Verwaltungsgericht München Beschluss, 02. Apr. 2014 - 18 E 14.284

02.04.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom ... April 2011 gewährte der Antragsgegner der am ... 1991 geborenen Tochter der Antragstellerin Hilfe für junge Volljährige durch Heimunterbringung im teilbetreuten Wohnen für den Zeitraum vom ... März 2011 bis ... August 2012.

Mit Schreiben vom ... September 2011 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zur beabsichtigten Festsetzung eines Kostenbeitrags für diese Maßnahme an. Eine Äußerung der Antragstellerin hierauf erfolgte nach Aktenlage nicht.

Mit an die Antragstellerin gerichteten Bescheid vom ... Oktober 2011 erklärte der Antragsgegner die Übernahme der Kosten für die Unterbringung der Tochter der Antragstellerin in einer Einrichtung in Höhe von monatlich ca. 3.200,- € für den Zeitraum vom ... März 2011 bis ... August 2012. Der von der Antragstellerin zu leistende Kostenbeitrag für den Zeitraum vom ... März 2011 bis zum ... August 2012 wurde auf monatlich 425,- € festgesetzt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Notwendigkeit der Unterbringung der Tochter der Antragstellerin in einer Einrichtung sei mit pädagogischem Bescheid vom ... April 2011 festgestellt worden. Zu den Jugendhilfeaufwendungen habe die Antragstellerin einen einkommensabhängigen Kostenbeitrag zu leisten.

Mit Schreiben vom ... November 2011 brachten die Antragstellerin und ihr Ehemann gegenüber dem Antragsgegner vor, da das Kreisjugendamt auf Anfragen zu dem Schreiben vom ... September 2011 nicht reagiert habe, werde der Bescheid vom ... Oktober 2011 in seiner Form, inhaltlich und in seiner Begründung als Folge der weiterhin ausstehenden Antworten nicht anerkannt. Das Jugendamt werde aufgefordert, die Notwendigkeit einer pädagogischen Betreuung für die Tochter der Antragstellerin darzulegen.

Mit Schreiben vom ... November 2011 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, das Schreiben vom ... November 2011 werde als Widerspruch gegen den Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 gewertet.

Mit Schreiben an den Antragsgegner vom ... November 2011 brachte die Antragstellerin vor, die Einlassung im Schreiben vom ... November 2011 stelle keinen Widerspruch gegen den Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 dar, sondern bestreite die Erfüllung der tatsächlichen rechtlichen Grundlagen, die zur Aufnahme des Verfahrens geführt hätten. Ungeachtet dessen seien die zugrunde gelegten wirtschaftlichen Daten keine Grundlage zur Ermittlung der rechtlichen Unterhaltsansprüche zur Erstellung eines gültigen Kostenbeitragsbescheids.

Mit Schreiben vom ... Dezember 2011 teilte daraufhin der Antragsgegner der Antragstellerin mit, da das Schreiben vom ... November 2011 nicht als Widerspruch gegen den Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 anzusehen sei, sei dieser nunmehr rechtskräftig und die Antragstellerin zur Zahlung des festgesetzten Kostenbeitrags verpflichtet. Hinsichtlich der pädagogischen Entscheidung werde auf die sozialpädagogische Fachkraft des Jugendamts verwiesen.

Mit Schreiben vom ... Dezember 2011 erwiderte die Antragstellerin, entgegen der Behauptung im Schreiben vom ... Dezember 2011 sei der Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 nicht rechtskräftig, da das Jugendamt wiederholt Aufforderungen zum Nachweis seiner Ansprüche und deren Rechtmäßigkeit nicht nachgekommen sei. Forderungen nach Leistungen und Nachweisen seien daher unwirksam.

Mit Schreiben vom ... Januar 2012 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass die Abzweigung/Erstattung des Kindergeldes beantragt worden sei.

