Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Dez. 2018 - M 1 S 18.1198

bei uns veröffentlicht am11.12.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Untersagung der gewerblichen Nutzung seines Carports sowie der diesen umgebenden Freifläche auf seinem Grundstück FlNr. 629 Gemarkung …

Das Grundstück des Klägers liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Butterfeld II“ der Gemeinde … vom 7. Februar 2002, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Unter dem 28. Juli 2006 erhielt der Kläger eine Baugenehmigung zur Errichtung des Carports auf seinem Grundstück FlNr. 629, auf dem sich auch sein Wohnhaus befindet.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2018 lehnte das Landratsamt den Bauantrag des Klägers auf Genehmigung der Nutzungsänderung in gewerbliche Nutzung ab (Nr. 1), untersagte die gewerbliche Nutzung des Carports auf dem Grundstück Flnr. 629 Gemarkung … als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör einschließlich der gewerblich genutzten Freiflächen ab sofort und verfügte ferner, dass die entsprechenden Gerätschaften bis spätestens 29. März 2018 zu entfernen seien (Nr. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung an (Nr. 4). Die Nutzung erfolge im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften und könne deshalb nach Art. 76 Satz 2 BayBO untersagt werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei gerechtfertigt, weil ein dringendes öffentliches Interesse daran bestehe, die ungenehmigte und nicht genehmigungsfähige Nutzung ohne jahrelange Verzögerung zur Klärung in einem Klageverfahren zu unterbinden.

Die Klage gegen den Bescheid vom 19. Februar 2018 ging am 12. März 2018 bei Gericht ein (M 1 K 18.1185). Der Antragsteller macht insbesondere geltend, entgegen der Ansicht des Landratsamts handle es sich nicht um einen störenden Gewerbebetrieb, sondern um einen nicht störenden Handwerksbetrieb i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, der im allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Die Nutzungsuntersagung sei rechtswidrig. Ferner hat der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO begehrt.

Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt der Antragsteller zuletzt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 2 des Bescheid vom 19. Februar 2018 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen und beantragt,

den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 11. Dezember 2018, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichtsakten auch des Hauptsacheverfahrens M 1 K 18.1185, das Urteil vom 11. Dezember 2018 in diesem Verfahren sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Vollziehungsanordnung in Nr. 4 des Bescheids vom 19. Februar 2018 entspricht den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO.

Im Rahmen einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Abwägungsentscheidung darüber, ob das öffentliche Interesse an einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder das Interesse des Betroffenen an einem Zuwarten bis zur Entscheidung über die in der Hauptsache erhobene Klage höher zu bewerten ist. Im Rahmen der dabei anzustellenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 25.3.1993 - 1 ER 301.92 - juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung, und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt. Zentraler Maßstab bleibt dabei unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit kraft Gesetzes besteht oder behördlich angeordnet wurde, dass der Rechtsschutzanspruch des Antragstellers umso stärker ist und umso weniger zurückstehen darf, je mehr die Maßnahmen Unabänderliches bewirken (vgl. BVerwG, B.v. 14.4.2005 - 4 VR 1005.04 - juris, Rn. 12; Hoppe, in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 93).

Durch das Urteil vom 11. Dezember 2018 in der Sache M 1 K 18.1185, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, ist geklärt, dass die Klage gegen die in Nr. 2 des Bescheids vom 19. Februar 2018 ausgesprochene Nutzungsuntersagung keine Erfolgsaussichten hat, weil diese gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechte verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände im Wege des Sofortvollzugs überwiegt somit das Interesse des Antragstellers an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko unterworfen, weshalb es der Billigkeit entspricht, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Dez. 2018 - M 1 S 18.1198

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Dez. 2018 - M 1 S 18.1198

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Dez. 2018 - M 1 S 18.1198 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Dez. 2018 - M 1 S 18.1198 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Dez. 2018 - M 1 S 18.1198 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Dez. 2018 - M 1 K 18.1185

bei uns veröffentlicht am 11.12.2018

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit in Bezug auf Nr. 3 des Bescheids vom 19. Februar 2018 in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Das Urteil wird insofern im Wege der Berichtigung ergänzt. II. D

Referenzen

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit in Bezug auf Nr. 3 des Bescheids vom 19. Februar 2018 in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Das Urteil wird insofern im Wege der Berichtigung ergänzt.

II. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des Grundstücks FlNr. 629 Gemarkung … gegen die Untersagung der gewerblichen Nutzung seines Carports sowie der diesen umgebenden Freifläche und erstrebt eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Carports als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör.

Das Grundstück des Klägers liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Butterfeld II“ der Gemeinde … vom 7. Februar 2002, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Unter dem 28. Juli 2006 erhielt der Kläger eine Baugenehmigung zur Errichtung des Carports auf seinem Grundstück FlNr. 629, auf dem sich auch sein Wohnhaus befindet.

Auf einen Hinweis aus der Nachbarschaft, dass der Kläger seinen Malereibetrieb von dem Wohngrundstück FlNr. 629 aus betreibe und hiervon Störungen ausgingen, wurde das Landratsamt tätig. Unter dem 19. Mai 2017 hörte es den Kläger zu einer „kostenpflichtigen Anordnung“ an und brachte bei der Beigeladenen in Erfahrung, dass das Malereigewerbe des Klägers an seiner Wohnadresse angemeldet ist.

