Verwaltungsgericht München Beschluss, 24. Sept. 2018 - M 13 K 18.742

bei uns veröffentlicht am24.09.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe

Die Klage-/Antragspartei hat am 19.09.2018 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Gegenpartei hat am 20.09.2018 der Erledigung zugestimmt.

Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da er unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes bei der Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. Beide Auflagen unter Ziffer II.6.3. des Bescheides der Beklagten vom 15. Februar 2018 sind nach Ansicht des Gerichtes im vorliegenden Fall rechtmäßig festgesetzt worden. Bezüglich der Auflage unter 6.3.1 (angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan“ inkl. dem Portrait Abdullah Öcalans) wird auf die Entscheidungen im Eilverfahren (VG München, B.v. 16.2.2018 - M 13 S 18.743; VGH München, B.v. 16.2.2018 - 10 CS 18.405) verwiesen. Auch die Auflage unter Ziffer 6.3.2 (Kundgebungsmittel mit der Aufschrift YPG, YPJ, PYD) ist aus Sicht des Gerichtes rechtmäßig.

Die Beklagte durfte aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses davon ausgehen, dass das Zeigen oder Verteilen von Kundgebungsmitteln mit dem Schriftzug YPG, YPJ oder PYD als Verwenden eines Kennzeichens einer verbotenen Vereinigung i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG anzusehen ist und damit gegen die öffentliche Sicherheit im Sinne des Art. 15 BayVersG verstößt.

Hierbei konnte sich die Beklagte auf das Gesamtbild der angezeigten Versammlung stützen. Insbesondere kann auf die Stellungnahmen des Polizeipräsidiums M* … verwiesen werden. Die mit e-mail am 9. Februar 2018 um 14.04 Uhr bei der Beklagten eingegangene Stellungnahme legt dar, dass nach Ansicht der Staatsanwaltschaft M* … I auch die Fahnen syrischer Organisationen wie YPG, PYD und PJV „per se“ unter das Verbot fallen. Dies, die Einschätzung der Gefahrenlage durch das Polizeipräsidium M* … vom 12.2.2018 und die im Übrigen von der Beklagten in der Gefahrenprognose dargelegten Gesichtspunkte (Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 2. März 2017, gleichzeitiges Zeigen von Abbildungen Abdullah Öcalans, konkretes Versammlungsthema, Kooperationsgespräch, Pressemitteilung des Veranstalters) tragen nach Ansicht des Gerichtes die Auffassung, dass mit Straftaten zu rechnen gewesen ist und deshalb von einer unmittelbaren Gefährdung der öffentliche Sicherheit durch die Versammlung ohne die Auflage unter Ziffer 6.3.2 auszugehen war.

Die Gefahrenprognose wird durch die hierzu ergangene Rechtsprechung gestützt. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche rechtliche Ansichten, wann das Zeigen von Fahnen der Organisationen YPG, YPJ und PYD als strafbar angesehen werden kann.

Zum einen wird angenommen, bei den genannten Organisationen selbst handele es sich nicht um verbotene oder von einem Betätigungsverbot betroffene Vereine, so dass §§ 20 Abs. 1, 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 VereinsG grundsätzlich nicht einschlägig sein könne. Eine Strafbarkeit des Zeigens dieser Symbole und eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei nur anzunehmen, wenn durch die Verwendung dieser Symbole und den Anlass und das Ziel der Versammlung ein Kontext zur PKK hergestellt werden könne (VG Frankfurt a. Main, U.v. 29.8.2017 - 5 K 4403/16 - Pressemitteilung unter beck-online; VG Gelsenkirchen, B.v. 19.2.2018 - 14 L 337/18 - juris; VG Darmstadt, B.v. 2.3.2018 - 3 L 522/18.DA - juris; LG Aachen, B.v. 13.2.2018 - 66 Qs 73/17 - juris).

Zum anderen wird vertreten, dass der Tatbestand des § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 VereinsG dann erfüllt ist, wenn sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen ließe, dass ein mit einem entsprechenden Verbot belegter Verein (hier die PKK) die Flagge der YPG als eigenes Kennzeichen usurpiert hat. Dafür, dass die PKK die Flagge der YPG tatsächlich als eigenes Kennzeichen usurpiert habe, lägen bereits ausreichende Anhaltspunkte vor (vgl. insgesamt LG München I, B.v. 24.5.2018 - 18 Qs 3/18 - juris; ähnlich VG Oldenburg, B.v. 1.6.2018 - 7 B 2198/18 - juris).

Zusammenfassend geht die zunächst zitierte Rechtsprechung von einer Strafbarkeit des Zeigens der streitgegenständlichen Flaggen aus, wenn die Verwendung im Kontext zur PKK erfolgt. Die als zweites zitierte Rechtsprechung geht von einer grundsätzlichen Strafbarkeit des Zeigens der streitgegenständlichen Flaggen aus. Diese entfalle nur, wenn eindeutig der Kontext zur PKK nicht gegeben ist.

Im vorliegenden Fall ist nach beiden Rechtsauffassungen von einer drohenden strafbaren Handlung durch das Verwenden der YPG, YPJ und PYD Kennzeichen und damit von einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auszugehen, da sowohl die behördlichen Schreiben als auch die individuellen Umstände der konkreten Versammlung einen Kontext der Verwendung der Fahnen der YPG, PYD und YPJ zu der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) herstellen. Insbesondere ergibt sich dies aus dem Versammlungsthema, das ausdrücklich auch die PKK miteinbezieht, sowie aus den übrigen Äußerungen des Veranstalters beispielsweise im Kooperationsgespräch oder in der Pressemitteilung und der Tatsache, dass gleichzeitig die Verwendung von Abbildern Abdullah Öcalans angezeigt wurde.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Streitwertkatalog.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Vereinsgesetz - VereinsG | § 20 Zuwiderhandlungen gegen Verbote


(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit 1. den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisat

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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 6.3.2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 wird mit der Maßgabe angeordnet, dass beim Zeigen oder Verwenden der Kundgebungsmittel, die den Schriftzug YPG, YPJ od

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen beschränkende Verfügungen der für den 17. Februar 2018 angezeigten Versammlungen, mit denen den Versammlungsteilnehmern verboten wird, Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zu zeigen oder zu verteilen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans oder mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind.

Der Antragsteller zeigte als Veranstalter am 25. Oktober 2017, zuletzt geändert am 12. Februar 2018, Veranstaltungen für den 17. Februar 2018 an. Diese sollen bestehen aus einer sich fortbewegenden Versammlung (Auftaktkundgebung am ... von 12:30 Uhr bis 14:00 Uhr, Schlusskundgebung am ... von 14:30 Uhr bis 17:00 Uhr), einer Menschenkette (vom Karls Platz über die Neuhauser Straße und die ... bis zum ... von 14:00 Uhr bis ca. 15:00 Uhr) sowie einer stationären Kundgebung mit Info-Point (... ... 8 von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr). Als Thema der Versammlung wurde angegeben: „Demonstration gegen die NATO-Kriegstagung in München – gegen Aufrüstung, Kriegspropaganda und Kriegsvorbereitung, gegen Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus und Anti-Islam-Hetze – Solidarität mit Flüchtlingen“. Mit E-Mail vom 12. Februar 2018 wurde das Versammlungsthema folgendermaßen erweitert: „Der Angriff der Türkei auf den kurdischen Kanton Afrin in Nordsyrien wird zentraler Bestandteil der Demonstration gegen die NATO-Sicherheitskonferenz sein“. Als Kundgebungsmittel wurden angezeigt: Bühne, Feuerwehrauto, Lautsprecheranlage, Redebeiträge mit Musik, Infostände mit Pavillons, Performance, Trommlergruppe, Musikgruppe, Transparente, Tafeln, Schilder, Fahnen, tragbare Demo-Objekte, Flugblätter, Megaphone, ein fahrbarer Demolautsprecher sowie ca. 100 heliumgefüllte und 100 luftgefüllte Ballons (ca. 30 cm Durchmesser). Mit E-Mail vom 6. Februar 2018 wurden folgende weitere Kundgebungsmittel angezeigt: Fahnen, Transparente und Schilder mit der Forderung „Freiheit für Öcalan“ inkl. der Abbildung Abdullah Öcalans sowie Fahnen, Transparente und Schilder mit Emblemen der syrisch-kurdischen PYD, der YPG und der YPJ. Die Teilnehmerzahl wurde mit ca. 4.000 prognostiziert.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2018 und 9. Februar 2018 nahm das Polizeipräsidium ... zu den geplanten Versammlungen Stellung.

Im Rahmen des Kooperationsgesprächs vom 12. Februar 2018 führte der Antragsteller unter anderem aus, die Demonstration werde sich für eine Freilassung Abdullah Öcalans einsetzen, der – wie auch seinerzeit Nelson Mandela – als politischer Gefangener inhaftiert sei. Dabei solle auch die Forderung, das PKK-Verbot abzuschaffen, formuliert werden. Mit den Symbolen der PYD, YPG und YPJ solle der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der Türkei auf Afrin thematisiert werden. Die PYD, YPG und YPJ würden als Teil der Anti-IS-Koalition kämpfen.