Am ... März 2012 erließ der Antragsgegner ein Mahnschreiben gegenüber der Antragstellerin. Zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wurde die Antragstellerin aufgefordert, einen Betrag von 2.876,13 € (Kostenbeitragszahlungen vom ...3.2011 bis ...2.2012 in Höhe von 425,- € monatlich abzüglich Kindergeld in Höhe von 184,- € vom ...3.2011 bis einschließlich ...1.2012) bis spätestens ... März 2012 zu bezahlen. Mit Schreiben vom ... März 2012 erwiderte die Antragstellerin, die Mahnung vom ... März 2012 sei aufgrund des weiterhin unwirksamen Bescheids vom ... Oktober 2011 ebenfalls unwirksam. Sie erkenne weder einen Anspruch auf Datenerhebung noch einen Grund für den Erlass eines Bescheids noch einen Forderungsanspruch an.

Am ... Juni 2012 zog die Tochter der Antragstellerin aus der Jugendhilfeeinrichtung aus. Mit an die Tochter der Antragstellerin adressiertem Bescheid vom ... Juni 2012 stellte daraufhin der Antragsgegner die mit Bescheid vom ... April 2011 bewilligte Hilfe mit Wirkung vom ... Juni 2012 ein.

Am ... Juni 2012 teilte der Arbeitgeber der Antragstellerin dem Antragsgegner mit, aufgrund des Antrags auf Überleitung werde das Kindergeld für die Zeit vom ... Januar 2012 bis ... Juni 2012 an den Antragsgegner überwiesen.

Mit Schreiben vom ... August 2012 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, die Kostenbeitragspflicht habe am ... Juni 2012 geendet. Der Zahlungsrückstand der Antragstellerin betrage 3.526,33 €. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, den Betrag bis spätestens ... September 2012 zu überweisen.

Am ... Oktober 2012 erging ein weiteres Mahnschreiben des Antragsgegners an die Antragstellerin. Zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wurde die Antragstellerin aufgefordert, einen Betrag von 3.526,63 € bis spätestens ... Oktober 2012 zu bezahlen. Mit Schreiben vom ... Oktober 2012 erwiderte die Antragstellerin, die Mahnung entbehre weiterhin jeder Grundlage. Der Antragsgegner wurde aufgefordert, das Mahnverfahren einzustellen.

Mit weiterem Mahnschreiben vom ... März 2013 setzte der Antragsgegner der Antragstellerin eine Zahlungsfrist bis zum ... März 2013. Eine Zahlung erfolgte offensichtlich nicht.

Der Antragsgegner beantragte daraufhin am ... Oktober 2013 beim Amtsgericht ... - Vollstreckungsgericht den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Mit Schrieben vom ... Dezember 2013 wurde dieser Antrag ergänzt bzw. erläutert. Mit Schreiben vom ... Januar 2014 teilte das Vollstreckungsgericht dem Antragsgegner mit, dass der beantragte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen wurde. Mit Drittschuldnererklärung vom ... Januar 2014 teilte der Arbeitgeber der Antragstellerin dem Antragsgegner mit, von den monatlichen Bezügen der Antragstellerin seien 280,03 € pfändbar.

Am 23. Januar 2014 beantragte die Antragstellerin zur Niederschrift in der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgerichts München,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Vollstreckung aus dem Leistungsbescheid vom ... Oktober 2011 umgehend einzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, mit dem Leistungsbescheid vom ... Oktober 2011 mache das Kreisjugendamt einen Kostenbeitrag zu einer Jugendhilfemaßnahme für ihre Tochter geltend. Dieser Forderung sei im Rahmen eines umfangreichen Schriftverkehrs entgegengetreten worden, da inhaltlich auf die Argumentation, dass diese Maßnahme nicht gerechtfertigt gewesen sei, nicht eingegangen worden sei. Am ... Januar 2014 sei ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt worden. Die Vollstreckungsmaßnahme sei nicht gerechtfertigt, da das Kreisjugendamt auf die vorgetragenen Einwände inhaltlich nicht reagiert habe.

Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014, der am 19. Februar 2014 bei Gericht einging, beantragt der Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Antrag sei bereits unzulässig, da der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Art. 26 Abs. 7 Satz 3 VwZVG sei nicht einschlägig, da der Antragsgegner von seiner Befugnis nach Art. 26 Abs. 5 Satz 1 VwZVG, eine Geldforderung selbst zu pfänden und einzuziehen, keinen Gebrauch gemacht habe, sondern beim Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt habe. Nach Art. 26 Abs. 7 Satz 2 VwZVG richteten sich Rechtsbehelfe damit nach den Bestimmungen der ZPO. Der Antrag sei jedenfalls aber unbegründet. Die Antragstellerin begehre schon keine vorläufige, sondern eine endgültige Regelung. Durch die Entscheidung nach § 123 VwGO dürfe die Hauptsache aber nicht vorweggenommen werden. Darüber hinaus habe die Antragstellerin keine Tatsachen für einen Anordnungsanspruch auf Einstellung der Zwangsvollstreckung glaubhaft gemacht. Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch, hier den Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011, könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nach Erlass dieses Verwaltungsakts entstanden seien und mit förmlichem Rechtsbehelf nicht mehr geltend gemacht werden könnten. Im Übrigen lägen die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Der Leistungsbescheid vom ... Oktober 2011 sei bestandskräftig, da die Antragstellerin ausdrücklich mit Schreiben vom 30. November 2011 erklärt habe, mit ihren am ... November 2011 erhobenen Einwendungen keinen Widerspruch einlegen zu wollen. Der Kostenbeitragsbescheid sei zugestellt worden, die Forderungen seien fällig und eine entsprechende Mahnung liege vor.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2014 wandte sich die Antragstellerin unter Vertiefung ihres bisherigen Standpunkts gegen die Notwendigkeit der Jugendhilfemaßnahme für ihre Tochter und brachte vor, dass aus diesen Gründen ihr Schreiben vom 4. November 2011 und in der Folge das Schreiben vom 30. November 2011 keinen Widerspruch im verwaltungsrechtlichen Sinn gegen den Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 darstelle, sondern einen Einspruch gegen die fachlichen Grundlagen des Hilfeplanverfahrens, auf dessen Grundlage überhaupt ein Kostenbeitragsbescheid entstanden sei. Ein Widerspruch gegen den Kostenbeitragsbescheid hätte sich nur auf die Verwaltungsformalien bezogen, jedoch keine inhaltliche Überprüfung des Hilfeplanverfahrens nach sich gezogen.

Auf Nachfrage des Gerichts, ob Gegenstand des Eilantrags konkret der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom ... Januar 2014 oder die Vollstreckung aus dem Leistungsbescheid vom ... Oktober 2011 insgesamt sein soll, erwiderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 15. März 2014, dass sich der Eilantrag auf die Vollstreckung aus dem Leistungsbescheid beziehe, da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur die Folge daraus sei. Das Verwaltungsverfahren, das zu dem Leistungsbescheid geführt habe, sei ohne Bestand, da die rechtliche Grundlage zur Erstellung eines solchen Bescheids fehle. Damit sei die Rücknahme des Leistungsbescheides durch das Gericht zu prüfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

A.

Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet.

Aus der Regelung des Art. 26 VwZVG über die Vollstreckung von Geldforderungen der Gemeinden und Gemeindeverbände - nach Art. 26 Abs. 1 VwZVG werden auch Geldforderungen der Landkreise erfasst - ergibt sich keine abweichende Rechtswegregelung.