Am 19. September 2017 ging der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Carports von privater Wohnnutzung in gewerbliche Nutzung als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör bei der Beigeladenen ein. Der Gemeinderat verweigerte mit Beschluss vom 9. Oktober 2017 sein Einvernehmen zu dem Vorhaben. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO seien im allgemeinen Wohngebiet lediglich nicht störende Handwerksbetriebe zulässig. Es gebe bereits massive Beschwerden über die Aktivitäten des Klägers wie Be- und Entladen des Gerüsts sowie An- und Abfahrten mit dem Kleintransporter zu unregelmäßigen Zeiten.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2018 lehnte das Landratsamt den Bauantrag ab (Nr. 1), untersagte die gewerbliche Nutzung des Carports auf dem Grundstück Flnr. 629 Gemarkung … als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör einschließlich der gewerblich genutzten Freiflächen ab sofort und verfügte ferner, dass die entsprechenden Gerätschaften bis spätestens 29. März 2018 zu entfernen seien (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung wurde angeordnet (Nr. 4). Es handle sich bei dem Malereibetrieb des Klägers sowohl in Bezug auf die Lärmentwicklung wie auch bezüglich seiner sonstigen typischen Auswirkungen um einen störenden Gewerbebetrieb, der im allgemeinen Wohngebiet nicht bauaufsichtlich genehmigungsfähig sei. Insbesondere die Lagerung von Materialien auf den Freiflächen beeinträchtige das ansonsten homogene Erscheinungsbild der Umgebungsbebauung. Durch das Be- und Entladen ergebe sich zudem eine Behinderung auf den öffentlichen Verkehrsflächen, weil es auf dem Klägergrundstück keine Ladeflächen gebe. Die Nutzung erfolge somit im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften und könne deshalb nach Art. 76 Satz 2 BayBO untersagt werden.

Die Klage gegen den Bescheid vom 19. Februar 2018 ging am 12. März 2018 bei Gericht ein. Der Kläger macht insbesondere geltend, entgegen der Ansicht des Landratsamts handle es sich nicht um einen störenden Gewerbebetrieb, sondern um einen nicht störenden Handwerksbetrieb i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, der im allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Er sei Inhaber einer kleinen Malerfirma und benötige nur ein wenig Farbe und etwas Gerüst. Bei größeren Objekten würden ohnehin Gerüste von Baugerüst-Leihfirmen aufgestellt und die Farbe direkt angeliefert. Von November bis April gebe es keine Bewegungen, weil in der kalten Jahreszeit keine Malerarbeiten außen durchgeführt werden könnten. Etwaige Beladungsarbeiten würden nicht vor sieben Uhr morgens und nicht nach 17/17:30 Uhr abends stattfinden. Der dabei verursachte Lärm sei dem Türenschlagen eines Autos oder dem Betrieb eines Traktors auf der nebenan gelegenen landwirtschaftlichen Fläche vergleichbar. Er übe seinen Handwerksbetrieb nicht an Ort und Stelle aus. Es gebe auch nur Anfeindungen einer einzigen Nachbarin. Alle anderen Nachbarn fühlten sich nicht gestört. Falls man seinen Betrieb im allgemeinen Wohngebiet als unzulässig ansehe, sei dort auch eine Arztpraxis oder ein Friseurgeschäft nicht zulässig. Der Kläger beantragt,

Der Bescheid des Landratsamts vom 19. Februar 2018 wird aufgehoben.

Das Landratsamt Freising wird verpflichtet, die Baugenehmigung für die Nutzung des Carports auf dem Grundstück FlNr. 629 Gemarkung … als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör zu erteilen.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Aufhebung der Nr. 3 des Bescheids vom 19. Februar 2018 durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 11. Dezember 2018, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

1. Soweit die Parteien in Bezug auf Nr. 3 des Bescheids vom 19. Februar 2018 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen. Infolge übereinstimmender Hauptsacheerledigungserklärungen endet zwar das Gerichtsverfahren unmittelbar und ex tunc. Es entspricht aber allgemeiner Übung, in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO das Verfahren einzustellen, weil die Rechtshängigkeit in gleicher Weise entfallen ist wie bei einer Klagerücknahme (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 161 Rn. 14 m.w.N.). Der entsprechende Beschluss war von der Willensbildung der Kammer umfasst, ist jedoch versehentlich nicht niedergeschrieben worden. Die niedergelegte Urteilsformel ist deshalb insoweit gemäß § 118 VwGO wegen offenbarer Unrichtigkeit in Gestalt der Unvollständigkeit von Amts wegen im Wege der Berichtigung zu ergänzen. Die Berichtigung wäre nach Auslauf der vollständigen Entscheidungsgründe möglich und kann deshalb erst recht unmittelbar im Rahmen der Abfassung der vollständigen Entscheidung erfolgen. Bei teilweiser Erledigung der Hauptsache kann das Gericht auch über die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits durch Urteil (nicht durch Beschluss) entscheiden (BVerwG, U.v. 6.2.1962 - V C 24.61 - juris Ls.; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. EL September 2018, § 161, Rn. 21). Dies muss entsprechend für die deklaratorische Einstellung des Verfahrens und für die diesbezügliche Entscheidung über die Berichtigung gelten.

2. Soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt wurde, bleibt die zulässige Klage im Übrigen in der Sache ohne Erfolg, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzung des Carports im Rahmen seines Gewerbebetriebs (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil die beabsichtigte Nutzung den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB).

In dem Bebauungsplan „Butterfeld II“ der Beigeladenen, in dessen Umgriff das Grundstück des Klägers liegt, ist im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet i.S.d § 4 BauNVO festgesetzt. In allgemeinen Wohngebieten sind gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe allgemein zulässig. Ausnahmsweise können nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sonstige nicht störende Gewerbebetriebe zugelassen werden. Entscheidend ist die in § 4 Abs. 1 BauNVO festgeschriebene Typisierung, wonach allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen dienen.

aa) Der Malerbetrieb des Klägers unterfällt der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO schon deshalb nicht, weil es sich nicht um einen der Versorgung des Gebiets dienenden Handwerksbetrieb handelt. „Das Gebiet“ im Sinne dieser Vorschrift wäre in erster Linie der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Butterfeld II“, allenfalls zusätzlich des Bebauungsplans „Butterfeld“. Für die Qualifizierung einer Anlage als gebietsbezogen kommt es maßgeblich auf objektive Kriterien an. Der von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO geforderte Gebietsbezug ist gegeben, wenn die Anlage eine Größe hat, die erwarten lässt, dass ihre Kapazität in einem erheblichen Umfang von Bewohnern aus dem umgebenden Gebiet ausgelastet werden wird (BVerwG, U.v. 29.10.1998 - 4 C 9.97 - juris Ls.). Das ist hier offensichtlich nicht der Fall. Der klägerische Betrieb beschäftigt nach den Bekundungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung drei feste Mitarbeiter, der Fuhrpark besteht aus zwei Kleintransportern und einem Anhänger zum Transport des Gerüsts. Der Kläger hat ausgeführt, dass er für größere Vorhaben mit Leihgerüsten arbeite. Bereits aus diesen Angaben, aber auch aus dem Internetauftritt der Firma lässt sich ersehen, dass der Betrieb einen weiteren Einzugsbereich hat als nur das Gebiet, in dem er sich befindet.

bb) Zudem handelt es sich bei dem Malerbetrieb des Klägers nicht um einen nicht störenden Handwerksbetrieb. Die Baunutzungsverordnung differenziert entsprechend der Typisierung der verschiedenen Baugebiete zwischen verschiedenen Störgraden von Handwerks- und Gewerbetrieben. So sind in Mischgebieten (§ 6 BauNVO) Gewerbebetriebe zulässig, die das Wohnen nicht wesentlich stören, in Gewerbegebieten nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe (§ 8 BauNVO), in Industriegebieten (§ 9 BauNVO) Gewerbetriebe, die (wegen ihres Störpotentials - Anm. des Gerichts) in anderen Gebieten unzulässig sind. In allgemeinen Wohngebieten i.S.d. § 4 BauNVO sind allgemein zulässig nur Handwerksbetriebe, die in Bezug auf das Wohnen überhaupt kein Störpotential aufweisen. Davon kann hier keine Rede sein.

Zwar trifft zu, dass bei einem Malerbetrieb typischer Weise die meisten anfallenden Leistungen nicht am Betriebssitz, sondern bei den Kunden ausgeführt werden. Der Betrieb des Klägers hat aber nach seiner Beschreibung und den aus den Akten hervorgehenden Umständen einen Zuschnitt, durch den dennoch Störungen verursacht werden, die das Wohnen - wenn auch vielleicht nicht wesentlich, aber doch merklich - stören. Bei einem Betrieb mit drei festen Mitarbeitern handelt es sich nicht mehr um eine kleine Malerfirma in der Art eines Ein-Mann-Betriebs, die „nur ein wenig Farbe und etwas Gerüst“ benötigt, wie es in der Klagebegründung heißt. Auch handelt es sich nach den bei den Akten befindlichen Fotos nicht lediglich um „etwas Gerüst“, sondern um eine umfangreiche Sammlung an Gerüstteilen, die zum Zeitpunkt der Aufnahmen im Außenbereich um den Carport gelagert wurden. Dass die Verladung dieser Gerüstteile auf den dafür vorgesehenen und nach den Fotos ebenfalls am Grundstück FlNr. 629 abgestellten Anhänger Lärmeinwirkungen verursacht, liegt auf der Hand. Auch wenn möglicher Weise am Rand des Bebauungsplangebiets „Butterfeld II“, das im Norden, Osten und Westen von landwirtschaftlichen Flächen umgeben ist, nicht die reinen Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet nach Nr. 6.1 Buchst. d) TA Lärm (55 dB(A) tags, 40 dB(A) nachts) gelten mögen, sondern entsprechend Nr. 6.7 TA Lärm ein Zwischenwert zu bilden sein mag, kann zumindest für die Zeiten des Be- und Entladens des Anhängers mit Gerüstteilen nicht von einer Einhaltung der Lärmgrenzwerte ausgegangen werden. Zumal der Zwischenwert die Immissionsrichtwerte für Dorf- und Mischgebiete jedenfalls nicht überschreiten, hier aber wohl auch nicht erreichen dürfte. Dies muss aber nicht abschließend geklärt werden, denn auf die Lärmimmissionen kommt es letztlich nicht entscheidend an. Die Lagerung des Gerüsts, das Abstellen des zu seinem Transport bestimmten Anhängers und die gesamte Betriebstätigkeit von dem Grundstück FlNr. 629 aus verändern vielmehr vor allem das städtebauliche Erscheinungsbild der Umgebung eines Wohngebiets i.S.d. § 4 BauNVO und tragen deutlich gewerbliche Elemente hinein, die den Gebietscharakter und die Wohnruhe nicht zuletzt auch optisch stören. Zur Störwirkung tragen zudem die beiden Kleintransporter bei, die ersichtlich nicht nur der Beförderung der drei Mitarbeiter des Klägers, sondern auch dem Transport von Arbeitsmaterial, wie Farbe, Pinsel, Rollen, Tapeten, Abdeckfolien, Werkzeugkästen u.ä. dienen, die der Kläger an seinem Betriebssitz lagert. Die Fahrzeuge werden den Betriebssitz natürlicher Weise nicht nur gelegentlich frequentieren; der Kläger verfügt nach seinem Vorbringen über keinen anderen Standort und muss demzufolge den täglichen Betrieb vom streitbefangenen Grundstück aus gewährleisten. Daher mag vielleicht der Transport des Gerüsts in den Wintermonaten weitgehend unterbleiben, weil in der kalten Jahreszeit kaum Malerarbeiten im Freien durchgeführt werden. Für Malerarbeiten in Innenräumen gilt dies jedoch nicht. Das Arbeitsmaterial für Innenarbeiten muss auch in den Wintermonaten von dem derzeitigen Betriebsgrundstück aus zum Einsatz gebracht werden, was die gewerblichen Aktivitäten zumindest durch entsprechendes Be- und Entladen der Kleintransporter durch die Mitarbeiter des Klägers und ihn selbst im Prinzip ganzjährig in Erscheinung treten lässt.