Mit E-Mail vom 13. Februar 2018 wurde der Antragsteller zu den beabsichtigten beschränkenden Verfügungen angehört.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2018 erließ die Antragsgegnerin beschränkende Verfügungen für die angezeigten Versammlungen. Unter Ziffer II.6.3. enthält der Bescheid unter der Überschrift „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ die nachfolgenden Beschränkungen:

6.3.1 angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan“ inkl. dem Portrait Abdullah Öcalans Die Versammlungsteilnehmer/-innen dürfen keine Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zeigen oder verteilen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans versehen sind.

6.3.2 angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift YPG, YPJ, PYD Die Versammlungsteilnehmer/-innen dürfen keine Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zeigen oder verteilen, die mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind.

Die Beschränkungen wurden in den Gründen des Bescheids im Einzelnen begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Bescheid verwiesen.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten, bei Gericht eingegangen am 15. Februar 2018, ließ der Antragsteller Klage erheben und zuletzt beantragen, die beschränkenden Verfügungen des Bescheides der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 unter 6.3 „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ aufzuheben. Über die Klage, die unter Aktenzeichen M 13 K 18.742 geführt wird, ist noch nicht entschieden.

Gleichzeitig wird im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die angezeigten Kundgebungsmittel seien nicht als Kennzeichen einer verbotenen Vereinigung, hier der PKK, anzusehen. Die meisten Staaten träfen eine klare Unterscheidung hinsichtlich der PYD/YPG/YPJ und der PKK. Während Mitglieder letzterer verfolgt werden würden, würden Mitglieder der ersten drei als Verbündete und heroische Kämpfer gegen den IS unterstützt, mit Waffen beliefert und durch westliche Soldaten ausgebildet. Auch seien am 27. Januar 2018 in Köln YPG-Fahnen nicht als Kennzeichen der PKK angesehen worden. In Bezug auf das Abbild Abdullah Öcalans sei festzuhalten, dass nicht jede Darstellung von Abdullah Öcalan, beispielsweise ein selbstgemaltes Bild mit dem Spruch „Bessere Haftbedingungen für Abdullah Öcalan“, einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz begründen könne. Es bedürfe klarer Kriterien, wann eine Abbildung Abdullah Öcalans strafbar sei und wann nicht. So habe das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss vom 22. November 2011 ausgeführt, dass das Zeigen vereinzelter, unkriegerisch gestalteter Bilder Öcalans auf einer Versammlung in beschränktem Umfang eine zulässige Meinungsäußerung wäre und erst in einer Massierung der einheitlichen Fahnen die Schwelle zur verbotenen Werbung für die PKK überschritten sei. Auch habe der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Verstoß gegen § 86a StGB und damit gegen § 20 VereinsG ausscheide, wenn sich aus der Benutzung des Kennzeichens klar ergebe, dass diese dem Schutzzweck der Norm nicht zuwiderlaufe. Im vorliegenden Fall finde die Thematisierung von PYD/YPG/YPJ nicht auf einer kurdischen Demonstration statt, sondern auf einer seit über 15 Jahren stattfindenden Friedensdemonstration. Die Benutzung dieser Symbole stehe auch nicht im Zusammenhang mit dem Kampf der PKK, sondern beziehe sich auf den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei gegen ebendiese PYD/YPG/YPJ. Sowohl unter den Unterstützern als auch auf der Demonstration würden kurdische Teilnehmer die Minderheit stellen. Dominieren würden, wie jedes Jahr, Friedenslosungen und Fahnen, Themen wie nukleare Abrüstung, der Austritt Deutschlands aus der NATO oder Waffenexporte. Die Solidarisierung mit den angegriffenen Kräften der PYD/YPG/YPJ wie auch die Thematisierung der seit 15 Jahren währenden Haft von Abdullah Öcalan würden als Teil einer Friedensdemonstration wahrgenommen werden. Die Forderung nach der Aufhebung des PKK-Verbots sei in diesem Kontext keine Parteinahme für die PKK, sondern eine Parteinahme für die friedliche Lösung des zum Bürgerkrieg ausgewachsenen Konflikts in der Türkei. In diesem Kontext einer Friedensdemonstration könne ausgeschlossen werden, dass die bloße Verwendung von PYD/YPG/YPJ-Fahnen oder auch die Darstellung Abdullah Öcalans als Kennzeichen für die PKK wahrgenommen würden.

Die Antragsgegnerin beantragt mit Schreiben vom 16. Februar 2018,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Zeigen der streitgegenständlichen Kundgebungsmittel stelle einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz dar. Der PKK-Bezug sei allein deshalb gegeben, weil sich der Antragsteller, wie er im Kooperationsgespräch mitgeteilt habe, mit seinen Versammlungsthemen auch für die Aufhebung des PKK-Verbotes einsetzen wolle. Zudem würden die Symbole der PYD im Rahmen von angezeigten Versammlungen von den Teilnehmern als Symbole für die PKK verwendet werden. Damit stünden die angezeigten Kundgebungsmittel offensichtlich in Bezug zu der in Deutschland verbotenen PKK. Gerade in letzter Zeit sei auf den durchgeführten Versammlungen erkennbar geworden, dass auch die Fahnen der YPG, PDY und YPJ als Symbole für den Kampf und den Widerstand gegen die Türkei gesehen würden und nicht mehr als Symbole für Organisationen, die das Schreckensregime des IS in Syrien gemeinsam mit westlichen Alliierten bekämpfen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 13 K 18.742, sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 15. Februar 2018 ist zulässig, aber unbegründet.

Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. Art. 25 Bayerisches Versammlungsgesetz (BayVersG) – keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtsschutz sind. Zum Schutz von Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, ist schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der konkret geplanten Versammlung in der beabsichtigten Form führt (BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – NVwZ 2013, 570 Rn. 18). Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme daher in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (BVerfG, B.v. 20.12.2012, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ergibt die nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage zu treffende Abwägungsentscheidung, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides überwiegt. Nach summarischer Prüfung ist die streitgegenständliche beschränkende Verfügung in Nummer II.6.3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird.

1. Rechtsgrundlage für das in Nummer II.6.3 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltene Verbot, Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zu zeigen oder zu verteilen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans oder mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind, ist Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist.

Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, B.v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315/352). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechts-güter führt (BVerfG, B.v. 21.4.1998 – 1 BvR 2311/94 – NVwZ 1998, 834). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der durch Art. 8 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit dürfen bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt werden. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (BVerfG, B.v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315/354).

Im vorliegenden Fall ist die Antragsgegnerin aufgrund der ihr im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vorliegenden Erkenntnisse zutreffend von einer zu befürchtenden Verletzung der objektiven Rechtsordnung, und zwar von Vorschriften des Vereinsgesetzes ausgegangen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Vereinsgesetz (VereinsG) ist die Verwendung von Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 1 VereinsG betroffenen Vereins in einer Versammlung strafbar. Nach § 9 Abs. 1 VereinsG dürfen Kennzeichen des verbotenen Vereins für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots nicht mehr öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- oder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet werden. Dies gilt gemäß § 9 Abs. 3 VereinsG entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen Vereinen verwendet werden. Dabei wird ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins insbesondere dann in im Wesentlichen gleicher Form verwendet, wenn bei ähnlichem äußerem Gesamterscheinungsbild das Kennzeichen des verbotenen Vereins oder Teile desselben mit einer anderen Orts- oder Regionalbezeichnung versehen wird. Mit Verfügung des Bundesministers des Innern vom 22. November 1993 (Bundesanzeiger vom 26.11.1993, S. 10313 f.) wurde die Tätigkeit der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) einschließlich deren Teilorganisation „Nationale Befreiungsfront Kurdistans“(ERNK) im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes verboten. Das Verbot ist bestandskräftig.

Kennzeichen sind Organisationsmittel, die durch ihren Symbolwert auf den Vereinszweck hinweisen, den Zusammenhalt der Mitglieder stärken und die Vereinigung von anderen Organisationen unterscheiden. Dazu zählen insbesondere Symbole oder Erkennungszeichen, deren sich die erfassten Organisationen bedienen oder bedient haben, um propagandistisch auf ihre politischen Ziele hinzuweisen. Ein Symbol oder Erkennungszeichen erfüllt den Begriff des Kennzeichens i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG, wenn es von der Organisation propagandistisch für die Werbung für ihre Ziele eingesetzt und mit ihr identifiziert wird. Das wird in der Regel aufgrund einer häufigeren Verwendung und durch einen eindeutigen sachlichen oder personellen Bezug auf die Organisation eintreten. Ein Kennzeichen ist dadurch geprägt, dass es allgemein und losgelöst von einem einzelnen konkreten Kommunikationszusammenhang als allgemeines Symbol für eine Organisation erkannt und wiedererkannt wird. Auf das Unterbinden dieser Wiedererkennung und damit des Auftretens der Organisation in der Öffentlichkeit zielen die Verbotsnormen des VereinsG. Ob ein Kennzeichen im Sinne des Gesetzes vorliegt, hängt somit von dessen allgemeiner Kenntlichkeit und Zuordnung zu der Vereinigung ab (OVG Bremen, U.v. 25.10.2005 – 1 A 144/05 – juris).

a) Die Antragsgegnerin durfte aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses davon ausgehen, dass das Zeigen oder Verteilen von Kundgebungsmitteln mit dem Abbild Abdullah Öcalans im Rahmen der angemeldeten Versammlung als Verwenden eines Kennzeichens einer verbotenen Vereinigung i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG anzusehen ist.

