Verwaltungsgericht München Beschluss, 29. Apr. 2015 - M 1 S 15.50345

bei uns veröffentlicht am29.04.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger der Republik Kongo und reiste am 13. September 2014 in das Bundesgebiet ein. Er beantragte hier am 20. Oktober 2014 seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 20. Oktober 2014 gab er an, er habe bereits in Ungarn Asylantrag gestellt. Dies wird bestätigt durch eine Eurodac-Treffermeldung vom 23. Oktober 2014. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2014 sagte die zuständige ungarische Stelle zu, den Antragsteller nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) zurück zu übernehmen.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2015, zugestellt letztendlich am 24. März 2015, wurde der Asylantrag des Antragstellers für unzulässig erklärt (Nr. 1) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorlägen.

Am ... März 2015 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Bundesamts mit dem Antrag auf Bescheidsaufhebung (M 1 K 15.50344). Außerdem beantragt er,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung trägt er unter Zitierung von Rechtsprechung und fachlichen Stellen wie Jesuitenflüchtlingsdienst Deutschland, ungarisches Helsinki-Komitee oder UNHCR vor, in Ungarn bestünden systemische Mängel.

Das Bundesamt legte die Behördenakte vor, stellte aber bisher keinen Antrag.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) erhoben. Er ist dahin auszulegen, dass mit ihm die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der anhängigen Anfechtungsklage gegen die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1, § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids erreicht werden soll.

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

a) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids einerseits und dem Interesse der Antragstellerseite an der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs andererseits. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und mögliche summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragstellerseite regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids besteht. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts sind dabei in den Fällen des § 34 a AsylVfG - anders wegen § 36 Abs. 4 AsylVfG nur in den Fällen des § 36 AsylVfG - nicht erforderlich. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar und damit offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

b) Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Die ungarischen Behörden haben mit Schreiben vom 2. Februar 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO erklärt. Somit steht grundsätzlich fest, dass die Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann.

c) Hat - wie hier - ein Mitgliedstaat der Wiederaufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe eines in der Dublin-VO niedergelegten Kriteriums zugestimmt, kann der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums - unionsrechtlich - grundsätzlich nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht (EuGH, U.v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208 ff. - juris Rn. 60; BVerwG, B.v. 14.7.2014 - 1 B 9/14 - juris Rn. 4).

Systemische Mängel sind zu bejahen, wenn in dem Zielstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Asylbewerber dort tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechte-Charta (GR-Charta) und Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu sein (BVerwG, B.v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677 ff. - juris Rn. 6) oder dass in dem Mitgliedstaat in verfahrens- oder materiell-rechtlicher Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird. Die Grundrechtsverletzungen dürfen nicht nur in Einzelfällen vorkommen, sondern müssen strukturell bedingt sein.

Nach Überzeugung des Gerichts liegen - jedenfalls soweit es sich wie bei dem Antragsteller nicht um besonders verletzliche Personengruppen, etwa Familien mit kleinen Kindern, handelt - hinsichtlich Ungarn aus derzeitiger Sicht keine systemischen Mängel vor.

Das Vorliegen systemischer Schwachstellen in diesem Sinne hinsichtlich der Verhältnisse für Asylbewerber in Ungarn wird derzeit insbesondere im Hinblick auf die ungarische Haftpraxis in den erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen bundesweit äußerst kontrovers beurteilt (bejaht u. a. v. VG München, B.v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris; VG Berlin, B.v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - juris; verneint u. a. v. VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; AG Aachen, B.v. 26.2.2015 - 5 L 54/15.A - juris; VG Hamburg, B.v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; VG München, B.v. 13.1.2015 - M 17 S 14.50704; VG Hamburg, B.v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; offene Erfolgsaussichten für die Hauptsacheverfahren werden angenommen u. a. v. VG München, B.v. 4.2.2015 - M 23 S 15.50049 - juris; VG Stuttgart, B.v. 10.2.2015 - A 13 K 444/15 - juris). Eine die aktuelle Auskunftslage berücksichtigende, gefestigte Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte ist nicht erkennbar.

Das Gericht teilt vorliegend die Auffassung, dass nicht von einem Vorliegen systemischer Mängel auszugehen ist, was auch der jüngsten Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entspricht (EGMR, U.v. 3.7.2014 - 71932/12 - abrufbar unter http://www.e...int). Auch wenn nach aktueller Erkenntnislage die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Ungarn schwierig sind und insbesondere die Inhaftierungspraxis bedenklich ist, sind die Missstände nicht so gravierend bzw. erreichen sie nicht ein solches Ausmaß, dass sie systemische Mängel begründen könnten. Dies gilt auch in Anbetracht des im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzes, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate zulässig ist. Eine Inhaftierung ist danach u. a. möglich zur Überprüfung der Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers, nach dessen Untertauchen oder anderweitiger Behinderung der Durchführung des Asylverfahrens oder wenn dies aus gewichtigen Gründen zu befürchten ist oder wenn der Antragsteller seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert hat. Diese Gründe für die Verhängung von sogenannter Asylhaft dürften jedoch überwiegend mit der EU-Aufnahmerichtlinie und wohl auch der Dublin-VO selbst übereinstimmen (vgl. auch EuGH, U.v. 30.5.2013 - C-534/11 - NVwZ 2013, 1142 ff. - juris). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich (VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; VG München, U.v. 30.3.2015 - M 2 K 15.50224).

Insbesondere ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtenden - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U.v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Ferner sind den vorliegenden Auskünften (Auswärtiges Amt v. 21.11.2014 an das VG München; Pro Asyl v. 31.10.2014 an das VG Düsseldorf; UNHCR v. 9.5.2014 ebenfalls an das VG Düsseldorf) auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die inhaftierten Asylbewerber in Ungarn systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten. So können sich die Asylsuchenden tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet (VG Augsburg, B.v. 2.2.2015 - Au 2 S 15.50041 - juris Rn. 28; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris Rn. 125 ff.).

4. Einer Rückführung des Antragstellers nach Ungarn stehen schließlich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse im Sinne des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen.

Danach ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben im Jahr 2009 über den Seeweg nach Italien ein. Er lebte etwa einen Monat in einer Aufnahmeeinrichtung in Sizilien, wurde dort erkennungsdienstlich behandelt und reiste im Herbst 2009 nach Deutschland weiter, ohne in Italien Asyl beantragt zu haben. Im Oktober 2009 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens nach der Dublin-II-Verordnung als unzulässig ablehnte. Der Kläger wurde daraufhin im Dezember 2009 auf dem Luftweg über den Flughafen Rom-Fiumicino nach Italien überstellt. Im Januar 2011 wurde er erneut in Deutschland angetroffen und stellte wieder einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 27. April 2011 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.

II.

2

Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.

3

Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

"inwieweit bei der Prognoseentscheidung über beachtliche Wahrscheinlichkeit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bei Rückführung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat individuelle Erfahrungen des Betroffenen im dortigen Mitgliedstaat in erheblichem Maße zu berücksichtigen sind."

4

Damit in Zusammenhang stehe die Frage,

"ob es der Feststellung systemischer Mängel bedarf, wenn einem Betroffenen schon einmal oder ggf. auch mehrmals erniedrigende und unmenschliche Behandlung widerfahren ist, insbesondere nach einer schon einmal erfolgten Überstellung."

5

Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lassen sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Der beschließende Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 19. März 2014 - BVerwG 10 B 6.14 - (juris Rn. 5 ff.) ausgeführt:

"Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).

Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).

Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den 'zuständigen Mitgliedstaat' im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ('systemic failure') abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).

Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus."

6

Aus der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin-II-Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten kann und es nicht darauf ankommt, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass derartige individuelle Erfahrungen vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung des Antragstellers (hier: Italien) vorliegen (UA S. 26). In diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass persönliche Erlebnisse Betroffener, die - wie hier - einige Jahre zurückliegen, durch neuere Entwicklungen im betreffenden Staat überholt sein können. Individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden Behandlung führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (so auch das Berufungsgericht UA S. 26 f.). Weiteren Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es zur Beantwortung der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nicht.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Januar 2015 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Streitgegenständlich ist ein Bescheid der Antragsgegnerin mit dem der Asylerstantrag des Antragstellers wegen vorrangiger Zuständigkeit Ungarns nach der Verordnung 604/2013/EU (Dublin-III-VO) als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet worden ist.

Der Antragsteller ist nach seinen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland stellte er am 5. September 2014 einen Asylantrag.

Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 5. September 2014 hat der Antragsteller in Anwesenheit eines Sprachmittler für die englische Sprache, mit dem sich der Antragsteller nach eigenen Angaben verständigen konnte, angegeben, dass sein Reiseweg von Nigeria im Februar 2008 über die Türkei (1 Monat), Griechenland (6 Jahre), Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich nach Deutschland führte. In Griechenland (2008) und in Ungarn (Frühjahr 2014) seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden; er habe in Griechenland im Jahr 2008 einen Asylantrag gestellt. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Der Antragsteller gab an, in Griechenland sei er bedroht worden, weshalb er sich entschieden habe, das Land zu verlassen (Bl. 1ff. der Behördenakte -BA).

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhielt am 19. September 2014 zum Antragsteller Treffer in der Eurodac Datenbank für Ungarn und Griechenland. Das BAMF richtete am 17. Oktober 2014 ein Wiederaufnahmeersuchen zur Durchführung des Asylverfahrens für den Antragsteller unter Angabe der Eurodac-Nummer an Ungarn (Bl. 41ff. BA). Mit Schreiben vom 28. Oktober 2014, beim BAMF eingegangen am 29. Oktober 2014, akzeptierte das ungarische „Office of Immigration and Nationality“ die Rücküberführung des Antragsteller nach Ungarn und teilte unter anderem mit, der Antragsteller habe in Ungarn am 23. Juli 2014 um Asyl nachgesucht, sei aber nicht dort geblieben, weswegen das Asylverfahren eingestellt worden sei (Bl. 49 ff. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16. Januar 2015 (Bl. 58 f. BA), an den Bevollmächtigten des Antragstellers zur Post gegeben am 20. Januar 2015, lehnte das BAMF den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2).

Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 28. Januar 2015, erhob der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des BAMF vom 16. Januar 2015 (Az. M 24 K 15.50090) mit dem Antrag, den Bescheid vom 16. Januar 2015 aufzuheben.

Zugleich beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Ungarn anzuordnen.

In der Klage- und Antragsbegründung führt der Bevollmächtigte des Antragstellers aus, der Antragsteller habe in Ungarn keinen Asylantrag gestellt. Dieser habe unter Androhung schwerer Misshandlungen durch die Polizei Fingerabdrücke abgegeben.

Der Antragsteller habe bei Rückkehr nach Ungarn Angst um sein Leben. In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn wiesen systemische Mängel auf.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 legte die Antragsgegnerin die Verwaltungsakte vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die parallelen Gerichtsakten M 24 K 15.50090 und M 24 S 15.50091 sowie auf die vom BAMF vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht München ist als Gericht der Hauptsache insbesondere örtlich zuständig gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), weil der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatte (§ 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. §§ 56 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG).

Im vorliegenden Eilverfahren ist die Berichterstatterin kraft Gesetzes Einzelrichterin (§ 76 Abs. 4 AsylVfG).

2. Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Satz 1 AsylVfG) zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb 1 Woche ab Bekanntgabe (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG, § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG), gestellt worden.

3. Der Antrag ist begründet, weil die Erfolgsaussichten offen sind und die deshalb gebotene eigene gerichtliche Abwägung von Vollzugs- und Suspensivinteresse unter Berücksichtigung neuester Erkenntnismittel zugunsten des Antragstellers ausfällt.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall eines gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 AsylVfG) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301/92 - NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

4. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage wird voraussichtlich erfolgreich sein. Sie ist zulässig, insbesondere innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG erhoben worden.

5. Nach summarischer Prüfung ist die Anfechtungsklage voraussichtlich auch begründet im Hinblick auf systemische Mängel des ungarischen Asylsystems.

5.1. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist § 27a AsylVfG; Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Der Asylantrag wäre dabei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn Ungarn aufgrund des bereits dort vom Antragsteller gestellten Asylantrags gemäß den Zuständigkeitskriterien Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig wäre oder wenn dies auf einen anderen Mitgliedstaat zutrifft, der nach den Zuständigkeitsregelungen der Dublin-III-VO vorrangig zuständig ist (OVG NRW U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 31 m. w. N.).

Einschlägig ist dabei im vorliegenden Fall die Dublin-III-VO und nicht die frühere Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO), weil das Wiederaufnahmegesuch der Bundesrepublik Deutschland an Ungarn nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 Dublin-III-VO ist die Dublin-III-VO ungeachtet des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ab dem 1. Januar 2014 auf alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern anwendbar.

