Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 29. Mai 2015 - 7 K 2513/15

bei uns veröffentlicht am29.05.2015

Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Antragsteller in die ... abzuschieben.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag des ... in der ... geborenen Antragstellers,
dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, ihn ... abzuschieben,
hat Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Für den Anordnungsanspruch einer Sicherungsanordnung genügt dabei die Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich zumindest ergibt, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (vgl. Hess VGH, Beschluss vom 05.09.1997 - 7 TG 3133/97 - NJW 1997, 2970; Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 5. Auflage, § 123 Rn. 18; Schoch u. a. , VwGO, 27. Ergänzungslieferung 2014, § 123 Rn. 70). Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten materiellen Anspruchs zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich ist.
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Es besteht die Gefahr, dass die vom Antragsgegner konkret in Aussicht genommene Abschiebung des Antragstellers ... ohne eine vorherige Klärung durch ein psychologisch-psychotherapeutisches Gutachten der Frage, ob auf Grund einer Abschiebung des Antragstellers die Gefahr besteht, dass sich dessen Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann, die Verwirklichung eines ihm in der Hauptsache möglicherweise zustehenden Anspruchs auf weitere Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vereitelt.
Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. Beschlüsse vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 -, VBlBW 2008, 309, und vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 -, juris) kann eine bestehende (körperliche oder psychische) Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers ein solches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung (§ 60 a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) in zwei Fallgruppen begründen. Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ (der Ortsveränderung vom inländischen Abreiseort zum Ankunftsort im Zielstaat) wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom konkreten Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich (oder gar lebensbedrohlich) verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn, vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 -, VBlBW 2003, 482; siehe auch BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig mit der Mitteilung der beabsichtigten Abschiebung an den Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehört der Zeitraum des Aufsuchens und Abholens in der Wohnung bzw. Unterkunft, des Verbringens zum Abschiebeort sowie die Zeit der Abschiebehaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur endgültigen Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. Insgesamt gilt, dass die mit dem Vollzug der Abschiebung während dieses Abschnitts betrauten deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.02.1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, 241; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.05.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32).
Macht ein Ausländer eine solche Reiseunfähigkeit geltend oder ergeben sich sonst konkrete Hinweise darauf, ist die für die Aussetzung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde verpflichtet, den aufgeworfenen Tatsachenfragen, zu deren Beantwortung im Regelfall medizinische Sachkunde erforderlich ist, im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht nach § 24 Abs. 1 LVwVfG nachzugehen, wobei der Ausländer zur Mitwirkung verpflichtet ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.02.2008, a.a.O). Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte („Privatgutachten“) vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) richten (vgl. im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.07.2003, a. a. O.). Sind diese Mindestanforderungen nicht oder nur teilweise erfüllt, kann die Reiseunfähigkeit allein aufgrund der vorgelegten ärztlichen Fachberichte zwar nicht als erwiesen angesehen werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass kein weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Vielmehr bleibt die Ausländerbehörde nach § 24 Abs. 1 LVwVfG verpflichtet, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären, wenn und soweit sich aus den ihr vorliegenden ärztlichen Äußerungen, dem Vortrag des Ausländers oder aus sonstigen Erkenntnisquellen ausreichende Indizien für eine Reiseunfähigkeit ergeben. Ist das der Fall, wird - so der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 06.02.2008 - „regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung oder die Einholung einer ergänzenden (fach-)ärztlichen Stellungnahme oder eines (fach-)ärztlichen Gutachtens angezeigt sein, da der Ausländerbehörde die erforderliche medizinische Sachkunde zur Beurteilung einer mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahr und auch der Frage fehlen dürfte, mit welchen Vorkehrungen diese Gefahr ausgeschlossen oder gemindert werden könnte“. Speziell im Fall substantiiert vorgetragener oder sonst bekannt gewordener Anhaltspunkte für eine Suizidgefahr als Folge einer psychischen Erkrankung sei - wie bei anderen psychischen Erkrankungen - im Regelfall schon vor Beginn einer Abschiebung ein „(amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten“ einzuholen. Diese Verpflichtung leitet der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in erster Linie aus Nr. III. 2 des von der Bundesärztekammer am 26.11.2004 gebilligten Informations- und Kriterienkatalogs zu Fragen der ärztlichen Mitwirkung bei der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer (im Folgenden: Informations- und Kriterienkatalog; vgl. http://www.aekno.de/htmljava/a/kammerarchiv/ kriterienkatalog_nrw.pdf) ab. Dieser Katalog, dessen Anwendung in Baden-Württemberg anders als in Nordrhein-Westfalen nicht durch Verwaltungsvorschrift angeordnet ist, könne als sachverständige Konkretisierung dessen berücksichtigt werden, was vor Durchführung einer Abschiebung von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls als Vorkehrung zum Schutz des von der Abschiebung Betroffenen vorzusehen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris). Zudem verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die nach der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes und zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber und sonstiger ausreisepflichtiger Ausländer durch die Landesbehörden vom 01.01.2004 - VwV Asyl/Rückführung, Stand 01.01.2005 - vorgesehene Verfahrensweise (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 06.02.2008, a.a.O.).
Gemessen an diesen Maßstäben erscheint es im vorliegenden Fall offen, ob der Antragsteller einen Anspruch auf weitere Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat. Denn insoweit wird in der Hauptsache – dem Verwaltungsverfahren über den mit Schriftsatz vom 12.03.2015 durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beim zuständigen Regierungspräsidium ... der Sache nach gestellten und von diesem bislang nicht beschiedenen Antrag auf weitere Duldung des Antragstellers – zunächst gemäß den oben dargelegten Grundsätzen zur Amtsaufklärungspflicht der Ausländerbehörde nach § 24 Abs. 1 LVwVfG ein (ergänzendes) psychologisch-psychotherapeutisches Gutachten darüber einzuholen sein, ob auf Grund einer Abschiebung die Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen gegebenenfalls eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann.
Anlass dazu besteht schon deshalb, weil sich - erstens - aus den vorliegenden ärztlichen Attesten und Berichten jedenfalls ausreichende Erkenntnisse für das weiterhin mögliche Vorliegen einer Suizidgefahr bei einer Abschiebung als Folge einer psychischen Erkrankung des Antragstellers ergeben und - zweitens - die am 10.03.2015 auf Anforderung des Regierungspräsidiums ... durchgeführte amtsärztliche Begutachtung des Antragstellers nicht ausreichend ist, die bestehende Amtsaufklärungspflicht der Ausländerbehörde zu erfüllen.
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Die Beteiligten gingen übereinstimmend davon aus, dass in der Person des Antragstellers jedenfalls noch im Februar 2014 eine Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne vorlag. Den der Ausländerbehörde vorliegenden ärztlichen Unterlagen ist zunächst zu entnehmen, dass bei dem Antragsteller aufgrund einer fachärztlichen Untersuchung am 18.07.2013 durch einen Arzt für Neurologie und Psychiatrie u.a. die Diagnose „schwere depressive Episode“ gestellt wurde (Arztbrief Dr. ... vom 22.07.2013). Nachdem in dem Klageverfahren des Antragstellers gegen die mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.05.2013 erfolgte Ablehnung seines letzten Asylfolgeantrags die mündliche Verhandlung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe am 26.09.2013 stattgefunden und das ablehnende Urteil dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 02.10.2013 zugestellt worden war, wurde der Antragsteller ausweislich des Arztberichts der ...-Klinik) vom 12.12.2013 am 15.10.2013 „aufgrund akuter Suizidalität nach einem Suizidversuch“ zur dortigen stationären Behandlung aufgenommen. Die stationäre Behandlung mit den Diagnosen „schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F 32.2)“, „nicht näher bezeichnete essentielle Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise (I10.90)“, „Posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1)“ und „insulinpflichtiger Diabetes mellitus o.n.A. (E 10.90)“ dauerte bis zum 12.12.2013. In seiner Stellungnahme gegenüber dem Regierungspräsidium ... vom 07.02.2014 bestätigte der behandelnde Facharzt Dr. ... sodann die in der ...-Klinik ... gestellten Diagnosen, verneinte die Frage nach der Flugreisetauglichkeit des Antragstellers und führte zur Frage, ob eine Flugreisetauglichkeit mit begleitenden Vorsorgemaßnahmen bejaht werden könne, aus, dass dies aus psychiatrischer Sicht nicht der Fall sei, da der Antragsteller unter massiven, für ihn und psychotherapeutisch/medikamentös nicht zu beeinflussenden Ängsten leide. Weitere schwere Suizidversuche seien mit Sicherheit die unausweichliche Folge, eine Repatriierung würde einem Todesurteil gleichkommen. Eine Besserung dieser Ängste sei seines Erachtens mit keinem therapeutischen Mittel zu erreichen. Auf dieser Grundlage teilte das Regierungspräsidium dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 14.02.2014 mit, dass aufgrund seines Gesundheitszustands zunächst keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber dem Antragsteller eingeleitet würden.
