Verwaltungsgericht Köln Urteil, 28. Okt. 2015 - 23 K 4822/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für Wettbüro.
3Für das Grundstück E. G. 000 (Gemarkung E1. , Flur 00, Flurstück 0000/000) stellte sie am 09.09.2013 einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines ehemaligen Ladengeschäftes in ein Wettbüro. Dieser Antrag ist Gegenstand des Gerichtsverfahrens 23 K 7899/13.
4Für das selbe Grundstück stellte sie am 03.04.2014 den streitgegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines ehemaligen Ladengeschäftes in ein Wettbüro eines konzessionierten privaten Wettanbieters. Für dieses Grundstück stellte sie am selben Tage einen weiteren Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines ehemaligen Ladengeschäftes in eine Annahmestelle für Sportwetten eines konzessionierten privaten Wettanbieters. Dieser Antrag ist Gegenstand des Gerichtsverfahrens 23 K 4817/14.
5Die Anlage zur Betriebsbeschreibung bezeichnet die Art des Betriebes als „Wettbüro, Wettenvermittlung“. Weiter heißt es dort: „Das Wettbüro dient der Vorbereitung der Wettabgabe am Schalter (...) sowie dem eigentlichen Wettvorgang (...). Alternativ können die Kunden ihre Wetten auch an SB-Wett-Terminals aufgeben. Die Wettkunden können sich auch Wettgewinne auszahlen lassen. Die Wettprogramme werden in der Betriebsstätte in Papierform vorgehalten, zusätzlich werden aktuelle Wettquoten an Flachbildschirmen angezeigt. Zur Ausarbeitung der Wetten werden Tische und Stühle zur Verfügung gestellt. Die Kunden können die Übertragung von Sportereignissen an TV-Bildschirmen mitverfolgen. Es erfolgt kein gastronomischer Betrieb. Die Kunden haben lediglich die Möglichkeit, Heißgetränke und alkoholfreie Kaltgetränke an Automaten zu erwerben.“ Dem zugehörigen Grundriss ist zu entnehmen, dass das Wettbüro über eine 98 m² große Nutzfläche mit Stehtischen, Monitoren, einer Theke zur Wettannahme sowie Terminals zur elektronischen Wettannahme verfügen soll. Darüber hinaus sind Lager- und Flurflächen vorgesehen. Des Weiteren soll das Vorhaben Toiletten mit einer Türbreite von 60 cm und Raumbreiten zwischen 90 und 110 cm haben. Der zweite Rettungsweg verläuft auch über die benachbarten Flurstücke 0000/000, 0000/000. Dem Bauantrag war eine Berechnung beigefügt, die einen Bedarf von drei Stellplätzen ermittelt, einen Mehrbedarf gegenüber der letzten genehmigten Nutzung jedoch verneint. Die Klägerin stellte auch einen Antrag zur Eintragung einer Baulast zur Sicherung des zweiten Rettungsweges, der eine Eigentümererklärung der L. B. N. GmbH & Co. KG enthielt.
6Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 00000/00, der für das Baugrundstück Straßenbegrenzungs- und Baulinien festsetzt. In der Straße E. G1. befinden sich Ladengeschäfte, Schank- und Speisewirtschaften, Gewerbebetriebe, Wohnungen sowie eine Spielhalle (E. G. 90).
7Mit Bescheid vom 30.07.2014, zugestellt am 05.08.2014, lehnte die Beklagte den Bauantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, ausreichende Stellplätze seien auf dem Grundstück nicht nachgewiesen; eine wesentliche Änderung i.S.v. § 51 Abs. 2 BauO NRW liege vor, sodass insoweit kein Bestandsschutz bestehe. Zudem erfülle das Vorhaben nicht die Vorgaben des § 55 BauO NRW zur Barrierefreiheit.
8Am 01.09.2014 hat die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig, da es keine kerngebietstypische Vergnügungsstätte sei. Denn es diene nicht als zentraler Dienstleistungsbetrieb einem größeren Einzugsbereich, sondern sei eher der Nutzung durch einen Gastronomiebetrieb vergleichbar. Zudem liege die hier relevante Nutzfläche unter 100 m². Eine solche Vergnügungsstätte sei in den überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägten Bereichen eines Mischgebiets zulässig. Jedenfalls sei das Vorhaben ausnahmsweise zulässig, da das Ermessen der Beklagten insoweit mangels entgegenstehender städtebaulicher Gründe auf Null reduziert sei. Denn ein sogenannter Trading-Down-Effekt sei nicht zu befürchten. Intensivere Lärmimmissionen als durch einen Gastronomiebetrieb seien nicht zu erwarten. Eine wesentliche Änderung i.S.v. § 51 Abs. 2 BauO NRW liege nicht vor, da das gesamte Gebäude zur Beurteilung in den Blick genommen werden müsse. Das Vorhaben mache maximal 13 % der Gesamtfläche des Gebäudes aus. § 55 BauO NRW stehe der Genehmigungserteilung ebenso wenig entgegen, da die zu ändernde Nutzungsebene bereits im Bestand barrierefrei sei.
9Am 20.01.2015 hat die Klägerin die Klage um den Hilfsantrag erweitert.
10Die Klägerin beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.07.2014 zu verpflichten, ihr die Baugenehmigung entsprechend dem Bauantrag vom 03.04.2013 zu erteilen,
12hilfsweise,
13die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 30.07.2014 zu verpflichten, ihr einen Vorbescheid zu erteilen, der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit sowie die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf § 51 und § 55 BauO NRW zum Inhalt hat.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid und führt ergänzend aus, eine wesentliche Änderung i.S.v. § 51 Abs. 2 BauO NRW liege vor, da die beantragte Nutzung nach der Verkehrsanschauung nicht mit der alten verwandt sei. Die Regelung des § 51 Abs. 9 BauO NRW wäre überflüssig, wenn man die Nutzfläche des Vorhabens mit der Gesamtfläche des Gebäudes vergleichen würde. Die Voraussetzung des § 55 Abs. 4 S. 10 BauO NRW werde nicht erfüllt.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die Klage hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
20Die mit dem Hauptantrag verfolgte zulässige Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO ist unbegründet, weil ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nach § 75 BauO NRW nicht besteht, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 BauO NRW ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Dem beantragten Vorhaben stehen bauordnungsrechtliche Vorschriften entgegen.