5.2. Nach den Zuständigkeitsregelungen der Dublin-III-VO wäre an sich Ungarn der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat.

Dabei kann sich die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates nicht nur aus den materiellen Zuständigkeitskriterien (Art. 3 und 7 - 16) der Dublin-III-VO ergeben, sondern auch aus dem Selbsteintritt eines Mitgliedstaates gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO; ein solcher Selbsteintritt bewirkt abweichend von den materiellen Zuständigkeitskriterien konstitutiv eine eigene Zuständigkeit des jeweils erklärenden Mitgliedstaates (vgl. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Für eine Selbsteintrittserklärung ist vorliegend nichts ersichtlich.

Vorliegend haben die ungarischen Behörden (Office of Immigration and Nationality) die Wiederaufnahme des Antragsteller nach der Dublin-III-VO erklärt. Ungarn wäre damit wiederaufnahmepflichtig geworden (Art. 18 Abs. 1, 23, 25 Dublin-III-VO), wobei sich auch aus Art. 13 und Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO vorliegend nichts anderes ergäbe. Insbesondere kommt eine vorrangige Zuständigkeit Griechenlands aufgrund Art. 13 Dublin-III-VO gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO aufgrund der dort bestehenden systemischen Mängel des Asylsystems nicht in Betracht (vgl. EuGH (Große Kammer) U. v. 14.11.2014 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129; EGMR Entsch. v. 6.9.2011 - 51599/08 - NVwZ 2012, 1233; EGMR (Große Kammer) U. v. 21.1.2011 - 30696/09 - NVwZ 2011, 413). Dabei ist zu sehen, dass nach der aktuellen Pressemitteilung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 30. Januar 2015 (im Internet abrufbar unter: http://www.unhcr.de/presse/nachrichten.html) das Asylsystem in Griechenland trotz einer zwischenzeitlichen Reform nach wie vor mangelhaft ist. Unverändert kommt deshalb eine vorrangige Zuständigkeit Griechenlands vor Ungarn im Rahmen des Dublin-Systems nicht in Betracht.

5.3. Auch ist kein Verfahrensfehler im Hinblick auf das Wiederaufnahmegesuch des BAMF ersichtlich (vgl. Art. 20 - 23, 25 und 29 Dublin-III-VO).

5.4. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen der somit an sich zuständige Mitgliedstaat der Wiederaufnahme (vorliegend Ungarn) in verfahrensfehlerfreier Weise zugestimmt hat, kann der Asylbewerber der Heranziehung der von der Dublin-III-VO vorgesehenen Zuständigkeitskriterien damit entgegentreten, dass er systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Aufnahmemitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO; vgl. EuGH (Große Kammer) U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - Rn. 36 f., NVwZ 2014, 129). Wird dies bejaht, hat der Mitgliedstaat in erster Linie die Prüfung der Zuständigkeitskriterien der Dublin-III-VO fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach einem dieser Kriterien bestimmt werden kann (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 36). Hingegen führt die Unmöglichkeit der Überstellung in den im Ausgangspunkt zuständigen Mitgliedstaat als solche nicht dazu, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO) verpflichtet wäre (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 37). Dieser bereits für die Dublin-II-VO entwickelte Zusammenhang ist in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO nunmehr ausdrücklich festgehalten. Bei der Prüfung der Frage systemischer Schwachstellen handelt es sich somit um die Subsumtion der unmittelbar anwendbaren Dublin-III-VO selbst, nicht um eine Frage einer teleologischen Reduktion oder gar einer inzidenten Verwerfung der Dublin-III-VO.

5.5. Im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Eilentscheidung ist davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem systemische Schwachstellen aufweist.

5.5.1. Maßgeblich ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG die Lage im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung. Deshalb kommt es weder auf den vom April 2012 stammenden Bericht des UNHCR „Ungarn als Asylland - Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn“ in seiner deutschsprachigen Fassung vom 15. Juni 2012 (zitiert nach www.bordermonitoring.eu/tag/ungarn-2 unter „Neue Berichte“ 17. Punkt, nachfolgend: UNHCR-Bericht April 2012) noch auf die vom UNHCR im Oktober 2012 ausgesprochene Empfehlung, nach den Dublin-II-Bestimmungen keine Asylbewerber nach Ungarn zu überstellen, wenn diese vor ihrer Ankunft in Ungarn durch Serbien gekommen waren (zitiert nach www.bordermonitoring.eu/tag/ungarn-2 unter „Neue Berichte“ 11. Punkt, nachfolgend: UNHCR-Bericht Oktober 2012) entscheidend an. Denn abgesehen davon, dass der UNHCR die Empfehlung vom Oktober 2012 bereits ab Dezember 2012 so nicht mehr aufrecht erhalten hat (vgl. UNHCR „Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia - update“, December 2012, S. 1: „UNHCR acknowledges the subsequent progress in asylum practice in Hungary, and accordingly amends its previous position“, zitiert nach http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,50d1d13e2,0.html, nachfolgend UNHCR-Bericht vom Dezember 2012), hat es auch nach den vom UNHCR im Dezember 2012 positiv gesehenen Verbesserungen weitere ungarische Reformen gegeben, die ab Juli 2013 in Kraft getreten sind und zum 1. Januar 2014 weiter fortgeschrieben wurden. Diese, ab Juli 2013 eingeführten und im Januar 2014 fortgeschriebenen, Regelungen stehen für das Gericht im Vordergrund.

5.5.2. Vor diesem Hintergrund ist aufgrund der aktuellen Erkenntnislage beim ungarischen Asylsystem derzeit von systemischen Mängeln i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO auszugehen.

5.5.2.1. Zwar hat gerade für Ungarn die Große Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bereits in einem Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten der ungarischen Asylrechtsänderungen zum 1. Juli 2013 systemische Mängel verneint (EuGH (Große Kammer) U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - Rn. 60 und 61, NVwZ 2014, 208).

5.5.2.2. Allerdings sind zwischenzeitlich neue Erkenntnismittel verfasst und veröffentlicht worden, die dem EuGH bei seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013 noch nicht bekannt sein konnten, weil sie damals noch nicht existierten. Eine tragfähige Grundlage für die Annahme eines möglicherweise als systemisch zu bewertenden Mangels durch eine ungerechtfertigte Freiheitsentziehung kann dabei gegeben sein, wenn kompetente Stellen wie etwa der UNHCR und das EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, errichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 132 v. 29.5.2010, S. 11) einen solchen Mangel feststellen (vgl. VG Hamburg B. v. 10.2.2014 - 19 AE 5415/13 - juris Rn. 24 - 32 und ihm folgend VG München B. v. 22.4.2014 - M 24 S 13.31311 - juris). An entsprechenden Stellungnahmen fehlte es zwar noch zur Zeit der soeben genannten Judikate; zwischenzeitlich sind aber weitere aktuelle Erkenntnismittel veröffentlicht worden, nämlich:

- Schreiben des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A (abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des BAMF);

- Bericht des HHC (Hungarian Helsinki Committee) zur Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn (Stand: Mai 2014; ebenfalls abrufbar in MILO);

- Ungarn-Länder-Bericht des AIDA (Asylum Information Database), der ebenfalls vom HHC geschrieben und vom European Council on Refugees and Exiles (EDRE) veröffentlicht worden ist (Stand: 30.4.2014; abrufbar unter:

http://www.asylumineurope.org/reports/country/hungary).

- Schreiben des UNHCR vom 30. September 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);

- Schreiben von PRO ASYL vom 31. Oktober 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);

- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);

- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG München im Verfahren M 10 K 14.50126 (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);

- Report des Beauftragten des Europarats für Menschenrechte vom 16. Dezember 2014 (dort Rn. 148-166; abrufbar unter:

https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CommDH(2014)21&Language=lanEnglish ).

Diesen Veröffentlichungen lassen sich insbesondere zur Inhaftierungspraxis Ungarns im Zusammenhang mit Asylfällen diverse Kritikpunkte entnehmen, angesichts derer systemische Mängel im Hinblick auf das von Art. 6 GR-Charta gewährleistete Recht auf Freiheit anzunehmen sind, wenn auch derzeit nicht von einem Verstoß gegen Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK auszugehen ist. Das Gericht schließt sich insoweit folgenden Ausführungen im Beschluss des VG Berlin vom 15. Januar 2015, Az. 23 L 899.14 A (juris Rn. 7-11), an:

7. Hiernach lässt sich nicht feststellen, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung nach Ungarn die Gefahr einer erniedrigenden und unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GR-Charta und Art. 3 EMRK droht. Beide Vorschriften verbieten eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Die Misshandlung setzt ein Mindestmaß an Schwere voraus, welches von den Umständen des Einzelfalls abhängt, wie der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Wirkungen sowie der Person des Betroffenen. Erniedrigend ist eine Behandlung, wenn sie eine Person demütigt, es an Achtung für ihre Menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit weckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, Rn. 220 mw.N.). Die Inhaftierung einer Person begründet als solche keine Verletzung des Art. 3 EMRK (EGMR, Urteil vom 15. Juli 2002 - 47095/99, Kalaschnikow/Russland, Rn. 95; zur Prüfung allein der Haftbedingungen am Maßstab des Art. 3 EMRK siehe etwa EGMR, Urteil vom 30. April 2013 - 49872, Timoschenko/Ukraine; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 342/12 -, Rn. 32, juris). Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten allerdings, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, M.S.S./Belgien und Griechenland, NVwZ 2011, 413, Rn. 221). Der EGMR nimmt in seiner Rechtsprechung regelmäßig eine Würdigung der Haftbedingungen in ihrer Gesamtheit vor. Zu den hierbei zu berücksichtigenden Umständen zählen die räumliche Unterbringung, eine mögliche Überbelegung, die Möglichkeit, den Raum zeitweise verlassen zu können, Kontaktmöglichkeiten zu Angehörigen, eine hinreichende Ernährung, die hygienischen Verhältnisse, das Vorhanden sanitärer Einrichtungen und eine angemessene Versorgung bei Erkrankungen (vgl. Sinner, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, 2012, Art. 3, Rn. 12; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 5, Rn. 10 ff.). Ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK kann auch bei Sicherheitsvorkehrungen vorliegen, die über das erforderliche Maß hinausgehen und geeignet sind, den Betroffenen öffentlich in erniedrigender Weise vorzuführen (EGMR, Urteil vom 31. Mai 2011 - 5829/04, Chodorkowskij/Russland). Ausnahmsweise kann auch der Freiheitsentzug als solcher eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn der Häftling über einen längeren Zeitraum über seine Zukunft, vor allem über die Dauer seiner Inhaftierung, im Ungewissen gelassen wird oder wenn einem Häftling jede Aussicht auf eine Entlassung genommen wird (EGMR, Urteil vom 13. Januar 2011 - 6587/04, Rn. 107 m. w. N., Urteil vom 8. Juli 2004 - 48787/99, Ilascu/Moldau und Russland, Rn. 434 ff.).

