Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 06. Mai 2015 - 7a L 855/15.A
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 7a K 1847/15.A gegen die Abschiebungsanordnung nach Italien im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Januar 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist bereits unzulässig.
6Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nicht innerhalb der in § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz – AsylVfG – vorgesehenen Frist von einer Woche nach Bekanntgabe erhoben worden.
7Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Januar 2015 mit der Abschiebungsanordnung gilt aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs. 2 Satz 1, 4 AsylVfG spätestens am 28. Januar 2015 als zugestellt. Die Vorschrift sieht vor, dass die Zustellung unter der zuletzt von dem Ausländer mitgeteilten Anschrift mit der Aufgabe zur Post als bewirkt gilt, wenn die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden kann, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt. Der Antragsteller teilte der Antragsgegnerin am 24. Juli 2014 seine Anschrift T.--------straße 119 in C. mit. Eine weitere Anschrift teilte der Antragsteller, soweit aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlich, nicht mit. Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde am 28. Januar 2015 unter der mitgeteilten Anschrift ein erfolgloser Zustellungsversuch unternommen. Die Zustellungsurkunde ist mit dem Vermerk „Empfänger unbekannt verzogen“ versehen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt gleichwohl noch unter dieser Anschrift wohnte und eine Zustellung möglich gewesen wäre,
8vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Februar 2015 ‑ 13 L 3079/14.A ‑, juris,
9sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Antragsteller vorgetragen, dass er den Bescheid der Antragsgegnerin aufgrund seines Wohnungswechsels erst später erhalten habe. Der Antragsfrist begann danach jedenfalls am 29. Januar 2015 zu laufen. Der Eilantrag wurde am 20. April 2015 und damit nach Ablauf der Wochenfrist erhoben.
10Dem Antragsteller ist auch keine Wiedereinsetzung in die Antragsfrist gemäß § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren. Dieser hat innerhalb der Zweiwochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2 VwGO keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen. Der Antragsteller hat lediglich vorgetragen, dass er den Bescheid wegen seines Wohnungswechsels erst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten habe. Insoweit ist die Versäumung der Antragsfrist nicht unverschuldet, da der Asylbewerber gemäß § 10 Abs. 1 AsylVfG verpflichtet ist, einen Wechsel der Anschrift unverzüglich anzuzeigen.
11Der Antrag ist darüber hinaus auch unbegründet.
12Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach dem Stand des Eilverfahrens ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller durch die Abschiebungsanordnung in seinen Rechten verletzt wird.
13Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gegenüber dem Antragsteller ist die Abschiebung nach Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und insofern in einen kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG; § 26a Abs. 2 AsylVfG), angeordnet worden. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens aus § 27a AsylVfG i. V. m. Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) bzw. Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO). Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das ist hier grundsätzlich der Fall, weil der Antragsteller sich vor seiner Einreise ins Bundesgebiet mehr als sieben Jahre in Italien aufgehalten hat (Art. 10 Abs. 1, 2 Dublin-II-VO; vgl. Art. 13 Abs. 1, 2 Dublin-III-VO).
14Ob die Zuständigkeit Italiens wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist inzwischen auf die Antragsgegnerin übergegangen ist (Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO, Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO) bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Der Antragsteller kann sich jedenfalls nicht auf einen Ablauf der Überstellungsfrist berufen. Der Verstoß gegen die Überstellungfrist als solcher verletzt keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers, sofern damit keine weitere Grundrechtsverletzung einhergeht. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Antragstellers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitgliedsstaat. Ein aus den Grundrechten folgendes subjektives Recht des Asylbewerbers kann vielmehr allein dann bestehen, wenn sich das Asylverfahren ohne besonderen Grund unangemessen lange verzögert. In diesem Fall kann der Mitgliedstaat zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet sein.
15VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Januar 2015 – 6a K 2712/14.A –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, juris, unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –.; VG Stuttgart, Urteil vom 28. Februar 2014 – A 12 K 383/14 –, juris.
16Eine Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO, vgl. Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO) nicht.
17Die Antragsgegnerin ist zum einen nicht aufgrund einer überlangen Dauer des Asylverfahrens zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet. Eine unangemessene Verzögerung ist nach dem Stand des Eilverfahrens nicht gegeben. Dabei kann offen bleiben, ab wann oder unter welchen Umständen eine solche unangemessene Verzögerung des Asylverfahrens vorliegt und ob diese frühestens ab einer Dauer des Asylverfahrens von mehr als neun oder zwölf Monaten seit der Antragstellung angenommen werden kann.
18Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Januar 2015 ‑ 6a K 2712/14.A ‑, juris.
19Jedenfalls im vorliegenden Fall ist eine unangemessene Verzögerung des Asylverfahrens nicht anzunehmen. Denn zum einen war die sechsmonatige Überstellungsfrist (Fristende 24. März 2015) bei der Erhebung des gerichtlichen Eilantrags am 20. April 2015 erst weniger als einen Monat abgelaufen. Zum anderen ist der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach § 10 Abs. 1 AsylVfG nicht nachgekommen (Mitteilung der aktuellen Anschrift) und hat damit mit zu der Verzögerung des Asylverfahrens bzw. der hieran anschließenden gerichtlichen Eilverfahrens beigetragen.
20Die Antragsgegnerin ist zum anderen auch nicht wegen der geltend gemachten systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Italien zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet. Nach der Rechtsprechung der Kammer, der sich das Gericht für das vorliegende Verfahren anschließt, sind bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung systemische Schwachstellen derzeit jedenfalls nicht im Hinblick auf Asylsuchende anzunehmen, die nicht zum Kreis der verletzlichen bzw. besonders schutzbedürftigen Personen gehören.
21VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. März 2015 ‑ 7a L 498/15.A.; Beschluss vom 13. März 2015, 7a L 462/15.A ‑ juris; Beschluss vom 6. März 2015 ‑ 7a L 327/15.A ‑.
22In den genannten Entscheidungen wird hierzu ausgeführt:
23„Die Kammer hält an ihrer bisherigen Rechtsprechung
24vgl. u. a. Urteil vom 18. Dezember 2014 ‑ 7a K 4590/14.A, Beschluss vom 13. November 2014 ‑ 7a L 1718/14.A, beide nrwe,
25wonach festgestellte systemische Mängel des Asylverfahrens in Italien, die auch gegenwärtig noch nicht beseitigt sind, für alle Asylbewerber ungeachtet ihrer individuellen Verhältnisse schwere Rechtsverletzungen i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ‑ EUGrdRCH ‑, Art. 3 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ‑ EMRK ‑ nach sich ziehen, die eine Selbsteintrittspflicht der Bundesrepublik nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO begründen, nicht mehr uneingeschränkt fest. Vielmehr geht sie nach der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ‑ EGMR ‑
26Urteil 51428/10 vom 13. Januar 2015 ‑ A.M.E. vs. The Netherlands,
27davon aus, dass systemische Mängel des Asylverfahrens in Italien für den Kreis der Antragsteller, die nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis („underprivileged and vulnerable population group in need of special protection“, s. EGMR, Urteil vom 13. Januar 2015, a.a.O.) i. S. der Genfer Konvention und der ihr folgenden Richtlinien zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedsstaaten ‑ Aufnahmerichtlinien ‑ (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013) zählen, nicht den Schweregrad einer Verletzung von Art. 3 EMRK erreichen. Gesunde Männer ohne Familienangehörige, die den Weg aus ihrer Heimat nach Italien allein geschafft haben, sind den dort vorzufindenden Schwierigkeiten und Engpässen bei der Unterbringung und Versorgung regelmäßig weit eher gewachsenen als dies für Familien mit Kindern oder Minderjährige zutrifft. Sie sind grundsätzlich in der Lage, auch eine Übergangsfrist unter schwierigen Bedingungen auszuhalten, ohne dass dies zu einer Rechtsverletzung im oben dargelegten Sinne führt.“
28Der 37-jährige Antragsteller ist als alleinstehender Mann diesem Personenkreis, der keines besonderen – über die allgemeinen Standards hinausgehenden – Schutzes bedarf, zuzurechnen. Die Kinder des Antragstellers leben nach dessen Angaben weiter in Accra (Ghana). Der Antragsteller selbst hat sich mehr als sieben Jahre und damit eine nicht unerhebliche Zeit in Italien aufgehalten und spricht nach seinen Angaben jedenfalls rudimentär italienisch. Unter diesen Bedingungen ist im Sinne der genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in Italien ausgesetzt sein wird.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
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Tenor
- 1.
Die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage 13 K 8433/14.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Oktober 2014 wird angeordnet.
- 2.
Die Aufhebung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Oktober 2014 wird angeordnet. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller unverzüglich zu ermöglichen, auf Kosten der Antragsgegnerin in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen.
- 3.
Dem Antragsteller wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. X. aus N. bewilligt.
- 4.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
1
Gründe:
2A. Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 8433/14.A gegen die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Oktober 2014 anzuordnen,
4hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
5I. Der Antrag ist zulässig.
61. Insbesondere hat der Antragsteller die Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gewahrt. Nach der genannten Vorschrift sind Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die fristauslösende Bekanntgabe muss gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 und 4 AsylVfG in Form der Zustellung an den Ausländer selbst erfolgen. Eine solche Zustellung hat hier nicht stattgefunden (a). Auch greift die Zustellungsfiktion des § 10 Abs. 2 Satz 4 AsylVfG nicht ein (b), weshalb die Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG erst am 8. Dezember 2014, als der Antragsteller den Bundesamtsbescheid tatsächlich erhalten hat, in Lauf gesetzt und durch Eingang des Antrags bei Gericht am 15. Dezember 2014 gewahrt wurde (c).
7a) Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 29. Oktober 2014 sollte dem Antragsteller gemäß § 3 VwZG durch die Post mit Zustellungsurkunde an die dem Bundesamt von der Beigeladenen mitgeteilte Anschrift „X1.----straße 119, P. “ zugestellt werden. Unstreitig ist diese Zustellung jedoch nicht erfolgt. Vielmehr ist die Postsendung mit dem auf der Zustellungsurkunde angekreuzten Vermerk „Adressat unter der angegeben Anschrift nicht zu ermitteln“ an das Bundesamt zurückgelangt.
8b) Der Bescheid gilt auch nicht aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs. 2 Satz 4 AsylVfG als zugestellt. Die Vorschrift sieht vor, dass die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt gilt, wenn die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden kann, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt. Voraussetzung für den Eintritt dieser Fiktionswirkung ist jedoch, dass der erfolglose Zustellversuch ordnungsgemäß erfolgt ist,
9vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Oktober 2014 - 13 K 1278/14.A -, juris, Rz. 23 m.w.N.,
10was unter anderem dann nicht der Fall ist, wenn an der letzten bekannten Anschrift nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungszustellungsgesetzes hätte ordnungsgemäß zugestellt werden können, dieses aber zu Unrecht unterblieben ist.
11Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand November 2014, § 10 Rz. 256.
12Hiervon ausgehend greift die Zustellungsfiktion vorliegend nicht ein, weil der Antragsteller im Zeitpunkt des erfolglosen Zustellungsversuchs am 3. November 2014 unter der Anschrift, an die zugestellt werden sollte (X1.----straße 119, P. ) wohnhaft war, eine ordnungsgemäß Zustellung also hätte erfolgen können.
13Etwas anderes folgt nicht aus der Beweiskraft der Postzustellungsurkunde (§§ 173 VwGO, 418 Abs. 1 ZPO). Zwar ist die Postzustellungsurkunde - auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost - eine öffentliche Urkunde mit der sich aus § 418 Abs. 1 ZPO ergebenden vollen Beweiskraft. Diese Beweiskraft erstreckt sich dabei auch darauf, dass der Antragsteller unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln war.
14Vgl. VG Düsseldorf , Beschluss vom 2. September 2014 - 13 L 1841/14.A -; VG Trier, Urteil vom 13. November 2013 - 5 K 340/13.TR -, juris, Rz. 20.
15Gemäß § 418 Abs. 2 ZPO ist aber der Beweis der Unrichtigkeit der mit der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen zulässig. Dieser Gegenbeweis erfordert, dass Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, die den beurkundeten Sachverhalt widerlegen. Er ist durch qualifiziertes Bestreiten zu führen, indem die in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen nicht nur in Abrede gestellt werden, sondern ihre Unrichtigkeit substantiiert und schlüssig dargelegt wird.
16Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2014 - 13 L 1690/14.A -, juris, Rz. 6; BSG, Beschluss vom 28. September 1998 - B 11 AL 83/98 B -, juris.
17Nach diesen Maßstäben vermag hier das Vorbringen des Antragstellers die Beweiskraft der Postzustellungsurkunde zu erschüttern und dem Gericht die Überzeugung zu vermitteln, dass der Inhalt der Urkunde eine unzutreffende Tatsache wiedergibt, soweit es in ihr heißt, der Antragsteller sei am 3. November 2011, dem Tag des Zustellungsversuchs, unter der Anschrift „X1.----straße 119, P. “ nicht zu ermitteln gewesen. Der Antragsteller trägt vor, er habe bis Ende November 2014 unter der genannten Anschrift gewohnt. Dies stimmt überein mit der vom Gericht telefonisch eingeholten Auskunft des Hausmeisters der Gemeinschaftsunterkunft X1.----straße 119, Herrn L1. , der bestätigt hat, dass der Antragsteller bis Ende November in der Unterkunft wohnhaft war; weiter führte Herr L1. aus: Der Antragsteller habe sich regelmäßig nach Post erkundigt; Erkenntnisse darüber, dass er sich tatsächlich nicht in der Unterkunft aufgehalten habe, lägen ihm nicht vor; es sei nicht auszuschließen, dass ein Kollege gegenüber dem Postbediensteten irrtümlich geäußert habe, der Antragsteller sei hier nicht wohnhaft. Soweit die Beigeladene mit Schriftsatz vom 4. Februar 20145 einwendet, Herr L1. sei lediglich als Vertretung in der Unterkunft X1.----straße 119 eingesetzt und zum fraglichen Zeitpunkt dort nicht im Dienst gewesen, schließt dies nicht aus, dass Herr L1. nach dem Tag des Zustellungsversuchs während seiner Vertretungsdienstzeiten entsprechende Wahrnehmungen machen konnte. Dass Herr L1. durchgehend bis Ende November 2014 keinen Dienst in der Unterkunft X1.----straße 119 hatte, behauptet die Beigeladene nicht. Die von der Beigeladenen geschilderte Vorgehensweise der Hausmeister bei Postzustellungen - keine Entgegennahme der Sendungen, sondern Begleitung des Postbediensteten bis zum Zimmer des Asylbewerbers - lässt die nahe liegende Möglichkeit offen, dass der Hausmeister dann, wenn er irrtümlich davon ausgeht, der Asylbewerber wohne nicht in der Unterkunft, dem Postbediensteten eine entsprechende Auskunft gibt und tatsächlich nicht zusammen mit diesem das Zimmer aufsucht, weil dies aus seiner Sicht dann keinen Sinn macht. Durchgreifende Zweifel daran, dass der Antragsteller im Zeitpunkt des Zustellungsversuchs am 3. November 2014 in der Unterkunft X1.----straße wohnhaft war, ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass er bereits zum 15. Oktober 2014 eine neue Wohnung (T.------straße 21, P. ) angemietet hatte. Nach den Angaben der Beigeladenen (siehe den Schriftsatz vom 21. Januar 2015) erfolgte der Einzug in die neue Wohnung erst am 9. Dezember 2014. Dies deckt sich wiederum im Wesentlichen mit der oben wiedergegebenen Auskunft des Hausmeisters L1. . Das weitere Vorbringen der Beigeladenen in deren Schriftsatz vom 21. Januar 2015, telefonische Anfragen seitens eines Mitarbeiters ihrer Ausländerbehörde beim Hausmeister der Unterkunft X1.----straße hätten ergeben, dass der Antragsteller sich „seit einiger Zeit“ dort nicht aufhalte und auch seine in der Unterkunft lagernde Post nicht abhole, lässt sich zwanglos damit in Einklang bringen, dass der Antragsteller, wie dargelegt, Ende November/Anfang Dezember 2014 in die neue Wohnung in der T.------straße umgezogen war. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er sich schon Anfang November 2014 nicht mehr in der Unterkunft X1.----straße aufhielt, obwohl „das reale Einzugsdatum“ (so die Formulierung der Beigeladenen in dem Schriftsatz vom 21. Januar 2015) erst der 9. Dezember 2014 war, lassen sich den bis auf das Umzugsdatum eher vagen Angaben der Beigeladenen nicht entnehmen. Zwar heißt es bereits in einer Email eines Mitarbeiters der Ausländerbehörde an die Flüchtlingsberaterin Frau N1. vom 24. November 2014, es sei nachvollziehbar, dass der Antragsteller kaum Post erhalte, „wenn er sich selten bis gar nicht in seiner Unterkunft aufhält“ (Blatt 52 der Ausländerakten). Auf schriftliche Nachfrage des Gerichts vermochte die Beigeladene aber nicht näher zu konkretisieren, auf welcher tatsächlichen Erkenntnisgrundlage diese Behauptung beruht. Soweit die Beigeladene erstmals mit Schriftsatz vom 4. Februar 2015 - abweichend von ihren bisherigen Angaben - geltend macht, der tatsächliche Umzug sei nicht erst am 9. Dezember 2014, sondern bereits früher erfolgt, wird dies ebenfalls nicht durch hinreichend aussagekräftige Tatsachen untermauert. Die Beigeladene trägt insoweit lediglich vor, dass der Antragsteller am 6. November 2014 bei der Asylbewerberleistungsstelle angegeben habe, den Schlüssel für sein Zimmer in der Unterkunft X1.----straße 119 in der folgenden Woche abgeben zu wollen, und dass er dies dann am 10. November 2014 getan habe. Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass - worauf es im Hinblick auf den Zustellungsversuch vom 3. November 2014 allein ankommt - der Antragsteller jedenfalls bis zur Abgabe des Schlüssels am 10. November 2014 sein Zimmer in der Unterkunft X1.----straße 119 nicht aufgegeben hatte, also noch nicht ausgezogen war. Gegen einen früheren Umzug spricht nicht zuletzt auch, dass das an die Anschrift „X1.----straße 119, P. “ gerichtete Schreiben der Ausländerbehörde vom 4. November 2014, mit dem der Antragsteller zur Vorsprache aufgefordert wurde (siehe Seite 38 der Ausländerakten), diesen offenbar erreicht hat, wie sein daraufhin erfolgtes Erscheinen bei der Ausländerbehörde belegt. Ein Postrücklauf ist nicht aktenkundig. Der Umstand, dass sich wohl das Original des Einladungsschreibens vom 4. November 2014 in den Ausländerakten (Blatt 43) befindet, kann zahlreiche Ursachen haben, etwa die, dass der Antragsteller es bei seiner Vorsprache abgegeben hat (worauf hindeutet, dass es der am 11. November 2014 erteilten Duldung nachgeheftet ist).
18c) Lässt sich - wie hier - die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen, gilt es gemäß § 8 VwZG als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Der Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs heilt den Zustellungsmangel, fingiert eine wirksame Zustellung und löst den Lauf der Klage- bzw. Antragsfrist aus.
19Vgl. Sadler, VwVG VwZG, 7. Aufl. 2010, VwZG § 8 Rz. 22; Bay.VGH, Urteil vom 4. Juni 2013 ‑ 12 B 13.183 -, juris..