Grundsätzlich sind auch Bildnisse politischer Persönlichkeiten geeignet, als Kennzeichen für Vereinigungen zu fungieren. Bilder sind Kennzeichen im Sinne des VereinsG, wenn sie die Identifikation mit der Person und der Organisation zum Ziel haben; dies ist in aller Regel der Fall, wenn die Personen in propagandistischer Weise abgebildet sind, die Bilder also eine positive Identifikation anstreben, indem die Person in Führer- oder Heldenpose oder in vergleichbarer Weise dargestellt wird. Sie können diese Funktion insbesondere bei nach dem Führerprinzip organisierten Vereinigungen erlangen, bei denen die Verehrung der Führerpersönlichkeit wesentliche Bedeutung für den inneren Zusammenhalt und die Außendarstellung hat. Das Bildnis zeigt den Betreffenden deshalb regelmäßig in einer Pose oder Situation, die Führereigenschaften symbolisieren soll (OVG Bremen, U.v. 25.10.2005 – 1 A 144/05 – juris).

Auch heute noch ist die Annahme gerechtfertigt, dass Abdullah Öcalan in der öffentlichen Wahrnehmung aufgrund seiner herausgehobenen Stellung selbst die PKK verkörpert und eine besondere Symbolfigur ist, die neben dem „klassischen“ Symbol der PKK als Sinnbild für die Ziele der Vereinigung steht (OVG NW, B.v. 3.11.2017 – 15 B 1371/17 – juris). Etwas anderes kann allenfalls für Meinungsäußerungen gelten, die erkennbar keinen Zusammenhang zum Organisationsbereich der PKK oder deren Wirken aufweisen. Für diese Fallgestaltung könnte auch die Verwendung von Öcalan-Bildern bei Versammlungen im Einzelfall sozialadäquat und damit legal sein. Namentlich bei einer Mahnwache, die ohne Zusammenhang zu PKK-nahen Aktivitäten allein die persönliche Situation des Gefangenen Öcalan zum Gegenstand der öffentlichen Meinungsbildung machen will, wäre es nicht in jedem Fall verboten, Bilder seiner Person zu zeigen (OVG NW, B.v. 3.11.2017 – 15 B 1371/17 – juris). Eine derartige Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor. Der Antragsteller hat im Rahmen des Kooperationsgesprächs deutlich gemacht, dass sich die Versammlung für eine Freilassung Abdullah Öcalans sowie für eine Abschaffung des PKK-Verbots einsetzen werde. Daraus wird deutlich, dass die Versammlung dezidiert ein allgemeinpolitisches Anliegen verfolgt und nicht lediglich der Mensch Abdullah Öcalan sowie sein persönliches Wohlergehen und seine Haftbedingungen im Vordergrund stehen werden. Aufgrund dessen ist die Annahme der Antragsgegnerin gerechtfertigt, dass Abdullah Öcalan im konkreten Versammlungskontext als Repräsentant der PKK angesehen werden würde, für deren Legalisierung mit dem Zeigen oder Verteilen von Kundgebungsmitteln mit dem Abbild von Abdullah Öcalans eingetreten werden soll.

b) Auch durfte die Antragsgegnerin aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses davon ausgehen, dass das Zeigen oder Verteilen von Kundgebungsmitteln mit dem Schriftzug YPG, YPJ oder PYD als Verwenden eines Kennzeichens einer verbotenen Vereinigung i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG anzusehen ist.

Nach der Einschätzung des Bundesministeriums des Innern (Schreiben vom 29.1.2018) sind die Organisationen Partiya Yekitiya Demokrat (PYD), Yekineyen Parastina Gel (YPG) und die kämpfende Frauen-Einheiten (YPJ) unbeschadet ihrer scheinbaren organisatorischen Selbständigkeit grundsätzlich dem Einflussbereich der PKK zuzuordnen.

Maßgeblich für die Beurteilung, ob das Zeigen dieser Symbole eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, sind der Kontext der Verwendung dieser Symbole sowie Anlass und Ziel der Versammlung (VG Frankfurt a. Main, U.v. 22.8.2017 – 5 K 4403/16 – Pressemitteilung unter beck-online). Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller mit der Erweiterung des Versammlungsthemas „Angriff der Türkei auf den kurdischen Kanton Afrin in Nordsyrien“ sowie mit seinen Äußerungen im Rahmen des Kooperationsgesprächs deutlich gemacht, dass sich die Versammlung gegen das Verhalten der Türkei in den kurdischen Gebieten Nordsyriens wenden und sich für eine Abschaffung des PKK-Verbots einsetzen werde. Aufgrund dessen ist die Annahme der Antragsgegnerin gerechtfertigt, dass die YPG, YPJ und PYD im Kontext dieses Versammlungsthemas nicht vorrangig als Teil der Allianz im Kampf gegen den IS wahrgenommen werden würden, sondern – gerade auch in Verbindung mit den angezeigten Kundgebungsmitteln mit dem Abbild Abdullah Öcalans – eher als Ableger der PKK, für deren Legalisierung die Versammlung eintreten will.

c) Auch durfte die Antragsgegnerin auf der Grundlage der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses von einer unmittelbaren Gefahr für die Integrität der Rechtsordnung ausgehen. Nach der Aussage des Antragstellers im Rahmen des Kooperationsgesprächs besteht weder seitens der Versammlungsteilnehmer die Bereitschaft, auf die streitgegenständlichen Kundgebungsmittel zu verzichten noch seitens des Antragstellers als Veranstalter, entsprechend auf die Versammlungsteilnehmer einzuwirken.

2. Die angegriffene beschränkende Verfügung leidet auch nicht an einem Ermessensfehler i. S. v. § 114 VwGO. Die Antragsgegnerin hat das ihr zustehende Ermessen aus § 15 Abs. 1 BayVersG erkannt und die streitgegenständliche Beschränkung als mildestes Mittel gegenüber einem Versammlungsverbot gewählt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Verbot von Kundgebungsmitteln, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans oder mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind, ist geeignet, Verstöße gegen § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG zu unterbinden, indem es entweder die Versammlungsteilnehmer davon abhält, verbotene Kundgebungsmittel mitzubringen oder zumindest den eingesetzten Polizeibeamten die Unterbindung der verbotenen Kundgebungsmittel erleichtert, so dass rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Mangels eines milderen Mittels ist die Beschränkung erforderlich. Die Beschränkung ist auch angemessen. Es ist dem Antragsteller zumutbar, sein Anliegen auf eine Art und Weise vorzubringen, die nicht gegen Strafgesetze verstößt. Auch stellt die beschränkende Verfügung keinen Verstoß gegen Grundrechte dar. Soweit Beschränkungen einer Versammlung mit deren Inhalt begründet werden, ist die besondere Gewährleistung der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu berücksichtigen. Der Inhalt von Meinungsäußerungen, der im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 GG nicht unterbunden werden darf, kann nicht zur Rechtfertigung von Maßnahmen herangezogen werden, die das Grundrecht des Art. 8 Abs. 1 GG beschränken. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inhalte einer auf einer Versammlung geäußerten Meinung richten sich demnach nicht nach Art. 8 Abs. 2 GG, sondern nach Art. 5 Abs. 2 GG. Das Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 findet seine Schranken gemäß Art. 5 Abs. 2 GG in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Um ein solches allgemeines Gesetz handelt es sich bei § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. den Nummern 45.4 und 1.5 des Streitwertkatalogs.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 6.3.2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 wird mit der Maßgabe angeordnet, dass beim Zeigen oder Verwenden der Kundgebungsmittel, die den Schriftzug YPG, YPJ oder PYD tragen, keinerlei Bezug zur PKK oder Abdullah Öcalan hergestellt werden darf.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller drei Viertel und die Antragsgegnerin ein Viertel.

II. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen zwei mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 verfügte Beschränkungen der für den 17. Februar 2018 angezeigten Versammlungen aus Anlass der Münchener Sicherheitskonferenz. Unter der II.6.3 enthält der Bescheid unter der Überschrift „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ folgende Beschränkungen:

„6.3.1 angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan“ inkl. dem Porträt Abdullah Öcalans

die Versammlungsteilnehmer dürfen keine Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zeigen oder verteilen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans versehen sind.