21Das Vorhaben erfüllt nicht die Vorgaben des § 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BauO NRW. Danach müssen bei der Errichtung von baulichen Anlagen und anderen Anlagen, bei denen ein Zu- und Abgangsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze oder Garagen hergestellt werden, wenn und soweit unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personenverkehrs zu erwarten ist, dass der Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeugs erfolgt (notwendige Stellplätze und Garagen). Wesentliche Änderungen von Anlagen nach Absatz 1 oder wesentliche Änderungen ihrer Benutzung stehen der Errichtung im Sinne des Absatzes 1 gleich.
22Das Vorhaben löst einen Stellplatzbedarf aus, den die beantragte Planung nicht bedient. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Frage des Stellplatzbedarfs trotz einer etwaigen Genehmigung für die vorangegangene Nutzung aufgeworfen. Denn das Vorhaben stellt demgegenüber eine wesentliche Änderung dar. Eine wesentliche Änderung der Benutzung von baulichen Anlagen im Sinne von § 51 Abs. 2 BauO NRW liegt vor, wenn eine neue Nutzung aufgenommen wird, die nach der Verkehrsanschauung mit der alten nicht verwandt, sondern von ihr grundsätzlich verschieden ist. Ein erheblich erhöhter Stellplatzbedarf ist keine notwendige Voraussetzung einer solch wesentlichen Änderung, sondern nur ein gewichtiges von vielen denkbaren Indizien. Darauf, ob die wesentliche Änderung zu einem vermehrten, einem gleichbleibenden oder einem verringerten Stellplatzbedarf führt, kommt es bei der Anwendung des § 51 Abs. 2 BauO NRW nicht an. Entscheidend ist, dass nach einer wesentlichen Änderung insgesamt überhaupt ein Stellplatzbedarf besteht; dieser muss gegebenenfalls uneingeschränkt gedeckt werden. Der Umfang der Stellplatzpflicht bei wesentlichen Änderungen einer baulichen Anlage oder wesentlichen Nutzungsänderungen ist so zu beurteilen, als wenn die bauliche Anlage gänzlich neu errichtet würde.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.09.1988 – 11 A 1158/87 –, juris, Rz. 7 ff.; VG Köln, Urteil vom 29.03.2011 – 2 K 3273/10 –, juris, Rz. 26 m.w.N.; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Aufl., § 51, Rz. 52 m.w.N.
24Das Vorhaben stellt eine wesentliche Änderung der Benutzung im Sinne von § 51 Abs. 2 BauO NRW dar. Diese Bewertung ergibt sich insbesondere aus der andersartigen bauplanungsrechtlichen Einordnung der beabsichtigten Nutzung des Erdgeschosses des Gebäudes E. G1. 000, welches künftig nicht mehr als Einzelhandelsbetrieb, sondern als Wettbüro
25– vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 10.07.2012 – 2 A 1969/11 –, juris, Rz. 10; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 07.03.2013 – 5 K 3188/12 –, juris, Rz. 35 ff. m.w.N. –
26betrieben werden soll, aber auch aus dem Umstand, dass für die Stellplatzbemessung nach den Richtzahlen für den Stellplatzbedarf eine andere Nutzungsgruppe maßgebend ist, statt Ziffer 3.1 nunmehr Ziffer 6.3 der Anlage 51.11 der Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung – VV BauO NRW – („Richtlinien für den Stellplatzbedarf“).
27Zu diesen Indizien vgl. Johlen, a.a.O., Rz. 49 f. m.w.N.
28Die Anlage 51.11 VV BauO NRW – infolge Befristung zum 31.12.2005 ausgelaufen – beinhaltet Richtzahlen für den Stellplatzbedarf, die die besondere Art der Nutzung berücksichtigen, weil sich daraus Anhaltspunkte für den zu erwartenden Kraftfahrzeugverkehr ergeben. Die Richtzahlen sind auf gesicherter Erfahrungsgrundlage beruhende Anhaltspunkte bzw. als sachverständig festgestellte Erfahrungswerte von Bedeutung.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.02.2009 – 10 A 793/07 –, juris, Rz. 62.
30Insoweit kommt den Richtzahlen auch nach dem Auslaufen der VV BauO NRW noch Bedeutung zu. Sie sind in Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes anzuwenden, wenn im Einzelfall keine ausreichenden Erkenntnisse zur Beurteilung des Stellplatzbedarfes vorliegen.
31Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 10.05.2012 – 4 K 5269/11 –, juris, Rz. 45.
32Die Neuerrichtung eines Gebäudes, dessen Erdgeschoss mit einem Wettbüro und dessen Obergeschosse zu Wohnzwecken genutzt werden sollen, lässt Zu- und Abgangsverkehr erwarten und löst auch unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personenverkehrs einen Stellplatzbedarf aus. Ziffer 6.3 der Anlage 51.11 VV BauO NRW („Spiel- und Automatenhallen“) sieht je 20 - 25 m² Spielhallenfläche einen Stellplatz, mindestens jedoch drei Stellplätze vor. Ausgehend davon sind allein bei einem insoweit einer Spielhalle vergleichbaren Wettbüro mit einer Nutzfläche von 98 m² bereits vier Stellplätze erforderlich. Die Bauunterlagen weisen jedoch keine Stellplätze für das Vorhaben nach.