20Hier hat der Antragsteller den Bundesamtsbescheid tatsächlich am 8. Dezember 2014 durch Aushändigung seitens der Ausländerbehörde erhalten, so dass die einwöchige Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG am 15. Dezember 2014 endete. An diesem Tag sind der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und die zugehörige Klage bei Gericht eingegangen. Soweit die Beigeladene dem Antragsteller vorwirft, er habe Kenntnis von dem Vorhandensein des Bundesamtsbescheides gehabt, jedoch nichts unternommen, geht dies in zweierlei Hinsicht fehl: Zum einen ist die irgendwie vermittelte Kenntnis des Adressaten vom bloßen Vorhandensein eines Bescheides rechtlich unerheblich; insbesondere ist sie nicht der rechtliche Anknüpfungspunkt für den Beginn der Antragsfrist. Zum anderen hat der Antragsteller durchaus Anstrengungen unternommen, um in den Besitz des Bescheides zu kommen. Bei seiner Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 11. November 2014 hat man ihm dort jedoch keine Kopie ausgehändigt, sondern ihn an das Bundesamt verwiesen. Erst auf Intervention der Flüchtlingsberaterin Frau N1. , die der Antragsteller daraufhin um Hilfe bat, erklärte die Ausländerbehörde per Email, der Antragsteller könne sich eine Bescheidkopie abholen.
212. Für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 5 VwGO besteht ferner ein Rechtsschutzinteresse, solange über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung im Hauptsacheverfahren nicht entschieden ist. Dem steht die zwischenzeitlich erfolgte Abschiebung des Antragstellers nicht entgegen, da diese im Wege des Annexverfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO wieder rückgängig gemacht, der status quo ante also wieder hergestellt werden kann (siehe dazu unten).
22Vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 1. Februar 2010 - Au 5 S 10.30014 ‑, juris, Rz. 33; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - 14 B 86/02 ‑, juris, Rz. 14.
23II. Der Antrag ist auch begründet. Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers fällt zu Gunsten des Antragstellers aus. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) stellen sich die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als offen dar. Eine abschließende Klärung muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die Abwägung der widerstreitenden Belange - der Gefährdung der Rechtsgüter des Antragstellers einerseits und des Interesses der Allgemeinheit an der umgehenden Rückführung des Antragstellers nach Malta andererseits - führt bei offenen Erfolgsaussichten zu einem Überwiegen des Aussetzungsinteresses des Antragstellers. Denn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung hat gegenüber dem Anspruch des Antragstellers auf einen Schutz entsprechend den im Europäischen Unionsrecht vereinbarten Mindeststandards zurückzutreten.
24Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt, wenn der Antragsteller in einen nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
25Zwar ist die Antragsgegnerin zutreffend davon ausgegangen, dass Malta grundsätzlich der für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständige Mitgliedstaat ist (1.). Jedoch ist derzeit als offen anzusehen, ob der Antragsteller deshalb nicht in den an sich zuständigen Mitgliedstaat Malta abgeschoben werden darf, die Abschiebung also rechtlich unmöglich im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 a.E. AsylVfG ist, weil systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Malta ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu werden (2.).
261. Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Diese findet gemäß ihrem Art. 49 Unterabsatz 2 Satz 1 auf Schutzgesuche Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2013 gestellt werden, also auch auf den Asylantrag des Antragstellers vom 21. Mai 2014.
27Nach den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO ist Malta der zuständige Staat für die Prüfung des von dem Antragsteller gestellten Asylantrags.
28Der Antragsteller hat ausweislich der Meldung aus der Eurodac-Datenbank (Treffer-Nr. MT11810/13) in Malta einen Asylantrag gestellt. Dies ergibt sich auch aus seinen Angaben bei der Befragung durch das Bundesamt am 21. Mai 2014. Auf das vom Bundesamt gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme des Antragstellers vom 22. Juli 2014 hat Malta am 4. August 2014, und damit innerhalb der nach Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO im Falle eines Eurodac-Treffers maßgeblichen Frist von zwei Wochen nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens, seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Antragstellers erklärt. Malta ist daher gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO verpflichtet, den Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen.
292. Allerdings bedarf es vorliegend weiterer - dem Hauptsacheverfahren vorbehaltener - Aufklärung, ob die Antragsgegnerin deshalb an der Überstellung des Antragstellers nach Malta gehindert ist, weil das maltesische Asylsystem systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aufweist.
30Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rz. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413.
31Zwar besteht kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland. Denn die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 9 ff. Dublin III-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin.
32Vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 -, juris, Rz. 37; Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinnen vom 18. April 2013 - C 4/11 -, juris, Rz. 57 f.
33Eine Rückführung von Asylbewerbern in einen anderen Mitgliedstaat im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens ist aber - unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO - dann unzulässig, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass Asylbewerber dort tatsächlich Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden.
34Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rz. 94.
35Die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, ist nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta implizieren.
36Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rz. 86.
37Eine Widerlegung der Vermutung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Das Gericht muss sich vielmehr die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, das heißt überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rz. 6 m.w.N.
39Im Eilverfahren bedeutet dies, dass das erkennende Gericht bei der nur möglichen summarischen Prüfung anhand der tatsächlichen Erkenntnislage im Zeitpunkt seiner Entscheidung festzustellen hat, ob der aufnehmende Mitgliedstaat trotz möglicher Mängel in der Durchführung des Asylverfahrens seine Verpflichtungen jedenfalls soweit einhält, dass eine Rückführung zumutbar erscheint.
40Vgl. VG Berlin, Beschlüsse vom 15. Januar 2015 - 23 L 899.14 A -, juris, Rz. 6 m.w.N. und vom 4. August 2014 - 34 L 78.14 A -, juris, Rz. 9.
41Systemische Mängel in diesem Sinne können erst dann angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Schwere nicht nur in einzelnen Fällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können.
42Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rz. 94.
43Die Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO hat diese Rechtsprechung normativ übernommen, indem sie die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat für unmöglich erklärt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GR-Charta mit sich bringen.
44Bei der Bewertung der in Malta bestehenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind dabei diejenigen Umstände heranzuziehen, die auf die Situation des Antragstellers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Antragstellers auswirken (können).
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12 -, juris, Rz. 130.
46Damit ist vorliegend in erster Linie die Situation von Dublin-Rückkehrern zu betrachten, die wie der Antragsteller in Malta bereits einen ersten Asylantrag gestellt haben.
47Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedstaat sind nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen die regelmäßigen und übereinstimmenden Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort.
48Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et. al. -, juris, Rz. 90 ff.
49Auf der Grundlage der dem Gericht vorliegenden sowie sonstiger veröffentlichter und leicht zugänglicher Erkenntnisse ergeben sich bei der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung erhebliche Anhaltspunkte für mit europäischem Recht nicht in Einklang stehende Aufnahmebedingungen in Malta, die weiterer - dem Hauptsacheverfahren vorbehaltener - Aufklärung bedürfen.
50Dabei geht das Gericht bei der vorzunehmenden Bewertung der aktuellen Erkenntnismittel von den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergebenden Maßstäben für eine Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-GR-Charta aus.
51Sowohl Art. 3 EMRK als auch Art. 4 EU-GR-Charta verbieten eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Eine Behandlung ist „unmenschlich”, wenn sie vorsätzlich und ohne Unterbrechung über Stunden zugefügt wurde und entweder körperliche Verletzungen oder intensives physisches oder psychisches Leid verursacht hat. „Erniedrigend” ist eine Behandlung, wenn sie eine Person demütigt oder erniedrigt, es an Achtung für ihre Menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit erweckt, die geeignet sind, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen. Es kann ausreichen, dass ein Opfer in seinen Augen erniedrigt ist, auch wenn andere das nicht so sehen. Ob Zweck der Behandlung war, das Opfer zu erniedrigen oder zu demütigen, ist zu berücksichtigen, aber auch wenn das nicht gewollt war, schließt das die Feststellung einer Verletzung von Artikel 3 EMRK nicht zwingend aus.
52Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413, Rz. 220 m.w.N.
53Die Inhaftierung einer Person begründet als solche keine Verletzung des Art. 3 EMRK. Indes verpflichtet Art. 3 EMRK die Mitgliedstaaten, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind.
54Vgl. EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, juris, Rz. 221, und 15. Juli 2002 - 47095/99 -, Rz. 95.
55Die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (AufnahmeRL), enthält für die Inhaftierung von Asylbewerbern Mindeststandards. Haft darf danach nicht allein deswegen angeordnet werden, weil der Betroffene einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt hat, sondern nur in Ausnahmefällen, insbesondere zur Überprüfung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit, bei Fluchtgefahr im Falle notwendiger Beweissicherung, zur Prüfung des Einreiserechts, zur Durch- oder Fortführung eines Abschiebeverfahrens, wenn die Gefahr der Verzögerung oder der Vereitelung durch den Betroffenen besteht und bei Gefahr für die nationale Sicherheit und Ordnung (Art. 8 Abs. 1 und 3 AufnahmeRL). Die Inhaftierung darf nur für den kürzest möglichen Zeitraum und nur so lange, wie die Gründe gemäß Art. 8 Abs. 3 bestehen, angeordnet werden (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 AufnahmeRL). Die Haftanordnung ist zu begründen (Art. 9 Abs. 2 AufnahmeRL); bei einer Anordnung durch eine Verwaltungsbehörde ist eine zügige Überprüfung durch ein Gericht herbeizuführen (Art. 9 Abs. 3 AufnahmeRL). In diesem Fall soll dem Betroffenen unentgeltlicher Rechtsbeistand zur Verfügung stehen (Art. 9 Abs. 6 AufnahmeRL). Auch im Übrigen ist eine turnusmäßige Haftüberprüfung von Amts wegen vorzusehen (Art. 9 Abs. 5 AufnahmeRL). Die Schutzsuchenden sind in speziellen Hafteinrichtungen unterzubringen, auf jeden Fall aber getrennt von gewöhnlichen Strafgefangenen (Art. 10 Abs. 1 AufnahmeRL). Die Inhaftierung von besonders schutzbedürftigen Personen ist nur im Ausnahmefall und unter weiteren sehr eingeschränkten Bedingungen zulässig (Art. 11 AufnahmeRL).
56Gemessen hieran liegen nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln erhebliche Anhaltpunkte dafür vor, dass jedenfalls die Haftpraxis Maltas Asylbewerbern gegenüber nicht im Einklang mit internationalem und europäischem Recht steht.
57Zu der zusätzlichen Annahme unzureichender Haftbedingungen vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - A 8 K 345/14 -, juris, Rz. 11; VG Oldenburg, Beschluss vom 23. Juli 2014 ‑ 12 B 1217/14 -, juris, Rz. 27 m.w.N.
58Zu der Inhaftierungspraxis Maltas lassen sich derzeit folgende - vorläufige - Feststellungen treffen:
59Ausweislich verschiedener dem Gericht vorliegender Auskünfte werden in Malta Flüchtlinge, die in aller Regel ohne die erforderlichen Papiere irregulär und damit illegal einreisen, systematisch und routinemäßig inhaftiert. Rechtsgrundlage hierfür ist das Migrationsgesetz Maltas (Immigration Act, Chapter 217 of the Laws of Malta, im Folgenden: „Immigration Act“), das nicht zwischen Migranten und Flüchtlingen, die um internationalen Schutz nachsuchen, bzw. Asylbewerbern unterscheidet. Danach gelten alle irregulär Eingereisten („prohibited immigrant“ i.S.v. Art. 5 Immigration Act) als Personen ohne Einreise- bzw. Aufenthaltsbefugnis. Ihnen gegenüber ergeht auf der weiteren Grundlage der Verwaltungsvorschrift „Policy Documents 2005“ eine Zugangsverweigerungs- oder Ausweisungsverfügung mit Haftanordnung von unbestimmter Dauer (vgl. Art. 14 Abs. 2 Immigration Act). Anders sieht es nur - bei einem kleinen Prozentsatz - der Ausländer aus, die Asyl beantragen, bevor sie von der Ausländerbehörde wegen illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt festgenommen werden. Insoweit wird von einer Inhaftierung bis zum Vorliegen der Entscheidung über ihren Asylantrag abgesehen. Die Praxis routinemäßiger Inhaftierung trifft (zunächst) auch die Gruppe von Schutzsuchenden mit besonderem Bedürfnissen („Verletzliche“) wie unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Familien mit (minderjährigen) Kindern, Menschen mit Behinderungen etc., so lange, bis das Verfahren zur Anerkennung ihrer Verletzlichkeit abgeschlossen sei, was je nach Erkennbarkeit dieses Umstandes kürzer oder länger dauern kann. Dabei werden diejenigen Betroffenen, deren besonderer Status nicht ohne Weiteres erkennbar ist, wie unter Umständen psychisch Kranke oder ältere Minderjährige, zunächst zusammen mit Flüchtlingen ohne besondere Bedürfnisse untergebracht. Das Migrationsgesetz enthält keine Bestimmung zur maximalen Haftdauer. Falls über einen Asylantrag innerhalb eines Jahres noch nicht entschieden ist, erfolgt die Freilassung des Antragstellers aufgrund einer Verwaltungsbestimmung, die dem Betroffenen den Zugang zum Arbeitsmarkt nach zwölf Monaten zuerkennt. Abschiebehaft ist ebenfalls auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften auf maximal 18 Monate begrenzt.
60Vgl. zu alledem AIDA, Asylum Information Database, “National Country Report Malta” aus Mai 2014, S. 49 f.; Gemeinsame Publikation des UNHCR und des Europäischen Parlaments „know the facts“ vom 9. April 2014, S. 8; Global Detention Project „Immigration Detention in Malta“ aus Januar 2014, S. 4 ff.; UNHCR „UNHCR`s Position on the Detention of Asylum-seekers in Malta“ vom 18. September 2013; Jesuits Refugee Service Europe (JRS) „Protection Interrupted, National Report Malta“ aus Juni 2013 S. 5 ff.
61Zudem deuten die dem Gericht vorliegenden Auskünfte darauf hin, dass die bestehenden gesetzlichen und administrativen Regelungen Maltas keine effektiven und zügig durchgeführten Verfahren zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit und Angemessenheit der Inhaftierung bieten. So sieht das maltesische Recht keine automatische gerichtliche Überprüfung der Haft vor. Gemäß Art. 25A Immigration Act besteht lediglich die Möglichkeit, Beschwerde gegen die Abschiebungsanordnung einzulegen. Eine solche ist binnen drei Tagen seit der Ausstellung der Abschiebungsanordnung bei der Beschwerdeinstanz, bestehend aus einem Anwalt, einer in Einwanderungsfragen versierten Person und einer dritten Person, einzulegen. In der Praxis gibt es keine Frist, innerhalb derer über die Beschwerde zu entscheiden ist. Entscheidungen dauern bis zu dreieinhalb Monaten und es wird nur in Ausnahmefällen die Haftanordnung aufgehoben. Daneben besteht gemäß Art. 409A des maltesischen Strafgesetzbuchs („Criminal Code“ von 1854, Chapter 9 of Laws of Malta) die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung vor dem Amtsgericht („Court of Magistrates“) anzufechten. Aber auch dieser Rechtsbehelf ist wenig effektiv, weil das Gericht regelmäßig davon ausgeht, dass die Inhaftierung des Flüchtlings auf der Grundlage des Immigration Act rechtmäßig und eine weitergehende Überprüfung hinsichtlich anderer Umstände (wie zum Beispiel die Grundrechte), die zur Rechtswidrigkeit der Inhaftierung führen könnten, nicht vom Prüfungsumfang erfasst sei. Schließlich kann die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung auch im Hinblick auf Art. 34 der maltesischen Verfassung angefochten werden. Allerdings wird die Inhaftierung in der Regel für erforderlich gehalten, um die Stabilität des Landes zu gewährleisten. Gerichtsverfahren dieser Art dauern Monate, wenn nicht Jahre. Hinzu kommt, dass Asylsuchende von den bestehenden Rechtschutzmöglichkeiten nicht hinreichend informiert sind und kein ausreichender Zugang zu Rechtsanwälten besteht.
62Siehe hierzu AIDA, Asylum Information Database, “National Country Report Malta” aus Mai 2014, S. 55 ff.; Global Detention Project „Immigration Detention in Malta“ aus Januar 2014, S. 7; UNHCR „UNHCR`s Position on the Detention of Asylum-seekers in Malta“ vom 18. September 2013; Jesuits Refugee Service Europe (JRS) „Protection Interrupted, National Report Malta“ aus Juni 2013, S. 5 f.; Vgl. EGMR, Urteil vom 9. Dezember 2013 - 55352/12 -, Rz. 108 m.w.N.
63Zu der speziellen - und vorliegend allein maßgeblichen - Situation von Dublin-Rückkehreren liegen dem Gericht lediglich folgende vorläufige Erkenntnisse vor:
64Verlasse ein Asylsuchender Malta ohne eine entsprechende Genehmigung, gebe es Schwierigkeiten nach der Rücküberstellung Zugang zum Asylverfahren zu erhalten. Denn der in Malta gestellte Asylantrag gelte infolge der Ausreise als stillschweigend zurückgenommen. Zwar bestehe für Dublin-Rückkehrer die Möglichkeit, die Wiedereröffnung ihres Verfahrens zu beantragen (Folgeantrag). Während der - zum Teil mehrere Monate dauernden - Überprüfung des Folgeantrags durch die zuständige Flüchtlingskommission könnten die Antragsteller indes in ihren Heimatstaat abgeschoben werden. Hinzukomme, dass Asylbewerber, die auf irreguläre Weise Malta verlassen, Gefahr liefen, auf der Grundlage des Zuwanderungsgesetzes verhaftet und vor dem Strafgericht angeklagt zu werden. Während der Dauer des Strafverfahrens blieben die Asylbewerber in der Justizvollzugsanstalt inhaftiert.
65Vgl. AIDA, Asylum Information Database, “National Country Report Malta” aus Mai 2014, S. 21 f.
66Dahingestellt bleiben kann, ob und inwieweit die strafrechtliche Inhaftierung aufgrund einer illegalen Ausreise aus Malta die Annahme von systemischen Mängeln des Asylverfahrens zu begründen vermag bzw. inwieweit Dublin-Rückkehrer stattdessen infolge der Versetzung in den Stand vor ihrer Ausreise wegen illegaler Einreise inhaftiert werden.
67Vgl. insoweit VG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - A 8 K 345/14 -, juris, Rz. 11.
68Jedenfalls bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass Dublin-Rückkehrer nach ihrer Ankunft in Malta grundsätzlich einem hohen Risiko längerfristiger Inhaftierung ohne hinreichende Rechtschutzmöglichkeiten und der Gefahr entgegen des Refoulement-Verbots in ihr Herkunftsland, ohne eine Entscheidung über ihren Asyl(folge)antrag, abgeschoben zu werden, ausgesetzt sind. Vorbehaltlich der Bestätigung und Konkretisierung dieser Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren ist daher jedenfalls im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon auszugehen, dass eine solche Behandlung von Asylbewerbern, mit der sie der Willkür der zuständigen Behörden ausgesetzt werden und letztlich zum reinen Objekt staatlichen Handelns herabgewürdigt werden, die für eine Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-Gr-Charta erforderliche Schwere aufweisen dürfte, sodass es jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren nicht mehr darauf ankommt, ob auch die konkreten Haftbedingungen selbst inhaftierten Asylbewerbern weiteren Leiden und Härten unterwerfen, die das mit einer Haft unvermeidbare Maß übersteigen.
69B. Ist daher die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, hat auch der auf Rückgängigmachung der Abschiebung gerichtete Annexantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO,
70die Aufhebung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung anzuordnen und der Antragsgegnerin aufzugeben, dem Antragsteller unverzüglich die Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland auf Kosten der Antragsgegnerin zu ermöglichen,
71Erfolg.
72Die Regelung des § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO stellt eine prozessuale Grundlage für die Geltendmachung eines Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs in demselben Verfahren, in dem um die Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gestritten wurde, zur Verfügung. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO schon vollzogen ist, die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Sinn der Regelung ist es, zur Erlangung eines im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG wirksamen vorläufigen Rechtsschutzes die tatsächliche Situation schon im Rahmen des Eilverfahrens mit der Rechtslage in Übereinstimmung zu bringen.
