Verwaltungsgericht Köln Urteil, 05. Juni 2014 - 20 K 3268/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Am Abend des 12.04.2013 parkte der Kläger das Fahrzeug der Marke Q. mit dem amtlichen Kennzeichen 000-0 000 in L. in der I. . vor Haus Nr. 0 in einer Parkbucht. Die Parkbucht war durch das Zeichen 314 (weißes P auf blauem Grund) und ein Zusatzschild mit dem Text „Bewohner mit Parkausweis KEUP Nr.1 bis 1500“ als Sonderparkplatz für Anwohner ausgewiesen. Im klägerischen Fahrzeug war kein entsprechender Parkausweis ausgelegt. Der zuständige Außendienstmitarbeiter stellte um 19.25 Uhr einen Verkehrsverstoß fest und erteilte einem Abschleppunternehmen um 19.40 Uhr den Auftrag zur Entfernung des Fahrzeugs. Zur Begründung ist im Sicherstellungsprotokoll angegeben: „Bewohnerparkplatz Z. 314“ (Vorderseite) bzw. „Berechtigte konnten nicht anfahren. Eine Behinderung ist eingetreten.“ (Rückseite). Bevor das Abschleppen durchgeführt werden konnte, aber nachdem der Abschleppvorgang bereits in Gang gesetzt war, erschien der Kläger und entfernte das Fahrzeug.
3Die Firma T. stellte für den Abschleppauftrag unter dem 13.04.2013 Kosten „nach Auf- und Abladen“ in Höhe von 93,00 € in Rechnung.
4Mit Leistungs- und Gebührenbescheid vom 23.04.2013 nahm die Beklagte den Kläger für die Kosten und die infolge des Abschleppens entstandenen Verwaltungsgebühren in Höhe von 68,00 € in Anspruch. Der Bescheid wurde dem Kläger am 25.04.2013 zugestellt.
5Am 24.05.2013 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Abschleppmaßnahme sei unverhältnismäßig gewesen, da durch sein Fahrzeug keine Behinderung eingetreten sei. Zudem sei der Abschleppwagen auch nicht „umsonst“ erschienen. Kurze Zeit nach Entfernen des PKW durch den Kläger seien in der Nähe seines Parkplatzes 10 – 15 PKW abgeschleppt worden.
6Der Kläger beantragt,
7den Leistungs- und Gebührenbescheid der Beklagten vom 23.04.2013 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung macht sie u.a. weitere Angaben zur Abfolge der Abschleppmaßnahmen in der I. . am fraglichen Tag. Der für den PKW des Klägers bestimmte Abschleppwagen habe nach dem Auf- und Abladen später ein anderes Fahrzeug abgeschleppt. Gleichwohl sei die Kostenforderung gegenüber dem Kläger berechtigt, da beim Eintreffen des Klägers vor Ort der Abschleppvorgang bereits in der Weise in Gang gesetzt gewesen sei, dass das Fahrzeug auf das Plateau gezogen worden sei. Dadurch sei der Aufwand der Abschleppfirma entstanden.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe
13Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
14Der Leistungs- und Gebührenbescheid vom 23.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15Die Kostenpflicht des Klägers beruht auf § 77 VwVG NRW i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 7 bzw. 8 (Abschleppkosten) und § 15 Abs. 1 Nr. 7 (Verwaltungsgebühren) VOVwVG NRW i.V.m. § 24 OBG NRW, § 43 Nr. 1, § 46 Abs. 3 PolG NRW bzw. § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW. Hiernach hat der Ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige Abschleppmaßnahme entstandenen Kosten zu erstatten und hierfür Verwaltungsgebühren zu entrichten.
16Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme bestehen keine Bedenken.