8. Gemessen hieran erlauben die nunmehr erstmals vorliegenden Erkenntnisse zur tatsächlichen Anwendungspraxis der gesetzlichen Neuregelung der Asylhaft in Ungarn, welche als solche von der Kammer bisher nicht als ausreichender Beleg für ein systemisches Versagen angesehen wurden (vgl. zuletzt Beschluss vom 17. September 2014 - VG 23 L 467.14 A -; vgl. VG Berlin, Beschluss vom 7. Juli 2014 - VG 9 L 151.14 A -; Beschluss vom 30. Juli 2014 - VG 34 L 95.14 A -; s. a. EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 - 71932/12, Mohammadi/Österreich; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - W 1 S 14.50043 -, juris, welches die jüngsten Erkenntnisse zur Inhaftierungspraxis allerdings noch unberücksichtigt lässt), nicht die Feststellung unmenschlicher und erniedrigender Haftbedingungen. Das zum 1. Juli 2013 in Kraft getretene ungarische Asylgesetz (Gesetz LXXX aus dem Jahr 2007, in deutscher Übersetzung zitiert in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf vom 19. November 2014 [im Folgenden: Auswärtiges Amt], S. 2) regelt die sogenannte Asylhaft. Die in Art. 31/A Abs. 1 des Gesetzes geregelten Haftgründe (Identitätsfeststellung, Entziehung oder Behinderung des Asylverfahrens, Fluchtgefahr, Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, unterlassene Mitwirkung bei Vorladung) stimmen mit den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 (Neufassung der EU-Aufnahmerichtlinie) geregelten Haftgründen überwiegend überein. Die ungarische Gesetzesregelung stellt daher als solche keine Verletzung des Unionsrechts dar und belegt keine systemischen Mängel im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO. Die tatsächliche Anwendungspraxis war bisher allerdings nicht ausreichend dokumentiert. Nach den jüngsten Erkenntnissen wird der Antragsteller bei einer Überstellung wie regelmäßig nahezu alle Dublin-Rückkehrer aller Voraussicht nach inhaftiert werden (Auskünfte an das VG Düsseldorf des UNHCR vom 30. September 2014 [im Folgenden: UNHCR], S. 2, und von Pro Asyl vom 31. Oktober 2014 [im Folgenden: Pro Asyl], S. 2). Die Kammer kann auch nicht feststellen, dass der Antragsteller als syrischer Staatsangehöriger von einer Inhaftierung ausgenommen wäre, weil er aus einem sogenannten anerkennungsträchtigen Herkunftsstaat kommt. Denn die dahingehende Mitteilung der Liaisonbeamtin des Bundesamtes in Ungarn vom September 2013 (zitiert bei VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. September 2014 - 6 L 1235/14.-A -, Rn. 70, juris) deckt sich nicht mit der aktuellen Erfahrung des UNHCR, in den Hafteinrichtungen auch Staatsangehörige anerkennungsträchtiger Staaten, darunter auch Syrer, angetroffen zu haben (UNHCR, S. 6). Überdies dürfte die der mitgeteilten Praxis wohl zugrundeliegende Annahme, dass Antragsteller, die eine begründete Aussicht auf eine Zuerkennung internationalen Schutzes haben, ein gesteigertes Interesse haben, am Asylverfahren mitzuwirken, auf Dublin-Rückkehrer gerade nicht zutreffen. Als Dublin-Rückkehrer, dessen Asylverfahren nach seiner Ausreise aus Ungarn ohne Sachentscheidung eingestellt wurde (Blatt 33 Verwaltungsvorgang), wird der Antragsteller in Ungarn nicht als Folge-, sondern Erstantragsteller behandelt (Auswärtiges Amt, S. 6; vgl. auch die Entscheidung des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juli 2014 - W 185 2006247-1) und damit in der sogenannten Asylhaft untergebracht werden (UNHCR, a. a. O., Seite 2). Zwar existieren in einzelnen Haftanstalten hygienisch problematische Bedingungen; es fehlt an einer ausreichenden Ausstattung mit Waschräumen und Duschen oder wird der Nährwert der Mahlzeiten nicht überwacht (Pro Asyl, S. 4 f.; UNHCR, S. 3). Die Mindestanforderungen werden allerdings bei summarischer Prüfung grundsätzlich gewahrt (kritisch allerdings VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 13 L 172.14 A -, juris). So können sich die Inhaftierten tagsüber frei bewegen und erhalten regelmäßig etwas zu essen, gibt es keine Überbelegungen und ist jedenfalls eine ärztliche Grundversorgung sichergestellt (Auswärtiges Amt, S. 3 f.; Pro Asyl, S. 5; UNHCR, S. 3). Regelhafte Funktionsstörungen von erheblichem Gewicht lassen sich damit nicht feststellen. Die Feststellung, dass die Inhaftierten in Handschellen und an einer Leine zu Auswärtsterminen bei der Behörde, dem Gericht oder einem Arzt geführt werden (Pro Asyl, S. 5; UNHCR, S. 3), stellt für sich genommen keine erniedrigende Behandlung dar, da dies in Ungarn auch für Strafgefangene üblich ist und nicht erkennbar ist, dass diese Vorgehensweise als Instrument eingesetzt wird, um den Betroffenen zur Schau zu stellen. Schließlich werden die Asylantragsteller auch nicht unbefristet und ohne Aussicht auf Entlassung inhaftiert. Die maximale Haftdauer beträgt sechs Monate (Auswärtiges Amt, S. 2; Pro Asyl, S. 2).

9. Dem Antragsteller droht jedoch die systemtische Verletzung seines Rechts auf Freiheit aus Art. 6 EU-GR-Charta. Auch wenn Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO hierauf nicht ausdrücklich Bezug nimmt, ist ein erweiterndes Verständnis dahingehend, dass auch sonstige Unionsgrundrechte Beachtung finden müssen, unumgänglich. Denn die Vorschrift kodifiziert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach es sich bei der Entscheidung des Mitgliedstaats nach der Dublin-VO, ob er einen Asylantrag prüft, um die Durchführung von Unionsrecht handelt, so dass nach Art. 51 Abs. 1 EU-GR-Charta die Unionsgrundrechte gelten (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u. a. -, Rn. 64 ff., juris). Weder lässt sich der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs eine Einschränkung dahingehend entnehmen, dass das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens, wonach die Mitgliedstaaten die Grundrechte grundsätzlich achten, nur für eine Verletzung des Art. 4 EU-GR-Charta widerlegt werden könne (vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 86), noch ließe sich eine derartige Ausnahme überzeugend begründen. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten nach gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur ihr nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts stützen, die mit den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten oder den anderen allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts kollidiert (vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 77, m. w. N., juris). In erweiternder Auslegung des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat aufgrund der unmittelbaren Bindung an die - primärrechtliche - EU-GR-Charta daher auch verpflichtet, weitere Grundrechtsverletzungen zu prüfen. Ihre inhaltliche Schranke findet diese Prüfung allerdings zum einen in der tatbestandlichen Beschränkung auf „systemische“ Mängel des „Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen“ und zum anderen in den hohen Anforderungen an die Widerlegung der grundsätzlichen Vermutung der Wahrung der EU-GR-Charta durch die Mitgliedstaaten. Eine Grundrechtsverletzung in diesem Sinne droht aber dem Antragsteller.

10. Nach Art. 6 EU-GR-Charta, für dessen Auslegung der Maßstab des Art. 5 EMRK heranzuziehen ist (vgl. Bernsdorff, in: Meyer, EU-GR-Charta, 4. Aufl. 2014, Art. 6 Rn. 13), hat jeder Mensch das Recht auf Freiheit. Die Freiheit darf nur bei rechtmäßiger Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung oder zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist, und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. b und f EMRK). Jeder festgenommenen Person muss innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden (Abs. 2). Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist (Abs. 4). Die Haft muss in verhältnismäßiger Weise ihrem Zweck entsprechen. Sie muss den Umständen nach notwendig sein (EGMR, Urteil vom 30. April 2013 - 49872/11, Timoschenko/Ukraine, Rn. 265). Dies gilt sowohl für die Haftbedingungen (Elberling, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, 2012, Art. 5, Rn. 25) als auch die Bemessung des Zeitintervalls für die Überprüfung der Haftanordnung (Elberling, a. a. O., Rn. 100). Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die inhaftierte Person eine Straftat begangen hat oder aber - etwa wie ein Asylantragsteller - in Angst um ihr Leben ihr Heimatland verlassen hat (EGMR, Urteil vom 25. Juni 1996 - 19776/92 - Amuur/Frankreich, Rn. 43; Urteil vom 29. Januar 2008 - 13229/03 - Saadi/Vereinigtes Königreich, Rn. 74).

11. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vermutung, dass Ungarn im Asylverfahren das Recht auf Freiheit nach Art. 6 EU-GR-Charta achtet, auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnisse zur tatsächlichen Inhaftierung von Asylantragstellern bei summarischer Prüfung als widerlegt anzusehen. Es besteht die ernstliche Befürchtung der systematisch willkürlichen und unverhältnismäßigen Inhaftierung von alleinstehenden und volljährigen Dublin-Rückkehrern, zu denen auch der Antragsteller zählt. Zwar verbietet Art. 5 Abs. 1 EMRK nicht grundsätzlich, auch Asylantragsteller zu inhaftieren (vgl. EGMR, Urteil vom 29. Januar 2008 - 13229/03 - Saadi/Vereinigtes Königreich, Rn. 64). Es bestehen allerdings tatsächliche Anhaltspunkte für eine willkürliche und unverhältnismäßige Anwendungspraxis in Ungarn. Der nur begrenzte Zweck der Asylhaft findet bei deren Ausgestaltung keine hinreichende Berücksichtigung. So lässt sich die ausnahmslose Inhaftierung aller Dublin-Rückkehrer schon als solche durch die in Art. 31/A Abs. 1 des ungarischen Asylgesetzes geregelten Haftgründe kaum rechtfertigen. Auch gibt es Hinweise auf gesetzlich überhaupt nicht vorgesehene Begründungen der Haft (vgl. Pro Asyl, S. 8). Hinzukommt, dass den Inhaftierten unter Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 EMRK eine (verständliche) individuelle Begründung der Haftanordnung vorenthalten wird (UNHCR, S. 2; Pro Asyl, S. 8). Dies wie auch die geschilderte tatsächliche Entscheidungspraxis wecken den Verdacht einer willkürlichen und damit gesetzeswidrigen Handhabung der gesetzlich geregelten Haftgründe durch die Behörden. Die durchschnittliche Dauer der Inhaftierung über mehrere Monate (Pro Asyl, S. 1; UNHCR, S. 2) erscheint zumindest bei bestimmten Haftgründen (Identitätsfeststellung) sowie Staatsangehörigen aus anerkennungsträchtigen Herkunftsstaaten wie dem Antragsteller unverhältnismäßig. Jedenfalls erweisen sich der zeitliche Abstand der richterlichen Überprüfung der Haft wie auch die Ausgestaltung dieses Verfahrens als nicht effektiv und damit unverhältnismäßig. Gegen die Anordnung der Haft oder von Sicherungsmaßnahmen gegen einen Asylantragsteller existiert kein individuelles Rechtmittel (UNHCR, S. 7; Pro Asyl, S. 9 f.; Auswärtiges Amt, S. 7 f.). Auch die automatische gerichtliche Haftprüfung genügt den Anforderungen nicht. Eine solche Prüfung findet wegen der pauschalen Verlängerung der Haft um den maximal zulässigen Zeitraum erst nach zwei Monaten statt und beschränkt sich auf eine durchschnittlich dreiminütige Anhörung des Betroffenen (UNHCR, a. a. O.; Pro Asyl, a. a. O.). Nach alledem erscheint eine Überstellung des Antragstellers nach Ungarn nicht zumutbar.

5.5.2.3. Das Gericht geht - ebenso wie das VG Berlin - nicht von einem systemischen Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO explizit genannten Art. 4 GRCh ausgeht (s. o.), so führt gleichwohl der anzunehmende derzeitige Verstoß gegen Art. 6 GRCh (s.o.) schon aufgrund der unmittelbaren Geltung eben dieser unionsrechtlichen Grundrechtsbestimmung selbst dazu, dass die streitgegenständliche Entscheidung des BAMF keinen Bestand haben kann.

Die unmittelbare Verbindlichkeit von Art. 6 GRCh auch für die die Dublin-III-VO durchführende Antragsgegnerin ergibt sich bereits aus Art. 51 Abs. 1 GRCh. Das führt dazu, dass gemäß Art. 51 Abs. 1 GRCh nicht nur der in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO explizit genannte Art. 4 GRCh, sondern auch Art. 6 GRCh unmittelbare Geltung beansprucht, und zwar unmittelbar, ohne dass es insoweit einer entsprechenden Klausel im Sekundärrecht der EU bedürfte.

5.5.2.4. Vor dem Hintergrund der rechtlichen Relevanz des Art. 6 i. V. m. Art. 51 Abs. 1 GRCh ist trotz der Verneinung einer systemischen Beeinträchtigung des in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO explizit genannten Art. 4 GRCh von einem für den Ausschluss einer Rückführung des Antragsteller nach Ungarn hinreichend intensiven Grundrechtseingriff (in Art. 6 GRCh) auszugehen. Denn angesichts insbesondere des hohen Gewichts, das Stellungnahmen des UNHCR beizumessen ist (EuGH U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - Rn. 44, NVwZ-RR 2013, 660), führen die genannten neuesten Erkenntnismittel (Schreiben des UNHCR vom 9.5.2014 und vom 30.9.2014; Report des Menschenrechtsbeauftragten des Europarats vom 16.12.2014) dazu, vom Vorliegen systemischer Schwächen im ungarischen Asylsystem im Hinblick auf Art. 6, 51 Abs. 1 GRCh auszugehen (s. o.).

