Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 27.09.2007 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine togoische Staatsangehörige, reiste 1994 ins Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, zu dessen Begründung sie sich im Wesentlichen darauf berief, der Vater ihres Sohnes sei schon 1992 bei Unruhen im Zusammenhang mit einer Demonstration getötet worden, ihre eigener Vater sei am 8.9.1994 wegen seiner UFC Aktivitäten verhaftet worden und seitdem verschwunden und wahrscheinlich ermordet worden, das Haus sei durchsucht worden und sie selbst habe in diesem Zusammenhang eine Vorladung erhalten. Sie habe als seit 1991 aktives UFC Mitglied insbesondere bei Versammlungen zu Frauen gesprochen.
Mit Bescheid vom 29.12.1994 wurde sie als Asylberechtigte anerkannt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs.1 AuslG (a.F.) vorliegen.
Die dagegen vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten erhobene Anfechtungsklage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.12.1996 abgewiesen (A 9 K 10894/94). Das Verwaltungsgericht Karlsruhe kam aufgrund der Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zum Ergebnis, sie sei vorverfolgt aus Togo ausgereist. Ihre Angaben seien glaubhaft. Sie habe regimekritische Propaganda verbreitet und bei Versammlungen der UFC unter anderem mit einem Megaphon und mit gemeinsamen Gesängen unter den Frauen oppositionelle Arbeit geleistet. Außerdem sei sie exilpolitisch aktiv, so dass ihr unter all diesen Aspekten in Togo Verfolgung drohe.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge leitete, nachdem das Landratsamt O. Mitteilung von der anstehenden Einbürgerung der Klägerin gemacht hatte, ein Widerrufsverfahren ein und hörte die Klägerin mit Schreiben vom 19.7.2007 zum beabsichtigten Widerruf ihrer Asylanerkennung und der Feststellung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs.1 AuslG a.F. an und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich mittlerweile die Verhältnisse in Togo zum Besseren gewandelt hätten. Die Klägerin verwies demgegenüber in ihrer Stellungnahme vom 20.9.2007, dass es sich bei den angeblichen bisherigen demokratischen Fortschritten in Togo letztlich nur um Lippenbekenntnisse der Regierung handle und sie nicht hinreichend sicher vor erneuter Verfolgung in Togo sei.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 27.09.2007 widerrief das Bundesamt die Asylanerkennung und die positive Feststellung zu § 51 Abs.1 AuslG a.F. und stellte außerdem fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG nicht vorliegen.
Zur Begründung führte es aus, der Widerruf erfolge nach § 73 Abs.1 S.1 AsylVfG. Aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Togo vom 30.11.2006 ergebe sich, dass UFC Oppositionellen in Togo keine Gefahr mehr drohe. Die Zielperson der damaligen Aktivitäten der Klägerin, nämlich Präsident Eyadema sei 2005 gestorben, seither habe es deutliche Änderungen in Togo gegeben. Nach den Präsidentschaftswahlen im Sommer 2005 sei ein Politiker der oppositionellen CAR im September 2006 Premierminister der Übergangsregierung geworden. Seit Ende 2005 seien keine gezielten Übergriffe auf Oppositionelle in Togo mehr gemeldet worden. Es gebe keine Anhaltspunkte mehr für ein auch nach 13 Jahren seit der Ausreise etwa noch fortbestehendes Verfolgungsinteresse des togoischen Staates an der Klägerin. Auch der UNCHR in seiner Stellungnahme vom 7.8.2005 und das US State Department ind seinem Jahresbericht vom 8.3.2006 zu Togo berichteten von einem Willen der Regierung zur Verbesserung des Menschenrechtsschutzes und einer Stabilisierung der Lage. Die UFC sei die größte Oppositionspartei. Ihre Mitglieder würden nicht mehr verfolgt. Der UFC sei sogar eine Mitarbeit in der Regierung angeboten worden. Selbst der langjährige UFC Vorsitzende Olympio, der sich aus Verfolgungsfurcht jahrelang in Ghana und London aufgehalten habe, sei nach Togo zurückgekommen und habe Versammlungen abgehalten. Von daher sei die Klägerin hinreichend sicher vor Verfolgung in Togo.
