Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 25. Nov. 2013 - 33 L 932/13.PVB


Gericht
Tenor
Der Beteiligte zu 1. wird im Wege der einstweiligen Verfügung mit Wirkung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens - 33 K 3865/13.PVB - verpflichtet, dem Antragsteller unverzüglich in Änderung des Beschlusses vom 24.06.2013 den Beteiligten zu 2. für eine Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit vorzuschlagen.
Dem Beteiligten zu 2. wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Verfahren 33 K 3865/13.PVB eine Freistellung des Mitglieds des Beteiligten zu 1. K. A. auszusprechen.
1
Gründe
2I.
3Der Antragsteller ist aufgrund der Wahlen ordentliches Mitglied des Beteiligten zu 1.; er gehört der Gruppe der Soldaten an. In einer Wahl innerhalb der Gruppe der Soldaten am 10.06.2013 wurde der Antragsteller – nachdem der bisherige Gruppensprecher der Gruppe der Soldaten I. sein Amt niedergelegt hatte – zum Gruppensprecher gewählt. In seiner Sitzung am 24.06.2013 beschloss der Beteiligte zu 1., Herrn K. A. , der für die Gruppe der Soldaten als weiteres Mitglied dem erweiterten Vorstand des Beteiligten zu 1. angehörte, für eine Freistellung gegenüber dem Beteiligten zu 2. vorzuschlagen. Zuvor hatte der Antragsteller erklärt, dass er auf eine Freistellung, die ihm als Vorsitzender des örtlichen Personalrats durch den Beteiligten zu 2. gewährt worden sei, verzichten werde und eine Freistellung ausschließlich für seine Tätigkeit in dem Beteiligten zu 1. in Anspruch nehmen werde.
4Der Antragsteller hat am 01.07.2013 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und zugleich den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.
5Der Antragsteller hält den Beschluss des Beteiligten zu 1. vom 24.06.2013 für rechtswidrig: Den Vorschlag, ein Mitglied des erweiterten Vorstands des Beteiligten zu 1. und nicht ihn als Gruppensprecher der Gruppe der Soldaten für eine Freistellung vorzuschlagen, verstoße gegen § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG und zudem gegen das „Gruppenprinzip“, weil Herr A. nicht Sprecher der Gruppe der Soldaten sei.
6Die zwingende Regelung des § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG lasse eine Ausnahme für den Vorschlag für eine Freistellung nicht zu; selbst wenn eine solche Ausnahme grundsätzlich in Betracht kommen sollte, könne eine solche deshalb nicht in Betracht kommen, weil der Antragsteller ausdrücklich auf die Freistellung für seine Tätigkeit im örtlichen Personalrat des Beteiligten zu 2. verzichtet habe. Dieser Verzicht sei für den Beteiligten zu 1. maßgebend, der sich nicht durch seine Beschlussfassung zu einem Sachwalter der Interessen des örtlichen Personalrats machen könne. Beide Personalvertretungsgremien seien gleichrangig.
7Der Antragsteller beantragt,
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1. den Beteiligten zu 1. im Wege der einstweiligen Verfügung mit Wirkung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens - 33 K 3865/13.PVB - zu verpflichten, ihn unverzüglich in Änderung des Beschlusses vom 24.06.2013 dem Beteiligten zu 2. für eine Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit vorzuschlagen,
und
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2. dem Beteiligten zu 2. im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Verfahren 33 K 3865/13.PVB eine Freistellung des Mitglieds des Beteiligten zu 1. K. A. auszusprechen.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
14den Antrag abzulehnen.
15Er verteidigt den angefochtenen Beschluss vom 24.06.2013 und meint, dass sein Ermessen für einen Vorschlag für eine Freistellung im vorliegenden Fall nicht auf Null dahin reduziert sei, ausschließlich den Antragsteller für eine Freistellung vorzuschlagen. Im Hinblick darauf, dass er an einer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung interessiert sei, habe er als Ausnahme von dem Grundsatz des § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG berücksichtigen dürfen, dass der Antragsteller auch für den örtlichen Personalrat bei dem Beteiligten zu 2. freigestellt sei. Einen solcher Vertrauensbeweis des örtlichen Personalrats für den Antragsteller könne er nicht ignorieren. Auf den Umstand, dass der Antragsteller auf eine Freistellung für seine Tätigkeit im örtlichen Personalrat verzichtet habe, komme es nicht an; vielmehr sei die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Wahlen bzw. Freistellungen zu beachten.
16Der Beteiligte zu 2. stellt keinen Antrag und erklärt, dass er bis zu einer Entscheidung des Gerichts im vorliegenden Eilverfahren keine Freistellung vornehmen werde.