73Ein solcher Anspruch setzt unter anderem voraus, dass durch die Vollziehung ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist; er ist insoweit begrenzt, als die Folgenbeseitigung rechtlich und tatsächlich möglich sein muss.
74Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2007 - 18 B 2533/06 -, juris, Rz. 12 f.
75Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Wie sich aus § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ergibt, wonach die Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig ist, war die zwangsweise Rückführung des Antragstellers nach Malta rechtswidrig.
76Nach derzeitiger Erkenntnislage ist auch nicht davon auszugehen, dass die Ermöglichung der Wiedereinreise rechtlich oder tatsächlich unmöglich wäre. Insbesondere führt die Abschiebung nicht dazu, dass einer Wiedereinreise die Sperrwirkungen des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG entgegenstünden. Abgesehen davon, dass die Wiedereinreise zumindest über die Erteilung einer Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 2 AufenthG ermöglicht werden kann und die Wirkungen der Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG befristet werden können, stehen die Sperrwirkungen des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG einem im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO zu verfolgenden Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch dann nicht entgegen, wenn sich in dem Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung nicht abschließend feststellen lässt und eine Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers daran, nicht erst nach erfolgreichem Abschluss des Hauptsacheverfahrens, sondern sogleich wieder nach Deutschland einreisen zu dürfen, gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer weiteren Fernhaltung des Antragstellers vom Bundesgebiet überwiegt.
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2007 - 18 B 2533/06 -, juris, Rz. 25 m.w.N.
78Demnach folgt die Entscheidung über die Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO grundsätzlich denselben Regeln wie die über die Aussetzung; auf die obigen Ausführungen zur Interessenabwägung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wird daher verwiesen.
79Da die Rechtsverfolgung aus den vorstehenden Gründen Erfolg hat, war auch dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stattzugeben (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
80Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass sie etwaige eigene außergerichtliche Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
81Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
82Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.
(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerinnen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 25. Februar 1994 geborene Klägerin zu 1. und ihre am 2. Oktober 2011 geborene Tochter, die Klägerin zu 2., sind armenische Staatsangehörige jesidischer Religionszugehörigkeit. Sie stellten am 8. Februar 2013 in der Bundesrepublik Deutschland Asylanträge. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 22. Februar 2013, die in russischer Sprache stattfand, gab die Klägerin zu 1. an, noch Armenisch zu sprechen. Sie sei in den Jahren 2001 bis 2008 in der Russischen Föderation zur Schule gegangen und habe dort am 29. und am 30. Oktober 2010 ihren Ehemann, Herrn T. N. , geboren am 29. Dezember 1988 in Armenien, nach religiösem Ritus geheiratet. Ihre Eltern, die nach ihrer Kenntnis nun in den Vereinigten Staaten lebten, seien nicht damit einverstanden gewesen und hätten sich auch mit der Zeit nicht mit der Hochzeit abgefunden. Sie hassten sie, denn nach jesidischer Tradition habe sie das Gesetz gebrochen, dass ohne die Einwilligung der Eltern nicht geheiratet werden dürfe. Ihr Mann habe dann entschieden, in die Schweiz zu gehen, weil ihm in Russland wohl zu langweilig gewesen sei. Er habe damals gesagt, sie könne mitkommen oder dies sein lassen. Sie habe etwa im Juni oder Juli 2012 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt, der im Dezember 2012 abgelehnt worden sei. Am 4. Februar 2013 sei sie von M. aus mit einem PKW bis nach E. gefahren. Ihr Ehemann sei gewalttätig, sie sei mehrmals erheblich von ihm misshandelt worden, sie habe deswegen in der Schweiz des Öfteren in ein Krankenhaus gemusst. Er habe sie zudem in der Schweiz zu einer Abtreibung gezwungen, als sie dort zum zweiten Mal schwanger geworden sei, und habe auch ihre Tochter geschlagen. Er sei zudem spielsüchtig und habe das ganze Geld, das sie von den schweizerischen Behörden erhalten hätten, in Spielautomaten gesteckt. In der Schweiz habe ihr der dortige Asylsachbearbeiter vorgeschlagen, ihr Asylverfahren getrennt von dem ihres Mannes zu betreiben; dies habe sie aber nicht gewollt, weil sie befürchtet habe, von ihrem Ehemann umgebracht zu werden. Daher habe sie nur die Möglichkeit gesehen, nach Deutschland zu fliehen. Sie fürchte, in Armenien von ihrem Ehemann verfolgt zu werden, dies werde auch in Russland so sein. Ihr Mann gehe allerdings davon aus, dass er sie in Deutschland nicht finden werde, weil sie dort größeren Schutz habe.
3Die Bundesrepublik ersuchte die Schweiz 22. Oktober 2013 um die Wiederaufnahme der Klägerin nach der VO (EG) Nr. 343/2003 („Dublin II-Verordnung“). Am 7. November 2013 stimmte die Schweiz der Wiederaufnahme zu.
4Mit Bescheid vom 29. November 2013 erklärte das Bundesamt die Asylanträge der Klägerinnen für unzulässig und ordnete ihre Abschiebung in die Schweiz an. Zur Begründung führte das Bundesamt an, wegen der dort gestellten Asylanträge sei die Schweiz nach Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gründe für einen Selbsteintritt seien nicht ersichtlich. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung in armenischer Sprache beigefügt.
5Die erste Zustellung des Bescheides schlug fehl, da die Klägerinnen unter der angegebenen, dem Bundesamt bekannten Anschrift nicht zu ermitteln waren. Mit Schreiben vom 20. Februar 2014 teilte das Bundesamt dem Bundesamt für Migration der Schweiz mit, dass eine Überstellung der Klägerinnen nicht möglich sei, da diese untergetaucht seien. Mit Schreiben vom selben Tag verlängerte das Bundesamt die Überstellungsfrist bis zum 13. Mai 2015. Der Bescheid nebst Übersetzung von Bescheid und Rechtsbehelfsbelehrung wurden der Klägerin zu 1. am 27. März 2014 durch die Ausländerbehörde der Stadt E. übergeben.
6Im Hinblick auf von den Klägerinnen geltend gemachte gesundheitliche Beschwerden bat das schweizerische Dublin-Büro das Bundesamt unter dem 17. April 2014 um die Übersendung ärztlicher Bescheinigungen zur Vorbereitung einer zunächst für den 30. April 2014 geplanten Rückführung der Klägerinnen in die Schweiz. Die Klägerin zu 1. legte ein Attest des PD Dr. U. von der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 vor, in der eine chronische manifeste Posttraumatische Belastungsstörung und eine Major Depression ohne psychotische Symptome diagnostiziert wurden. Im Hinblick darauf wurde die Überstellung der Klägerinnen zunächst storniert. Die Klägerin zu 1. wurde am 30. April 2014 durch den Ärztlichen Dienst des Gesundheitsamts E. im Hinblick auf ihre Reisefähigkeit untersucht. In dem amtsärztlichen Gutachten vom selben Tag wurde festgestellt, dass die Klägerin zu 1. unter inlandsbezogenen Voraussetzungen und unter der Bedingung der Begleitung durch einen Arzt beim Transport bedingt reisefähig im Sinne einer Transportfähigkeit sei. Weiter wurde festgestellt, dass eine psychische Erkrankung bestehe, die bei Rückführung in das Heimatland akut entgleisen könne. Eine Selbst- oder Fremdgefährdung könne nicht ausgeschlossen werden. Im Heimatland müsse die Zuführung in eine fachlich angemessene medizinische Behandlung (psychologisch, psychiatrisch) gegeben sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 25 f. der Gerichtsakte 6a L 632/14.A Bezug genommen.
7Die Klägerinnen haben am 12. Juni 2014 die vorliegende Klage erhoben, nachdem sie zunächst am 17. April 2014 einen isolierten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt hatten, den das Gericht mit Beschluss vom 26. Mai 2014 abgelehnt hat (6a L 643/14.A). Auch weitere in der Folge gestellte Eilanträge hat das Gericht mit Beschlüssen vom 27. Mai 2014 (6a L 830/14.A), vom 9. Juli 2014 (6a L 911/14.A) und vom 27. November 2014 (6a L 1071/14.A) abgelehnt. Zugleich stellten sie am 12. Juni 2014 hilfsweise einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Klagefrist. Zur Begründung führen die Klägerinnen im Wesentlichen an, die Klage sei nicht verfristet, da wegen der Bescheidübersetzung in die armenische Sprache hier die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gelte. Der angegriffene Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, da die Zuständigkeit für die Durchführung der Asylverfahren der Klägerinnen von der Schweiz auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen sei. Die Überstellungsfrist sei abgelaufen, nachdem die Schweiz bereits am 7. November 2013 ihre Zuständigkeit erklärt habe. Zudem bestehe in der Schweiz die Gefahr der Retraumatisierung der Klägerin zu 1. Sie sei aus den Gründen ihrer psychischen Erkrankung auch nicht reisefähig. Sie bezweifelten die Angabe der Beklagten, der Ehemann der Klägerin zu 1. halte sich mittlerweile nicht mehr in der Schweiz auf. Das Gesundheitsamt habe bei der Untersuchung der Klägerin zu 1. nicht geprüft, ob ihre suizidalen Handlungsimpulse auch bei einer zwangsweisen Rückführung in die Schweiz zu verzeichnen seien. Zudem entspreche das amtsärztliche Gutachten nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Weiter legt die Klägerin zu 1. eine undatierte Bescheinigung des Assistenzarztes T1. von der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des Evangelischen Krankenhauses E. und ein fachärztliches Gutachten des PD Dr. U. von der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie des M1. -Klinikums F. vom 8. Juli 2014 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 5 und 40 – 60 der Gerichtsakte Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung legt die Klägerin ein weiteres Exemplar des Fachgutachtens des Dr. U. vom 8. Juli 2014, ein Schreiben des Dr. U. vom 5. Januar 2015 sowie eine Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. aus E. vom 6. Oktober 2014 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 29. November 2013 ein Asylverfahren im Bundesgebiet durchzuführen,
10hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 – 7 AufenthG vorliegen.
11Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
12die Klage abzuweisen.
13Sie bezieht sich auf den angegriffenen Bescheid und führt weiter aus, es könne dahingestellt bleiben, ob allein die Beifügung einer Bescheidübersetzung in der armenischen Sprache die Jahresfrist auslöse. Nach erfolgter Akteneinsicht durch Übersendung eines kompletten Aktenausdrucks habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen Kenntnis von dem Bescheid erlangt; die erst am 12. Juni 2014 erhobene Klage sei verfristet. Das Übernahmeersuchen sei fristgerecht gestellt worden, insoweit werde auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 10 B 16.14 Bezug genommen. Der Ehemann der Klägerin zu 1. halte sich nicht mehr in der Schweiz auf, so dass eine Bedrohung oder Gefährdung der Klägerin zu 1. in der Schweiz nicht mehr erkennbar sei. In diesem Zusammenhang legt sie ein Schreiben des schweizerischen Bundesamtes für Migration vom 16. Juni 2014 vor, ausweislich dessen der Ehemann der Klägerin zu 1. nach negativer Entscheidung über seinen Asylantrag am 31. Juli 2013 unter der Kontrolle der schweizerischen Behörden nach Moskau zurückgebracht wurde.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 6a K 2712/14.A, 6a L 643/14.A, 6a L 830/14.A, 6a L 911/14.A und 6a L 1071/14.A sowie des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 27. November 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen und eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17Die Klage hat keinen Erfolg. Soweit die Klägerinnen die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 29. November 2013 begehren, ist die Klage unzulässig und unbegründet. Im Übrigen – soweit das Begehren der Klägerinnen über das Aufhebungsbegehren hinausgeht – ist die Klage unzulässig.
18Soweit die Klägerinnen die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides begehren, ist die Klage bereits unzulässig. Zwar ist sie als isolierte Anfechtungsklage statthaft, denn bereits die Beseitigung der Entscheidungen nach § 27a AsylVfG und § 34a AsylVfG führt grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel der Klägerinnen. Das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits von Gesetzes wegen (§§ 24, 31 AsylVfG) verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen. In den Fällen des § 27a AsylVfG hat sich das Bundesamt lediglich mit der Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens der Klägerin zuständig ist. Eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache noch nicht erfolgt. Die Aufhebung des Bescheides beseitigt ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens der Klägerin. Das Bundesamt hat dann das Asylverfahren in dem Stadium, in dem es dieses zu Unrecht beendet hat, weiterzuführen.
19Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris; VG Düsseldorf, Urteile vom 8. Oktober 2014 – 11 K 900/14.A –, vom 23. September 2014 – 8 K 4481/14.A – und vom 27. Juni 2013 – 13 K 654/14.A –, jeweils juris, jeweils mit weiteren Nachweisen.
20Die Klage ist jedoch wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Insoweit hat das Gericht bereits im Beschluss vom 9. Juli 2014 im Eilverfahren der Klägerinnen 6a L 911/14.A ausgeführt:
21„Die von den Antragstellerinnen am 12. Juni 2014 erhobene Klage 6a K 2712/14.A ist mangels Einhaltung der für sie maßgeblichen Klagefrist offensichtlich unzulässig.
22Dahinstehen kann vorliegend, ob der Lauf der Klagefrist bereits gemäß § 10 Abs. 2 Satz 4 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) mit dem Tag der Aufgabe zur Post spätestens am 3. Dezember 2013 (dem Tag des gescheiterten Versuchs der Zustellung des Bescheides) oder mit der Aushändigung des Bescheides an die Antragstellerin zu 1. am 27. März 2014 durch die Ausländerbehörde der Stadt E. begann.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April 1994 – 5 B 18.94 –, juris, Urteil vom 11. Mai 1979 – 6 C 70.79 –, BVerwGE 58, 100 ff., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Dezember 2013 – 14 L 2414/13.A –, juris, wonach die erste wirksame Zustellung für die Fristenberechnung maßgeblich ist.
24Im ersteren Fall wäre die hier nach § 74 Abs. 1, 1. Halbsatz AsylVfG maßgebliche Klagefrist von zwei Wochen unter Berücksichtigung von § 57 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) spätestens mit Ablauf des 17. Dezember 2013 abgelaufen. Im letzteren Fall wäre die Frist mit Ablauf des 10. April 2014 und damit ebenfalls vor Erhebung der Klage am 12. Juni 2014 abgelaufen.
25Bei der Fristberechnung ist als maßgebliche Frist entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen nicht die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO zugrunde zu legen. Die dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. November 2013 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO. Insbesondere führt der Umstand, dass den Antragstellerinnen entgegen § 31 Abs. 1 Satz 3, § 34 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG eine Übersetzung des Bescheides und der Rechtsbehelfsbelehrung in die armenische Sprache zugestellt wurde, obwohl vieles dafür spricht, dass die Antragsgegnerin die Kenntnis dieser Sprache bei den Antragstellerinnen nicht vernünftigerweise voraussetzen konnte, nicht dazu, dass die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist. Die bloße Zustellung einer Übersetzung von Bescheid und Rechtsbehelfsbelehrung in einer dem Adressaten unbekannten Sprache führt für sich genommen nicht dazu, dass die Rechtsbehelfsbelehrung (inhaltlich) unrichtig oder missverständlich ist. Insoweit fehlt es lediglich an der Verständlichkeit der Rechtsbehelfsbelehrung für den jeweiligen Antragsteller, der mangels der entsprechenden Sprachkenntnisse keinen Zugang zu den im Bescheid und in der Rechtsbehelfsbelehrung enthaltenen Informationen hat.
26Dass die hier in Rede stehende Rechtsbehelfsbelehrung als solche unrichtig sein könnte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Eine Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung resultiert auch nicht daraus, dass in ihr zum einen eine Klagefrist von zwei Wochen und zum anderen eine Antragsfrist von lediglich einer Woche angegeben ist. Die fehlende Übereinstimmung der Dauer der angegebenen Klage- und Antragsfrist entspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (Antragsfrist) und in § 74 Abs. 1, 1. Halbsatz AsylVfG (Klagefrist). Die in § 74 Abs. 1, 2. Halbsatz AsylVfG enthaltene Regelung, dass, wenn der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Woche zu stellen ist, auch die Klage innerhalb einer Woche zu erheben ist, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Der in § 74 Abs. 1, 2. Halbsatz AsylVfG enthaltene Klammerzusatz „(§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG)“ verdeutlicht, dass Eilanträge im Sinne des § 34a Abs. 2 AsylVfG von dieser Regelung nicht erfasst sind.
27Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 5. März 2014 – RN 4 K 14.39122 –, juris; VG Aachen, Beschluss vom 7. Februar 2014 – 4 L 64/14.A –, juris; VG Ansbach, Urteil vom 8. Januar 2014 – AN 11 K 13.31110 u.a. –, juris; anders VG Ansbach, Urteil vom 8. April 2014 – AN 11 K 14.30189 –, juris.
28Den Antragstellerinnen ist auf ihren Antrag keine Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren. Die Antragstellerinnen haben die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. November 2013 erst am 12. Juni 2014 – nach Ablauf der für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung geltenden Frist – erhoben.
29Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung ist gemäß § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO, dass die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt wird. § 60 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO bestimmt, dass der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen ist. In welchem konkreten Zeitpunkt das Hindernis – die fehlende sprachliche Verständlichkeit von Bescheid und zugehöriger Rechtsbehelfsbelehrung – weggefallen ist, kann vorliegend dahinstehen. Insoweit könnten der Zeitpunkt der Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten durch die Antragstellerinnen am 17. April 2014, der Zeitpunkt, in dem der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen in die ihm von der Antragsgegnerin Mitte Mai 2014 übersandte Kopie der Verwaltungsvorgänge Einsicht nehmen konnte, oder der Zugang des Beschlusses des Gerichts in dem ersten Eilverfahren der Antragstellerinnen vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) bei ihrem Prozessbevollmächtigten in Betracht kommen. Selbst bei Zugrundelegung des für die Antragstellerinnen günstigsten Zeitpunkts – des Zugangs des gerichtlichen Eilbeschlusses in dem Verfahren 6a L 643/14.A beim Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen am 27. Mai 2014 – wäre die Zweiwochenfrist für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung unter Berücksichtigung von § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB indes bereits zwei Tage vor Klageerhebung mit Ablauf des 10. Juni 2014 abgelaufen.
30Auch dem gerichtlichen Beschluss vom 26. Mai 2014 konnten die Antragstellerinnen nicht entnehmen, dass auf die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung verzichtet werden konnte.“
31An diesen Überlegungen hält das Gericht nach erneuter Prüfung fest.