6.3.2 angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift YPG, YPJ, PYD

die Versammlungsteilnehmer dürfen keine Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zeigen oder verteilen, die mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind.“

Der Antragsteller hat die beim Verwaltungsgericht München unter dem Aktenzeichen M 13 K 18.742 anhängige Klage gegen die beiden Beschränkungen erhoben. Mit Beschluss vom 16. Februar 2018 hat das Verwaltungsgericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt. Die Beschränkungen seien nach summarischer Prüfung auf der Rechtsgrundlage des Art. 15 Abs. 1 BayVersG rechtmäßig. Zutreffend sei die Antragsgegnerin von einer zu befürchtenden Verletzung von Vorschriften des Vereinsgesetzes ausgegangen; die PKK sei durch Verfügung des Bundesministers der des Inneren vom 22. November 1993 im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes verboten, so dass die öffentliche Verwendung ihrer Kennzeichen gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG strafbar sei. Kennzeichen seien auch Organisationsmittel, die durch ihren Symbolwert auf den Vereinszweck hinweisen würden. Hierunter falle auch das Vorzeigen von Abbildern Öcalans im Rahmen von Versammlungen. Auch heute noch verkörpere Öcalan in der öffentlichen Wahrnehmung aufgrund seiner hervorgehobenen Stellung die PKK und sei eine besondere Symbolfigur für die Ziele dieser Vereinigung. Der Antragsteller habe auch deutlich gemacht, dass sich die Versammlung für die Freilassung Öcalans und die Abschaffung des Verbots der PKK einsetzen werde. Die Antragsgegnerin habe nach den vorliegenden Erkenntnissen auch davon ausgehen dürfen, dass das Zeigen von Kundgebungsmitteln mit dem Schriftzug YPG, YPJ und PYD als Verwendung eines Kennzeichens einer verbotenen Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes anzusehen sei. Nach Einschätzung des Bundesministers des Inneren mit Schreiben vom 29. Januar 2018 seien die drei Organisationen unbeschadet ihrer organisatorischen Selbständigkeit dem Einflussbereich der PKK zuzuordnen. Mit der Erweiterung des Versammlungsthemas („Angriff der Türkei auf den kurdischen Kanton Afrin in Nordsyrien“) habe der Antragsteller deutlich gemacht, dass sich die Versammlung gegen das Verhalten der Türkei in Nordsyrien wenden und zugleich auch für eine Abschaffung des PKK-Verbots werbe. Damit würden die YPG, YPJ und PYD gerade in Verbindung mit den angezeigten Kundgebungsmitteln (Abbild Öcalans) eher als Ableger der PKK denn als Teil der Allianz im Kampf gegen den IS wahrgenommen werden.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde bringt der Antragsteller insbesondere vor, dass das Verbot jeglicher Darstellung von Öcalan etwa auch in privaten Situationen zu weitgehend sei. Die drei syrischen Organisationen könnten nicht als Unterorganisationen der PKK bezeichnet werden und seien mangels Verbotsverfügung legal.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet. Die vom Antragsteller im Be-schwerdeverfahren dargelegten Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses lediglich im tenorierten Umfang.

Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage zu treffende Abwägungsentscheidung führt nach Auffassung des Senats zu dem Ergebnis, dass das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das gesetzlich bestimmte öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung (s. Art. 25 BayVersG) der angefochtenen Beschränkungen lediglich bezüglich der Beschränkung unter Nr. 6.3.2 (angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift YPG, YPJ, PYD) mit der im Beschlusstenor verfügten Maßgabe des Senats überwiegt. Die Beschränkung unter Nr. 6.3.1 (angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan“ inkl. dem Porträt Abdullah Öcalans) hat das Verwaltungsgericht nach summarischer Prüfung dagegen zu Recht als rechtmäßig erachtet, weshalb die Klage des Antragstellers insoweit voraussichtlich erfolglos bleiben wird.

Zutreffend haben die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der streitbefangenen Beschränkungen auf die versammlungsrechtliche Befugnisnorm des Art. 15 Abs. 1 BayVersG und bezüglich der erforderlichen unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei der Durchführung der angezeigten Versammlung auf den Straftatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG abgestellt. Bei der Frage, ob die Antragsgegnerin aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses davon ausgehen durfte, dass das Zeigen bzw. die Verwendung der streitgegenständlichen Kundgebungsmittel im Rahmen der Versammlung den vereinsrechtlichen Straftatbestand gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG erfüllt, ist unter Berücksichtigung der vorliegenden Akten und Unterlagen sowie des Beschwerdevorbringens bei der gerade auch im Hinblick auf den Versammlungszeitpunkt nur möglichen summarischen Prüfung durch den Senat eine differenzierende Beurteilung geboten. Dies ergibt sich aus Folgendem:

1. Die Beschwerde zeigt keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts auf, die Beschränkung unter Nr. 6.3.1 des Bescheids sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Der Vortrag des Antragstellers, es könne nicht verboten werden, Öcalan zumindest in privaten Situationen („als Kind, beim Badeausflug“) im Rahmen einer Friedensdemonstration zu zeigen und seine Freilassung zu fordern, geht insoweit an der Sache vorbei, als nach allen dem Senat vorliegenden Erkenntnissen die angemeldeten Versammlungen einen ausschließlich politischen Charakter haben und daher Bilder mit den beispielhaft genannten Ansichten schon deshalb sinnvollerweise nicht gezeigt werden, weil eine Darstellung von Öcalan in der genannten Art und Weise nicht dem angegebenen Versammlungszweck dienen würde. Dass der Antragsteller den Charakter der angemeldeten Versammlungen als ihrem Schwerpunkt nach als Friedensdemonstration bezeichnet, ändert nichts daran, dass die PKK als nach den Vorschriften des Vereinsgesetzes seit langem verbotene Organisation nicht – auch nicht unter Verwendung der Symbolkraft des inhaftierten Vorsitzenden – für sich und ihre Anliegen werben darf. Auch die vom Antragsteller geforderte Notwendigkeit eines Zusammenhangs zwischen den Protesten gegen die Sicherheitskonferenz und den Forderungen der PKK besteht nicht. Auf die insoweit zutreffende und ausführliche Darstellung im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts (BA, S. 8 bis 12) nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

2. Dagegen kann nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse nicht hinreichend sicher abgeschätzt werden, ob die Verwendung der Kundgebungsmittel unter Nr. 6.3.2 des Bescheids (bzgl. der drei in Syrien tätigen Organisationen) unter den Straftatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG fällt. Dies wäre dann zu bejahen, wenn sie entsprechend der Einstufung durch die Antragsgegnerin und ihr folgend das Verwaltungsgericht trotz formell bestehender Unabhängigkeit praktisch eine Unterorganisation („Ableger“) der PKK bilden würden. Eine sichere Beurteilung dieser Frage würde wegen der dafür erforderlichen Auswertung der verfügbaren Erkenntnisquellen den Rahmen dieses Eilverfahrens sprengen, zumal zu dieser Frage – soweit ersichtlich – auch noch keine Rechtsprechung vorliegt. In diese Richtung zielt auch die in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft München I erfolgte Stellungnahme des Polizeipräsidiums München vom 9. Februar 2018, wonach alleine die Verwendung von Fahnen einer der drei genannten Organisationen ohne gleichzeitige aktive Sympathieäußerung zur PKK oder dessen Vorsitzenden für eine Strafbarkeit wohl nicht ausreiche und eine abschließende Beurteilung dieser Frage über eine „oberinstanzielle“ Entscheidung erreicht werden solle. Auch der Senat hält es nicht für völlig fernliegend, dass der genannte Straftatbestand des Vereinsgesetzes durch ein bloßes Vorzeigen von Fahnen der drei syrischen Organisationen noch nicht erfüllt ist. Damit wären aber auch die Voraussetzungen für eine versammlungsbehördliche Beschränkung insoweit nicht gegeben.

Daher war die Abwägungsentscheidung, wie erfolgt, zu treffen. Damit wird einerseits sichergestellt, dass kein Kundgebungsteilnehmer gleichzeitig sowohl PKK-Symbole und Symbole einer der syrischen Organisationen verwendet und entsprechende Bezüge herstellt. Andererseits wird damit dem durch Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Interesse des Antragstellers Rechnung getragen, auf das aktuelle militärische Geschehen im syrischen Grenzraum zur Türkei wirksam aufmerksam zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2

sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

1.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
2.
den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
3.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt,
4.
einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5.
Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. In den Fällen der Nummer 5 gilt § 9 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 oder 3 entsprechend.

(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen, wenn

1.
bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder
2.
der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft München I vom 18.01.2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 09.01.2018, Az. 841 Cs 111 Js 154671/17, mit welchem das Amtsgericht München den Erlass eines Strafbefehls gegen den Angeschuldigten ... in der genannten Strafsache abgelehnt hat, aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht München zurückverwiesen.

Gründe

A.

Der Angeschuldigte stellte nach Aktenlage beginnend ab 09.03.2017 ein Bild der Fahne der Organisation „YPG“ (roter, fünfzackiger Stern mit grüner Umrandung und grüner Schriftzug „YPG“ auf gelbem Dreieck mit grüner Umrandung) vor blauem Himmel für alle Facebook-Nutzer frei zugänglich als Profilbild in seinen Facebook-Account ein. Dieses Bild befand sich nach Aktenlage jedenfalls noch bis 15.05.2017 weiterhin als Titelbild im Account des Angeschuldigten. Im Vordergrund der Fahnenabbildung ist ein Foto, das mutmaßlich den Angeklagten zeigt, eingefügt, auf dem dieser den Mittelfinger der rechten Hand zeigt. Zudem findet sich der Name des Angeschuldigten ... auf dem Foto mit der YPG Fahne eingeblendet. Im Account finden sich zudem die Abbildungen weiterer Symbole, die dem politisch linken Spektrum zuzuordnen sind. Insbesondere findet sich die Abbildung einer geballten Faust mit dem Schriftzug „Solidarisch kämpfen“, eine Abbildung eines Gewehres vor rotem, fünfzackigem Stern mit Aufschrift „GDL“ und die Abbildung einer roten Nelke auf schwarzem Grund mit dem Schriftzug „SURUÇ“. Die Staatsanwaltschaft München I beantragte daraufhin am 02.01.2018 beim Amtsgericht München unter Az. 111 Js 154671/17 den Erlass eines Strafbefehls wegen Zuwiderhandlung gegen Verbote gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG. Der dem beantragten Strafbefehl zugrunde liegende Sachverhalt lautet wie folgt:

„Am 09.03.2017 stellten Sie, mutmaßlich von Ihrem Wohnsitz in der ... in München aus, auf Ihrem Facebook-Account ... als Titelbild eine Fahne der „YPG“ ein. Bei der abgebildeten Fahne handelt es sich, wie sie wussten, um eine in Deutschland verbotene Fahne der Nachfolgeorganisation der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK).

