Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Aug. 2017 - M 22 E 17.3537

published on 09/08/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Aug. 2017 - M 22 E 17.3537
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Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller sowie dessen Ehefrau und Kindern ab … August 2017 zur Behebung der diesen drohenden Obdachlosigkeit eine Notunterkunft zuzuweisen und vorläufig zur Verfügung zu stellen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers nach § 123 VwGO ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht, vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO.

1. Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Zuweisung einer Unterkunft zu Vermeidung von Obdachlosigkeit ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Danach ist die Sicherheitsbehörde zum Tätigwerden verpflichtet, um die in der Obdachlosigkeit bestehende Gefahr für Leben und Gesundheit des Betroffenen abzuwehren.

Obdachlos ist derjenige, der ohne Unterkunft ist bzw. dem der Verlust seiner ständigen oder vorübergehenden Unterkunft, etwa infolge anstehender Zwangsräumung nach mietrechtlichen Streitigkeiten, unmittelbar droht (VG Würzburg, B.v. 1.7.2013 – W 5 E 13.525 – juris Rn. 4). Ob Obdachlosigkeit vorliegt, ist anhand objektiver Kriterien zu bestimmen, insbesondere ist aus sicherheitsrechtlicher Sicht nicht zu prüfen, ob und inwieweit der Zustand der Obdachlosigkeit auf einem Verschulden des Antragstellers beruht (vgl. BayVGH, B.v. 9.10.2015 – 4 CE 15.2102 – juris Rn. 2). Zusätzlich setzt das Vorliegen von Obdachlosigkeit voraus, dass es dem Betroffenen nicht möglich ist, die Wohnungslosigkeit aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln zu beseitigen. Dies folgt aus dem Subsidiaritätsgrundsatz, wonach die Selbsthilfe Vorrang vor dem Einschreiten der Sicherheitsbehörde nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG besitzt (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2008 – 4 CE 07.2893 – juris Rn. 7; VG Augsburg, B.v. 1.12.2016 – Au 7 E 16.1669).

2. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Antragsgegnerin nach summarischer Prüfung verpflichtet, den Antragsteller und seine Familie vorübergehend obdachlosenrechtlich unterzubringen.

2.1 Ein Anordnungsgrund ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der bevorstehenden Zwangsräumung der vom Antragsteller und seiner Familie derzeit bewohnten Mietwohnung am kommenden …, den … August 2017. Anhaltspunkte dafür, dass die Zwangsräumung nicht stattfindet, sind nicht erkennbar.

2.2 Der Antragsteller kann auch einen Anordnungsanspruch auf obdachlosenrechtliche Unterbringung hinreichend glaubhaft machen. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich nach Ansicht des Gerichts nichts dafür, dass der Antragsteller die drohende Obdachlosigkeit mit eigenen Mitteln und aus eigener Kraft beseitigen könnte. Für eine Abwendung der Obdachlosigkeit durch ein vorübergehendes Unterkommen bei Freunden oder Bekannten ist – schon aufgrund der Größe der Familie – nichts ersichtlich. Auch eine Anmietung einer Wohnung oder eines Zimmers dürfte für den Antragsteller gegenwärtig nicht zu bewerkstelligen sein. Zum einen erscheint bereits zweifelhaft, dass der Antragsteller bis zum Greifen der ab 1. September 2017 erfolgten Zimmerreservierung kurzfristig überhaupt eine geeignete Unterkunftsmöglichkeit beschaffen kann. Aus den Akten ergibt sich, dass der Antragsteller in der Vergangenheit – auch unter Zuhilfenahme der Antragsgegnerin sowie der Wohnungsnothilfe – vergeblich versucht hat, eine angemessene Wohnung für sich und seine Familie zu finden (vgl. Bl. 77 der Behördenakte). Auch die Antragsgegnerin hat sich ausweislich Blatt 118 der Behördenakte bislang schwer getan, kurzfristig eine Wohnungsmöglichkeit für eine vierköpfige Familie zu finden. Zum anderen geht das Gericht davon aus, dass dem Antragsteller selbst bei Vorhandensein einer geeigneten Wohnung oder eines geeigneten Pensionsbzw. Hotelzimmers eine Anmietung nicht möglich ist, da er nicht über genügend finanzielle Mittel hierfür verfügt. Dem Antragsteller und seiner Familie stehen ausweislich der vorgelegten Abrechnungen der Brutto/Netto-Bezüge sowie einer telefonischen Auskunft von Herrn … (* … – Wohnungsnotfallhilfe) vom 8. August 2017, der die Familie aufgrund von Sprachschwierigkeiten auch bei der Stellung der Anträge nach SGB II betreut, insgesamt monatlich ca. 1.430,- Euro (netto) zur Verfügung. Für Lebensunterhalt und Unterbringung einer vierköpfigen Familie dürften diese finanziellen Mittel nicht ausreichen, zumal das günstigste Unterbringungsangebot, das die Antragsgegnerin einholen konnte, einen Mietpreis von 963,- Euro brutto ausweist.

Der Bejahung eines Anordnungsanspruchs steht auch nicht entgegen, dass dem Antragsteller ggf. Hilfeleistungen nach dem SGB II zustehen und er diese mittlerweile beantragt hat. Solange diese (unter Berücksichtigung etwaiger Unterkunftskosten) nicht gewährt werden und eine entsprechende Unterkunft nicht zur Verfügung steht, bleibt die Antragsgegnerin weiterhin zur Abwehr einer bestehenden oder drohenden Obdachlosigkeit verpflichtet.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
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published on 01/12/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von … wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. III. Die Antragstellerin hat die
published on 09/10/2015 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe
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published on 09/08/2017 00:00

Tenor I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller sowie dessen Ehefrau und Kindern ab … August 2017 zur Behebung der diesen drohenden Obdachlosigkeit eine Notunterkunft zuzuwe
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.