Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Nov. 2014 - M 20 P 14.1510

published on 04/11/2014 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Nov. 2014 - M 20 P 14.1510
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Gericht

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Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller, das gewählte Personalvertretungsgremium der Beschäftigten des nichtrichterlichen Dienstes beim Landgericht (LG) ..., macht einen Informationsanspruch gegenüber dem Dienststellenleiter geltend.

1. Bei Beförderungsentscheidungen in Bezug auf Beamte beim LG ... die auf der Ebene des Oberlandesgerichts (OLG) getroffen werden, wird der Antragsteller gemäß der Regelung des Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG durch die beim OLG gebildete Stufenvertretung durch die Möglichkeit zur Äußerung beteiligt. Dazu erhält der Antragsteller von der Stufenvertretung die Zustimmungsanfrage mit den dort enthaltenen Personaldaten.

Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beteiligten erhält bei diesen Beförderungsentscheidungen die beim OLG gebildete Stufenvertretung neben der (an den Antragsteller weitergeleiteten) Zustimmungsanfrage die (überwiegend) anonymisierten Beförderungslisten für die jeweiligen Vergleichsgruppen bezogen auf alle Oberlandesgerichtsbezirke des Freistaates Bayern. In diesen Listen sind alle zur Beförderung vorgesehenen Beamten des OLG-Bezirks namentlich genannt und deren maßgebliche Personaldaten, die der Beförderungsentscheidung zugrunde gelegt worden sind (Beurteilungsprädikate der aktuellen Beurteilung und der Vorbeurteilung, Wartezeit), aufgeführt.

Gleichzeitig wurden dem Antragsteller mit der ihm übermittelten Zustimmungsanfrage vom Dienststellenleiter des LG ... in der Vergangenheit nicht anonymisierte Listen mit den Beurteilungsprädikaten sämtlicher Beamter der jeweiligen Vergleichsgruppe des LG ... übermittelt.

Diese Praxis stellte der Beteiligte im November 2013 ein und wies darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes der Antragsteller gegenüber dem Beteiligten einen derartigen Informationsanspruch nicht geltend machen könne. An dieser Auffassung hielt der Beteiligte auch nach einem Gespräch im Januar 2014 fest und lehnte demzufolge in einem Beförderungsverfahren mit Schreiben vom .... Februar 2014 gegenüber dem Antragsteller die Mitteilung der Beurteilungsergebnisse der übrigen Beamtinnen und Beamten der jeweiligen Vergleichsgruppe ab.

2. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. April 2014 leitete der Antragsteller das Beschlussverfahren ein.

Der Antrag sei zulässig, da der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition betroffen werden könne. Eine vorgerichtliche Einigung zwischen den Parteien sei nicht möglich gewesen, die Rechtsfrage sei deshalb gerichtlich zu klären. Der Antragsteller könne auch einen entsprechenden Informationsanspruch gegen den Beteiligten geltend machen. Nach Art. 69 Abs. 2 BayPVG sei der Personalrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Ihm seien dafür erforderliche Unterlagen zu übermitteln, im Umfang der Aufgabe des Personalrats bestehe eine entsprechende Informationspflicht der Dienststelle. Vorliegend habe der Antragsteller aus Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG die Aufgabe, gegenüber der Stufenvertretung zu den beabsichtigten Beförderungsmaßnahmen Stellung zu nehmen. Diese „unterstützende Rolle“ könne nur korrekt ausgeübt werden, wenn dem Antragsteller umfassende Informationen über die Beurteilungen der Vergleichsgruppe am LG ... zur Verfügung stünden. Die Stufenvertretung erhalte diese Informationen nicht, eine umfassende, alle Aspekte der Dienststelle betreffende Stellungnahme des Antragstellers gegenüber der Stufenvertretung sei damit nicht möglich. Gegen diese Bereitstellung von Informationen an den Antragsteller bestünden auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Das Bundesverwaltungsgericht habe insoweit zum betrieblichen Eingliederungsmanagement dargelegt, dass der Personalrat im Verhältnis zur Dienststelle nicht Dritter und damit datenschutzrechtlich nachteilig zu behandeln sei.

