Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Okt. 2015 - M 1 S 15.50689

bei uns veröffentlicht am07.10.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben am ... 1990 geboren, nigerianischer Staatsangehöriger und am 1. März 2015 in das Bundesgebiet eingereist. Er beantragte am 21. Mai 2015 die Anerkennung als Asylberechtigter.

Bei seiner Befragung durch die Regierung von Oberbayern am 21. Mai 2015 gab er an, über Frankreich in die Bundesrepublik eingereist zu sein, in Frankreich jedoch nicht Asyl beantragt zu haben. Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 25. Juni 2015 sagten die zuständigen französischen Behörden mit Schreiben vom 13. Juli 2015 zu, den Antragsteller nach Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) zurück zu übernehmen.

Mit Bescheid vom 15. Juli 2015, zugestellt am 1. August 2015, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Frankreich an (Nr. 2). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Frankreich für die Behandlung des Antrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Gegen den Bescheid des Bundesamts hat der Antragsteller am 6. August 2015 Klage erhoben (M 1 K 15.50688).

Er beantragt zudem,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Eine Begründung der Klage und des Antrags erfolgten nicht.

Die Antragsgegnerin legte am 12. August 2015 die Behördenakten vor und stellte bisher keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag ist unbegründet.

Die vom Antragsteller eingelegte Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylVfG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Das Gericht bezweifelt nicht die Zuständigkeit Frankreichs für die Prüfung des Asylantrags nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 7 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Frankreich ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 7 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig, da die französischen Behörden mit Schreiben vom 13. Juli 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags erklärt haben.

Die Abschiebung nach Frankreich kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG auch durchgeführt werden. Es liegen keine Gründe i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO vor, die der Überstellung des Antragstellers nach Frankreich entgegenstünden.

Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta), der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt vielmehr die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta implizieren (EuGH v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86). Dabei ist die Vermutung nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. Vielmehr ist von systemischen Mängeln nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris).

Gemessen an diesem Maßstab stehen der Rückführung des Antragstellers nach Frankreich keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen. Dem Gericht sind keine solchen systemischen Mängel des französischen Asylverfahrens oder der französischen Aufnahmebedingungen bekannt. Selbst etwaige einzelne Regelverstöße Frankreichs könnte keine systemischen Mängel in dem Sinne begründen, dass ein grundlegendes systemisches Versagen Frankreichs in dem Sinne festgestellt werden könnte, dass Asylsuchende in Frankreich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta zu rechnen hätten. Zur Überzeugung des Gerichts gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das französische Asylverfahren oder die französischen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nicht in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtscharta, der GFK oder der EMRK stehen (vgl. auch VG Gelsenkirchen, B. v. 09.06.2015 - 9a L 1226/15.A - juris).

Darüber hinaus sind außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts verpflichten würden, nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15. Juli 2015 wird aufgehoben. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. III. Die Kostenent

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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15. Juli 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben am … geboren, nigerianischer Staatsangehöriger und am 1. März 2015 in das Bundesgebiet eingereist. Er beantragte am 21. Mai 2015 die Anerkennung als Asylberechtigter.

Bei seiner Befragung durch die Regierung von Oberbayern am 21. Mai 2015 gab er an, über Frankreich in die Bundesrepublik eingereist zu sein, in Frankreich jedoch nicht Asyl beantragt zu haben. Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 25. Juni 2015 sagten die zuständigen französischen Behörden mit Schreiben vom 13. Juli 2015 zu, den Kläger nach Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) zurück zu übernehmen.

Mit Bescheid vom 15. Juli 2015, zugestellt am 1. August 2015, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Frankreich an (Nr. 2). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Frankreich für die Behandlung des Antrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Gegen den Bescheid des Bundesamts erhob der Kläger am ... August 2015 Klage und beantragt,

den Bescheid vom 15. Juli 2015 aufzuheben.

Eine Begründung der Klage erfolgte nicht.