33Entgegen der Auffassung der Klägerin ist zur Beurteilung der Wesentlichkeit der Nutzungsänderung das gesamte Gebäude nicht dergestalt in den Blick zu nehmen, dass die Nutzfläche des Vorhabens mit der Nutzfläche des Gebäudes im Übrigen ins Verhältnis gesetzt wird. Denn zum einen würde dann nicht der Stellplatzbedarf der gesamten (wie neu errichteten) baulichen Anlage berücksichtigt, sondern lediglich der zur Genehmigung gestellte Gebäudeteil. Zum anderen lässt ein bloß quantitativer Vergleich von Nutzflächen außer Acht, dass es bei unterschiedlichen Nutzungen zu einem unterschiedlichen Stellplatzbedarf kommen kann. Außerdem wäre die Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 9 BauO NRW für Dachgeschossausbauten zu Wohnzwecken bei der von der Klägerin vorgeschlagenen Relationsbetrachtung überflüssig.
34Zudem fehlt dem Vorhaben ein Toilettenraum für Menschen mit Behinderung. § 55 Abs. 4 S. 10 Hs. 1 BauO NRW bestimmt, dass ein Toilettenraum auch für Benutzerinnen und Benutzer von Rollstühlen geeignet und erreichbar sein muss. Die Toilettenräume sind nach DIN 18024 – Teil 2 anzulegen und zu kennzeichnen.
35Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11.09.2014 – 5 K 4066/12 –, juris, Rz. 38 f. m.w.N.
36Danach müssen Türen eine Breite von mindestens 90 cm haben. Ausweislich des Grundrisses für das Erdgeschoss sind die Türen jedoch nur 60 cm breit. Darüber hinaus sind die erforderlichen Bewegungsflächen nicht eingehalten. Nach der genannten DIN-Vorschrift müssen die Flächen mindestens 120 cm breit sein entlang von Einrichtungen, die der Rollstuhlfahrer seitlich anfahren muss. Hier sind die Toilettenräume lediglich zwischen 80 und 110 cm breit.
37Die mit dem Hilfsantrag verfolgte zulässige Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO ist ebenso unbegründet, weil ein Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides nach § 71 BauO NRW nicht besteht, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Die Erweiterung des Klageantrags um eine hilfsweise bedingte Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO stellt eine zulässige Klageänderung dar. Zum einen hat sich die Beklagte hierauf rügelos eingelassen (§ 91 Abs. 1 Fall 1, Abs. 2 VwGO). Zum anderen ist die Umstellung sachdienlich (§ 91 Abs. 1 Fall 2 VwGO). Denn der Hilfsantrag beschränkt sich auf einen Teil des unveränderten Streitstoffs und damit eine verwertbare Entscheidungsgrundlage, so dass die Zulassung geeignet ist, den Rechtsstreit endgültig beizulegen.
38Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides nach § 71 Abs. 1, 2, § 75 Abs. 1 S. 1 BauO NRW, weil das Vorhaben aus den dargelegten Gründen nicht die Vorgaben von § 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BauO NRW sowie § 55 Abs. 4 S. 10 Hs. 1 BauO NRW erfüllt.
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 28. Okt. 2015 - 23 K 4822/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 28. Okt. 2015 - 23 K 4822/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 28. Okt. 2015 - 23 K 4822/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Wettannahmestelle.
3Für das Grundstück E. G. 000 (Gemarkung E1. , Flur 00, Flurstück 0000/000) stellte sie am 09.09.2013 einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines ehemaligen Ladengeschäftes in ein Wettbüro. Dieser Antrag ist Gegenstand des Gerichtsverfahrens 23 K 7899/13.
4Für das selbe Grundstück stellte sie am 03.04.2014 den streitgegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines ehemaligen Ladengeschäftes in eine Annahmestelle für Sportwetten eines konzessionierten privaten Wettanbieters. Für dieses Grundstück stellte sie am selben Tage einen weiteren Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines ehemaligen Ladengeschäftes in ein Wettbüro eines konzessionierten privaten Wettanbieters. Dieser Antrag ist Gegenstand des Gerichtsverfahrens 23 K 4822/14.
5Die Betriebsbeschreibung bezeichnet die Art des Betriebes als „Annahmestelle für Sportwetten, Wettenvermittlung“. Weiter heißt es in einer Anlage zur Betriebsbeschreibung: „Die Wettannahmestelle hat keinerlei Aufenthaltsfunktion. Sie dient allein wie eine Toto-Lotto-Annahmestelle ausschließlich der Vorbereitung der Wettabgabe am Schalter (...) sowie dem eigentlichen Wettvorgang (...). Alternativ können die Kunden ihre Wetten auch an SB-Terminals abgeben. Die Wettkunden können sich auch Wettgewinne auszahlen lassen. Die Wettprogramme werden in der Betriebsstätte in Papierform vorgehalten, zusätzlich werden aktuelle Wettquoten an Flachbildschirmen angezeigt. Die Flachbildschirme sind reine PC-Monitore ohne TV-Empfangsteil. Es findet keine Übertragung von Sportereignissen statt. Ein Getränkeausschank findet nicht statt.“ Dem zugehörigen Grundriss ist zu entnehmen, dass das Wettbüro über eine 98 m² große Nutzfläche mit Stehtischen, Monitoren, einer Theke zur Wettannahme sowie Terminals zur elektronischen Wettannahme verfügen soll. Darüber hinaus sind Lager- und Flurflächen vorgesehen. Des Weiteren soll das Vorhaben Toiletten mit einer Türbreite von 60 cm und Raumbreiten zwischen 90 und 110 cm haben. Der zweite Rettungsweg verläuft auch über die benachbarten Flurstücke 0000/000, 0000/000. Dem Bauantrag war eine Berechnung beigefügt, die einen Bedarf von drei Stellplätzen ermittelt, einen Mehrbedarf gegenüber der letzten genehmigten Nutzung jedoch verneint. Die Klägerin stellte auch einen Antrag zur Eintragung einer Baulast zur Sicherung des zweiten Rettungsweges, der eine Eigentümererklärung der L. B. N. GmbH & Co. KG enthielt.
6Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 00000/00, der für das Baugrundstück Straßenbegrenzungs- und Baulinien festsetzt. In der Straße E. G1. befinden sich Ladengeschäfte, Schank- und Speisewirtschaften, Gewerbebetriebe, Wohnungen sowie eine Spielhalle (E. G. 90).