Dabei ist in keiner Weise ersichtlich, dass sich in der Zeit seit der Veröffentlichung der genannten Erkenntnismittel bis zur vorliegenden Entscheidung Veränderungen im ungarischen Asylsystem ergeben hätten. Die genannten fachkundigen Institutionen haben ihre kritischen Aussagen nicht relativiert, insbesondere hat der UNHCR keinen allgemeinen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorginge, dass er seine kritische Haltung gegenüber dem ungarischen Asylsystem, die er in seiner Stellungnahme an das VG Düsseldorf zum Ausdruck gebracht hat, nicht mehr aufrecht erhalten würde. Der streitgegenständliche Bescheid (dort S. 2) zitiert zwar unter anderem das Urteil des EGMR vom 3. Juli 2014 (Az. 71932/12). Es wird aber nicht näher darauf eingegangen, dass dieses Urteil vom 3. Juli 2014 auf die genannten aktuellen Äußerungen des UNHCR nicht eingegangen ist; vielmehr datiert das letzte im Urteil vom 3. Juli 2014 dokumentierte UNHCR-Dokument auf das Jahr 2012 (vgl. EGMR U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - Rn. 28-32, 69; ebenso das im U. v. 3.7.2014 (dort Rn. 28) in Bezug genommene Urteil des EGMR 6.6.2013 - 2283/12 - Rn. 37-42). Auch hat die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren nicht ansatzweise vorgetragen, dass sich im Hinblick auf die Äußerungen des UNHCR gegenüber dem VG Düsseldorf vom Mai und vom September 2014 insoweit Verbesserungen ergeben hätten. Das Gericht sieht deshalb im Hinblick auf die seit nunmehr mehr als einem halben Jahr unveränderte neuere Erkenntnismittellage gegenüber dem ungarischen Asylsystem und die dort vorgebrachten Kritikpunkte (s.o.) für die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage überwiegende Erfolgsaussichten, und zwar auch ohne das Erfordernis ergänzender Anfragen bei den genannten Stellen dahin, ob von deren kritischer Haltung abgerückt wird.

5.6. Dieses Ergebnis erscheint auch in Anbetracht des primärrechtlichen Gebots der effektiven Umsetzung der Dublin-III-VO (vgl. Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union - EUV) sachgerecht, weil im Fall des Antragsteller - eines Asylrückkehrers - angesichts der genannten neuesten Erkenntnismittel die Gefahr einer Verletzung unionsrechtlicher Grundrechte (Art. 6 GRCh), die ebenfalls Teil des unionsrechtlichen Primärrechts sind (vgl. Art. 6 Abs. 1 EUV), hinreichend wahrscheinlich ist.

Dabei ist zwar zu sehen, dass den Regelungen der Dublin-III-Verordnung zunächst der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zugrunde liegt, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschüttert sein muss, um zum Erfolg eines Rechtsbehelfs gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG führen zu können. Dieser Grundsatz kann nicht mittels jedweder Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat außer Kraft gesetzt werden (vgl. EuGH (Große Kammer) U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - Rn. 82, NVwZ 2012, 417); denn andernfalls würden die betreffenden Verpflichtungen zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin-III-VO in ihrem Kern ausgehöhlt werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 85).

Das ändert aber nichts daran, dass Stellungnahmen des UNHCR - angesichts der Rolle, die diesem durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist - bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zukommt (EuGH U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - Rn. 44, NVwZ-RR 2013, 660). Hinzu kommt, dass die im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung veröffentlichten aktuellen Stellungnahmen der Non-Government-Organisationen keine andere Einschätzung nahelegen als diejenige, die der UNHCR in seinem Schreiben vom 9. Mai 2014 dem Verwaltungsgericht Düsseldorf mitgeteilt hat (s.o.).

Dies rechtfertigt es, auch in Anbetracht des primärrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes und des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten, im Hinblick auf Art. 4 GRCh, den der sekundärrechtliche Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO selbst in Bezug nimmt, von systemischen Schwächen im ungarischen Asylsystem i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO auszugehen, so dass Ungarn - obwohl an sich nach der Dublin-III-VO zur Durchführung des Asylverfahrens des Antragsteller berufen - gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO gleichwohl nicht zuständig ist.

5.7. Angesichts der somit wegen Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO nicht gegebenen Zuständigkeit Ungarns, ist nach dieser Vorschrift weiter zu prüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wobei eine entsprechende verwaltungsgerichtliche Prüfung aber nicht gleichsam „ins Blaue hinein“ vorzunehmen ist, sondern nur insoweit, also sich aus den Akten oder dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten hinreichende Anhaltspunkte hierfür ergeben (OVG NRW U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 31).

Vorliegend ist eine Zuständigkeit anderer Mitgliedstaaten nach der Dublin-III-VO aber nicht ersichtlich. Für eine Zuständigkeit anderer Staaten als der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 13 Dublin-III-VO ist nichts ersichtlich. Wie bereits gezeigt, kommt eine vorrangige Zuständigkeit Griechenlands aufgrund Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO aufgrund der dort bestehenden systemischen Mängel des Asylsystems nicht in Betracht (s. o.). Auch hat die Reise des Antragsteller von Ungarn nach Deutschland keine Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 2 Dublin-III-VO begründet. Der Antragsteller hat seinen Reiseweg von Ungarn nach Deutschland zwar nicht im Detail geschildert; unabhängig von der Frage, durch welche Mitgliedstaaten die Reise des Antragsteller von Ungarn nach Deutschland geführt hat, und abgesehen vom Fehlen aktenkundiger Beweismittel oder Indizien gemäß den in Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 i. V. m. Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO genannten Verzeichnissen wäre aber jedenfalls das Erfordernis eines mindestens 5-monatigen Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat (Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) nach dem aktenkundigen Ablauf der Ereignisse nicht gegeben. Ein Fall visafreier Einreise (Art. 14 Dublin-III-VO) ist beim Antragsteller, der syrischer Staatsangehöriger ist, nicht gegeben. Art. 15 Dublin-III-VO ist nicht einschlägig, weil der Antragsteller nicht im Transitbereich eines Flughafens einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Danach ist gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesichts der - wie gezeigt - gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO anzunehmenden Unzuständigkeit Griechenlands und Ungarns (s. o.) die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags des Antragsteller zuständig.

5.8. Das führt im Ergebnis dazu, dass weder die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit des Asylantrags des Antragsteller nach § 27a AsylVfG noch für eine Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylVfG vorgelegen haben, die insoweit zulässige Anfechtungsklage deshalb voraussichtlich in vollem Umfang Erfolg hat (§ 113 Abs. 1 VwGO) und deshalb auch dem vorliegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vollumfänglich stattzugeben ist.

6. Nachdem der Antrag vollumfänglich Erfolg hat, sind die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage, 2 A 353/15, gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Januar 2015 enthaltene Abschiebungsanordnung anzuordnen, wird abgelehnt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

I.

1

Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe folgt daraus, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung über den Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die gemäß § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2, Abs. 4 ZPO erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt hat.

II.

2

Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 75 Abs. 1, 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage, 2 A 353/15, gegen die Abschiebungsanordnung nach Ungarn im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Januar 2015 anzuordnen, hat in der Sache keinen Erfolg. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes überwiegt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.

3

Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens hat die Antragsgegnerin durch den mit der Klage angefochtenen Bescheid zu Recht die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet. Soll der Ausländer, der gemäß § 13 AsylVfG in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, in einen für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 27a AsylVfG zuständigen Staat abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Ungarn ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (1.). Der Abschiebung nach Ungarn stehen keine Hindernisse entgegen (2.).

4

1. Die Zuständigkeit Ungarns i.S.d. § 27a AsylVfG ergibt sich aus der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (v. 26.6.2013 Amtsbl. EU Nr. L 180 S. 31 – Dublin-III-VO).

5

Die durch Anhang I Dublin-III-VO aufgehobene Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Unterzeichnerstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Unterzeichnerstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, (v. 18.2.2003, Amtsbl. EG Nr. 50 S. 1 – Dublin-II-VO) findet keine Anwendung, da der Antragsteller nicht vor dem sich aus Art. 49 UAbs. 2 Dublin-III-VO ergebenden Stichtag 1. Januar 2014 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Nach seinen gegenüber der Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 gemachten Angaben hat der am … 1984 in Syrien geborene Antragsteller als staatenloser palästinensischer Volkszugehöriger sunnitischer Konfession sein Herkunftsland am 18. August 2013 verlassen. Ausweislich der Erklärung der ungarischen Behörden vom 13. Januar 2015 hat er in Ungarn am 2. Dezember 2014 einen Asylantrag gestellt.

6

Ungarn hat am 13. Januar 2015 gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin-III-VO das Gesuch der Antragsgegnerin vom 6. Januar 2015 um Wiederaufnahme des Antragstellers angenommen. Die gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO erklärte Annahme des Wiederaufnahmegesuchs ist für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 27a AsylVfG maßgebend.

7

Es kommt nicht darauf an, ob Ungarn vor der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs nach den Regelungen der Dublin-III-VO für den Antrag auf internationalen Schutz zuständig war. Im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die Überstellungsentscheidung des abgebenden Mitgliedstaats ist nicht zu prüfen, ob der aufnehmende Mitgliedstaat zu Recht seine Zuständigkeit nach der Dublin-III-VO angenommen hat. Für die Aufnahme oder Wiederaufnahme nach der Dublin-III-VO gilt nichts anderes als vormals für die Aufnahme oder Wiederaufnahme nach den Vorgängervorschriften der Dublin-II-VO. Nach der Dublin-II-VO hat der Asylbewerber grundsätzlich kein subjektives Recht darauf, dass sein Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedstaat geprüft wird (VGH Mannheim, Beschl. v. 6.8.2013, 12 S 675/13, InfAuslR 2014, 29, juris Rn. 13; VG Hamburg, Urt. v. 15.3.2012, 10 A 227/11, juris Rn. 24; Hailbronner, AuslR, Stand Februar 2010, § 27a AsylVfG Rn. 26 ff. m.w.N.; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand November 2013, § 27a Rn. 40).

8

Dies bestätigt ein Umkehrschluss zu der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Danach kann in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach der Dublin-II-VO zugestimmt hat, der Asylbewerber dem nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (v. 12.12.2007, ABl. EU Nr. C 303 S. 1 – GR-Charta) ausgesetzt zu werden (EuGH, Urt. v. 10.12.2013, C-394/12, juris Rn. 52 ff. – Abdullahi./.Österreich). Diese Rechtsprechung zur Dublin-II-VO hat ihren Niederschlag im Normtext des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO gefunden. Danach setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III der Dublin-III-VO bestimmten Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 GR-Charta mit sich bringen. Wesentliche Gründe für die Annahme einer solchen Gefahr bestehen nach den vorliegenden Umständen nicht. Im Einzelnen:

9

Dem durch Art. 4 GR-Charta gewährleisteten Unionsgrundrecht ist gemäß Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite verliehen wie dem entsprechenden Recht, das in Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (v. 4.11.1950, BGBl. II 1952 S. 686 – EMRK) völkerrechtlich verbürgt ist. Ebenso wie nach Art. 4 GR-Charta darf nach Art. 3 EMRK niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die Abschiebung eines Asylbewerbers am Maßstab des Art. 3 EMRK zu prüfen (EGMR, Urt. v. 4.11.2014, Nr. 29217/12, Rn. 93 m.w.N., juris, nichtamtliche auszugsweise Übersetzung unter www.asyl.net – Tarakhel./.Schweiz). Folter, unmenschliche und erniedrigende Behandlung bezeichnen drei Stufen unterschiedlicher Eingriffsintensität (vgl. EGMR, Urt. v. 18.1.1978, Nr. 5310/71, Rn. 162 ff., EuGRZ 1979, 149 – Irland./.Vereinigtes Königreich). Folter ist die vorsätzliche Zufügung großer körperlicher oder seelischer Schmerzen oder Leiden, in der Absicht auf den Willen des Gefolterten oder eines Dritten einzuwirken, um ein Geständnis zu erlangen oder um Dritte zu terrorisieren; eine unmenschliche Behandlung ist die absichtliche Zufügung schwerer physischer oder psychischer Leiden oder Schmerzen, die im Hinblick auf Intensität und Dauer eine ausreichende Schwere aufweisen; eine erniedrigende Behandlung kennzeichnet, dass bei dem Opfer Gefühle der Angst, des Schmerzes und der Unterlegenheit erweckt werden, die geeignet sind, es zu demütigen und seinen körperlichen und moralischen Widerstand zu brechen (Jarass, GR-Charta, 2. Aufl. 2013, Art. 4 Rn. 8 f. m.w.N.). Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, kann dabei auch davon abhängen, wieweit die Maßnahmen zur Verfolgung legitimer Zeile geboten sind (Jarass, GR-Charta, 2. Aufl. 2013, Art. 4 Rn. 11). Da das Recht aus Art. 3 EMRK als einzige der Gewährleistungen der EMRK auch im Notstand keinen Einschränkungen unterliegt, gilt dies auch für das ihm entsprechende Recht aus Art. 4 GR-Charta (Höfling, in Tettinger/Stern, GR-Charta, 1. Aufl. 2006, Art. 4 Rn. 15 ff.). Um dem Verbot des Art. 3 EMRK zu unterfallen muss die Schwere der Misshandlung ein Mindestniveau erreichen, wobei die Bemessung dieses Mindestniveaus von allen Umständen des Falles abhängt, wie der Dauer der Behandlung und ihren körperlichen und geistigen Folgen, in geeigneten Fällen auch von Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand des Opfers (EGMR, Urt. v. 5.2.2015, Nr. 51428/10, Rn. 28 – A.M.E../.Niederlande; Urt. v. 4.11.2014, Nr. 29217/12, Rn. 94, juris, nichtamtliche auszugsweise Übersetzung unter www.asyl.net – Tarakhel./.Schweiz; Urt. v. 18.1.1978, Nr. 5310/71, Rn. 162, EuGRZ 1979, 149 – Irland./.Vereinigtes Königreich).