32Die Klage ist im Hinblick auf das Aufhebungsbegehren darüber hinaus unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2013 verletzt die Klägerinnen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
33Die Schweiz ist für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerinnen zuständig geblieben. Insoweit hat das Gericht im Eilbeschluss vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) ausgeführt:
34„Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
35Vorliegend ist nach der (auf den Fall noch anwendbaren) Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist, (sog. „Dublin II-Verordnung“) vom 18. Februar 2003 die Schweiz der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragstellerinnen, wie die Antragstellerin zu 1. im Rahmen ihrer Anhörung am 22. Februar 2013 selbst eingeräumt hat, in der Schweiz den ersten Asylantrag gestellt haben, ist gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EG) Nr. 343/2003 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrages zuständig und hat gemäß Art. 16 ff. der VO (EG) Nr. 343/2003 die Antragstellerinnen wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Schweiz mit Schreiben vom 7. November 2013 auch anerkannt. Die Antragstellerinnen haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.“
36Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerinnen ist nicht durch einen von den Klägerinnen geltend gemachten Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Dublin II-Verordnung begründet geworden. Insoweit hält das Gericht an den folgenden Ausführungen in seinem Eilbeschluss vom 27. Mai 2014 (6a L 830/14.A) fest:
37„Es spricht alles dafür, dass die Überstellungsfrist im vorliegenden Fall noch nicht abgelaufen ist. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. VO EU Nr. 604/2013 kann die grundsätzlich geltende Überstellungsfrist von sechs Monaten auf höchstens achtzehn Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Eben dies ist vorliegend geschehen. Die Antragstellerinnen waren im Februar 2014 nach erfolglosen Versuchen, sie postalisch zu erreichen, nach Unbekannt abgemeldet worden. Mit Schreiben vom 20. Februar 2014 informierte sodann die Antragsgegnerin das Dublin Office – Bundesamt für Migration – in der Schweiz darüber, dass eine Überstellung derzeit nicht möglich sei, da die Antragstellerinnen untergetaucht seien. Indem das Bundesamt weiter mitteilte, die Überstellung erfolge bis spätestens 13. Mai 2015 gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin-VO, wurde die Überstellungsfrist zugleich auf insgesamt achtzehn Monate verlängert. Dem haben die zuständigen schweizerischen Behörden nicht widersprochen.
38Ungeachtet dessen ist bereits fraglich, ob der in der Dublin-Verordnung geregelten Überstellungsfrist überhaupt drittschützende Wirkung zukommt. Hier könnte einiges dafür sprechen, dass die Bestimmungen der Dublin-Verordnung lediglich der internen Zuständigkeitsverteilung dienen und keine subjektiven Rechte begründen,
39vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; vgl. grds. auch EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 – Abdullahi –,
40oder allenfalls dann, wenn die Gefahr besteht, dass der Antragsteller sozusagen durch das Netz fällt und ihm aufgrund der Anwendung dieser Regelungen die Prüfung seines Asylantrags im Ergebnis gänzlich versagt bliebe. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Zum einen hat die Schweiz der Ausländerbehörde gegenüber noch vor kurzer Zeit eine Anschlussaufnahme der Antragstellerin zu 1. In eine angemessene medizinische Behandlung gewährleistet. Zum anderen hat die Schweiz der Verlängerung der Überstellungsfrist durch das Bundesamt nicht widersprochen. Wäre die Schweiz hiermit und mit einer damit verbundenen Überstellung der Antragstellerinnen nach Ablauf der Sechsmonatsfrist nicht einverstanden gewesen, wäre dies jedoch der Anlass für sie gewesen, gegen die Verlängerung der Überstellungsfrist zu remonstrieren.“
41Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragstellerinnen ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO hätte ausüben müssen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte das Verfahren nicht unangemessen verzögert. Das Gericht hat im Eilbeschluss vom 27. November 2014 (6a L 1071/14.A) ausgeführt:
42„Die in Art. 3 Abs. 2 der hier noch anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-Verordnung) vorgesehene Möglichkeit des Selbsteintritts hat sich nicht zu einer Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin verdichtet. Dass zwischen der Stellung der Asylanträge der Antragstellerinnen in der Bundesrepublik Deutschland und dem Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz ein Zeitraum von acht Monaten und zwei Wochen vergangen ist, steht dem nicht entgegen. Die Dublin II-Verordnung enthält eine ausdrückliche Regelung über die einzuhaltende Frist nur für den Fall, dass ein anderer Mitgliedstaat um die „Aufnahme“ des Asylbewerbers ersucht werden soll (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung), nicht aber für das vorliegend einschlägige Verfahren der „Wiederaufnahme“. Wegen der bewussten und deutlichen Trennung zwischen beiden Verfahrensarten in der Verordnung dürfte eine analoge Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung auf das Wiederaufnahmeverfahren ausscheiden. Zu berücksichtigen ist indes, dass das Verfahren der Dublin II-Verordnung – ausweislich ihres 18. Erwägungsgrundes – nicht nur dem Interesse der Mitgliedstaaten an einer effizienten Durchführung von Asylverfahren in der Europäischen Union dient, sondern auch der Gewährleistung der uneingeschränkten Wahrung des in Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta verankerten Rechts auf Asyl. Dieses Grundrecht verschafft dem einzelnen Asylbewerber unter anderem den Anspruch auf ein zur Durchsetzung des Asylrechts geeignetes Verfahren, bei dessen Regelung der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Auge behalten muss.
43Vgl. Jarass, EU-Grundrechtecharta, Kommentar, 2010, Art. 18 Rdnr. 11 und 14; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. März 2014 – 6a L 297/14.A –, juris.
44Der Grundrechtsbezug klingt auch im vierten „Erwägungsgrund“ der Dublin II-Verordnung an. Dem entsprechend hat der Europäische Gerichtshof unter Hinweis auf die Grundrechtsrelevanz entschieden, dass der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten hat, dass die Situation des Asylbewerbers nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird; erforderlichenfalls müsse er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung selbst prüfen.
45Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C 411/10 und andere –, juris, Randnummer 108; in Bezug genommen auch in dem Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rdnr. 35.
46In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist infolgedessen angenommen worden, dass der Staat, in dem der Asylbewerber sich befindet, zum Selbsteintritt verpflichtet ist, wenn sich das Verfahren ohne besonderen Grund unangemessen lange verzögert.
47So etwa VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. August 2012 – 22 L 1158/12.A –, juris, und vom 3. Februar 2014 – 24 L 68/14.A –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 30. Dezember 2013 – 5a L 1726/13.A –, juris, und vom 11. März 2014 – 4a L 167/14 –; VG Göttingen, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 A 652/12 –, juris; VG Bremen, Beschluss vom 3. Februar 2014 – 5 V 2102/13.A –; VG Ansbach, Beschluss vom 17. Februar 2014 – AN 4 S 14.30100 –, juris; anderer Ansicht etwa VG München, Beschluss vom 15. Januar 2014 – M 4 S 13.31316 –, juris, und VG Berlin, Beschluss vom 27. November 2013 – 33 L 500.13 A –, juris; vermittelnd, nämlich eine Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer „jedenfalls“ bei der Ausübung des Selbsteintrittsermessens fordernd VG Würzburg, Beschluss vom 6. Februar 2014 – W 7 S 14.30089 –, juris.
48Dabei haben erstinstanzliche Verwaltungsgerichte bei einer Verzögerung von annähernd bzw. mindestens einem Jahr die Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik selbst für geboten gehalten.
49Vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 22. Mai 2014 – 5a K 5709/13.A –, vom 7. August 2014 – 7a K 1304/14.A – und vom 12. August 2014 – 9a K 979/14.A –; VG Düsseldorf, Urteile vom 23. September 2014 – 8 K 4481/14.A – und vom 3. Februar 2014 – 24 L 68/14.A –, alle juris.
50Vereinzelt wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass eine unangemessene Verzögerung vor Ablauf einer Frist von neun Monaten zwischen Antragstellerung und Wiederaufnahmeersuchen keinesfalls angenommen werden kann, wobei von einer Frist von drei Monaten, die § 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung dem Mitgliedstaat für das Aufnahmeersuchen vorsieht, zuzüglich einer Frist von sechs Monaten, die aus der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG gezogen wird, ausgegangen wird,
51so etwa VG Düsseldorf, Urteile vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – und vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, jeweils juris,
52bzw. auf das Dreifache der zur Orientierung herangezogenen Frist von drei Monaten, die § 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung dem Mitgliedstaat für das Aufnahmeersuchen vorsieht, abgestellt wird.
53Vgl. insoweit VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. März 2014 – 6a L 297/14.A –, juris.
54Im vorliegenden Fall geht das Gericht nicht von einer überlangen Verfahrensdauer aus. Das Gericht ist der Auffassung, dass die zwischen der Anhörung der Antragstellerinnen und dem Wiederaufnahmeersuchen verstrichene Zeitspanne noch als angemessen zu bewerten ist. Die Antragstellerinnen haben ihren Asylantrag in der Bundesrepublik am 8. Februar 2013 gestellt und sind am 22. Februar 2013 angehört worden. Am 22. Oktober 2013 hat die Antragsgegnerin die Republik Schweiz um die Wiederaufnahme der Antragstellerinnen ersucht. Ungeachtet der Frage, nach welchem Zeitablauf die Grenze einer angemessenen Verfahrensdauer im oben genannten Sinne als erreicht anzusehen ist, bleibt der vorliegend zwischen Antragstellung und Wiederaufnahmeersuchen liegende Zeitraum von acht Monaten und zwei Wochen jedenfalls hinter einer solchen Grenze deutlich zurück.“
55Daran hält das Gericht fest.
56Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Flüchtlingen in der Schweiz in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt wird oder sonstige „systemische Mängel“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestehen.
57Vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 2. Mai 2014 – 3 B 357/14 As –, juris; VG Stuttgart, Beschluss vom 20. März 2014 – A 12 K 949/14 –, juris.
58Insoweit hat das Gericht im Eilbeschluss vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) ausgeführt:
59„In seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (Rs. C-394/12 – Abdullahi –) hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass ein Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Systems seiner Rücküberstellung in einen Zielstaat, welcher der Rückübernahme zugestimmt hat, aus Sicht von Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden.
60Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 – Abdullahi –; VG Stuttgart, Beschluss vom 20. März 2014 – A 12 K 949/14 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 6a L 1836/13.A –.
61Eine derartige Gefahr ist für die Kammer nicht erkennbar und von den Antragstellerinnen auch nicht geltend gemacht.
62Soweit die Antragstellerin zu 1. sich zur Begründung ihres Antrags auf gewalttätige Übergriffe ihres Mannes in der Schweiz beruft, liegt hierin nicht der Vortrag systemischer Fehler. Insoweit ist sie darauf zu verweisen, die schweizerischen Behörden und die Polizei um Schutz zu ersuchen. Dass ihr solcher nicht gewährt werden könnte, ist nicht ersichtlich, zumal die Antragstellerin zu 1. selbst vorgetragen hat, bereits der zuständige Asylsachbearbeiter in der Schweiz habe ihr seinerzeit vorgeschlagen, ihr Asylverfahren getrennt von ihrem Mann zu betreiben, was sie selbst aber nicht gewollt habe.
63Schließlich verhilft auch der Einwand einer in der Schweiz drohenden Retraumatisierung der Antragstellerin zu 1. ihrem Antrag nicht zum Erfolg. Da eine solche ohnehin erst nach erfolgter Abschiebung in der Schweiz eintreten könnte, ist dieser Einwand nicht geeignet, eine Beeinträchtigung der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. zu begründen. Ungeachtet dessen genügt das Attest des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 nicht den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung –
64vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 8 A 3053/08.A –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Februar 2012 – 1a K 4974/11.A –,
65angesichts der Unschärfen des – hier in Rede stehenden – Krankheitsbildes „Posttraumatische Belastungsstörung“ und seiner Symptome an ein vorzulegendes Attest zu stellen sind. Dem vorgelegten Attest des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 ist indes nicht zu entnehmen, welche Umstände und Geschehnisse für die darin gestellte Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ als ursächlich angesehen werden. Vor diesem Hintergrund erweist sich der pauschale Verweis auf in der Schweiz existierende „Hinweisreize, die geeignet sind, die erlittenen traumatischen Erlebnisse zu triggern, …“ als nicht nachvollziehbar.
66Angesichts des in der Schweiz auf hohem Niveau bestehenden Gesundheitssystems –
67vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29. Juni 2010 – 6a L 681/10.A –
68und angesichts der zugesicherten Anschlussbehandlung der Antragstellerin nach erfolgter Rückführung ist eine individuelle, bei einer Rückkehr in die Schweiz drohende Gefahr für die Antragstellerin zu 1. – ungeachtet der Berücksichtigungsfähigkeit dieser Frage im vorliegenden Verfahren – nicht substantiiert geltend gemacht.“
69Hieran hält das Gericht nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung des von der Klägerin vorgelegten psychiatrischen Gutachtens des Dr. U. vom 8. Juli 2014 und der gegen dieses Gutachten bestehenden Bedenken, auf die unten näher eingegangen wird, und des Vorbringens der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung fest. Dass die Klägerin zu 1. die Medikamente, auf die sie ausweislich der Bescheinigung des Dr. B1. vom 6. Oktober 2014 eingestellt ist, nicht erhalten könnte, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.
70Das Gericht vermag auch nicht festzustellen, dass die geltend gemachte fehlende Reisefähigkeit und Suizidalität der Klägerin zu 1. ihrer Rücküberstellung in die Schweiz entgegen steht. Das Gericht hat im Eilbeschluss vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) ausgeführt:
71„Dass die Antragstellerinnen nicht reisefähig sind, ist anhand ihres Vortrags und des vorgelegten ärztlichen Attests betreffend die Antragstellerin zu 1. nicht festzustellen. Das im Rahmen des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens vorgelegte Attest des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 verhält sich zu dieser Frage nicht. Auch die – auf der amtsärztlichen Untersuchung der Antragstellerin zu 1. vom 30. April 2014 beruhenden – Feststellung der lediglich bedingten Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht die Annahme, dass diese reiseunfähig ist. Denn die im amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt E. vom 30. April 2014 geforderten Bedingungen für das Bestehen der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. werden hier erfüllt. In dem amtsärztlichen Gutachten wird als Bedingung für den Transport eine Begleitung der Antragstellerin zu 1. durch einen Arzt gefordert. Weiter wird verlangt, dass als Versorgungsbedingung im Heimatstaat die Zuführung in eine fachlich angemessene medizinische Behandlung gegeben sein müsse. Die Vertreterin der diese Abschiebung betreibenden Ausländerbehörde der Stadt E. hat am 26. Mai 2014 telefonisch versichert, es werde entsprechend des amtsärztlichen Gutachtens dafür Sorge getragen, dass die Antragstellerin zu 1. auf ihrer Reise in die Schweiz von einem Arzt begleitet werde. Zudem habe die Zentrale Ausländerbehörde zugesichert, es sei gewährleistet, dass in der Schweiz eine Anschlussaufnahme der Antragstellerin zu 1. in eine angemessene medizinische Behandlung erfolgen werde. Dass der bedingten Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. seitens der Antragsgegnerin und der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde Rechnung getragen wird, verdeutlicht im Übrigen bereits der Umstand, dass die zunächst für den 30. April 2014 vorgesehene Rückführung in die Schweiz aufgrund der im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden verschoben und eine amtsärztliche Untersuchung der Antragstellerin zu 1. veranlasst wurde.
72Vgl. dazu auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29. Juni 2010 – 6a L 681/10.A –.
73Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin zu 2. nicht reisefähig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.“
74Dass gegen das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt E. vom 30. April 2014 keine durchgreifenden Bedenken bestehen, hat das Gericht im Eilbeschluss vom 27. Mai 2014 (6a L 830/14.A) ausgeführt:
75„Die von den Antragstellerinnen vorgebrachten Bedenken gegen das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamts der Stadt E. vom 30. April 2014 überzeugen die Kammer nicht. Dies gilt zum einen im Hinblick auf etwaige – in der Rüge der fehlenden Erläuterung der medizinischen Fachrichtungen der tätig gewordenen Amtsärzte möglicherweise liegende – Bedenken gegen deren Qualifikation und zum anderen hinsichtlich der gerügten fehlenden Darlegung der Grundlage und Anamnese der amtsärztlichen Feststellungen. Amtsärztliche Gutachten werden vor einem anderen Hintergrund erstellt als von Asylbewerbern vorgelegte ärztliche Atteste. Die Vorlage ärztlicher Atteste durch Antragsteller im Rahmen von Asylverfahren geschieht – anders als die Erstellung amtsärztlicher Gutachten – vor dem Hintergrund der dem Antragsteller obliegenden Mitwirkungspflichten und dem in einem Asylverfahren bestehenden evidenten Eigeninteresse des Antragstellers, was die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an vorzulegende ärztliche Atteste rechtfertigt. Im Gegensatz dazu ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Gesundheitsämter ihre Amtspflichten ernst nehmen und befolgen. Im Übrigen bestätigt das amtsärztliche Gutachten vom 30. April 2014 inhaltlich sowohl den Vortrag der Antragstellerinnen als auch die Diagnose, die in dem Attest vom 17. April 2014 durch das M1. -Klinikum F. bei der Antragstellerin zu 1. gestellt wurde.“
76Nachdem die Klägerin zu 1. die undatierte Bescheinigung des Assistenzarztes T2. vom Evangelischen Krankenhaus E. und das Fachgutachten des PD Dr. U. von der M1. -Klinik F. vom 8. Juli 2014 vorgelegt hatte, hat das Gericht zur Frage der Reisefähigkeit im Eilbeschluss vom 27. November 2014 (6a L 1071/14.A) ausgeführt:
77„Soweit die von der Antragstellerin geltend gemachte Suizidalität ihre Reisefähigkeit beeinträchtigen könnte, hat die Antragsgegnerin diesem Aspekt bereits im Rahmen des ersten Versuchs der Rückführung der Antragstellerinnen Rechnung getragen und Vorbereitungen für eine Begleitung der Antragstellerin zu 1. und eine angemessene Anschlussaufnahme in der Schweiz getroffen. Dass entsprechende Vorkehrungen bei einer Rückführung der Antragstellerinnen nicht getroffen werden würden oder dass dies zu befürchten sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
78Ungeachtet dessen hat das Gericht durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags der Antragstellerin zu 1. Zwar wird ihr in der undatierten Bescheinigung des Assistenzarztes T2. vom Evangelischen Krankenhaus E. eine aktuelle Suizidalität bescheinigt. Diesem Attest, welches durch die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen in dem Verfahren 6a K 2712/14.A bereits mit Fax vom 12. Juni 2014 an das Gericht übersandt wurde, dürfte indes keine hinreichende Aussagekraft zukommen, nachdem darin ausdrücklich keine abschließende Beurteilung im Hinblick auf eine „Ausweisung“ getroffen wird und lediglich von einer – zu diesem Zeitpunkt – weiteren Therapiedauer von mindestens drei Wochen die Rede ist. Das Gericht zweifelt zudem an der Aussagekraft des vorgelegten Fachgutachtens des PD Dr. U. von der M1. -Klinik F. vom 8. Juli 2014. Insoweit begegnen die fachspezifischen Grundlagen und Methoden, aufgrund derer das Gutachten erstellt wurde, zunächst keinen durchgreifenden Bedenken. Das Gericht hat indes durchgreifende Zweifel daran, dass die dem Gutachter von der Antragstellerin zu 1. geschilderten Erlebnisse, die der Gutachter dem Gutachten zugrunde gelegt hat, der Wahrheit entsprechen und – darauf aufbauend – dass die vom Gutachter gestellten Diagnosen und Schlussfolgerungen zutreffend sind. Ausweislich des Gutachtens hat die Antragstellerin zu 1. dem Gutachter eine Lebensgeschichte geschildert, die in wesentlichen Punkten von derjenigen abweicht, die sie bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt geschildert hat. Insoweit seien nur folgende zwei Beispiele aufgeführt: Während die Antragstellerin in der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben hatte, ihre Eltern lebten ihrer Kenntnis nach in den USA, ist die Angabe, der Vater der Antragstellerin lebe in Russland, während ihre Mutter mit 38 Jahren an einer schweren Krankheit verstorben sei, Grundlage des Fachgutachtens geworden. Während die Antragstellerin bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt noch angegeben hatte, sie habe ihren Ehemann geheiratet, obwohl ihre Eltern nicht damit einverstanden gewesen seien und sich niemals damit abgefunden hätten, ist Grundlage des Fachgutachtens die Information geworden, ihre Ehe sei eine Zwangsehe gewesen, auf die sie keinen Einfluss gehabt habe; sie habe gar nicht heiraten wollen.“
79An diesen Überlegungen hält das Gericht nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung des im vorliegenden Hauptsacheverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs und unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigungen fest. Die Angaben der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung sind nicht geeignet, eine andere rechtliche Bewertung zu rechtfertigen. Die Klägerin hat die aufgezeigten Widersprüche, die zwischen ihrem Vortrag bei ihrer persönlichen Anhörung beim Bundesamt einerseits und den Schilderungen gegenüber ihrem psychiatrischen Fachgutachter andererseits bestehen, nicht aufzulösen und nicht nachvollziehbar zu erklären vermocht. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1. angegeben, sie sei selbst gerade erst mit ihrem Kind aus der Schweiz gekommen, habe total unter Schock gestanden und sie wisse gar nicht, was sie da erzählt habe. Diese Umstände hätten es nach Auffassung des Gerichts möglicherweise erklären können, wenn die Klägerin zu 1. in ihrer persönlichen Anhörung auf einige Umstände ihrer Vergangenheit und ihrer Fluchtgeschichte mehr oder weniger ausführlich eingegangen wäre als offenbar ihrem Therapeuten gegenüber. Die Ungereimtheiten und teilweise drastischen Widersprüche in den Angaben der Klägerin zu 1. zu ihren Eltern, zu den Umständen der Hochzeit mit ihrem Ehemann und zu ihrer Flucht in die Schweiz vermögen sie indes nicht auszuräumen. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die persönliche Anhörung der Klägerin zu 1. beim Bundesamt erst zwei Wochen – nach Erinnerung der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung sogar zweieinhalb Wochen – nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik stattfand. Sollte die Klägerin zu 1. zu dem Zeitpunkt nach wie vor derart unter Schock gestanden haben wie von ihr in der mündlichen Verhandlung behauptet, wäre zu erwarten gewesen, dass sie ihre Gewalterfahrungen – insbesondere auch die ihren Ehemann betreffenden – und jedenfalls ansatzweise eine Flucht in die Schweiz (und in die Bundesrepublik Deutschland) geschildert hätte. Indes ist sie nach den Angaben in ihrer Anhörung beim Bundesamt ihrem Mann offenbar freiwillig in die Schweiz gefolgt und hat dort auch das Angebot, ihr Asylverfahren getrennt von dem ihres Mannes zu betreiben, abgelehnt. Dem entsprechen die Angaben des schweizerischen Bundesamtes für Migration im an das Bundesamt gerichteten Schreiben vom 16. Juni 2014, wonach die Klägerin zu 1. und ihr Mann gemeinsam in die Schweiz eingereist und dort als Paar aufgetreten seien. Dass die Klägerin zu 1. mit Hilfe ihres Onkels in die Schweiz geflüchtet sein will – so die dem psychiatrischen Gutachten vom 8. Juli 2014 zugrunde liegenden Angaben der Klägerin zu 1. – scheint mit den vorgenannten Angaben unvereinbar, zumal nicht plausibel ist, wieso ihr Onkel sie zwar vor den (angeblichen) Gewalttätigkeiten ihres Vaters, nicht aber den (behaupteten) Gewalttätigkeiten ihres Ehemannes hätte schützen sollen. Auch passt dies nicht zu der Angabe der Klägerin zu 1. in der persönlichen Anhörung, in Russland habe sie nur ihren Großvater gehabt, der sie hätte unterstützen können. Insoweit wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin zu 1. ihren Onkel in der persönlichen Anhörung wenigstens erwähnt. Weiter wäre zu erwarten gewesen, dass der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin zu 1. angeblich ihr eigener Cousin sein soll, entweder in der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt erwähnt worden wäre oder jedenfalls Eingang in das psychiatrische Gutachten vom 8. Juli 2014 gefunden hätte. Diesen Umstand hat die Klägerin zu 1. indes erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen. Die Widersprüche sind auch nicht durch etwaige Verständigungsprobleme mit der Übersetzerin des Bundesamtes zu erklären. Die Klägerin zu 1. hat insoweit lediglich vage und äußerst pauschal erklärt, die Übersetzerin habe russisch gesprochen, sei aber nicht aus Russland gekommen.
