Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 24. Sept. 2014 - 5 K 753/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind, als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Q. . 18 in C. (Gemarkung X. , Flur 9, Flurstück 682). Das Grundstück liegt innerhalb eines Straßengevierts, das aus den Straßen Q1.------straße im Norden und Westen, der J.--------straße im Osten sowie der O.------straße im Süden gebildet wird. Zwischen der Q1.------straße im Norden und der O.------straße verlaufen als Stichstraßen von West nach Ost die I. als Sackgasse sowie von Ost nach West eine Stichstraße der J1.-------straße , die die Häuser J2. . 16 und 18a an die J1.-------straße anbindet. Das Haus Nr. 16 liegt etwa 70 m von der J1.-------straße entfernt im Hinterland. Das Gebiet ist ausschließlich mit Wohnbebauung besetzt, die aus 1 ½ bis 2 ½ - geschossigen Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern besteht. Das Gelände zwischen den Häusern Q. . 16, 18, 20, J2. . 10, 14, 14a und 16, bestehend im Wesentlichen aus dem Flurstück 341 und den Gärten der angrenzenden Häuser ist derzeit unbebaut.
3Mit Bauvoranfrage vom 15. Februar 2013 beantragte die Beigeladene die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides für die Errichtung von sechs Einfamilienhäusern, je 6,06 m breit (3 Doppelhäuser) mit sieben Garagen (unter Abriss des bestehenden Gebäudes Nr. 14) auf den Flurstücken 341 und 686, auf denen derzeit noch das Haus Nr. 14 aufsteht. Die Bebauung sollte sich vom Haus Nr. 1 an der J1.-------straße ca. 60 bis 65 tief in das Hinterland erstrecken und bis zum Grundstück der Nachbarn der Kläger (Flurstück 681) reichen (Haus Nr. 6 nebst Garage). Von den sieben Garagen sollten fünf jeweils neben den Häusern Nr. 1 bis 5, eine weitere straßennah zur J1.-------straße an der Grenze zum Flurstück 1198 sowie eine weitere an der Grundstücksgrenze zum Flurstück der Nachbarn der Kläger Nr. 681 errichtet werden. Häuser sowie Garagen mit Ausnahme der an der Grenze zum Flurstück 1198 gelegenen sollten über einen Geh- und Fahrweg nordöstlich der Neubebauung entlang dem Flurstück 1774, auf dem das Haus J2. . 10 mit zwei Garagen aufsteht, erschlossen werden.
4Mit Schreiben vom 18. Mai 2013 erteilte die Beklagte der Beigeladenen den beantragten Vorbescheid.
5Hiergegen hatten die Kläger (5 K 4444/13), die Eigentümer des Nachbargrundstücks Nr. 16 (5 K 3489/13) sowie die Eigentümer des Grundstücks J2. . 10 (5 K 2997/13) Klage erhoben. Die Kammer hat in dem Verfahren der Eigentümer des Hauses J2. . 10 (5 K 2997/13) mit Beschluss vom 28. März 2014 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung nach Auffassung der Kammer keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der dortigen Kläger hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ OVG NRW ‑ mit Beschluss vom 6. Mai 2014 zurückgewiesen und dabei die Auffassung der Kammer bestätigt. Die Eigentümer des Hauses J2. . 10 haben daraufhin ihre Klage zurückgenommen.
6Bereits mit Bauanträgen vom 18. September 2013 hatte die Beigeladene die Erteilung eine Baugenehmigung für die Errichtung von sechs Doppelhaushälften mit einer Pkw-Garage beantragt, die in ihrer Positionierung und Grundfläche den Doppelhaushälften entsprachen, die mit Vorbescheid vom 16. Mai 2013 zugelassen worden waren. Das Vorhaben unterschied sich gegenübergegenüber dem durch den Vorbescheid genehmigten dadurch, dass die Garage an der Grundstücksgrenze zum Flurstück 1198 entfiel, die übrigen sechs Garagen anstelle eine Länge von jeweils 6 m nunmehr jeweils 9 m lang sein sollten. Die Doppelhaushälften sollten jeweils 2 ½-geschossig ausgeführt werden.
