Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 16. Juli 2010 - PL 12 K 1234/10

bei uns veröffentlicht am16.07.2010

Tenor

Die Bekanntmachung des Wahlvorstands vom 11.05.2010 über das Ergebnis der Wahl des Gesamtpersonalrats der Stadt ... vom 04.05. bis 06.05.2010 wird in Bezug auf die Feststellung des Ersatzmitglieds bei der Gruppe der Beamten berichtigt.

Als Ersatzmitglied wird festgestellt: ..., ..., ....

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt als Dienststellenleiter die Berichtigung der Feststellung des Ersatzmitgliedes bei der Gruppe der Beamten aus Anlass der Wahl des Gesamtpersonalrats der Stadt ....
Mit Wahlausschreiben vom 18.03.2010 stellte der Wahlvorstand für die Wahl des Gesamtpersonalrats bei der Stadt ... fest, dass die Zahl der in der Zeit vom 04.05. bis 06.05.2010 zu wählenden Gesamtpersonalratsmitglieder 7 betrage, wobei auf die Gruppe der Beamten 1 Mitglied und auf die Gruppe der Arbeitnehmer 6 Mitglieder entfallen sollten.
Innerhalb der vorgeschriebenen Frist gingen für die Wahl des Gesamtpersonalrats - Gruppe der Beamten - folgende als gültig anerkannte Wahlvorschläge ein:
Wahlvorschlag 1:
        
Kennwort: offene ver.di-Liste Beamte
        
1. ...
        
2. ...
        
Wahlvorschlag 2:
        