Der Antragsteller lässt beantragen:

Es wird festgestellt, dass die Dienststelle verpflichtet ist, dem örtlichen Personalrat anlässlich von Anhörungen nach Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG die Beurteilungsergebnisse der von ihrer Stellung her relevanten Beamten (Vergleichsgruppe) mitzuteilen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 20. Mai 2014 ausgeführt, dass die Beförderungsentscheidungen alleine auf der Ebene des Oberlandesgerichts zu treffen seien. Die dortige Stufenvertretung (Bezirkspersonalrat) werde durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts über die beabsichtigten Beförderungen informiert, dabei werde der Stufenvertretung auch eine entsprechende Übersichtsliste zur Verfügung gestellt. Damit sei die rechtzeitige und umfassende Information der zuständigen Stufenvertretung gewährleistet, ein zusätzlicher Informationsbedarf auf der Ebene der örtlichen Personalvertretung sei deshalb nicht mehr gegeben. Soweit der örtliche Personalrat weitere Daten wünsche, müsse er dies mit der zuständigen Stufenvertretung klären, gegenüber dem Beteiligten könne der örtliche Personalrat keinen weiteren Informationsanspruch geltend machen. Die früher abweichende Praxis des Geschäftsleiters des LG ... habe gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen und sei deshalb nach dem Amtswechsel beendet worden.

Der Vorsitzende hat am 26. August 2014 einen Gütetermin durchgeführt, die Kammer hat die Beteiligten am 4. November 2014 mündlich angehört. Auf die jeweilige Sitzungsniederschrift wird verwiesen, ebenso auf den Inhalt der Gerichtsakte.

II.

Der zulässig erhobene Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Der Antrag zur Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten nach dem Bayrischen Personalvertretungsrecht ist nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 3, Art. 82 Bayrisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. November 1986 (GVBl S. 349), geändert durch § 1 Nr. 18 des Gesetzes zur Änderung des BayPVG und weiterer Rechtsvorschriften vom 24. Juli 2013 (GVBl S. 450) zulässig erhoben. Insbesondere bestehen an der Antragsbefugnis des Personalvertretungsgremiums keine Zweifel, die Klärung des Umfangs der Informationsverpflichtung der Dienststelle gegenüber dem Personalrat ist vom konkreten Anlassfall unabhängig.

2. Der Antrag ist unbegründet. Der Antragsteller kann gegen den Beteiligten keinen Anspruch auf Mitteilung der Beurteilungsergebnisse der Vergleichsgruppe der Beamten der Dienststelle geltend machen, wenn die Beförderungsentscheidung nicht durch den Beteiligten sondern durch die übergeordnete Dienststelle getroffen wird.

a) Der Antragsteller stützt sein Feststellungsbegehren auf Art. 69 Abs. 2 i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG. Aufgrund der dem Präsidenten des Landgerichts als Dienststellenleiter obliegenden Unterrichtungsverpflichtung könne er einen Anspruch auf die Vorlage aller Beurteilungsergebnisse der Vergleichsgruppe der Beamten des Landgerichts durch den Dienststellenleiter im Rahmen der Beförderungsentscheidung auf der Ebene des Oberlandesgerichts geltend machen. Nur bei vollständiger Kenntnis der Beurteilungsergebnisse derer Vergleichsgruppe könne er seiner Aufgabe aus Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG in sachgerechter Weise nachkommen.

b) Mit dieser Auffassung, dass die ihm in Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG als Aufgabe zugewiesene Mitwirkung eigenständige Informationsrechte gegenüber dem Dienststellenleiter begründet, verkennt der Antragsteller den Umfang seines Informationsanspruchs.