Mit Beschluss vom 7. Oktober 2015 hat das Gericht den Antrag des Klägers auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abgelehnt (M 1 S 15.50689). Der Beschluss war den Parteien jeweils am 19. Oktober 2015 zugestellt worden.

Die Beklagte legte am 12. August 2015 die Behördenakten vor und stellte bisher keinen Antrag.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der Kammer vom 19. April 2016 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Eine Überstellung des Klägers nach Frankreich erfolgte bis 1. Mai 2016 nach Aktenlage nicht.

Die Parteien wurden am 25. April 2016 zur Absicht des Gerichts angehört, über das Streitverfahren durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht kann durch den Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden, nachdem diesem das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 19. April 2016 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylG). Die Entscheidung kann nach § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid ergehen, da die Parteien vorher hierzu angehört wurden.

Die Klage hat Erfolg.

1. Sie ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Aus seinem Vorbringen lässt sich herleiten, dass er - sollte sich der Bescheid als objektiv rechtswidrig erweisen - möglicherweise in eigenen Rechten verletzt ist. Denn die angefochtenen Regelungen belasten ihn in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus §§ 4, 24, 31 AsylG auf Prüfung seines Schutzgesuchs durch die Beklagte.

Die Klage wurde auch fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheids erhoben (§ 74 Abs. 1 AsylG).

2. Die Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Überstellungsfrist bereits abgelaufen.

Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO). Diese findet gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO auf alle in der Bundesrepublik ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, mithin auch auf das im Mai 2015 gestellte Schutzgesuch des Klägers.

Unabhängig von der Frage, ob der Asylantrag wirklich unzulässig war und die Abschiebung nach Frankreich angeordnet werden durfte, ist die Beklagte jedenfalls nunmehr durch Zeitablauf für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedsstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Dieser Übergang der Zuständigkeit nach Ablauf der 6-Monats-Frist stellt keinen fingierten Selbsteintritt, sondern eine besondere Zuständigkeitsnorm dar, die lediglich vom Ablauf der Frist abhängig ist. Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedsstaat, der die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht zeitgemäß durchführt, die Folgen tragen muss (BayVGH, B. v. 11.5.2015 - 13a ZB 15.50006 - Rn. 4 f.).

Im vorliegenden Fall ist die Überstellung nicht in diesem Sinne fristgemäß erfolgt. Die sechsmonatige Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedsstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat. Die Frist begann nach diesen Maßstäben hier mit der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch Frankreich am 13. Juli 2015.

Die Frist zur Überstellung des Klägers nach Frankreich wurde auch nicht durch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens, hier also bis zum Beschluss vom 7. Oktober 2015, unterbrochen oder gehemmt (vgl. OVG NRW, B. v. 8.9.2014 - 13 A 1347/14.A - juris Rn. 5 ff. m. w. N.). Auch lagen keine Gründe für eine Verlängerung der Frist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO vor. Die sechsmonatige Frist ist daher im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits abgelaufen.

Das Verstreichen der Überstellungsfrist hat gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO zur Folge, dass der zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet ist und die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedsstaat übergeht. Die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Klägers ist damit auf die Beklagte übergegangen.

Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass eine Umdeutung des „Dublin-Bescheids“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylG aus prozessualen und materiellen Gründen nicht in Betracht kommt (BayVGH, B. v.18.05.2015 - 11 ZB 14.50053 - juris Rn. 15 ff.).

3. Der Kläger ist auch in seinen Rechten verletzt. Zwar begründen die Bestimmungen der Dublin III-VO grundsätzlich keine subjektiven Rechten des Schutzsuchenden. Sie dienen allein der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Wenn allerdings die Überstellungsfrist abgelaufen und der ursprünglich zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Übernahme bereit ist, besteht allein die Zuständigkeit der Beklagten. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens kann dann als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem dann zuständigen Staat geltend gemacht werden (vgl. VG Düsseldorf, U. v. 5.5.2015 - 22 K 2179/15.A - juris Rn. 15).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Dem Antrag eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 9a K 2565/15.A wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.