Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Apr. 2017 - M 5 E 17.1564
Tenor
I. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer anderen als einer allgemeinmedizinischen Untersuchung gemäß den Anordnungen der Technischen Universität München vom 23. November 2016 und 11. Januar 2017 freizustellen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsteller und der Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Apr. 2017 - M 5 E 17.1564
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Apr. 2017 - M 5 E 17.1564
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht München Beschluss, 18. Apr. 2017 - M 5 E 17.1564 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung der amts-/polizeiärztlichen Untersuchung auf orthopädischem/chirurgischem Gebiet aufgrund der Anordnung des Polizeipräsidiums M. vom 22. Dezember 2014 freizustellen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III.
Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
IV.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin wendet sich gegen ihre vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.
- 2
-
Die 1946 geborene Klägerin stand seit 1973 als beamtete Realschullehrerin im Dienst des Beklagten. Zuletzt war sie an einer Realschule in Teilzeitbeschäftigung in den Fächern Englisch, Französisch und Bildende Kunst tätig.
- 3
-
Seit März 2008 bemängelten der Schulleiter und Elternvertreter den Englischunterricht der Klägerin. Beratungsgespräche und Unterrichtsbesuche führten nicht zu einer Verbesserung. Da sich die Beschwerden häuften und wegen der Fehlzeiten der Klägerin von 21 Arbeitstagen innerhalb eines Schuljahres forderte das Regierungspräsidium das Gesundheitsamt des Landkreises auf, die Klägerin amtsärztlich zu untersuchen sowie festzustellen, welche gesundheitlichen Probleme die Klägerin habe und gegebenenfalls Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Diese Aufforderung wurde der Klägerin nachrichtlich übersandt. Sie leistete weder dieser noch einer zweiten Untersuchungsaufforderung Folge.
- 4
-
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage gegen die Untersuchungsaufforderung erklärte die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht aufgrund eines gerichtlichen Hinweises für erledigt; der Beklagte stimmte zu.
- 5
-
Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Zurruhesetzungsverfügung aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
-
Der Verstoß gegen die besondere Pflicht zur Anhörung vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung sei unbeachtlich. Der Beklagte habe von der Dienstunfähigkeit der Klägerin ausgehen können, weil diese zweimal die angeordnete Untersuchung verweigert habe. Die Untersuchungsaufforderung könne nicht mehr inhaltlich untersucht werden, weil sie bestandskräftig geworden sei.
- 7
-
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie beantragt,
-
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2011 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2009 zurückzuweisen.
- 8
-
Der Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG; § 127 Nr. 2 BRRG). Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand verstößt gegen §§ 53 und 55 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg - LBG BW - in der hier anwendbaren Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 19. März 1996 (GBl S. 285), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, des Landespersonalvertretungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 3. Mai 2005 (GBl S. 321).
- 10
-
Die angegriffene Verfügung hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin inzwischen die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand erreicht hat. Denn die vorzeitige Zurruhesetzung entfaltet weiterhin Rechtswirkungen. Zum einen bleibt der Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Bemessung des Ruhegehalts außer Betracht. Auch ist sie Grundlage für die Einbehaltung eines Teils ihrer Bezüge (§ 55 Satz 3 LBG BW).
- 11
-
Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (Urteile vom 16. Oktober 1997 - BVerwG 2 C 7.97 - BVerwGE 105, 267 <269 ff.> = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 22 S. 4 f.; vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 12, vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - Buchholz 237.95 § 208 SHLBG Nr. 1 Rn. 11 und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 9).
- 12
-
Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG BW ist der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Nach Satz 3 ist der Beamte, sofern Zweifel über seine Dienstunfähigkeit bestehen, verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen. Entzieht sich der Beamte trotz zweimaliger schriftlicher Aufforderung, ohne hierfür einen hinreichenden Grund nachzuweisen, der Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde untersuchen oder beobachten zu lassen, so kann er nach Satz 4, wenn er die Versetzung in den Ruhestand nicht beantragt hat, so behandelt werden, als ob seine Dienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt worden wäre. Satz 5 verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten auf die Rechtsfolge des Satzes 4 hinzuweisen.