Mit dem Vergleich, den der Kläger zwischen seinem Betrieb und einer Arztpraxis oder einem Friseurgeschäft zieht, lässt sich der Nachweis fehlenden Störpotentials nicht führen. Es mag zwar zutreffen, dass bei einer Arztpraxis oder einem Friseurgeschäft tagsüber Anfahrtverkehr von Kunden und Patienten mit Pkws stattfindet, das ist jedoch mit dem Be- und Entladen von Gerüsten und gewerblichen Arbeitsmitteln sowie dem Verkehr mit Anhänger und Transportern nicht zu vergleichen. Zudem handelt es sich bei einer Arztpraxis schon nicht um einen Handwerks- oder Gewerbebetrieb, sondern um die Berufsausübung freiberuflich Tätiger, die gemäß § 13 BauNVO u.a. in allgemeinen Wohngebieten ausdrücklich zugelassen ist. Ein Friseur wäre im allgemeinen Wohngebiet als nicht störender Handwerksbetrieb zur Versorgung des Gebiets nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig, wenn seine Kapazität in einem erheblichen Umfang von Bewohnern aus dem umgebenden Gebiet ausgelastet würde, in diesem Fall wäre aber angesichts der kleinräumigen Verhältnisse nur in recht beschränktem Umfang mit Anfahrtverkehr zu rechnen.

cc) Auch eine ausnahmsweise Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als nicht störender Gewerbebetrieb kommt aus den vorstehenden Erwägungen wegen des Störpotentials des Malerbetriebs des Klägers nicht in Betracht.

dd) Eine Baugenehmigung für die Nutzung des Carports auf dem Grundstück FlNr. 629 Gemarkung … im Rahmen des klägerischen Gewerbebetriebs verbietet sich schließlich auch deshalb, weil der faktisch von diesem Grundstück aus betriebene Malereibetrieb, dem die gewünschte Nutzung des Carports dienen soll, bauaufsichtlich nicht genehmigt ist und aus den dargestellten Gründen grundsätzlich auch nicht genehmigungsfähig sein dürfte.

b) Die auf Aufhebung der Nutzungsuntersagung in Nr. 2 des Bescheids vom 19. Februar 2018 gerichtete Klage ist unbegründet, weil die Nutzungsuntersagung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Nach dieser Vorschrift kann die Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 21 m.w.N.). Wie die Ausführungen oben unter 2.a) zur Rechtmäßigkeit der Ablehnung des vom Kläger bereits gestellten Bauantrags zeigen, ist das hier streitige Vorhaben aber nicht genehmigungsfähig. Die Nutzungsuntersagung ist daher rechtmäßig, im Übrigen verhältnismäßig und auch sonst ermessensgerecht. Dies gilt auch betreffend die Freifläche um den Carport. Die städtebaulichen Erwägungen zur Unzulässigkeit des Gewerbebetriebs des Klägers im allgemeinen Wohngebiet gelten nicht nur für die Nutzung des Carports, sondern auch für die Freiflächen auf dem im allgemeinen Wohngebiet belegenen Grundstück des Klägers FlNr. 629 Gemarkung …

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die Kosten auch insoweit aufzuerlegen, als der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Die Zwangsgeldandrohung war im Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung rechtmäßig, denn die dem Kläger in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids auferlegte Verpflichtung ist als einheitlich anzusehen. Mit der Nutzungsuntersagung geht die Entfernung der im Rahmen der Nutzung gelagerten Gegenstände zwangsläufig einher, so dass die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes den Anforderungen an die Bestimmtheit genügt.