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Das zum Zeitpunkt dieser Entscheidung weitere Fortbestehen seiner Reiseunfähigkeit hat der Antragsteller demgegenüber - auch durch die Vorlage der nach dem 14.02.2014 erstellten ärztlichen Atteste - nicht glaubhaft gemacht.
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Aus dem am 20.12.2014 erstellten fachärztlichen Attest von Dr. ... ergibt sich lediglich, dass bei dem Antragsteller weiterhin eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwer ausgeprägte depressive Episode bestehe, die trotz laufender medikamentöser und Gesprächstherapie „nicht besser geworden“ sei. Wegen des ausgesprochen chronischen und nicht remittierenden Verlaufs sei eine psychiatrisch- psychotherapeutisch und medikamentöse Langzeitbehandlung über mindestens noch 2 bis 3 Jahre mit hoher Konsulationsfrequenz (ein- bis zweimal im Monat) notwendig. Im Heimatland des Antragstellers seien, so der Facharzt, diese lebensnotwendigen Behandlungsmaßnahmen vermutlich nicht verfügbar oder würde nicht angeboten. In einer kurzen ärztlichen Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. ... vom 22.12.2014 wird u.a. zu der psychischen Erkrankung ausgeführt, der Antragsteller leide unter Angstzuständen, Schlafstörungen, Nervosität, Unruhe und Angst vor dem allein sein. Er sei regelmäßig „unter neurologischer Kontrolle“ und leide unter schwerer depressiver Verstimmung. Ohne Medikamente „könne er nicht sein“. Aussagen zur Reisefähigkeit des Antragstellers (im engeren oder weiteren Sinne) enthalten somit weder die fachärztliche Bescheinigung vom 20.12.2014 noch die ärztliche Bescheinigung der Hausärztin des Antragstellers vom 22.12.2014.
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Eine weiterhin bestehende Reiseunfähigkeit ergibt sich auch nicht aus dem (jüngsten) fachärztlichen Schreiben von Dr. ... vom 30.04.2015, wonach der Antragsteller schon seit mehreren Wochen „wieder schwer depressiv“ sei und es bei vollzogener Abschiebung „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Suizid kommen“ würde. Denn dieser als „ärztliches Attest“ bezeichneten Kurzmitteilung fehlt es an jeglicher Begründung. Die zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit geforderte nachvollziehbare Angabe der Befundtatsachen, der Methode der Tatsachenerhebung sowie einer nachvollziehbaren Darlegung der fachlich-medizinischen Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) sowie deren Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), fehlen bei dieser Mitteilung vollständig.
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Der Fortbestand der Reiseunfähigkeit ergibt sich schließlich, anders als der Antragsteller meint, auch nicht aus dem amtsärztlichen Gutachten zur Feststellung der Transportfähigkeit (Reisefähigkeit) vom 10.03.2015. Dabei kann offen bleiben, ob der mit der Begutachtung beauftragte Amtsarzt Dr. ...von einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ausgeht, wenn er ausführt, dass anzunehmen sei, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers wesentlich verschlechtern könne, sobald die Abschiebung drohe oder erfolgen solle bzw. ausführt, dass bei dem Antragsteller am ehesten eine reaktive Depression auf die Umstände und Hintergründe der Flucht aus der ... vorliege, die infolge entsprechender Situationen, wie z.B. einer drohenden Abschiebung, eskalieren und so stark werden könne, dass sich der Antragsteller durch einen Selbstmordversuch in „medizinische Institutionen rette“. Denn jedenfalls geht der Gutachter, wie aus seiner Beantwortung der Frage 6 zu ersehen ist, zugleich davon aus, dass eine etwaig bestehende Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne durch begleitende Maßnahmen bei der Abschiebung beseitigt werden kann. Dass er dabei nicht nur die Flugreise als solche, sondern den gesamten Abschiebevorgang im Blick hat und insofern von einer Herstellung der Reisefähigkeit im weiteren Sinne ausgeht, ist jedenfalls daraus ersichtlich, dass der Gutachter empfiehlt, dass darauf hingewirkt werden solle, dass der Antragsteller „nicht vor Annahme einer Abschiebung die Medikamente absetzt“, und auch darauf hinweist, dass, sofern vor der Abschiebung eine stationäre Einweisung erfolgen solle, die Abschiebung unmittelbar nach Beendigung der Maßnahme erfolgen solle (vgl. amtsärztliches Gutachten vom 10.03.2015, S. 7).
15 
Aufgrund der konkreten Vorgeschichte - der jedenfalls seit Juli 2013 durchgeführten fachärztlichen Behandlung des Antragstellers aufgrund psychischer Erkrankungen, dem im Oktober 2013 erfolgten Suizidversuch und der anschließenden zweimonatigen stationären Behandlung sowie des Umstandes, dass der Antragsgegner zunächst aufgrund der gesundheitlichen Situation des Antragstellers von einer Abschiebung abgesehen hatte - bestand jedenfalls nach Vorlage der hinsichtlich der Frage der aktuellen Reisefähigkeit unergiebigen ärztlichen Atteste vom 20.12.2014 (Dr. ...) und vom 22.12.2014 (Dr. ... zunächst eine weitere Aufklärungspflicht der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde. Davon ist auch das Regierungspräsidium ... ausgegangen und hat daher mit Schreiben vom 11.02.2015 das Gesundheitsamt ... mit der amtsärztlichen Begutachtung des Antragstellers beauftragt und um Beantwortung einzelner Fragen gebeten, um dessen Reise- und Transportfähigkeit beurteilen zu können.