- 13
-
Die Zurruhesetzung der Klägerin ist rechtswidrig, weil die Annahme der Dienstunfähigkeit der Klägerin entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW gestützt werden kann. Denn die zugrundeliegende Untersuchungsaufforderung vom März 2008 ist ihrerseits rechtswidrig (1). Zudem hat das Regierungspräsidium die Klägerin entgegen § 55 Satz 2 LBG BW vor Erlass der Verfügung nicht angehört (2) sowie der Suchpflicht des § 53 Abs. 3 LBG BW nicht genügt (3).
- 14
-
1. Der Behörde ist durch § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW kein Ermessen eröffnet, dessen Ausübung an den Anforderungen des § 40 LVwVfG BW zu messen oder nach § 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG BW zu begründen wäre. Das Wort "kann" in § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW bringt die Berechtigung der Behörde zum Ausdruck, von der Verweigerung der geforderten Begutachtung auf die - amtsärztlich festgestellte - Dienstunfähigkeit des Beamten zu schließen. Die Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW stellt vergleichbar mit dem allgemeinen Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO eine Beweisregel dar. Sie gestattet, im Rahmen der Beweiswürdigung Schlüsse aus dem Verhalten des Beamten zu ziehen, der die rechtmäßig abverlangte Mitwirkung an der Klärung des Sachverhalts verweigert hat. Auch wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW erfüllt sind, darf die Behörde den Beamten nicht schematisch in den Ruhestand versetzen. Vielmehr muss sie die Gründe, die der Beamte für sein Verhalten angegeben hat, berücksichtigen und in die Entscheidungsfindung einbeziehen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - a.a.O. Rn. 14 und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - a.a.O. Rn. 12). Dies wird durch die Begründung des Entwurfs des Gesetzes, durch das § 53 Abs. 1 Satz 4 und 5 LBG BW angefügt worden sind (LTDrucks 11/6585, S. 28 zu Nr. 11 a), bestätigt. Danach soll die Regelung des Satzes 4 die Grundlage bieten, die Dienstunfähigkeit des betreffenden Beamten vermuten zu können. Daraus folgt, dass die Vermutung widerlegt werden kann.
- 15
-
Die Dienstunfähigkeit der Klägerin kann hier nicht auf § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW gestützt werden. Da die erste Untersuchungsaufforderung rechtswidrig ist, musste die Klägerin ihr nicht Folge leisten (Urteile vom 26. Januar 2012 a.a.O. Rn. 15 und vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 13).
- 16
-
Der Senat ist an der Prüfung der Rechtmäßigkeit der ersten Untersuchungsaufforderung nicht gehindert. Diese konnte nicht in Bestandskraft erwachsen, weil es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Die Anordnung ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, wie dies die Begriffsbestimmung gemäß § 35 Satz 1 LVwVfG BW als Merkmal eines Verwaltungsaktes verlangt. Dieses Merkmal fehlt Maßnahmen gegenüber Beamten, die nach ihrem objektiven Sinngehalt auf organisationsinterne Wirkung abzielen, weil sie dazu bestimmt sind, den Beamten nicht als Träger subjektiver Rechte, sondern als Amtswalter und Glied der Verwaltung anzusprechen (Urteil vom 2. März 2006 - BVerwG 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 = Buchholz 237.8 § 84 RhPLBG Nr. 1 jeweils Rn. 10). Die Aufforderung zur Untersuchung regelt lediglich einen einzelnen Schritt in einem gestuften Verfahren, das bei Feststellung der Dienstunfähigkeit mit der Zurruhesetzung endet (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 14 f.). Eine Maßnahme, die kein Verwaltungsakt ist, wird auch nicht dadurch zu einem solchen, dass über sie durch Widerspruchsbescheid entschieden oder sie von der Widerspruchsbehörde als solcher bezeichnet wurde (Urteil vom 2. März 2006 a.a.O. Rn. 11) oder die Behörde ihren Sofortvollzug angeordnet hat.
- 17
-
Die erste Untersuchungsaufforderung vom März 2008 konnte den Schluss auf die Dienstunfähigkeit der Klägerin nach § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW aus mehreren Gründen nicht rechtfertigen. Sie war nicht an die Klägerin, sondern an das Gesundheitsamt des Landratsamts adressiert. Dieser wurde lediglich eine Mehrfertigung übersandt. Wegen ihrer weitgehenden Wirkungen muss die vollständig begründete Untersuchungsaufforderung an den Beamten gerichtet sein. Denn Adressat ist der Betroffene; dieser muss in die Lage versetzt werden, an Hand ihrer konkreten Begründung ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
- 18
-
Die Aufforderung genügt auch nicht den inhaltlichen und formellen Anforderungen (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 17 f.).