Kennwort: Gesamtpersonalratswahlen 2010
        
1. ...
In der Bekanntgabe der als gültig anerkannten Wahlvorschläge führte der Wahlvorstand am 14.04.2010 aus, dass die Gruppe der Beamten nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werde. Dementsprechend erfolgte auch die Gestaltung und Ausgabe der Stimmzettel in der Form gesonderter Einzelstimmzettel.
In seiner Bekanntmachung des Wahlergebnisses für die Wahl des Gesamtpersonalrats vom 11.05.2010 teilte der Wahlvorstand bezüglich der Gruppe der Beamten mit, dass die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchgeführt worden sei und von den 280 gültigen Stimmen 168 Stimmen auf den Wahlvorschlag 1, davon 123 Stimmen auf den Bewerber ... und 45 Stimmen auf den Bewerber ... und 112 Stimmen auf den Wahlvorschlag 2 mit dem einzigen Bewerber ... entfallen seien. Gewählt „in der Reihenfolge der entfallenden Höchstzahlen“ bzw. „in der Reihenfolge der erreichten Stimmzahlen“ sei .... Ferner stellte der Wahlvorstand fest, dass Ersatzmitglied ... sei.
Mit Antragsschriftsatz vom 25.05.2010 beantragt der Antragsteller,
1. Die Bekanntmachung des Wahlergebnisses vom 11.05.2010 für die Wahl des Gesamtpersonalrates der Stadt ... vom 04.05. bis 06.05.2010 in Gruppenwahl hinsichtlich der Ergebnisse der Gruppe der Beamten in Bezug auf die Ersatzmitglieder wie folgt zu berichtigen:
Als Ersatzmitglied wird festgestellt: ....
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2. Hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag zu 1) nicht stattgegeben werden kann, die vom 04.05.2010 bis 06.05.2010 erfolgte Wahl zum Gesamtpersonalrat hinsichtlich der Gruppe der Beamten für unwirksam zu erklären.
11 
Zur Begründung trägt der Antragsteller vor: Gem. § 17 Abs. 3 S. 3 LPVG hätte, da für die Gruppe der Beamten nur ein Vertreter zu wählen gewesen sei, die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchgeführt werden müssen. Tatsächlich seien vom Wahlvorstand sowohl bei der Wahlhandlung als auch bei der Feststellung des gewählten Bewerbers und des Ersatzmitglieds die Grundsätze der Verhältniswahl angewendet worden. Gem. § 39 Abs. 2 LPVGWO hätten die Bewerber aus den Wahlvorschlägen in alphabetischer Reihenfolge in den Stimmzettel übernommen werden müssen. Wären die Wahlergebnisse nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl ausgewertet worden, so wäre derjenige Bewerber gewählt worden, der die meisten Stimmen erhalten hätte. Ersatzmitglied wäre der nicht gewählte Bewerber mit der nächsthöheren Stimmenzahl. Danach hätte die Feststellung des Wahlergebnisses nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl dazu führen müssen, dass der Bewerber ... ebenfalls gewählt worden wäre, Ersatzmitglied wäre jedoch nicht Herr ..., auf den 45 gültige Stimmen entfallen seien, sondern Herr ..., auf den 112 gültige Stimmen entfallen seien.
12 
Diesen Wahlfehler habe der Gesamtpersonalrat erst in seiner Sitzung am 12.05.2010 festgestellt. Zwischen allen drei Bewerbern und der Dienststellenleitung bestehe volle Übereinstimmung darin, dass der Wahlfehler keinen maßgeblichen Einfluss auf die Verteilung der Stimmen auf die Bewerber gehabt habe, aus Gründen der Rechtssicherheit es aber unumgänglich sei, eine Berichtigung des festgestellten Wahlergebnisses bezüglich des Ersatzmitgliedes herbeizuführen und keine andere rechtliche Möglichkeit bestehe, als diese Berichtigung durch eine gerichtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts herbeizuführen.
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Zwar handele es sich um einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das personalvertretungsrechtliche Wahlverfahren, wenn der zu wählende einzige Vertreter einer Gruppe nicht im Wege der Mehrheitswahl, sondern nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werde. Die - hier fehlerhafte - Durchführung der Wahlhandlung nach den Grundsätzen der Verhältniswahl habe aber unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung nicht dazu geführt, dass die Verteilung der abgegebenen Stimmen nennenswert von der abweiche, die sich ergeben hätte, wenn die Wahlhandlung als Mehrheitswahl mit einem einzigen, gem. § 39 Abs. 2 LPVGWO gestalteten Stimmzettel durchgeführt worden wäre. Angesichts dessen, dass die Wähler insgesamt nur eine Stimme hätten abgeben können und eine gültige Stimmabgabe vorausgesetzt habe, dass diese konkret für einen bestimmten Bewerber abgegeben werde, habe es sich der Sache nach um eine reine Persönlichkeitswahl gehandelt, die wesentliches Merkmal einer Mehrheitswahl sei. Die Listenzugehörigkeit der drei Bewerber sei für die Stimmabgabe nicht maßgeblich gewesen.
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Er (Antragsteller) und die Bewerber seien übereinstimmend der Auffassung, dass der hier vorliegende Verstoß als von geringem Gewicht anzusehen sei, der es nicht rechtfertige, für die Gruppe der Beamten eine aufwendige Neuwahl durchzuführen. Da die Feststellung des Wahlergebnisses nach den Grundsätzen der Verhältniswahl hinsichtlich des Ersatzmitgliedes zu einem anderen Ergebnis führe als die vom Gesetz vorgeschriebene Anwendung der Grundsätze der Mehrheitswahl sei es erforderlich, aber auch ausreichend, die Feststellung des Wahlergebnisses nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl vorzunehmen und die Bekanntmachung des Wahlvorstandes vom 11.05.2010 dahingehend zu berichtigen, dass der Bewerber ... als Ersatzmitglied für den gewählten Beamtenvertreter ... festgestellt werde.
15 
Für den Fall, dass das Gericht dieser Auffassung nicht folgen sollte, verbleibe nur der Weg einer Neuwahl, um eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende, unverfälschte Wahl realisieren zu können. Hieraus rechtfertige sich der Hilfsantrag.
16 