17Mit Beschluss vom 30.09.2013 hat die Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen durch den Vorsitzenden ohne Anhörung der Verfahrensbeteiligten den Beteiligten zu 1. im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, mit Wirkung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens 33 K 3865/13.PVB den Antragsteller unverzüglich in Änderung des Freistellungsbeschlusses vom 24.06.2013 dem Beteiligten zu 2. für eine Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit vorzuschlagen und dem Beteiligten zu 2. im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Verfahren 33 K 3865/13.PVB eine Freistellung des Mitglieds des Beteiligten zu 1. K. A. auszusprechen.
18Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1. rechtzeitig Widerspruch eingelegt und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.
19Er hält an dem ursprünglichen Antrag fest und ergänzt diesen dahin, dass die einstweilige Verfügung vom 30.09.2013 aufzuheben sei.
20Der Antragsteller tritt dem Vorbringen unter Wiederholung seines Vortrags entgegen.
21Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte in diese Verfahren sowie im Verfahren 33 K 3865/13.PVB ergänzend Bezug genommen.
22II.
23Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat vollumfänglich Erfolg; der Antragsteller hat einen Verfügungsgrund und einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.
24Zu dem Begehren des Antragstellers hat die Fachkammer durch ihren (stellvertretenden) Vorsitzenden ohne Anhörung der Verfahrensbeteiligten mit Beschluss vom 30.09.2013 Folgendes ausgeführt:
25"Der Antragsteller hat in Bezug auf den Antrag zu 1. einen Verfügungsgrund und einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.
26Ein Verfügungsgrund liegt vor, weil ausnahmsweise das Ergebnis eines Verfahrens zur Hauptsache – hier das Verfahren 33 K 3865/13.PVB – schon ganz bzw. teilweise faktisch vorweggenommen werden darf. Würde das Begehren des Antragstellers nicht schon jetzt einer materiellen inhaltlichen Prüfung zugeführt, drohte ihm wegen der zu erwartenden Verfahrensdauer in der Hauptsache ein endgültiger Rechtsverlust hinsichtlich der von ihm beanspruchten Möglichkeit, seine Aufgaben als Gruppensprecher der Soldaten im Vorstand des Beteiligten zu 1. ordnungsgemäß wahrzunehmen. Hinzu kommt, dass ihm schon wegen der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der vom Beteiligten zu 1. begründeten Weigerung, ihn zur Freistellung vorzuschlagen, ein solches Zuwarten nicht zugemutet werden kann;
27vgl. hierzu: OVG NRW, Beschluss vom 15.01.1997 – 1 B 2834/96.PVB –, juris (Rdz. 22).
28Der Antragsteller hat auch einen Verfügungsanspruch, § 920 Abs. 2 ZPO, glaubhaft gemacht.
29Dieser bezieht sich zunächst auf das Recht, dass der Beteiligte zu 1. ihm, dem Antragsteller, gegenüber das Gesetz, im gegebenen Fall also bei der zu beantragenden Freistellung die gesetzlich vorgesehene Rang- bzw. Reihenfolge nach § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG, einhält.
30Der Beteiligte zu 1. hat offenkundig gegen § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG verstoßen, soweit er den Antragsteller nicht im Wege eines einfachen Mehrheitsbeschlusses zur Freistellung dem Dienstherrn vorgeschlagen hat, sondern statt für ihn für Herrn K. A. , der gemäß § 33 BPersVG aus der Mitte des Personalrats in den erweiterten Vorstand gewählt worden war, votiert hat. Der Beachtung des Gesetzes über die vorrangige Berücksichtigung der nach § 32 Abs. 1 BPersVG gewählten Vorstandsmitglieder – der Antragsteller wurde am 10.06.2013 mehrheitlich zum Sprecher der Gruppe der Soldaten für den Beteiligten zu 1. gewählt – steht grundsätzlich kein irgendwie geartetes Ermessen des Personalrats entgegen. Die genannte Vorschrift gilt vielmehr im Interesse des mit ihr auch bezweckten Minderheitenschutzes regelmäßig absolut;
31ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 12.01.2009 – 6 PB 24/08 –, PersR 2009, 126 = NWVBl. 2009, 351; juris (Rdz. 7) m.w.N.; OVG NRW, a.a.O..
32Ob von dieser gesetzlich vorgegebenen Rang- und Reihenfolge überhaupt – wie der Beteiligte zu 1. meint – eine Ausnahme möglich und zulässig ist
33in diese Richtung wohl tendierend: OVG NRW, a.a.O. (Rdz. 30 ff.)
34bedarf hier keiner abschließenden Erörterung.