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Allerdings ist das Regierungspräsidium ... durch die Einholung des vorliegenden amtsärztlichen Gutachtens vom 10.03.2015 seiner Aufklärungspflicht noch nicht in hinreichendem Maße nachgekommen. Denn die Frage, ob auf Grund einer Abschiebung eines Ausländers die Gefahr besteht, dass sich dessen Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann, kann nur durch ein psychologisch-psychotherapeutisches Gutachten geklärt werden; eine bloße ärztliche Begutachtung ist dafür nicht ausreichend. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Diagnose psychischer Erkrankungen und die Frage, inwiefern aus einer solchen psychischen Erkrankung eine Suizidgefahr resultiert, spezifischen Sachverstand erfordert. Der als sachverständige Konkretisierung dessen, was vor Durchführung einer Abschiebung von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls als Vorkehrung zum Schutz des von der Abschiebung Betroffenen vorzusehen ist, zu berücksichtigende Informations- und Kriterienkatalog verlangt nämlich generell beim Vorliegen psychischer Erkrankungen sowie speziell bei Hinweisen auf Eigen- oder Fremdgefährdung als Folge einer psychischen Erkrankung die Einholung eines psychologisch-psychotherapeutischen Gutachtens (S 8). Dass ein solches von einem psychologischen Psychotherapeuten als Sachverständigem anzufertigendes Gutachten von einem ärztlichen Gutachten zu unterscheiden ist, wird zudem durch die Begriffserklärungen dieses Informations- und Kriterienkatalogs (S. 10) bestätigt, wo es ausdrücklich heißt: „Ein Gutachten ist die umfassende und mit Gründen versehene Beurteilung einer oder mehrerer konkreter Fragestellungen durch einen medizinischen Sachverständigen. Im Rahmen der Mitwirkung von Ärzten bei Rückführungsmaßnahmen, sowie von psychologischen Psychotherapeuten, soweit diese in die Begutachtung einbezogen werden, sind gesundheitliche Abschiebungshindernisse in Bezug auf den von der konkreten Maßnahme Betroffenen zu prüfen. Dabei ist das ärztliche von dem psychologisch psychotherapeutischen Gutachten zu unterschieden.“
17 
Dies gilt auch, wenn die Ausländerbehörde einen Amtsarzt mit der Begutachtung beauftragt. Die Eigenschaft als Amtsarzt als solche führt nicht dazu, dass die aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen an die Sachkunde eines Gutachters bestehende Differenzierung zwischen einer ärztlichen und einer psychologisch psychotherapeutischen Begutachtung unbeachtlich wäre. Zwar kommt einem amtsärztlichen Gutachten aufgrund der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes eine besondere Bedeutung zu; jedoch besitzen amtsärztliche Gutachten als solche keine Gewähr für eine ausreichende Sachkunde des Gutachters für den konkreten Fall (vgl. zum Verhältnis zwischen amtsärztlichen und privatärztlichen Stellungnahmen zur Frage der Dienstunfähigkeit bei Beamten BVerwG, Beschluss vom 28.12.2012 - 2 B 105.11 -, juris). Insbesondere qualifiziert auch eine Weiterbildung zum Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen, die u.a. auch eine sechsmonatige Weiterbildung in Psychiatrie und Psychotherapie beinhaltet (vgl. Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg, abrufbar unter https://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/30weiterbildung/09/ gebiete/wbo22.pdf), nicht zur sachkundigen Erstellung psychologisch psychotherapeutischen Gutachtens, sondern ermöglicht es dem Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen lediglich, die Notwendigkeit spezifischer sachkundiger Begutachtung zu erkennen und ggf. fachkundige Mediziner bzw. psychologische Psychotherapeuten mit der Begutachtung zu beauftragen. Dies schließt insbesondere nicht aus, dass ein für die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens qualifizierter Amtsarzt die von ihm in eigener Sachkunde zu beurteilenden Fragen (etwa der gesundheitlichen Auswirkungen einer Abschiebung für eine bestehende Diabetes- oder eine Bluthochdruckerkrankung des abzuschiebenden Ausländers) im Rahmen seines Gutachtens beantwortet und sodann - ergänzend - den Sachverstand eines psychologischen Psychotherapeuten zu Rate zieht, um die Fragen nach einer etwaig bestehenden Suizidgefahr zu beantworten.
18 
Nichts anderes folgt auch aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in dem o.g. Beschluss vom 06.02.2008. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im Tenor dieses Beschlusses den dortigen Antragsgegner bei einer vergleichbaren Sachlage lediglich dazu verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig zu unterlassen, solange er „kein (amts-) ärztliches Gutachten“ darüber eingeholt habe, ob einer Abschiebung des Antragstellers die Gefahr bestehe, dass sich sein Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtere, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden könne. Aus der Begründung dieses Beschlusses ist jedoch ersichtlich, dass der für die jeweilige medizinische Sachfrage qualifizierte Gutachter - unabhängig von seiner Tätigkeit als Amtsarzt - beauftragt werden muss. Denn bei substantiiert vorgetragenen oder sonst bekannt gewordenen Anhaltspunkten für eine Suizidgefahr als Folge einer psychischen Erkrankung sei - wie bei anderen psychischen Erkrankungen - im Regelfall schon vor Beginn einer Abschiebung ein „(amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten“ einzuholen (Beschluss vom 06.02.2008, juris, Rdnr. 9). Durch den mit Parenthese eingeschobenen Zusatz „psychologisch-psychotherapeutisches“ macht der Verwaltungsgerichtshof deutlich, dass unabhängig davon, ob es sich um ein amtsärztliches oder ein sonstiges Gutachten handelt, jedenfalls die erforderliche Qualifikation des Gutachters zu Erstellung eines solchen psychologisch-psychotherapeutischen Gutachtens unerlässlich ist.
19 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das am 10.03.2015 angefertigte amtsärztliche Gutachten nicht ausreichend, um das Vorliegen einer Suizidgefahr beurteilen zu bzw. absehen zu können, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, um eine solche Gefahr abzuwenden oder zu mindern.
20 
Dies folgt zunächst aus dem Umstand, dass der begutachtende Amtsarzt Dr. ... nicht die erforderliche fachliche Qualifikation aufweist, um ein psychologisch-psychotherapeutisches Gutachten anfertigen zu können. Es handelt sich bei Dr. ... weder um einen psychologischen Psychotherapeuten, noch sind besondere Anhaltspunkte dafür, dass der Gutachter gleichwohl über die notwendige Sachkunde für die Erstellung eines psychologisch-psychotherapeutischen Gutachtens verfügen würde, dargetan oder ersichtlich. Auch von der Möglichkeit, für die Frage der Suizidgefahr einen fachkundigen Kollegen hinzuziehen, hat der Amtsarzt keinen Gebrauch gemacht.
21 
Darüber hinaus hat das Regierungspräsidium ... mit der vorgenommenen amtsärztlichen Begutachtung - selbst wenn man die fehlende Qualifikation des hier tätig gewordenen Amtsarztes außer Acht ließe - seiner Amtsaufklärungspflicht auch deshalb nicht Genüge getan, weil die Untersuchung am 10.03.2015 ohne Dolmetscher durchgeführt wurde. Die „im Haus angeforderte türkische Kollegin“ habe den Termin aus Angst vor kurdischen Repressionen abgesagt, weshalb sich - so der Amtsarzt - bei der Befragung des Antragstellers „gewisse Schwierigkeiten“ ergeben hätten, da dieser trotz seines langjährigen Aufenthalts in Deutschland nur über rudimentäre deutsche Sprachkenntnisse verfüge und als Übersetzer ein den Antragsteller zu dem Termin begleitender Freund fungiert habe. Zur Feststellung körperlicher Erkrankungen und Beschwerden mag eine solche Übersetzung durch eine mitgebrachte Begleitperson ausreichend sein. Für eine sachgerechte Begutachtung eines Antragstellers, bei dem das Vorliegen und die konkrete Ausprägung psychischer Erkrankungen sowie speziell die Frage, ob im Falle einer Abschiebung eine Suizidgefahr besteht, zu beurteilen sind, erscheint eine Untersuchung ohne qualifizierten Dolmetscher jedoch ungeeignet. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Untersuchung nur unter Berücksichtigung der tatsächlichen Äußerungen des zu Begutachtenden erfolgen kann und das Risiko die Äußerungen verändernder Angaben durch übersetzende Dritte nicht kalkulierbar ist. Dass auf der Grundlage einer solchen lediglich mit Hilfe der Übersetzung eines Bekannten erfolgten Untersuchung keine tragfähigen Schlussfolgerungen gezogen werden können, folgt aus den gleichen Einwänden, die der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 06.02.2008 gegen eine zeitlich stark beschränkte ad-hoc-Untersuchung durch einen Arzt am Tage der Abschiebung erhoben hat: die erforderliche Intensität der Exploration und eine hinreichende Fundierung, um Hinweise auf eine Suizidgefährdung als Folge einer psychischen Erkrankung so abzuklären, dass eine Abschiebung mit dem möglichen Risiko lebensbedrohlicher Folgen verantwortet werden kann. Beides kann nur mit einem unabhängigen und qualifizierten Dolmetscher sichergestellt werden. Dementsprechend sieht auch die Verwaltungsvorschrift Asyl/Rückführung in Nr. 3.5.2.1.2, der in Fällen der in Rede stehenden Suizidgefahr entsprechend Anwendung findet (vgl. Nr. 3.5.2.1.3), explizit vor, dass die zuständige Behörde dem Gesundheitsamt insbesondere auch die Dolmetscherkosten erstattet, sofern diese nicht unmittelbar der ersuchenden Behörde in Rechnung gestellt wurden.
