Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Sept. 2018 - M 9 S 18.3803

published on 25/09/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Sept. 2018 - M 9 S 18.3803
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Gericht

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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen einen zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheid.

Betroffen ist eine Wohnung in der H.-Str. 125, DG, Nr. 65 des Aufteilungsplans (vgl. Aufteilungsplan Bl. 4f. der Behördenakte sowie Bl. 1f. für die Galerie). Der Antragsteller ist Mieter dieser Wohneinheit von ca. 121 m², die über drei Zimmer mit Nebenräumen und Galerie verfügt und bauaufsichtlich als Wohnraum genehmigt wurde (vgl. die genehmigten Bauvorlagen vom 6.4.1998, Bl. 11f. der Behördenakte). Daneben ist der Antragsteller auch Mieter der an die Wohnung Nr. 65 angrenzenden Wohnung Nr. 64 des Aufteilungsplans, die laut genehmigter Bauvorlage aus zwei Zimmern besteht, eine Wohnfläche von ca. 47 m² hat und baulich als von der Wohnung Nr. 65 getrennte, eigenständige Wohneinheit genehmigt ist.

Seit spätestens März 2017 bot der Antragsteller die Wohnung laut einer Vielzahl von in der Behördenakte dokumentierten Angeboten unter verschiedenen Bezeichnungen („Hostel sleeping place…“, „Lovely studio…“) auf der Internetseite www...de an. Ebenfalls in der Behördenakte dokumentiert sind der Buchungskalender mit Belegung der Wohnung an vielen Tagen und eine Vielzahl von Bewertungen durch Kunden (vgl. für die Angebote, die Kalendereinträge und die Bewertungen Bl. 15 - 295 der Behördenakte).

Am 15. März 2017 fand die erste Ortsermittlung durch Mitarbeiter der Beklagten statt (vgl. Aktenvermerk über die Ortsermittlung, Bl. 303 mit Fotos Bl. 301f. und Auskunft aus dem Melderegister, Bl. 300 der Behördenakte). Aus dem Aktenvermerk und den Fotos ergibt sich, dass die Klingeln zu den beiden Dachgeschosswohnungen mit „E. Mufy Global Sale“ und mit „Paketdienste bitte Sendungen für E. im DG ablegen [mit Handynummer]“ beschriftet sind, wobei daneben ein Ai.-Logo abgebildet war. Der Antragsteller wurde bei der Ortsermittlung angetroffen. Er sagte laut Aktenvermerk über die Ortsermittlung, dass er die Wohnung selbst bewohne und er sie zu weniger als 50% gewerblich durch Untervermietung nutze. Als Zeitraum der Untervermietungen halte er meist sechs Monate ein. Angesprochen auf den neben der Wohnungstür angebrachten Schlüsselsafe brachte der Antragsteller vor, dass er sich manchmal versehentlich aussperre und der Safe nur von ihm benutzt werde.

Bei einer weiteren Ortsermittlung (Bl. 307f. der Behördenakte) wurde festgestellt, dass die Beschriftung der Klingelschilder nun „E. Mufy Global Sale“ und „... creative Webagentur“ lautete.

Auf eine Bitte um Stellungnahme mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 4. April 2017 antwortete der Antragsteller mit Schreiben vom 18. April 2017, dass er sich nach Rücksprache mit der Behörde an die Vorgaben der Zweckentfremdungssatzung halte, da weniger als 50% der Wohnfläche zur Untervermietung verwendet würden und ein Gewerbe angemeldet worden sei. Bei den Untermietern handele es sich nicht um Touristen, sondern um Dauermieter.

Mit zwei Schreiben der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2017 wurde der Antragsteller zum Bußgeldverfahren und zur beabsichtigten Untersagung einer Zweckentfremdung angehört. Mit Stellungnahmen seines damaligen Bevollmächtigten ließ der Antragsteller ausführen, dass er vom 15. Dezember 2016 bis 30. Juni 2017 in der Dachgeschosswohnung in der H.-Str. gewohnt habe und dass eine Untervermietung, die ihm von seinem Vermieter laut Mietvertrag gestattet sei, des überwiegenden Teils des Wohnraums zu Zwecken der Fremdenbeherbergung nie stattgefunden habe. Auf die beiden Schriftsätze vom 31. Juli 2017 samt Anlagen im Übrigen wird Bezug genommen (Bl. 337 - 354 der Behördenakten).