7Mit Bescheid vom 30.07.2014, zugestellt am 15.08.2014, lehnte die Beklagte den Bauantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, ausreichende Stellplätze seien auf dem Grundstück nicht nachgewiesen; eine wesentliche Änderung i.S.v. § 51 Abs. 2 BauO NRW liege vor, sodass insoweit kein Bestandsschutz bestehe. Zudem erfülle das Vorhaben nicht die Vorgaben des § 55 BauO NRW zur Barrierefreiheit.
8Am 01.09.2014 hat die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig, da es keine kerngebietstypische Vergnügungsstätte sei. Denn es diene nicht als zentraler Dienstleistungsbetrieb einem größeren Einzugsbereich, sondern sei eher der Nutzung durch einen Gastronomiebetrieb vergleichbar. Zudem liege die hier relevante Nutzfläche unter 100 m². Eine solche Vergnügungsstätte sei in den überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägten Bereichen eines Mischgebiets zulässig. Jedenfalls sei das Vorhaben ausnahmsweise zulässig, da das Ermessen der Beklagten insoweit mangels entgegenstehender städtebaulicher Gründe auf Null reduziert sei. Denn ein sogenannter Trading-Down-Effekt sei nicht zu befürchten. Intensivere Lärmimmissionen als durch einen Gastronomiebetrieb seien nicht zu erwarten. Eine wesentliche Änderung i.S.v. § 51 Abs. 2 BauO NRW liege nicht vor, da das gesamte Gebäude zur Beurteilung in den Blick genommen werden müsse. Das Vorhaben mache maximal 13 % der Gesamtfläche des Gebäudes aus. § 55 BauO NRW stehe der Genehmigungserteilung ebenso wenig entgegen, da die zu ändernde Nutzungsebene bereits im Bestand barrierefrei sei.
9Am 20.01.2015 hat die Klägerin die Klage um den Hilfsantrag erweitert.
10Die Klägerin beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.07.2014 zu verpflichten, ihr die Baugenehmigung entsprechend dem Bauantrag vom 03.04.2013 zu erteilen,
12hilfsweise,
13die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 30.07.2014 zu verpflichten, ihr einen Vorbescheid zu erteilen, der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit sowie die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit im Hinblick auf § 51 und § 55 BauO NRW zum Inhalt hat.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid und führt ergänzend aus, eine wesentliche Änderung i.S.v. § 51 Abs. 2 BauO NRW liege vor, da die beantragte Nutzung nach der Verkehrsanschauung nicht mit der alten verwandt sei. Die Regelung des § 51 Abs. 9 BauO NRW wäre überflüssig, wenn man die Nutzfläche des Vorhabens mit der Gesamtfläche des Gebäudes vergleichen würde. Die Voraussetzung des § 55 Abs. 4 S. 10 BauO NRW werde nicht erfüllt.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die Klage hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
20Die mit dem Hauptantrag verfolgte zulässige Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO ist unbegründet, weil ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nach § 75 BauO NRW nicht besteht, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 BauO NRW ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Dem beantragten Vorhaben stehen bauordnungsrechtliche Vorschriften entgegen.
21Das Vorhaben erfüllt nicht die Vorgaben des § 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BauO NRW. Danach müssen bei der Errichtung von baulichen Anlagen und anderen Anlagen, bei denen ein Zu- und Abgangsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze oder Garagen hergestellt werden, wenn und soweit unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personenverkehrs zu erwarten ist, dass der Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeugs erfolgt (notwendige Stellplätze und Garagen). Wesentliche Änderungen von Anlagen nach Absatz 1 oder wesentliche Änderungen ihrer Benutzung stehen der Errichtung im Sinne des Absatzes 1 gleich.
22Das Vorhaben löst einen Stellplatzbedarf aus, den die beantragte Planung nicht deckt. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Frage des Stellplatzbedarfs trotz einer etwaigen Genehmigung für die vorangegangene Nutzung aufgeworfen. Denn das Vorhaben stellt demgegenüber eine wesentliche Änderung dar. Eine wesentliche Änderung der Benutzung von baulichen Anlagen im Sinne von § 51 Abs. 2 BauO NRW liegt vor, wenn eine neue Nutzung aufgenommen wird, die nach der Verkehrsanschauung mit der alten nicht verwandt, sondern von ihr grundsätzlich verschieden ist. Ein erheblich erhöhter Stellplatzbedarf ist keine notwendige Voraussetzung einer solch wesentlichen Änderung, sondern nur ein gewichtiges von vielen denkbaren Indizien. Darauf, ob die wesentliche Änderung zu einem vermehrten, einem gleichbleibenden oder einem verringerten Stellplatzbedarf führt, kommt es bei der Anwendung des § 51 Abs. 2 BauO NRW nicht an. Entscheidend ist, dass nach einer wesentlichen Änderung insgesamt überhaupt ein Stellplatzbedarf besteht; dieser muss gegebenenfalls uneingeschränkt gedeckt werden. Der Umfang der Stellplatzpflicht bei wesentlichen Änderungen einer baulichen Anlage oder wesentlichen Nutzungsänderungen ist so zu beurteilen, als wenn die bauliche Anlage gänzlich neu errichtet würde.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 01.09.1988 – 11 A 1158/87 –, juris, Rz. 7 ff.; VG Köln, Urteil vom 29.03.2011 – 2 K 3273/10 –, juris, Rz. 26 m.w.N.; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Aufl., § 51, Rz. 52 m.w.N.
24Das Vorhaben stellt eine wesentliche Änderung der Benutzung im Sinne von § 51 Abs. 2 BauO NRW dar. Diese Bewertung ergibt sich insbesondere aus der andersartigen bauplanungsrechtlichen Einordnung der beabsichtigten Nutzung des Erdgeschosses des Gebäudes E. G1. 109, welches künftig nicht mehr als Einzelhandelsbetrieb, sondern als Wettannahmestelle betrieben werden soll, aber auch aus dem Umstand, dass für die Stellplatzbemessung nach den Richtzahlen für den Stellplatzbedarf eine andere Nutzungsgruppe maßgebend ist, statt Ziffer 3.1 nunmehr Ziffer 6.3 der Anlage 51.11 der Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung – VV BauO NRW – („Richtlinien für den Stellplatzbedarf“).