Erstreckt sich die bauaufsichtliche Anordnung auf mehrere selbständige bauliche Anlagen oder Bauteile oder verschiedene Räume oder auf mehrere sachlich selbständige Bestandteile oder Handlungen oder Unterlassungen, so muss für jede Handlung (wegen des auch insoweit geltenden Bestimmtheitsgrundsatzes; Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) jeweils ein eigenes Zwangsgeld angedroht oder ein angedrohter Zwangsgeldbetrag entsprechend aufgeteilt werden. Eine Anordnung nach Art. 76 Satz 2 BayBO begründet jedoch die umfassende Verpflichtung, alles zu tun, was erforderlich ist, um die untersagte Nutzung aufzugeben, und alles zu unterlassen, wodurch die Nutzung fortgesetzt werden würde. Kann eine Nutzungsuntersagung nur dadurch realisiert werden, dass sämtliche in oder auf der Anlage gelagerten Gegenstände entfernt werden, wie z. B. bei der Untersagung der Nutzung eines Außenbereichsgrundstücks zu Lagerzwecken, dann deckt Art. 76 Satz 2 BayBO auch die mit der Nutzungsuntersagung verbundene Räumung (vgl. Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 181. EL Oktober 2018, Art. 76 Rn. 380, 271, 273). So liegt es auch hier. Ziel der Nutzungsuntersagung im Bescheid vom 19. Februar 2018 ist erkennbar, die gewerbliche Nutzung des Grundstücks FlNr. 629 Gemarkung … zu unterbinden. Da die untersagte Nutzung gerade in der Lagerung von Gegenständen besteht, kann die hierauf gerichtete Nutzungsuntersagung nur dadurch erfüllt werden, dass die gelagerten Gegenstände entfernt werden. Sie ist deshalb als einheitliche Anordnung zu werten, die die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes rechtfertigt.

Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko unterworfen, weshalb es der Billigkeit entspricht, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff ZPO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit in Bezug auf Nr. 3 des Bescheids vom 19. Februar 2018 in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Das Urteil wird insofern im Wege der Berichtigung ergänzt.

II. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen

III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des Grundstücks FlNr. 629 Gemarkung … gegen die Untersagung der gewerblichen Nutzung seines Carports sowie der diesen umgebenden Freifläche und erstrebt eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Carports als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör.

Das Grundstück des Klägers liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Butterfeld II“ der Gemeinde … vom 7. Februar 2002, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Unter dem 28. Juli 2006 erhielt der Kläger eine Baugenehmigung zur Errichtung des Carports auf seinem Grundstück FlNr. 629, auf dem sich auch sein Wohnhaus befindet.

Auf einen Hinweis aus der Nachbarschaft, dass der Kläger seinen Malereibetrieb von dem Wohngrundstück FlNr. 629 aus betreibe und hiervon Störungen ausgingen, wurde das Landratsamt tätig. Unter dem 19. Mai 2017 hörte es den Kläger zu einer „kostenpflichtigen Anordnung“ an und brachte bei der Beigeladenen in Erfahrung, dass das Malereigewerbe des Klägers an seiner Wohnadresse angemeldet ist.

Am 19. September 2017 ging der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Carports von privater Wohnnutzung in gewerbliche Nutzung als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör bei der Beigeladenen ein. Der Gemeinderat verweigerte mit Beschluss vom 9. Oktober 2017 sein Einvernehmen zu dem Vorhaben. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO seien im allgemeinen Wohngebiet lediglich nicht störende Handwerksbetriebe zulässig. Es gebe bereits massive Beschwerden über die Aktivitäten des Klägers wie Be- und Entladen des Gerüsts sowie An- und Abfahrten mit dem Kleintransporter zu unregelmäßigen Zeiten.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2018 lehnte das Landratsamt den Bauantrag ab (Nr. 1), untersagte die gewerbliche Nutzung des Carports auf dem Grundstück Flnr. 629 Gemarkung … als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör einschließlich der gewerblich genutzten Freiflächen ab sofort und verfügte ferner, dass die entsprechenden Gerätschaften bis spätestens 29. März 2018 zu entfernen seien (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung wurde angeordnet (Nr. 4). Es handle sich bei dem Malereibetrieb des Klägers sowohl in Bezug auf die Lärmentwicklung wie auch bezüglich seiner sonstigen typischen Auswirkungen um einen störenden Gewerbebetrieb, der im allgemeinen Wohngebiet nicht bauaufsichtlich genehmigungsfähig sei. Insbesondere die Lagerung von Materialien auf den Freiflächen beeinträchtige das ansonsten homogene Erscheinungsbild der Umgebungsbebauung. Durch das Be- und Entladen ergebe sich zudem eine Behinderung auf den öffentlichen Verkehrsflächen, weil es auf dem Klägergrundstück keine Ladeflächen gebe. Die Nutzung erfolge somit im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften und könne deshalb nach Art. 76 Satz 2 BayBO untersagt werden.

