Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Nov. 2017 - M 25 E 17.4657

bei uns veröffentlicht am17.11.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des Eilrechtsschutzes, den Antragsgegner zur Erteilung einer vorläufigen Beschäftigungserlaubnis zu verpflichten.

Der Antragsteller, pakistanischer Staatsangehöriger, ist im Jahr 2013 in das Bundesgebiet eingereist und stellte am 10. Mai 2013 Asylantrag. Ein hierauf zunächst ergangener Bescheid des Bundesamts vom 20. Januar 2014 wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 24. September 2015 aufgehoben. Am 7. November 2017 wurde der Antragsteller offenbar erneut angehört (vgl. vom Ast. im Klageverfahren vorgelegte Niederschrift als Anlage K8). Ein neuer Bescheid ist soweit ersichtlich aber noch nicht ergangen. Der Antragsteller ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung vom 16. Juni 2017, die aktuell noch bis 15. Dezember 2017 gültig ist (Bl. 325 d.A.).

Dem Antragsteller war in der Vergangenheit die Beschäftigung erlaubt und diese Erlaubnis in der Folge jeweils verlängert worden, zuletzt mit Erteilung der Aufenthaltsgestattung am 16. Juni 2017 für die Tätigkeit als Bauhelfer in einem Umfang von 23,26 Stunden/Woche bis 25. September 2017 (Bl. 317 d.A.).

Mit Schreiben vom 24. August 2017 beantragte der Antragsteller die abermalige Verlängerung der Beschäftigungserlaubnis. Im entsprechenden Formular ist hinsichtlich des zeitlichen Umfangs zunächst „Teilzeit“ angekreuzt und im darunterliegenden Feld, in dem eine geringfügige Beschäftigung angegeben werden kann eine monatliche Höchststundenzahl von „25/26“ angegeben. Das Feld, in dem die einzelnen Tagesarbeitszeiten anzugeben sind, enthält keinen Eintrag.

Mit Bescheid vom 13. September 2017 hat das Landratsamt ... den Antrag abgelehnt.

Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass der Asylantrag abgelehnt worden sei, die Identität des Antragstellers nicht geklärt sei, der Ablehnungsbescheid für eine geringe Bleibeperspektive spreche und gegen den Antragsteller zudem eine rechtskräftige Verurteilung wegen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz bestehe. Diese Umstände könnten nicht positiv in die Ermessensentscheidung einfließen und führten deshalb zu einer negativen Entscheidung über den Antrag.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. September 2017, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis erheben (M 25 K 17.4662) und zudem beantragen,

„der Antragsgegner wird – im Wege des vorläufigen Rechtschutzes [...] verpflichtet, dem Kläger und Antragsteller die Erlaubnis für die Beschäftigung als Helfer im Gartenbau- und Zaunbau bei der Firma ... [...], ..., einstweilen zu erteilen.“

Der Antragsteller habe Anspruch auf die Beschäftigungserlaubnis. Das Ermessen der Behörde sei auf Null reduziert.

Über den Asylantrag sei noch nicht entschieden worden. Der Antragsteller arbeite seit dem 9. Juni 2016 bei der bezeichneten Firma. Der Antragsteller sei zwar wegen Abgabe eines Joints zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Das Landratsamt habe aber während des laufenden Strafverfahrens die Beschäftigungserlaubnis im November 2016 verlängert.

Die Klärung der Identität sei anders als bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Voraussetzung für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis. Die Erfüllung der Mitwirkungspflicht sei dem Antragsteller während des laufenden Asylverfahrens unzumutbar. Sehr fraglich sei, ob die Bleibeperspektive zu einem Zeitpunkt ein Ermessensgesichtspunkt für die Ablehnung einer Beschäftigungserlaubnis sein könne.

Mit weiterem Bescheid vom 2. Oktober 2017 hat das Landratsamt den Bescheid vom 13. September 2017 aufgehoben (Ziff. 1) und den Antrag auf Verlängerung der Beschäftigungserlaubnis abermals abgelehnt (Ziff. 2).