35Allein der Umstand, dass der Antragsteller als Gruppensprecher der Soldaten im örtlichen Personalrat C. beim Bundesministerium W. von der Dienstleistung freigestellt ist, stellt keinen besonderen Ausnahmefall im Sinne des Abweichens von einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung dar, der den Beteiligten zu 1. hindern könnte, den Antragsteller zur Freistellung zu benennen. Der Antragsteller hat ausweislich der vom Beteiligten zu 1. vorgelegten Niederschrift über die Sitzung vom 24.06.2013 ausdrücklich auf die Inanspruchnahme der Freistellung für die örtliche Personalvertretung verzichtet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er den Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Freistellung von dienstlichen Obliegenheiten als Mitglied des Beteiligten zu 1. sieht. Zu welchen Folgerungen dies bei dem örtlichen Personalrat C. beim Bundesministerium W. führt, hat dieser in eigener Kompetenz zu entscheiden, ohne dass dies Rechte oder auch nur eine Fürsorge des Beteiligten zu 1. berührt.
36§ 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG bestimmt lediglich eine Rang- und Reihenfolge der in einer Personalvertretung für die Freistellung vorzuschlagenden Mitglieder. Damit ist keine Aussage darüber getroffen, ob das jeweils betroffene Mitglied – hier der Sprecher einer Gruppe – diese Freistellung auch in Anspruch nimmt oder ob es – wie im vorliegenden Kollisionsfall – auf die Inanspruchnahme der Freistellung in einem Gremium verzichten kann. Dies ist der Entscheidung des jeweiligen Mitglieds vorbehalten.
37Da der Beteiligte zu 1. nach dem Vorstehenden verpflichtet ist, den Antragsteller unverzüglich dem Beteiligten zu 2. für eine Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit vorzuschlagen, besteht zugleich ein Verfügungsgrund und –anspruch auf Untersagung bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Verfahren 33 K 3865/13.PVB gegenüber dem Beteiligten zu 2., dass dieser das Mitglied des Beteiligten zu 1. K. A. für eine Tätigkeit bei dem Beteiligten zu 1. von den Dienstpflichten freistellet."
38An diesen Ausführungen hält die Fachkammer auch nach einer Anhörung der Verfahrensbeteiligten am 25.11.2013 nach nochmaliger Überprüfung ausdrücklich fest.
39Im Hinblick auf den Verzicht des Antragstellers auf die Inanspruchnahme einer Freistellung für seine Tätigkeit im örtlichen Personalrat bei dem Beteiligten zu 2., der – wie ausgeführt – eine Ausnahme von der zwingenden Regelung des § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG gerade nicht rechtfertigt, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Freistellung durch die Dienststelle gegenüber dem Freizustellenden ein individualrechtlicher Gestaltungsakt ist, d.h. aus der Sicht des Beamten / Soldaten eine mitwirkungsbedürftige Maßnahme darstellt;
40vgl. hierzu: Noll in: Altvater / Baden, BPersVG (Kommentar; 8. Aufl. 2013), § 46 Rdz. 56.
41Umgekehrt folgt hieraus auch das Recht des freigestellten Mitglieds einer Personalvertretung, auf diese Freistellung wieder zu verzichten.
42Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.

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(1) Die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten trägt der Bund.
(2) Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Aufwendungsersatz in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen Bestimmungen zu Reisekosten und Trennungsgeld. Für den Ersatz von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen gelten die beamtenrechtlichen Bestimmungen entsprechend.
(1) Die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten trägt der Bund.
(2) Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Aufwendungsersatz in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen Bestimmungen zu Reisekosten und Trennungsgeld. Für den Ersatz von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen gelten die beamtenrechtlichen Bestimmungen entsprechend.
(1) Scheidet ein Mitglied aus dem Personalrat aus, so tritt ein Ersatzmitglied ein. Das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied des Personalrats zeitweilig verhindert ist.
(2) Die Ersatzmitglieder werden der Reihe nach aus den nicht gewählten Beschäftigten derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören. Ist das ausgeschiedene oder verhinderte Mitglied mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt, so tritt der nicht gewählte Beschäftigte mit der nächsthöheren Stimmenzahl als Ersatzmitglied ein.
(3) § 31 Absatz 2 gilt entsprechend bei einem Wechsel der Gruppenzugehörigkeit vor dem Eintritt des Ersatzmitglieds in den Personalrat.
(4) Ist die Personalratswahl mit Erfolg angefochten worden oder der Personalrat durch gerichtliche Entscheidung aufgelöst, treten Ersatzmitglieder nicht ein.
Die Mitgliedschaft einer Beamtin oder eines Beamten im Personalrat ruht, solange ihr oder ihm die Führung der Dienstgeschäfte verboten oder sie oder er wegen eines schwebenden Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes enthoben ist.
(1) Die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten trägt der Bund.
(2) Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Aufwendungsersatz in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen Bestimmungen zu Reisekosten und Trennungsgeld. Für den Ersatz von Sachschäden an privaten Kraftfahrzeugen gelten die beamtenrechtlichen Bestimmungen entsprechend.