25Zu diesen Indizien vgl. Johlen, a.a.O., Rz. 49 f. m.w.N.
26Die Anlage 51.11 VV BauO NRW – infolge Befristung zum 31.12.2005 ausgelaufen – beinhaltet Richtzahlen für den Stellplatzbedarf, die die besondere Art der Nutzung berücksichtigen, weil sich daraus Anhaltspunkte für den zu erwartenden Kraftfahrzeugverkehr ergeben. Die Richtzahlen sind auf gesicherter Erfahrungsgrundlage beruhende Anhaltspunkte bzw. als sachverständig festgestellte Erfahrungswerte von Bedeutung.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.02.2009 – 10 A 793/07 –, juris, Rz. 62.
28Insoweit kommt den Richtzahlen auch nach dem Auslaufen der VV BauO NRW noch Bedeutung zu. Sie sind in Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes anzuwenden, wenn im Einzelfall keine ausreichenden Erkenntnisse zur Beurteilung des Stellplatzbedarfes vorliegen.
29Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 10.05.2012 – 4 K 5269/11 –, juris, Rz. 45.
30Die Neuerrichtung eines Gebäudes, dessen Erdgeschoss mit einem Wettbüro und dessen Obergeschosse zu Wohnzwecken genutzt werden sollen, lässt Zu- und Abgangsverkehr erwarten und löst auch unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personenverkehrs einen Stellplatzbedarf aus. Ziffer 6.3 der Anlage 51.11 VV BauO NRW („Spiel- und Automatenhallen“) sieht je 20 - 25 m² Spielhallenfläche einen Stellplatz, mindestens jedoch drei Stellplätze vor. Ausgehend davon sind allein bei einer Nutzfläche von 98 m² bereits vier Stellplätze erforderlich. Aufgrund dieser Größe und der vorgesehenen Stehtische ist die Wettannahmestelle mit Blick auf den Stellplatzbedarf einer Spielhalle vergleichbar. Die Bauunterlagen weisen keine Stellplätze für das Vorhaben nach.
31Entgegen der Auffassung der Klägerin ist zur Beurteilung der Wesentlichkeit der Nutzungsänderung das gesamte Gebäude nicht dergestalt in den Blick zu nehmen, dass die Nutzfläche des Vorhabens mit der Nutzfläche des Gebäudes im Übrigen ins Verhältnis gesetzt wird. Denn zum einen würde dann nicht der Stellplatzbedarf der gesamten (wie neu errichteten) baulichen Anlage berücksichtigt, sondern lediglich der zur Genehmigung gestellte Gebäudeteil. Zum anderen lässt ein bloß quantitativer Vergleich von Nutzflächen außer Acht, dass es bei unterschiedlichen Nutzungen zu einem unterschiedlichen Stellplatzbedarf kommen kann. Außerdem wäre die Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 9 BauO NRW für Dachgeschossausbauten zu Wohnzwecken bei der von der Klägerin vorgeschlagenen Relationsbetrachtung überflüssig.
32Zudem fehlt dem Vorhaben ein Toilettenraum für Menschen mit Behinderung. § 55 Abs. 4 S. 10 Hs. 1 BauO NRW bestimmt, dass ein Toilettenraum auch für Benutzerinnen und Benutzer von Rollstühlen geeignet und erreichbar sein muss. Die Toilettenräume sind nach DIN 18024 – Teil 2 anzulegen und zu kennzeichnen.
33Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11.09.2014 – 5 K 4066/12 –, juris, Rz. 38 f. m.w.N.
34Danach müssen Türen eine Breite von mindestens 90 cm haben. Ausweislich des Grundrisses für das Erdgeschoss sind die Türen jedoch nur 60 cm breit. Darüber hinaus sind die erforderlichen Bewegungsflächen nicht eingehalten. Nach der genannten DIN-Vorschrift müssen die Flächen mindestens 120 cm breit sein entlang von Einrichtungen, die der Rollstuhlfahrer seitlich anfahren muss. Hier sind die Toilettenräume lediglich zwischen 80 und 110 cm breit.
35Die mit dem Hilfsantrag verfolgte zulässige Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage nach § 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO ist ebenso unbegründet, weil ein Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides nach § 71 BauO NRW nicht besteht, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Die Erweiterung des Klageantrags um eine hilfsweise bedingte Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO stellt eine zulässige Klageänderung dar. Zum einen hat sich die Beklagte hierauf rügelos eingelassen (§ 91 Abs. 1 Fall 1, Abs. 2 VwGO). Zum anderen ist die Umstellung sachdienlich (§ 91 Abs. 1 Fall 2 VwGO). Denn der Hilfsantrag beschränkt sich auf einen Teil des unveränderten Streitstoffs und damit eine verwertbare Entscheidungsgrundlage, so dass die Zulassung geeignet ist, den Rechtsstreit endgültig beizulegen.
36Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides nach § 71 Abs. 1, 2, § 75 Abs. 1 S. 1 BauO NRW, weil das Vorhaben aus den dargelegten Gründen nicht die Vorgaben von § 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BauO NRW sowie § 55 Abs. 4 S. 10 Hs. 1 BauO NRW erfüllt.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Bei der Klägerin handelt es sich um eine Grundstücks- und Wohnungsverwalterin aus C. . Sie begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Betrieb eines Hotels mit 17 Gästezimmern sowie von zwei Spiel- und Automatenbetrieben.