- 19
-
Nach § 53 Abs. 1 Satz 3 LBG BW ist die Behörde zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten bestehen. Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (vgl. Urteile vom 28. Juni 1990 - BVerwG 2 C 18.89 - Buchholz 237.6 § 56 NdsLBG Nr. 1, vom 23 September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55> = Buchholz 239.1 § 36 BeamtVG Nr. 2 und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 4.04 - Buchholz 237.7 § 194 NWLBG Nr. 2 Rn. 10). Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69 <85 f.>; Beschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 19). Die Feststellung, die für die Anordnung sprechenden Gründe "seien nicht aus der Luft gegriffen", reicht für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung nicht aus.
- 20
-
Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind (Urteil vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14 S. 6). Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, "worum es geht".
- 21
-
Eine unzureichende Begründung kann nicht durch das Nachschieben weiterer Gründe geheilt werden. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Anordnung tatsächliche Umstände vorlagen, die den Schluss auf Zweifel eine Dienstfähigkeit gerechtfertigt hätten. Für eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG BW ist wegen des Zwecks der Untersuchungsaufforderung kein Raum. Erkennt die Behörde die Begründungsmängel der ersten Aufforderung zur Untersuchung, kann sie eine neue Aufforderung mit verbesserter Begründung erlassen.
- 22
-
Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 a.a.O. S. 82 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 17).
- 23
-
Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.
- 24
-
Danach ist die Untersuchungsaufforderung vom März 2008 bereits deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium Art und Umfang der Untersuchung nicht einmal in den Grundzügen bestimmt, sondern diese vollständig dem Gesundheitsamt überlassen und damit der Klägerin die inhaltliche Prüfung der Anordnung unmöglich gemacht hat.
- 25
-
Zur Begründung der Aufforderung hat das Regierungspräsidium auf Klagen von Elternvertretern und Schülern über die nachlassende Qualität des Unterrichts der Klägerin sowie auf deren wiederholte Krankmeldungen und die damit verbundenen unterrichtlichen Defizite verwiesen. Zudem sei das Verhältnis zum Schulleiter durch die Beratungsgespräche belastet worden, weil die Klägerin Vereinbarungen und Ratschläge nicht annehme. Durch die ständigen dienstlichen Auseinandersetzungen seien das Schulklima außerordentlich belastet und der Schulfrieden gefährdet.
- 26
-
Diese Umstände sind in der Aufforderung vom März 2008 nicht in einer Weise dargestellt und belegt, dass der Klägerin die Prüfung ihrer inhaltlichen Richtigkeit möglich gewesen wäre.
- 27
-
Zwar können Fehlzeiten grundsätzlich Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 3 LBG BW begründen. Dies muss aber schlüssig dargelegt werden. Denn Fehlzeiten können auch auf Erkrankungen zurückzuführen sein, die die Dienstfähigkeit eines Beamten tatsächlich nicht dauerhaft berühren. Zur Klärung hätte das Regierungspräsidium den Schulleiter beauftragen können, die Klägerin nach den Ursachen ihrer Fehlzeiten zu befragen. Sollte das Regierungspräsidium Zweifel an der Belastbarkeit der privatärztlichen Bescheinigungen über die Dienstunfähigkeit der Klägerin gehabt haben, so wäre es in Betracht gekommen, dieser aufzuerlegen, künftig zum Nachweis ihrer Dienstunfähigkeit ein amtsärztliches Attest ab dem ersten Werktag vorzulegen (Beschluss vom 23. Februar 2006 - BVerwG 2 A 12.04 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 29).
- 28
-
2. Die Zurruhesetzungsverfügung ist auch deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium die Klägerin vor ihrem Erlass entgegen § 55 Satz 2 LBG BW nicht angehört hat.
- 29
-
§ 55 Satz 2 LBG BW schreibt vor, dass der Beamte Gelegenheit erhält, sich zu den für die Zurruhesetzung erheblichen Tatsachen innerhalb eines Monats schriftlich zu äußern. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat das Regierungspräsidium die Klägerin vor der Bekanntgabe der Verfügung nicht nach § 55 Satz 2 LBG BW angehört. Die besondere Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW ist auch den Fällen des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW geboten. Ist der Beamte der zweimaligen Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen, so kann er im Rahmen der Anhörung geltend machen, die Untersuchungsanordnung als solche genüge nicht den formellen oder inhaltlichen Anforderungen mit der Folge, dass aus der Verweigerung der Untersuchung nicht auf seine Dienstunfähigkeit geschlossen werden dürfe.