80Zwar beziehen sich die vorgenannten Widersprüche und Ungereimtheiten nicht unmittelbar auf die von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Gewaltanwendungen. Dennoch begründen sie die bereits in dem oben aufgeführten Eilbeschluss vom 27. November 2014 aufgezeigten durchgreifenden Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Klägerin zu 1., die sich in den Zweifeln an der Aussagekraft des – in der mündlichen Verhandlung erneut vorgelegten psychiatrischen Gutachtens vom 8. Juli 2014 – niederschlagen.
81Im Übrigen – soweit die Klägerinnen die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung des Asylverfahrens mit den entsprechenden Anerkennungen bzw. Feststellungen begehren – ist die Klage mangels des insoweit erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, bietet die isolierte Anfechtungsklage den erforderlichen und ausreichenden Rechtsschutz mit der Folge, dass es einer Klage auf Verpflichtung der Beklagten nicht bedarf.
82Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris; vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 23. September 2014 – 8 K 4481/14.A –, juris.
83Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
84Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle gung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils voll streckbaren Be trages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Si cherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben Anfang Oktober 2012 nach Melilla, wo er am 25. Oktober 2012 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Bereits am 14. Januar 2013 beantragte der Kläger unter dem Namen U. E. in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Den Antrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 13. März 2013 als unzulässig ab und ord nete die Abschiebung nach Spanien an. Die Überstellung erfolgte am 10. April 2013.
3Am 3. Juni 2013 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und be antragte am 7. Juni 2013 – unter dem im Rubrum angegebenen Namen – Asyl. Ausweis lich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013 ist der Kläger zuvor in Spanien erkennungsdienstlich behandelt worden.
4Das Bundesamt richtete am 29. August 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Spanien. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. September 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags.
5Mit Bescheid vom 4. Oktober 2013, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mittels Ein schreiben vom 17. Oktober 2013 zugestellt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an. Der Kläger erhielt am 23. Oktober 2012 im Rahmen eines Besprechungstermins eine Kopie des Bescheides von seinem Prozessbevollmächtigten.
6Am 25. Oktober 2013 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht, die Vermutung, dass in Spanien ein ordnungsgemäßes Asylverfahren durchgeführt werde, könne widerlegt werden. Dort sei ihm die Asylantragstellung verwei gert worden. Zudem sei die Überstellungsfrist abgelaufen. Hierauf könne sich der Kläger auch berufen. Die Verfahrensverschleppung stelle einen Grundrechtseingriff dar und Grundrechte seien unstreitig subjektiv-rechtlicher Natur.Ihm werde sein Recht auf Durch führung eines Asylverfahrens abgesprochen, hielte sich Spanien im Zeitpunkt der gerichtli chen Entscheidung nicht mehr für zuständig. Ob die spanischen Behörden sich noch an ihre Zustimmung gebunden fühlen, sei völlig offen.
8Ursprünglich hat der Kläger sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Be scheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 zu verpflichten subsidiären Schutz ge mäß § 4 AsylVfG zuzuerkennen und Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) festzustellen,
;
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten,
,
das Asylverfahren durchzuführen.
Nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts beantragt er nunmehr,
10den Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bun desamtes. Überdies ist sie der Ansicht, dass die Überstellungsfrist mit der Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2014 (13 L 2168/13.A) neu zu laufen be ginne bzw. die Überstellungsfrist auf Grund des gemäß § 80 Absatz 7 Verwaltungsge richtsordnung (VwGO) erlassenen Eilbeschlusses vom 24. März 2014 bis zur Erledigung des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt sei.
14Der am 25. Oktober 2013 vom Kläger gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides anzuordnen, wurde mit Be schluss vom 7. Januar 2014 abgelehnt (13 L 2168/13.A) .
15Auf den weiteren , unter dem 18. März 2014 gestellten Antrag des Klägers gemäß § 80 Ab s atz . 7 VwGO hat das Gericht mit Beschluss vom 24. März 2014 unter Abänderung des Beschlusses vom 7. Januar 2014 die angestrebte aufschiebende Wirkung angeordnet. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass bereits mehr als sechs Mo nate vergangen seien, seit Spanien seine Bereitschaft z ur Übernahme des Klägers erklärt habe (13 L 644/14.A) .
16Die Beteiligten haben übereinstimmend am 18. Juni und 23. Juni 2014 auf mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 50 und Bl. 51 d. Gerichtsakte).
17Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Kammer konnte gemäß § 101 Absatz 2 VwGO über die Klage ohne mündliche Ver handlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
20Der Kläger konnte sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren zu einer Anfechtungsklage umstellen, ohne dass es auf die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 91 VwGO ankommt. Es handelt sich um eine nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässige Beschränkung des Klageantrags.
21Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 91, Rn. 9.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig (vgl. unter I.), aber unbegründet (vgl. unter II.).
23I. Die Klage ist zulässig. Sie ist statthaft (vgl. unter 1.) und auch fristgerecht erhoben wor den (vgl. unter 2.).
241. Statthafte Klageart ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Absatz 1, 1. Variante VwGO. Der Erhebung einer vorrangigen Verpflichtungsklage – gerichtet auf das Rechts schutzziel, dass die Beklagte das Asylverfahren durchführt – bedarf es nicht.
25Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides vom 4. Oktober 2013, in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abge lehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungs begehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegeh rens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formel len und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundes amt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der – einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten – Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvor schriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zustän dig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegeh rens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
26Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris, Rn. 28 ff.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2.
Oktober 2013 – 3 L 643/12 –, juris, Rn. 21 f.; VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 ‑
–
13
K
654/14.A –, juris, Rn. 22, Urteil vom 26. April 2013 – 17 K 1777/12.A –, juris, Rn. 14 und Urteil vom 15.
Januar 2010, – 11 K 8136/09.A –, S. 4; VG Köln, Urteil vom 27. Mai 2014 – 2 K 2273/13.A –, juris, Rn. 14; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 15 m.w.N.; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, –10 A 227/11 –, juris, Rn. 16; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 2. Februar 2012 – A 4 K 2203/11 –, juris, Rn. 2; VG Weimar, Urteil vom 23. November 2011 – 5 K 20196/10 –, juris, S.
5; VG Trier, Urteil vom 18. Mai 2011, – 5 K 198/11.TR –, juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3.
März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 4; VG Ansbach, Urteil vom 16. September 2009 – AN 11 K 09.30200 –, juris, Rn. 22; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: 101. Erg.lieferg. Juni 2014, § 27a Rn.
21, § 34a Rn. 64 f.
Diese Verfahrenssituation ist vergleichbar mit derjenigen, die im Falle der Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens nach den §§ 33, 32 AsylVfG entsteht. In letzterer Konstellation ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Anfech tungsklage allein gegen den Einstellungsbescheid des Bundesamtes statthaft. Mit der Auf hebung des Einstellungsbescheids wird nämlich ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
28Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
29Eine Verpflichtungsklage, die unmittelbar auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG oder aber – hilfsweise – die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG und die Feststellung von Abschie bungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltgesetzes AufenthG)
gerichtet ist, scheidet ebenso aus. Denn eine Verpflichtung für das Gericht, die Sache selbst spruchreif zu machen, besteht nur dann, wenn ein „mit seinem Asylantrag beim Bundesamt erfolglos gebliebener Auslän der“ den Klageweg beschreitet.
BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128 ff. = juris, Rn. 10.
31Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutz begehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15.
33Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz kann jedoch auf behördliche Entschei dungen, die – wie hier – auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung finden. Denn im Falle einer fehlerhaften Ablehnung des Asylantrags als un zulässig mangels Zuständigkeit ist der Antrag in der Sache von der zuständigen Behörde noch gar nicht geprüft worden. Wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruch reif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verlo ren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Absatz 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Absatz 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Ab satz 3 VwGO vorgesehen ist. Im Übrigen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Er gebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Behörde selbst entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz (GG) zumindest bedenklich wäre.
34VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 30, vom
26. April 2013 ‑
–
17
K
1777/12.A –, juris, Rn. 18 und Urteil vom 19. März 2013 – 6 K 2643/12.A –, juris, Rn. 16; VG
München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 17 f.; VG Hamburg, Urteil vom 23. April 2014 – 10 A 1242/12 –, juris, Rn. 19; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 ‑
–
RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, juris, Rn. 20; VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – 10 A 581/13 –, juris, Rn. 18; VG Gießen, Urteil vom 24. Januar 2013 – 6 K 1329/12.GI.A –, juris, Rn. 16 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 20. September 2012 ‑
–
A 11 K 2519/12 –, juris, Rn. 15; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, – 10 A 227/11 –, juris, Rn.
16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 5; vgl. zum vergleichbaren Fall der Verfahrenseinstellung nach § 33 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
Überdies würden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen, wenn eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung und damit zum „Durchentscheiden“ bestünde. Ge langt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergeb nis, das Begehren sei gemäß §§ 29a, 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtli chen Kontrolle und ggf. eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Klägers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu. Stellt sich nämlich das Asylbegehren nach gerichtlicher Prüfung als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Absatz 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage. Allerdings müsste sie, da sie nicht vom Gericht ausgespro chen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden, was im Widerspruch zu dem Beschleunigungsgedanken des Asylverfahrensgesetzes stünde.
36VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 32; VG München, Gerichtsbe scheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 16.
37Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Beschei des ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren von ihr in der Sache zu prüfen.
382. Der Kläger hat die Klage auch innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des an gegriffenen Bescheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 und damit fristgerecht im Sinne von § 74 Absatz 1 AsylVfG erhoben.
39Dabei ist die Bekanntgabe vorliegend allerdings noch nicht durch die mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 erfolgte Übersendung des Bescheides an den Prozess bevollmächtigten des Klägers bewirkt worden. Denn der Prozessbevollmächtigte war insoweit kein Empfangsberechtigter des Klägers im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszu stellungsgesetzes (VwZG). Wird ein Asylantrag – wie vorliegend – nur nach § 27a AsylVfG abgelehnt, ist nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG die Entschei dung zusammen mit der Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylVfG dem Ausländer persönlich zuzustellen und kommt mithin eine Empfangsvertretung durch den Prozessbe vollmächtigten nicht in Be tracht. Dementsprechend soll, wenn der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten wird oder er einen Empfangsberechtigten benannt hat, diesem nach § 31 Absatz 1 Satz 6 AsylVfG auch lediglich ein Abdruck der Entscheidung zugeleitet werden. Dieser Mangel der förmlichen Zustellung wurde aber vorliegend gemäß § 8 VwZG geheilt. Nach dieser Vorschrift gilt ein Schriftstück, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt, oder das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Empfangsberechtigter ist dabei derjenige, an den die Zustel lung nach dem Gesetz zu richten war,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, BVerwGE 104, 301 und = juris, Rn. 27; Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. Oktober 1986 – VII R 58/83 –, juris, Rn. 24,
41vorliegend also nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG der Kläger selbst, der im Übri gen auch tatsächlich als Adressat in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 benannt ist.
42Der Empfangsberechtigte hat das Schriftstück im Sinne von § 8 VwZG erhalten, wenn es ihm vorgelegen hat und er die Möglichkeit hatte, von seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen; dass er es auch in Besitz genommen hat, ist nicht erforderlich,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997, a.a.O., m.w.N.
44Darüber hinaus setzt die Heilung von Zustellungsmängeln voraus, dass die Behörde den Willen hatte, den Bescheid bekannt zu geben,
45BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29 und Beschluss vom 31. Mai 2006 – 6 B 65.05 –, NVwZ 2006, 943 = juris, Rn. 7, m.w.N.
46Nach diesen Maßgaben gilt der Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 als dem Kläger am 23. Oktober 2013 mit heilender Wirkung im Sinne von § 8 VwZG zuge stellt. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers fand an diesem Tag ein Be sprechungstermin wegen des mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 an die Kanzlei über mittelten Bescheides statt, bei dem der Kläger vom Erlass des Bescheides Kenntnis er halten hat. Zwar reicht die bloße (mündliche) Übermittlung des In halts des Bescheides an den Empfangsberechtigten durch eine Ersatzperson nicht aus, um dem Empfangsberech tigten die nach § 8 VwZG erforderliche zuverlässige Kenntnis des zuzustellenden Schrift stücks zu verschaffen,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 27.
48Allerdings wurde dem Kläger nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten am 23. Oktober 2013 anlässlich des Besprechungstermins zugleich auch eine Kopie des Bescheides ausgehändigt. Die Aushändigung der Bescheidkopie war zur Vermittlung der erforderlichen Kenntnis aber geeignet, da sie das Original nach Inhalt und Fassung wiedergibt.
49Die Beklagte hatte schließlich hinsichtlich des Bescheides auch den erforderlichen Bekanntgabewillen. Der Bescheid ist mit Wissen und Wollen der Beklagten und in der Ab sicht, Rechtsfolgen gegenüber dem Kläger auszulösen, aus dem internen behördlichen Bereich herausgegeben worden. Dass Anschreiben und Bescheid willentlich den internen Bereich des Bundesamtes verlassen haben, folgt unzweifelhaft aus der be wussten Wahl des Übermittlungswegs per Einschreiben und dem Vorliegen eines hierüber gesondert gefertigten Aktenvermerks nach § 4 Absatz 2 Satz 4 VwZG (Bl. 67 der Beiakte Heft 1) so wie der zeitgleichen gesonderten Übermittlung des Bescheides auch noch an die zustän dige Ausländerbehörde (Bl. 64 der Beiakte Heft 1). Der Wille, hinsichtlich des Klägers Rechtsfolgen herbeizuführen, ergibt sich ohne weiteres aus dem an den Prozessbevoll mächtigten gerichteten Begleitschreiben vom 17. Oktober 2013, das in der Betreffzeile ausdrücklich den Namen des Klägers und den Bezug zu seinem Asyl verfahren und zudem die Mitteilung enthält, dass dem Prozessbevollmächtigten – der aus der Sicht des Bun desamtes der Empfangsberechtigte des Klägers war – der Be scheid vom 4. Oktober 2013 „zugestellt“ werde. Zur Heilung nicht erforderlich ist, dass ge rade auch die nachträgliche Kenntniserlangung durch den Adressaten vom Willen der Be hörde umfasst ist,
50vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29.
51Die zweiwöchige Klagefrist begann mithin am Tag nach der Bekanntgabe, also am Donnerstag, den 24. Oktober 2013, § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 187 Absatz 1 BGB und endete gemäß § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 188 Absatz 2 BGB am Mittwoch, den 6. November 2013. Die Klage ist bereits am Freitag, den 25. Oktober 2013 und damit fristgerecht bei Gericht eingegangen.
52II. D Indes ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 VwGO.
53Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Ab schiebung des Klägers nach Spanien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylan trag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäi schen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchfüh rung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
54Maßgebliche Rechtsvor schrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verord nung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Dritt staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Klägers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Ver handlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung – wie hier – auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist. Zwar ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitglied staats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist ( Dublin III-VO) , bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist . Denn Gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO aber für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden, anwendbar . Anderes gilt allen falls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Absatz 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
55vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris, Rn. 13 und vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 11.
561. Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Spanien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien aus der EURODAC-Datei festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschrit ten hat, so ist dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 Dublin II-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 23. August 2013 vor seiner Einreise in die Bundes republik in Spanien gewesen. Überdies folgt aus der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013, dass er bereits am 25. Oktober 2012 im spani schen Melilla erkennungsdienstlich behandelt worden ist. Der Kläger hat die Grenze Spa niens auch illegal überschritten, da er nach seinen eigenen Angaben ohne Ausweispapiere und Aufenthaltsberechtigung eingereist ist und zudem die vom Bundesamt durchgeführte Visa-Abfrage für ihn keinen Treffer ergeben hat.