10

Für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 19.3.2014, 10 B 6/14, NVwZ 2014, 1039, juris Rn. 9) das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der GR-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10 u. C-493/10, Slg. 2011, I-13905, Rn. 88 ff. – N.S. u.a.), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war; derartige individuelle Erfahrungen sind vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen (BVerwG, Beschl. v. 6.6.2014, 10 B 35/14, InfAuslR 2014, 352, juris Rn. 6; a.A. United Kingdom Supreme Court, Urt. v. 19.2.2014, <2014> UKSC 12, https://www.supremecourt.uk).

11

Eine tragfähige Grundlage für die Annahme systemischer Mängel liegt dabei erst dann vor, wenn hierfür kompetente Stellen wie der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und das durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (v. 29.5.2010, ABl. EU Nr. L 132 S. 11) errichtete Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) derartige Mängel feststellen (VG Hamburg, Urt. v. 22.10.2014, 10 A 3085/14, n.v.; das VG Ansbach, Beschl. v. 3.12.2013, AN 11 S 13.31074, Rn. 22 verweist insoweit auf die Erwägungsgründe 22 f. Dublin-III-VO). So hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darauf abgestellt, dass es an einem Positionspapier des UNHCR fehlte, das die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausdrücklich aufforderte, von einer Überstellung nach Ungarn im Dublin-System abzusehen (EGMR. Urt. v. 6.6.2013, Nr. 2283/12, Rn. 105, http://hudoc.echr.coe.int – Mohammed./.Österreich).

12

Nach diesen Maßstäben sind keine systemischen Mängel anzunehmen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung eines Dublin-Rückkehrers in Ungarn erwarten ließe (ebenso EGMR, Urt. v. 3.7.2014, Nr. 71932/12, Rn. 60 ff., http://hudoc.echr.coe.int – Mohammadi./.Österreich; VG Hamburg, Beschl. v. 13.2.2015, 7 AE 240/15, n.v.; Beschl. v. 6.1.2015, 10 AE 154/15, n.v.; Beschl. v. 30.10.2014, 8 AE 2529/14, n.v.; VG Augsburg, Beschl. v. 26.1.2015, Au 7 S 15.50015, juris Rn. 24 ff.; Beschl. v. 21.1.2015, Au 2 S 14.50360, juris Rn. 19 ff.; VG Düsseldorf, Beschl. v. 15.1.2015, 7 L 2975/14.A, juris Rn. 13; VG Regensburg, Beschl. v. 12.12.2014, RN 5 S 14.50306, juris Rn. 25 ff.; VG Stade, Beschl. v. 14.7.2014, 1 B 862/14, juris Rn. 8 f.; VG Bremen, Urt. v. 25.4.2014, 4 K 2131/13.A, juris Rn. 16 ff.; österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Spruch v. 10.11.2014, W212 1438158-2/11E, http://www.ris.bka.gv.at; insofern auch VG Berlin, Beschl. v. 15.1.2015, 23 L 899.14 A, juris Rn. 7 f.; im Ansatz auch VG Würzburg, Beschl. v. 2.1.2015, W 1 S 14.50120, juris Rn. 29).

13

Zwar kann nach allgemeinen Grundsätzen ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs auch dann Erfolg haben, wenn die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache gegen den Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelfs offen sind. Doch liegt dieser Fall nicht vor. Die Erfolgsaussichten einer Klage gegen eine Abschiebungsanordnung sind nicht bereits dann offen, wenn die Frage systemischer Mängel in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unterschiedlich beurteilt wird (so aber OVG Bautzen, Beschl. v. 24.7.2014, A 1 B 131/14, juris Rn. 4; VG München, Beschl. v. 31.10.2014, M 16 S 14.50535, juris Rn. 16). Die Erfolgsaussichten sind allenfalls dann offen, wenn eine nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens im Hauptsacheverfahren konkret anstehende weitere Aufklärung zu der für einen Erfolg der Klage führenden Überzeugungsgewissheit führen könnte, was hier nicht der Fall ist. Denn nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss der Tatrichter die Überzeugungsgewissheit von einer mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eintretenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung erlangen (BVerwG, Beschl. v. 19.3.2014, 10 B 6/14, NVwZ 2014, 1039, juris Rn. 9). Für eine Offenheit der Erfolgsaussichten genügt deshalb nicht, dass es im Zeitpunkt der Entscheidung an verlässlichen Informationsquellen fehlt (dies implizierend aber VG Bremen, Beschl. v. 17.1.2014, 4 V 2132/13.A, juris Rn. 13 f.).

14

Die gesetzliche Neuregelung der Asylhaftgründe im ungarischen Recht allein lässt keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung erwarten (so aber implizit VG Stuttgart, Urt. v. 26.6.2014, 26.6.2014, A 11 K 387/14, juris Rn. 21). Wie in einer Auskunft des Auswärtigen Amtes (an das VG Düsseldorf v. 19.11.2014, S. 2 f., Asyldokumentation des OVG Hamburg, Ordner Dublin-II/III, Abschnitt Ungarn 2014/1) ausgeführt ist, findet sich die gesetzliche Regelung über die Asylhaft in Art. 31/A Abs. 1 des ungarischen Asylgesetzes. Danach besteht ein Haftgrund insbesondere dann, wenn die asylsuchende Person sich den Feststellungen der Behörde entzogen oder das Asylverfahren anderweitig behindert hat oder hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Asylbewerber das Verfahren verzögert oder zu vereiteln sucht oder Fluchtgefahr besteht, um die notwendigen Feststellungen zur Durchführung des Asylverfahrens treffen zu können. Die Haftgründe stimmen mit den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (v. 29.6.2013, Amtsbl. EU Nr. L 180 S. 96 – AufnahmeRL) weitgehend überein, so dass die ungarische Gesetzesregelung als solche keine Verletzung des Unionsrechts darstellt (insofern auch VG Berlin, Beschl. v. 15.1.2015, 23 L 899.14 A, juris Rn. 8).

15

Auch kann aus der Anwendungspraxis der gesetzlichen Neuregelung der Asylhaft in Ungarn kein systemischer Mangel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen hergeleitet werden (a.A. VG Berlin, Beschl. v. 15.1.2015, 23 L 899.14 A, juris Rn. 8; VG Köln, Beschl. v. 19.12.2014, 20 L 2345/14.A, juris Rn. 18; VG Sigmaringen, Beschl. v. 1.12.2014, 2 K 422/14, http://bordermonitoring.eu; das Vorliegen systemischer Mängel für offen haltend VG Magdeburg, Beschl. v. 11.12.2014, 9 B 449/14, juris Rn. 19). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO nicht nur dem Wortlaut nach, sondern auch nach dem verfolgten Sinn und Zweck, der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Dublin-System im Normtext Ausdruck zu verschaffen, auf drohende Verletzungen des Art. 4 GR-Charta beschränkt ist. Wenngleich der überstellende Mitgliedstaat nach der Dublin-III-VO (ebenso wie nach der Dublin-II-VO, dazu EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10 u.a., juris Rn. 64 ff.) wegen Art. 51 GR-Charta die Überstellungsentscheidung unter Beachtung der Unionsgrundrechte trifft, folgt daraus nicht, dass der überstellende Mitgliedstaat gegen Unionsgrundrechte verstößt, sobald nicht ausgeschlossen ist, dass der aufnehmende Mitgliedstaat dies tun wird. Denn der Gerichtshof der Europäischen Union hat den Maßstab zur Überprüfung der Überstellungsentscheidung dem Verbot der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung in Art. 4 GR-Charta entnommen (EuGH, Urt. v. 10.12.2013, C-394/12, juris Rn. 52 ff. – Abdullahi./.Österreich). Somit ist für den überstellenden Mitgliedstaat das Recht auf Freiheit und Sicherheit gemäß Art. 6 GR-Charta ebenso wenig Maßstab (a.A. VG Berlin, Beschl. v. 15.1.2015, 23 L 899.14 A, juris Rn. 8) wie dies allgemein an den aufnehmenden Mitgliedstaat gerichtete „unionsrechtliche Vorgaben“ sind (a.A. VG Stuttgart, Urt. v. 26.6.2014, 26.6.2014, A 11 K 387/14, juris Rn. 17).

16

Wenngleich eine willkürliche Inhaftnahme im Einzelfall mit einer unmenschlichen oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 4 GR-Charta einhergehen kann, ist nicht zu erwarten, dass die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt werden. Es liegt kein Positionspapier des UNHCR vor, das die Staaten dazu auffordert, von Überstellungen nach Ungarn im Dublin-System abzusehen. Wie in drei Auskünften der Vertretung in Deutschland des UNHCR (v. 30.9.2014 an das VG Bremen, das VG Düsseldorf bzw. das VG Freiburg, Asyldokumentation des OVG Hamburg, Ordner Dublin-II/III, Abschnitt Ungarn G 4 bis 6/14) ausgeführt, werden praktisch alle Dublin-Rückkehrer in Asylhaft genommen, ausgenommen Familien und besonders vulnerable Asylsuchende. Hat ein dem Dublin-System unterliegender Asylbewerber den für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat verlassen, um in einem nicht zuständigen Mitgliedstaat erneut Asyl zu beantragen, so erscheint eine Inhaftnahme bei Rückkehr in den zuständigen Mitgliedstaat nicht willkürlich, so dass auch im Hinblick auf den Schutz und die Achtung der elementaren Rechtsgleichheit aller Menschen (dazu Höfling, in Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 1 Rn. 19 ff.) eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung nicht ersichtlich ist. Die Praxis, dass regelmäßige Haftprüfungstermine im Halbstundentakt und für Gruppen von fünf bis 15 Personen gleichzeitig stattfinden (Auskunft der Vertretung in Deutschland des UNHCR v. 30.9.2014 an das VG Düsseldorf, S. 7., Asyldokumentation des OVG Hamburg, Ordner Dublin-II/III, Abschnitt Ungarn, G 5/14), lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass eine Fortdauer der mit Fluchtgefahr begründeten Haft willkürlich bestimmt werde.

17

Es ist auch nicht ersichtlich, dass inhaftierte Asylsuchende regelmäßig durch eine lange Haftdauer ohne Aussicht auf Entlassung gedemütigt würden. Die Asylhaft ist gesetzlich auf maximal sechs Monate beschränkt (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 19.11.2014, S. 2 f., Asyldokumentation des OVG Hamburg, Ordner Dublin-II/III, Abschnitt Ungarn, 2014/1). Für Überschreitungen der gesetzliche Höchstdauer ist nichts ersichtlich.

18

Die näheren Bedingungen einer etwaigen Haft lassen für einen ohne seine Familie geflohenen gesunden jungen, aber volljährigen Mann, wie den Antragsteller, ebenfalls keine unmenschliche oder erniedrige Behandlung erwarten. Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (EGMR, Urt. v. 21.1.2011, Nr. 30696/09, Rn. 221, http://hudoc.echr.coe – M.S.S../.Belgien und Griechenland). Einen Verstoß dagegen nimmt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für die Überstellung nach Ungarn nicht an (EGMR, Urt. v. 3.7.2014, Nr. 71932/12, Rn. 60 ff., http://hudoc.echr.coe.int – Mohammadi./.Österreich). Ausgehend vom Gewährleistungsgehalt der Menschenwürde (vgl. Höfling, in Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 1 Rn. 19 ff.) wären die Bedingungen der Haft dann menschenunwürdig, wenn die körperliche Integrität, menschengerechte Lebensgrundlagen, elementare Rechtsgleichheit, personale Identität und Integrität bedroht wären. In tatsächlicher Hinsicht legt das Gericht ein Gutachten von Pro Asyl e.V. (an das VG Düsseldorf v. 31.10.2014, S. 3 ff., juris) zugrunde. Danach wird die Asylhaft getrennt von der Immigrations- oder der Strafhaft durchgeführt. Überbelegungen finden nicht statt. Die Inhaftierten werden tagsüber nicht in Zellen eingesperrt. Eine medizinische Grundversorgung ist gewährleistet. Sanitäter bzw. Krankenschwestern sind permanent anwesend. Von nachhaltigen oder durchgehenden hygienischen oder Versorgungsmängeln wird nicht berichtet, wenngleich es in einzelnen Hafteinrichtungen in der Vergangenheit zu Mängeln in der Reinigung einzelner Waschräume gekommen ist.