Die Klage gegen den Bescheid vom 19. Februar 2018 ging am 12. März 2018 bei Gericht ein. Der Kläger macht insbesondere geltend, entgegen der Ansicht des Landratsamts handle es sich nicht um einen störenden Gewerbebetrieb, sondern um einen nicht störenden Handwerksbetrieb i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, der im allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Er sei Inhaber einer kleinen Malerfirma und benötige nur ein wenig Farbe und etwas Gerüst. Bei größeren Objekten würden ohnehin Gerüste von Baugerüst-Leihfirmen aufgestellt und die Farbe direkt angeliefert. Von November bis April gebe es keine Bewegungen, weil in der kalten Jahreszeit keine Malerarbeiten außen durchgeführt werden könnten. Etwaige Beladungsarbeiten würden nicht vor sieben Uhr morgens und nicht nach 17/17:30 Uhr abends stattfinden. Der dabei verursachte Lärm sei dem Türenschlagen eines Autos oder dem Betrieb eines Traktors auf der nebenan gelegenen landwirtschaftlichen Fläche vergleichbar. Er übe seinen Handwerksbetrieb nicht an Ort und Stelle aus. Es gebe auch nur Anfeindungen einer einzigen Nachbarin. Alle anderen Nachbarn fühlten sich nicht gestört. Falls man seinen Betrieb im allgemeinen Wohngebiet als unzulässig ansehe, sei dort auch eine Arztpraxis oder ein Friseurgeschäft nicht zulässig. Der Kläger beantragt,

Der Bescheid des Landratsamts vom 19. Februar 2018 wird aufgehoben.

Das Landratsamt Freising wird verpflichtet, die Baugenehmigung für die Nutzung des Carports auf dem Grundstück FlNr. 629 Gemarkung … als Lagerraum für Malergerüst und Zubehör zu erteilen.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Aufhebung der Nr. 3 des Bescheids vom 19. Februar 2018 durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 11. Dezember 2018, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

1. Soweit die Parteien in Bezug auf Nr. 3 des Bescheids vom 19. Februar 2018 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen. Infolge übereinstimmender Hauptsacheerledigungserklärungen endet zwar das Gerichtsverfahren unmittelbar und ex tunc. Es entspricht aber allgemeiner Übung, in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO das Verfahren einzustellen, weil die Rechtshängigkeit in gleicher Weise entfallen ist wie bei einer Klagerücknahme (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 161 Rn. 14 m.w.N.). Der entsprechende Beschluss war von der Willensbildung der Kammer umfasst, ist jedoch versehentlich nicht niedergeschrieben worden. Die niedergelegte Urteilsformel ist deshalb insoweit gemäß § 118 VwGO wegen offenbarer Unrichtigkeit in Gestalt der Unvollständigkeit von Amts wegen im Wege der Berichtigung zu ergänzen. Die Berichtigung wäre nach Auslauf der vollständigen Entscheidungsgründe möglich und kann deshalb erst recht unmittelbar im Rahmen der Abfassung der vollständigen Entscheidung erfolgen. Bei teilweiser Erledigung der Hauptsache kann das Gericht auch über die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits durch Urteil (nicht durch Beschluss) entscheiden (BVerwG, U.v. 6.2.1962 - V C 24.61 - juris Ls.; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. EL September 2018, § 161, Rn. 21). Dies muss entsprechend für die deklaratorische Einstellung des Verfahrens und für die diesbezügliche Entscheidung über die Berichtigung gelten.

2. Soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt wurde, bleibt die zulässige Klage im Übrigen in der Sache ohne Erfolg, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzung des Carports im Rahmen seines Gewerbebetriebs (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil die beabsichtigte Nutzung den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB).

In dem Bebauungsplan „Butterfeld II“ der Beigeladenen, in dessen Umgriff das Grundstück des Klägers liegt, ist im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet i.S.d § 4 BauNVO festgesetzt. In allgemeinen Wohngebieten sind gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe allgemein zulässig. Ausnahmsweise können nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sonstige nicht störende Gewerbebetriebe zugelassen werden. Entscheidend ist die in § 4 Abs. 1 BauNVO festgeschriebene Typisierung, wonach allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen dienen.

aa) Der Malerbetrieb des Klägers unterfällt der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO schon deshalb nicht, weil es sich nicht um einen der Versorgung des Gebiets dienenden Handwerksbetrieb handelt. „Das Gebiet“ im Sinne dieser Vorschrift wäre in erster Linie der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Butterfeld II“, allenfalls zusätzlich des Bebauungsplans „Butterfeld“. Für die Qualifizierung einer Anlage als gebietsbezogen kommt es maßgeblich auf objektive Kriterien an. Der von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO geforderte Gebietsbezug ist gegeben, wenn die Anlage eine Größe hat, die erwarten lässt, dass ihre Kapazität in einem erheblichen Umfang von Bewohnern aus dem umgebenden Gebiet ausgelastet werden wird (BVerwG, U.v. 29.10.1998 - 4 C 9.97 - juris Ls.). Das ist hier offensichtlich nicht der Fall. Der klägerische Betrieb beschäftigt nach den Bekundungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung drei feste Mitarbeiter, der Fuhrpark besteht aus zwei Kleintransportern und einem Anhänger zum Transport des Gerüsts. Der Kläger hat ausgeführt, dass er für größere Vorhaben mit Leihgerüsten arbeite. Bereits aus diesen Angaben, aber auch aus dem Internetauftritt der Firma lässt sich ersehen, dass der Betrieb einen weiteren Einzugsbereich hat als nur das Gebiet, in dem er sich befindet.