572. Die danach vorliegende Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO erloschen. Danach endet die Zuständigkeit zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Offen bleiben kann insoweit, ob der Kläger erst am Tag der erkennungsdienstlichen Behandlung, also am 25. Oktober 2012 erstmals in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist und von den Behörden aufgegriffen worden ist oder ob die Einreise – wie der Kläger erstmals im gerichtlichen Verfahren vorträgt – bereits Anfang Oktober 2012 erfolgt ist. Denn der illegale Grenzübertritt lag in jedem Fall zum Zeitpunkt der für die Anwendung der Kriterien des Kapitels III maßgeblichen Zuständigkeitsbestim mung, die spätestens mit der Entscheidung Spaniens über das Aufnahmegesuch mit Schreiben vom 17. September 2013 ihren Abschluss fand (Artikel 19 Absatz 1Dublin II-VO ), noch keine zwölf Monate zurück.
58Dass diese Frist – unterstellt der Kläger sei wie behauptet bereits Anfang Oktober 2012 nach Spanien eingereist – im Zeitpunkt der nach obigen Ausführungen erst am 23. Oktober 2013 erfolgten Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes abgelaufen war, würde ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung führen.
59Nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO finden die Regelungen des Kapitels III, zu de nen Artikel 10 gehört, ausschließlich im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zu ständigen Mitgliedstaates Anwendung. Daher berechtigt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO zwar einen Mitglied staat, ein an ihn gerichtetes Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchen eines anderen Mitgliedstaates abzulehnen, sofern der illegale Grenzübertritt im Zeitpunkt des Ersuchens bereits mehr als zwölf Monate zurückliegt. Nach Abschluss des Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung ist der Anwendungsbe reich des Kapitels III dagegen nicht mehr eröffnet und führt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO daher nicht zu einem nachträglichen Wegfall der be reits nach der Dublin II-Verordnung bestimmten Zuständigkeit. Dementsprechend regelt Kapitel V, dass die nach den Kriterien des Kapitels III bestehende Zuständigkeit eines er suchten Mitgliedstaates nachträglich nur unter den Voraussetzungen von Artikel 16 Absatz 3 und 4 Dublin II-VO erlöschen oder wegen eines Fristversäumnisses des ersuchenden Mitgliedstaates nach Artikel 17 Absatz 1 Satz 2, Artikel 19 Absatz 4 oder Artikel 20 Absatz 2 Dublin II-VO auf den ersuchenden Mitgliedstaat selbst übergehen kann. Überdies sieht Artikel 5 Absatz 2 Dublin II-VO vor, dass bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mit gliedstaats von der Situation ausgegangen wird, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
603. Die Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Maßgabe der Artikel 16 ff. Dublin II-VO wieder erloschen oder auf Deutschland übergegangen. Die Pflicht Spaniens, den Kläger aufzunehmen, folgt aus Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a) Dublin II-VO, wonach der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedsstaat gehalten ist, einen Asylbewerber, der einen Antrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat, nach Maß gabe der Artikel 17 bis 19 Dublin II-VO aufzunehmen.
61Nachdem die am 27. August 2013 erfolgte Recherche der Beklagten in der Eurodac-Da tenbank für den Kläger einen Treffer ergab und damit Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags des Klägers bestanden, hat die Beklagte bereits am 29. August 2013 via DubliNet rechtzeitig inner halb der Frist nach Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin II-VO von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags am 7. Juni 2013 das Aufnahmeersuchen an Spanien gerichtet. Spanien hat seinerseits am 17. September 2013 und mithin innerhalb von zwei Monaten nach seiner Befassung mit dem Gesuch im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Dublin II-VO entschieden.
62Der Kläger kann nicht geltend machen, dass die in Art . ikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Sechs-Monatsfrist zu einem Übergang der Zuständigkeit von Spanien auf die Beklagte geführt hat.
63a) Diese Frist ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt im vorliegenden Fall erst zu laufen, nachdem das Gericht in der Hauptsache über die Klage entschieden hat. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da nach erfolgt die Überstellung , sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wideraufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Mit dem in der zweiten Alternative dieser Vorschrift in Bezug genommenen Rechtsbehelf ist das gegen die Abschiebung gerichtete Hauptsacheverfah ren gemeint, nicht schon das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz, auch wenn bereits während dessen Anhängigkeit gemäß § 34a Abs atz . 2 Satz 2 AsylVfG eine Abschiebung zu unterbleiben hat.
64Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53; Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, juris, Rn. 5 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss im Verfahren gleichen Rubrums vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A –, juris, Rn. 12 ff.
65Dieser Rechtsbehelf hatte aufgrund der gerichtlichen Anordnung vom 24. März 2014 im Verfahren nach § 80 Absatz 7 VwGO (13 L 644/14.A) aufschiebende Wirkung. Deshalb kann die Frist zur Überstellung und damit auch eine mögliche Frist, deren Ablauf zu einer unzumutbar langen Verfahrensdauer führen kann, erst mit der Entscheidung über diesen Rechtsbehelf – mithin mit Rechtskraft dieses Urteils – zu laufen beginnen. Artikel 19 Ab s atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO benennt insoweit zwar nicht die Rechtskraft, sondern die „Entscheidung über den Rechtsbehelf“. Da diese Formulierung jedoch in unmittelbarem Zusammenhang zur der diesem Rechtsbehelf beizumessenden aufschiebenden Wirkung verwendet wird, kann dies nur im Sinne einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbehelf verstanden werden.
66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 5.
67Ohne Bedeutung ist insoweit, dass die Kammer im vorgenannten Beschluss vom 24. März 2014 – anders als hier – zu der Annahme gelangt ist, die maßgebliche Frist sei bereits ab gelaufen. Denn Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ermöglicht jedenfalls auch eine Überstellung innerhalb der hier noch nicht laufenden Frist von sechs Monaten ab der Entscheidung über den Rechtsbehelf. Im Übrigen hält die Kammer an ihrer allein im sum marischen Verfahren nach § 80 Absatz 5 und 7 VwGO vertretenen Auffassung, wonach sich der Kläger auf den Ablauf dieser Frist beruf en kann, nicht länger fest (s. hierzu unten, b) ).
68Dasselbe Ergebnis ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Überstellungsfrist. Durch die in Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Überstellungsfrist soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden , die Überstellung mitsamt ihren technischen Prob leme n zu bewerkstelligen. Die Frist für die Durchführung der Überstellung kann daher erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Über stellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass diese Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, dem Erfordernis der zügigen Bearbeitung der Asylanträge den gerichtlichen Schutz zu opfern, den die Mitgliedstaaten gewährleisten, deren Gerichte die Durchführung einer Überstellungsentscheidung aussetzen können und es somit dem Asylbewerber er möglichen, die ihn betreffenden Entscheidungen wirksam anzugreifen. Andernfalls be fände sich der Mitgliedstaat, der im Rahmen des Überstellungsverfahrens beschlossen hat, gegebenenfalls mit aufschiebender Wirkung versehene Rechtsbehelfe zu schaffen, und der daher hinnehmen müsste, dass die Frist, über die er für die Ausweisung des Asyl bewerbers verfügt, um die Zeit verkürzt wird, die die innerstaatlichen Gerichte benötigen, um über den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden, in einer misslichen Lage, da er, wenn es ihm nicht gelänge, die Überstellung des Asylbewerbers innerhalb des sehr kurzen Zeitraums zu organisieren, der zwischen der Entscheidung des Tatrichters und dem Ablauf der Frist für die Durchführung der Überstellung liegt, Gefahr liefe, letztlich als für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig bestimmt zu werden.
69Vgl. Europäische r Gerichtshof ( EuGH ) , Urteil vom 29. Januar 2009, – C-19/08 –, juris, S . 11, Rn. 44 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, Rn. 12 ff., und Be schluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 3.
70Vor diesem Hintergrund geht auch die im klägerischen Schriftsatz vom 11. September 2014 geäußerte Ansicht fehl, es bedürfe zunächst einer aktuellen Bestätigung der Über nahmebereitschaft Spaniens. Denn bei der Fristberechnung ab der Rechtskraft dieser Ent scheidung handelt es sich um eine von zwei gleichwertig nebeneinander bestehenden Al ternativen innerhalb der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da ein Fristablauf objektiv nicht gegeben ist, kann auch Spanien sich nicht hierauf berufen. Im Übrigen würde auch die Möglichkeit, dass sich der übernehmende Staat auf den Ablauf der Frist beruft, dem Kläger nicht den entsprechenden Einwand in Form eines subjektiven Rechts an die Hand geben. Sollte der an sich übernehmende Staat die Aufnahme verwei gern, deckt sich dies mit dem vom Kläger verfolgten Interesse, im Bundesgebiet zu ver bleiben und – sollte kein anderer, dritter Staat zuständig sein – eine Prüfung seines An trags durch die Beklagte zu erreichen. Wäre der übernehmende Staat hingegen noch im mer zur Aufnahme bereit, würden hierdurch – wie nachstehend ausgeführt – keine subjektiven Rechte des Klägers verletzt.
71Die Beklagte ist vorliegend bis zur Entscheidung über die Hauptsache auf Grund des stattgebenden Beschlusses vom 24. März 2014, worin die aufschiebende Wirkung der vor liegenden Klage angeordnet worden ist , an der Überstellung des Klägers nach Spanien rechtlich und daher nicht nur aufgrund der erforderlichen Modalitäten für eine Überstellung gehindert gewesen . Die Überstellungsfrist beginnt erst mit Rechtkraft dieses Urteils zu laufen.
72b) Selbst wenn es hier jedoch auf den Ablauf der Sechs-Monatsfrist in der ersten Altern
a
tive des Art
ikel
.
19 Abs
atz
.
3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ankäme, also beginnend mit der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch Spanien
,
am
17.
Septem
ber 2013, könnte sich der Kläger nicht auf den Ablauf dieser Frist berufen.
Zwar endete die Frist zur Überstellung des Klägers zunächst
,
mit Ablauf des 17. März 2014, da Spanien der Aufnahme bereits am 17. September 2013 zugestimmt hatte
.
Der Kläger kann sich auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfristjedoch nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenre gelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Insoweit gibt die Kammer auf der Grundlage der sog. Abdullahi-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs,
74Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris; vgl.
,
nachfolgend
auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7,
ihre bisherige Rechtsprechungim Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A – auf und geht davon aus, dass sich der Kläger nicht auf die Versäumung der Überstellun g s f rist berufen kann. Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem In halt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Ho heitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der DublinII-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeits weise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asyl systems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 lit e) AEUV. Grundgedanke der DublinII-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objekti ven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
76EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, – C-4/11 –, juris, Rn. 57 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 37.
77Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Fest stellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen be stimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Über stellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnah mebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
78EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.
/
14 –, juris, Rn. 12; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 ‑
–
W
6
S
14.50065 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
Obschon der Abdullahi- Entscheidung keine generelle Aussage zur subjektiv-rechtlichen Dimension von (Überstellungs-)Fristen zu nehmen ist,
80vgl. hierzu auch schon VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – Seite 9 und 10 des Urteilsabdrucks m.w.N.,zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen,
81gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Klägers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitglieds
staat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitglieds
staaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme (s.u.). Denn die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-Ver ordnung lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; Rn.
25; Offen gelassen vom OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 ‑
–
14
A
1943/11.A
–, juris, Rn. 24; VG Trier, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 L 1271/14.TR –, juris, Rn.
6 f.; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 – 17 AE 1762/14 –, juris, Rn. 18; VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 – RN 9 K 11.30445 –, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 234.
Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des ande ren Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. In soweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstel lung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
84Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
85Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgtund dass sie überhaupt erfolgt
,
kann er mithin
selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet
schon der
allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach §
242 BGB abgeleiteten
– Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sich
auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschlandzu
berufen. Insoweit ist es ihm auch nicht unzumutbar, sich zunächst in den anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort den Ausgang des Hauptsacheverfahrens ab zuwarten.
OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2011 – 14 B 1011/11.A –, juris, Rn. 16.
874. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Spaniens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Kläger nach Spanien abzuschieben.
88a) Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat.
89EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris, Rn. 35 und Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑
–
C-411/10 et al. –, juris, Rn. 98 und 108; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 ‑
–
13
K
1117/14.A
– m.w.N.
Das kann aber ohnehin nur dann gelten, wenn der Antragsteller durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnah en Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechts verletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen (s.o. , 3. b) ) .
91Selbst
wenn der Grund für die verzögerte Einreise bzw. Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat allein in die Sphäre der Beklagten fiele, wofür vorliegend nichts spricht, fehlt
e
es i
ndes schon
an einer solch unangemessen langen Verfahrensdauer. Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäi schen
Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO vor sieht, dass die Überstellung spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Annahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, erfolgt. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleich gesetzt werden mit der vom EuGH angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO von sechs Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die inner staatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von zwölf Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
Vgl. zur Stellung eines Aufnahmeantrags VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 13 L 2685/13.A –, juris, Rn. 22.
93Damit einhergehend sieht auch Artikel 19 Absatz 4 Satz 2, 1. Alternative Dublin II-VO vor, dass die Frist zur Überstellung höchstens auf ein Jahr verlängert werden kann, wenn diese aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte.
94Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen.
95b) Die Beklagte ist schließlich auch nicht gehindert, den Kläger nach Spanien zu überstel len, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwach stellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behand lung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
96EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
97der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sine können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
98EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
99Gemessen hieran ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rück über stellung nach Spanien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die die Befürchtung recht fertigen könnten, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im oben genannten Sinne bestehen,
100vgl. Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 4 L 398/14.A –, juris, Rn. 23 f. m.w.N.; Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 6 L 551/14.A –, juris, Rn. 11; Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 – Au 7 S 14.50094 –, juris, Rn. 50.
101Es ergeben sich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Spanien das Asylgesuch des Klägers nicht in einem ordnungsgemäßen Asylverfahren prüfen wird. Denn Spanien hat unter Wahrung seiner aus der Dublin II-VO folgende Obliegenheiten bereits zweimal fristgerecht seine Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Klägers an erkannt. Soweit der Kläger demgegenüber im gerichtlichen Verfahren vorgebracht hat, ihm sei in Spanien sowohl bei seiner Ersteinreise im Oktober 2012 als auch nach der Über stellung aus Deutschland im April 2013 jeweils die Stellung eines Asylantrags tatsächlich verweigert worden, ist dieses unsubtsantiierte Vorbringen nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht glaubhaft. Der Kläger hat hierzu schon selbst keine widerspruchsfreien Angaben gemacht. Im Rahmen der Anhörung beim Bun desamt am 23. Januar 2013 hat er ausdrücklich angegeben, noch in keinem europäischen Land einen Asylantrag gestellt zu haben (Bl. 39 Beiakte Heft 2). Anlässlich seiner erneuten Asylantragstellung in Deutschland am 7. Juni 2013 hat er zwar in der Anhörung am 23. August 2013 angegeben, er habe in Spanien gefragt, ob er Asyl beantragen könne, was aber abgelehnt worden sei. Allerdings schilderte er diese angebliche Verweigerung der Asylantragstellung als eine solche im Zusammenhang mit der Ersteinreise und damit im Widerspruch zu seinem Vorbringen vom 23. Januar 2013. Zudem legte er nicht offen, dass er unter einem Aliasnamen bereits zuvor in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte und nach Spanien zurückgeführt worden war. Da gerade die Verweigerung eines Asylverfahrens nach der Rücküberstellung nach Spanien nach den Angaben des Klägers im gerichtlichen Verfahren aber der wesentliche Anlass der erneuten Einreise nach Deutschland im Juni 2013 gewesen sein soll, wäre zu erwarten gewesen, dass er diesen für ihn so ent scheidenden Umstand dann auch in der Anhörung am 23. August 2013 schildert. Dies umso mehr, als der Rücküberstellung vom 10. April 2013 eine ausdrückliche Aufnahmeer klärung Spaniens vom 7. März 2013 zugrunde lag. Die Einschätzung, dass dem diesbe züglichen Vorbringen des Klägers kein Glauben geschenkt werden kann, stützt das Ge richt ergänzend darauf, dass der Kläger auch zu seinem angeblichen Verfolgungsschicksal in beiden Anhö rungen vollkommen unterschiedliche und nicht miteinander in Einklang zu bringende An gaben gemacht hat und zudem seinen ersten Asylantrag unter einem falschen Namen gestellt hat, sich mithin insgesamt nicht als glaubwürdig erweist.
102Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshin der nis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durch geführt werden kann. Es sind weder zielstaatsbezogene, noch in der Person des Klägers bestehende, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersicht lich.
103Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichts k osten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert folgt aus § 30Ab satz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
104Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerinnen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 25. Februar 1994 geborene Klägerin zu 1. und ihre am 2. Oktober 2011 geborene Tochter, die Klägerin zu 2., sind armenische Staatsangehörige jesidischer Religionszugehörigkeit. Sie stellten am 8. Februar 2013 in der Bundesrepublik Deutschland Asylanträge. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 22. Februar 2013, die in russischer Sprache stattfand, gab die Klägerin zu 1. an, noch Armenisch zu sprechen. Sie sei in den Jahren 2001 bis 2008 in der Russischen Föderation zur Schule gegangen und habe dort am 29. und am 30. Oktober 2010 ihren Ehemann, Herrn T. N. , geboren am 29. Dezember 1988 in Armenien, nach religiösem Ritus geheiratet. Ihre Eltern, die nach ihrer Kenntnis nun in den Vereinigten Staaten lebten, seien nicht damit einverstanden gewesen und hätten sich auch mit der Zeit nicht mit der Hochzeit abgefunden. Sie hassten sie, denn nach jesidischer Tradition habe sie das Gesetz gebrochen, dass ohne die Einwilligung der Eltern nicht geheiratet werden dürfe. Ihr Mann habe dann entschieden, in die Schweiz zu gehen, weil ihm in Russland wohl zu langweilig gewesen sei. Er habe damals gesagt, sie könne mitkommen oder dies sein lassen. Sie habe etwa im Juni oder Juli 2012 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt, der im Dezember 2012 abgelehnt worden sei. Am 4. Februar 2013 sei sie von M. aus mit einem PKW bis nach E. gefahren. Ihr Ehemann sei gewalttätig, sie sei mehrmals erheblich von ihm misshandelt worden, sie habe deswegen in der Schweiz des Öfteren in ein Krankenhaus gemusst. Er habe sie zudem in der Schweiz zu einer Abtreibung gezwungen, als sie dort zum zweiten Mal schwanger geworden sei, und habe auch ihre Tochter geschlagen. Er sei zudem spielsüchtig und habe das ganze Geld, das sie von den schweizerischen Behörden erhalten hätten, in Spielautomaten gesteckt. In der Schweiz habe ihr der dortige Asylsachbearbeiter vorgeschlagen, ihr Asylverfahren getrennt von dem ihres Mannes zu betreiben; dies habe sie aber nicht gewollt, weil sie befürchtet habe, von ihrem Ehemann umgebracht zu werden. Daher habe sie nur die Möglichkeit gesehen, nach Deutschland zu fliehen. Sie fürchte, in Armenien von ihrem Ehemann verfolgt zu werden, dies werde auch in Russland so sein. Ihr Mann gehe allerdings davon aus, dass er sie in Deutschland nicht finden werde, weil sie dort größeren Schutz habe.
3Die Bundesrepublik ersuchte die Schweiz 22. Oktober 2013 um die Wiederaufnahme der Klägerin nach der VO (EG) Nr. 343/2003 („Dublin II-Verordnung“). Am 7. November 2013 stimmte die Schweiz der Wiederaufnahme zu.