Die Aufhebung des Bescheids erfolge, nachdem der ablehnende Asylbescheid bereits vor Ergehen des Bescheids vom 13. September 2017 gerichtlich aufgehoben worden sei und daher nicht negativ hätte berücksichtigt werden dürfen.

Die zu treffende Ermessensentscheidung führe (gleichwohl) zu einer negativen Entscheidung. Die Identität sei ungeklärt, der Antragsteller habe nach der zu Grunde zu legenden niedrigen Anerkennungsquote des Bundesamts für pakistanische Antragsteller, diese liege bei nur 4%, eine geringe Bleibeperspektive nach Abschluss des Asylverfahrens. Auf die strafrechtliche Verurteilung wurde abermals verwiesen.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2017, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag, hat der Bevollmächtigte des Antragstellers für das Klageverfahren seinen Antrags dahingehend geändert, dass – unter Aufrechterhaltung des Verpflichtungsantrags im Übrigen – die Aufhebung des Bescheids vom 2. Oktober 2017 beantragt werde.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 hat der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei schon unzulässig, weil die Hauptsache damit vorweggenommen werde. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet, da ein Anspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei, wobei der Antragsgegner im Weiteren die Bescheidsgründe wiederholend vertiefte.

Mit Schreiben vom 10. November 2017 trug der Bevollmächtigte des Antragstellers nochmals ergänzend vor. Insbesondere müsse die Firma schließen, wenn der Antragsteller seine Tätigkeit nicht fortsetzen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich sind danach ein Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit der Sache, sowie ein Anordnungsanspruch, der Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind nach § 123 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

1. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist der Antrag nicht schon unzulässig. Zutreffend verweist der Antragsgegner zwar auf das im Verfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich bestehende Verbot der endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache. Eine solche wird vom Antragsteller aber nicht begehrt, da er ausdrücklich (nur) die einstweilige, also bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens wirkende, Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis begehrt.

2. Der Antrag ist aber unbegründet. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis zur Berufsausbildung gemäß § 61 Abs. 2 AsylG nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Dies gilt unabhängig davon, ob hierfür eine Ermessensreduzierung auf Null zu verlangen ist (a.) oder man auch bei einer fehlerhaften Ermessensausübung Raum für eine einstweilige Anordnung sieht (b.). Eine Verpflichtung der Behörde zur Neuentscheidung ist im vorliegenden Fall ebenfalls ausgeschlossen (c.).

a. Der Antragsteller hat keine Ermessensreduzierung auf Null glaubhaft gemacht.

Hierbei ist zu prüfen, ob die von dem Betroffenen vorgetragenen Gesichtspunkte dazu führen, dass allein die begehrte, ihn begünstigende Entscheidung geboten ist und keine andere Entscheidung in Betracht kommt (vgl. bereits zu der Ermessensreduzierung auf Null bei § 10 und § 11 BeschVerfV a.F.: BayVGH, B.v. 10.3.2006 – 24 CE 05.2685 – juris Rn. 20).

Hieran fehlt es vorliegend schon deshalb, weil für das Gericht nach dem im Rahmen des Verfahrens nach § 123 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfungsumfangs, der Umfang der beantragten Beschäftigung nicht klar ist. Dem Antragsteller war in der Vergangenheit eine Beschäftigung in einem Umfang von 23,26 Stunden/Woche erlaubt. Sein mit Schreiben vom 24. August 2017 gestellter Verlängerungsantrag ist insoweit aber unklar, nachdem er dort zwar Teilzeit, aber – im Feld, das sich auf eine geringfügige Beschäftigung bezieht – nur einen Umfang von „25/26“ Stunden pro Monat angegeben hat. Diese Unklarheit im Tatsächlichen wird im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären sein, steht aber jedenfalls der Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null entgegen.

