Verwaltungsgericht Köln Gerichtsbescheid, 17. Juni 2015 - 4 K 5818/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine Gruppe von zwei Stadtverordneten im Rat der Stadt L., dem Beklagten. Dieser setzt sich aus insgesamt 90 Ratsmitgliedern (RM) zusammen, die sich auf sechs Fraktionen, drei Gruppen und ein Einzelmandat verteilen. Die AfD-Fraktion ist die kleinste Fraktion mit drei Mitgliedern, die FDP-Fraktion die nächstgrößere mit 5 Mitgliedern.
3Mit Beschlüssen vom 13. Dezember 2007 und 29. Oktober 2009 gestaltete der Beklagte die Zuwendungen an Fraktionen und Gruppen in Form eines 3-Säulen-Modells. Die finanziellen Mittel bestehen aus einem Zuschuss zu den personellen Aufwendungen, einer monatlichen Pro-Kopf-Zuweisung je Ratsmitglied und der Gewährung von Sachleistungen.
4Unter Fortsetzung des 3-Säulen-Modells beschloss der Beklagte in der Sitzung vom 30. September 2014 unter Tagesordnungspunkt 3.1.1, die Zuwendungen für Fraktionen und Gruppen zu erhöhen. Im Haushaltsplan sind die Mittelzuweisungen für das Jahr 2015 wie folgt ausgewiesen:
5- Die Pro-Kopf-Pauschale beträgt 475,00 EUR pro Fraktionsmitglied (FM); Gruppenmitglieder (GM) erhalten je 317,00 EUR.
6- Die Zuschüsse zu den personellen Aufwendungen inkl. Fortbildungspauschalen betragen für das Jahr 2015 für die Größenklassen:
7- 8
3 RM: 85.650,00 EUR
- 9
4-6 RM: 212.934,00 bzw. 219.802,00 EUR
- 10
15-19 RM: 572.520,00 EUR
- 11
20-24 RM: 819.816,00 EUR
- 12
25-29 RM: 898.700,00 EUR
- An Räumlichkeiten werden folgende zur Verfügung gestellt:
14- 15
1 RM: 1 Raum
- 16
2 RM: 1 Raum
- 17
3 RM: 2 Räume
- 18
4-6 RM: 4 Räume und 1 Sitzungsraum
- 19
15-19 RM: 10 Räume und 2 Sitzungsräume
- 20
20-24 RM: 12 Räume und 2 Sitzungsräume
- 21
25-29 RM: 14 Räume und 2 Sitzungsräume
- Als geldwerte Leistung werden für die Räumlichkeiten samt Büroausstattung folgende Beträge in Ansatz gebracht:
23- 24
pro Köln: 13.189,00 EUR (Räume: 8.567,00 EUR,
Ausstattung: 4.622,00 EUR)
26- 27
AfD: 24.779,00 EUR (Räume: 17.133,00 EUR,
Ausstattung: 7.646,00 EUR)
29Für eine dreiköpfige Fraktion entsprechen die Personalkostenzuschüsse je einer halben Stelle eines Verwaltungsangestellten und eines Fraktionsassistenten. Fraktionen mit 4 bis 6 Mitgliedern erhalten über diese Zuwendungen hinaus Mittel für je eine Stelle eines Fraktionsassistenten und einer Bürosekretärin.
30Am 23. Oktober 2014 hat die Klägerin Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Den Eilantrag lehnte das Gericht mit Beschluss vom 13. März 2015 (4 L 2000/14) ab. Die Beschwerde der Klägerin wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 16. April 2015 zurück (15 B 395/15).
31Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, dass sie durch den Beschluss vom 30. September 2014 gleichheitswidrig benachteiligt werde. Zum einen erhalte sie nicht zwei Drittel der Zuwendungen, die auf die kleinste Fraktion entfielen. Zum anderen werde sie dadurch benachteiligt, dass die kleinste Fraktion im Vergleich zu größeren Fraktionen gleichheitswidrig benachteiligt werde. Der Beklagte sei nicht von einer degressiven Steigerung der Personalkosten mit Zunahme der Fraktionsgröße ausgegangen. Entsprechendes gelte auch für die Zuteilung der Räume. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass die kleinste Fraktion nur zwei Büroräume erhalte, eine Fraktion mit einem oder zwei weiteren Mitgliedern aber vier Büroräume und einen Sitzungsraum.
32Die Klägerin beantragt,
33festzustellen, dass der Beschluss des Rates der Stadt L. vom 30. September 2014 unter Tagesordnungspunkt 3.1.1 rechtswidrig ist.
34Der Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Er trägt vor, dass dem Finanzierungssystem das zulässige Modell zugrunde liege, einen Grund- oder Sockelbetrag durch Pro-Kopf-Zuweisungen zu ergänzen. Die Grundausstattung erfolge durch die Gewährung von Räumen, PCs, Internetanschlüssen, Kommunikationspauschalen und den Zuschüssen zu personellen Aufwendungen. Die Stufenbildung sei zulässig und unterliege seinem Gestaltungsspielraum, der nur auf Willkür zu überprüfen sei. Willkür sei aber nicht zu erkennen, da mit steigender Anzahl der Ratsmitglieder der Bedarf zunehme und Grenzen an gewissen Stufen gezogen werden müssten.
37Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten.
38Entscheidungsgründe
39Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
40Die Klage hat keinen Erfolg.
41Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet. Der angegriffene Beschluss des Beklagten vom 30. September 2014 zu TOP 3.1.1 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren organinternen Mitwirkungsbefugnissen.
42Der Beklagte hat die Zuwendungen an Fraktionen und Gruppen in rechtlich zulässiger Weise festgesetzt. Das Zuwendungssystem entspricht den Vorgaben des § 56 Abs. 3 Satz 1 und 4 GO NRW und steht auch nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Widerspruch.
43§ 56 Abs. 3 Satz 1 GO NRW begründet für jede einzelne Fraktion und Gruppe einen Anspruch auf Zuwendungen aus Haushaltsmitteln. Eine Gruppe erhält nach § 56 Abs. 3 Satz 4 GO NRW mindestens eine proportionale Ausstattung, die zwei Dritteln der Zuwendungen entspricht, die die kleinste Fraktion erhält oder erhalten würde. Dabei steht die Bestimmung der Höhe der Zuwendungen, die den Fraktionen gewährt werden, im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde.
44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 08.10.2002 - 15 A 4734/01 -, juris Rn. 25 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 22.
45Bei der Festlegung des Finanzierungssystems hat die Gemeinde den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten und ist überdies an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden, der jenseits des Art. 3 Abs. 1 GG als objektivrechtliches Rechtsprinzip Geltung auch für die Rechtsbeziehungen zwischen kommunalen Organen und Organteilen beansprucht. Die Gewährung von Zuwendungen ist dabei nicht an den strengeren Maßstäben des formalisierten Gleichheitssatzes zu messen. Vielmehr ist der allgemeine Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Grundsatz der Chancengleichheit zu beachten.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.01.2010 - 15 B 1797/09 -, juris Rn. 17; Urteil vom 08.10.2002 - 15 A 4734/01 -, juris Rn. 30 ff.; s. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 09.06.2009 - 10 ME 17/09 -, juris Rn. 13 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 06.03.2009 - 12 K 2300/08 -, juris Rn. 57 ff.
47Ungeachtet dessen fällt bei allen Ratsfraktionen und -gruppen ein bestimmter Aufwand an, den die Ratstätigkeit, unabhängig von der konkreten Größe der Fraktion oder Gruppe, mit sich bringt. Für diese Konstante benötigen sämtliche Fraktionen und Gruppen eine gewisse Mindestausstattung. Hierfür ist ihnen ein bestimmter Sockelbetrag zu gewähren. Dabei ist eine lineare Verteilung der Zuwendungen weder die alleinige noch die zwingend vorrangige Variante.
48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.01.2010 - 15 B 1810/09 -, juris Rn. 15; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 30.
49Das am 30. September 2014 beschlossene Finanzierungssystem genügt den von § 56 Abs. 3 GO NRW verlangten strukturellen Anforderungen. Die Stadt gewährt als Sockelbetrag für den Grundbedarf Sachmittel in Gestalt von Räumen, PCs und Kommunikationsmitteln und -pauschalen. Hinzu kommen Zuschüsse zu den personellen Aufwendungen. Diese Zuwendungen sind abhängig von der Mitgliederzahl der Fraktion bzw. Gruppe. Der Sockelbetrag wird ergänzt durch Pro-Kopf-Zuweisungen in Höhe von 475,00 EUR pro Fraktionsmitglied bzw. 317,00 EUR pro Gruppenmitglied, so dass die Finanzierung schließlich auf drei Säulen fußt. Es ist mit dem Grundsatz der Chancengleichheit vereinbar, wenn die Höhe der Zuwendungen in Abhängigkeit von der Mitgliederzahl der Fraktionen bzw. Gruppen bemessen wird und dabei Staffelungen vorgenommen werden. Eine Differenzierung nach der Anzahl der in einer Fraktion oder Gruppe zusammen geschlossenen Ratsmitglieder ist sachgerecht, weil sie sich an der typischerweise vorzufindenden Bedarfslage der Fraktionen oder Gruppen und an deren kommunalverfassungsrechtlicher Funktion orientiert. Diese Funktion besteht in der Bündelung und Koordinierung der Arbeit des Rates und seiner Ausschüsse. Sowohl der Sach- als auch der Personalaufwand, den diese Koordinierung erfordert, hängt zumindest zu einem erheblichen Teil von der Zahl der Ratsmitglieder ab, deren Meinungsbildung und Entscheidung in der geschilderten Weise zu bündeln ist. Nicht nur die Kosten für Papier, Porto, Telefon und Ähnliches (Sachaufwand), sondern auch der Zeitbedarf der Fraktionsangestellten für die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen durch Erstellung und Übermitteln schriftlicher Beratungsvorlagen und Einladungen, die Protokollierung von Sitzungen, das Formulieren von Pressemitteilungen und deren Versenden usw. steigt und sinkt mit der Anzahl der Personen, deren Arbeit zu koordinieren ist.