Der weitere Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 14.06.2010 mitgeteilt, dass sich der Gesamtpersonalrat in einer Sondersitzung am 14.06.2010 mit dem Antrag befasst habe und die Korrektur des Wahlergebnisses bei der Gruppenwahl der Beamten in Bezug auf das Ersatzmitglied - wie im Antrag formuliert - wünsche. Er erachte eine solche Korrektur des Wahlergebnisses für ausreichend. Eine Unwirksamkeit der Wahl für die Gruppe der Beamten erscheine nicht notwendig, da das Ergebnis deutlich sei. Neben einer zeitaufwendigen Organisation der Neuwahl würden auch nicht zu vertretende Mehrkosten entstehen.
17 
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
II.
18 
Der als Dienststellenleiter zur Wahlanfechtung berechtigte Antragsteller hat innerhalb der Antragsfrist des § 25 Abs. 1 1. HS LPVG bei der zuständigen Personalvertretungskammer die Berichtigung der Bekanntmachung des Wahlergebnisses bezüglich der Feststellung des Ersatzmitglieds in der Gruppe der Beamten beantragt. Dieser Antrag ist als solcher statthaft. Nach allgemein anerkannter Auffassung kann das Verwaltungsgericht im Wahlanfechtungsverfahren neben der Zurückweisung des Wahlanfechtungsantrags oder der Ungültigerklärung der Wahl (insgesamt oder einer Gruppe) auch eine Berichtigung des Wahlergebnisses vornehmen, etwa bei lediglich rechnerisch unrichtiger Verteilung der Sitze nach der Wahl oder bei einem Rechenfehler bei der Ergebnisfeststellung. Da dem Wahlvorstand nach Beendigung seines Amts (vgl. hierzu § 34 Abs. 1 LPVG) die Befugnis zur Berichtigung des Wahlergebnisses nicht mehr zusteht, kann nur noch das Gericht eine solche Berichtigung vornehmen (Lorenzen/Etzel, u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, Komm., § 25 Rdnr. 36 unter Hinweis auf BVerwGE 29, 222). Neben den erwähnten Fallkonstellationen muss der Personalvertretungskammer auch dann die Befugnis zur Berichtigung der Bekanntmachung des Wahlergebnisses eingeräumt werden, wenn ein festgestellter Verstoß gegen das Wahlverfahren zwar keinen Einfluss auf das Wahlergebnis haben kann, eine Berichtigung aber aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Vermeidung weiterer Fehlerfolgen erforderlich erscheint. Diese Notwendigkeit ist hier gegeben: Zwar hat ein Wahlfehler, der sich lediglich auf die Reihenfolge der Ersatzmitglieder auswirkt, keinen Einfluss auf das Wahlergebnis i.S.d. § 25 Abs. 1 LPVG, da Ersatzmitglieder mangels Erreichens der erforderlichen Stimmenzahl gerade nicht zu Personalratsmitgliedern gewählt worden sind, mithin bei fehlerhafter Bestimmung der Reihenfolge der Ersatzmitglieder auch nicht das „Wahlergebnis“ i.S.d. § 25 Abs. 1 LPVG berührt sein kann (Rooschüz/Amend/Killinger, LPVG, Komm., 11. Aufl., § 25 Rdnr. 7 mit Hinweis auf den Beschluss des BAG v. 21.02.2001 - 7 ABR 41/99 - zur entsprechenden Regelung in § 19 Abs. 1 BetrVG). Dennoch besteht die Notwendigkeit einer Berichtigung der Bekanntmachung der Bestimmung der Reihenfolge der Ersatzmitglieder, da die Mitwirkung eines nicht hierzu berufenen Ersatzmitglieds an einer Beschlussfassung des Personalrats im Fall des Ausscheidens oder der zeitweiligen Verhinderung eines (gewählten) Mitglieds (§ 31 Abs. 1 LPVG) unmittelbare Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Beschlusses haben kann.
19 
Die Bekanntmachung des Wahlvorstands vom 11.05.2010, wonach Herr ... als Ersatzmitglied für den in der Gruppe der Beamten gewählten ... festgestellt wurde, ist unrichtig und war antragsgemäß zu berichtigen. Da gem. § 17 Abs. 3 S. 3 i.V.m. S. 2 LPVG für die Gruppe der Beamten nur ein Vertreter zu wählen war, war die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchzuführen. Bewerber, auf die kein Sitz entfällt, sind gem. § 41 Abs. 2 S. 3 LPVGWO in der Reihenfolge der von ihnen erreichten Stimmenzahlen als Ersatzmitglieder festzustellen. Demgemäß hätte entgegen der Bekanntmachung des Wahlvorstandes nicht Herr ... (mit 45 gültigen Stimmen), sondern Herr ... (mit 112 gültigen Stimmen) als Ersatzmitglied festgestellt werden müssen. Da diese Beurteilung der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten entspricht, erübrigen sich weitere Ausführungen. Dem Hauptantrag war daher stattzugeben.
20 
Für die beschließende Kammer bestand kein Anlass, auf den hilfsweise gestellten Antrag zu 2. die am 04.05. bis 06.05.2010 durchgeführte Wahl zum Gesamtpersonalrat hinsichtlich der Gruppe der Beamten für ungültig zu erklären. Zwar lag ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren i.S.d. § 25 Abs. 1 2. HS LPVG darin begründet, dass der zu wählende einzige Vertreter der Gruppe der Beamten - entgegen der Bekanntmachung des Wahlergebnisses vom 11.05.2010 - nicht im Wege der Mehrheitswahl, sondern - unter Verstoß gegen § 17 Abs. 3 S. 3 i.V.m. S. 2 LPVG und § 39 Abs. 2 LPVGWO - nach den Regeln der Verhältniswahl ermittelt wurde. Das Gericht folgt jedoch der übereinstimmenden Beurteilung der Beteiligten, wonach dieser Verfahrensverstoß keinen Einfluss auf das Wahlergebnis haben konnte, da die Wähler hinsichtlich der Gruppe der Beamten nur eine Stimme für einen bestimmten Bewerber abgeben durften, die hier durchgeführte Wahl somit ohnehin eine reine Persönlichkeitswahl darstellte und auch bei Durchführung der Wahlhandlung als Mehrheitswahl und Einhaltung der Vorschriften der Wahlordnung über die Vorschriften für die Mehrheitswahl (§§ 38 bis 42 LPVGWO) hinsichtlich der Wahl des Vertreters der Gruppe der Beamten vernünftigerweise kein anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre.
21 
Eine Kostenentscheidung war im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht zu treffen. Das Verfahren ist gebührenfrei. Auslagen werden nicht erhoben und nicht erstattet.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 19 Wahlanfechtung


(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß

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(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.