19

Sofern es zum Einsatz von Handfesseln und Leinen bei Außenterminen inhaftierter Asylbewerber bei einer Behörde, einem Gericht oder dem Arzt kommt (so Auskunft der Vertretung in Deutschland des UNHCR v. 9.5.2014 an VG Düsseldorf, S. 4, Asyldokumentation des OVG Hamburg, Ordner Dublin-II/III, Abschnitt Ungarn, G/14), kann darin im Einzelfall dann ein Mangel in den Haftbedingungen nur gesehen werden, wenn es sich nicht um eine notwendige Sicherheitsvorkehrung handelt. Eine gegen Art. 4 GR-Charta und Art. 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung kommt darin jedoch nicht zum Ausdruck. Die inhaftierten Asylbewerber werden durch die Behandlung deshalb nicht herabgewürdigt oder stigmatisiert, weil die Behandlung der ungarischen Rechtspraxis nicht fremd ist und etwa auch auf Angeklagte angewandt wird (dazu Auskunft der Vertretung in Deutschland des UNHCR v. 9.5.2014 an das VG Düsseldorf, Asyldokumentation des OVG Hamburg, Ordner Dublin-II/III, Abschnitt Ungarn, G 1/14), die gemäß Art. 48 Abs. 1 GR-Charta und Art. 6 Abs. 2 EMRK bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig gelten.

20

Sofern in dem Gutachten von Pro Asyl e.V. (v. 31.10.2014 an das VG Düsseldorf, S. 4 f., juris) ein Bericht eines aus einer Hafteinrichtung entlassenen Asylbewerbers wiedergegeben wird, wonach in der Hafteinrichtung „immer die selben Tabletten“ verabreicht würden, kann dem Gericht keinen Hinweis aus einen systemischen Mangel des Haftbedingungen entnehmen.

21

Die vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betrifft nicht die Bedingungen in Ungarn für die Aufnahme eines erwachsenen Asylsuchenden, sondern die Bedingungen in Italien für die Aufnahme von asylsuchenden Personen in Italien mit sechs minderjährigen Kindern (EGMR, Urt. v. 4.11.2014, Nr. 29217/12, Rn. 100 ff., 121 f., juris, nichtamtliche auszugsweise Übersetzung unter www.asyl.net – Tarakhel./.Schweiz). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Verletzung von Art. 3 EMRK für den Fall angenommen, dass die Beschwerdeführer nach Italien zurückgeführt würden, ohne dass die schweizerischen Behörden zuvor individuelle Garantien von den italienischen Behörden dafür erlangen, dass die Beschwerdeführer in einer Weise übernommen werden würden, die dem Alter der Kinder angemessen ist, und dafür, dass die Familie zusammenbleiben würde. Ein solches Erfordernis der vorherigen individuellen Garantie hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch im Hinblick auf Italien nicht verlangt, wenn es sich um einen gesunden jungen Mann ohne Angehörige handelt (EGMR, Urt. v. 5.2.2015, Nr. 51428/10, Rn. 28 – A.M.E../.Niederlande; Urt. v. 4.11.2014, Nr. 29217/12, Rn. 34, juris). Eben dies trifft auf den Antragsteller zu, dessen Familie sich noch in seinem Herkunftsland befindet.

22

2. Die weitere Voraussetzung des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist gegeben, dass die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat rechtlich zulässig und tatsächlich möglich ist. Zu prüfen sind objektive und in der Person des Ausländers liegende subjektive, rechtliche oder tatsächliche Hindernisse der Abschiebung. Über auf den Zielstaat der Abschiebung bezogene Hindernisse hinaus sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 2.5.2012, 13 MC 22/12, InfAuslR 2012, 298, juris Rn. 27; VGH Mannheim, Beschl. v. 31.5.2011, A 11 S 1523/11, InfAuslR 2011, 310, juris Rn. 4; OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2010, 4 Bs 223/10, NVwZ 2011, 512 , juris Rn. 10 ff.; OVG Greifswald, Beschl. v. 29.11.2004, 2 M 299/04, juris Rn. 9). Für solche Hindernisse ist nichts ersichtlich. Die Ehefrau und die knapp anderthalbjährige Tochter des Antragstellers befinden sich noch im Herkunftsland Syrien, so dass eine Familienzusammenführung nicht nur, was der Antragsteller hervorhebt, in Ungarn als nicht möglich erscheint, sondern allgemein innerhalb der Dublin-Staaten.

III.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 83b AsylVfG, 154 Abs. 1 VwGO.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. Januar 2015 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der nach seinen eigenen Angaben am ... 1993 in ... geborene Antragsteller ist Staatsangehöriger der Republik Sierra Leone. Er reiste vermutlich am 3. August 2014 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 13. August 2014 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.

Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 13. August 2014 gab der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt an, dass er sein Heimatland bereits 2004 verlassen habe, 2009 in Griechenland Asyl beantragt habe und von dort weiter nach Ungarn gereist sei..

Aufgrund eines Eurodac-Treffers bezüglich des Antragstellers für Ungarn sandte das Bundesamt am 10. November 2014 ein Wiederaufnahmeersuchen an die ungarischen Behörden. Diese teilten am 17. November 2014 mit, dass das mit Antrag vom 3. Juli 2014 eingeleitete Asylverfahren wegen des Verschwindens des Antragstellers beendet worden sei. Weiter erklärten die ungarischen Behörden die Bereitschaft zur Wiederaufnahme des Antragstellers.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2014 - zugestellt am 16. Januar 2015 - stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Asylantrag gem. § 27a AsylVfG unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorlägen. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Ungarn als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage (M 23 K 15.50048) zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2014 aufzuheben. Weiterhin beantragte er,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung trug er unter Verweis auf umfangreiche Rechtsprechung und Stellungnahmen insbesondere vor, dass in Ungarn systemische Mängel vorlägen und dem Antragsteller in Ungarn die Inhaftierung drohe. Darüber hinaus leide der Antragsteller unter schweren depressiven Episoden, einer posttraumatischen Belastungsstörung und der Autoimmunerkrankung Sicca-Syndrom und sei in entsprechender Behandlung. Ein Arztbrief des ...-Klinikums vom ... Dezember 2014 über einen stationären Aufenthalt vom ... November bis ... Dezember 2014 war beigefügt. Aufgrund der Erkrankungen sei der Antragsteller nicht reisefähig.

Die Akten des Bundesamts wurden mit Schreiben vom 27. Januar 2015 vorab übersandt. Eine Antragsstellung erfolgte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Verfahren M 23 K 15.50048 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, § 34a Abs. 2 AsylVfG. Er wurde auch innerhalb der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Frist von einer Woche nach Bekanntgabe gestellt.

Entfaltet ein Rechtsbehelf, wie hier, von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylVfG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar und damit offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegt bei der Interessenabwägung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheides, da nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung die Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) zumindest offene Erfolgsaussichten hat.

Möglicherweise ist der Asylantrag des Antragstellers nicht deshalb gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, weil ein anderer Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig wäre. Sollte vielmehr die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung des Asylantrags gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO gegeben sein, so wäre der Erlass der Abschiebungsanordnungen nach § 34 a i. V. m. § 27 a AsylVfG bereits aus diesem Grund rechtswidrig.

Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Fall kann das Bundesamt gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Vorliegend hat der Antragsteller - nach einer Antragstellung in Griechenland im Jahr 2009 - zunächst in Ungarn Asyl beantragt; das Land hat auch mit Schreiben vom 17. November 2014 der Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. b Dublin-III-VO zugestimmt. Damit wäre grundsätzlich Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig. Die vorherige Antragstellung in Griechenland ist insoweit irrelevant, da sich Ungarn zur Wiederaufnahme bereit erklärt hat (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris).

Allerdings würde die Bundesrepublik Deutschland zuständig, wenn eine Abschiebung des Ausländers in den Zielstaat nicht möglich ist, weil dort sog. systemische Mängel herrschen, das heißt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen und eine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nicht festgestellt werden kann (vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO).

Die Frage systemischer Mängel im Zielland Ungarn wird von den Verwaltungsgerichten in der Bundesrepublik Deutschland unterschiedlich beurteilt (vgl. bejaht z. B. VG München, U. v. 12.11.2014 - M 18 K 13.31120; U. v. 26.9.2014 - M 24 K 14.50320; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14; a.A. VG München, U. v. 25.9.2014 - M 17 K 14.30490; VG Würzburg, U. v. 23.9.14 - W 1 K 14.50050). Vielfach wird in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes diese Frage vor dem Hintergrund der neueren Erkenntnismittel als zumindest offen angesehen (vgl. z. B. VG München B. v. 30.10.2014 - M 16 S 14.50546; VG Berlin, B. v. 15.1.15 - 23 L 899.14 A; VG Köln B. v.19.12.14 - 20 L 2345/14 A; VG Magdeburg, B. v. 11.12.14 - 9 B 449/14; VG Düsseldorf B. v. 28.5.2014 - 13 L 172/14.A - jeweils juris). Auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat im Hinblick auf die divergierende erstinstanzliche Rechtsprechung in einem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dem Antrag im Rahmen einer zugelassenen Berufung stattgegeben (vgl. B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris).

Weitere obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt bislang, soweit ersichtlich, nur mit den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 31. Mai 2013 (4 L 169/12 - juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 6. August 2013 (12 S 675/13 - juris) vor, in denen das Vorliegen „systemischer Mängel“ jeweils verneint wurde. Nicht bzw. nur teilweise berücksichtigt werden konnten dabei allerdings die zwischenzeitlich vorliegenden neueren Erkenntnisse, wonach in Ungarn insbesondere zum 1. Juli 2013 eine erneute Gesetzesänderung in Kraft getreten ist, bei der Inhaftierungen von Asylbewerbern für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten vorgesehen sind. Allerdings stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seiner Entscheidung Mohammadi vs. Österreich (U. v. 3.7.2014 - 71932/12) fest, dass in Ungarn derzeit - und damit zum auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Zeitpunkt - keine systemischen Mängel vorlägen.

Sowohl UNHCR als auch der Europäische Flüchtlingsrat sowie das ungarische Helsinki Komitee und Pro Asyl kritisierten in ihren ersten Stellungnahmen zu den am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Rechtsänderungen frühzeitig die Unbestimmtheit der Haftgründe und die hierdurch bestehende Gefahr erheblicher Rechtsunsicherheiten und äußerten die Befürchtung, dass in Ungarn die Inhaftierung von Asylantragstellern auf dieser Grundlage erneut zum Regelfall werde, zumal die rechtlich zur Verfügung stehenden Alternativen zur Haft, wie etwa Kautionsleistungen oder regelmäßige Meldepflichten, nach ihren Voraussetzungen so ungenau formuliert seien, dass diese voraussichtlich keine Anwendung finden würden. Ferner wurde kritisiert, dass gegen die Anordnung der Haft keine selbstständigen Rechtsbehelfe zur Verfügung stünden, sondern eine Überprüfung lediglich in einem automatischen gerichtlichen Verfahren alle 60 Tage erfolge (vgl. UNHCR Comments and Recommendations on the Draft Modification of certain migrationrelated Legislative Acts for the Purpose of Legal Harmonisation, 12.4.2013, S. 7 f, S. 10; European Council on Refugees and Exiles - ECRE Weekly Bulletin, 14.6.2013, S. 3; Hungarian Helsinki Committee, Brief Information Note on the Main Asylum-Relates Legal Changes in Hungary as of 1 July 2013, S. 2 sowie Hungarian Helsinki Committee, Briefing Paper fort he Working Group on Arbitrary Detention, UN Commission of Human Rights vom 8. Oktober 2013, Kapitel 7 „Detention of migrants“, S. 17 f - jeweils abrufbar unter www.helsinki.hu; Pro Asyl, bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012 von Oktober 2013, abrufbar unter www.proasyl.de).

Zwischenzeitlich liegen auch zur Rechtsanwendungspraxis in Ungarn aktuelle Berichte sowohl des UNHCR vom 9. Mai 2014 (Schreiben vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A - abrufbar in der Datenbank MILO des BAMF), von PRO ASYL (Schreiben vom 31.10.2014 an das VG Düsseldorf und VG München - abrufbar in der Datenbank MILO des BAMF), des ungarische Helsinki Komitees vom Mai 2014 („Information Note“ - abrufbar unter: http://helsinki.hu/en/informationnoteonasylumseekersindetentionandindublinproceduresinhungary), des Menschenrechtskommissars des Europarats vom Mai 2014 (abrufbar unter: https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CommDH%282014%2921&Language=lanEnglish&Ver=original&BackColorInternet=DBDCF2&BackColorIntranet=FDC864&BackColorLogged=FDC864) sowie der Ungarn-Länder-Bericht des AIDA (Asylum Information Database, Stand: 30.4.2014; abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/hungary) vor, die die Befürchtungen, dass Dublin-Rückkehrer nach ihrer Ankunft in Ungarn grundsätzlich, ohne Angabe von Gründen und ohne Prüfung ihrer individuellen Umstände inhaftiert werden und mangels wirksamer Rechtsschutzmöglichkeiten die Haft bzw. die unter Umständen mehrere Monate währende Haftfortdauer nicht wirklich überprüfen lassen können, bestätigen.