50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 08.10.2002 - 15 A 4734/01 -, juris Rn. 41; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 28.
51Der Beklagte hat die Abstufungen bei den Zuschüssen zu den personellen Aufwendungen und den Sachleistungen sachgerecht ausgerichtet. Insbesondere die weite differenzierende Abstufung im zahlenmäßig unteren Segment der Fraktionen erweist sich nicht als sachwidrig. Es ist vom Ermessensspielraum des Beklagten gedeckt, ab einer zehnköpfigen Fraktion in Fünferschritten, darunter in Dreierschritten abzustufen und eine zusätzliche Stufe für dreiköpfige Fraktionen zu wählen. Die Steigerung von drei auf vier Mitglieder ist erkennbar prozentual größer als etwa die Steigerung von neun auf zehn oder von 14 auf 15 Mitglieder.
52Auch die konkreten Mittelzuweisungen genügen den Vorgaben des § 56 Abs. 3 Satz 4 GO NRW. Sie führen für die Klägerin zu einer proportionalen Ausstattung, die sogar zwei Drittel der Zuwendungen übersteigt, die die kleinste Fraktion erhält. Anders als die Klägerin vorträgt, steht einer Gruppe keine Ausstattung zu, die genau zwei Dritteln des Gesamtbetrages entspricht, den die kleinste Fraktion erhält. Nach dem Wortlaut der Norm handelt es sich vielmehr ausdrücklich nur um eine proportionale Ausstattung. Eine solche ist nach der zugrundeliegenden Bedeutung des Adjektivs „proportional“ anzunehmen, wenn die Zuwendungen im Verhältnis gleich sind. Dabei stehen die Zuwendungen, die die kleinste Ratsfraktion bezogen auf ihre drei Mitglieder erhält, im Verhältnis zu den Zuwendungen, die eine Gruppe für ihre zwei Mitglieder erhält. Zur Ermittlung der Mindestzuwendung an eine Gruppe ist die Fraktionsgesamtsumme auf ihre drei Fraktionsmitglieder (FM) zu verteilen, indem die Gesamtsumme durch drei dividiert wird. Ein Gruppenmitglied (GM) erhält in proportionaler Hinsicht zwei Drittel der Zuwendungen, die auf ein Fraktionsmitglied (FM) entfallen. Da die Gruppe aus zwei Gruppenmitgliedern besteht, wird der Betrag, der auf ein Gruppenmitglied entfällt, verdoppelt. Für die einzelnen Säulen führt diese Berechnung auf der Grundlage der Mittelzuweisungen im Haushaltsplan für das Jahr 2015 zu folgenden Ergebnissen:
53a) Geldwerte Leistungen (Räume, Büroausstattung):
54Die AfD-Fraktion mit ihren drei Mitgliedern erhält Räume und Büroausstattung im Wert von insgesamt 24.779,00 EUR. Auf ein Fraktionsmitglied (FM) entfallen 8.259,667 EUR. Zwei Drittel davon sind 5.506,45 EUR. Dieser Betrag steht einem Gruppenmitglied (GM) zu. Ausgehend von zwei Gruppenmitgliedern kann die Klägerin den doppelten Betrag, d.h. 11.012,90 EUR, als Gruppe beanspruchen. Die Klägerin erhält indes 13.189,00 EUR.
55b) Geldleistungen als Personalkostenzuschuss:
56Die AfD-Fraktion mit ihren drei Mitgliedern erhält Geldleistungen in Höhe von insgesamt 85.650,00 EUR. Auf ein Fraktionsmitglied entfallen 28.550,00 EUR. Zwei Drittel davon sind 19.033,34 EUR. Dieser Betrag steht einem Gruppenmitglied zu. Ausgehend von zwei Gruppenmitgliedern kann die Klägerin den doppelten Betrag, d.h. 38.066,68 EUR, als Gruppe beanspruchen. Der Beklagte weist der Klägerin sogar 52.892,00 EUR zu.
57c) Pro-Kopf-Pauschale:
58Auch die Pro-Kopf-Pauschale ist im Verhältnis eines Fraktionsmitglieds zu einem Gruppenmitglied zu errechnen. Einem Gruppenmitglied stehen zwei Drittel von 475,00 EUR, demnach 316,67 EUR zu. Eine Gruppe kann den doppelten Betrag, d.h. 633,34 EUR, beanspruchen. Die Klägerin erhält 634,00 EUR.
59Bezogen auf das konkrete Zuwendungssystem wird die Klägerin auch nicht dadurch benachteiligt, dass größere Fraktionen gleichheitswidrig gegenüber kleinen Fraktionen begünstigt werden. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass eine Fraktion mit drei Mitgliedern für die Geschäftsführung (Büroausstattung) und Personalausstattung mit 93.296,00 EUR ca. 41 % der Zuwendungen erhält, die Fraktionen mit 4 bis 6 Mitgliedern gewährt werden, nämlich 226.661,00 EUR. Der Verteilungsmaßstab des § 56 Abs. 3 Satz 4 GO NRW findet in dem Verhältnis einer drei- zu einer vier- oder fünfköpfigen Fraktion keine entsprechende Anwendung.
60Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 32 f.
61Der Beklagte handelte auch nicht willkürlich, als er der dreiköpfigen AfD-Fraktion zwei Büroräume zuteilte, der fünfköpfigen FDP-Fraktion hingegen vier Büroräume und einen Sitzungsraum. Zwar erhält ein AfD-Mitglied rechnerisch mit 66%-Büroraumanteil weniger als ein FDP-Mitglied mit 80%-Büroraumanteil. Das AfD-Mitglied erhält jedoch den gleichen Büroraumanteil wie ein Mitglied einer sechsköpfigen oder einer neunköpfigen Fraktion. An den Randbereichen der Stufen kommt es systembedingt zu Sprüngen und unterschiedlichen Anteilen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die AfD-Fraktion durch die Zuteilung von vier Büroräumen im Vergleich zu der FDP-Fraktion willkürlich benachteiligt wird. Die Mitglieder der FDP-Fraktion müssen sich ebenso wie Mitglieder der AfD-Fraktion Büroräume teilen. Dass der FDP-Fraktion ein zusätzlicher Sitzungsraum zur Verfügung gestellt wird, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Es ist sachgerecht, einer Fraktion ab vier Mitgliedern neben den Büroräumen die Möglichkeit zu eröffnen, Besprechungen in einem separaten Raum durchführen zu können. In einem normalen Büroraum wäre die Fraktionsarbeit in Form solcher Besprechungen erschwert. Insofern liegt eine Differenzierung nach der Größe der Fraktion im unterschiedlichen Bedarf verschieden großer Fraktionen begründet.
62Gleiches gilt für die Abstufungen bei der Anzahl und den Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen der Personalkostenzuschüsse. Die Eingruppierung in Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen hängt bei Angestellten im öffentlichen Dienst regelmäßig von Schwierigkeit und Bedeutung der ausgeübten Tätigkeiten sowie dem Umfang von Personalverantwortung ab. Da die Tätigkeiten als Geschäftsführer oder Assistent in einer großen Fraktion regelmäßig mehr Koordinierungsaufwand und Personalverantwortung mit sich bringen, ist die Abstufung der Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen nicht sachwidrig. Im Hinblick auf den erhöhten Koordinierungsaufwand erscheint der zusätzliche Einsatz einer Bürosekretärin und eines Fraktionsassistenten bei einer vier- bis sechsköpfigen Fraktion gegenüber einer dreiköpfigen Fraktion ebenfalls sachgerecht.
63Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2I
3Die Antragstellerin ist eine Gruppe von zwei Stadtverordneten im Rat der Stadt Köln, dem Antragsgegner. Dieser setzt sich aus insgesamt 90 Ratsmitgliedern (RM) zusammen, die sich auf sechs Fraktionen, drei Gruppen und ein Einzelmandat verteilen. Die AfD-Fraktion ist die kleinste Fraktion mit drei Mitgliedern, die FDP-Fraktion die nächstgrößere mit 5 Mitgliedern.
4Mit Beschlüssen vom 13. Dezember 2007 und 29. Oktober 2009 gestaltete der Antragsgegner die Zuwendungen an Fraktionen und Gruppen in Form eines 3-Säulen-Modells. Die finanziellen Mittel bestehen aus einem Zuschuss zu den personellen Aufwendungen, einer monatlichen Pro-Kopf-Zuweisung je Ratsmitglied und der Gewährung von Sachleistungen.
5Unter Fortsetzung des 3-Säulen-Modells beschloss der Antragsgegner in der Sitzung vom 30. September 2014 unter Tagesordnungspunkt 3.1.1, die Zuwendungen für Fraktionen und Gruppen zu erhöhen. Im Haushaltsplan sind die Mittelzuweisungen für das Jahr 2015 wie folgt ausgewiesen:
6- Die Pro-Kopf-Pauschale beträgt 475,00 EUR pro Fraktionsmitglied (FM); Gruppenmitglieder (GM) erhalten je 317,00 EUR.
7- Die Zuschüsse zu den personellen Aufwendungen inkl. Fortbildungspauschalen betragen für das Jahr 2015 für die Größenklassen:
8- 9
3 RM: 85.650,00 EUR
- 10
4-6 RM: 212.934,00 bzw. 219.802,00 EUR
- 11
15-19 RM: 572.520,00 EUR
- 12
20-24 RM: 819.816,00 EUR
- 13
25-29 RM: 898.700,00 EUR
- An Räumlichkeiten werden folgende zur Verfügung gestellt:
15- 16
1 RM: 1 Raum
- 17
2 RM: 1 Raum
- 18
3 RM: 2 Räume
- 19
4-6 RM: 4 Räume und 1 Sitzungsraum
- 20
15-19 RM: 10 Räume und 2 Sitzungsräume
- 21
20-24 RM: 12 Räume und 2 Sitzungsräume
- 22
25-29 RM: 14 Räume und 2 Sitzungsräume
- Als geldwerte Leistung werden für die Räumlichkeiten samt Büroausstattung folgende Beträge in Ansatz gebracht:
24- 25
Q. L. : 13.189,00 EUR (Räume: 8.567,00 EUR,
Ausstattung: 4.622,00 EUR)
27- 28
AfD: 24.779,00 EUR (Räume: 17.133,00 EUR,
Ausstattung: 7.646,00 EUR)
30Für eine dreiköpfige Fraktion entsprechen die Personalkostenzuschüsse je einer halben Stelle eines Verwaltungsangestellten und eines Fraktionsassistenten. Fraktionen mit 4 bis 6 Mitgliedern erhalten über diese Zuwendungen hinaus Mittel für je eine Stelle eines Fraktionsassistenten und einer Bürosekretärin.