22 
Bei dieser Sachlage kann daher über das Vorliegen des geltend gemachten Duldungsanspruchs ohne (ergänzende) psychologisch-psychotherapeutische Begutachtung - sei es durch einen anderen insoweit qualifizierten Amtsarzt, durch einen niedergelassenen oder in einer Universitätsklinik oder einem Zentrum für Psychiatrie (vgl. dazu auch die Regelung in Nr. 3.5.2.1.2 VwV Asyl/Rückführung) beschäftigten psychologischen Psychotherapeuten - zu der Frage, ob aufgrund einer Abschiebung des Antragstellers die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann, nicht entschieden werden.
23 
Die Erforderlichkeit einer solchen Begutachtung wird auch nicht durch den Vortrag des Antragsgegners, den vorgetragenen gesundheitlichen Bedenken werde im Rahmen einer ärztlichen Begleitung sowie der Sicherheitsbegleitung Rechnung getragen, entbehrlich. Denn die Geeignetheit derartiger Vorkehrungen lässt sich erst dann - in einem zweiten Schritt - sachgerecht beurteilen, wenn das gemäß Nr. 3.5.2.1.3 Absätze 1 und 4 VwV Asyl/Rückführung einzuholende Gutachten vorliegt. Denn gerade auch zur Beantwortung dieser Frage ist bei einer Suizidgefahr auf Grund einer psychischen Erkrankung die besondere Sachkunde eines Mediziners, im speziellen Fall eines psychologischen Psychotherapeuten, nötig (ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.02.2008, a.a.O.).
24 
Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Der Antragsgegner beabsichtigt, den Antragsteller ohne vorherige Einholung eines (ergänzenden) psychologisch-psychotherapeutischen Gutachtens zur Suizidgefahr in die ... abzuschieben. Die vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Duldungsanspruchs ist daher zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich. Denn der Duldungsanspruch erlischt ebenso wie die Aussetzung selbst (vgl. § 60 a Abs. 5 Satz 1 AufenthG) mit der Ausreise. Er würde durch die Abschiebung daher vereitelt. Zudem ist eine Abschiebung ohne vorherige psychologisch-psychotherapeutische Begutachtung der damit nach den vorliegenden Erkenntnissen möglicherweise einhergehenden gesundheitlichen Risiken bei dem Antragsteller mit der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.02.2008, a.a.O.).
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
26 
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in Anlehnung an die Ziffern 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Feb. 2008 - 11 S 2439/07

bei uns veröffentlicht am 06.02.2008

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2007 - 5 K 2874/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. Okt. 2004 - 11 S 2297/04

bei uns veröffentlicht am 15.10.2004

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 01. September 2004 - 9 K 1728/04 - werden zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert des Besch

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2007 - 5 K 2874/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig zu unterlassen, solange er kein (amts-)ärztliches Gutachten darüber eingeholt hat, ob auf Grund einer Abschiebung des Antragstellers die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er stellte im September 2005 einen Asylantrag, der ebenso wie eine anschließende Klage erfolglos blieb; im Klageverfahren hatte der Antragsteller sich unter Vorlage ärztlicher Atteste erstmals auch auf eine Epilepsie-Erkrankung sowie weitere psychische Leiden berufen. Da der Antragsteller mangels gültiger Reisedokumente nicht abgeschoben werden konnte, wurde seine Abschiebung ausgesetzt. Nachdem Rückreisedokumente vorlagen, kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe ihm im Februar 2007 die Abschiebung an. Hierauf beantragte er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Zur Begründung verwies er auf ein ärztliches Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. ...-... vom 06.03.2007, wonach er seit Januar 2006 wegen folgender Erkrankungen in ärztlicher Behandlung sei: "Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1G); Angststörung (F41.9G), Panikattacken (F41.0); Epilepsie (G47.9G); mittelschwere depressive Episode (F32.9G); Schlafstörung (G47.9G); psychosomatische Beschwerden (F45.9G)"; er habe als Zehnjähriger erlebt, wie Verwandte von Soldaten brutal zusammengeschlagen worden seien, und leide seitdem unter Angst- und Panikattacken; kurz nach diesem Vorfall habe er einen ersten epileptischen Anfall bekommen; seither bekomme er in Stresssituationen epileptische Anfälle; aufgrund dieser Erkrankungen sei dringend eine medikamentöse sowie Psychotherapie indiziert; er sei aus medizinischer Sicht reiseunfähig, eine Abschiebung hätte gravierende gesundheitliche Folgen. Die Stadt Mannheim lehnte den Antrag ab. Ende Mai 2007 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller die Abschiebung für den 06.06.2007 mit dem Hinweis an, dem ärztlichen Attest ließen sich keine Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit entnehmen. Am 04.06.2007 wurde der Antragsteller, nachdem er in der Nacht zuvor eine Überdosis Psychopharmaka eingenommen hatte, im ... ...- und ... Krankenhaus Ludwigshafen und anschließend im Psychiatrischen Zentrum ... wegen akuter Suizidalität stationär aufgenommen Das Regierungspräsidium setzte daraufhin die Abschiebung bis zum 18.09.2007 aus. Der damalige Bevollmächtigte des Antragstellers legte einen ärztlichen Bericht des Konsiliardienstes für Psychiatrie und Psychotherapie des erstaufnehmenden Krankenhauses vom 05.06.2007 und ein ärztliches Schreiben des Psychiatrischen Zentrums ... vom 14.06.2007 vor, die jeweils die Notwendigkeit einer ambulanten Psychotherapie und die Gefahr erneuter ernsthafter suizidaler Handlungen bei einer drohenden Abschiebung bestätigen. Ende Juli 2007 wurde der Antragsteller aus stationärer Behandlung entlassen. Anschließend begehrte er unter Bezugnahme auf eine ärztliche Bescheinigung des Psychiatrischen Zentrums ... vom 18.07.2007 die weitere Aussetzung der Abschiebung. In der Bescheinigung wird als Diagnose angeben: "Z. n. Suizidversuch mit Psychopharmaka, mittelgradig depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Krampfanfälle". Im August 2007 kündigte das Regierungspräsidium dem Antragsteller an, dass er am 09.10.2007 unter Hinzuziehung eines Arztes als Flugbegleiter abgeschoben werde; die ärztlichen Atteste seien zur Beurteilung einer Reiseunfähigkeit nicht aussagekräftig.
Am 18.09.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Verwaltungsgericht Karlsruhe beantragt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ergreifen. Wie der Vorfall Anfang Juni 2007 zeige, sei zu befürchten, dass sich die Suizidgefahr nicht bei der Durchführung der Abschiebung, sondern vorher realisiere. Zur Glaubhaftmachung hat er sich auf die bereits vorgelegten ärztlichen Atteste und Berichte berufen und ein weiteres ärztliches Attest der Dr. ...-... über eine seit Ende Juli 2007 durchgeführte Psychotherapie und einen an diese Ärztin gerichteten ärztlichen Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums ... vom 26.07.2007 vorgelegt, in dem es u. a. heißt, bei einer drohenden Abschiebung in das Heimatland sei erneut mit ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Der Antragsgegner hat die Ablehnung des Antrags unter Hinweis darauf beantragt, dass der Antragsteller in Begleitung von Sicherheitskräften sowie eines Arztes abgeschoben werde und dafür Sorge getragen sei, dass er bei Ankunft am Zielflughafen in Istanbul dem Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft übergeben werde. Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.