3Das Grundstück H.-------straße 25-31 liegt im Geltungsbereich des seit dem 5. Dezember 1996 Rechtsverbindlichkeit beanspruchenden Vorhaben- und Erschließungsplans (im Folgenden: VEP) Nr. 691 „B.----straße / H.-------straße “. Ausweislich der Beschlussvorlage vom 28. Mai 1996 ist das Plangebiet Teil des IBA-Projektes „Dienstleistungspark Innenstadt-West“ und bildet den Einstieg in die Entwicklung dieses Dienstleistungsparks. Der VEP soll eine Brückenfunktion zwischen der City und dem Bereich Innenstadt-West übernehmen. Gleichzeitig bestehe durch die teilweise Freisetzung der ehemals industriell genutzten Flächen die Chance der Weiterentwicklung der Innenstadt entlang der B.----straße . Laut Planurkunde besteht der VEP aus dem Grundrissplan sowie dem Änderungsplan Nr. 1. Der VEP sieht für den Bereich des Vorhabens nach seinen textlichen Festsetzungen das „Planzeichen B“ vor, nach dem im Erd- und Obergeschoss Vergnügungsstätten und Gastronomie bis zu einer Fläche von 2000 m² zulässig sind.
4Mit Bauantrag vom 9. April 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung von drei eigenständigen Spiel- und Automatenbetrieben in ein Hotel mit insgesamt 17 Gästezimmern im ersten Obergeschoss sowie zwei eigenständigen Spiel- und Automatenbetrieben im Erdgeschoss.
5Ausweislich der Bauzeichnung vom 8. April 2011 sollen im Erdgeschoss des Gebäudekomplexes zwei Räumlichkeiten zum Aufstellen von je acht Geldspielgeräten genutzt werden. Die Spielstätten sollen eine Größe von 99,59 m² bzw. 99,4 m² haben. An die Räumlichkeiten schließt sich eine Rezeption an, von der aus sowohl die Spielstätte als auch über das Treppenhaus das Hotel erreichbar sind. Hinter dem Rezeptionsbereich befinden sich jeweils eine Damen- und eine Herrentoilette. Die Türen zu den Toiletten sind jeweils 90 cm bzw. 60 cm breit.
6Mit Bescheid vom 6. August 2012 lehnte die Beklagte den Bauantrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, bei der beabsichtigten Nutzungsänderung handele es sich weder um eine Vergnügungsstätte noch um Gastronomie, so dass die Nutzung planungsrechtlich unzulässig sei, da sie dem Planzeichen „B“ widerspreche. Eine Befreiung sei nicht möglich, da diese die Grundzüge der Planung tangieren würde. Überdies könne eine Befreiung aus städtebaulichen Gründen nicht akzeptiert werden.
7Die Klägerin hat am 6. September 2012 Klage erhoben.
8Der Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur- und Stadtentwicklung der Beklagten beschloss in seiner Sitzung vom 4. Dezember 2013 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 959 „B.----straße / H.-------straße “. Laut Beschlussvorlage war Anlass für die Planung der hier streitgegenständliche Antrag der Klägerin. Da der VEP nicht in allen Aspekten den Anforderungen der Rechtsprechung an VEP entspreche, sei die Aufstellung des Bebauungsplanes erforderlich, um im gerichtlichen Verfahren höhere Rechtssicherheit zu erlangen. Mit dem Bebauungsplan solle eine attraktive Nutzungsstruktur in Randlage der C1. Innenstadt weiterentwickelt werden. Dazu sei die Steuerung des Einzelhandels zum Schutz und zur Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche erforderlich. Ebenso sei die Steuerung von Vergnügungsstätten zur Verhinderung der Trading-Down-Effekten innerhalb des Plangebietes notwendig. Zur Verhinderung von Trading-Down-Effekten gehöre auch der Ausschluss von Betrieben mit sexuellen Dienstleistungen und auch von Hotels zur räumlichen Beschränkung des Rotlichtviertels.
9Der Aufstellungsbeschluss wurde am 16. Dezember 2013 im Amtsblatt der Stadt C. öffentlich bekannt gemacht.
10Unter dem 20. Februar 2014 erließ die Beklagte für einen Teilbereich des Plangebiets des Bebauungsplans Nr. 959 eine Veränderungssperre. Der Bereich umfasst die Grundstücke, auf denen das Vorhaben der Klägerin verwirklicht werden soll. Laut Beschlussvorlage sei die Anordnung der Veränderungssperre zwingend erforderlich, da für den Fall, dass das Gericht zu der Auffassung gelange, der VEP leide an Mängeln, die seine Funktionslosigkeit begründen, das Vorhaben auf der Grundlage des § 34 BauGB zuzulassen sei.
11Die Klägerin ist der Ansicht, der VEP Nr. 691 der Beklagten stehe dem Vorhaben nicht entgegen, da dieser unwirksam sei. Er genüge bereits nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen. Demnach genüge es nicht, dass der Plangeber die in Bezug genommene Vorschrift – hier die VDI-Richtlinie 2719 sowie die Geräusch-Immissionsprognose vom 26. Februar 1996 – bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, bereit halte. Vielmehr müsse er auch in der Bebauungsplanurkunde ausdrücklich darauf hinweisen. Außerdem fehle es an einer Rechtsgrundlage für die Einbeziehung des Grundstücks B.----straße 36 in den VEP, da jedenfalls der zitierte § 7 Abs. 1 Satz 3 BauGB-MaßnahmenG nicht einschlägig sei. Die Einbeziehung sei im Übrigen auch nicht für eine städtebauliche Entwicklung erforderlich. Schließlich bestünden Bedenken hinsichtlich der Kennzeichnung der Planurkunde als „Grundrissplan“ bzw. „Änderungsplan Nr. 1“. Die Pläne würden unterschiedliche Regelungsgehalte enthalten. Für den Rechtsanwender sei nicht ersichtlich, welche Fassung der Planung Geltung haben solle. Ob der Grundrissplan gänzlich durch den Änderungsplan abgelöst werden solle, sei nicht nachvollziehbar. Da der VEP unwirksam sei, sei das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen. In einem faktischen Kerngebiet sei die beantragte Nutzung jedenfalls bauplanungsrechtlich zulässig.