bb) Zudem handelt es sich bei dem Malerbetrieb des Klägers nicht um einen nicht störenden Handwerksbetrieb. Die Baunutzungsverordnung differenziert entsprechend der Typisierung der verschiedenen Baugebiete zwischen verschiedenen Störgraden von Handwerks- und Gewerbetrieben. So sind in Mischgebieten (§ 6 BauNVO) Gewerbebetriebe zulässig, die das Wohnen nicht wesentlich stören, in Gewerbegebieten nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe (§ 8 BauNVO), in Industriegebieten (§ 9 BauNVO) Gewerbetriebe, die (wegen ihres Störpotentials - Anm. des Gerichts) in anderen Gebieten unzulässig sind. In allgemeinen Wohngebieten i.S.d. § 4 BauNVO sind allgemein zulässig nur Handwerksbetriebe, die in Bezug auf das Wohnen überhaupt kein Störpotential aufweisen. Davon kann hier keine Rede sein.

Zwar trifft zu, dass bei einem Malerbetrieb typischer Weise die meisten anfallenden Leistungen nicht am Betriebssitz, sondern bei den Kunden ausgeführt werden. Der Betrieb des Klägers hat aber nach seiner Beschreibung und den aus den Akten hervorgehenden Umständen einen Zuschnitt, durch den dennoch Störungen verursacht werden, die das Wohnen - wenn auch vielleicht nicht wesentlich, aber doch merklich - stören. Bei einem Betrieb mit drei festen Mitarbeitern handelt es sich nicht mehr um eine kleine Malerfirma in der Art eines Ein-Mann-Betriebs, die „nur ein wenig Farbe und etwas Gerüst“ benötigt, wie es in der Klagebegründung heißt. Auch handelt es sich nach den bei den Akten befindlichen Fotos nicht lediglich um „etwas Gerüst“, sondern um eine umfangreiche Sammlung an Gerüstteilen, die zum Zeitpunkt der Aufnahmen im Außenbereich um den Carport gelagert wurden. Dass die Verladung dieser Gerüstteile auf den dafür vorgesehenen und nach den Fotos ebenfalls am Grundstück FlNr. 629 abgestellten Anhänger Lärmeinwirkungen verursacht, liegt auf der Hand. Auch wenn möglicher Weise am Rand des Bebauungsplangebiets „Butterfeld II“, das im Norden, Osten und Westen von landwirtschaftlichen Flächen umgeben ist, nicht die reinen Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet nach Nr. 6.1 Buchst. d) TA Lärm (55 dB(A) tags, 40 dB(A) nachts) gelten mögen, sondern entsprechend Nr. 6.7 TA Lärm ein Zwischenwert zu bilden sein mag, kann zumindest für die Zeiten des Be- und Entladens des Anhängers mit Gerüstteilen nicht von einer Einhaltung der Lärmgrenzwerte ausgegangen werden. Zumal der Zwischenwert die Immissionsrichtwerte für Dorf- und Mischgebiete jedenfalls nicht überschreiten, hier aber wohl auch nicht erreichen dürfte. Dies muss aber nicht abschließend geklärt werden, denn auf die Lärmimmissionen kommt es letztlich nicht entscheidend an. Die Lagerung des Gerüsts, das Abstellen des zu seinem Transport bestimmten Anhängers und die gesamte Betriebstätigkeit von dem Grundstück FlNr. 629 aus verändern vielmehr vor allem das städtebauliche Erscheinungsbild der Umgebung eines Wohngebiets i.S.d. § 4 BauNVO und tragen deutlich gewerbliche Elemente hinein, die den Gebietscharakter und die Wohnruhe nicht zuletzt auch optisch stören. Zur Störwirkung tragen zudem die beiden Kleintransporter bei, die ersichtlich nicht nur der Beförderung der drei Mitarbeiter des Klägers, sondern auch dem Transport von Arbeitsmaterial, wie Farbe, Pinsel, Rollen, Tapeten, Abdeckfolien, Werkzeugkästen u.ä. dienen, die der Kläger an seinem Betriebssitz lagert. Die Fahrzeuge werden den Betriebssitz natürlicher Weise nicht nur gelegentlich frequentieren; der Kläger verfügt nach seinem Vorbringen über keinen anderen Standort und muss demzufolge den täglichen Betrieb vom streitbefangenen Grundstück aus gewährleisten. Daher mag vielleicht der Transport des Gerüsts in den Wintermonaten weitgehend unterbleiben, weil in der kalten Jahreszeit kaum Malerarbeiten im Freien durchgeführt werden. Für Malerarbeiten in Innenräumen gilt dies jedoch nicht. Das Arbeitsmaterial für Innenarbeiten muss auch in den Wintermonaten von dem derzeitigen Betriebsgrundstück aus zum Einsatz gebracht werden, was die gewerblichen Aktivitäten zumindest durch entsprechendes Be- und Entladen der Kleintransporter durch die Mitarbeiter des Klägers und ihn selbst im Prinzip ganzjährig in Erscheinung treten lässt.