17Voraussetzung für ein Eingreifen nach den genannten Vorschriften ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, der mit den Mitteln des Ordnungsrechtes begegnet werden kann. Dies war vorliegend der Fall, denn im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten lag ein Verstoß gegen § 42 Abs. 2 StVO vor, da das Fahrzeug spätestens ab 19.25 Uhr in einem Bereich abgestellt war, in dem die Parkerlaubnis (Zeichen 314) durch Zusatzzeichen auf Personen mit einem besonderen Parkausweis für Bewohner beschränkt war. Dass der Kläger nicht über einen derartigen Ausweis verfügte, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
18Die Anordnung der Entfernung des Fahrzeuges war auch zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und entsprach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit.
19Zwar rechtfertigt auf der einen Seite ein bloßer verkehrsrechtlicher Verstoß nicht ohne Weiteres eine Abschleppmaßnahme und auch allein eine Berufung auf eine bloße Vorbildwirkung des fehlerhaften Verhaltens und auf den Gesichtspunkt der Generalprävention reicht nicht aus. Auf der anderen Seite erscheint aber ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern regelmäßig geboten. Eine derartige Behinderung lag hier vor, denn durch ein Parken ohne Anwohnerparkausweis wird die Nutzung der Parkflächen durch Berechtigte, die ihren Ausweis ordnungsgemäß auslegen, verhindert,
20vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.08.2009, – 5 A 1430/09 –; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.01.1995, - 1 S 3083/94 -; alle abrufbar bei Juris.
21Bei rechtswidrigem Parken auf einem Anwohnerparkplatz muss zum Zeitpunkt des Abschleppens auch keine konkrete Behinderung vorhanden sein, sondern die Möglichkeit der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer genügt,
22vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 30.01.1995 - 1 S 3083/94 - und vom 15.1.1990 - 1 S 3625/88 -; VG Bremen, Urteil vom 26.01.2009, - 5 K 2812/08 -; alle abrufbar bei Juris.
23Anderenfalls könnte eine Abschleppmaßnahme bei Parkverstößen immer erst dann verfügt werden, wenn an einem Anwohnerparkplatz tatsächlich ein Anwohner parken will, der konkret durch einen dort verbotswidrig, d.h. ohne Anwohnerparkausweis geparkten PKW an dem Einparken an diesem Parkplatz gehindert wird. Dies würde dem Zweck von Anwohnerparkzonen, den Anwohnern innerstädtischer Wohngebiete eine zeitraubende Suche nach einem Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung zu ersparen, widersprechen.
24Auch der weitere Einwand des Klägers, Kosten für den abgebrochenen Abschleppvorgang hätten nicht erhoben werden dürfen, weil im unmittelbaren Anschluss daran ein anderes Fahrzeug abgeschleppt worden sei, greift nicht durch. Zwar ist der Vortrag des Klägers in tatsächlicher Hinsicht zutreffend, wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.10.2013 bestätigt hat. Die Beklagte hat aber zugleich unwidersprochen mitgeteilt, dass der Abschleppvorgang betreffend das klägerische Fahrzeug bereits insoweit in Gang gesetzt worden war, dass das Kfz auf das Plateau gezogen wurde. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus den im Verwaltungsvorgang befindlichen Fotos (Bl. 8 der Beiakte). Bei dieser Sachlage sind aber – anders als bei bloßen Leerfahrten - abrechenbare Leistungen des Abschleppunternehmens bereits entstanden und ist die Geltendmachung von Kosten auch unter Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips gerechtfertigt,
25vgl. hierzu: OVG Hamburg, Urteil vom 28.03.2000 – 3 Bf 215/98 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2002 – 1 S 1531/01 -; OVG NRW, Beschlüsse vom 20.12.2012 – 5 A 2802/11 – und vom 10.07.2013 – 5 A 1687/12 -; alle abrufbar bei Juris.
26Die Höhe der geltend gemachten Verwaltungsgebühr ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ebenfalls nicht zu beanstanden.
27Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 05. Juni 2014 - 20 K 3268/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 05. Juni 2014 - 20 K 3268/13
Referenzen - Gesetze
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Richtzeichen geben besondere Hinweise zur Erleichterung des Verkehrs. Sie können auch Ge- oder Verbote enthalten.
(2) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Richtzeichen nach Anlage 3 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.
(3) Richtzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.