Weiterhin hat der Antragsteller zwar zutreffend auf einige Aspekte hingewiesen, die eine fehlerhafte Ermessensausübung des Landratsamts nahelegen. Eine lediglich fehlerhafte Ermessensausübung führt aber noch nicht auf eine Ermessensreduzierung auf Null.

Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich insbesondere auch nicht daraus, dass die Behörde in der Vergangenheit in Kenntnis von Aspekten, die grundsätzlich gegen die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis sprechen (hier etwa ungeklärte Identität und die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers), diese erteilt hat. Warum und inwieweit die Behörde zu einer veränderten Bewertung dieser Ermessensgesichtspunkte gekommen ist, bedarf weiterer Aufklärung, die im Rahmen des Klageverfahrens zu erfolgen hat. Das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes mit seinem gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfungsumfang kann dies nicht leisten. Es ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch in Anbetracht der früheren Entscheidungspraxis zu Gunsten des Antragstellers, eine neuerliche pflichtgemäße Ermessensausübung aus Anlass eines neuen Antrags zu einem Ergebnis zu Ungunsten des Antragstellers ausfallen kann.

b. Insbesondere in der Literatur wird vertreten, dass auch bei bloßen Ermessensfehlern zum Schutz des Anspruchs des Antragstellers auf fehlerfreie Ermessensausübung eine Regelungsanordnung ergehen kann (vgl. hierzu Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier VwGO § 123 Rn. 161b-161c mwN). Voraussetzungen hierfür sind nach dieser Auffassung, dass das Gericht die Ermessensfehlerhaftigkeit der Ablehnung der begehrten Behördenentscheidung feststellt und anhand der im Eilverfahren erkennbar gewordenen Umstände prognostiziert, dass die ermessensfehlerfreie (Neu-)Bescheidung seitens der Behörde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu der vom Antragsteller beantragten Verwaltungsmaßnahme führt. Für die Ermittlung des Ermessensfehlers gelten die allgemeinen Grundsätze (Ermessensausfall/-nichtgebrauch/-unterschreitung, Ermessensfehlgebrauch, Ermessensüberschreitung); ergibt die gerichtliche Prüfung, dass ein Ermessensfehler nicht vorliegt, fehlt der Anordnungsanspruch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Im gegenteiligen Fall liegt die erste Voraussetzung für die einstweilige Anordnung vor. Die sodann vom Gericht anzustellende Prognose zur überwiegenden Erfolgsaussicht des Antragstellers bei einer erneuten behördlichen Entscheidung ist dabei naturgemäß von den Umständen des konkreten Falles geprägt (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier VwGO § 123 Rn. 161b).

Im vorliegenden Fall spricht viel dafür, dass die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners ermessensfehlerhaft ergangen ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Bleibeperspektive eines Antragstellers gestützt auf die Berücksichtigung der Anerkennungsquoten des Bundesamts auf einen Ermessensfehler führt. Jedenfalls hat die Behörde sich im vorliegenden Fall nicht damit auseinandergesetzt, dass sie in der Vergangenheit Beschäftigungserlaubnisse erteilt bzw. verlängert hat, obwohl die Identität des Antragstellers ungeklärt war und obwohl sie – jedenfalls bei der letzten Verlängerung – von der strafrechtlichen Verurteilung wusste.

Daneben lassen sich dem Bescheid keinerlei zu Gunsten des Antragstellers streitende Ermessensgesichtspunkte entnehmen. Solche lagen aber insbesondere mit den in der Vergangenheit gewährten Erlaubnissen offensichtlich vor. Auch dass der Antragsteller sich seit über vier Jahren im Bundesgebiet befindet, ohne dass über seinen Asylantrag entschieden worden ist, wurde von der Behörde überhaupt nicht berücksichtigt.

Selbst bei Unterstellung eines Ermessensfehlers lässt sich aber nicht prognostizieren, dass eine ermessensfehlerfreie Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer Erteilung der Beschäftigungserlaubnis führen wird.