Mit seiner Beschwerde legt der Antragsteller neuere ärztliche Atteste der Dr. ...-... vom 09.10. und 12.11.2007 vor, die bestätigen, dass bei Stresssituationen akute Suizidgefahr bestehe und der Antragsteller am 02.11.2007 einen weiteren Suizidversuch unternommen und sich dabei sehr schwere Schnittverletzungen am linken Unterarm zugefügt habe. Ferner hat er einen ärztlichen Bericht des Psychiatrischen Zentrums ... an Dr. ...-... vom 15.09.2007 sowie eine Versicherung an Eides Statt eines Onkels vom 15.11.2007 vorgelegt, in der bezeugt wird, dass der Antragsteller am 02.11.2007 in der irrigen Annahme, von der Polizei abgeholt zu werden, Anstalten gemacht habe, sich aus dem Fenster der im vierten Oberschoß gelegenen Wohnung seiner Mutter zu stürzen. Der Antragsgegner hält daran fest, den Antragsteller mit den zugesagten Vorkehrungen abzuschieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Der sinngemäß auf die vorläufige Unterlassung der Abschiebung des vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers zielende zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat mit der im Tenor ausgesprochenen Maßgabe Erfolg, so dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts entsprechend zu ändern ist. Nach dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), sind Anspruch und Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Anspruchs auf eine weitere Aussetzung der Abschiebung hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Für den Anordnungsanspruch einer Sicherungsanordnung genügt dabei die Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich zumindest ergibt, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (vgl. Hess VGH, Beschluss vom 05.09.1997 - 7 TG 3133/97 - NJW 1997, 2970; Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 4. Auflage, § 123 Rn. 18; Schoch u. a. , VwGO, Stand Februar 2007, § 123 Rn. 70). Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten materiellen Anspruchs zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Es besteht die Gefahr, dass die vom Antragsgegner konkret in Aussicht genommene Abschiebung des Antragstellers ohne eine  v o r h e r i g e  gutachtliche Klärung der im Tenor bezeichneten Fragen die Verwirklichung eines ihm in der Hauptsache möglicherweise zustehenden Anspruchs auf weitere Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vereitelt.
1. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (§ 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - VBlBW 2003, 482 und vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 juris, jeweils m. w. N.; s. auch BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206 sowie VG Freiburg, Urteil vom 04.02.2004 - 1 K 1620/01 - juris).
a) Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn), wobei der Senat erwogen hat, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 und 15.10.2004, a. a. O.). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehört der Zeitraum des Aufsuchens und Abholens in der Wohnung, des Verbringens zum Abschiebeort sowie die Zeit der Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur endgültigen Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. Insgesamt gilt, dass die mit dem Vollzug der Abschiebung während dieses Abschnitts betrauten deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.02.1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, 241; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.05.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32 = InfAuslR 2001, 384).
aa) Macht ein Ausländer eine solche Reiseunfähigkeit geltend oder ergeben sich sonst konkrete Hinweise darauf, ist die für die Aussetzung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde verpflichtet, den aufgeworfenen Tatsachenfragen, zu deren Beantwortung im Regelfall medizinische Sachkunde erforderlich ist, im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht nach § 24 Abs. 1 LVwVfG nachzugehen, wobei der Ausländer zur Mitwirkung verpflichtet ist (§ 82 AufenthG). Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte (“Privatgutachten“) vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nach der Rechtsprechung des Senats nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) richten (vgl. im einzelnen Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.). Sind diese Mindestanforderungen nicht oder nur teilweise erfüllt, kann die Reiseunfähigkeit allein aufgrund der vorgelegten ärztlichen Fachberichte zwar nicht als erwiesen angesehen werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass kein weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Die Ausländerbehörde bleibt nach § 24 Abs. 1 LVwVfG verpflichtet, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären, wenn und soweit sich aus den ihr vorliegenden ärztlichen Äußerungen, dem Vortrag des Ausländers oder aus sonstigen Erkenntnisquellen ausreichende Indizien für eine Reiseunfähigkeit ergeben. Ist das der Fall, wird regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung oder die Einholung einer ergänzenden (fach-)ärztlichen Stellungnahme oder eines (fach-)ärztlichen Gutachtens angezeigt sein, da der Ausländerbehörde die erforderliche medizinische Sachkunde zur Beurteilung einer mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahr und auch der Frage fehlen dürfte, mit welchen Vorkehrungen diese Gefahr ausgeschlossen oder gemindert werden könnte. Insoweit gelten für die Aufklärungspflicht der Behörde keine anderen Maßstäbe als für diejenige des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. zur Ermittlungspflicht beim Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung: BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - DVBl. 2008, 132, sowie Beschluss vom 24.05.2006 - 1 B 118.05 - NVwZ 2007, 345). So ist bei substantiiert vorgetragenen oder sonst bekannt gewordenen Anhaltspunkten für eine Suizidgefahr als Folge einer psychischen Erkrankung - wie bei anderen psychischen Erkrankungen - im Regelfall schon v o r Beginn einer Abschiebung ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten einzuholen. Nr. III. 2 des von der Bundesärztekammer am 26.11.2004 gebilligten Informations- und Kriterienkatalogs zu Fragen der ärztlichen Mitwirkung bei der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer (vgl. http://www.aekno.de/ htmljava/a/kammerarchiv/kriterienkatalog_nrw.pdf) sieht dies ausdrücklich vor. In Baden-Württemberg ist die Anwendung dieses Katalogs durch die Ausländerbehörden zwar nicht - wie in Nordrhein-Westfalen - durch Verwaltungsvorschrift angeordnet (vgl. die Antwort der Landesregierung vom 25.09.2007 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Braun vom 10.09.2007, LT-Drs. 14/1702). Der - auch vom 108. Deutschen Ärztetag begrüßte (http://www. bundesaerztekammer.de/page.asp? his=0.2.20.1827.1832.1932.1955.1956) - Informations- und Kriterienkatalog kann jedoch als sachverständige Konkretisierung dessen berücksichtigt werden, was vor Durchführung einer Abschiebung von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls als Vorkehrung zum Schutz des von der Abschiebung Betroffenen vorzusehen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris). Eine Untersuchung durch einen Arzt am Tage der Abschiebung, für die praktisch nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung stehen dürfte, ist dagegen im Hinblick auf die erforderliche Intensität der Exploration und eine hinreichende Fundierung regelmäßig kein taugliches Mittel, um Hinweise auf eine Suizidgefährdung als Folge einer psychischen Erkrankung so abzuklären, dass eine Abschiebung mit dem möglichen Risiko lebensbedrohlicher Folgen verantwortet werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 23.10.2007 - 24 CE 07.484 - juris).
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bb) Aus der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes und zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber und sonstiger ausreisepflichtiger Ausländer durch die Landesbehörden vom 01.01.2004 - VwV Asyl/Rückführung, Stand 01.01.2005 - (Abschnitt C Teil I Nr. 1 der mit Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 30.12.2004 - 4-1310/131 - an die Ausländerbehörden übersandten "Zusammengefassten Vorgaben des Innenministeriums zur Anwendung aufenthalts- und asylrechtlicher Regelungen ab dem 1. Januar 2005") folgt im Ergebnis nichts Anderes. In Nr. 3.5.2.1 bis 3 VwV Asyl/Rückführung ist detailliert geregelt, wie zu verfahren ist, wenn der Ausländer eine Reiseunfähigkeit im engeren oder weiteren Sinne geltend macht und/oder Erkenntnisse über eine Suizidgefahr vorliegen. "Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte" für eine Reiseunfähigkeit im engeren Sinne, "veranlasst die zuständige Ausländerbehörde eine amtsärztliche Untersuchung durch das Gesundheitsamt im Wege der Amtshilfe oder durch einen Arzt", wobei an die Mitwirkungspflicht des Ausländers sowie das Ersuchen der Behörde bestimmte Anforderungen gestellt werden (Nr. 3.5.2.1.1 Absätze 2 bis 6 VwV Asyl/Rückführung). Hinsichtlich der auf einer Traumatisierung beruhenden Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ordnet die Verwaltungsvorschrift für den Fall, dass vorgelegte fachärztliche Atteste oder Gutachten bestimmte Mindestvoraussetzungen (die im wesentlichen den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Mindestanforderungen entsprechen) nicht erfüllen, sich aber aus dem Attest oder Gutachten ausreichende Anhaltspunkte für eine Traumatisierung ergeben, an, dass "in der Regel eine ergänzende Stellungnahme des behandelnden Facharztes oder ein weiteres fachärztliches Gutachten einzuholen ist", es sei denn, das vorgelegte Attest enthält lediglich unsubstantiierte Ausführungen oder offensichtliche Gefälligkeitsformulierungen (Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 5 VwV Asyl/ Rückführung). Liegen Erkenntnisse vor, dass der Ausländer suizidgefährdet ist oder droht er für den Fall einer Abschiebung mit einem Suizid, gelten diese Regelungen entsprechend (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 4 VwV Asyl/Rückführung) und es "ist im Rahmen des in Auftrag zu gebenden Gutachtens" bestimmten weiteren Fragen nachzugehen (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 1 VwV Asyl/Rückführung); bei Vorliegen eines ernsthaften Suizidrisikos ist zudem sicherzustellen, dass durch flankierende Maßnahmen, wie die ärztliche Begleitung des Ausländers, Vorsorge getroffen ist, dass sich die Suizidgefahr nicht realisiert (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung).