31Am 23. Oktober 2014 hat die Antragstellerin Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
32Zur Begründung trägt sie vor, dass sie durch den Beschluss vom 30. September 2014 gleichheitswidrig benachteiligt werde. Zum einen erhalte sie nicht zwei Drittel der Zuwendungen, die auf die kleinste Fraktion entfielen. Zum anderen werde sie dadurch benachteiligt, dass die kleinste Fraktion im Vergleich zu größeren Fraktionen gleichheitswidrig benachteiligt werde. Der Antragsgegner sei nicht von einer degressiven Steigerung der Personalkosten mit Zunahme der Fraktionsgröße ausgegangen. Entsprechendes gelte auch für die Zuteilung der Räume. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass die kleinste Fraktion nur zwei Büroräume erhalte, eine Fraktion mit einem oder zwei weiteren Mitgliedern aber 4 Büroräume und einen Sitzungsraum.
33Die Umsetzung des Beschlusses sei vorläufig zu untersagen, da ihr nicht zugemutet werden könne, während der Dauer des Klageverfahrens gleichheitswidrig benachteiligt zu werden. Die Fraktionen erlangten durch die überhöhten Personalzuschüsse und Sachzuwendungen einen Vorteil für ihre Gremienarbeit, der irreparabel sei.
34Die Antragstellerin beantragt,
35dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, seinen Beschluss vom 30.09.2014 unter Tagesordnungspunkt 3.1.1 bis zum Abschluss des Klageverfahrens nicht umzusetzen.
36Der Antragsgegner beantragt,
37den Antrag abzulehnen.
38Er trägt vor, dass dem Finanzierungssystem das zulässige Modell zugrunde liege, einen Grund- oder Sockelbetrag durch Pro-Kopf-Zuweisungen zu ergänzen. Die Grundausstattung erfolge durch die Gewährung von Räumen, PCs, Internetanschlüssen, Kommunikationspauschalen und den Zuschüssen zu personellen Aufwendungen. Die Stufenbildung sei zulässig und unterliege seinem Gestaltungsspielraum, der nur auf Willkür zu überprüfen sei. Willkür sei aber nicht zu erkennen, da mit steigender Anzahl der Ratsmitglieder der Bedarf zunehme und Grenzen an gewissen Stufen gezogen werden müssten.
39Zudem fehle ein Anordnungsgrund, da die Antragstellerin nicht irreversibel beeinträchtigt werde. Eine bessere Gremienarbeit durch die größeren Fraktionen sei für die Willensbildung im Rat gerade wünschenswert. Selbst wenn ein Wettbewerbsnachteil der Antragstellerin angenommen werde, sei es ihr zumutbar, sich die Mittel bis zur Entscheidung im Klageverfahren anderweitig zu besorgen und ggf. nachzahlen zu lassen.
40Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners.
41II
42Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO bleibt ohne Erfolg.
43Es ist bereits fraglich, ob die Antragstellerin ihren Antrag gegen den richtigen Antragsgegner gerichtet hat. Es spricht einiges dafür, dass im Eilverfahren nicht dem Rat, sondern nur der Stadt Köln untersagt werden kann, die höheren Zuwendungen in Ausführung des Ratsbeschlusses zu gewähren. Demgegenüber kann im Klageverfahren festgestellt werden, ob der Ratsbeschluss rechtswidrig ist. Der Antragsgegner ist zwar dafür zuständig, die Fraktionsfinanzierung durch Beschluss festzulegen. Nach der Beschlussfassung im Rat ist es jedoch gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 Var. 1 GO NRW Sache des (hier: Ober-)Bürgermeisters, die Ratsbeschlüsse auszuführen. In seinem Auftrag wird die von ihm geführte Verwaltung tätig und setzt die Entscheidungen in die Tat um. Der Antragsgegner hat hier beschlossen, gemäß § 56 Abs. 3 GO NRW Haushaltsmittel für die Ratsmitglieder zur Verfügung zu stellen. Der Oberbürgermeister an der Spitze der Verwaltung sorgt in der Folge für die Auskehrung der Mittel. Dadurch wird insgesamt die Vorgabe des § 56 Abs. 3 Satz 1 GO NRW erfüllt, nach dem die Gemeinde den Fraktionen und Gruppen Zuwendungen aus den Haushaltsmitteln „gewährt“.
44Letztlich kann die Frage des richtigen Antragsgegners offen bleiben, denn die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen jedenfalls in der Sache nicht vor.