Dies folgt vorliegend schon aus der schon beschriebenen Unklarheit des Antrags in tatsächlicher Hinsicht, da sich aus dem Umfang der beantragten Beschäftigung möglicherweise seinerseits Ermessensgesichtspunkte ergeben könnten. Im Übrigen besteht ganz allgemein ein starkes öffentliches Interesse an der Klärung der Identität eines Bewerbers um eine Beschäftigungserlaubnis, nicht im Sinne einer strikten Erteilungsvoraussetzung nach § 61 Abs. 2 AsylG, wohl aber als im Rahmen des danach eröffneten Ermessens zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Selbst wenn dem Antragsteller ein Aufsuchen der für ihn zuständigen Botschaft unzumutbar sein sollte und ihm dies im Verfahren nach § 61 Abs. 2 AsylG nicht entgegengehalten werden dürfte, so entspricht es der Erfahrung des Gerichts, dass es durchaus auch andere Wege und Möglichkeiten für Asylbewerber gibt, ihre Identität nachzuweisen oder zumindest ihre Bemühung um eine Klärung der Identität darzulegen (so auch VG Münchenv. 5.4.2017 – M 9 K 17.254).

c. Eine Verpflichtung der Behörde zur Neubescheidung ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls ausgeschlossen.

Soweit man eine solche Entscheidung im Verfahren nach § 123 VwGO überhaupt für zulässig hält (so etwa Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier VwGO § 123 Rn. 162-162b, a.A. die ganz h.M. in der Rechtsprechung vgl. BVerwGE 63, 110; BayVGH B. v. 3. 6. 2002 - 7 CE 02.637 NVwZ-RR 2002, 839 mwN), scheidet sie im vorliegenden Verfahren aus, weil damit der durch die Antragstellung des Bevollmächtigten gezogene Rahmen überschritten würde (§ 88 VwGO). Der Antragsteller hat die vorläufige Erteilung der Beschäftigungserlaubnis beantragt. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Behörde zur Neubescheidung des Antrags verpflichtet wird, wäre keine vorläufige Entscheidung mehr, da dem Hauptsacheverfahren womöglich – bei einer Entscheidung zu Gunsten des Antragstellers – die Grundlage entzogen und so die endgültige Vorwegnahme herbeigeführt würde, ohne dass das Vorliegen der hierfür im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG anerkannten Ausnahmen erkennbar wäre. Insbesondere käme es hierfür auf, vorliegend aber nicht erkennbare, unbedingt schutzwürdige Interessen des Antragstellers selbst an und nicht – wie vorgetragen – auf solche seines Arbeitgebers. Selbst wenn es daher Anwendungsfälle für eine solche Verpflichtung zur Neubescheidung im Wege der einstweiligen Anordnung geben mag, fällt der vorliegende Fall nicht darunter.

3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn 1. das Asylverfahren nicht innerhalb

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Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Apr. 2017 - M 9 K 17.254

bei uns veröffentlicht am 05.04.2017

Tenor I. Der Bescheid vom 16. Dezember 2016 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, über die beantragte Ausbildungsgenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

I. Der Bescheid vom 16. Dezember 2016 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, über die beantragte Ausbildungsgenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger und der Beklagte haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung einer Ausbildungserlaubnis aufgrund der Entscheidung des Landratsamtes F. (Landratsamt) vom 16. Dezember 2016 und begehrt die Verpflichtung, eine Schneiderausbildung bei der Firma O. antragsgemäß gestattet zu bekommen.

Der Kläger behauptet, am 1. Januar 1983 geboren und afghanischer Staatsangehöriger zu sein. Er reiste - vermutlich am 4. August 2014 - ohne Papiere in das Bundesgebiet ein und gab an, er habe im Alter von 13 Jahren ohne seine Eltern Afghanistan verlassen und bis zu seiner Ausreise 2014 illegal im Iran gelebt und dort als Schneider gearbeitet. Am 18. August 2014 stellte der Kläger einen Asylantrag, über den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) bis heute nicht entschieden hat.