Die in Art. 26 Abs. 2 VwZVG vorgesehene Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Vollstreckung beschränkt sich funktionell auf die Aufgaben des Vollstreckungsgerichts. Dazu gehört neben der Durchführung eigener Vollstreckungshandlungen die rechtliche Überwachung von Maßnahmen anderer Vollstreckungsorgane. Sie umfasst vornehmlich die Art und Weise der Zwangsvollstreckung und schließt damit die Maßnahmen für die Rechtmäßigkeit der einzelnen Vollstreckungshandlungen allein verantwortlichen Vollstreckungsbehörden (Art. 20 Nr. 2 VwZVG) ein. Nicht erfasst sind hiervon aber Gerichtsverfahren, in denen es nicht um die Art und Weise, sondern um die Vollstreckbarkeit des „Titels“, also das „Ob“ der Zwangsvollstreckung geht (vgl. BayVGH v. 3.2.2012 Az.: 6 C 12.221 - juris Rn. 4). Art. 26 Abs. 7 Sätze 1 und 2 VwZVG beschränkt sich wiederum auf Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungsorgane; Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Anordnungsbehörde werden hingegen nicht erfasst (BayVGH v. 3.2.2012 a. a. O.)

Nach diesen Vorgaben ist im vorliegenden Fall eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht gegeben. Die Antragstellerin hat auf Anfrage des Gerichts mit Schreiben vom 15. März 2014 klargestellt, dass sich ihr Eilrechtsbehelf gegen die Vollstreckung aus dem Leistungsbescheid vom ... Oktober 2011 als solche wendet und dass nicht lediglich der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als konkrete Vollstreckungshandlung angefochten werden soll. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist damit das „Ob“ der Zwangsvollstreckung.

B.

Der Antrag ist zulässig.

Zwar weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zulässigerweise nur eine vorläufige und keine endgültige Entscheidung verlangt werden kann. Der zur Niederschrift des Gerichts gestellte Antrag nach § 123 VwGO ist aber entsprechend § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass nur eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung - bis zur Entscheidung in der noch zu erhebenden Klage - beantragt wird.

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel der vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist als Mittel des vorläufigen Rechtschutzes statthaft. Die Anhängigkeit der Hauptsache ist dabei nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags (BayVGH v. 30.11.2005 Az.: 1 CE 05 153 - juris, Rn. 14).

Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Die Antragstellerin hat einen auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gerichteten Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen können. Nach § 66 Abs. 3 Satz 1 SGB X geltend für die Vollstreckung die landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vollstreckungsverfahrens richtet sich damit nach dem VwZVG.

Es liegen sowohl die allgemeinen, Art. 19 VwZVG, als auch die besonderen, Art. 23 VwZVG, Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Durchgreifende Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch im Sinne von Art. 21 VwZVG liegen nicht vor. Auch die Voraussetzungen für eine Einstellung der Vollstreckung nach Art. 22 VwZVG sind nicht gegeben.

1. Die Vollstreckungsvoraussetzungen liegen insgesamt vor.

1.1 Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben.

Nach Art. 19 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden,

1. wenn sie nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden können oder

2. wenn der förmliche Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat oder

3. wenn die sofortige Vollziehung angeordnet ist.

Vorliegend sind die Voraussetzungen der Nummer 1 dieser Vorschrift gegeben, da der Bescheid vom ... Oktober 2011, mit dem die Antragstellerin gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII zu einem Kostenbeitrag herangezogen wurde, bestandskräftig geworden ist.

Der Bescheid vom ... Oktober 2011 war mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach entweder Widerspruch eingelegt oder unmittelbar Klage erhoben werden kann, vgl. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AGVwGO. Das Schreiben der Antragstellerin vom 4. November 2011, wonach sie den Bescheid vom ... Oktober nicht anerkennt, hat der Antragsgegner als Widerspruch gegen den Kostenbeitragsbescheid betrachtet und dies mit Schreiben vom 17. November 2011 der Antragstellerin mitgeteilt. Mit Schreiben vom 30. November 2011 hat die Antragstellerin jedoch mitgeteilt, dass das Schreiben vom 4. November 2011 keinen Widerspruch gegen den Kostenbeitragsbescheid darstellt. Zwar wendet die Antragstellerin mit Schreiben vom 28. Dezember 2011 dann noch ein, der Kostenbeitragsbescheid sei nicht rechtskräftig. In dem Schreiben vom 22. Februar 2014 an das Gericht stellt die Antragstellerin dann aber erneut klar, dass ihr Schreiben vom 4. November 2011 und in der Folge auch das Schreiben vom 30. November 2011 keinen Widerspruch im verwaltungsrechtlichen Sinn gegen den Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 darstellt, sondern dass sie sich vielmehr gegen die Rechtmäßigkeit der gegenüber ihrer Tochter ergangenen Jugendhilfemaßnahme wendet.