7Mit Baugenehmigungen vom 19. Dezember 2013 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die beantragten Baugenehmigungen für die Errichtung der Doppelhaushälften, die ‑ von der J1.-------straße aus in Richtung Osten ‑ die Haus-Nrn. 12, 12a, 12b, 12c, 12d und 12e erhielten. Die Benachrichtigungen der Nachbarn erfolgten am 17. Januar 2014.
8Die Kläger haben am 13. Februar 2014 Klage erhoben. Sie beziehen sich zur Begründung auf ihre Begründung der Klage im Verfahren 5 K 4444/13, die sie noch vertiefen.
9Die Kläger beantragen,
10die Baugenehmigung der Beklagten vom 19. Dezember 2013 gegenüber der Beigeladenen aufzuheben, soweit sie das Haus J2. . 12e nebst zugeordneter Garage genehmigt.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beigeladene beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie bezieht sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Verfahren 5 K 4444/13.
16Die Eigentümer des Grundstücks Q. . 16 haben ebenfalls Klage gegen die Baugenehmigung für das Haus J2. . 12e erhoben. Außerdem haben die Kläger Klage gegen die Baugenehmigung für das Haus J2. . 12d erhoben (5 K 679/13).
17Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Verfahren 5 K 2997/13, 5 K 4444/13 und 5 K 679/13sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Anfechtungsklage ist nicht begründet.
20Die Kläger werden durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 19. Dezember 2013 nicht in subjektiv öffentlichen Rechten verletzt und haben deshalb keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑.
21Das der Baugenehmigung zugrunde liegende Vorhaben verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Baurechts.
22Soweit es um Vorschriften des Bauplanungsrechts geht, wird unabhängig von dem Umstand, dass insoweit trotz des vorliegenden Vorbescheides wegen der (geringfügigen) Änderungen des Bauvorhabens u. U. eine erneute Prüfung stattzufinden hat, zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil vom gleichen Tag im Verfahren 5 K 4444/13 Bezug genommen. Die dort gemachten Ausführungen gelten hinsichtlich des Hauses J2. . 12e nebst zugeordneter Garage in gleicher Weise für das Baugenehmigungsverfahren. Nachbarrelevante Änderungen bei dem endgültig genehmigten Objekt gegenüber dem Vorhaben, das Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens war, sind nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der auf 9 m verlängerten Garage.
23In bauordnungsrechtlicher Hinsicht sind Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften ebenfalls nicht erkennbar. Namentlich sind die abstandflächenrechtlichen Regelungen des § 6 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ BauO NRW ‑ nicht verletzt, insoweit wurden auch seitens der Kläger keine Einwände erhoben.
24Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt mit Blick auf die genehmigte Garage und deren Zufahrt auch nicht gegen § 51 Abs. 7 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ BauO NRW ‑, der Nachbarschutz vermittelt.
25Nach dieser Bestimmung müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Die Frage, wann die Benutzung von Stellplätzen und Garagen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Vielmehr kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken. Dementsprechend ist von Bedeutung, an welchem Standort die Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls gegenüber den Wohnräumen der betreffenden Nachbarn befindet.
26Vgl. OVG NRW, Urt. v. 21. Oktober 2002 - 7 A 3185/01 -, Beschl. v. 11. März 2003 - 7 B 240/03 -; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23. Dezember 2008 - 5 L 1404/08 -, jeweils zit. nach juris.
27Damit sind die gleichen Fragen angesprochen, die im Bereich der Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme bereits berücksichtigt worden sind. Deshalb kann auch insoweit auf die Ausführungen im Verfahren 5 K 4444/13 verwiesen werden.
28Weitere Verstöße gegen nachbarschützende öffentlich-rechtliche Vorschriften sind nicht gerügt oder sonst erkennbar.
29Die Klage ist deshalb mit der sich aus §§ 154 Abs. 1, 159, 162 Abs. 3 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Es entspricht billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese einen Antrag gestellt und mit diesem obsiegt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.