Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Aug. 2016 - M 10 K 16.2888

bei uns veröffentlicht am08.08.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Verwaltungsrechtweg ist unzulässig.

II.

Der Rechtsstreit wird an das Finanzgericht München verwiesen.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt sinngemäß die Feststellung der Nichtigkeit einer vom Beklagten erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung.

Auf Vollstreckungsersuchen der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt … vom 1. Juli 2015 pfändete der Beklagte (Finanzamt München, Abteilung Erhebung) mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 8. September 2015 wegen Abgabenrückständen des Klägers in Höhe von insgesamt 142,82 Euro (einschließlich Gebühren und Auslagen) dessen gegenwärtige und zukünftige Ansprüche gegen die … Kreditbank AG (Drittschuldnerin) und ordnete die Einziehung bei Fälligkeit an (§§ 309 ff. Abgabenordnung - AO). Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 legte der Kläger „Widerspruch“ gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2015 als unzulässig verwarf.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2016, eingegangen am 1. Juli 2016, hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben mit der Forderung der Feststellung der Nichtigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 8. September 2015 nebst sofortiger Rückerstattung des illegal eingezogenen Betrags in Höhe von 142,82 Euro zzgl. einer Aufwandspauschale in Höhe von 80,00 Euro.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es liege kein vollstreckbarer Titel vor; es handele sich um eine rechtswidrige Selbsttitulierung. Zudem seien die erforderlichen Formvoraussetzungen, insbesondere die Schriftform, nicht gewahrt. Insgesamt gebe es keine Rechtsgrundlage für eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit an die Finanzgerichtsbarkeit zu verweisen, und gab den Parteien insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.

Unter dem 13. Juli 2016 erklärte sich der Beklagte mit der Rechtswegverweisung einverstanden. Der Kläger hat sich binnen gesetzter Frist nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags des Klägers wird auf den Inhalt der Gerichtakte sowie der vom Beklagten vorgelegten Behördenakte verwiesen.

II.

Nach § 173 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festzustellen und der Rechtsstreit an das zuständige Finanzgericht München zu verweisen.

Für das vorliegende Verfahren ist nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.

Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderem Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.

Eine solche Zuweisung ist im vorliegenden Fall nach der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegeben:

Der Kläger begehrt sinngemäß die Feststellung der Nichtigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten vom 8. September 2015.

Da diese Maßnahme der Zwangsvollstreckung vorliegend auf einem Leistungsbescheid des Staates (Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 26.3.2016) beruht, sind insoweit die Finanzämter zu ihrer Durchführung berufen; für das Verfahren der Finanzämter gelten die Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend (Art. 25 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - i. V. m. §§ 249 ff. Abgabenordnung - AO).

Soweit nicht ein anderer Rechtsweg ausdrücklich gegeben ist, findet hierbei die Finanzgerichtsordnung Anwendung (Art. 25 Abs. 2 Satz 2 VwZVG). Damit wird eine Rechtswegzuweisung vorgenommen (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO) vor dem Hintergrund, in diesen Fällen den Finanzämtern die ihnen vertraute Verfahrensordnung zuzuweisen (VG Ansbach, B. v. 10.11.2004 - AN 11 K 04.01535 - juris; VG Leipzig, B. v. 24.2.1998 - NVwZ-RR 1999,158).

Der Rechtsstreit ist daher nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen an des nach §§ 35, 38 Abs. 1 FGO sachlich und örtlich zuständige Finanzgericht München zu verweisen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 17b GVG der Entscheidung des Finanzgerichts vorbehalten.

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17b


(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen. (2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 33


(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben 1. in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,2. in öf

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 38


(1) Örtlich zuständig ist das Finanzgericht, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat. (2) Ist die in Absatz 1 bezeichnete Behörde eine oberste Finanzbehörde, so ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Be

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 35


Das Finanzgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Finanzrechtsweg gegeben ist.

Referenzen

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

Das Finanzgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Finanzrechtsweg gegeben ist.

(1) Örtlich zuständig ist das Finanzgericht, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat.

(2) Ist die in Absatz 1 bezeichnete Behörde eine oberste Finanzbehörde, so ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; bei Zöllen, Verbrauchsteuern und Monopolabgaben ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Bezirk ein Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Abgabe knüpft. Hat der Kläger im Bezirk der obersten Finanzbehörde keinen Wohnsitz, keine Geschäftsleitung und keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so findet Absatz 1 Anwendung.

(2a) In Angelegenheiten des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat der Kläger im Inland keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat.

(3) Befindet sich der Sitz einer Finanzbehörde außerhalb ihres Bezirks, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit abweichend von Absatz 1 nach der Lage des Bezirks.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.

(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.