4Mit Bescheid vom 29. November 2013 erklärte das Bundesamt die Asylanträge der Klägerinnen für unzulässig und ordnete ihre Abschiebung in die Schweiz an. Zur Begründung führte das Bundesamt an, wegen der dort gestellten Asylanträge sei die Schweiz nach Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gründe für einen Selbsteintritt seien nicht ersichtlich. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung in armenischer Sprache beigefügt.
5Die erste Zustellung des Bescheides schlug fehl, da die Klägerinnen unter der angegebenen, dem Bundesamt bekannten Anschrift nicht zu ermitteln waren. Mit Schreiben vom 20. Februar 2014 teilte das Bundesamt dem Bundesamt für Migration der Schweiz mit, dass eine Überstellung der Klägerinnen nicht möglich sei, da diese untergetaucht seien. Mit Schreiben vom selben Tag verlängerte das Bundesamt die Überstellungsfrist bis zum 13. Mai 2015. Der Bescheid nebst Übersetzung von Bescheid und Rechtsbehelfsbelehrung wurden der Klägerin zu 1. am 27. März 2014 durch die Ausländerbehörde der Stadt E. übergeben.
6Im Hinblick auf von den Klägerinnen geltend gemachte gesundheitliche Beschwerden bat das schweizerische Dublin-Büro das Bundesamt unter dem 17. April 2014 um die Übersendung ärztlicher Bescheinigungen zur Vorbereitung einer zunächst für den 30. April 2014 geplanten Rückführung der Klägerinnen in die Schweiz. Die Klägerin zu 1. legte ein Attest des PD Dr. U. von der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 vor, in der eine chronische manifeste Posttraumatische Belastungsstörung und eine Major Depression ohne psychotische Symptome diagnostiziert wurden. Im Hinblick darauf wurde die Überstellung der Klägerinnen zunächst storniert. Die Klägerin zu 1. wurde am 30. April 2014 durch den Ärztlichen Dienst des Gesundheitsamts E. im Hinblick auf ihre Reisefähigkeit untersucht. In dem amtsärztlichen Gutachten vom selben Tag wurde festgestellt, dass die Klägerin zu 1. unter inlandsbezogenen Voraussetzungen und unter der Bedingung der Begleitung durch einen Arzt beim Transport bedingt reisefähig im Sinne einer Transportfähigkeit sei. Weiter wurde festgestellt, dass eine psychische Erkrankung bestehe, die bei Rückführung in das Heimatland akut entgleisen könne. Eine Selbst- oder Fremdgefährdung könne nicht ausgeschlossen werden. Im Heimatland müsse die Zuführung in eine fachlich angemessene medizinische Behandlung (psychologisch, psychiatrisch) gegeben sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 25 f. der Gerichtsakte 6a L 632/14.A Bezug genommen.
7Die Klägerinnen haben am 12. Juni 2014 die vorliegende Klage erhoben, nachdem sie zunächst am 17. April 2014 einen isolierten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt hatten, den das Gericht mit Beschluss vom 26. Mai 2014 abgelehnt hat (6a L 643/14.A). Auch weitere in der Folge gestellte Eilanträge hat das Gericht mit Beschlüssen vom 27. Mai 2014 (6a L 830/14.A), vom 9. Juli 2014 (6a L 911/14.A) und vom 27. November 2014 (6a L 1071/14.A) abgelehnt. Zugleich stellten sie am 12. Juni 2014 hilfsweise einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Klagefrist. Zur Begründung führen die Klägerinnen im Wesentlichen an, die Klage sei nicht verfristet, da wegen der Bescheidübersetzung in die armenische Sprache hier die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gelte. Der angegriffene Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, da die Zuständigkeit für die Durchführung der Asylverfahren der Klägerinnen von der Schweiz auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen sei. Die Überstellungsfrist sei abgelaufen, nachdem die Schweiz bereits am 7. November 2013 ihre Zuständigkeit erklärt habe. Zudem bestehe in der Schweiz die Gefahr der Retraumatisierung der Klägerin zu 1. Sie sei aus den Gründen ihrer psychischen Erkrankung auch nicht reisefähig. Sie bezweifelten die Angabe der Beklagten, der Ehemann der Klägerin zu 1. halte sich mittlerweile nicht mehr in der Schweiz auf. Das Gesundheitsamt habe bei der Untersuchung der Klägerin zu 1. nicht geprüft, ob ihre suizidalen Handlungsimpulse auch bei einer zwangsweisen Rückführung in die Schweiz zu verzeichnen seien. Zudem entspreche das amtsärztliche Gutachten nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Weiter legt die Klägerin zu 1. eine undatierte Bescheinigung des Assistenzarztes T1. von der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des Evangelischen Krankenhauses E. und ein fachärztliches Gutachten des PD Dr. U. von der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie des M1. -Klinikums F. vom 8. Juli 2014 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 5 und 40 – 60 der Gerichtsakte Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung legt die Klägerin ein weiteres Exemplar des Fachgutachtens des Dr. U. vom 8. Juli 2014, ein Schreiben des Dr. U. vom 5. Januar 2015 sowie eine Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. aus E. vom 6. Oktober 2014 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 29. November 2013 ein Asylverfahren im Bundesgebiet durchzuführen,
10hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 – 7 AufenthG vorliegen.
11Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
12die Klage abzuweisen.
13Sie bezieht sich auf den angegriffenen Bescheid und führt weiter aus, es könne dahingestellt bleiben, ob allein die Beifügung einer Bescheidübersetzung in der armenischen Sprache die Jahresfrist auslöse. Nach erfolgter Akteneinsicht durch Übersendung eines kompletten Aktenausdrucks habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen Kenntnis von dem Bescheid erlangt; die erst am 12. Juni 2014 erhobene Klage sei verfristet. Das Übernahmeersuchen sei fristgerecht gestellt worden, insoweit werde auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Verfahren 10 B 16.14 Bezug genommen. Der Ehemann der Klägerin zu 1. halte sich nicht mehr in der Schweiz auf, so dass eine Bedrohung oder Gefährdung der Klägerin zu 1. in der Schweiz nicht mehr erkennbar sei. In diesem Zusammenhang legt sie ein Schreiben des schweizerischen Bundesamtes für Migration vom 16. Juni 2014 vor, ausweislich dessen der Ehemann der Klägerin zu 1. nach negativer Entscheidung über seinen Asylantrag am 31. Juli 2013 unter der Kontrolle der schweizerischen Behörden nach Moskau zurückgebracht wurde.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 6a K 2712/14.A, 6a L 643/14.A, 6a L 830/14.A, 6a L 911/14.A und 6a L 1071/14.A sowie des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 27. November 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen und eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17Die Klage hat keinen Erfolg. Soweit die Klägerinnen die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 29. November 2013 begehren, ist die Klage unzulässig und unbegründet. Im Übrigen – soweit das Begehren der Klägerinnen über das Aufhebungsbegehren hinausgeht – ist die Klage unzulässig.
18Soweit die Klägerinnen die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides begehren, ist die Klage bereits unzulässig. Zwar ist sie als isolierte Anfechtungsklage statthaft, denn bereits die Beseitigung der Entscheidungen nach § 27a AsylVfG und § 34a AsylVfG führt grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel der Klägerinnen. Das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits von Gesetzes wegen (§§ 24, 31 AsylVfG) verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen. In den Fällen des § 27a AsylVfG hat sich das Bundesamt lediglich mit der Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens der Klägerin zuständig ist. Eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache noch nicht erfolgt. Die Aufhebung des Bescheides beseitigt ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens der Klägerin. Das Bundesamt hat dann das Asylverfahren in dem Stadium, in dem es dieses zu Unrecht beendet hat, weiterzuführen.
19Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris; VG Düsseldorf, Urteile vom 8. Oktober 2014 – 11 K 900/14.A –, vom 23. September 2014 – 8 K 4481/14.A – und vom 27. Juni 2013 – 13 K 654/14.A –, jeweils juris, jeweils mit weiteren Nachweisen.
20Die Klage ist jedoch wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Insoweit hat das Gericht bereits im Beschluss vom 9. Juli 2014 im Eilverfahren der Klägerinnen 6a L 911/14.A ausgeführt:
21„Die von den Antragstellerinnen am 12. Juni 2014 erhobene Klage 6a K 2712/14.A ist mangels Einhaltung der für sie maßgeblichen Klagefrist offensichtlich unzulässig.
22Dahinstehen kann vorliegend, ob der Lauf der Klagefrist bereits gemäß § 10 Abs. 2 Satz 4 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) mit dem Tag der Aufgabe zur Post spätestens am 3. Dezember 2013 (dem Tag des gescheiterten Versuchs der Zustellung des Bescheides) oder mit der Aushändigung des Bescheides an die Antragstellerin zu 1. am 27. März 2014 durch die Ausländerbehörde der Stadt E. begann.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April 1994 – 5 B 18.94 –, juris, Urteil vom 11. Mai 1979 – 6 C 70.79 –, BVerwGE 58, 100 ff., juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Dezember 2013 – 14 L 2414/13.A –, juris, wonach die erste wirksame Zustellung für die Fristenberechnung maßgeblich ist.
24Im ersteren Fall wäre die hier nach § 74 Abs. 1, 1. Halbsatz AsylVfG maßgebliche Klagefrist von zwei Wochen unter Berücksichtigung von § 57 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) spätestens mit Ablauf des 17. Dezember 2013 abgelaufen. Im letzteren Fall wäre die Frist mit Ablauf des 10. April 2014 und damit ebenfalls vor Erhebung der Klage am 12. Juni 2014 abgelaufen.
25Bei der Fristberechnung ist als maßgebliche Frist entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen nicht die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO zugrunde zu legen. Die dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. November 2013 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO. Insbesondere führt der Umstand, dass den Antragstellerinnen entgegen § 31 Abs. 1 Satz 3, § 34 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG eine Übersetzung des Bescheides und der Rechtsbehelfsbelehrung in die armenische Sprache zugestellt wurde, obwohl vieles dafür spricht, dass die Antragsgegnerin die Kenntnis dieser Sprache bei den Antragstellerinnen nicht vernünftigerweise voraussetzen konnte, nicht dazu, dass die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist. Die bloße Zustellung einer Übersetzung von Bescheid und Rechtsbehelfsbelehrung in einer dem Adressaten unbekannten Sprache führt für sich genommen nicht dazu, dass die Rechtsbehelfsbelehrung (inhaltlich) unrichtig oder missverständlich ist. Insoweit fehlt es lediglich an der Verständlichkeit der Rechtsbehelfsbelehrung für den jeweiligen Antragsteller, der mangels der entsprechenden Sprachkenntnisse keinen Zugang zu den im Bescheid und in der Rechtsbehelfsbelehrung enthaltenen Informationen hat.
26Dass die hier in Rede stehende Rechtsbehelfsbelehrung als solche unrichtig sein könnte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Eine Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung resultiert auch nicht daraus, dass in ihr zum einen eine Klagefrist von zwei Wochen und zum anderen eine Antragsfrist von lediglich einer Woche angegeben ist. Die fehlende Übereinstimmung der Dauer der angegebenen Klage- und Antragsfrist entspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (Antragsfrist) und in § 74 Abs. 1, 1. Halbsatz AsylVfG (Klagefrist). Die in § 74 Abs. 1, 2. Halbsatz AsylVfG enthaltene Regelung, dass, wenn der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Woche zu stellen ist, auch die Klage innerhalb einer Woche zu erheben ist, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Der in § 74 Abs. 1, 2. Halbsatz AsylVfG enthaltene Klammerzusatz „(§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG)“ verdeutlicht, dass Eilanträge im Sinne des § 34a Abs. 2 AsylVfG von dieser Regelung nicht erfasst sind.
27Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 5. März 2014 – RN 4 K 14.39122 –, juris; VG Aachen, Beschluss vom 7. Februar 2014 – 4 L 64/14.A –, juris; VG Ansbach, Urteil vom 8. Januar 2014 – AN 11 K 13.31110 u.a. –, juris; anders VG Ansbach, Urteil vom 8. April 2014 – AN 11 K 14.30189 –, juris.
28Den Antragstellerinnen ist auf ihren Antrag keine Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren. Die Antragstellerinnen haben die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. November 2013 erst am 12. Juni 2014 – nach Ablauf der für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung geltenden Frist – erhoben.
29Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung ist gemäß § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO, dass die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt wird. § 60 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO bestimmt, dass der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen ist. In welchem konkreten Zeitpunkt das Hindernis – die fehlende sprachliche Verständlichkeit von Bescheid und zugehöriger Rechtsbehelfsbelehrung – weggefallen ist, kann vorliegend dahinstehen. Insoweit könnten der Zeitpunkt der Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten durch die Antragstellerinnen am 17. April 2014, der Zeitpunkt, in dem der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen in die ihm von der Antragsgegnerin Mitte Mai 2014 übersandte Kopie der Verwaltungsvorgänge Einsicht nehmen konnte, oder der Zugang des Beschlusses des Gerichts in dem ersten Eilverfahren der Antragstellerinnen vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) bei ihrem Prozessbevollmächtigten in Betracht kommen. Selbst bei Zugrundelegung des für die Antragstellerinnen günstigsten Zeitpunkts – des Zugangs des gerichtlichen Eilbeschlusses in dem Verfahren 6a L 643/14.A beim Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen am 27. Mai 2014 – wäre die Zweiwochenfrist für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung unter Berücksichtigung von § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB indes bereits zwei Tage vor Klageerhebung mit Ablauf des 10. Juni 2014 abgelaufen.
30Auch dem gerichtlichen Beschluss vom 26. Mai 2014 konnten die Antragstellerinnen nicht entnehmen, dass auf die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO für die Nachholung der versäumten Rechtshandlung verzichtet werden konnte.“
31An diesen Überlegungen hält das Gericht nach erneuter Prüfung fest.
32Die Klage ist im Hinblick auf das Aufhebungsbegehren darüber hinaus unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2013 verletzt die Klägerinnen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
33Die Schweiz ist für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerinnen zuständig geblieben. Insoweit hat das Gericht im Eilbeschluss vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) ausgeführt:
34„Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
35Vorliegend ist nach der (auf den Fall noch anwendbaren) Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist, (sog. „Dublin II-Verordnung“) vom 18. Februar 2003 die Schweiz der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragstellerinnen, wie die Antragstellerin zu 1. im Rahmen ihrer Anhörung am 22. Februar 2013 selbst eingeräumt hat, in der Schweiz den ersten Asylantrag gestellt haben, ist gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EG) Nr. 343/2003 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrages zuständig und hat gemäß Art. 16 ff. der VO (EG) Nr. 343/2003 die Antragstellerinnen wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Schweiz mit Schreiben vom 7. November 2013 auch anerkannt. Die Antragstellerinnen haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.“
36Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerinnen ist nicht durch einen von den Klägerinnen geltend gemachten Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Dublin II-Verordnung begründet geworden. Insoweit hält das Gericht an den folgenden Ausführungen in seinem Eilbeschluss vom 27. Mai 2014 (6a L 830/14.A) fest:
37„Es spricht alles dafür, dass die Überstellungsfrist im vorliegenden Fall noch nicht abgelaufen ist. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. VO EU Nr. 604/2013 kann die grundsätzlich geltende Überstellungsfrist von sechs Monaten auf höchstens achtzehn Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Eben dies ist vorliegend geschehen. Die Antragstellerinnen waren im Februar 2014 nach erfolglosen Versuchen, sie postalisch zu erreichen, nach Unbekannt abgemeldet worden. Mit Schreiben vom 20. Februar 2014 informierte sodann die Antragsgegnerin das Dublin Office – Bundesamt für Migration – in der Schweiz darüber, dass eine Überstellung derzeit nicht möglich sei, da die Antragstellerinnen untergetaucht seien. Indem das Bundesamt weiter mitteilte, die Überstellung erfolge bis spätestens 13. Mai 2015 gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin-VO, wurde die Überstellungsfrist zugleich auf insgesamt achtzehn Monate verlängert. Dem haben die zuständigen schweizerischen Behörden nicht widersprochen.
38Ungeachtet dessen ist bereits fraglich, ob der in der Dublin-Verordnung geregelten Überstellungsfrist überhaupt drittschützende Wirkung zukommt. Hier könnte einiges dafür sprechen, dass die Bestimmungen der Dublin-Verordnung lediglich der internen Zuständigkeitsverteilung dienen und keine subjektiven Rechte begründen,
39vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; vgl. grds. auch EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 – Abdullahi –,
40oder allenfalls dann, wenn die Gefahr besteht, dass der Antragsteller sozusagen durch das Netz fällt und ihm aufgrund der Anwendung dieser Regelungen die Prüfung seines Asylantrags im Ergebnis gänzlich versagt bliebe. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Zum einen hat die Schweiz der Ausländerbehörde gegenüber noch vor kurzer Zeit eine Anschlussaufnahme der Antragstellerin zu 1. In eine angemessene medizinische Behandlung gewährleistet. Zum anderen hat die Schweiz der Verlängerung der Überstellungsfrist durch das Bundesamt nicht widersprochen. Wäre die Schweiz hiermit und mit einer damit verbundenen Überstellung der Antragstellerinnen nach Ablauf der Sechsmonatsfrist nicht einverstanden gewesen, wäre dies jedoch der Anlass für sie gewesen, gegen die Verlängerung der Überstellungsfrist zu remonstrieren.“
41Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragstellerinnen ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO hätte ausüben müssen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte das Verfahren nicht unangemessen verzögert. Das Gericht hat im Eilbeschluss vom 27. November 2014 (6a L 1071/14.A) ausgeführt:
42„Die in Art. 3 Abs. 2 der hier noch anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-Verordnung) vorgesehene Möglichkeit des Selbsteintritts hat sich nicht zu einer Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin verdichtet. Dass zwischen der Stellung der Asylanträge der Antragstellerinnen in der Bundesrepublik Deutschland und dem Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz ein Zeitraum von acht Monaten und zwei Wochen vergangen ist, steht dem nicht entgegen. Die Dublin II-Verordnung enthält eine ausdrückliche Regelung über die einzuhaltende Frist nur für den Fall, dass ein anderer Mitgliedstaat um die „Aufnahme“ des Asylbewerbers ersucht werden soll (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung), nicht aber für das vorliegend einschlägige Verfahren der „Wiederaufnahme“. Wegen der bewussten und deutlichen Trennung zwischen beiden Verfahrensarten in der Verordnung dürfte eine analoge Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung auf das Wiederaufnahmeverfahren ausscheiden. Zu berücksichtigen ist indes, dass das Verfahren der Dublin II-Verordnung – ausweislich ihres 18. Erwägungsgrundes – nicht nur dem Interesse der Mitgliedstaaten an einer effizienten Durchführung von Asylverfahren in der Europäischen Union dient, sondern auch der Gewährleistung der uneingeschränkten Wahrung des in Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta verankerten Rechts auf Asyl. Dieses Grundrecht verschafft dem einzelnen Asylbewerber unter anderem den Anspruch auf ein zur Durchsetzung des Asylrechts geeignetes Verfahren, bei dessen Regelung der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Auge behalten muss.
43Vgl. Jarass, EU-Grundrechtecharta, Kommentar, 2010, Art. 18 Rdnr. 11 und 14; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. März 2014 – 6a L 297/14.A –, juris.
44Der Grundrechtsbezug klingt auch im vierten „Erwägungsgrund“ der Dublin II-Verordnung an. Dem entsprechend hat der Europäische Gerichtshof unter Hinweis auf die Grundrechtsrelevanz entschieden, dass der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten hat, dass die Situation des Asylbewerbers nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird; erforderlichenfalls müsse er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung selbst prüfen.
45Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C 411/10 und andere –, juris, Randnummer 108; in Bezug genommen auch in dem Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rdnr. 35.
46In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist infolgedessen angenommen worden, dass der Staat, in dem der Asylbewerber sich befindet, zum Selbsteintritt verpflichtet ist, wenn sich das Verfahren ohne besonderen Grund unangemessen lange verzögert.