Am 22. August, 8. September und 24. Oktober 2017 fanden weitere Ortsermittlungen bzw. Wohnungsbesichtigungen statt. Bei der Ortsermittlung am 8. September 2018 wurde ein Foto des Briefkastens aufgenommen (Bl. 364 der Behördenakte), an dem folgende Namen angebracht waren: L., E., D., Ma., F., H., V. P. Bei der Wohnungsbesichtigung am 24. Oktober 2017 war der Briefkasten beschriftet mit (vgl. Foto auf Bl. 387 der Behördenakte): L., S., D., Ma., F., H., S. Auf die Aktenvermerke im Übrigen wird Bezug genommen (22.8.2017: Bl. 361f. mit Melderegisterauszügen Bl. 357 - 360 der Behördenakte; 8.9.2018: Bl. 364f. der Behördenakte; 24.10.2017: Bl. 372 - 391 mit markierten Bauvorlagen Bl. 370f. der Behördenakte).

Bei einer Internetrecherche der Antragsgegnerin wurde am 3. Januar 2018 festgestellt, dass ein möbliertes Mehrbettzimmer in der betroffenen Wohnung auf www...de unter dem Titel „Unterkunft in comfort Loft in Schwabing […]“ angeboten wird. Auf Bl. 402 - 404 (mit Rückseiten) der Behördenakte wird Bezug genommen, ebenfalls auf die Internetausdrucke vom 1. März 2018, Bl. 415 - 420 (mit Rückseiten) der Behördenakten.

Auf ein erneutes Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 2. März 2018 nahm der Antragsteller durch seinen damaligen Bevollmächtigten Stellung: Der Antragsteller würde nur noch auf Dauer untervermieten. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz vom 9. April 2018 Bezug genommen.

Am 11. April 2018 fand eine weitere Ortsermittlung zur Kontrolle der Beschriftung von Klingeln und Briefkasten statt. Während die Beschriftung des Klingelschilds unverändert war, war der Briefkasten beschriftet mit: E., Ak., F., Be. Im Übrigen wird auf den Aktenvermerk über die Ortsermittlung einschließlich Fotos Bezug genommen (Bl. 444 - 450 sowie Melderegisterauszüge Bl. 442f. der Behördenakte).

In der Behördenakte sind u.a. Hinweise von Bewohnern des Gebäudes, in dem die betroffene Wohnung belegen ist, enthalten (u.a. Bl. 465 - 467 der Behördenakte), eine Liste mit Bewohnern der betroffenen Wohnung zwischen 18. April 2017 und 11. April 2018 (Bl. 464 der Behördenakten) und weitere Fotos des Briefkastens der betroffenen Wohnung (Bl. 463 mit Rückseite der Behördenakte), die insgesamt 22 verschiedene Namen zeigen und von einem Bevollmächtigten des Eigentümers der Wohnung (vgl. Bl. 413f. der Behördenakte) an die Antragsgegnerin übermittelt wurden.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22. Mai 2018, zugestellt an den damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers laut Postzustellungsurkunde am 26. Mai 2018 (Bl. 539 der Behörenakte), wurde dem Antragsteller gegenüber angeordnet, die Nutzung des Wohnraums für Zwecke der Fremdenbeherbergung in Form von Kurzzeitaufenthalten und der mehrheitlichen Überlassung von Schlafstellen für Einzelpersonen unverzüglich zu beenden (Nr. 1) . Für den Fall der Nichterfüllung von Nr. 1 binnen drei Monaten ab Zustellung des Bescheids wurde ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 15.000 angedroht. Dem Bescheid ist ein Grundrissplan beigefügt, in dem der streitgegenständliche Wohnraum gekennzeichnet ist.