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b) Gemessen daran erscheint offen, ob der Antragsteller Anspruch auf weitere Aussetzung der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat. Denn insoweit wird in der Hauptsache - dem Verwaltungsverfahren über den zuletzt nochmals am 18.09.2007 bei der Stadt Mannheim wiederholten und vom zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe bislang nicht beschiedenen Antrag auf weitere Aussetzung der Abschiebung - zunächst gemäß den oben dargelegten Grundsätzen zur Amtsaufklärungspflicht der Ausländerbehörde ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten zumindest darüber einzuholen sein, ob auf Grund einer Abschiebung die Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen gegebenenfalls eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann. Anlass dazu besteht schon deshalb, weil sich aus den vorliegenden ärztlichen Attesten und Berichten sowie der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Versicherung an Eides statt des Onkels des Antragstellers ausreichende Erkenntnisse für eine Suizidgefahr bei einer Abschiebung als Folge einer psychischen Erkrankung ergeben. Ob die ärztlichen Atteste und Berichte darüber hinaus in Bezug auf den Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung eine Ermittlungspflicht der Behörde begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 und Beschluss vom 24.05.2006, a. a. O.) oder gar für sich genommen als Entscheidungsgrundlage genügen, was im Hinblick auf die in der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.) entwickelten Mindestanforderungen bzw. die entsprechenden Voraussetzungen nach Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 2 VwV Asyl/Rückführung zweifelhaft erscheint, kann im vorliegenden Eilverfahren offen bleiben.
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Nach dem gemeinsamen Bericht der Ärzte Prof. Dr. ... und Dr. ...-... sowie der Diplom-Psychologin ... beim Psychiatrischen Zentrum ... - Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie - an die den Antragsteller behandelnde Ärztin Dr. ...-... vom 15.09.2007 habe der Antragsteller am 03.06.2007 in suizidaler Absicht eine Medikamentenmischung eingenommen. Er sei deshalb am 11.06.2007 in die geschlossene Akutstation des Psychiatrischen Zentrums ... in … aufgenommen worden. Diagnostisch sei bei Wiedererleben von Belastungen durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensibilität und Erregung wie Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten sowie Vermeidungsverhalten von einer posttraumatischen Belastungsstörung F43.1 auszugehen. Daneben leide der Antragsteller an dissoziativen Krampfanfällen F44.5. Er sei am 26.07.2007 ohne Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung entlassen worden, jedoch sei bei drohender Abschiebung in das Heimatland mit erneuten ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Im ärztlichen Attest der Dr. ...-... vom 12.11.2007 werden - ohne nähere Erläuterungen - folgende Erkrankungen diagnostiziert: "Schwere depressive Episode mit Suizid in der Anamnese (03.06.07); Posttraumatische Belastungsstörung; Generalisierte Angststörung; Schlafstörung; Soziale Phobie; Anorexia nervosa, Gewichtsverlust; Dissoziative Krampfanfälle". Die Ärztin legt dar, der Antragsteller befinde sich seit dem 27.07.2007 in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und habe am 02.11.2007 erneut einen Suizidversuch unternommen, wobei er sich schwere Schnittverletzungen mit einer Rasierklinge am linken Unterarm zugefügt habe. Er habe auch weiter abgenommen und gehöre in eine psychiatrische Klinik, wo er bei Selbstgefährdung 24 Stunden täglich unter Beobachtung stehen müsse; er bedürfe dringend einer stationären Therapie. Der Onkel des Antragstellers bekundet in seiner Versicherung an Eides statt vom 15.11.2007 schließlich, er - der Onkel - habe anlässlich eines Besuchs in der im vierten Stock gelegenen Wohnung seiner Schwester am 02.11.2007 miterlebt, dass der Antragsteller auf die Fensterbank eines geöffneten Fensters gesprungen sei, als jemand an der Tür geklingelt und geklopft habe. Es sei nur ein Freund gewesen. Der Antragsteller habe aber vermutet, dass die Polizei ihn abholen wollte, und er habe sich aus dem Fenster stürzen wollen. Damit ist hinreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass der Antragsteller sich bereits zweimal wegen offenbar ernsthaft unternommener suizidaler Handlungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Abschiebung in ärztliche - stationäre - Behandlung begeben musste. Die eidesstattliche Versicherung seines Onkels vom 15.11.2007 bestätigt einen möglichen weiteren Suizidversuch. Zudem gibt es Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung als mögliche Ursache (posttraumatische Belastungsstörung F43.1). Es liegen mithin ausreichende Erkenntnisse vor, die zumindest den Anschein einer ernsthaften Selbsttötungsabsicht des Antragstellers im Falle seiner Abschiebung und einer psychischen Erkrankung als mögliche Ursache begründen. Anhaltspunkte dafür, dass die auf entsprechende konkrete Vorkommnisse gestützten wiederholten ärztlichen Attestierungen einer Suizidgefahr im Fall der Abschiebung als unsubstantiiert oder Gefälligkeitsformulierung gewertet werden müssen, sind für den Senat nicht erkennbar.
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Bei dieser Sachlage kann über das Vorliegen des geltend gemachten Duldungsanspruchs ohne (amts-)ärztliche - psychologisch-psychotherapeutische - Begutachtung der im Tenor bezeichneten Fragen zu den mit einer Abschiebung verbundenen gesundheitlichen Risiken nicht entschieden werden. Ermittlungen dieser Art sind angesichts der Tatsache, dass sich der Antragsgegner dafür der Amtshilfe eines zuständigen staatlichen Gesundheitsamtes bedienen kann, weder unverhältnismäßig noch notwendigerweise besonders zeitaufwändig oder kostspielig. Dass die zuständige Ausländerbehörde des Antragsgegners selbst über ausreichende medizinische Fachkunde zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen verfügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Erforderlichkeit einer solchen Begutachtung wird auch nicht durch den Vortrag des Antragsgegners, der Antragsteller werde in Begleitung eines Arztes und von Sicherheitskräften, die ihn von selbstgefährdenden Handlungen abhielten, abgeschoben und in der Türkei einem ärztlichen Team einschließlich eines Psychiaters übergeben, entbehrlich (s. o. a) aa)). Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass mit diesen Vorkehrungen den Anforderungen an flankierende Maßnahmen zur Abschiebung bei Suizidgefahr nach Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung Rechnung getragen sei, übersieht er, dass sich die Geeignetheit dieser Vorkehrungen erst dann - in einem zweiten Schritt - sachgerecht beurteilen lassen wird, wenn das gemäß Nr. 3.5.2.1.3 Absätze 1 und 4 VwV Asyl/Rückführung einzuholende Gutachten vorliegt. Denn gerade auch zur Beantwortung dieser Frage ist bei einer Suizidgefahr auf Grund einer psychischen Erkrankung die besondere Sachkunde eines Mediziners nötig. Abgesehen davon erscheint die Geeignetheit der vom Antragsgegner zugesagten Vorkehrungen im Fall des Antragstellers schon deshalb zweifelhaft, weil sie erst mit seiner Abholung einsetzen sollen. Denn sie schließen die nach Lage der Dinge hier ernsthaft in Betracht zu ziehende Gefahr einer Selbsttötung schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht aus, wenn der Antragsteller durch eine Mitteilung der Ausländerbehörde oder seines Rechtsanwalts oder auf sonstige Weise erfährt oder damit rechnen muss, dass die Abschiebung nunmehr unmittelbar bevorsteht. Gegebenenfalls kommen insoweit auch Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz oder die richterliche Anordnung einer Abschiebungshaft mit ärztlicher Überwachung in Betracht. Soweit der Antragsgegner ferner auf die dem Antragsteller mehrfach eingeräumte Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise verweist, ändert auch das nichts am dargestellten Aufklärungsbedarf. Zwar hat der Senat erwogen, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (s. o. a.)). Bei einer durch eine psychische Erkrankung bedingten Suizidgefahr kann jedoch nicht ohne Weiteres von der Zumutbarkeit einer "freiwilligen" - durch den vollziehbaren gesetzlichen Ausreisebefehl aber letztlich mittelbar erzwungenen - Rückkehr in das Heimatland ausgegangen werden. Vielmehr muss auch dies gutachtlich geklärt werden. Sollte der Antragsteller freilich an der Erstellung eines Gutachtens nicht mitwirken oder sich der ausländerbehördlichen Überwachung entziehen (vgl. § 50 Abs. 5 AufenthG), steht dem Antragsgegner frei, die Abänderung der einstweiligen Anordnung analog § 927 ZPO oder § 80 Abs. 7 VwGO zu beantragen (vgl. Funke-Kaiser in Bader, VwGO, § 123 Rn 64 m w. N.).