47So etwa VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. August 2012 – 22 L 1158/12.A –, juris, und vom 3. Februar 2014 – 24 L 68/14.A –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 30. Dezember 2013 – 5a L 1726/13.A –, juris, und vom 11. März 2014 – 4a L 167/14 –; VG Göttingen, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 A 652/12 –, juris; VG Bremen, Beschluss vom 3. Februar 2014 – 5 V 2102/13.A –; VG Ansbach, Beschluss vom 17. Februar 2014 – AN 4 S 14.30100 –, juris; anderer Ansicht etwa VG München, Beschluss vom 15. Januar 2014 – M 4 S 13.31316 –, juris, und VG Berlin, Beschluss vom 27. November 2013 – 33 L 500.13 A –, juris; vermittelnd, nämlich eine Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer „jedenfalls“ bei der Ausübung des Selbsteintrittsermessens fordernd VG Würzburg, Beschluss vom 6. Februar 2014 – W 7 S 14.30089 –, juris.
48Dabei haben erstinstanzliche Verwaltungsgerichte bei einer Verzögerung von annähernd bzw. mindestens einem Jahr die Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik selbst für geboten gehalten.
49Vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 22. Mai 2014 – 5a K 5709/13.A –, vom 7. August 2014 – 7a K 1304/14.A – und vom 12. August 2014 – 9a K 979/14.A –; VG Düsseldorf, Urteile vom 23. September 2014 – 8 K 4481/14.A – und vom 3. Februar 2014 – 24 L 68/14.A –, alle juris.
50Vereinzelt wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass eine unangemessene Verzögerung vor Ablauf einer Frist von neun Monaten zwischen Antragstellerung und Wiederaufnahmeersuchen keinesfalls angenommen werden kann, wobei von einer Frist von drei Monaten, die § 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung dem Mitgliedstaat für das Aufnahmeersuchen vorsieht, zuzüglich einer Frist von sechs Monaten, die aus der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG gezogen wird, ausgegangen wird,
51so etwa VG Düsseldorf, Urteile vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – und vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, jeweils juris,
52bzw. auf das Dreifache der zur Orientierung herangezogenen Frist von drei Monaten, die § 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-Verordnung dem Mitgliedstaat für das Aufnahmeersuchen vorsieht, abgestellt wird.
53Vgl. insoweit VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. März 2014 – 6a L 297/14.A –, juris.
54Im vorliegenden Fall geht das Gericht nicht von einer überlangen Verfahrensdauer aus. Das Gericht ist der Auffassung, dass die zwischen der Anhörung der Antragstellerinnen und dem Wiederaufnahmeersuchen verstrichene Zeitspanne noch als angemessen zu bewerten ist. Die Antragstellerinnen haben ihren Asylantrag in der Bundesrepublik am 8. Februar 2013 gestellt und sind am 22. Februar 2013 angehört worden. Am 22. Oktober 2013 hat die Antragsgegnerin die Republik Schweiz um die Wiederaufnahme der Antragstellerinnen ersucht. Ungeachtet der Frage, nach welchem Zeitablauf die Grenze einer angemessenen Verfahrensdauer im oben genannten Sinne als erreicht anzusehen ist, bleibt der vorliegend zwischen Antragstellung und Wiederaufnahmeersuchen liegende Zeitraum von acht Monaten und zwei Wochen jedenfalls hinter einer solchen Grenze deutlich zurück.“
55Daran hält das Gericht fest.
56Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Flüchtlingen in der Schweiz in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt wird oder sonstige „systemische Mängel“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestehen.
57Vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 2. Mai 2014 – 3 B 357/14 As –, juris; VG Stuttgart, Beschluss vom 20. März 2014 – A 12 K 949/14 –, juris.
58Insoweit hat das Gericht im Eilbeschluss vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) ausgeführt:
59„In seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (Rs. C-394/12 – Abdullahi –) hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass ein Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Systems seiner Rücküberstellung in einen Zielstaat, welcher der Rückübernahme zugestimmt hat, aus Sicht von Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden.
60Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 – Abdullahi –; VG Stuttgart, Beschluss vom 20. März 2014 – A 12 K 949/14 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 6a L 1836/13.A –.
61Eine derartige Gefahr ist für die Kammer nicht erkennbar und von den Antragstellerinnen auch nicht geltend gemacht.
62Soweit die Antragstellerin zu 1. sich zur Begründung ihres Antrags auf gewalttätige Übergriffe ihres Mannes in der Schweiz beruft, liegt hierin nicht der Vortrag systemischer Fehler. Insoweit ist sie darauf zu verweisen, die schweizerischen Behörden und die Polizei um Schutz zu ersuchen. Dass ihr solcher nicht gewährt werden könnte, ist nicht ersichtlich, zumal die Antragstellerin zu 1. selbst vorgetragen hat, bereits der zuständige Asylsachbearbeiter in der Schweiz habe ihr seinerzeit vorgeschlagen, ihr Asylverfahren getrennt von ihrem Mann zu betreiben, was sie selbst aber nicht gewollt habe.
63Schließlich verhilft auch der Einwand einer in der Schweiz drohenden Retraumatisierung der Antragstellerin zu 1. ihrem Antrag nicht zum Erfolg. Da eine solche ohnehin erst nach erfolgter Abschiebung in der Schweiz eintreten könnte, ist dieser Einwand nicht geeignet, eine Beeinträchtigung der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. zu begründen. Ungeachtet dessen genügt das Attest des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 nicht den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung –
64vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 8 A 3053/08.A –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Februar 2012 – 1a K 4974/11.A –,
65angesichts der Unschärfen des – hier in Rede stehenden – Krankheitsbildes „Posttraumatische Belastungsstörung“ und seiner Symptome an ein vorzulegendes Attest zu stellen sind. Dem vorgelegten Attest des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 ist indes nicht zu entnehmen, welche Umstände und Geschehnisse für die darin gestellte Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ als ursächlich angesehen werden. Vor diesem Hintergrund erweist sich der pauschale Verweis auf in der Schweiz existierende „Hinweisreize, die geeignet sind, die erlittenen traumatischen Erlebnisse zu triggern, …“ als nicht nachvollziehbar.
66Angesichts des in der Schweiz auf hohem Niveau bestehenden Gesundheitssystems –
67vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29. Juni 2010 – 6a L 681/10.A –
68und angesichts der zugesicherten Anschlussbehandlung der Antragstellerin nach erfolgter Rückführung ist eine individuelle, bei einer Rückkehr in die Schweiz drohende Gefahr für die Antragstellerin zu 1. – ungeachtet der Berücksichtigungsfähigkeit dieser Frage im vorliegenden Verfahren – nicht substantiiert geltend gemacht.“
69Hieran hält das Gericht nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung des von der Klägerin vorgelegten psychiatrischen Gutachtens des Dr. U. vom 8. Juli 2014 und der gegen dieses Gutachten bestehenden Bedenken, auf die unten näher eingegangen wird, und des Vorbringens der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung fest. Dass die Klägerin zu 1. die Medikamente, auf die sie ausweislich der Bescheinigung des Dr. B1. vom 6. Oktober 2014 eingestellt ist, nicht erhalten könnte, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.
70Das Gericht vermag auch nicht festzustellen, dass die geltend gemachte fehlende Reisefähigkeit und Suizidalität der Klägerin zu 1. ihrer Rücküberstellung in die Schweiz entgegen steht. Das Gericht hat im Eilbeschluss vom 26. Mai 2014 (6a L 643/14.A) ausgeführt:
71„Dass die Antragstellerinnen nicht reisefähig sind, ist anhand ihres Vortrags und des vorgelegten ärztlichen Attests betreffend die Antragstellerin zu 1. nicht festzustellen. Das im Rahmen des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens vorgelegte Attest des M1. -Klinikums F. vom 17. April 2014 verhält sich zu dieser Frage nicht. Auch die – auf der amtsärztlichen Untersuchung der Antragstellerin zu 1. vom 30. April 2014 beruhenden – Feststellung der lediglich bedingten Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht die Annahme, dass diese reiseunfähig ist. Denn die im amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt E. vom 30. April 2014 geforderten Bedingungen für das Bestehen der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. werden hier erfüllt. In dem amtsärztlichen Gutachten wird als Bedingung für den Transport eine Begleitung der Antragstellerin zu 1. durch einen Arzt gefordert. Weiter wird verlangt, dass als Versorgungsbedingung im Heimatstaat die Zuführung in eine fachlich angemessene medizinische Behandlung gegeben sein müsse. Die Vertreterin der diese Abschiebung betreibenden Ausländerbehörde der Stadt E. hat am 26. Mai 2014 telefonisch versichert, es werde entsprechend des amtsärztlichen Gutachtens dafür Sorge getragen, dass die Antragstellerin zu 1. auf ihrer Reise in die Schweiz von einem Arzt begleitet werde. Zudem habe die Zentrale Ausländerbehörde zugesichert, es sei gewährleistet, dass in der Schweiz eine Anschlussaufnahme der Antragstellerin zu 1. in eine angemessene medizinische Behandlung erfolgen werde. Dass der bedingten Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 1. seitens der Antragsgegnerin und der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde Rechnung getragen wird, verdeutlicht im Übrigen bereits der Umstand, dass die zunächst für den 30. April 2014 vorgesehene Rückführung in die Schweiz aufgrund der im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden verschoben und eine amtsärztliche Untersuchung der Antragstellerin zu 1. veranlasst wurde.
72Vgl. dazu auch VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29. Juni 2010 – 6a L 681/10.A –.
73Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin zu 2. nicht reisefähig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.“
74Dass gegen das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt E. vom 30. April 2014 keine durchgreifenden Bedenken bestehen, hat das Gericht im Eilbeschluss vom 27. Mai 2014 (6a L 830/14.A) ausgeführt:
75„Die von den Antragstellerinnen vorgebrachten Bedenken gegen das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamts der Stadt E. vom 30. April 2014 überzeugen die Kammer nicht. Dies gilt zum einen im Hinblick auf etwaige – in der Rüge der fehlenden Erläuterung der medizinischen Fachrichtungen der tätig gewordenen Amtsärzte möglicherweise liegende – Bedenken gegen deren Qualifikation und zum anderen hinsichtlich der gerügten fehlenden Darlegung der Grundlage und Anamnese der amtsärztlichen Feststellungen. Amtsärztliche Gutachten werden vor einem anderen Hintergrund erstellt als von Asylbewerbern vorgelegte ärztliche Atteste. Die Vorlage ärztlicher Atteste durch Antragsteller im Rahmen von Asylverfahren geschieht – anders als die Erstellung amtsärztlicher Gutachten – vor dem Hintergrund der dem Antragsteller obliegenden Mitwirkungspflichten und dem in einem Asylverfahren bestehenden evidenten Eigeninteresse des Antragstellers, was die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an vorzulegende ärztliche Atteste rechtfertigt. Im Gegensatz dazu ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Gesundheitsämter ihre Amtspflichten ernst nehmen und befolgen. Im Übrigen bestätigt das amtsärztliche Gutachten vom 30. April 2014 inhaltlich sowohl den Vortrag der Antragstellerinnen als auch die Diagnose, die in dem Attest vom 17. April 2014 durch das M1. -Klinikum F. bei der Antragstellerin zu 1. gestellt wurde.“
76Nachdem die Klägerin zu 1. die undatierte Bescheinigung des Assistenzarztes T2. vom Evangelischen Krankenhaus E. und das Fachgutachten des PD Dr. U. von der M1. -Klinik F. vom 8. Juli 2014 vorgelegt hatte, hat das Gericht zur Frage der Reisefähigkeit im Eilbeschluss vom 27. November 2014 (6a L 1071/14.A) ausgeführt:
77„Soweit die von der Antragstellerin geltend gemachte Suizidalität ihre Reisefähigkeit beeinträchtigen könnte, hat die Antragsgegnerin diesem Aspekt bereits im Rahmen des ersten Versuchs der Rückführung der Antragstellerinnen Rechnung getragen und Vorbereitungen für eine Begleitung der Antragstellerin zu 1. und eine angemessene Anschlussaufnahme in der Schweiz getroffen. Dass entsprechende Vorkehrungen bei einer Rückführung der Antragstellerinnen nicht getroffen werden würden oder dass dies zu befürchten sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
78Ungeachtet dessen hat das Gericht durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags der Antragstellerin zu 1. Zwar wird ihr in der undatierten Bescheinigung des Assistenzarztes T2. vom Evangelischen Krankenhaus E. eine aktuelle Suizidalität bescheinigt. Diesem Attest, welches durch die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen in dem Verfahren 6a K 2712/14.A bereits mit Fax vom 12. Juni 2014 an das Gericht übersandt wurde, dürfte indes keine hinreichende Aussagekraft zukommen, nachdem darin ausdrücklich keine abschließende Beurteilung im Hinblick auf eine „Ausweisung“ getroffen wird und lediglich von einer – zu diesem Zeitpunkt – weiteren Therapiedauer von mindestens drei Wochen die Rede ist. Das Gericht zweifelt zudem an der Aussagekraft des vorgelegten Fachgutachtens des PD Dr. U. von der M1. -Klinik F. vom 8. Juli 2014. Insoweit begegnen die fachspezifischen Grundlagen und Methoden, aufgrund derer das Gutachten erstellt wurde, zunächst keinen durchgreifenden Bedenken. Das Gericht hat indes durchgreifende Zweifel daran, dass die dem Gutachter von der Antragstellerin zu 1. geschilderten Erlebnisse, die der Gutachter dem Gutachten zugrunde gelegt hat, der Wahrheit entsprechen und – darauf aufbauend – dass die vom Gutachter gestellten Diagnosen und Schlussfolgerungen zutreffend sind. Ausweislich des Gutachtens hat die Antragstellerin zu 1. dem Gutachter eine Lebensgeschichte geschildert, die in wesentlichen Punkten von derjenigen abweicht, die sie bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt geschildert hat. Insoweit seien nur folgende zwei Beispiele aufgeführt: Während die Antragstellerin in der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben hatte, ihre Eltern lebten ihrer Kenntnis nach in den USA, ist die Angabe, der Vater der Antragstellerin lebe in Russland, während ihre Mutter mit 38 Jahren an einer schweren Krankheit verstorben sei, Grundlage des Fachgutachtens geworden. Während die Antragstellerin bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt noch angegeben hatte, sie habe ihren Ehemann geheiratet, obwohl ihre Eltern nicht damit einverstanden gewesen seien und sich niemals damit abgefunden hätten, ist Grundlage des Fachgutachtens die Information geworden, ihre Ehe sei eine Zwangsehe gewesen, auf die sie keinen Einfluss gehabt habe; sie habe gar nicht heiraten wollen.“
79An diesen Überlegungen hält das Gericht nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung des im vorliegenden Hauptsacheverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstabs und unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigungen fest. Die Angaben der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung sind nicht geeignet, eine andere rechtliche Bewertung zu rechtfertigen. Die Klägerin hat die aufgezeigten Widersprüche, die zwischen ihrem Vortrag bei ihrer persönlichen Anhörung beim Bundesamt einerseits und den Schilderungen gegenüber ihrem psychiatrischen Fachgutachter andererseits bestehen, nicht aufzulösen und nicht nachvollziehbar zu erklären vermocht. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1. angegeben, sie sei selbst gerade erst mit ihrem Kind aus der Schweiz gekommen, habe total unter Schock gestanden und sie wisse gar nicht, was sie da erzählt habe. Diese Umstände hätten es nach Auffassung des Gerichts möglicherweise erklären können, wenn die Klägerin zu 1. in ihrer persönlichen Anhörung auf einige Umstände ihrer Vergangenheit und ihrer Fluchtgeschichte mehr oder weniger ausführlich eingegangen wäre als offenbar ihrem Therapeuten gegenüber. Die Ungereimtheiten und teilweise drastischen Widersprüche in den Angaben der Klägerin zu 1. zu ihren Eltern, zu den Umständen der Hochzeit mit ihrem Ehemann und zu ihrer Flucht in die Schweiz vermögen sie indes nicht auszuräumen. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die persönliche Anhörung der Klägerin zu 1. beim Bundesamt erst zwei Wochen – nach Erinnerung der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung sogar zweieinhalb Wochen – nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik stattfand. Sollte die Klägerin zu 1. zu dem Zeitpunkt nach wie vor derart unter Schock gestanden haben wie von ihr in der mündlichen Verhandlung behauptet, wäre zu erwarten gewesen, dass sie ihre Gewalterfahrungen – insbesondere auch die ihren Ehemann betreffenden – und jedenfalls ansatzweise eine Flucht in die Schweiz (und in die Bundesrepublik Deutschland) geschildert hätte. Indes ist sie nach den Angaben in ihrer Anhörung beim Bundesamt ihrem Mann offenbar freiwillig in die Schweiz gefolgt und hat dort auch das Angebot, ihr Asylverfahren getrennt von dem ihres Mannes zu betreiben, abgelehnt. Dem entsprechen die Angaben des schweizerischen Bundesamtes für Migration im an das Bundesamt gerichteten Schreiben vom 16. Juni 2014, wonach die Klägerin zu 1. und ihr Mann gemeinsam in die Schweiz eingereist und dort als Paar aufgetreten seien. Dass die Klägerin zu 1. mit Hilfe ihres Onkels in die Schweiz geflüchtet sein will – so die dem psychiatrischen Gutachten vom 8. Juli 2014 zugrunde liegenden Angaben der Klägerin zu 1. – scheint mit den vorgenannten Angaben unvereinbar, zumal nicht plausibel ist, wieso ihr Onkel sie zwar vor den (angeblichen) Gewalttätigkeiten ihres Vaters, nicht aber den (behaupteten) Gewalttätigkeiten ihres Ehemannes hätte schützen sollen. Auch passt dies nicht zu der Angabe der Klägerin zu 1. in der persönlichen Anhörung, in Russland habe sie nur ihren Großvater gehabt, der sie hätte unterstützen können. Insoweit wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin zu 1. ihren Onkel in der persönlichen Anhörung wenigstens erwähnt. Weiter wäre zu erwarten gewesen, dass der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin zu 1. angeblich ihr eigener Cousin sein soll, entweder in der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt erwähnt worden wäre oder jedenfalls Eingang in das psychiatrische Gutachten vom 8. Juli 2014 gefunden hätte. Diesen Umstand hat die Klägerin zu 1. indes erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen. Die Widersprüche sind auch nicht durch etwaige Verständigungsprobleme mit der Übersetzerin des Bundesamtes zu erklären. Die Klägerin zu 1. hat insoweit lediglich vage und äußerst pauschal erklärt, die Übersetzerin habe russisch gesprochen, sei aber nicht aus Russland gekommen.
80Zwar beziehen sich die vorgenannten Widersprüche und Ungereimtheiten nicht unmittelbar auf die von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Gewaltanwendungen. Dennoch begründen sie die bereits in dem oben aufgeführten Eilbeschluss vom 27. November 2014 aufgezeigten durchgreifenden Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Klägerin zu 1., die sich in den Zweifeln an der Aussagekraft des – in der mündlichen Verhandlung erneut vorgelegten psychiatrischen Gutachtens vom 8. Juli 2014 – niederschlagen.
81Im Übrigen – soweit die Klägerinnen die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung des Asylverfahrens mit den entsprechenden Anerkennungen bzw. Feststellungen begehren – ist die Klage mangels des insoweit erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, bietet die isolierte Anfechtungsklage den erforderlichen und ausreichenden Rechtsschutz mit der Folge, dass es einer Klage auf Verpflichtung der Beklagten nicht bedarf.
82Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris; vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 23. September 2014 – 8 K 4481/14.A –, juris.
83Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
84Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.