Auf die Gründe des Bescheids wird Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2018 erhob der Antragsteller Klage (Az. M 9 K 18.3059) mit dem Antrag, den Bescheid vom 22. Mai 2018 aufzuheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es nicht richtig sei, dass es sich um zwei Wohnungen handele. Richtig sei, dass die ursprünglich zwei Wohnungen irgendwann vor der Mietzeit des Antragstellers zusammengelegt worden seien. Er habe die Wohnung als nur eine Wohnung angemietet. Die Klingelbeschriftung „E.C.S. Creative Werbeagentur“ habe sich schon vor dem Einzug des Antragstellers dort befunden. Diese Beschriftung sei weder von ihm angebracht noch im Lauf der Mietzeit verändert worden. Die alleinige Beschriftung der Briefkästen sei kein Indiz dafür, dass die dort angegebenen Personen auch in der Wohnung lebten. Er verwalte und manage für bestimmte Personen auch die Briefpost, der Briefkasten habe insofern eine reine Postfachfunktion. Die ehemaligen Wohnungseingangstüren mit Türspion habe der Antragsteller wieder reaktiviert, sie hätten bei Anmietung der Wohnung noch gefehlt. Um hier eine „verbesserte Privatsphäre“ zu erhalten, habe der Antragsteller in Absprache mit dem Vermieter die noch vorhandenen Eingangstüren wieder eingesetzt. Diese Türen hätten aber nicht mehr wie früher einen wohnraumabtrennenden Charakter, vielmehr fungierten sie als reine Zimmertüren. Der Mieter Fürst bewohne das Zimmer 2 noch heute, damit sei dieser nicht mehr als „Kurzzeitmieter“ zu betrachten. Der von diesem Herrn bewohnte Bereich von ca. 18,5 m2 der Wohnung müsse von der behaupteten Fläche für eine gewerbliche Nutzung abgezogen werden. Die Anzeigen bei E-Bay-Kleinanzeigen seien ausdrücklich unter der Rubrik Langfristvermietungen geschaltet worden. Wenn Anfragen für Kurzzeitvermietungen kamen, seien diese abgelehnt worden. Die von hinweisgebenden Personen gemachten Beobachtungen träfen nicht zu. Es treffe nicht zu, dass sich der Antragsteller nicht in seiner eigenen Benutzung der Wohnung beschränke, z.B. werde auch das sich in der Wohnung Nr. 64 befindliche Bad mit allen Bewohnern geteilt. Für ihn sei die Anordnung existenzgefährdend. Vor Anmietung der Wohnung habe sich der Antragsteller telefonisch an das Amt für Wohnen und Migration gewandt und die jetzige Nutzung absegnen lassen. Er könne sich die Wohnung ohne Untervermietung nicht leisten. Er sei seit 2010 fast durchgängig krankgeschrieben, mittlerweile berufsunfähig und zu 50% schwerbehindert. Mit Vollzug der Anordnung würde der Antragsteller, wie auch seine Mieter, obdachlos. Er habe in Umsetzung der Anordnung weisungsgerecht alle Mietverträge gekündigt. Im Übrigen wird auf das Schreiben samt Anlagen sowie auf das weitere Schreiben des Antragstellers im Klageverfahren vom 2. August 2018 Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat hierauf mit Schreiben vom 24. Juli 2018 erwidert, Klageabweisung beantragt, auf die Begründung des Bescheids verwiesen und im Übrigen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Frage, ob entsprechend den Bauplänen zwei abgeschlossene Wohneinheiten vorlägen oder eine zusammengelegte, bei der durch eine abschließbare Tür die vormaligen Einheiten getrennt würden, für die zweckfremde Nutzung im Ergebnis keine Rolle spiele. Denn soweit es sich um eine Einheit handele, werde nur ein untergeordneter Teil der Einheit auf Dauer vom Antragsteller selbst und ggf. Herrn Fürst bewohnt. Soweit, was nach Auffassung der Antragsgegnerin der Fall sei, von zwei separaten Einheiten auszugehen sei, stelle sich die Frage der untergeordneten Mitbenutzung durch den Antragsteller für die streitgegenständliche Einheit Nr. 65 gar nicht und die ggf. vorliegende untergeordnete Mitbenutzung zum Wohnen durch Herrn Fürst sei vernachlässigbar. Im Übrigen wird auf das Schreiben Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 2. August 2018 beantragte der Antragsteller,

die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu erlassen.

Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen aus, die Antragsgegnerin gehe im Bescheid davon aus, dass mehr als 50% der Wohnung gewerblich genutzt würden. Tatsächlich seien es aber nur 27% der Gesamtfläche der Wohnung. In der Anlage werde ein entsprechender aktueller Plan vorgelegt. Der von der Antragsgegnerin verwendete Plan entspreche nicht dem aktuellen Grundriss der Wohnung. Auf

§ 4 Abs. 1 Satz 1 ZeS werde verwiesen. Nur bei einer Verwendung größer als 50 v.H. bedürfe es einer Genehmigung. Die Gesamtfläche der Wohnung betrage 161 m2. Darin sei die Galerie nur zu einem kleinen Teil berücksichtigt. In der beigefügten Anlage K1 zeigten die gelb gekennzeichneten Flächen den vom Antragsteller bewohnten Raum. Die grün gekennzeichneten Flächen zeigten die des Dauermieters Fürst. Ausschließlich die orange gekennzeichneten Flächen zeigten die gewerblich genutzten Flächen. Dabei habe der Raum im Erdgeschoss ca 16 m2, die Galerie ca. 27m2, zusammen also 43 m2 und damit einen Anteil von höchstens 27%. Ohne die Einnahmen aus der gewerblichen Vermietung sei der Antragsteller in seiner Existenz bedroht. Aufgrund seiner persönlichen Situation könne er sich die Wohnung nur durch die Mieteinnahmen von Herrn Fürst nicht mehr leisten. Eine seinen finanziellen Verhältnissen angepasste Wohnung sei auf dem angespannten Münchener Wohnungsmarkt nicht zu bekommen. Auf das Schreiben samt Anlagen im Übrigen wird Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen und bezieht sich auf die Erwiderung im zugehörigen Klageverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem und im zugehörigen Klageverfahren sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der nach Auslegung auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage gerichtete Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage im hier einschlägigen Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 3 Abs. 3 ZwEWG, § 13 Abs. 4 ZeS ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche Vollzugsinteresse oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.

Die Interessenabwägung fällt zulasten des Antragstellers aus. Der streitgegenständliche Bescheid vom 22. Mai 2018 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist die Behördenentscheidung.

Die Rechtmäßigkeit des Bescheids unterliegt in formeller Hinsicht keinen Zweifeln. Er ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die Anordnung ist Art. 3 Abs. 2 ZwEWG, vgl. auch § 13 Abs. 1 und 2 ZeS.

Danach kann die Gemeinde anordnen, dass eine nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung beendet (und der Wohnraum wieder Wohnzwecken zugeführt) wird.

1. Wohnraum i.S.v. § 3 ZeS liegt vor. Die betroffene Wohnung ist ausweislich der bei den Behördenakten befindlichen genehmigten Bauvorlagen als Wohnraum genehmigt. Soweit der Antragsteller im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat, dass das nur zum Teil zutreffe, ist er Belege hierfür schuldig geblieben; nach Aktenlage gibt es auch ansonsten keine Anhaltspunkte dafür, dass die betroffene Wohnung trotz der baurechtlichen Genehmigung kein Wohnraum gemäß § 3 ZeS wäre. Soweit die betroffene Wohnung und die Wohnung Nr. 64 abweichend von der Genehmigungslage im Innern umgebaut wurden, hat das auf die Wohnraumqualität i.S.d. Zweckentfremdungsrechts keinen Einfluss.

2. Ebenso liegt eine Zweckentfremdung vor. Die zweckentfremdungsrechtlichen Tatbestände gemäß Art. 1 Satz 2 Nr. 1 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZeS bzw. Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS, von denen die Antragsgegnerin zeitabschnittsweise alternativ ausgeht, sind zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses gegeben und auch zwischenzeitlich nicht beendet worden. Insofern wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO, der im Beschlussverfahren entsprechend gilt, Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 122 Rn. 7) und ergänzend noch das Folgende ausgeführt:

Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass hier zwei Formen der Zweckentfremdung tatbestandlich zeitabschnittsweise alternativ vorliegen: Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS in Form der Fremdenbeherbergung, insbesondere zu Beginn des Zeitraums, für den die Antragsgegnerin Erkenntnisse hat (Angebote Frühjahr bis Sommer 2017 auf www...de), und gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZeS in Form einer gewerblichen Nutzung durch die einem „Hostel“ ähnliche Nutzung durch Vermietung von Schlafplätzen.