45Es fehlt schon an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsgegner hat die Zuwendungen an Fraktionen und Gruppen in rechtlich zulässiger Weise festgesetzt. Das Zuwendungssystem entspricht den Vorgaben des § 56 Abs. 3 Satz 1 und 4 GO NRW und steht auch nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG in Widerspruch.
46§ 56 Abs. 3 Satz 1 GO NRW begründet für jede einzelne Fraktion und Gruppe einen Anspruch auf Zuwendungen aus Haushaltsmitteln. Eine Gruppe erhält nach § 56 Abs. 3 Satz 4 GO NRW mindestens eine proportionale Ausstattung, die zwei Dritteln der Zuwendungen entspricht, die die kleinste Fraktion erhält oder erhalten würde. Dabei steht die Bestimmung der Höhe der Zuwendungen, die den Fraktionen gewährt werden, im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde.
47Vgl. OVG NRW, Urteil vom 08.10.2002 - 15 A 4734/01 -, juris Rn. 25ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 22.
48Bei der Festlegung des Finanzierungssystems hat die Gemeinde den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten und ist überdies an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden, der jenseits des Art. 3 Abs. 1 GG als objektivrechtliches Rechtsprinzip Geltung auch für die Rechtsbeziehungen zwischen kommunalen Organen und Organteilen beansprucht. Die Gewährung von Zuwendungen ist dabei nicht an den strengeren Maßstäben des formalisierten Gleichheitssatzes zu messen. Vielmehr ist der allgemeine Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Grundsatz der Chancengleichheit zu beachten.
49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.01.2010 - 15 B 1797/09 -, juris Rn. 17; Urteil vom 08.10.2002 - 15 A 4734/01 -, juris Rn. 30 ff.; s. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 09.06.2009 - 10 ME 17/09 -, juris Rn. 13 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 06.03.2009 - 12 K 2300/08 -, juris Rn. 57 ff.
50Ungeachtet dessen fällt bei allen Ratsfraktionen und -gruppen ein bestimmter Aufwand an, den die Ratstätigkeit, unabhängig von der konkreten Größe der Fraktion oder Gruppe, mit sich bringt. Für diese Konstante benötigen sämtliche Fraktionen und Gruppen eine gewisse Mindestausstattung. Hierfür ist ihnen ein bestimmter Sockelbetrag zu gewähren. Dabei ist eine lineare Verteilung der Zuwendungen weder die alleinige noch die zwingend vorrangige Variante.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.01.2010 - 15 B 1810/09 -, juris Rn. 15; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 30.
52Das am 30. September 2014 beschlossene Finanzierungssystem genügt den von § 56 Abs. 3 GO NRW verlangten strukturellen Anforderungen. Die Stadt gewährt als Sockelbetrag für den Grundbedarf Sachmittel in Gestalt von Räumen, PCs und Kommunikationsmitteln und -pauschalen. Hinzu kommen Zuschüsse zu den personellen Aufwendungen. Diese Zuwendungen sind abhängig von der Mitgliederzahl der Fraktion bzw. Gruppe. Der Sockelbetrag wird ergänzt durch Pro-Kopf-Zuweisungen in Höhe von 475,00 EUR pro Fraktionsmitglied bzw. 317,00 EUR pro Gruppenmitglied, so dass die Finanzierung schließlich auf drei Säulen fußt. Es ist mit dem Grundsatz der Chancengleichheit vereinbar, wenn die Höhe der Zuwendungen in Abhängigkeit von der Mitgliederzahl der Fraktionen bzw. Gruppen bemessen wird und dabei Staffelungen vorgenommen werden. Eine Differenzierung nach der Anzahl der in einer Fraktion oder Gruppe zusammen geschlossenen Ratsmitglieder ist sachgerecht, weil sie sich an der typischerweise vorzufindenden Bedarfslage der Fraktionen oder Gruppen und an deren kommunalverfassungsrechtlicher Funktion orientiert. Diese Funktion besteht in der Bündelung und Koordinierung der Arbeit des Rates und seiner Ausschüsse. Sowohl der Sach- als auch der Personalaufwand, den diese Koordinierung erfordert, hängt zumindest zu einem erheblichen Teil von der Zahl der Ratsmitglieder ab, deren Meinungsbildung und Entscheidung in der geschilderten Weise zu bündeln ist. Nicht nur die Kosten für Papier, Porto, Telefon und Ähnliches (Sachaufwand), sondern auch der Zeitbedarf der Fraktionsangestellten für die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen durch Erstellung und Übermitteln schriftlicher Beratungsvorlagen und Einladungen, die Protokollierung von Sitzungen, das Formulieren von Pressemitteilungen und deren Versenden usw. steigt und sinkt mit der Anzahl der Personen, deren Arbeit zu koordinieren ist.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 08.10.2002 - 15 A 4734/01 -, juris Rn. 41; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 28.
54Der Antragsgegner hat die Abstufungen bei den Zuschüssen zu den personellen Aufwendungen und den Sachleistungen sachgerecht ausgerichtet. Insbesondere die weite differenzierende Abstufung im zahlenmäßig unteren Segment der Fraktionen erweist sich nicht als sachwidrig. Es ist vom Ermessensspielraum des Antragsgegners gedeckt, ab einer zehnköpfigen Fraktion in Fünferschritten, darunter in Dreierschritten abzustufen und eine zusätzliche Stufe für dreiköpfige Fraktionen zu wählen. Die Steigerung von drei auf vier Mitglieder ist erkennbar prozentual größer als etwa die Steigerung von neun auf zehn oder von 14 auf 15 Mitglieder.