Der Kläger erhielt mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit eine bis 18. August 2018 gültige Beschäftigungserlaubnis als Helfer im Metall- und Zaunbau in Teilzeit (Bl. 77 der Behördenakte - BA) sowie eine bis 31. Mai 2019 gültige Beschäftigungserlaubnis als Hausmeisterhelfer in Teilzeit (Bl. 103 BA).

Am 14. Dezember 2016 bat die Firma O. um Mitteilung zur aufenthaltsrechtlichen Situation (Ausbildungsduldung) in Verbindung mit der Erlaubnis zur Beschäftigung des Klägers als Auszubildenden; beigefügt sei der Entwurf des Ausbildungsvertrages, unterschrieben vom Ausbildungsbetrieb sowie vom Kläger (Bl. 113 BA).

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass in seinem Fall eine Erlaubnis zur Ausbildung nicht erteilt werden könne. Männliche alleinstehende afghanische Staatsangehörige hätten eine negative Bleibeprognose. Nach neuer Weisungslage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern solle bei dem Vorliegen einer negativen Bleibeprognose eine Ausbildung nicht genehmigt werden. Dies sei der Firma O. mitgeteilt worden (Bl. 116 BA).

Das Schreiben enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung:oder sonstige Kennzeichnung als Bescheid.

Die Bevollmächtigte des Klägers bat mit Schreiben vom 27. Dezember 2016 um Mitteilung, ob eine weitere schriftliche Ablehnung erfolge, da ansonsten davon ausgegangen werde, dass es sich bei dem Schreiben des Landratsamtes vom 16. Dezember 2016 um einen Ablehnungsbescheid handele.

Nach Aktenlage verfügt der Kläger über das Zertifikat Deutsch A 1 für Zuwanderer vom 28. Juli 2016.

In der mündlichen Verhandlung stellte er klar, dass er im Rahmen eines privat finanzierten Integrationskurses wegen des Fehlens eines Platzes im Kurs A 2 erneut den Kurs A 1 für Zuwanderer besuche.

Ausweislich eines Aktenvermerks vom 7. Februar 2017 (Bl. 133 BA) gab der Kläger an, dass er eine in Afghanistan lebende Schwester habe, zu der er keinen Kontakt habe. Besprochen wurde, dass er über einen Kontakt zu seinen Verwandten versuchen solle, beglaubigte Kopien von deren Ausweisen zu beschaffen, um eigene Papiere zu besorgen. Der offizielle Antrag zur Erlaubnis zur Ausbildungsaufnahme sei bei dieser Vorsprache unter Vorlage des Ausbildungsvertrages sowie der Eintragung in die Lehrlingsrolle der Handwerkskammer gestellt worden.

In den Akten befindet sich weiter eine Anfrage der Klägerseite an das Generalkonsulat vom 6. Februar 2017 (Bl. 129 BA) wegen der Benennung von Rechtsvertretern in Afghanistan, um dort Papiere zu beschaffen.

Die Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom 17. Januar 2017 Klage und beantragte,

I. Die Entscheidung des Landratsamtes vom 16. Dezember 2016, dass die Ausbildungserlaubnis versagt wird, wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Ausbildung bei der Firma O. wie beantragt zu gestatten.