Diese rechtliche Einordnung durch die Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden. Eine ausschließliche Zuordnung der Aktivitäten des Antragstellers zu einer der beiden Tatbestandsvarianten ist nicht erforderlich, da sowohl die Untervermietung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung als auch die hostelähnliche Untervermietung von Schlafplätzen eine Zweckentfremdung und eine gewerbliche Nutzung der Wohnung darstellen. Das Vorliegen der zweckentfremdungsrechtlichen Tatbestände in tatsächlicher Hinsicht ist durch die Ermittlungsergebnisse der Antragsgegnerin ausreichend nachgewiesen.

Das grundsätzliche Vorgehen der Beklagten - Nachweis des Tatbestands durch Ortseinsichten mit dokumentierten Beobachtungen/Ermittlungen des Außendienstes - ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Gerichts nicht zu beanstanden (vgl. statt aller VG München, U.v. 15.2.2017 - M 9 K 16.4641 - juris und BayVGH, B.v. 7.12.2015 - 12 ZB 15.2287 - juris).

In inhaltlicher Hinsicht ist u.a. für den Nachweis einer gewerblichen Nutzung für Zwecke der Fremdenbeherbergung entscheidend auf das Nutzungskonzept abzustellen. Fremdenbeherbergung im Sinne des Zweckentfremdungsrechts stellt dabei die Überlassung von Wohnraum an Personen dar, die am Beherbergungsort nur vorübergehend unterkommen und die ihre (eigentliche) Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben. Für einen derartigen Aufenthalt ist ein lediglich beherbergungsartiges Unterkommen ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes prägend. Es fehlt an einer „auf Dauer“ angelegten Häuslichkeit im Sinne einer „Heimstatt im Alltag“. Der Aufenthalt zeichnet sich vielmehr durch ein übergangsweises, nicht alltägliches Wohnen bzw. ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen aus. Maßgeblich ist insoweit das jeweils zugrunde liegende Nutzungskonzept. Eine bestimmte (Mindest- oder Höchst-) Aufenthaltsdauer kann insoweit nicht festgelegt werden; diese hängt vielmehr vom jeweiligen Nutzungskonzept des Vermieters und dessen konkreter Umsetzung im Einzelfall ab und ist flexibel zu handhaben (vgl. zum Ganzen die ständige Rechtsprechung der Kammer und des BayVGH; weitere Nachweise bspw. bei BayVGH, B.v. 7.12.2015 - 12 ZB 15.2287 - juris).

Danach ist zu Beginn des vom streitgegenständlichen Bescheid erfassten Zeitraums, insbesondere belegt durch die mehrere hundert Seiten umfassende Dokumentation von Angeboten der Wohnung bei www...de, davon auszugehen, dass die Wohnung hauptsächlich zu Kurzzeitvermietungen in Form der zweckentfremdungsrechtlichen Fremdenbeherbergung und der Kurzzeitvermietung von Schlafgelegenheiten gewerblich genutzt wurde und wird. Dafür spricht der Inhalt der Angebote: Berechnung der Kosten für ein Zimmer bzw. einen Schlafplatz pro Nacht, Berechnung einer Reinigungsgebühr, Zur-Verfügung-Stellung von Bettwäsche, Handtüchern, Körperpflegeprodukten usw. Dem entsprechen auch die Mietverträge, die der Antragsteller durch seinen damaligen Bevollmächtigten vorlegen ließ (z.B. Bl. 346 der Behördenakte). Dort ist als Mietsache ein Schlafplatz genannt, als Möblierung der Räumlichkeit ein Bett, Matratze und Schrank bzw. Wertfach.