Mit dem Vergleich, den der Kläger zwischen seinem Betrieb und einer Arztpraxis oder einem Friseurgeschäft zieht, lässt sich der Nachweis fehlenden Störpotentials nicht führen. Es mag zwar zutreffen, dass bei einer Arztpraxis oder einem Friseurgeschäft tagsüber Anfahrtverkehr von Kunden und Patienten mit Pkws stattfindet, das ist jedoch mit dem Be- und Entladen von Gerüsten und gewerblichen Arbeitsmitteln sowie dem Verkehr mit Anhänger und Transportern nicht zu vergleichen. Zudem handelt es sich bei einer Arztpraxis schon nicht um einen Handwerks- oder Gewerbebetrieb, sondern um die Berufsausübung freiberuflich Tätiger, die gemäß § 13 BauNVO u.a. in allgemeinen Wohngebieten ausdrücklich zugelassen ist. Ein Friseur wäre im allgemeinen Wohngebiet als nicht störender Handwerksbetrieb zur Versorgung des Gebiets nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig, wenn seine Kapazität in einem erheblichen Umfang von Bewohnern aus dem umgebenden Gebiet ausgelastet würde, in diesem Fall wäre aber angesichts der kleinräumigen Verhältnisse nur in recht beschränktem Umfang mit Anfahrtverkehr zu rechnen.

cc) Auch eine ausnahmsweise Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als nicht störender Gewerbebetrieb kommt aus den vorstehenden Erwägungen wegen des Störpotentials des Malerbetriebs des Klägers nicht in Betracht.

dd) Eine Baugenehmigung für die Nutzung des Carports auf dem Grundstück FlNr. 629 Gemarkung … im Rahmen des klägerischen Gewerbebetriebs verbietet sich schließlich auch deshalb, weil der faktisch von diesem Grundstück aus betriebene Malereibetrieb, dem die gewünschte Nutzung des Carports dienen soll, bauaufsichtlich nicht genehmigt ist und aus den dargestellten Gründen grundsätzlich auch nicht genehmigungsfähig sein dürfte.

b) Die auf Aufhebung der Nutzungsuntersagung in Nr. 2 des Bescheids vom 19. Februar 2018 gerichtete Klage ist unbegründet, weil die Nutzungsuntersagung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Nach dieser Vorschrift kann die Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 21 m.w.N.). Wie die Ausführungen oben unter 2.a) zur Rechtmäßigkeit der Ablehnung des vom Kläger bereits gestellten Bauantrags zeigen, ist das hier streitige Vorhaben aber nicht genehmigungsfähig. Die Nutzungsuntersagung ist daher rechtmäßig, im Übrigen verhältnismäßig und auch sonst ermessensgerecht. Dies gilt auch betreffend die Freifläche um den Carport. Die städtebaulichen Erwägungen zur Unzulässigkeit des Gewerbebetriebs des Klägers im allgemeinen Wohngebiet gelten nicht nur für die Nutzung des Carports, sondern auch für die Freiflächen auf dem im allgemeinen Wohngebiet belegenen Grundstück des Klägers FlNr. 629 Gemarkung …

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die Kosten auch insoweit aufzuerlegen, als der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Die Zwangsgeldandrohung war im Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung rechtmäßig, denn die dem Kläger in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids auferlegte Verpflichtung ist als einheitlich anzusehen. Mit der Nutzungsuntersagung geht die Entfernung der im Rahmen der Nutzung gelagerten Gegenstände zwangsläufig einher, so dass die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes den Anforderungen an die Bestimmtheit genügt.

Erstreckt sich die bauaufsichtliche Anordnung auf mehrere selbständige bauliche Anlagen oder Bauteile oder verschiedene Räume oder auf mehrere sachlich selbständige Bestandteile oder Handlungen oder Unterlassungen, so muss für jede Handlung (wegen des auch insoweit geltenden Bestimmtheitsgrundsatzes; Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) jeweils ein eigenes Zwangsgeld angedroht oder ein angedrohter Zwangsgeldbetrag entsprechend aufgeteilt werden. Eine Anordnung nach Art. 76 Satz 2 BayBO begründet jedoch die umfassende Verpflichtung, alles zu tun, was erforderlich ist, um die untersagte Nutzung aufzugeben, und alles zu unterlassen, wodurch die Nutzung fortgesetzt werden würde. Kann eine Nutzungsuntersagung nur dadurch realisiert werden, dass sämtliche in oder auf der Anlage gelagerten Gegenstände entfernt werden, wie z. B. bei der Untersagung der Nutzung eines Außenbereichsgrundstücks zu Lagerzwecken, dann deckt Art. 76 Satz 2 BayBO auch die mit der Nutzungsuntersagung verbundene Räumung (vgl. Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 181. EL Oktober 2018, Art. 76 Rn. 380, 271, 273). So liegt es auch hier. Ziel der Nutzungsuntersagung im Bescheid vom 19. Februar 2018 ist erkennbar, die gewerbliche Nutzung des Grundstücks FlNr. 629 Gemarkung … zu unterbinden. Da die untersagte Nutzung gerade in der Lagerung von Gegenständen besteht, kann die hierauf gerichtete Nutzungsuntersagung nur dadurch erfüllt werden, dass die gelagerten Gegenstände entfernt werden. Sie ist deshalb als einheitliche Anordnung zu werten, die die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes rechtfertigt.

Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko unterworfen, weshalb es der Billigkeit entspricht, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.