aa) Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der Entscheidung vom 8. Juli 1981 für einen vergleichbaren Sachverhalt ausgeführt:

„Das bedeutet für den Bereich beteiligungspflichtiger Angelegenheiten im Sinne der Art. 75 ff. BayPVG, in dem das Informationsbedürfnis des Personalrats naturgemäß am stärksten ist, dass Informationen über die abschließende Bewertung von dienstlichen Beurteilungen dem Personalrat vom Leiter der Dienststelle, bei der er gebildet ist, nur dann und insoweit mitzuteilen wäre, wenn sie erforderlich wären, um eine selbständige Entscheidung des Personalrats über eine solche beteiligungspflichtige Maßnahme der Dienststelle zu ermöglichen (…). An einer solchen Fallgestaltung fehlt es hier. Die dienstliche Beurteilung der Beamten des Amtsgerichts M. durch den Präsidenten dieses Gerichts gehört nicht zu den Angelegenheiten, in denen der Personalrat nach Art. 75 ff. BayPVG zu beteiligen ist. Beförderungsentscheidungen unterliegen zwar nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 BayPVG der Mitbestimmung des Personalrats, werden aber für die beim Amtsgericht.... tätigen Beamten vom Präsidenten des Oberlandesgerichts .... und nicht vom Präsidenten des Amtsgerichts .... getroffen. Hier ist deshalb nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 BayPVG anstelle des Personalrats beim Amtsgericht.... der Bezirkspersonalrat beim Oberlandesgericht .... zu beteiligen“ (BayVGH, B. v. 8.7.1981 – 17 C 81A.559 – PersV 1984, 414 f.)

Die Entscheidung über die Beförderung von Beamten des Landgerichts ... ist vorliegend auf der Ebene der beim OLG gebildeten Stufenvertretung mitbestimmungspflichtig im Sinne des Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 BayPVG. Damit obliegt auch alleine der Stufenvertretung die Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 75 Abs. 2 BayPVG. Die Aufgabe zur Mitwirkung an der Beförderungsentscheidung besteht somit alleine auf der Ebene der beim OLG gebildeten Stufenvertretung.

Eine eigenständige Aufgabe der örtlichen Personalvertretung gegenüber dem Dienststellenleiter liegt damit nicht vor. Ein eigenständiger Informationsanspruch des örtlichen Personalrats gegenüber dem Dienststellenleiter ist somit ausgeschlossen (BayVGH, B.v. 8.7.1981 a.a.O S. 415; vgl. auch BVerwG, B.v. 2.10.2000 – 6 P 11/99 – PersR 2001, 80/82 = juris Rn. 29; BVerwG, B.v. 13.9.2010 – 6 P 14/09 – PersR 2010, 494/498 = juris Rn. 24).

bb) Auch aus der Anhörung des örtlichen Personalrats im Rahmen des Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG ist ein Informationsanspruch gegenüber dem Dienststellenleiter nicht begründbar.

(1) Zwar hat die Stufenvertretung nach Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG den Antragsteller als örtlichen Personalrat vor seiner Beschlussfassung die Gelegenheit zur Äußerung in Bezug auf diejenigen zur Beförderung vorgeschlagenen Beamten zu geben, die als Beschäftigte der Dienststelle, bei der der Antragsteller als Personalrat gebildet ist, tätig sind. Trotz dieser Mitwirkung des Antragstellers bleibt es aber die alleinige Aufgabe der Stufenvertretung, über die vorgeschlagene Beförderung mitzubestimmen (vgl. BVerwG, B.v. 13.9.2010 a.a.O. Rn. 24; ebenso OVG Lüneburg, B.v. 4.5.2010 – 5 ME 54/10 – PersV 2010, 347 = juris Rn. 13).