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2. Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Der Antragsgegner beabsichtigt, den Antragsteller ohne vorherige Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Suizidgefahr abzuschieben. Die vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Duldungsanspruchs ist daher zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich. Denn der Duldungsanspruch erlischt ebenso wie die Aussetzung selbst (vgl. § 60 a Abs. 5 Satz 1 AufenthG) mit der Ausreise. Er würde durch die Abschiebung daher vereitelt. Zudem ist eine Abschiebung ohne vorherige ärztliche Begutachtung der damit nach den vorliegenden Erkenntnissen möglicherweise einhergehenden gesundheitlichen Risiken mit der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 01. September 2004 - 9 K 1728/04 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und rechtzeitig - sowie den inhaltlichen Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend - begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig eine Duldung zu erteilen (modifizierte Formulierung in der Beschwerdeschrift), mangels Glaubhaftmachung eines entsprechenden Anordnungsanspruchs zu Recht als unbegründet abgelehnt.
Auch mit ihrem Vorbringen in der Beschwerdeschrift, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, vermögen die Antragsteller nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit darzutun, dass dem Antragsteller zu 1., von dem die Rechte der übrigen Antragsteller abhängen, im Zusammenhang mit seiner psychischen Erkrankung ein sicherungsbedürftiger Anspruch auf Erteilung einer Duldung wegen eines Abschiebungshindernisses nach § 55 Abs. 2 AuslG zusteht. Dabei dürfen, wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeht, vorliegend allein die inlandsbezogenen Folgen der Abschiebung nach § 55 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GG, nicht jedoch ihre zielstaatsbezogenen Auswirkungen nach §§ 55 Abs. 2, 53 Abs. 6 AuslG in den Blick genommen werden. Denn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG beim Antragsteller zu 1. ist vom dafür nach § 24 Abs. 2 AsylVfG ausschließlich zuständigen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) zuletzt mit nach § 42 Satz 1 AsylVfG bindendem Bescheid vom 20.8.2003 abgelehnt worden (zur Bindungswirkung vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.7.2003 - 11 S 2622/02 -, InfAuslR 2003, 423 m.w.N. und Urteil vom 21.6.2004 - 11 S 770/04 -) und dieser Ablehnungsbescheid hat zwischenzeitlich auch Bestandskraft erlangt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.3.2004 - A 12 S 434/04 - ).
1 a). Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine bestehende (körperliche oder psychische) Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung (§ 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GG) in zwei Fallgruppen begründen. Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ (der Ortsveränderung vom inländischen Abreiseort zum Ankunftsort im Zielstaat) wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom konkreten Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich (oder gar lebensbedrohlich) verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.7.2003 a.a.O; s. auch BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig mit der Mitteilung der beabsichtigten Abschiebung an den Ausländer. Besondere Bedeutung kommt denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehört der Zeitraum des Aufsuchens und Abholens in der Wohnung, des Verbringens zum Abschiebeort sowie die Zeit der Abschiebehaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur endgültigen Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. Insgesamt gilt, dass die mit dem Vollzug der Abschiebung während dieses Abschnitts betrauten deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.2.1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, 241; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7.5.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32 = InfAuslR 2001, 384).
b) Der Senat erwägt, dass andererseits aber auch der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer gehalten sein dürfte, das ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, um den Eintritt der mit seiner - rechtmäßigen - Abschiebung verbundenen Gesundheitsgefahren abzuwenden/zu mindern bzw. eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen: Dies könnte, wenn die Gesundheitsverschlechterung maßgeblich auf den mit der Abschiebung verbundenen - psychisch zweifellos belastenden - Zwangsmaßnahmen oder der Angst vor sozialer Ächtung im Zielstaat beruht, etwa dadurch geschehen, dass er es nicht zu dieser Zwangslage kommen lässt, sondern - gegebenenfalls unter dem Einzelfall Rechnung tragenden Bedingungen - freiwillig ausreist (zur Zumutbarkeit der Abwendung zielstaatsbezogener Gefahren durch freiwillige Ausreise vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.3.1995 - 2 BvR 2070/94 -[Juris]). Auch wenn die Erkrankung maßgeblich auf der - wie auch immer durchgeführten - Ausreisepflicht als solcher beruht (Verlust der existentiell abgesicherten Lebensgrundlage in Deutschland , Zukunftsängste, Entwurzelungssymptome etc.), dürfte Ausländern im Rahmen des Zumutbaren eine Mitwirkungs- oder Gefahrenminderungspflicht obliegen. Ihnen dürfte grundsätzlich - weil in hohem Maß auch im eigenen Interesse liegend - angesonnen werden können, gegen drohende Gesundheitsgefahren, die sich aus der mit dem Vollzug einer rechtmäßigen Ausreisepflicht verbundenen persönlichen Verunsicherung ergeben können, fachkundige Hilfe etwa der diagnostizierenden Ärzte oder sonstiger Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen und derartige Bemühungen und gegebenenfalls deren Erfolglosigkeit im Rahmen der ihnen obliegenden Darlegungslast auch zu belegen. In diesem Zusammenhang ist auf § 61 Abs. 2 des ab 1.1.2005 geltenden Aufenthaltsgesetzes (vom 30.7.2004 (BGBl. I, 1950) zu verweisen, wonach die Länder Aufnahmeeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen können, um dort durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise zu fördern. Als Sanktion bei Unterlassung solcher eigener Bemühungen zur Gesundheitserhaltung könnte in Betracht kommen, bei den Anforderungen an das gleichwohl geltend gemachte Abschiebungshindernis der Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn einen strengen Maßstab anzulegen.
c) Der Senat hat ferner Mindestanforderungen an die Verwertbarkeit ärztlicher Fachauskünfte aufgestellt. Auch von den Ausländern selbst vorgelegte ärztliche Fachberichte (“Privatgutachten“) müssen nachvollziehbar die tatsächlichen Umstände angeben, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt (Befundtatsachen). Gegebenenfalls müssen sie auch die Methode der Tatsachenerhebung benennen. Ferner ist die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) nachvollziehbar ebenso darzulegen wie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) richten (vgl. im einzelnen Beschluss vom 10.7.2003 a.a.O.).