55Auch die konkreten Mittelzuweisungen genügen den Vorgaben des § 56 Abs. 3 Satz 4 GO NRW. Sie führen für die Antragstellerin zu einer proportionalen Ausstattung, die sogar zwei Drittel der Zuwendungen übersteigt, die die kleinste Fraktion erhält. Anders als die Antragstellerin vorträgt, steht einer Gruppe keine Ausstattung zu, die genau zwei Dritteln des Gesamtbetrages entspricht, den die kleinste Fraktion erhält. Nach dem Wortlaut der Norm handelt es sich vielmehr ausdrücklich nur um eine proportionale Ausstattung. Eine solche ist nach der zugrundeliegenden Bedeutung des Adjektivs „proportional“ anzunehmen, wenn die Zuwendungen im Verhältnis gleich sind. Dabei stehen die Zuwendungen, die die kleinste Ratsfraktion bezogen auf ihre drei Mitglieder erhält, im Verhältnis zu den Zuwendungen, die eine Gruppe für ihre zwei Mitglieder erhält. Zur Ermittlung der Mindestzuwendung an eine Gruppe ist die Fraktionsgesamtsumme auf ihre drei Fraktionsmitglieder (FM) zu verteilen, indem die Gesamtsumme durch drei dividiert wird. Ein Gruppenmitglied (GM) erhält in proportionaler Hinsicht zwei Drittel der Zuwendungen, die auf ein Fraktionsmitglied (FM) entfallen. Da die Gruppe aus zwei Gruppenmitgliedern besteht, wird der Betrag, der auf ein Gruppenmitglied entfällt, verdoppelt. Für die einzelnen Säulen führt diese Berechnung auf der Grundlage der Mittelzuweisungen im Haushaltsplan für das Jahr 2015 zu folgenden Ergebnissen:
56a) Geldwerte Leistungen (Räume, Büroausstattung):
57Die AfD-Fraktion mit ihren drei Mitgliedern erhält Räume und Büroausstattung im Wert von insgesamt 24.779,00 EUR. Auf ein Fraktionsmitglied (FM) entfallen 8.259,667 EUR. Zwei Drittel davon sind 5.506,45 EUR. Dieser Betrag steht einem Gruppenmitglied (GM) zu. Ausgehend von zwei Gruppenmitgliedern kann die Antragstellerin den doppelten Betrag, d.h. 11.012,90 EUR, als Gruppe beanspruchen. Die Antragstellerin erhält indes 13.189,00 EUR.
58b) Geldleistungen als Personalkostenzuschuss:
59Die AfD-Fraktion mit ihren drei Mitgliedern erhält Geldleistungen in Höhe von insgesamt 85.650,00 EUR. Auf ein Fraktionsmitglied entfallen 28.550,00 EUR. Zwei Drittel davon sind 19.033,34 EUR. Dieser Betrag steht einem Gruppenmitglied zu. Ausgehend von zwei Gruppenmitgliedern kann die Antragstellerin den doppelten Betrag, d.h. 38.066,68 EUR, als Gruppe beanspruchen. Der Antragsgegner weist der Antragstellerin sogar 52.892,00 EUR zu.
60c) Pro-Kopf-Pauschale:
61Auch die Pro-Kopf-Pauschale ist im Verhältnis eines Fraktionsmitglieds zu einem Gruppenmitglied zu errechnen. Einem Gruppenmitglied stehen zwei Drittel von 475,00 EUR, demnach 316,67 EUR zu. Eine Gruppe kann den doppelten Betrag, d.h. 633,34 EUR, beanspruchen. Die Antragstellerin erhält 634,00 EUR.
62Bezogen auf das konkrete Zuwendungssystem wird die Antragstellerin auch nicht dadurch benachteiligt, dass größere Fraktionen gleichheitswidrig gegenüber kleinen Fraktionen begünstigt werden. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass eine Fraktion mit drei Mitgliedern für die Geschäftsführung (Büroausstattung) und Personalausstattung mit 93.296,00 EUR ca. 41 % der Zuwendungen erhält, die Fraktionen mit 4 bis 6 Mitgliedern gewährt werden, nämlich 226.661,00 EUR. Der Verteilungsmaßstab des § 56 Abs. 3 Satz 4 GO NRW findet in dem Verhältnis einer drei- zu einer vier- oder fünfköpfigen Fraktion keine entsprechende Anwendung.
63Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.2011 - 1 K 6855/10 -, juris Rn. 32 f.