- 30
-
Die Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW konnte nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 LVwVfG BW im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden. Der Gesetzgeber hat durch mehrere gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht spezielle Regelungen, wie das zwingende Erfordernis einer Anhörung, die Schriftform und die Anhörungsfrist, deutlich gemacht, dass der Beamte vor der Entscheidung über seine Zurruhesetzung anzuhören ist (LTDrucks 13/3783, S. 20).
- 31
-
§ 46 LVwVfG BW ist aber auf den festgestellten Verstoß gegen § 55 Satz 2 LBG BW nicht anwendbar. Nach § 46 LVwVfG BW kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG BW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Annahme der "Offensichtlichkeit" im Sinne von § 46 LVwVfG BW ist aber bereits dann ausgeschlossen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre (Urteile vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <361 f.>, vom 25. Januar 1996 -BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>, vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 38 und vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - a.a.O. Rn. 20 und 23).
- 32
-
Sind im Verfahren der Zurruhesetzung ärztliche Gutachten erstellt worden, so scheidet die Anwendung von § 46 LVwVfG BW regelmäßig aus. Die Entscheidung über die Dienstunfähigkeit des Beamten anhand dieser Gutachten ist in der Regel tatsächlich und rechtlich schwierig. Die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung aufgrund einer Stellungnahme des Betroffenen zu diesen ärztlichen Feststellungen ist nicht auszuschließen. Aber auch in den Fällen, in denen der Beamte die Begutachtung verweigert hat, kann die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung aufgrund der Angaben des Beamten im Rahmen seiner Anhörung nicht ausgeschlossen werden. Die gesetzliche Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW ist Ausdruck des allgemeinen, aus §§ 427, 444 und 446 ZPO abgeleiteten Rechtsgrundsatzes, wonach das die Beweisführung vereitelnde Verhalten eines Beteiligten zu dessen Nachteil berücksichtigt werden kann. Dieser Schluss ist aber auch bei einer gesetzlichen Regelung nicht zwingend vorgegeben, so dass die Behörde auch hier sämtliche Umstände zu würdigen hat (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 23 m.w.N.).
- 33
-
Hier lässt es sich nicht ausschließen, dass die Klägerin im Falle ihrer Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW vor Erlass der Verfügung geltend gemacht hätte, die konkrete Untersuchungsanordnung genüge nicht den an sie zu stellenden formellen und inhaltlichen Anforderungen und das Regierungspräsidium deshalb vom Erlass der Zurruhesetzungsverfügung abgesehen hätte.
- 34
-
3. Die Zurruhesetzungsverfügung ist schließlich deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium nicht der Suchpflicht des § 53 Abs. 3 LBG BW genügt hat.
- 35
-
Nach § 53 Abs. 3 Satz 1 LBG BW soll von der Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Vorrang der Weiterverwendung eines Beamten vor seiner Versorgung nicht gelten soll, wenn die Annahme der Dienstunfähigkeit des Beamten auf der Verweigerung einer von der Behörde angeordneten ärztlichen Begutachtung beruht.
- 36
-
§ 53 Abs. 3 Satz 1 LBG BW begründet für den Dienstherrn die Pflicht, nach einer anderweitigen Verwendung des Beamten zu suchen. Die Soll-Vorschrift gestattet eine Abweichung von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an diese Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist. Wie sich aus § 53 Abs. 3 Satz 2 LBG BW ergibt, ist die Suche nach einer anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Da es um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind, ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er entsprechend § 53 Abs. 3 LBG BW nach einer Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten gesucht hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 20 ff.).
- 37
-
Aus den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und auch aus den Verwaltungsakten, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO verwiesen hat, ergibt sich nicht, dass der Beklagte als Dienstherr der ihm obliegenden Suchpflicht Genüge getan hat.
- 38
-
4. Ist eine Verwaltungsentscheidung, wie hier nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG BW, gebunden und trifft die von der Behörde gegebene Begründung nicht zu, so obliegt dem Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Prüfung, ob der Verwaltungsakt aus anderen als den von der Behörde genannten Gründen rechtmäßig ist (Urteil vom 19. August 1988 - BVerwG 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96).