Hilfsweise:

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers, ihm die Ausbildung bei der Firma O. zu gestatten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Zur Begründung wird ausgeführt:

Die Ausbildungserlaubnis sei dem Kläger mit Schreiben vom 16. Dezember 2016, zugestellt am 20. Dezember 2016, abgelehnt worden. Dieses Schreiben sei ein belastender Verwaltungsakt, da es sich um eine hoheitliche Verfügung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalles handele. Der Kläger habe einen Anspruch auf die Erteilung der Ausbildungserlaubnis als Asylbewerber, der sich seit 3 Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhalte. Die Ablehnung sei ermessensfehlerhaft, da der Antragsteller bereits Beschäftigungserlaubnisse für zwei Arbeitsstellen habe. Der Ausbildungsplatz werde für den Kläger freigehalten. Nach der aktuellen Statistik des Bundesamtes für Dezember 2016 betrage die Schutzquote für Asylbewerber aus Afghanistan 55,80%; dies sei eine hinreichende Bleibeperspektive. Es läge eine Ermessensreduzierung auf Null vor, da statistische Werte für die Einzelfallentscheidung ungeeignet seien, da die Statistik des Bundesamtes schwanke und durch die Rechtsprechung beeinflusst werde und da der Kläger seine Mitwirkungspflichten nach dem Asylgesetz erfülle. Sein Helferkreis versuche, Papiere zu beschaffen. Dazu seien unter anderem 17 Anwälte in Afghanistan und Bekannte aus dem Heimatort kontaktiert worden. Die Beschaffung offizieller Dokumente sei schwierig, da der Kläger seit 2003 nicht mehr in Afghanistan gewesen sei. Im Übrigen sei nach ständiger Rechtsprechung die Beschaffung von Identitätspapieren bei der eigenen Auslandsvertretung erst nach dem Abschluss des Asylverfahrens zumutbar.

Das Landratsamt beantragte am 4. April 2017:

Klageabweisung.

Die Klage sei bereits als Verpflichtungsklage unzulässig, da gegenüber dem Ausbildungsbetrieb - wie im Betreff von dessen Anfrage genannt - nur eine Beratung erfolgt sei und da das Schreiben vom 16. Dezember 2016 an den Kläger keine Entscheidung, sondern nur eine Information gewesen sei. Eine entsprechende Anfrage der Bevollmächtigten sei aus organisatorischen Gründen nicht beantwortet worden. Der Kläger habe erst bei seiner Vorsprache am 7. Februar 2017 einen Antrag gestellt. Es sei beabsichtigt, einen Bescheid zu erlassen. Die Schutzquote für Asylbewerber aus Afghanistan nach der Statistik des Bundesamtes betrage im Februar 2017 44,56%, wobei die Quote für junge Männer noch geringer sei. Dem Antragsteller sei es zuzumuten, die Entscheidung des Bundesamtes über sein Asylverfahren abzuwarten. Seine Sprachkenntnisse seien für eine Ausbildung zu gering. Die Identität sei nicht geklärt.

In der mündlichen Verhandlung wurde die Möglichkeit erörtert, nachprüfbare Unterlagen als Anhaltspunkt für die Identität des Klägers aus Afghanistan oder dem Iran zu erhalten. Der Kläger wiederholte erneut, dass er seit 12 Monaten keinen Kontakt zu seiner Schwester in Afghanistan mehr habe und seine übrige Familie gestorben sei. Die Vertreter des Beklagten erklärten, dass in dem hier vorliegenden Einzelfall auch eine Prüfung anhand sonstiger Unterlagen in Betracht komme und erläuterten, dass auch aus sicherheitsrechtlichen Erwägungen auf plausible Nachweise der Identität des im vorliegenden Fall nach eigenen Angaben 34 Jahre alten Klägers nicht verzichtet werde könne. Dieser habe z.B. im Iran Nachbarn und einen Arbeitgeber gehabt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg und war im Übrigen abzuweisen.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, da das Schreiben des Landratsamtes vom 16. Dezember 2016 als ablehnender Verwaltungsakt zu betrachten ist, der aus der hier maßgeblichen Empfängersicht die Voraussetzungen des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 133 BGB entsprechend erfüllt. Diesbezügliche Missverständnisse gehen zu Lasten der Behörde, wenn einem Schreiben nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob es sich um eine Entscheidung im Einzelfall mit Regelungscharakter oder um ein einfaches Schreiben zur Information handelt. Eine entsprechende Anfrage der Bevollmächtigten des Klägers blieb unbeantwortet.