Der Zugriff auf das Foto war nicht begrenzt. Dadurch hatten – wie Sie wussten – alle Facebook-Mitglieder weltweit die Möglichkeit, die Abbildung der „YPG“-Fahne auf Ihrem Facebook-Profil einzusehen.

Die „PKK“ unterliegt dem vereinsrechtlichen Verbot des Bundesministers des Innern vom 22.11.1993 (BAnz 1993, 10313). Das vereinsrechtliche Verbot gegen die „PKK“ erstreckt sich auch auf die „YPG“ und ihre Symbole.

Diese Umstände, insbesondere das in Deutschland geltende vereinsrechtliche Verbot der Organisation „PKK“ und ihrer Symbole, war Ihnen bekannt."

Mit Beschluss vom 09.01.2018 lehnte die zuständige Richterin am Amtsgericht den beantragten Strafbefehl unter Az. 841 Cs 111 Js 154671/17 sus tatsächlichen Gründen ab, weil sie den Angeschuldigten nicht für hinreichend verdächtigt hielt, eine Straftat nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG begangen zu haben. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, das Bundesministerium des Innern (im Folgenden „BMI“) habe erst durch Rundschreiben an die Länder vom 02.03.2017 bekannt gegeben, dass die Fahne der YPG der verbotenen PKK zuzuordnen sei. Ein Nachweis, dass der Angeschuldigte bereits am 09.03.2017 von diesem Rundschreiben Kenntnis gehabt habe, sei nicht mit der zur Begründung eines hinreichenden Tatverdachts erforderlichen Sicherheit geführt. Daneben fehle es auch an einem Nachweis, dass der Angeschuldigte die Flagge in der Form verwendet habe, in der sie verboten sei. Der Verein „YPG“ sei gerade nicht verboten. Es fehle darüber hinaus der Nachweis, dass der Angeschuldigte gewusst habe, dass er sich ausdrücklich und unmissverständlich von der PKK distanzieren oder klarstellen hätte müssen, dass sich das auf seinem Account gezeigte Symbol auf die „syrische YPG“ beziehen solle. Aus dem Umstand, dass der Angeklagte die Flagge in seinen Facebook-Account eingestellt habe und es allen Facebook-Mitgliedern möglich gewesen sei, die Abbildung einzusehen, lasse sich nicht hinreichend darauf schließen, dass der Angeschuldigte erkannt habe, dass er durch die kommentarlose Veröffentlichung gegen § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG verstoße und dies auch gewollt habe. Für weitere Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 09.01.2018, Bl. 230/233 d.A. verwiesen. Der Beschluss ging der Staatsanwaltschaft München I am 12.01.2018 zu.

Am 18.01.2018 legte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 12.01.2018 ein. Zur Begründung führte die Staatsanwaltschaft aus, das Schreiben des BMI vom 02.03.2017, in welchem die Fahne der YPG als von der PKK und ihren Nachfolgeorganisationen verwendetes Symbol benannt werde, stelle kein neues Vereinsverbot dar, sondern nehme lediglich eine konkrete Zuordnung bestimmter Symbole zum bereits geltenden Kennzeichnungsverbot vor, die sich an den aktuellen Gesamtumständen orientiere. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Verwendung dieser Symbole vor dem 02.03.2017 – unter Berücksichtigung der konkreten Verwendung im Einzelfall – nicht verboten gewesen sei. Daher komme es auch auf die Kenntnis des Angeschuldigten vom Schreiben vom 02.03.2017 nicht an. Auch die Art der Verwendung der Flagge sei strafbar. Bei der Flagge der YPG handle es sich um ein in Deutschland verbotenes Symbol einer Unterorganisation der PKK. Derartige Organisationen seien abhängig von den Vorgaben der Gesamtorganisation der PKK. Die PKK bediene sich derer immer dort, wo sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unter originären Bezeichnungen nicht auftreten könne oder wolle. Aufgrund des genannten Kontextes und der Zuordnung der YPG-Fahne in der Anlage zum Schreiben des BMI vom 02.03.2017 käme eine straffreie Verwendung des YPG-Symbols nur bei einer vom PKK-Kontext losgelösten Verwendung in Betracht. Der Angeschuldigte distanziere sich in seinem Beitrag aber gerade nicht ausdrücklich und unmissverständlich von der PKK. Für den objektiven Betrachter sei es gerade nicht ausdrücklich und unmissverständlich erkennbar, dass hier eine Flagge der syrischen YPG zu sehen sein solle, welche möglicherweise isoliert vom PKK-Kontext zu sehen wäre. Dass der Angeschuldigte nicht gewusst habe, dass er ein verbotenes Symbol verwende, lege die Akte zudem nicht nahe. Selbst wenn dem so gewesen sein sollte, läge ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor. Für weitere Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 09.01.2018, Bl 237/238 d.A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 27.02.2018 verwies der Angeschuldigte über seinen Verteidiger darauf, dass das Rundschreiben des BMI vom 02.03.2017 schon deshalb nicht maßgeblich sein könne, da es sich um ein internes Schreiben handle. Zudem sei die Verbotspraxis in Bezug auf YPG-Symbole regional völlig unterschiedlich. Die Auffassung, das Zeigen einer YPG-Fahne sei strafbar, sofern sich der Verwender dabei nicht ausdrücklich von der PKK distanzieren würde, verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG. Strafbarkeit könne vielmehr nur dann vorliegen, wenn ein eindeutiger Bezug zur PKK hergestellt werde. Für weitere Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Verteidigung vom 27.02.2018, Bl. 256/282 d.A. verwiesen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 27.02.2018 führte der Angeschuldigte über seinen Verteidiger ergänzend aus, das BMI bezeichne die YPG in seinem Schreiben vom 02.03.2017 gerade nicht als Unterorganisation der PKK. Die YPG werde in Deutschland von offizieller Seite gerade nicht als terroristische Vereinigung angesehen, vielmehr habe die der YPG nahestehende PYD sogar einen Vertreter in Berlin. Für weitere Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Verteidigung vom 27.02.2018, Bl. 283/284 wird verwiesen.

Bereits in seiner Beschwerde vom 01.09.2017 gegen die beim Angeschuldigten am 19.06.2017 durchgeführten Hausdurchsuchung hatte der Angeschuldigte zudem über seinen Verteidiger ausgeführt, dass der Gesamtzusammenhang, in dem die YPG-Fahne als Profilbild in den Facebook-Account des Angeschuldigten eingestellt sei, eindeutig zeige, dass es hierbei um die YPG und nicht um die verbotene PKK gehe. Dies sei an der im Hintergrund abgebildete Hügelkette zu erkennen, die das Sinjar-Gebirge in Syrien zeige und somit die Flagge klar in den Kontext des Kampfes der YPG gegen den Islamischen Staat in Syrien stelle und nicht in den Kontext der Tätigkeiten der PKK. Für Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 01.09.2017, Bl. 104/106 d.A. verwiesen.

Mit weiterer Stellungnahme vom 20.03.2018 verwies die Staatsanwaltschaft München I erneut, wie bereits in ihrer vorangegangenen Stellungnahme, maßgeblich darauf, dass die YPG Flagge ein Kennzeichen eines in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegten Vereins sei und es daher, entsprechend der Rechtsprechung des BGH in seiner „Bandidos-Entscheidung“ vom 09.07.2016 (BGH, NJW 2015, 3590) gerade darauf ankomme, dass sich der Angeschuldigte bei der Verwendung der YPG-Flagge als Profilbild in seinem Facebook-Account nicht ausdrücklich von der PKK distanziert habe. Das Verhalten des Angeschuldigten sei daher strafbar. Für Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 20.03.2018, Bl. 296/299 d.A. verwiesen.

B.

I.

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft München I gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 09.01.2018 ist zulässig. Das Rechtsmittel ist insbesondere statthaft. Die Entscheidung des Amtsgerichts, den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl nicht zu erlassen, steht einem Nichteröffnungsbeschluss gleich, § 408 Abs. 2 Satz 2 StPO. Hiergegen obliegt der Staatsanwaltschaft das Rechtmittel der sofortigen Beschwerde, § 210 Abs. 2 StPO. Die Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO ist gewahrt.

II.

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Beschluss vom 09.01.2018 war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht München zurückzuverweisen. Es liegt im Ermessen der zuständigen Richterin am Amtsgericht München, nunmehr den beantragten Strafbefehl zu erlassen, oder einen Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen (vgl. Maur, Karlsruher Kommentar zur StPO, § 408, 7. Auflage 2013, Rn. 14).