2. Dass ihm gemessen daran ein Duldungsanspruch wegen einer unmittelbar abschiebungsbedingten und beachtlich wahrscheinlichen wesentlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands zusteht, hat der Antragsteller zu 1. nicht glaubhaft gemacht. Dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig ist, d.h. an der - auf dem Luftweg geplanten - Rückreise in die Türkei gehindert wäre (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), wird weder substantiiert vorgetragen noch durch die vorgelegten Arztberichte bestätigt. Etwaige gesundheitliche Risiken würden zudem durch die vom Antragsgegner zugesagten umfangreichen Vorkehrungen während des Fluges mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden. Gleiches gilt für die dem Flug vorangehenden und nachfolgenden Verfahrensabschnitte, während derer sich der Antragsteller in Gewahrsam und der Obhut der Vollstreckungsbehörde und ihrer Hilfsorgane befindet. Nach der erneuten glaubhaften Versicherung des nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 AAZuVO für die Organisation der Abschiebung zuständigen Regierungspräsidiums Freiburg in der Beschwerdeerwiderung wird während des gesamten Abschiebungsvorgangs - ab Beginn der Vollstreckungsmaßnahmen (Abholen durch die Polizei in der Wohnung) bis zur Ankunft am Zielflughafen in Istanbul - die Begleitung des Antragstellers durch einen kompetenten Arzt sichergestellt. Während des Fluges ist zudem eine Betreuung durch speziell instruierte Sicherheitsbegleiter des Bundesgrenzschutzes gewährleistet. Nach der Ankunft in Istanbul wird der Antragsteller durch die Sicherheitsbegleiter an die türkischen Behörden übergeben, denen auch die gesundheitliche Problematik bekannt sein soll. Damit kann nahezu ausgeschlossen werden, dass sich der Gesundheitszustand während des Abschiebeverfahrens verschlechtert oder der Antragsteller eigengefährdende Handlungen vornimmt.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller zu 1. vor oder nach dem Abschiebeverfahren - als unmittelbare Folge der Abschiebung als solcher (d.h. allein wegen der ihm obliegenden gesetzlichen Ausreisepflicht) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Krankheitsverschlechterung droht oder dass er mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Suizidhandlungen begeht, er also reiseunfähig im weiteren Sinn ist. Die vom Antragsteller eingereichten Arztberichte des Z... (ZfP) vom 12.8.2003, des E...-... (EP) vom 30.10.2003, 22.1.2004 und 16.4.2004 und des Facharztes für Psychiatrie Dr. xx-... vom 1.12.2003, 8.3.2004 und 30.7.2004 reichen zum Beleg hierfür nicht aus. Soweit dem Antragsteller in diesen Berichten eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) attestiert wird, genügt dies den zu stellenden Qualitätsanforderungen nicht. Das ZfP-Schreiben und die Stellungnahmen des EP leiden bereits an Defiziten bei der Befunderhebung. Hinsichtlich des die Krankheit auslösenden Traumas in der Türkei, der dortigen Symptome und des erst nach Jahren „seit Ankündigung der Abschiebung“ (ZfP) erfolgten Wiederauftretens der Krankheit werden ersichtlich durchweg die eigenen Schilderungen des Antragstellers unkritisch übernommen, ohne sich zur Methodik der Befragung und zur Glaubwürdigkeit des Antragstellers zu äußern. Auch eine ausreichend differenzierte Diagnose anhand der anerkannten Einzelkriterien der ICD 10. F 43.1 bzw. der DSM-IV lässt sich den Berichten nicht entnehmen. Hierfür hätte schon deswegen Anlass bestanden, als es typisch für eine PTBS ist, dass die Symptome eines realen Traumas „auch in Zeiten von Sicherheit und Ruhe (meist über Schlüsselreize) auftreten“ und nicht erst dann, wenn - wie hier bei drohender Abschiebung - „äußerer Druck“ und „reale Gefahr“ zu befürchten sind (vgl. Ebert/Kind, Die posttraumatische Belastungsstörung im Rahmen von Asylverfahren, VBlBW 2004, 41,44). Daher vermag weder das Diagnoseergebnis des - zudem über ein Jahr zurückliegenden - Berichts des ZfP vom 12.8.2003 zu überzeugen noch die Schlussfolgerungen des EZ ... im aktuellsten Bericht vom 16.4.2004, dessen Schwerpunkt (wie der der früheren) auftragsgemäß ohnehin in der Überprüfung einer möglichen epileptischen Erkrankung lag. Auch die Berichte des Psychiaters Dr. xx-... geben lediglich die Erlebnis- und Symptomschilderungen des Antragstellers unkommentiert wieder und legen sie der Diagnose als wahr zugrunde. In dieser Diagnose legt Dr. xx-... sich zudem nicht exakt auf eine PTBS fest, sondern attestiert dem Antragsteller lediglich eine „gemischte Angst und depressive Störung auf dem Boden einer posttraumatischen Belastungsstörung, dissoziative Krampfanfälle und (eine) psychovegetative Schlafstörung“ (Bericht vom 30.7.2004). Soweit er im Anschluss daran ausführlich auf die Kriterien der ICD 10 eingeht, lässt dies noch keine vertiefte Individualprüfung erkennen, da im Wesentlichen nur wörtlich Textstellen aus einem medizinischen Fachaufsatz zitiert werden (vgl. Haenel/Birk, VBlBW 2004, 321 ff.).
Auch wenn der Senat trotz alledem unterstellt, dass der Antragsteller in Erwartung der Abschiebung an einer depressiven Störung mit Krankheitswert leidet (obwohl sich nach dem Bericht des EZ ... im Aufnahmegespräch „keine manifeste depressive Symptomatik“, sondern nur „anamnestisch rezidivierende depressive Einbrüche“ ergeben haben), ist nicht glaubhaft gemacht, dass sich diese Krankheit - im Zeitraum bis zur Überwachung und Betreuung im Abschiebeverfahren oder in der Zeit unmittelbar nach dessen Abschluss (Übergabe an die türkischen Behörden) - mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dauerhaft erheblich verschlechtern oder der Antragsteller krankheitsbedingt erheblich suizidgefährdet sein wird. Die eine „erhebliche Verschlechterung der Erkrankung und ihrer Prognose“ attestierende Schlussfolgerung im Bericht von Dr. xx-... vom 30.7.2004 vermag nicht zu überzeugen. Sie fußt weitgehend auf formelhaften allgemeinen Aussagen und nicht hinreichend auf individuellen Untersuchungsergebnissen. Im aktuellsten Bericht des EP ... wird auf eine konkrete negative Prognose für den Abschiebungsfall überhaupt verzichtet und stattdessen nur noch eine „weitere psychotherapeutische Behandlung dringend angeraten“. Bezüglich einer Suizidgefahr spricht Dr. xx-... im Bericht vom 8.3.2004 zwar von konkret geäußerten Absichten des Antragstellers, die „ernstzunehmen“ seien. Zum Grad an Wahrscheinlichkeit, dass die Drohung realisiert werden könnte, lässt er sich jedoch nicht ein. Andererseits bescheinigt das EZ ... im Bericht vom 22.1.2004 aufgrund eines Aufnahmegesprächs aber ausdrücklich, dass beim Kläger „keine akute Suizidalität“ bestehe.
Sind damit die erforderlichen unmittelbar abschiebungsbedingten Beeinträchtigungen von Leben oder Gesundheit des Antragstellers zu 1. nicht dargetan, kann weder er noch können die übrigen - ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtigen - Antragsteller Abschiebungsschutz erhalten. Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller zu 1. gegebene erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen durch freiwillige Ausreise oder durch Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe bei der psychischen Vorbereitung und Bewältigung der gesetzlich vorgeschriebenen Ausreise hätte vermeiden können und ob die geltend gemachten Nachteile dem strengeren Maßstab gerecht würden, der anzulegen wäre, wenn der Antragsteller sich nicht in möglicher und zumutbarer Weise um eine Stabilisierung seiner psychischen Situation im Vorfeld der Abschiebung gekümmert hätte.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1, 72 Nr. 1, 2. Halbsatz GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 5.5.2004 (BGBl I, S. 718ff.).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.