12Hinsichtlich der Veränderungssperre ist die Klägerin der Ansicht, diese könne der positiven Bescheidung des Bauantrages nicht entgegengehalten werden, da sie selbst rechtsfehlerhaft sei. Der Aufstellungsbeschluss vom 4. Dezember 2013 sei zu keiner Zeit wirksam bekannt gemacht worden. Die Bestätigung nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO sei fehlerhaft, da die Übereinstimmung zwischen dem Wortlaut der Bekanntmachung und dem Aufstellungsbeschluss vor Bekanntmachung noch nicht habe bestätigt werden können. Außerdem sei die Veränderungssperre nicht zur Sicherung einer hinreichend konkreten Planung beschlossen worden. Der Aufstellungsbeschluss diene lediglich einer unzulässigen Verhinderungsplanung. Es liege kein hinreichendes Plankonzept vor. Es sei schließlich auch nicht nachvollziehbar, warum der Ausschluss von Hotels zur räumlichen Beschränkung des Rotlichtviertels erforderlich sei.
13Die Klägerin beantragt,
14die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 6. August 2012 zu verpflichten, die beantragte Genehmigung zur Nutzungsänderung in Hotelführung mit 17 Gästezimmern und zwei eigenständigen Spiel- und Automatenbetrieben auf dem Grundstück H.-------straße 25 bis 31 in C. zu erteilen,hilfsweise,die Beklagte zu verpflichten, einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für ein Hotel mit 17 Gästezimmern sowie zwei eigenständige Spiel- und Automatenbetriebe auf dem Grundstück H.-------straße 25 bis 31 in C. zu erteilen,hilfsweise,festzustellen, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 17. März 2014 verpflichtet war, die streitgegenständliche Genehmigung zu erteilen,hilfsweise,festzustellen, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages am 01. Dezember 2012 verpflichtet war, die streitgegenständliche Genehmigung zu erteilen,hilfsweise,festzustellen, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 17. März 2014 verpflichtet war, einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zu erteilen undhilfsweise,
15festzustellen, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Dezember 2012 verpflichtet war, einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zu erteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Gründe des ablehnenden Bescheides. Ergänzend trägt sie vor, der Klägerin fehle bereits das Sachbescheidungsinteresse, da es sich bei der Hotelnutzung im ersten Obergeschoss um eine verdeckte Bordellnutzung handele, die innerhalb des ordnungsbehördlich im Stadtgebiet der Beklagten festgelegten Sperrbezirks nicht zulässig sei. Der Geschäftsführer der Klägerin sei der Beklagten bereits aus vorhergehenden Verwaltungsstreitverfahren bekannt, daher sei von einem „Etikettenschwindel“ auszugehen. Das Sachbescheidungsinteresse fehle auch deshalb, da dem Bauvorhaben nach § 16 Abs. 3 AG GlüStV NRW nicht ausräumbare glücksspielrechtliche Hinderungsgründe entgegen stünden, da ein Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachkonzession vorliege. Die Rügen hinsichtlich der Wirksamkeit des Aufstellungsbeschlusses seien nicht nachvollziehbar, da sich die Bestätigung der Oberbürgermeisterin durch das zeitliche Anknüpfen an die Beschlussvorlage sowie den darin enthaltenen Beschlussvorschlag und die Beschlussfassung trotz der missverständlichen Formulierung offensichtlich auf den „bekannt zu machenden“ Beschlusstext bezogen habe. Es liege auch eine hinreichend konkrete Planung vor, da die Steuerung des Einzelhandels zum Schutz und zur Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche ebenso wie die Steuerung von Vergnügungsstätten zur Verhinderung von Trading-Down-Effekten innerhalb des Plangebiets beabsichtigt sei. Dass der Antrag der Klägerin zum Anlass für die Planung genommen worden sei, sei planungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei das Vorhaben der Klägerin auch aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht zulässig. Insofern fehle es an der erforderlichen Barrierefreiheit gemäß § 55 Abs. 4 Satz 10 BauO NRW, da die zum Bauantrag eingereichten Bauzeichnungen keine barrierefreie Toiletteneinrichtungen aufweisen würden.
19Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
20Entscheidungsgründe:
21Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen auch unbegründet.
22I. Der Hauptantrag ist bereits unzulässig. Für die Klage besteht nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW ‑ AG GlüStV NRW ‑ am 1. Dezember 2012 (GVBl. 2012, 523) kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Klägerin fehlt hinsichtlich der mit der Klage begehrten Baugenehmigung das notwendige Sachbescheidungsinteresse.
23Das allgemeine Sachbescheidungsinteresse ist nicht gegeben, wenn die Klägerin aus Rechtsgründen gehindert ist, von der begehrten Baugenehmigung Gebrauch zu machen und daher nicht mit der Klage ihre Rechtsstellung verbessern kann. Die Erteilung einer Baugenehmigung darf unter Berufung auf entgegenstehende rechtliche Hindernisse aber nur dann versagt werden, wenn sich diese „schlechthin nicht ausräumen lassen“.
24Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 7. August 2013 – 10 A 1969/12; hinsichtlich des Sachbescheidungsinteresses bei Erteilung eines Vorbescheides OVG NRW, Urteil vom 19. April 2013 – 10 A 2596/11; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 17. Januar 2013 – 5 K 4936/11- und vom 14. August 2014 – 3653/13 -; Boeddinghaus / Hahn / Schulte / Radeisen, BauO NRW, § 75 Rn. 55 f.
25So liegt es hier. Die Klägerin ist aus Rechtsgründen gehindert, von der begehrten Baugenehmigung Gebrauch zu machen und vermag daher mit einer Verpflichtungsklage ihre Rechtsstellung nicht zu verbessern. Der Verwertung der begehrten Baugenehmigung steht § 16 Abs. 2 und 3 AG GlüStV NRW in Verbindung mit §§ 24 f. GlüStV entgegen. Danach ist die Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ausgeschlossen (Verbot der Mehrfachkonzessionen); ein Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle soll nicht unterschritten werden. Hier sollen laut Bauantrag zwei eigenständige Spiel- und Automatenbetriebe im Erdgeschoss genehmigt werden. Eine solche Genehmigung könnte die Klägerin rechtlich nicht ausnutzen, da ihr nicht für zwei Spielstätten eine Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV erteilt werden würde.