Auch nachdem die Wohnung nicht mehr bei www...de angeboten wurde, ist ein Andauern der zweckfremden Nutzung ausreichend nachgewiesen. Das wird zunächst belegt durch die Angebote bei www.ebaykleinanzeigen.de, v.a. aber durch die Ergebnisse der unter I. dieses Beschlusses dargestellten Ortsermittlungen der Antragsgegnerin, auf die Bezug genommen wird. Soweit vom Antragsteller eingewandt wird, dass er zumindest nach Aufnahme der Ermittlungen durch die Antragsgegnerin nicht mehr kurzfristig vermiete, trifft das nicht zu. Im streitgegenständlichen Bescheid (dort Seite 9 und insbesondere Seite 10) ist ausführlich dargestellt, dass viele der Personen, die entweder einen Wohnsitz unter der Adresse der streitgegenständlichen Wohnung gemeldet hatten oder deren Name am Briefkasten vorgefunden wurde (dazu sogleich), sich nur kurzzeitig in der Wohnung aufhielten. Dass es daneben auch längerfristige Aufenthalte und mindestens einen Dauermieter gibt, steht dem nicht entgegen, zumal die Mehrheit der Personen sich - belegt auf der Grundlage von Melderegisterauskünften bzw. Ortsermittlungen - nur kurzzeitig in der Wohnung aufhielten. Soweit der Antragsteller angibt, dass einige Namen nur auf dem Briefkasten ständen, weil er ihre Post verwalte, diese Personen aber nicht in der Wohnung wohnten, handelt es sich um eine Schutzbehauptung. Der Name einer Person auf dem Briefkasten ist zweifellos ein Indiz dafür, dass diese Person in der Wohnung wohnt. Dieses Indiz kann der Antragsteller nicht nur durch die bloße Behauptung, er verwalte für einige Personen die Post, widerlegen, vielmehr hätte hierfür konkret vorgetragen werden müssen, für welche Personen, und es hätten Belege hierfür vorgelegt werden müssen. Auch die Annahme der Antragsgegnerin, dass in der Nutzung der Schlafplätze von vorneherein kein Wohnen im Sinne des Zweckentfremdungsrechts gesehen werden kann, sondern entsprechend der von der Antragsgegnerin genannten Entscheidung des Gerichts (VG München, U.v. 29.7.2015 - M 9 K 15.1154 - juris Rn. 27 - 29) eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ist nicht zu beanstanden. Daher wäre es auch unbeachtlich, wenn einzelne Untermieter bzw. Schlafplatzmieter länger bleiben, weil wegen der Umstände ihrer Unterbringung, insbesondere der Überbelegung, auch dann kein Wohnen im Sinne des Zweckentfremdungsrechts vorliegen würde.

Die vom Antragsteller geltend gemachten Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 ZeS, wonach eine Zweckentfremdung nicht vorliegt, wenn eine Wohnung durch die Verfügungsberechtigte bzw. den Verfügungsberechtigten oder die Mieterin bzw. den Mieter zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt wird, insgesamt jedoch die Wohnnutzung überwiegt (über 50 v.H. der Fläche) und Räume nicht im Sinne von Abs. 1 Nr. 2 baulich verändert wurden, sind nicht gegeben.

Der entsprechende Einwand des Antragstellers gegen die Anordnung im streitgegenständlichen Bescheid ist nicht glaubhaft. Zunächst geht aus den eigenen Einlassungen des Antragstellers im Verwaltungsverfahren hervor, dass er fünf Monate während des Zeitraums, auf den sich der streitgegenständliche Bescheid bezieht, nämlich von Juli bis einschließlich November 2017, nicht in der betroffenen Wohnung gemeldet war und auch nach eigenen Angaben in dieser Zeit nicht dort gewohnt hat. Daher scheidet für diesen Zeitabschnitt die Annahme einer gewerblichen Mitbenutzung jedenfalls aus. Aber auch für insbesondere die Zeit danach folgt aus den Feststellungen der Antragsgegnerin in den durchgeführten Ortsermittlungen anderes. Diese haben ergeben, dass der Antragsteller die Fläche der Wohnung Nr. 64 mit ca. 47 m2 bewohnt und die betroffene Wohnung Nr. 65 untervermietet wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich, entsprechend der nach wie vor gültigen Baugenehmigung, bei der betroffenen Wohnung Nr. 65 und der Wohnung Nr. 64 um zwei oder wegen zwischenzeitlicher Umbauten um eine Wohnung handelt, zumal auch nach den Angaben des Antragstellers die beiden Wohnungen abgetrennt sind; welche Schließzylinder in der Wohnungstür der Wohnung Nr. 64 eingebaut sind, ist dabei nicht erheblich. Diesen Feststellungen aus den Ortsermittlungen ist der Antragsteller nicht substantiiert, sondern lediglich mit der Behauptung, er (und sein Dauermieter) bewohnten erheblich mehr als die Hälfte der Fläche der beiden Wohnungen, entgegengetreten. Das bloße Bestreiten ohne nähere Nachweise genügt nicht, um die Feststellungen der Antragsgegnerin nachhaltig in Zweifel zu ziehen, zumal es angesichts der von der Antragsgegnerin nachgewiesenen Belegung der betroffenen Wohnung mit gleichzeitig fünf und mehr Personen auch vollkommen plausibel ist, dass der Antragsteller nicht auch noch dort wohnt, insbesondere, dass er nicht noch mehr als 50% der Wohnfläche belegen kann. Vielmehr geht das Gericht nach dem derzeitigem Sachstand davon aus, dass es sich bei dem Vortrag des Antragstellers, er bewohne - unter Anrechnung seines Dauermieters - mehr als die Hälfte der Wohnungen und untervermietet würden lediglich 27%, um eine Schutzbehauptung handelt. Neben den Ergebnissen der Ortsermittlungen sprechen auch die Ergebnisse der Erhebungen der Antragsgegnerin zu den melderechtlichen Verhältnissen in der betroffenen Wohnung dagegen, dass die Behauptung einer nur untergeordneten Vermietung der betroffenen Wohnung glaubhaft ist.