Nach Auffassung der Beschwerdekammer liegen die Voraussetzungen einer Eröffnung des Hauptverfahrens, bzw. alternativ des Erlasses eines Strafbefehls gem. § 203 StPO bzw. § 407 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 203 StPO vor, da der Angeschuldigte einer Straftat nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG hinreichend verdächtig ist.

Hinreichend ist ein Verdacht regelmäßig dann, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (BGH, NJW 1970, 1543). Hierbei wird ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt, als dies beim dringenden Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 StPO oder § 126 a Abs. 1 StPO der Fall ist (ständige höchstrichterliche Rspr., siehe u.a. BGH, Beschluss vom 22.04.2003, NStZ-RR 2004, 227 (in Auszügen)). Diese Voraussetzungen sind vorliegend dann erfüllt, wenn aus ex-ante Sicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Rahmen einer Hauptverhandlung nachgewiesen werden wird, dass der Angeschuldigte durch das eingangs beschriebene Einstellen der YPG-Fahne in seinen Facebook-Account ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins bzw. ein Kennzeichen eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 VereinsG betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots willentlich und wissentlich öffentlich verwendete und dadurch den Straftatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG verwirklichte. Dies wäre zum einen dann der Fall (1. Alternative), wenn sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln nachweisen lassen würde, dass die YPG selbst am 09.03.2017 mit einem Vereins- bzw. Betätigungsverbot i.S.d. § 9 VereinsG in der bis 15.03.2017 gültigen Fassung belegt war und der Angeschuldigte dies wusste oder vorwerfbar wissen hätte müssen. Zum anderen wäre dies aber auch dann der Fall (2. Alternative), wenn sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen ließe, dass ein mit einem entsprechenden Verbot belegter Verein (hier die PKK) die Flagge der YPG zum Tatzeitpunkt als eigenes Kennzeichen usurpiert hatte, der Angeschuldigte dies wusste, bzw. vorwerfbar wissen hätte müssen und sich der Angeschuldigte nicht gleichzeitig mit dem Zeigen des Kennzeichens von dem verbotenen Verein, der das Kennzeichen usurpierte, erkennbar distanzierte.

1. Im Ergebnis kommt der Erlass eines Strafbefehls, bzw. die Eröffnung der Hauptverhandlung aufgrund der als 1. Alternative beschriebenen Fallgestaltung nicht in Betracht, denn selbst wenn sich im Rahmen einer Hauptverhandlung nachweisen lassen sollte, dass es sich bei der YPG objektiv um einen (mit-)verbotenen Verein, bzw. um einen von einem Betätigungsverbot (mit-)umfassten Verein handelt, könnte nach Aktenlage jedenfalls nicht mit der für § 203 StPO erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dass der Angeschuldigte hiervon am 09.03.2017 (und bis zum heutigen Tag) wusste, bzw. sein Nichtwissen lediglich auf einem vermeidbaren Verbotsirrtum beruhte.

Hierzu im Einzelnen:

Mit Verfügung des BMI vom 22.11.1993, Gs. IS 1 – 619 314/27 stellte das BMI fest, dass die Tätigkeit der „Arbeiterpartei Kurdistan“ (PKK) einschließlich ihrer Teilorganisation „Nationale Befreiungsfront Kurdistans“ (ERNK) gegen Strafgesetze verstoße, sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte, sowie die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährde. Mit gleicher Verfügung wurde daher der „Arbeiterpartei Kurdistan“ (PKK) einschließlich ihrer Teilorganisation „Nationale Befreiungsfront Kurdistans“ (ERNK) verboten, sich im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes zu betätigen. Das Betätigungsverbot ist vollziehbar, (§ 3 Abs. 4 Satz 3 VereinsG) und seit 26.03.1994 unanfechtbar (Eintragung nach § 7 Abs. 1 VereinsG im Bundesanzeiger unter BAnz 1993, 10313).

Gem. §§ 3 Abs. 3 i.V.m. 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 VereinsG ist durch die Verfügung vom 22.11.1993 automatisch die Betätigung aller Teilorganisationen der PKK im Geltungsbereich des Vereinsgesetz mitverboten, soweit es sich um Teilorganisationen i.S.d. § 3 Abs. 3 Abs. 1 VereinsG handelt, also um solche Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung des Vereins erscheinen (vgl. generell zur Erstreckung der Verbotsverfügung vom 22.11.1993 auf Teilorganisationen der PKK: BVerwG, NVwZ 1995, 590). Im Gegensatz zu nicht-gebietlichen Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit i.S.d. § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG und Ersatzorganisationen i.S.d. § 8 Abs. 1 VereinsG sind Teilorganisationen i.S.v. § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG von einem Betätigungsverbot der Gesamtorganisation grundsätzlich automatisch mitumfasst, ohne dass es ihre explizite Nennung in der Verbotsverfügung bzw. ihrer vollziehbaren Feststellung als Ersatzorganisation (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 VereinsG) bedarf (zu Einzelheiten vgl. Groh, VereinsG, 1. Auflage 2012, § 3, Rn. 35 sowie Erbs/Kolhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 217. EL 2017, § 3 Rn. 23–26 und § 8 Rn. 8).

Sollte die YPG eine solche Teilorganisation der PKK i.S.e Unterorganisation der PKK sein, wäre ihre Betätigung im Bundesgebiet grundsätzlich gem. § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG von dem am 22.11.1993 verfügten Betätigungsverbot mitumfasst und die Verwendung ihrer Kennzeichen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG strafbar.

Aus dem der Ermittlungsakte beigefügte Rundschreiben des BMI an die Länder mit Betreff: „Vollzug des Verbots der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK); hier: Bezeichnung der aktuell verwendeten Organisationsbezeichnungen und der hieraus folgenden Kennzeichen der PKK“ vom 02.03.2017 (im Folgenden „Rundschreiben vom 02.03.2017“) ergeben sich keine näheren Hinweise darauf, dass es sich bei der YPG um eine Teilorganisation der PKK i.S.v. § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG handelt. Das Schreiben führt die YPG und ihre Flagge lediglich in der Anlage zum Rundschreiben unter der Überschrift „Übersicht über Symbole/Fahnen im PKK-Kontext“ und der Unterüberschrift „PKK-Ablegerparteien“ auf, ohne dass sich im Schreiben selbst ein Hinweis darauf fände, dass die YPG selbst ein integraler Bestandteil der PKK, bzw. ihrer vom Verbot vom 22.11.1993 ebenfalls umfassten, mit der PKK identischen, Nachfolgeorganisationen wäre. Öffentlich zugängliche Quellen (wie etwa Wikipedia zum Suchbegriff „YPG“) verweisen allerdings auf eine Gründung der YPG durch Mitglieder der PKK in Syrien zum Kampf für kurdische Belange in Syrien, sowie auf eine Verquickung der Belange der (zumindest) PPK-nahen PYD mit der YPG und zitieren Quellen, die die YPG als bewaffneten Arm der PKK in Syrien bzw. integralen Bestandteil der PKK, bzw. deren Nachfolgeorganisation KCK auf syrischem Territorium bezeichnen. Auch andere öffentlich zugängliche Quellen, wie Artikel von Spiegel-Online und Zeit-Online, weisen ebenfalls in diese Richtung. Dies sind jedoch nur vage, unverbindliche Hinweise aus den Medien, die nicht mit hinreichender Gewissheit auf eine de facto Eingliederung der YPG in die PKK schließen lassen. Diesbezüglich existiert derzeit augenscheinlich keine verbindliche Einschätzung von staatlicher Seite. Selbst der 10. Senat des Bayerische Verwaltungsgerichtshofs führte in seiner kürzlich erlassenen Eilentscheidung 10 CS 18.405 vom 16.02.2018 (BeckRS 2018, 5688) zur Frage, ob das Zeigen von YPG-Flaggen auf öffentlichen Demonstrationen verboten sei, hierzu aus:

„Dagegen kann nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse nicht hinreichend sicher abgeschätzt werden, ob die Verwendung der Kundgebungsmittel unter Nr. 6.3.2 des Bescheids (bzgl. der drei in Syrien tätigen Organisationen (Anmerkung der Beschwerdekammer: gemeint sind Flaggen/Fahnen u.ä., die die Symbolen von YPG, YPJ und YPD zeigen)) unter den Straftatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG fällt. Dies wäre dann zu bejahen, wenn sie entsprechend der Einstufung durch die Antragsgegnerin und ihr folgend das Verwaltungsgericht trotz formell bestehender Unabhängigkeit praktisch eine Unterorganisation („Ableger“) der PKK bilden würden. Eine sichere Beurteilung dieser Frage würde wegen der dafür erforderlichen Auswertung der verfügbaren Erkenntnisquellen den Rahmen dieses Eilverfahrens sprengen, zumal zu dieser Frage – soweit ersichtlich – auch noch keine Rechtsprechung vorliegt. In diese Richtung zielt auch die in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft München I erfolgte Stellungnahme des Polizeipräsidiums München vom 9. Februar 2018, wonach alleine die Verwendung von Fahnen einer der drei genannten Organisationen ohne gleichzeitige aktive Sympathieäußerung zur PKK oder dessen Vorsitzenden für eine Strafbarkeit wohl nicht ausreiche und eine abschließende Beurteilung dieser Frage über eine „oberinstanzielle“ Entscheidung erreicht werden solle. Auch der Senat hält es nicht für völlig fernliegend, dass der genannte Straftatbestand des Vereinsgesetzes durch ein bloßes Vorzeigen von Fahnen der drei syrischen Organisationen noch nicht erfüllt ist. Damit wären aber auch die Voraussetzungen für eine versammlungsbehördliche Beschränkung insoweit nicht gegeben."