26II. Der Hilfsantrag, mit dem die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides begehrt, ist aus den gleichen Gründen unzulässig. Die Klägerin kann auch für die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides aufgrund des Verbots der Mehrfachkonzessionen nach dem AG GlüStV NRW kein Sachbescheidungsinteresse für sich in Anspruch nehmen.
27III. Auch der Hilfsantrag, mit dem die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 17. März 2014 verpflichtet war, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, ist unzulässig. Denn auch im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre war die Klage aufgrund des Inkrafttretens des AG GlüStV NRW bereits unzulässig. Auf die Wirksamkeit der Veränderungssperre kommt es insofern nicht mehr an.
28IV. Soweit die Klägerin hilfsweise die Feststellung begehrt, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten des AG GlüStV NRW am 1. Dezember 2012 bzw. bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 17. März 2014 verpflichtet war, einen planungsrechtlichen Vorbescheid zu erteilen, sind die Hilfsanträge insgesamt unzulässig. Denn eine hierauf gerichtete Fortsetzungsfeststellungklage ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht statthaft.
29Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall, dass sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtwidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
30Durch die gesetzlich eröffnete Möglichkeit dieser sog. Fortsetzungsfeststellungsklage soll verhindert werden, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen, den Streitgegenstand kennzeichnenden Antrag nicht weiterverfolgen kann, um die „Früchte“ der bisherigen Prozessführung gebracht wird. Er darf daher das in der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage subsidiär enthaltene Feststellungsbegehren als Hauptantrag fortführen, wenn er ein entsprechendes Feststellungsinteresse hat.
31Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 24. Januar 2012 – 7 C 24/91 -, mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 18. April 1986 – 8 C 84.84 -; zitiert nach juris.
32Die Privilegierung der Fortsetzungsfeststellungsklage endet allerdings dann, wenn mit dem Übergang zum Feststellungsbegehren zugleich der Streitgegenstand in Bezug auf die ursprüngliche Klage ausgewechselt oder erweitert wird.
33Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Januar 2012 – 7 C 24/91 - und vom 28. August 1987 – 4 C 31/86 -, jeweils zitiert nach juris; Sodan / Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2010, § 113 Rn. 242.
34Auf eine erledigte Verpflichtungsklage hin lautet deshalb in der Regel der – zulässige – Fortsetzungsfeststellungsantrag, festzustellen, dass die Versagung des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig war.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 1987 – 4 C 31/86 -, zitiert nach juris.
36Die Erteilung eines Bauvorbescheides hat die Klägerin jedoch bis zum jetzigen Hilfsantrag nicht beantragt. Durch die begehrte Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet war, bis zum Inkrafttreten des AG GlüStV NRW bzw. bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre einen planungsrechtlichen Vorbescheid zu erteilen, hat sie vielmehr den ursprünglichen Streitgegenstand nachträglich ausgewechselt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Antrag auch nicht bereits als „Minus“ in dem ursprünglichen Klageantrag enthalten. Beantragt die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung, ist die Beklagte nicht verpflichtet, im Falle der Ablehnung des Bauantrags aus bauordnungsrechtlichen Gründen jedenfalls als „Minus“ einen planungsrechtlichen Vorbescheid zu erteilen. Die Erteilung eines Bauvorbescheides kann nur Ergebnis eines Vorbescheidantrages sein.
37V. Dagegen ist der Hilfsantrag der Klägerin, mit dem sie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten des AG GlüStV NRW verpflichtet war, die streitgegenständliche Baugenehmigung zu erteilen als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Der Antrag ist nach den oben dargelegten Grundsätzen statthaft und die Klägerin kann auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung für sich in Anspruch nehmen. Das Verfahren dient der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder sonstigen Entschädigungsprozesses vor dem zuständigen Zivilgericht, welches an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Ablehnungsbescheides gebunden ist. Die Klägerin hat hinreichend substantiiert aufgezeigt, dass sie einen solchen zivilgerichtlichen Prozess anstrengen wird, wenn sie im vorliegenden Verfahren mit ihrem Hilfsantrag Erfolg hat.
38Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Denn die Beklagte war bis zum Inkrafttreten des AG GlüStV NRW am 1. Dezember 2012 nicht verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
39Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) besteht ein Anspruch auf eine Baugenehmigung, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich wegen möglicherweise gegebener Unwirksamkeit des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 691 „B.----straße / H.-------straße “ zulässig wäre, stehen dem Vorhaben jedenfalls bauordnungsrechtliche Vorschriften entgegen.
40Nach § 55 Abs. 4 Satz 10 BauO NRW muss in baulichen Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, ein Toilettenraum auch für Benutzerinnen und Benutzer von Rollstühlen geeignet und erreichbar sein. Die Toilettenräume sind nach DIN 18024 – Teil 2 anzulegen und zu kennzeichnen.
41Vgl. Gädtke / Temme / Heintz / Czepuck, BauO NRW, 11. auflage 2008, § 55 Rn. 27.
42Danach müssen Türen eine Breite von mindestens 90 cm haben. Ausweislich der Bauzeichnung vom 8. April 2011 sind die Türen jedoch teilweise nur 60 cm breit. Darüber hinaus sind die erforderlichen Bewegungsflächen nicht eingehalten. Nach der genannten DIN-Vorschrift müssen die Flächen mindestens 120 cm breit sein entlang von Einrichtungen, die der Rollstuhlfahrer seitlich anfahren muss. Hier sind die Toilettenräume lediglich 90 cm breit.
43Nach alledem hatte die Klägerin auch bis zum Inkrafttreten des AG GlüStV NRW wegen entgegenstehender bauordnungsrechtlicher Vorschriften keinen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
45Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.