Eine eigene Aufgabe des Antragstellers als örtlichem Personalrat im Verhältnis zum Dienststellenleiter wird dadurch nicht begründet (vgl. BayVGH, B.v. 8.7.1981 a.a.O. S. 415: „Zu diesen Informationen kann die abschließende Bewertung von dienstlichen Beurteilungen der für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten des Amtsgerichts ... nicht gehören“). Aufgrund dieser fehlenden Aufgabenzuweisung an den örtlichen Personalrat scheidet aber auch ein eigener Informationsanspruch gegenüber dem Dienststellenleiter aus. Denn die Beteiligung im Rahmen der Anhörung nach Art. 80 Abs. 2 Satz 1 BayPVG ist nach der gesetzlichen Ausgestaltung ausschließlich eine interne Aufgabe gegenüber der Stufenvertretung, nicht aber eine Aufgabe gegenüber dem Dienststellenleiter (BayVGH, B.v. 8.7.1981 a.a.O. S. 415 f.).

(2) Hinzu kommt, dass die Stufenvertretung im Rahmen ihrer Aufgabe nach Art. 75 Abs. 2 Nr. 1 BayPVG durch den zuständigen Dienststellenleiter im Rahmen der dazu getroffenen Dienstvereinbarung informiert wird und die Stufenvertretung diese Information als ausreichend ansieht. Wenn der Antragsteller über diese Information hinaus vorliegend einen Anspruch auf die Kenntnis sämtlicher weiterer Beurteilungsergebnisse der Vergleichsgruppe der Beamten der Dienststelle geltend macht, hätte er umfassendere Kenntnisse als die Stufenvertretung, die nur die Beurteilungen der zur Beförderung vorgeschlagenen Beamten als Information für seine Entscheidung im Mitbestimmungsverfahren erhält. Die Stufenvertretung sieht diese Information offensichtlich für ihre Mitbestimmungsentscheidung als ausreichend an. Für die dem Antragsteller als örtlichen Personalrat in Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG eröffnete Äußerungsmöglichkeit ist im Rahmen dieser „unterstützenden“ Rolle (vgl. BVerwG, B.v. 2.10.2010 a.a.O. Rn. 36) keine weitergehende Kenntnis der Beurteilungsergebnisse der Vergleichsgruppe nötig.

Wenn der Antragsteller diese der Stufenvertretung zur Verfügung stehenden Informationen als nicht ausreichend erachtet und deshalb auf dieser Grundlage eine abschließende Äußerung nach Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG als nicht möglich ansieht, kann er die Stufenvertretung darauf hinweisen. Damit ist jedoch kein Anspruch auf die Übermittlung der vom Antragsteller als notwendig angesehenen Beurteilungsergebnisse der gesamten Vergleichsgruppe gegenüber dem Dienststellenleiter verbunden. Denn insoweit verbleibt es bei der alleine der Stufenvertretung aus Art. 80 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayPVG obliegenden Aufgabe der Mitwirkung an der Beförderungsentscheidung (ebenso für die zu Art. 80 Abs. 2 BayPVG inhaltsgleiche Regelung in § 82 Abs. 1 und 2 BPersVG: BVerwG, B.v. 2.10.2000 a.a.O. Rn. 36).

Mangels Anspruch des Antragstellers gegenüber dem Beteiligten war der Antrag somit abzuweisen.

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(1) Der Personalrat einer nachgeordneten Dienststelle kann die Angelegenheit binnen drei Arbeitstagen nach Zugang der Mitteilung auf dem Dienstweg den übergeordneten Dienststellen, bei denen Stufenvertretungen bestehen, mit dem Antrag auf Entscheidung schriftlich oder elektronisch vorlegen. Die übergeordneten Dienststellen entscheiden nach Verhandlung mit der bei ihnen bestehenden Stufenvertretung. § 71 Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. Eine Kopie seines Antrags leitet der Personalrat seiner Dienststelle zu.

(2) Ist ein Antrag nach Absatz 1 gestellt, so ist die beabsichtigte Maßnahme bis zur Entscheidung der angerufenen Dienststelle auszusetzen.