64Der Antragsgegner handelte auch nicht willkürlich, als er der dreiköpfigen AfD-Fraktion zwei Büroräume zuteilte, der fünfköpfigen FDP-Fraktion hingegen vier Büroräume und einen Sitzungsraum. Zwar erhält ein AfD-Mitglied rechnerisch mit 66%-Büroraumanteil weniger als ein FDP-Mitglied mit 80%-Büroraumanteil. Das AfD-Mitglied erhält jedoch den gleichen Büroraumanteil wie ein Mitglied einer sechsköpfigen oder einer neunköpfigen Fraktion. An den Randbereichen der Stufen kommt es systembedingt zu Sprüngen und unterschiedlichen Anteilen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die AfD-Fraktion durch die Zuteilung von vier Büroräumen im Vergleich zu der FDP-Fraktion willkürlich benachteiligt wird. Die Mitglieder der FDP-Fraktion müssen sich ebenso wie Mitglieder der AfD-Fraktion Büroräume teilen. Dass der FDP-Fraktion ein zusätzlicher Sitzungsraum zur Verfügung gestellt wird, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Es ist sachgerecht, einer Fraktion ab vier Mitgliedern neben den Büroräumen die Möglichkeit zu eröffnen, Besprechungen in einem separaten Raum durchführen zu können. In einem normalen Büroraum wäre die Fraktionsarbeit in Form solcher Besprechungen erschwert. Insofern liegt eine Differenzierung nach der Größe der Fraktion im unterschiedlichen Bedarf verschieden großer Fraktionen begründet.
65Gleiches gilt für die Abstufungen bei der Anzahl und den Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen der Personalkostenzuschüsse. Die Eingruppierung in Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen hängt bei Angestellten im öffentlichen Dienst regelmäßig von Schwierigkeit und Bedeutung der ausgeübten Tätigkeiten sowie dem Umfang von Personalverantwortung ab. Da die Tätigkeiten als Geschäftsführer oder Assistent in einer großen Fraktion regelmäßig mehr Koordinierungsaufwand und Personalverantwortung mit sich bringen, ist die Abstufung der Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen nicht sachwidrig. Im Hinblick auf den erhöhten Koordinierungsaufwand erscheint der zusätzliche Einsatz einer Bürosekretärin und eines Fraktionsassistenten bei einer vier- bis sechsköpfigen Fraktion gegenüber einer dreiköpfigen Fraktion ebenfalls sachgerecht.
66Es fehlt nach alledem aber nicht nur an einem Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Das folgt aus der bisher ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bereits aus dem Umstand, dass es nicht auf die subjektive Betroffenheit der Antragstellerin ankäme, sondern die einstweilige Anordnung im Interesse der Körperschaft objektiv notwendig bzw. - bei einer Vorwegnahme der Hauptsache - sogar unabweisbar erscheinen müsste. Denn im Organstreit ist im Gegensatz zum Außenrechtsstreit nicht über Individualrechte, sondern über innerorganisatorische Kompetenzen zu entscheiden, die der Antragstellerin nicht um ihrer selbst willen, sondern im Interesse der Gemeinde zugewiesen sind.
67Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27.09.2002 - 15 B 855/02 -, juris Rn. 20 und vom 22.01.2010 - 15 B 1797/09 -, juris Rn. 27 m.w.N.
68Nach dieser Maßgabe genügt es zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds nicht, dass die Antragstellerin beklagt, die Fraktionen im Rat könnten mithilfe unverhältnismäßig hoher Zuwendungen bessere Gremienarbeit leisten und dadurch gleichsam einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil erhalten. Vielmehr wäre wohl auf der Grundlage der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung der Ansatz des Antragsgegners zutreffend, im danach allein maßgeblichen Interesse der Stadt Köln sei jede verbesserte Gremienarbeit ein zu begrüßendes Ergebnis.
69Die Antragstellerin hat aber selbst dann keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, wenn die Kammer einbezieht, dass die Mitwirkungsrechte von kommunalverfassungsrechtlichen Organen bzw. Organteilen auch der Wahrung der geschützten Interessen der repräsentierten Allgemeinheit oder bestimmter Bevölkerungsgruppen am Willensbildungsprozess dienen könnten und die Kompetenzen von Organen und Organteilen damit zwar hauptsächlich, aber eben nicht nur zugewiesen seien, um rein objektiv an der Erledigung der Aufgaben der Körperschaft mitzuwirken.
70Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2008 - 1 L 1272/08 -, juris Rn. 25.
71Nach dieser Maßgabe hat die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es kann nicht in Betracht kommen, die Auskehrung von Zuwendungen an andere Organteile, hier die von der Antragstellerin genannten Ratsfraktionen, vorläufig zu stoppen, obwohl sie sich nach nicht nur summarischer Prüfung als rechtmäßig erweisen und eine Obsiegenswahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren nicht gegeben ist. Gleichwohl die Auskehrung gerichtlich zu unterbinden, wäre gleichbedeutend damit, einen nicht vorhandenen Wettbewerbsvorteil der Fraktionen durch eine gerichtliche Eilentscheidung zumindest bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einen Wettbewerbsvorteil der Antragstellerin umzuwandeln, die aber in der Sache nicht in ihren Rechten verletzt ist.
72Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
73Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Dabei hat die Kammer den in Kommunalverfassungsstreitigkeiten anzusetzenden Streitwert von 10.000 EUR (vgl. Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) angesichts der Vorläufigkeit der Entscheidung auf die Hälfte reduziert.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.