Der Bericht des UNHCR vom 9. Mai 2014 (a. a. O.) führt aus, dass etwa 25% der Asylsuchenden inhaftiert werde, was zwar im Vergleich zu den Jahren 2008 bis 2010 eine geringere Zahl von Haftfällen bedeute. Jedoch gebe es Anhaltspunkte für ein erneutes Ansteigen der Haftfälle. So seien im ersten Halbjahr 2014 40% der erwachsenen männlichen Asylsuchenden inhaftiert worden (im Vergleich zu 25% im Jahr 2013). Dabei seien von den Dublin-Rückkehrern nahezu alle, ausgenommen Familien oder sehr hinfällige Asylsuchende, betroffen. Die aktuellen Stellungnahmen von Pro Asyl in Kooperation mit dem ungarischen Helsinki Komitee vom 31. Oktober 2014 (a. a. O.) kommt zu der Feststellung, dass Dublin-Rückkehrer regelmäßig, wenn auch nicht sämtliche, inhaftiert würden. Eine neue Entwicklung gehe dahin, zunehmend auch Familien zu inhaftieren. Laut dem HHC seien die Haftanordnungen schematisch, d. h. eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Argumentation unter Abwägung der Recht- bzw. Verhältnismäßigkeit der Inhaftierung und der persönlichen Umstände finde in der Regel nicht statt. Von Alternativen zur Haft werde nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht und in den Fällen in denen dies geschehe, sei das Verfahren weder transparent noch effizient. Aus den Berichten ergibt sich ferner, dass sowohl die hygienischen Verhältnisse wie auch die medizinische und psychologische Versorgung erhebliche Mängel aufweisen. Auch die Rechtsschutzmöglichkeiten seien erheblich eingeschränkt.

Soweit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seiner Entscheidung Mohammadi vs. Österreich (U. v. 3.7.2014 - 71932/12) feststellt, dass in Ungarn derzeit keine systemischen Mängel vorlägen, überzeugt dies daher nicht. Der EGMR begründet seine Entscheidung insbesondere damit, dass es keine systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden mehr gäbe und Alternativen zur Inhaftierung gesetzlich vorgesehen seien (Rn. 68). In Bezug auf die Haftbedingungen sei festzustellen, dass es Verbesserungen gäbe. Darüber hinaus begründet der EGMR seine Entscheidung damit, dass der UNHCR bislang noch keine systemischen Mängel explizit festgesellt habe (Rn. 69). Diese Bewertung durch den EGMR beruht jedoch zum einen überwiegend auf Stellungnahmen - insbesondere des UNHCR sowie des Helsinki Komitees - die vor der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 bzw. kurz danach erfolgten, zum anderen überzeugen die durch den EMRK hieraus gewonnenen Beurteilungen ohne nähere Begründungen nicht (vgl. hierzu auch VG Frankfurt a.M., B. v. 29.10.2014 - 7 L 3786/14.F.A). Auch der Bericht des Menschenrechtskommissars (a. a. O., S. 36 ff) setzt sich sehr kritisch mit der Entscheidung des EGMR auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass nur in sehr geringem Umfang von den Alternativen zu Inhaftierungen Gebrauch gemacht werde und die Entscheidungen willkürlich und nicht transparent seien.

Insbesondere im Hinblick auf diese neueren Erkenntnisquellen sind die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung derzeit als offen anzusehen. Eine eingehendere Prüfung muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Eilrechtsschutzverfahren ist jedenfalls bei der Abwägung das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage nicht zwangsweise nach Ungarn rücküberstellt zu werden, angesichts der ihm nicht ausschließbar drohenden Gefahr einer menschenunwürdigen Behandlung höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer möglichst umgehenden Rückführung des Antragstellers aufgrund der Dublin-III-Verordnung. Voraussichtlich würde damit rein faktisch ein nicht revidierbarer Zustand eintreten, der den Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht würde.

Auf die Frage, ob ein Selbsteintritt der Antragsgegnerin allein aufgrund der Erkrankungen des Antragstellers geboten ist, kommt es daher hier nicht entscheidungserheblich an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (A 13 K 443/15) gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20.01.2015 enthaltene Abschiebungsanordnung nach Ungarn wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller, ein am … 1994 geborener syrischer Staatsangehöriger, reiste am 21.11.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 15.12.2014 einen Asylantrag.
Da der Antragsteller auf dem Landweg über Ungarn eingereist war und dort am 17.11.2014 auch bereits einen Asylantrag gestellt hat, richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Weiteren: Bundesamt) mit Schreiben vom 08.01.2015 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 b. der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Amtsbl. der Europäischen Union vom 29.06.2013; Nr. L 180/31; im Weiteren: Dublin III VO) an Ungarn, dem mit einem Schreiben der Dublin Coordination Unit Hungary vom 19.01.2015 (vgl. AS 84 der Bundesamts-Akte) auch entsprochen wurde.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.01.2015 wurde der Asylantrag des Antragstellers daraufhin für unzulässig erklärt (Ziffer 1 des Bescheides) und die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet (Ziffer 2 des Bescheides).
Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 28.01.2015 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
Dagegen hat der Antragsteller am 31.01.2015 Klage (A 13 K 316/15) erhoben und den vorliegenden Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage gestellt.
II.
1. Der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Nach der am 06.09.2013 in Kraft getretenen Änderung des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. d. F. d. Umsetzungsgesetzes zur Richtlinie 2011/95/EU vom 28.08.2013 (BGBl. I 3474) sind Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen eine Abschiebungsanordnung (inzwischen) statthaft und innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu stellen. Diese Frist ist gewahrt, weil der vorliegende Antrag bereits am 31.01.2015 gestellt wurde.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Eine Abwägung des Interesses des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage mit dem öffentlichen Vollzugsinteresse an der nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung ergibt, dass das private Interesse des Antragstellers am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet das öffentliche Vollzugsinteresse derzeit überwiegt.
Maßgeblich hierfür ist, dass die Erfolgsaussichten der Klage nach derzeitigem Sach- und Streitstand zumindest offen sind.A 13 K 5969/14 Denn nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Abschiebungsanordnung ebenso wenig hinreichend sicher feststellen, wie deren Rechtmäßigkeit.
10 
Nach der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts kann der Antragsteller gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a i.V.m. § 27a AsylVfG - unionsrechtlich - ausschließlich einwenden, dass im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber bestehen, die für den Antragsteller eine ernsthafte und durch Tatsachen belegte Gefahr begründen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, Bestrafung oder Folter im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU (GRCh) ausgesetzt zu werden (vgl. hierzu im Einzelnen: EuGH, Urt. v. 10.12.2013 - Rs. C-394/12 ; BVerwG, Beschl. v. 19.03.2014 – 10 B 6.14 -; sowie VG Stuttgart, Urt. v. 28.02.2014 - A 12 K 383/14 -, jeweils mit m.w.N., in juris) und deshalb in verfassungskonformer Auslegung des § 34a AsylVfG die Aussetzung der Abschiebung in diesen Zielstaat zur Abwehr solcher Gefahren im Sinne des Art. 4 GRCh gebieten (vgl. hierzu: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.11.2008 - A 2 S 2793/08 -; BVerfG, Beschl. vom 08.09.2009, 23.09.2009 und vom 09.10.2009 Az.: 2 BvQ 56/09, 2 BvQ 68/09 und 2 BvQ 72/09, alle in Juris).
11 
Die Frage, ob in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung vorliegen und Asylbewerbern (einschließlich Dublin-Rückkehrern) bei einer Rückkehr nach Ungarn deshalb eine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK droht, wird von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung derzeit unterschiedlich beantwortet (vgl. hierzu im einzelnen VG München, Beschl. v. 31.10.2014 – M 16 S 14.50535 – in juris, m.w.N.) und muss folglich im vorliegenden Eilverfahren als offen angesehen werden.
12 
Nichts anderes gilt für die in der einschlägigen Rechtsprechung weiter erörterte Frage, ob die derzeitige Anwendungspraxis der in dem zum 01.07.2013 in Kraft getretenen, (neuen) ungarischen Asylgesetz geregelten Asylhaft (vgl. hierzu insbesondere UNHCR, Auskunft vom 30.09.2014 an VG Düsseldorf) gegen das Unionsgrundrecht auf Freiheit aus Art. 6 GRCh verstößt und alleinstehenden und volljährigen Dublin-Rückkehrern wie dem Antragsteller auch wegen dieser Asylhaftpraxis und den damit einhergehenden Haftbedingungen eine Rückkehr nach Ungarn unzumutbar sein könnte.
13 
Nach der genannten Auskunft des UNHCR vom 30.09.2014 trifft diese Inhaftierungspraxis praktisch alle Dublin-Rückkehrer, die – wie der Antragsteller - in Ungarn bereits einen Asylantrag gestellt und das Land anschließend sofort wieder verlassen haben. Denn solche Dublin-Rückkehrer würden nach ihrer Wiedereinreise in Ungarn erneut als Erstantragsteller behandelt und deshalb in Asylhaft genommen, weil ihr (erstes) Asylverfahren wegen ihrer Ausreise aller Wahrscheinlichkeit nach ohne Sachentscheidung eingestellt worden sei. Diese Inhaftierung, die mehrere Monate (bis zu sechs Monate) dauern könne, erfolge generell und ohne Ansehung der Person, und betreffe daher auch Dublin-Rückkehrer syrischer Staatsangehörigkeit. Hinzu komme, das die jeweiligen Haftanordnungen auch nicht verständlich individuell begründet würden und die Inhaftierten zudem keine Rechtsmittel gegen die Anordnung der Haft einlegen könnten (vgl. UNHCR, a.a.O.).
14 
Diese Inhaftierungspraxis der ungarischen Behörden wird von einem Teil der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung als willkürlich und im Falle von syrischen Staatsangehörigen, die ihr Heimatland regelmäßig aus berechtigter Angst um ihr Leben verlassen haben und die deshalb derzeit – nicht nur in Deutschland sondern auch in Ungarn - einen Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft haben, zudem als unverhältnismäßig eingestuft und als Verstoß gegen Art. 6 GRCh gewertet (so z.B. VG Sigmaringen, Beschl. v. 14.07.2014 – A 1 K 254/14 -; VG Düsseldorf, Urt . v. 02.09.2014 - 6 L 1235/14 -; VG München, Beschl. v. 31.10.2014 – M 16 S 14.50535; VG Köln, Beschl. v. 19.12.2014 – 20 L 2345/14 A –; VG Berlin, Beschl. v. 15.01.2015 – 23 L 899.14 A, alle in juris).
15 
Nach einer Stellungnahme des Bundesamtes vom 10.12.2014 wird diese Asylhaft dagegen bei Schutzsuchenden aus Ländern, in denen die Wahrscheinlichkeit der Schutzbedürftigkeit sehr hoch eingeschätzt wird (z.B. Syrien, Eritrea und Somalia), in der Praxis nicht angewandt.
16 
Für die Richtigkeit dieser Stellungnahme spricht nicht zuletzt auch die Vorgeschichte des Antragstellers, der – nachdem er in Ungarn einen (ersten) Asylantrag gestellt hatte – bereits kurze Zeit später nach Deutschland weiterreisen konnte, was gegen eine generelle Inhaftierung von Erstasylantragstellern aus Syrien spricht. Hiervon abweichend hat jedoch der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 30.09.2014 bestätigt, dass er auch syrische Asylsuchende in Asylhaft angetroffen hat.
17 
Auch in Bezug auf die Anwendungspraxis der Asylhaft ist die Auskunftslage demnach derzeit uneinheitlich und wird deren Anwendung von einem Teil der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung deshalb als unionsrechtswidrig (s.o.), von anderen Gerichten aber auch als unionsrechtskonform eingestuft (vgl. z. B. VG Würzburg, Beschl. v. 28.03.2014 – W 1 S 14.30143 -; VG Stuttgart, Beschl. vom 11.11.2014, - A 12 K 4496/14 -; VG Stuttgart, Urt. v. 11.12.2014, - A 7 K 678/14 - ).
18 
Die Frage, ob die Asylhaftpraxis der ungarischen Behörden möglicherweise gegen Art. 6 GRCh verstößt, ist folglich ebenfalls als offen zu beurteilen und bedarf daher ebenfalls noch der weiteren Sachaufklärung. Ihre endgültige Beantwortung muss deshalb ebenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
19 
Für den Fall, dass die derzeitige Asylhaftpraxis der ungarischen Behörden tatsächlich das Recht auf Freiheit aus Art. 6 GRCh der betroffenen Schutzsuchenden verletzen sollte, wäre darüber hinaus im Hauptsachverfahren auch noch die Rechtsfrage zu beantworten, ob dieser Verstoß gegen Art. 6 GRCh bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Abschiebungsanordnung genauso zu berücksichtigen ist, wie ein Verstoß gegen Art. 4 GRCh, obwohl Art. 3 Abs. 2 Dublin III VO die anderen Unionsgrundrechte nicht ausdrücklich in Bezug nimmt (bejahend: VG Berlin, a.a.O.).
20 
Aufgrund der vorgenannten, offenen Sach- und Rechtsfragen, die im Rahmen der hier nur gebotenen summarischen Prüfung nicht abschließend beantwortet werden können, müssen auch die Erfolgsaussichten der Klage im vorliegenden Eilverfahren als offen beurteilt werden und war dem Antragsteller deshalb bis zur endgültigen Klärung dieser Fragen im Hauptsacheverfahren vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren. Dies folgt daraus, dass bei der festgestellten Sachlage das private Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage nicht zwangsweise nach Ungarn rücküberstellt zu werden, angesichts der ihm dort möglicherweise drohenden schweren Nachteile (Inhaftierung und Verletzung seines Rechts aus Art. 6 GRCh) höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse des Bundesamt an einer möglichst umgehenden Rückführung aufgrund der Dublin-III-Verordnung (ebenso in Bezug auf Griechenland: BVerfG, Beschl. v. 08.09. 2009 - 2 BvQ 56/09 -; v. 23.09.2009 - 2 BvQ 68/09 - und vom 09.10.2009 - 2 BvQ 72/09 -, alle in juris,).
21 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 83 b AsylVfG.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

I.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ..., ..., wird für das Antrags- und das Klageverfahren abgelehnt.

