesehen davon, dass die Genehmigungsfähigkeit dieses Vorhabens zweifelhaft erscheint, folgt hieraus keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit und nur diese wäre geeignet, die streitgegenständliche Baueinstellung in Frage zu stellen (vgl. hierzu etwa: BayVGH, B. v. 31.7.2000 - 20 ZB 00.1859 -, juris Rn. 3).

Im Übrigen sind die Ausführungen des Klägers dazu, ob ihm die Zufahrt zur streitgegenständlichen Garage durch Maßnahmen seitens der Nachbarn oder der Beigeladenen erschwert bzw. unmöglich gemacht wird, für den Streitgegenstand ohne Belang.

Auch im Übrigen ist der Bescheid vom ... November 2013 nicht zu beanstanden.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO; dass die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Kläger auferlegt werden, entspricht der Billigkeit, da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.