- 39
-
Hier scheidet jedoch die Prüfung im gerichtlichen Verfahren aus, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG dienstunfähig war. Denn hierfür bestand kein tatsächlicher Anhaltspunkt.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Unter Abänderung von Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der 1955 geborene Kläger steht als Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15) im Dienst des Klinikums der Universität M. (Beklagter).
In der Vergangenheit wies der Beklagte dem Kläger nach vorangegangenen Umstrukturierungen wechselnde Aufgaben- und Funktionsbereiche zu, die der Kläger als nicht amtsangemessene Tätigkeiten nicht akzeptierte (siehe hierzu die Verfahren M 5 E 09.2800 und 3 CE 09.1986; M 5 K 09.2665, M 5 E 10.368 und M 5 K 10. 372; M 5 K 11.1298; M 5 K 13.1227). Die zuletzt vorgenommene Änderung des Aufgabenbereichs des Klägers zum 1. Oktober 2013, der nunmehr mit der Leitung zweier Sachgebiete innerhalb der neustrukturierten Stabsstelle „Recht“ verbunden mit der stellvertretenden Leitung dieser Stabstelle betraut wurde, war gerichtlich nicht zu beanstanden (Urteil der Kammer
Seit dem
1. Ist Herr W. dienstfähig und in der Lage, alle Tätigkeiten eines Regierungsdirektors der Fachlaufbahn Verwaltung/Finanzen, fachlicher Schwerpunkt nichttechnischer Dienst auszuüben? Wenn nein, kann (und gegebenfalls zu welchem Zeitpunkt) mit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit gerechnet werden?
2. Welche Art der Tätigkeiten (genaue Benennung der - etwaigen - Einschränkungen) kann Herr W. nicht mehr ausüben?
3. Schöpft Herr W. alle Behandlungsoptionen aus bzw. womit könnte eine Verbesserung seines Krankheitsbildes und seiner Fehlzeiten erreicht werden?
4. Welche Prognose besteht hinsichtlich seiner Dienstfähigkeit in der Zukunft?
5. Sind auch in Zukunft erhöhte krankheitsbedingte Fehlzeiten wahrscheinlich?
6. Ist eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand angezeigt?
Dabei werde zunächst eine allgemeinärztliche Begutachtung in Auftrag gegeben, da keinerlei Informationen über die Hintergründe der Dienstunfähigkeit vorlägen. Sollte aufbauend auf dieser allgemeinärztlichen Untersuchung eine fachärztliche Untersuchung angezeigt sein, werde gegebenfalls zu einem späteren Zeitpunkt ein entsprechendes Zusatzgutachten in Auftrag gegeben.
Mit Schreiben vom
Der mit Schreiben des Klägers vom
Das hiergegen erhobene Klageverfahren (M 5 K 15.456) wurde von den Parteien in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung vom 23. September 2014 inzident im Rahmen des Rechtschutzes gegen nachfolgend ergehende Maßnahmen zu gewähren sei (vgl. Niederschrift zur mündlichen Verhandlung
Mit Schreiben des Beklagten vom
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom
Mit Bescheid vom
Die hiergegen erhobenen Widersprüche vom
Mit der am
den Bescheid des Beklagten vom
dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen und festzustellen, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch den Kläger notwendig war.
Die Ruhestandsversetzung sei schon nicht wirksam zugestellt worden. Die Übermittlung an die Prozessbevollmächtigten sei unwirksam, da die Ruhestandsversetzung als höchstpersönliche Maßnahme an den betroffenen Beamten selbst zu richten sei. Die später erfolgte Zustellung an den Kläger sei unwirksam, da der Bescheid nicht an diesen, sondern an dessen Bevollmächtigte adressiert sei. Darüber hinaus nenne der Bescheid kein Datum, zu dem der Kläger in den Ruhestand versetzt werde. Hauptsächlich sei der Bescheid jedoch deshalb rechtswidrig, weil nicht von der Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen werden könne. Eine Untersuchung des Klägers habe nicht stattgefunden. Aus dem Umstand, dass der Kläger der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen ist, könnten keine für ihn nachteiligen Schlussfolgerungen gezogen werden, da diese Aufforderung rechtswidrig gewesen sei. Die Aufforderung sei seitens der Personalabteilung verfügt worden. Diese sei aber nicht der Dienstvorgesetzte des Klägers. Darüber hinaus entspreche die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung auch inhaltlich nicht den Anforderungen der Rechtsprechung. Insbesondere habe der Beklagte es versäumt, durch Anhörung des Klägers oder sonstige Ermittlungen im Vorfeld der Untersuchungsaufforderung Erkenntnisse zum Hintergrund der Dienstunfähigkeitszeiten des Klägers zu erlangen.