Gründe

I.

Der am ... 1989 in .../Syrien geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger, arabischer Volkszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 4. November 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 3. Dezember 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Nachdem das Bundesamt am 10. Dezember 2014 einen EURODAC-Treffer international mitgeteilt erhielt, richtete es am 16. Dezember 2014 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an die Republik Ungarn. Die ungarischen Behörden erklärten daraufhin mit Schreiben vom 30. Dezember 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin II-VO. Der Antragsteller habe in Ungarn am 4. November 2014 Asyl beantragt. Das Verfahren sei aber am 3. Dezember 2014 eingestellt worden, nachdem der Antragsteller geflohen sei („absconded“).

Mit Bescheid des Bundesamts vom 13. Januar 2015, zugestellt am 17. Januar 2015, wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1.) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Ziffer 2.).

Mit bei Gericht am 22. Januar 2015 eingegangenem Schreiben ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 13. Januar 2015 erheben, über die noch nicht entschieden ist (Az. Au 2 K 15.50040). Zugleich begehrte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom 13. Januar 2015 anzuordnen.

Des Weiteren wurde beantragt, dem Antragsteller unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Zur Begründung trug der Antragsteller vor, beim Grenzübertritt von der Polizei aufgegriffen und in ein Gefängnis verbracht worden zu sein, ohne dass er Gelegenheit zur Asylantragstellung erhalten hätte. In der Haft sei er misshandelt worden, was andere syrische Gefängnisinsassen bestätigen könnten. Die ungarischen Behörden würden ähnlich wie Griechenland und Bulgarien versuchen, potentielle Asylbewerber möglichst direkt ins europäische Ausland weiter zuleiten, ohne eigenen Asylschutz zu bieten. Der Antragsteller sei deswegen schon jetzt traumatisiert und ihm sei die Durchführung eines Asylverfahrens in Ungarn folglich nicht mehr zumutbar. Im Übrigen werde auf die aktuelle verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung verwiesen, wonach die Rückführung von Flüchtlingen nach Ungarn unzulässig sei, weil durch Tatsachen bestätigte Gründe die Annahme rechtfertigten, dass Asylbewerber wegen der in Ungarn zum 1. Juli 2013 eingeführten Asylhaft Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Ihnen drohe damit die systematische Verletzung ihres Grundrechts auf Freiheit aus Art. 6 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Das Bundesamt legte am 26. Januar 2015 die dort geführten Behördenakten vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und beigezogene Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage vom22. Januar 2015 gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 13. Januar 2015 enthaltene Abschiebungsverfügung anzuordnen, ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen.

Das Gericht nimmt dabei eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage vor. Hierbei trifft es eine eigene Ermessensentscheidung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146) darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für eine sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs streitenden. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht als einziges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 72 ff.).

Maßgeblich ist hierbei die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 80 Rn. 147). Ein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtswidrig erweisen wird, denn an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kann ein öffentliches Interesse nicht anerkannt werden. Andererseits ist regelmäßig von einem überwiegenden öffentlichen Vollzugsinteresse auszugehen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt voraussichtlich als rechtmäßig zu betrachten sein wird. Sind die Erfolgsaussichten als offen einzuschätzen, führt dies zu einer von den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbehelfs unabhängigen Interessenabwägung (vgl. zum Prüfungsmaßstab insbesondere VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris Rn. 5 ff.; VG Lüneburg, B. v. 10.10.2013 - 2 B 47/13 - juris Rn. 4).

Da sich hier der angegriffene Bescheid des Bundesamts nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist, führt die vorzunehmende Interessenabwägung zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. § 34a Abs. 1 AsylVfG erlegt dem Bundesamt die Verpflichtung auf, die Abschiebung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat im Sinn von § 26a AsylVfG oder in den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anzuordnen, sobald feststeht, dass die Abschiebungsanordnung vollzogen werden kann. An diesen Rechtsvorschriften gemessen, hat das Bundesamt im Bescheid vom 13. Januar 2015 zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag unzulässig ist und die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet.

Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft kraft Verfassungsrechts als sichere Drittstaaten (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) gelten, während sonstige sichere Drittstaaten durch Gesetz bestimmt werden. Wer sich in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hat, bedarf grundsätzlich nicht des Schutzes eines anderen Staates. Bei der Republik Ungarn handelt es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 2 AsylVfG). Die Einreise aus einem dieser Staaten schließt die Berufung auf ein Asylrecht aus (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).

Die Zuständigkeit der Republik Ungarn zur Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers ergibt sich nach den Erklärungen der ungarischen Behörden im Schreiben vom 30. Dezember 2014 aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Damit waren die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids des Bundesamts vom 13. Januar 2015 gegeben.

Gründe, die der Überstellung des Antragstellers nach Ungarn entgegenstehen, sind nicht anzunehmen.

Es liegt kein - der Rückführung entgegenstehender - Fall vor, in dem der zuständige Drittstaat, in den der Schutzsuchende zurückgeführt werden soll, hier die Republik Ungarn, die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 4 EuGrdRCh) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Art. 3 EMRK) nicht erfüllt bzw., es ernstzunehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird.

Systemische Mängel sind zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in der Republik Ungarn nicht anzunehmen. Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Antragsteller thematisierten Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden, insbesondere mit Blick auf die nach dem ungarischen Asylgesetz vorgesehene Möglichkeit der Verhängung von Asylhaft („asylumdetention“).

Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 4; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Würzburg, B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris Rn. 28 ff.; U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 8 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014 - 6 L 1235/14.A - juris Rn. 30 ff.; B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.; andere Ansicht: SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - VG 23 L 899.14 - juris).

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems wurden zuletzt primär in der im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gesehen, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate zulässig ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A - juris; VG München, U. v. 23.9.2014 - M 24 K 13.31329 - juris m. w. N.). Dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen.

Zum einen entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Asylgesetzes genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich (vgl. VG Würzburg, B. v. 2.1.2015, a. a. O.. Rn. 33).

Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde. Insofern finden sich in den vorliegenden, aktuellen und der Inhaftierungspraxis Ungarns teilweise sehr kritisch gegenüberstehenden Berichten keine Anhaltspunkte dafür, dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei (vgl. Bericht des HHC - Hungarian Helsinki Commitee - Stand Mai 2014, abrufbar unter: http://helsinki.hu/en; Länderbericht zu Ungarn von aida - Asylum Information Database - Stand 30.4.2014, abrufbar unter: www.asylumineurope.org/reports/country/hungary).

Gegenteiliges ist auch nicht dem Bericht von „bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, von Oktober 2013 zu entnehmen. Dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Erkenntnisse, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich und lassen sich auch aus den von anderen Verwaltungsgerichten eingeholten Auskünften (Auswärtiges Amt vom 21.11.2014 an das Verwaltungsgericht München im Verfahren M 23 K 13.31389 u. a.; UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A, abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILo des BAMF; Pro Asyl vom 31.10.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A, abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILo des BAMF) sowie aus dem Bericht des HHC, in dem explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss, nicht ableiten. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Das Gericht verkennt dabei nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände insbesondere der Inhaftierungspraxis in Ungarn. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Zum anderen ist auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in Ungarn, insbesondere im Hinblick auf die mögliche Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern, festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Mohamadi versus Österreich (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) ist nicht von systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden in Ungarn auszugehen. Auch nach der die Lage in Ungarn entgegen der oben genannten Entscheidung des EGMR anders bewertenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung belegen die Inhaftierungsvorschriften in Ungarn und die Anwendung dieser Vorschriften für sich genommen noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel. Denn die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen bei summarischer Betrachtung den Vorgaben des Europäischen Rechts, insbesondere den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie - genannten Haftgründen. Danach darf ein Antragsteller nur in Haft genommen werden, um u. a. Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt, und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere, wenn Fluchtgefahr besteht, was naheliegend ist, wenn ein Asylbewerber - wie vorliegend - bereits einmal illegal Ungarn verlassen hat, um in einem anderen Mitgliedstaat einen weiteren Asylantrag zu stellen. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn entsprechend den Auskünften des UNHCR vom 9. Mai 2014 bzw. von Pro Asyl vom 31. Oktober 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden sollten (anders: Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21.11.2014 an das VG München), weil und soweit die ungarischen Behörden einen Haftgrund im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht annehmen. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System an das Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt. Schließlich betont das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 21. November 2014, dass die Asylbehörde, bevor Asylhaft angeordnet wird, zu prüfen hat, ob der Zweck durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann, die die Verfügbarkeit des Asylsuchenden sichern (Sicherungsmaßnahmen). Die Asylhaft sei folglich subsidiär und könne nur nach Einzelfallprüfung angeordnet werden, sofern mildere Mittel nicht zur Verfügung stünden. Sie komme insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen der im ungarischen Asylrecht normierten Haftgründe in Betracht, welche aber - wie oben dargelegt - grundsätzlich mit den Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie im Einklang stehen.

Ferner sind den vorgenannten Auskünften auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die inhaftierten Asylbewerber in Ungarn systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten. So können sich die Asylsuchenden tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet. Soweit der Antragsteller insofern angibt, selbst Opfer von Übergriffen geworden zu sein, weil er wie andere Insassen auch geschlagen, gefesselt und bespuckt worden sei, vermag dies zwar die Annahme rechtfertigen, dass das ungarische Flüchtlingsaufnahmesystem weiterhin Mängel und Defizite aufweist. Diese sind aber für sich genommen insgesamt nicht als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorliegt. Soweit der Antragsteller darauf abstellt, dass Ungarn potentiellen Schutzsuchenden keine Möglichkeit zur Asylantragstellung einräume, ist dies bereits dadurch widerlegt, dass nach dem Antwortschreiben der ungarischen Behörden vom 30. Dezember 2014 der Antragsteller seit 4. November 2014 als Asylsuchender geführt worden war („the above mentioned person applied for asylom in Hungary“, Bl. 73 der Bundesamtsakte). Schließlich ist allein aus der Anzahl der beim hiesigen Verwaltungsgericht bislang eingegangenen Verfahren von syrischen Staatsangehörigen, welche in Ungarn (oder Bulgarien) subsidiären Schutzstatus erhalten haben, nicht ableitbar, dass Schutzsuchende von diesen Staaten lediglich „weitergeleitet“ werden würden.

Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigten, dass gegen eine drohende Inhaftierung des Antragstellers spricht, dass Asylantragsteller aus sogenannten „anerkennungsträchtigten“ Herkunftsländern, wozu auch Syrien zählt, grundsätzlich weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen bzw. von dort zeitnah nach Abschluss der Verfahren entlassen werden (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014, a. a. O.. juris Rn. 70; Auskunft des UNHCR vom 9.5.2014, S. 3).

Einer Rückführung des Antragstellers nach Ungarn als den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat stehen schließlich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen inlandsbezogener Abschiebungshindernisses vor. Entsprechendes wurde auch nicht vorgetragen.

Danach war der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.