Zwar wird aus dem Gesamtverhalten der Antragstellerin deutlich, dass sie sich mit dem Bescheid vom ... Oktober 2011 und ihrer daraus resultierenden Kostenbeitragspflicht nicht abfindet. Dies würde nahelegen, das innerhalb der Widerspruchsfrist beim Antragsgegner eingegangene Schreiben vom 4. November 2011 als Widerspruch auszulegen. An einer solchen Auslegung sieht sich das Gericht jedoch durch den Umstand gehindert, dass die Antragstellerin zweifach betont hat, dass das Schreiben keinen Widerspruch gegen den Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 darstellt. Eine Auslegung gegen den wiederholt und auch noch im gerichtlichen Verfahren erklärten ausdrücklichen Willen der Antragstellerin - wenn auch zu ihren Gunsten - ist nach Auffassung des Gerichts nicht möglich. Der Bescheid vom ... Oktober 2011 ist damit bestandskräftig geworden, da er nicht mit Widerspruch oder Klage angefochten wurde.

Der Bescheid vom ... Oktober 2011 ist auch nicht nichtig.

Nach § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Besonders schwerwiegend sind nur solche Rechtsfehler, die deshalb mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sein können, weil sie tragenden Verfassungsprinzipien oder den der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen widersprechen (BayVGH v. 15.2.2006 Az.: 12 B 03.94 - juris Rn. 10, m. w. N.). Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen sind nicht gegeben.

1.2 Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.

Nach Art. 23 Abs. 1 VwZVG kann ein Verwaltungsakt, mit dem eine öffentlich-rechtliche Geldleistung gefordert wird (Leistungsbescheid) vollstreckt werden, wenn

1. er dem Leistungspflichtigen zugestellt ist,

2. die Forderung fällig ist und

3. der Leistungspflichtige von der Anordnungsbehörde oder von der für sie zuständigen Kasse oder Zahlstelle nach Eintritt der Fälligkeit durch verschlossenen Brief, durch Nachnahme oder durch ortsübliche öffentliche Bekanntmachung ergebnislos aufgefordert worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche zu leisten (Mahnung).

Diese Vollstreckungsvoraussetzungen sind erfüllt.

Der Bescheid vom ... Oktober 2011 wurde der Antragstellerin per Einschreiben, Art. 4 VwZVG, zugestellt. Die Forderung ist auch fällig, da der Kostenbeitragsbescheid vom ... Oktober 2011 bestandskräftig ist (vgl. oben 1.1) und da die mit Schreiben des Antragsgegners vom 27. August 2012 für die Begleichung des Zahlungsrückstands von 3.526,63 € bis spätestens ... September 2012 gesetzte Frist abgelaufen ist. Mit Schreiben des Antragsgegners vom 17. Oktober 2012 sowie nochmals vom 7. März 2013 wurde die Antragstellerin auch ergebnislos gemahnt.

2. Es sind auch keine durchgreifenden Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch ersichtlich.

Nach Art. 21 Satz 2 VwZVG sind Einwendungen gegen die Vollstreckung, die den zu vollstreckenden Verwaltungsakt betreffen, nur zulässig, wenn sie nach dessen Erlass entstanden sind und mit förmlichen Rechtsmitteln nicht mehr geltend gemacht werden können. Die Antragstellerin bringt keine Gründe gegen den zu vollstreckenden Anspruch vor, die erst nach Erlass des Bescheids vom ... Oktober 2011 entstanden sind. Solche Gründe sind auch sonst nicht ersichtlich.