Auf dieser Grundlage ist die Feststellung der Antragsgegnerin, dass das Nutzungskonzept des Antragstellers darauf ausgerichtet ist, seinen Untermietern eine flexible, vorübergehende - je nach individuellem Wunsch - Unterkunft zu bieten, nicht aber - zumindest nicht ausschließlich bzw. nicht für eine Mehrzahl seiner Untermieter - eine Wohnung als Grundlage für eine „auf Dauer“ angelegte Häuslichkeit zur Verfügung zu stellen, nicht zu beanstanden.

Auch durch die wegen des Dauerverwaltungsaktcharakters der Anordnung in Nr. 1 des Bescheids zu beachtende Entwicklung nach Bescheiderlass ergibt sich nichts anderes: Der Antragsteller hat nicht nachgewiesen, dass die betroffene Wohneinheit nicht auch weiterhin durch regelmäßig wechselnde Personen überwiegend kurzzeitig genutzt wird. Soweit das mittlerweile doch der Fall sein sollte, was der Antragsteller in der Antragsbegründung für sich in Anspruch nimmt, müsste er das, beispielsweise durch den Nachweis einer oder mehrerer dauerhafter Vermietungen, die einen Großteil der Wohnfläche betreffen und bei denen es sich um Wohnen und nicht um das gewerbliche Zur-Verfügung-Stellen von Schlafplätzen handelt, belegen.

3. Die Zweckentfremdung ist auch nicht genehmigungsfähig. Als Genehmigungstatbestand kommt hier lediglich § 5 Abs. 2 Var. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 ZeS in Betracht. Danach ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. Überwiegende schutzwürdige private Interessen sind insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz gegeben. Diesen Genehmigungstatbestand macht der Antragsteller auch geltend. Er liegt jedoch nach Aktenlage nicht vor. Unabhängig davon, dass dieser Genehmigungstatbestand dann gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 ZeS ausscheidet, wenn die Existenz allein auf der mit der Zweckentfremdung verbundenen Nutzung beruht, sind die Voraussetzungen nicht gegeben bzw. nicht nachgewiesen. Der Antragsteller macht die Existenzgefährdung lediglich als Behauptung geltend, er hat aber seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht offen gelegt, was zur Beurteilung dieses Genehmigungstatbestands erforderlich ist. Die Berufung allein darauf, dass er nicht mehr erwerbsfähig und zu 50% schwerbehindert ist, belegt noch nicht die Existenzgefährdung ohne die Einnahmen aus der Zweckentfremdung.

Die Handlungsstörereigenschaft des Antragstellers, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG, steht außer Frage. Der Antragsteller ist Vermieter des Wohnraums im Verhältnis zu den Endnutzern und damit unmittelbarer Störer. Unabhängig davon ergibt sich aus dem vorgelegten Behördenvorgang, dass der Eigentümer dem Antragsteller zwischenzeitlich gekündigt hat, eine Beendigung des Mietverhältnisses ist aber noch nicht eingetreten.

Nach alledem wird der Antrag abgelehnt. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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published on 07/12/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.000 Euro festgesetzt. Gründe
published on 15/02/2017 00:00

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.