Der Bescheid vom 16. Dezember 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten. Der Beklagte war zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (§§ 113 Abs. 5 Satz 2, 114 Satz 1 VwGO).

Die Klage war im Übrigen abzuweisen, da keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt und deshalb kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Ausbildungserlaubnis besteht.

Nach § 61 Abs. 2 AsylG kann einem Asylbewerber, der sich seit 3 Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist.

Nach § 32 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (Beschäftigungsverordnung - BeschV) des Bundesministeriums der Justiz und Verbraucherschutz bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.

Im vorliegenden Fall ist der Kläger im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens, das bereits seit etwa 2,5 Jahren nicht abgeschlossen wurde. Die Schneiderlehre ist ein Ausbildungsberuf im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV, weshalb die Ausländerbehörde ohne Einschaltung der Bundesagentur für Arbeit alleine für die Erlaubnis zuständig ist.

Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Die Behörde hat sich bei ihrer durch das Gericht nur eingeschränkt überprüfbaren (§ 114 VwGO) Ermessensentscheidung auf die Weisung im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (IMS) vom 1. September 2016 über die Beschäftigung und Berufsausbildung von Asylbewerbern, geändert durch IMS vom 19. Dezember 2016, gestützt. Danach ist bei Asylbewerbern aus sonstigen Herkunftsstaaten, zu denen auch Afghanistan gehört, bei der Ermessensausübung die aktuelle Anerkennungsquote des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für den Herkunftsstaat des jeweiligen Asylbewerbers ein wesentlicher Gesichtspunkt. In Fällen geringer Anerkennungsquote und damit verbunden geringer Bleibewahrscheinlichkeit spreche die Überlegung, dass aussichtslose Asylanträge nicht mit dem Ziel einer Beschäftigung in Deutschland verfolgt werden sollten, für eine Ablehnung der Ausbildungserlaubnis. Die Gesamtanerkennungsquote des Bundesamtes ergebe sich aus der monatlich aktualisierten Entscheidungsstatistik.

Dieses Schreiben ist als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift zu sehen, um das Ermessen der verschiedenen Ausländerbehörden im Sinne einer landeseinheitlichen, gleichmäßigen Anwendung zu steuern. Solche Weisungen sind zulässig, da das ausländerbehördliche Ermessen dem Grunde nach durch Verwaltungsvorschriften gelenkt und gebunden werden darf (BVerwG, B.v. 27.12.1990 - 1 B 162/90).

Ob diese Weisung sich an den von § 61 Abs. 2 AsylG vorgegebenen Rahmen hält und mit höherrangigem Recht - insbesondere Unionsrecht - vereinbar ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung mehr. Das Landratsamt hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass es das Kriterium der Bleibewahrscheinlichkeit anhand der Statistiken des Bundesamtes nicht mehr bei der Ermessensentscheidung heranziehen werde. Es gelte die aktuelle Weisungslage aufgrund des IMS vom 27. Januar 2017. Danach hielten sich insbesondere für Afghanistan anerkennende und ablehnende Asylentscheidungen in etwa die Waage, weshalb es rechtlich unzulässig sei, Afghanen während des laufenden Asylverfahrens grundsätzlich eine Beschäftigungserlaubnis oder Erlaubnis zur Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung zu versagen; es seien verstärkt andere Ermessenskriterien in den Blick zu nehmen.

Unter Berücksichtigung dieser aktualisierten Weisungslage und der Erklärung des Landratsamtes, dass das Kriterium der Bleibewahrscheinlichkeit nach der auf das Jahr fortgeschriebenen Monatsstatistik des Bundesamtes nicht herangezogen werde, konnte die Entscheidung vom 16. Dezember 2016 keinen Bestand mehr haben und war aufzuheben. Sonstige Ermessenserwägungen - außer der Bezugnahme auf die geringe Bleibeperspektive - wurden nicht angestellt.