Demgegenüber hat der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Ruhestandsversetzung habe trotz nicht vorgenommener amtsärztlicher Untersuchung erfolgen dürfen, da der Kläger sich der wiederholten schriftlichen Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung ohne hinreichenden Grund entzogen habe. Die zugrunde liegende Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung entspreche den Anforderungen der Rechtsprechung. Die Personalabteilung des Beklagten sei auch für den Erlass einer Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung autorisiert gewesen. Insoweit werde auf die Stellungnahme des Kaufmännischen Direktors des Beklagten vom 20. Juli 2015 verwiesen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch den Beklagten sei nicht möglich gewesen. Der Kläger seinerseits habe wiederholte Angebote zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements immer abgelehnt und sich zu entsprechenden Einladungsschreiben des Beklagten nicht geäußert. Er habe jegliche Mitwirkung verweigert, so dass auch nicht das Angebot eines persönlichen Gespräches geboten gewesen sei. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür mitgeteilt worden, dass eine anderweitige Verwendung im Sinne einer noch vorhandenen begrenzten Dienstfähigkeit möglich sei.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift vom
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom
Der Beklagte durfte gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) von der Dienstunfähigkeit des Klägers ausgehen und demgemäß nach Art. 66 Abs. 2 Satz 2 BayBG dessen Versetzung in den Ruhestand verfügen. Nach Art. 65 Abs. 2 Satz 2 BayBG kann derjenige so behandelt werden, wie wenn die Dienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt worden wäre, der sich trotz wiederholter schriftlicher Aufforderung ohne hinreichenden Grund der Verpflichtung, sich nach Weisung des oder der Dienstvorgesetzten untersuchen oder beobachten zu lassen, entzieht. Nach Art. 66 Abs. 2 Satz 2 BayBG entscheidet die für die Versetzung in den Ruhestand zuständige Behörde über die Ruhestandsversetzung, wenn die Monatsfrist zur Erhebung von Einwendungen gegen die mitgeteilte beabsichtigte Ruhestandsversetzung abgelaufen ist (vgl. Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BayBG). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind eingehalten, insbesondere hat sich der Kläger ohne hinreichenden Grund drei Mal der schriftlichen Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, entzogen, so dass mit dem Ende des Monats, in dem die Ruhestandsverfügung zugestellt wurde - vorliegend am 26. März 2015 -, daher mit Ablauf des Monats März 2015 der Ruhestand des Klägers begonnen hat (Art. 71 Abs. 3 BayBG). Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen der genannten Vorschriften wird von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Das Gericht folgt insofern den zutreffenden Ausführungen des Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vom 24. März 2015 und 8. September 2015 (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend ist zum Vorbringen im Klageverfahren Folgendes auszuführen:
1. Die streitgegenständliche Verfügung der Ruhestandsversetzung konnte auch an die Bevollmächtigte des Klägers, die im Verwaltungsverfahren durchgehend als solche aufgetreten ist, wirksam zugestellt werden (Art. 71 Abs. 1 Satz 2, 10 Satz 2 BayBG i. V. m. Art. 5 und 8 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz/VwZVG i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz/BayVwVfG). Es existiert keine Sondervorschrift, die es gebietet, diese Verfügung an den Kläger persönlich zuzustellen. Ausweislich des von einem Bediensteten des Beklagten erstellten Übergabeprotokolls wurde die streitgegenständliche Verfügung der empfangsberechtigten Bevollmächtigten des Klägers am 26. März 2015 persönlich übergeben, was seitens der Klagepartei zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen wurde. Damit ist die Zustellung zu diesem Zeitpunkt als bewirkt anzusehen, auch wenn ein ordnungsgemäßes Empfangsbekenntnis gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG nicht vorliegt (Art. 9 VwZVG).
