Verwaltungsgericht Köln Urteil, 12. Dez. 2014 - 19 K 4525/13

Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d:
2Der Kläger ist hinsichtlich krankheitsbedingter Aufwendungen für seinen Sohn zu einem Bemessungssatz von 80 % beihilfeberechtigt.
3Unter dem 25.03.2013 beantragte er bei der Beklagten, ihm eine Beihilfe zu Aufwendungen seines Sohnes für den Austausch von zwei Brillengläsern nebst Einschleifkosten in Höhe von insgesamt 335,20 €, die die P. T. GmbH & Co KG mit Rechnung vom 27.10.2012 geltend gemacht hatte.
4Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27.03.2013 die Bewilligung einer Beihilfe mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen einer beihilfefähigen Ersatzbeschaffung einer Brille nicht gegeben seien.
5Mit seinem Widerspruch vom 27.04.2013 machte der Kläger geltend, die Beschaffung der Brillengläser sei als Reparatur der Brille seines Sohnes anzusehen und deshalb beihilfefähig, ohne dass die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit einer Ersatzbeschaffung gegeben sein müssten. Die Neubeschaffung der Brillengläser sei wegen Glasbruchs erforderlich gewesen. Das Brillengestell sei nicht ausgetauscht worden. Ungeachtet dessen habe die letzte Sehwertermittlung vom 23.03.2009 im Zeitpunkt des Reparaturauftrags mehr als 3 ½ Jahre zurückgelegen. Die Änderung der Sehschärfe mit „generell 0,25“ solle wieder knapp als nicht berücksichtigungsfähig gelten.
6Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2013 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass das Auswechseln von 2 Brillengläsern keine Reparatur, sondern die Ersatzbeschaffung einer Brille darstelle. Die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit einer Ersatzbeschaffung seien nicht gegeben. Beim Sohn des Klägers habe sich die Sehschärfe nicht um mindestens 0,5 Dioptrien (sphärischer Wert) geändert. Bei gleichbleibender Sehschärfe seien die Kosten für die Ersatzbeschaffung einer Sehhilfe bei Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet hätten, erst nach 4 Jahren der Erstbeschaffung beihilfefähig.
7Der Kläger hat am 24.07.2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Beschaffung der Brillengläser sei als Reparatur der Sehhilfe anzusehen. Das Brillengestell sei nicht ausgetauscht worden. Die Gläser hätten ausgetauscht werden müssen, weil sie defekt gewesen seien. Im Übrigen liege die letzte Sehwertermittlung vom 23.09.2009 nunmehr um mehr als 4 Jahre zurück. Augenärztlich sei festgestellt worden, dass sich die Sehschärfe um mindestens 0,25 Dioptrien verändert habe.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 27.03.2013 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 zu verpflichten, ihm zu seinem Beihilfeantrag vom 25.03.2013 eine weitere Beihilfe in Höhe von 268,16 € zu bewilligen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie meint, dass die Beschaffung von 2 Brillengläsern eine Ersatzbeschaffung einer Sehhilfe sei. Die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit einer Ersatzbeschaffung lägen nicht vor. Die Sehschärfe habe sich beim Sohn des Klägers nicht um mindestens 0,5 Dioptrien verändert. Die letzte Beschaffung einer Sehhilfe am 20.12.2008 habe im Zeitpunkt der streitigen Anschaffung der neuen Brillengläser am 27.10.2012 noch keine 4 Jahre zurückgelegen.
13Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
15Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 VwGO).
16Die Voraussetzungen der allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW sind nicht gegeben. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind die Aufwendungen für Anschaffung und Reparatur von vom Arzt schriftlich verordneter Hilfsmittel beihilfefähig. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 6 BVO NRW sind die Kosten für ein Brillengestell nicht beihilfefähig; Kosten für eine Ersatzbeschaffung von Sehhilfen (zwei Brillengläser/Kontaktlinsen) sind bei Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, bei einer Änderung der Sehschärfe um mindestens 0,5 Dioptrien (Sphärischer Wert) beihilfefähig. Nach den zu § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW ergangenen Verwaltungsvorschriften (Ziff.4.1.10.1) sind Aufwendungen für die Ersatzbeschaffung von Brillengläsern bei gleich bleibender Sehschärfe 4 Jahre nach der Erstbeschaffung bis zu einem Betrag 150 Euro (je Brillenglas) beihilfefähig.
17Im Falle des Austauschs beider Brillengläser ist keine Reparatur einer Sehhilfe gegeben; vielmehr liegt eine Ersatzbeschaffung einer Sehhilfe vor. Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für eine Ersatzbeschaffung besteht nur unter den näher in § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW genannten Voraussetzungen.
18Die BVO definiert in § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 6 BVO NRW den Begriff der Ersatzbeschaffung mit dem Klammerzusatz (zwei Brillengläser/ Kontaktlinsen). Den Austausch des Brillengestells setzt der Begriff der Ersatzbeschaffung nicht voraus. Die Definition der Ersatzbeschaffung trägt damit dem Umstand Rechnung, dass das Brillengestell ohnehin nicht beihilfefähig ist. Mit der Anschaffung beider Brillengläser werden die beihilfefähigen Bestandteile der Sehhilfe vollständig ausgetauscht. Von einer Reparatur kann nicht mehr die Rede sein,
19vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.04.2008 – 6 A 931/06 -, juris; LAG Hamm, Urteil vom 25.01.2002 – 5 Sa 1051/01 -, juris.
20Die Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Ersatzbeschaffung liegen im Falle des Sohnes des Klägers nicht vor. Die Sehschärfe hat sich beim Sohn des Klägers nicht um mindestens 0,5 Dioptrien verändert. Nach den in den Brillenverordnungen des Arztes Dr. Reinartz vom 25.11.2008 und 25.10.2012 genannten Werten (R -0,75; L -1,0 am 25.11.2008 / R -0,75; L -0,75 am 25.10.2012) ist keine Veränderung von mindestens 0,5 Dioptrien eingetreten. Die Werte Rechts sind gleich geblieben. Die Werte Links haben sich um 0,25 Dioptrien verändert. Die letzte Beschaffung einer Sehhilfe am 20.12.2008 hat im Zeitpunkt der streitigen Anschaffung der neuen Brillengläser am 27.10.2012 noch keine 4 Jahre zurückgelegen. Die in Ziff. 4.1.10.1 VV zu § 4 BVO NRW geregelte Wartezeit von 4 Jahren ist zwar als Innenrechtsnorm im Außenverhältnis nicht bindend. Sie beinhaltet aber eine rechtmäßige Bestimmung der Angemessenheit und Notwendigkeit von Aufwendungen für Sehhilfen.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.