Die Beklagte war zur Neuverbescheidung des Antrags unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.

Unerheblich ist, ob nach der zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung vom 16. Dezember 2016 maßgeblichen Weisungslage die Ablehnung zu Recht erfolgte, da bei der hier vorliegenden Verpflichtungsklage auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist.

Ungeachtet dessen wird darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der Kammer die monatliche Gesamtstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ein sachlich ungeeignetes Kriterium ist. Zum einen wird diese Gesamtstatistik sehr stark davon beeinflusst, welches Land gerade entschieden wird; eine gleichmäßige, kontinuierliche Entscheidungspraxis für alle Länder besteht erfahrungsgemäß nicht. Zum anderen spiegelt die Entscheidungsstatistik des Bundesamtes nicht zuverlässig die exakte Schutzquote wieder, da dazu auf die bestandskräftigen Entscheidungen nach dem Ablauf der Rechtsmittelfrist, gegebenfalls nach Erschöpfung des Rechtsweges abgestellt werden muss. Die Zahlen sind bereits wegen der Weisungsabhängigkeit des Bundesamtes nicht annähernd identisch, mit der Folge, dass wegen dieser Schwankungen die monatliche Entscheidungsstatistik einen zu kurzen Zeitraum erfasst mit der Gefahr, dass jeden Monat eine andere Entscheidung möglich wird. Daran ändert sich grundsätzlich auch nichts, soweit auf die monatlich fortgeschriebene Statistik des jeweiligen Jahres abgestellt wird, jedenfalls nicht bei Herkunftsländern mit nicht eindeutigen Entscheidungsergebnissen. Diesem Umstand ist bei der hier vorzunehmenden Neuentscheidung Rechnung zu tragen.

Das Landratsamt hat seine Entscheidung bisher ausschließlich auf die Bleibewahrscheinlichkeit anhand der Statistik des Bundesamtes gestützt und im Übrigen keine weitere Prüfung vorgenommen. In seiner Ermessensentscheidung hat es unter Berücksichtigung der aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecke die privaten Belange des Klägers, der sich bereits seit 2,5 Jahren im Asylverfahren befindet und das öffentliche Interesse unter Berücksichtigung einwanderungspolitischer Ziele zu prüfen, abzuwägen und zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung besteht auch ein öffentliches Interesse daran, einen nachprüfbaren Nachweis des Klägers dafür zu haben, wer er ist, wie alt er ist und wo er gelebt und gearbeitet hat. Soweit der Kläger vorträgt, er sei 34 Jahre alt und habe keine lebende Verwandtschaft - mit Ausnahme einer Schwester, mit der er seit einem Jahr keinen Kontakt mehr habe - ist dies nicht überzeugend. Der Kläger ist bereits im fortgeschrittenen Alter und hat nach seinen Angaben im Iran gelebt und gearbeitet.

Unter Berücksichtigung der technischen digitalen Möglichkeiten hält es die Kammer für ausgeschlossen, dass es ihm nicht möglich sein sollte, die entsprechenden Nachweise dafür - zumindest als Kopie oder Fotografie - von Nachbarn, Freunden, Arbeitgeber etc. im Iran oder seinem Geburtsort in Afghanistan zu erhalten, aufgrund derer dann gegebenfalls weitere Identitätsnachweise eingeholt werden können.

Die Klage war abzuweisen, soweit der Kläger die Erteilung der Ausbildungserlaubnis beantragt hat. Im vorliegenden Fall liegt keine Ermessensreduzierung auf Null vor, da das Landratsamt weitere Sachaufklärung betreiben und auf deren Grundlage eine erneute Ermessensentscheidung treffen muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Das Verfahren ist als Streitigkeit nach dem Asylgesetz gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.