2. Die Aufforderung vom
Auch Art und Umfang der geforderten amtsärztlichen Untersuchung sind in der vorliegend gegebenen Konstellation als ausreichend bestimmt anzusehen. Der Kläger wurde mehrfach im Rahmen des Angebots eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zu einem persönlichen Gespräch eingeladen, bei dem thematisiert werden sollte, welche betrieblich beeinflussbaren Faktoren zur Stabilisierung seiner Gesundheit möglich sind. Dabei wurde dem Kläger auch Gelegenheit gegeben, mitzuteilen, welche Personen seitens des Beklagten an einem derartigen Gespräch teilnehmen sollten. Der Kläger hat hierauf nicht reagiert bzw. zuletzt mit Erklärung vom 2. September 2014 (vgl. Anlage B 18 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beklagten vom 21.4.2016) mitgeteilt, dass er parallele Gespräche zu noch anhängigen Gerichtsverfahren über seine zukünftige Beschäftigung als nicht zielführend ansehe.
Bei den Gesprächseinladungen an den Kläger lag der Fokus auf der intendierten Stabilisierung seiner gesundheitlichen Situation. Die Reaktion des Klägers hierauf machte demgegenüber unzweifelhaft deutlich, dass ihm nur an der rechtlichen Überprüfung der ihm zugewiesenen Tätigkeitsbereiche gelegen ist. Gleichermaßen hat der Kläger während des gesamten Verfahrens, beginnend mit der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung vom 23. September 2014, mit den einzelnen Terminsetzungen für diese Untersuchung, weiter mit der Anhörung und dem Einwendungsverfahren zur beabsichtigen Ruhestandsversetzung und schließlich der Ruhestandsversetzung selbst, keinerlei verwertbare Anknüpfungstatsachen zur Eingrenzung des Untersuchungsauftrages geliefert. Der Kläger äußerte auch nicht, dass er nur den Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements ablehne, er aber außerhalb dessen zu einem Gespräch über seine gesundheitliche Situation bereit wäre.
In dieser Situation ist es nicht notwendig, dass der Dienstherr nochmals eigens an den Kläger mit einem weiteren Gesprächsangebot herantritt, um Art und Umfang einer beabsichtigten amtsärztlichen Untersuchung vorzubestimmen. Denn es war nach dem vorstehend geschilderten Verhalten des Klägers nicht zu erwarten, dass weitere Gesprächsangebote entsprechende Anknüpfungstatsachen liefern würden. Aus dem Beamtenverhältnis als Dienst- und Treueverhältnis folgen keine Pflichten zu einem erkennbar zwecklosen Verhalten.
Der Beklagte hat daher mit der Anordnung einer allgemeinärztlichen Begutachtung durch den Amtsarzt unter Ausschluss von fachärztlichen Begutachtungen, die ausdrücklich einem gesonderten Auftrag zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Zusatzbegutachtung vorbehalten wurden, die gebotene und mögliche Eingrenzung von Art und Umfang der vorgesehenen Untersuchung vorgenommen.
Auch war die, die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung erstellende Personalabteilung des Beklagten - wie sich jedenfalls aus der Stellungnahme des Kaufmännischen Direktors des Beklagten vom
3. Gleichermaßen finden sich keine Anknüpfungstatsachen für die Annahme, dass der Kläger die Dienstpflichten des ihm übertragenen Amtes noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit, vgl. § 27 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern/Beamtenstatusgesetz - BeamtStG). Auch finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Kläger Dienstfähigkeit für eine anderweitige, seinem Status als Regierungsdirektor entsprechende amtsangemessene Tätigkeit (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) bzw. für eine geringerwertige Tätigkeit (§ 26 Abs. 3 BeamtStG) gegeben wäre. Insofern gelten die vorstehenden Ausführungen unter 1. entsprechend. Eine weitergehende Prüfung dieser Frage wäre zudem erst durch die Beantwortung der an den Amtsarzt gestellten Fragen Nrn. 1. und 2. des Untersuchungsauftrages ermöglicht worden.
Wie sich auch aus den vorangegangenen gerichtlichen Verfahren, auf die der Kläger - wie ausgeführt - auch vorliegend Bezug genommen hat, ergibt, kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit in seinem Fall zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand geeignet wäre.
4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
Gründe
I.
den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnungen des Bayerischen Landeskriminalamts vom
den Antrag abzulehnen.
II.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.