In einer Situation, in der auch das oberste Bayerische Verwaltungsgericht zumindest im Rahmen eines Eilverfahrens ad hoc nicht in der Lage ist, anzugeben, ob es sich bei der YPG um eine Unterorganisation der PKK, zumal gerade um eine solche im Sinne einer Teilorganisation gem. § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG handelt, oder gegebenenfalls lediglich um eine von der Verbotsverfügung nicht automatisch mitumfasste Neben- oder Hilfsorganisation oder um eine ausdrücklich zu benennende nicht-gebietliche Teilorganisation mit eigener Rechtspersönlichkeit oder um eine Ersatzorganisation, kann das Wissen um eine solch komplexe Frage auch dem Angeschuldigten nicht abverlangt werden. Hierzu bedarf es einer genauen Abgrenzung anhand umfangreicher Feststellungen (vgl. entsprechend in Bezug auf die DHKP-C: BGH, NStZ 1998, 304). Dass dem Angeschuldigten der subjektive Tatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG im vorliegenden Fall insoweit nachweisbar sein wird, ist daher nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Insoweit scheidet, jedenfalls bis zur eindeutigen, verbindlichen Klärung dieser Frage eine Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG aus.

Lediglich ergänzend sei insoweit angemerkt, dass eine für den subjektiven Tatbestand des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG relevante Klärung zukünftig möglicherweise im Rahmen eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens in der bisher nur im Eilverfahren entschiedenen, bereits zitierten, vor dem BayVGH anhängigen Rechtssache 10 Cs 18.405 und einer anschließenden Veröffentlichung einer entsprechenden Entscheidung erfolgen könnte. Der BGH nahm in seinem Urteil vom 09.04.1997 in der Rechtssache 3 StR 387/96 (BGH, NJW 1997, 2248), das eine Zuwiderhandlung gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot der PKK durch Betätigung für ihre militante Teilorganisation ARGK betraf, jedoch sogar an, dass aus Gründen des Bestimmtheitsgebotes, trotz § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG, jedenfalls für eine Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG erforderlich sein, dass die von einem Betätigungsverbot mitumfasste Teilorganisation in der Verbotsverfügung selbst ausdrücklich benannt wurde. Da zudem die Antwort der Bundesregierung vom 21.04.2017 auf die kleine Anfrage mehrerer Abgeordneter der Fraktion „Die Linke“ zum Thema „Ausweitung des Betätigungsverbots der Arbeiterpartei Kurdistans PKK auf weitere Organisationssymbole“ (BT-Drucksache 18/11839) darauf verweist, dass der Bundesregierung keine Aktivitäten der YPG im Bundesgebiet bekannt sind, ist darüber hinaus zusätzlich zumindest fraglich, ob das allein im Anwendungsbereich des VereinsG gültige Betätigungsverbot der PKK die rein hypothetische Tätigkeit der im Bundesgebiet real gar nicht aktiven YPG überhaupt mit umfassen und auf diese Weise zu einem Kennzeichenverbot nach § 9 VereinsG und in der Folge zu einer Strafbarkeit des Verwendens der YPG Flagge nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 führen kann (siehe hierzu ebenfalls BGH, NJW 1997, 2248).

2. Allerdings wäre nach der Rechtsprechung des BGH entsprechend der oben als 2. Alternative geschilderten Fallgestaltung das willentliche und wissentliche Verwenden der YPG-Fahne auch dann nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG strafbar, wenn es sich bei der Fahne der YPG um ein von der PKK verwendetes Kennzeichen handeln sollte, die PKK also das Kennzeichen der YPG als eigenes usurpiert hätte. Die Flagge der YPG müsste mithin zumindest auch als Kennzeichen der mit einem Betätigungsverbot belegten PKK anzusehen sein.

a. Was als Kennzeichen i.S.d. Vereinsgesetzes zu verstehen ist, listet § 9 Abs. 2 Satz 1 in der am 09.03.2017 gültigen Fassung lediglich beispielhaft auf. Danach sind Kennzeichen i.S.d. Vereinsgesetzes insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformeln. Mit umfasst sind seit der Gesetzesänderung vom 01.01.2012 auch solche Kennzeichen, die den Kennzeichen verbotener Vereine, bzw. Vereinen, die einem Betätigungsverbot unterliegen, zum Verwechseln ähnlich sehen. Die Rechtsprechung versteht unter Kennzeichen i.S.v. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG – ebenso wie i.S.v. § 86 a Abs. 1 StGB – generell abstrakt optisch oder akustisch wahrnehmbare Symbole und Sinnesäußerungen, durch die der Verein auf sich und seine Zwecke hinweist. Intern sollen Kennzeichen den Zusammenhalt der Vereinsmitglieder stärken. Es reicht dabei nach der Rechtsprechung des BGH aus, dass sich ein Verein ein bestimmtes Symbol – etwa durch formale Widmung oder durch schlichte Übung – derart zu eigen gemacht hat, dass dieses zumindest auch als sein Kennzeichen erscheint. Ist dies der Fall, so ist darüber hinaus eine Unverwechselbarkeit des Symbols nicht erforderlich. Dass das Kennzeichen auch unverfängliche Verwendung in anderem Zusammenhang findet und von der Organisation lediglich übernommen wurde, ist für den Kennzeichenbegriff nicht von Bedeutung. Von solchen außerhalb des Symbols liegenden tatsächlichen Umständen kann die Feststellung, ob es sich bei ihm um das Kennzeichen einer verbotenen Organisation handelt, ohne nachteilige Folgen für die Rechtssicherheit und Bestimmtheit des Tatbestands nicht abhängig gemacht werden. Vielmehr muss ein verbotenes Kennzeichen in seinem auf die verbotene Vereinigung hinweisenden Symbolgehalt im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. ((vgl. BGH, NJW 1999, 435 (im Folgenden „Wiking-Jugend-Entscheidung“), sowie fortführend BGH, NJW 2009, 928 (im Folgenden „Keltenkreuz-Entscheidung“) und BGH, NJW 2015, 3590 (im Folgenden „Bandidos-Entscheidung“)).

Der Hinweis der Verteidigung auf die Rechtsprechung des BGH in der zitierten „Wiking-Jugend-Entscheidung“ dafür, dass die YPG-Fahne im vorliegenden Fall, ebenso wie das Tragen des betreffenden Rangabzeichens der Bundeswehr in der genannten Entscheidung erlaubt sei, ist insoweit verfehlt. Der BGH hat in dieser Entscheidung gerade die oben genannten Grundsätze mit aufgestellt, aber über die entscheidende Frage, ob der verbotene Verein „Wiking-Jugend e.V.“ im konkreten Fall tatsächlich ein Rangabzeichen der Bundeswehr als eigenes Kennzeichen usurpiert hatte, gerade nicht entschieden, weil das vorinstanzliche Landgericht ausweislich der Ausführungen des BGH hierzu keine Feststellungen getroffen hatte.

Entgegen der Auffassung der Verteidigung und entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung ist, wie die drei zitierten Urteile des BGH zeigen, zudem auch der konkrete Kontext, in dem gerade der Angeschuldigte die YPG-Flagge in seinen Account eingestellt hat, für die Frage der Kennzeicheneigenschaft der Flagge als Kennzeichen der PKK völlig irrelevant. Insoweit vermischt auch die Entscheidung des Landgerichts Aachens, Az. 66 Qs 73/17 vom 13.02.2018 (BeckRS 2018, 5195), die im Ergebnis das Einstellen einer YPG Flagge als Profilbild in einen Facebook-Account nicht als Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG wertet, nach Auffassung der Kammer zu Unrecht die für die Bewertung der Kennzeicheneigenschaft eines bestimmten Symbols für einen bestimmte Verein irrelevante Frage, in welchem konkreten Kontext gerade der konkrete Verwender (der dem Verein gar nicht angehören muss) dieses Zeichen stellt, mit der für die Bestimmung des Kennzeichenwertes für einen Verein entscheidenden Frage, welche kontextualen Indizien dafür sprechen, dass der betreffende verbotene Verein und seine Anhänger in ihrer Gesamtheit gerade dieses Symbol wie ihr eigenes verwenden.

Entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung des BGH, die der Ausgestaltung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG als abstraktes Gefährdungsdelikt Rechnung trägt, fällt vielmehr zunächst jeder, der ein nach den oben genannten Kriterien bestimmtes Kennzeichen öffentlich benutzt in den Normbereich des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG. Eine Begrenzung des Straftatbestands erfolgt erst über das Tatbestandsmerkmal des „Verwendens“. Ein Kennzeichen i.S.d. § 9 VereinsG wird nach der Rechtsprechung des BGH dann nicht i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG verwendet, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang der Benutzung des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass die Nutzung des Kennzeichens dem Schutzzweck der Norm nicht zuwiderläuft. Sind die äußeren Umstände dagegen nicht eindeutig, so ist der objektive Tatbestand der Norm erfüllt (vgl. „Keltenkreuz-Entscheidung“ BGH a.a.O. und „Bandidos-Entscheidung“, BGH a.a.O.). Es ist denkbar, dass, etwa bei öffentlichen Demonstrationen, ein solch eindeutiger Gesamtzusammenhang, der die YPG-Fahne gerade als Symbol der YPG und nicht (auch) der PKK erscheinen lässt, durch den jeweiligen, öffentlich benannten Versammlungszweck und durch das gleichzeitige Unterlassen der Verwendung genuiner PKK-Symbole und Parolen hergestellt werden kann. In diesem Sinne sind offenbar auch die betreffenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen des VG Gelsenkirchen vom 19.02.2018 (BeckRS 2018, 1813, des VG Darmstadt vom 02.03.2018 (BeckRS 2018, 5477), und die bereits zitierte Eilentscheidung des BayVGH vom 16.02.2018 (BayVGH a.a.O.) zu verstehen.

(I.)

Dafür, dass die PKK die Flagge der YPG tatsächlich als eigenes Kennzeichen usurpiert hat, liegen nach Aktenlage ausreichend Anhaltspunkte vor, um insoweit hinsichtlich des objektiven Tatbestandes des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG einen hinreichenden Tatverdacht i.S.d. § 203 StPO zu begründen.

Hierfür spricht bereits als erhebliches Indiz die Aufnahme der YPG-Fahne in den Katalog der „Symbole/Fahnen im PKK-Kontext“ durch das BMI im Anhang des bereits genannten Rundschreibens des BMI an die für den Vollzug des Vereinsverbots zuständigen Länder vom 02.03.2017.

Ferner sprechen hierfür Motiv und Farbgebung der Flagge selbst. Ebenso wie die meisten anderen von der PKK und ihren (mit ihr identischen) Nachfolgeorganisationen verwendeten Fahnen und Symbolen, zeigt die YPG Flagge die Farben rot, gelb und grün, sowie das Motiv des fünfzackigen sozialistischen Sterns.

Darüber hinaus führt die Bundesregierung in ihrer bereits zitierten Antwort vom 21.04.2017 auf die kleine Anfrage mehrerer Abgeordneter der Fraktion „Die Linke“ zum Thema „Ausweitung des Betätigungsverbots der Arbeiterpartei Kurdistans PKK auf weitere Organisationssymbole“ (BT-Drucksache 18/11839) aus, die vom BMI im Anhang zum Rundschrieben vom 02.03.2017 zusammengestellte Liste von Symbolen fasse „sowohl die Eigensymbolik der PKK wie auch jene Symbolik zusammen, deren sich die Organisation ersatzweise bedient, weil deren organisatorischer Bezug zu ihr aus Sicht ihrer Anhänger offenkundig und damit geeignet ist, den Zusammenhalt der PKK zu fördern“. Die genannten Kennzeichen bestimmten „seit Jahren des öffentliche Versammlungsgeschehen mit PKK-Bezug“ (vgl. Seite 4 der genannten BT-Drucksache).

Auch die Tatsache, dass die Sachverhalte der bereits zitierten erstinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Darmstadt und Gelsenkirchen zur Frage der Zulässigkeit des Zeigens von YPG-Fahnen auf öffentlichen Demonstrationen stets Fallkonstellationen betreffen, bei denen neben YPG-Fahnen auch PKK-Symbole wie etwa das Öcalan-Bildnis mit Parolen wie „Freiheit für Öcalan!“ gezeigt werden bzw. werden sollen, oder Parolen wie „Weg mit dem PKK-Verbot!“ gerufen werden oder werden sollen (vgl. u.a. VG Darmstadt a.a.O.; VG Gelsenkirchen a.a.O.; ebenso VG München, BeckRS 2018, 2380), deutet darauf hin, dass die YPG-Fahne von der PKK und ihren Anhängern ersatzweise als eigenes Symbol verwendet wird und in der Öffentlichkeit grundsätzlich gerade nicht nur für die YPG selbst sondern zumindest auch für die PKK steht. Für die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts i.S.d. § 203 StPO, der, wie bereits eingangs erläutern, noch unterhalb der Schwelle des dringenden Tatverdachts anzusiedeln ist, sind diese Anhaltspunkte jedenfalls ausreichend, auch wenn es sicherlich wünschenswert gewesen wäre, dass die Staatsanwaltschaft hierzu bereits im Vorfeld auch eine gutachterliche Stellungnahme eines entsprechend sachkundigen Sachverständigen eingeholt hätte und den Sachverständigen als Beweismittel benannt hätte.

Die Staatsanwaltschaft hat allerdings den Unterzeichner des Rundschreibens des BMI vom 02.03.2017, Herrn ..., als sachverständigen Zeugen benannt und damit ein geeignetes Beweismittel für die Frage der Usurpierung der YPG-Flagge durch die PKK angeboten, was nach Auffassung der Kammer letztlich für die Bejahung der Frage, ob die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist, ausreicht. Sollte das Amtsgericht darüber hinaus für eine genaue Sachaufklärung die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich halten, kann dies im Rahmen der Hauptverhandlung durch Einvernahme beispielsweise eines sachkundigen Vertreters der Bundeszentrale für politische Bildung oder ähnlicher Organisationen als Sachverständigen geklärt werden.

(II.)

Dafür dass der Angeschuldigte im konkreten Fall die Fahne der YPG gerade nicht in einem dem Schutzzweck des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG zuwiderlaufenden Weise verwendet hätte, liegen nach Aktenlage keine Hinweise vor. Dass, wie die Verteidigung meint, die (zudem auf dem Titelbild, vgl. Bl. 7 d.A., gar nicht zu erkennende) im Hintergrund der YPG-Flagge abgebildete „Hügelkette“ (vgl. Abbildung Bl. 8 d.A.) keinen eindeutigen und ausschließlichen Bezug zum Kampf der YPG in Syrien herstellt und damit eine eindeutige Distanzierung von der Tätigkeit der PKK darstellt, bedarf keiner weiterer Erläuterung. Dass die Hügelkette erkennbar gerade eine syrische Landschaft darstellen soll, ist hierfür zum einen unerheblich und überfordert zudem, angesichts des lediglich als Strich in der Landschaft zu erkennenden Hügelkette im Bildhintergrund die Ortskenntnis der Kammer.

b. Sollte es sich bei der YPG-Fahne objektiv um ein von der PKK usurpiertes Kennzeichen handeln, so lägen nach Aktenlage auch ausreichend Anhaltspunkte vor, um auch in subjektiver Hinsicht einen hinreichenden Tatverdacht bzgl. des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG zu rechtfertigen.

Die ergibt sich bereits aus dem Kontext, in den der Angeschuldigte die YPG-Fahne in seinen Facebook-Account eingestellt hat. Der Angeschuldigte hatte, wie bereits geschildert, jedenfalls am 09.03.2017 neben der YPG-Fahne weite Symbole in seinen Facebook-Account eingestellt. Darunter findet sich insbesondere ein Symbol einer roten Nelke auf schwarzem Hintergrund mit dem Schriftzug „SURUÇ“. Das Einstellen dieses Symboles deutet darauf hin, dass sich der Angeschuldigte mit den Belangen und Tätigkeiten der PKK und PKK-naher Organisationen auseinandersetzt und dadurch auch über Wissen darüber verfügt, welche Kennzeichen die PKK für sich verwendet. Suruç ist, wie öffentlich zugänglichen Quellen im Internet, wie Wikipedia zu entnehmen ist, eine mehrheitlich von türkischen Kurden bewohnten Stadt in der Ost-Türkei an der Grenze zu Syrien, in der es 2015 zu einem mutmaßlich dem Islamischen Staat zuzuordnenden Selbstmordanschlag und in der Folge zu mutmaßlich der PKK zuzuordnenden „Strafaktionen“ gegen Soldaten der türkischen Armee kam, welcher seitens PKK und YPG vorgeworfen wurde, in den Islamischen Staat investiert zu haben. Die Stadt Suruç steht mithin augenscheinlich, zumal in Kombination mit einer Nelke als sozialistischem Symbol, für die Erinnerung an die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen PKK, türkischem Militär und Islamischem Staat in den Kurdengebieten der Ost-Türkei, an denen auch die YPG maßgeblich beteiligt ist. Ob darüber hinaus weitere Symbole, wie etwa das am 09.03.2018 in den Facebook-Account eingestellte Symbol mit der geballten Hand und der Aufschrift „Solidarisch Kämpfen“ oder das Symbol mit dem fünfzackigen, sozialistischen Stern, auf dem eine Waffe und der Schriftzug „GDL“ abgebildet ist, weiteren Aufschluss über den Wissenstand des Angeschuldigten über PKK und YPG ergeben, kann, falls vom Amtsgericht für erforderlich gehalten, im Rahmen einer etwaigen Hauptverhandlung geklärt werden. Die derzeit nach Aktenlage vorliegenden Hinweise auf den Nachweis auch des subjektiven Tatbestandes des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG reichen für die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts i.S.d. § 203 StPO jedenfalls aus.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.