3. Es steht auch kein Vollstreckungshindernis nach Art. 22 VwZVG entgegen. Nummern 1 bis 3 dieser Norm sind offensichtlich nicht erfüllt. Auch Art. 22 Nr. 4 VwZVG ist nicht einschlägig. Danach sind Vollstreckungsmaßnahmen einzustellen, wenn und soweit die Anordnungsbehörde aus sonstigen - also aus anderen als in den Nummern 1. bis 3. genannten - Gründen um die Einstellung ersucht.

Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebotene Billigkeitsregelung. Ein sonstiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Durchführung der Vollstreckung für den Betroffenen im Einzelfall eine unzumutbare Härte bedeuten würde (BayVGH v. 30.11.2005 Az.: 1 CE 05.153 - juris, Rn. 27). Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist dabei ein sehr strenger Maßstab anzulegen; nur wenn „ganz besondere Umstände“ (vgl. § 765 a Abs. 1 Satz 1 ZPO) vorliegen, kann die Behörde gehalten sein, Vollstreckungsmaßnahmen einzustellen (vgl. BayVGH v. 30.11.2005 a. a. O., Rn. 28).

Eine unzumutbare Härte im vorgenannten Sinn ist vorliegend nicht gegeben.

Vorliegend hat auf Antrag des Antragsgegners das Amtsgericht München - Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen. Nach der Drittschuldnererklärung des Arbeitgebers der Antragstellerin sind von deren monatlichen Bezügen ca. 280,- €, dies entspricht ca. 10% des Nettogehalts, pfändbar. Bei einer monatlichen Belastung in diesem Umfang ist keine unzumutbare Härte gegeben.

Nach alledem hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Für die Vollstreckung zugunsten der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz. In Angelegenheiten des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes ist für die Anordnung der Ersatzzwangshaft das Sozialgericht zuständig. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung fachlich geeignete Bedienstete als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete dieser Behörde als Vollziehungsbeamte bestellen darf; die fachliche Eignung ist durch einen qualifizierten beruflichen Abschluss, die Teilnahme an einem Lehrgang einschließlich berufspraktischer Tätigkeit oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung nachzuweisen. Die oberste Verwaltungsbehörde kann auch bestimmen, dass die Aufsichtsbehörde nach Anhörung der in Satz 1 genannten Behörden für die Vollstreckung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge fachlich geeignete Bedienstete

1.
der Verbände der Krankenkassen oder
2.
einer bestimmten Krankenkasse
als Vollstreckungsbeamte und sonstige hierfür fachlich geeignete Bedienstete der genannten Verbände und Krankenkassen als Vollziehungsbeamte bestellen darf. Der nach Satz 4 beauftragte Verband der Krankenkassen ist berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der mit der Vollstreckung verbundenen Aufgabe zu erlassen.

(2) Absatz 1 Satz 1 bis 3 gilt auch für die Vollstreckung durch Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung; das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

(3) Für die Vollstreckung zugunsten der übrigen Behörden gelten die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Für die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 Satz 2 bis 5 entsprechend. Abweichend von Satz 1 vollstrecken die nach Landesrecht zuständigen Vollstreckungsbehörden zugunsten der landesunmittelbaren Krankenkassen, die sich über mehr als ein Bundesland erstrecken, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes.

(4) Aus einem Verwaltungsakt kann auch die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung stattfinden. Der Vollstreckungsschuldner soll vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Bei den Versicherungsträgern und der Bundesagentur für Arbeit tritt in Satz 3 an die Stelle der Aufsichtsbehörden der Vorstand.

(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:

1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen,
2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen,
4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.

(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.

(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
5.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.