Der Bescheid wurde am 1.10.2007 zur Post gegeben. Am 15.10.2007 hat die Klägerin dagegen Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
Mit Beschluss vom 5.6.2008 wurde ihr Prozesskostenhilfe bewilligt.
Die Klägerin wurde im Termin zur mündlichen Verhandlung angehört. Auf die dazu gefertigte Niederschrift wird verwiesen.
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Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang insbesondere ausgeführt, dass in Togo trotz der Wahlen im Oktober 2007 kein wirklicher Regimewechsel stattgefunden habe, sondern vielmehr die RPT Regierung nun ohne jede Oppositionsbeteiligung an der Macht sei, dass nach wie vor der UFC Vorsitzende Olympio an einer Präsidentschaftskandidatur durch die Verfassungsklausel über das Erfordernis eines in den letzten 10 Jahren dauerhaften Wohnsitzes in Togo gehindert werde und dass noch immer UFC Mitglieder ohne Verfahren und Anklage in Haft säßen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 27.9.2007 aufzuheben,
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hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG vorliegen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist auf die Begründung des angegriffenen Widerrufsbescheids.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Asylakte, den Inhalt der Akten der Beklagten (je ein Heft Akten für das Asylerst- bzw. das Widerrufsverfahren) und auf die der Klägerin mit der Ladung zum Termin bzw. im Termin genannten Erkenntnismittel verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten und ist daher aufzuheben (§ 113 Abs.1 S.1 VwGO).
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Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Asylanerkennung und der positiven Feststellung zu den Voraussetzungen des § 51 Abs.1 S.1 AuslG a.F. nach § 73 Abs.1 S.1 AsylVfG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
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Zwischen den Beteiligten steht aufgrund der Bindungswirkung (§ 121 Nr.1 VwGO) des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe fest, dass die Klägerin Togo politisch vorverfolgt verlassen hat. Unter diesen Umständen wäre ein Widerruf nur rechtmäßig, wenn die Klägerin im Falle einer Rückkehr nunmehr hinreichend sicher vor einer Vorverfolgungswiederholung wäre. Das ist sie indessen nicht.
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Unter diesen Umständen gibt es auch keine Rechtsgrundlage für die unter Ziff.3 des angegriffenen Widerrufsbescheids enthaltene Feststellung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG. Denn zu einer solchen Feststellung ist das Bundesamt laut der von ihm im Bescheid zutreffend zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt.v.27.2.1996 - EZAR 240 Nr.6) in Analogie zu den Vorschriften der § 24 Abs.2, 31 Abs.2 S.1, 31 Abs.3 S.1, 32, 39 Abs.2 nur ermächtigt, wenn eine solche Feststellung erforderlich ist, weil andernfalls am Ende des Asylverfahrens offenbliebe, ob und in welcher Weise dem Ausländer Abschiebungsschutz zusteht. Mit der Aufhebung des unter Ziff.1 und 2 verfügten Widerrufs bleibt es aber gerade bei der positiven Anerkennungsentscheidung vom 29.12.1994, wonach die Klägerin Asylberechtigte nach Art.16 a Abs.1 GG ist und den Abschiebungsschutz nach § 51 Abs.1 AuslG a.F. genießt. Von daher ist eine weitere Prüfung und Entscheidung zu den Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG nicht erforderlich. Die insoweit ohne Rechtsgrundlage ergangene negative Feststellung dazu ist daher aufzuheben.
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Da die Klägerin nur hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit ihrer Klage gegen die Widerrufsentscheidung die Verpflichtung der Beklagten zur positiven Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG beantragt hat, ihre Klage gegen die Widerrufsentscheidung aber Erfolg hat, ist über diesen Antrag nicht zu entscheiden.
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Im Einzelnen ergibt sich die Rechtswidrigkeit der unter Ziff.1 und 2 des angegriffenen Bescheids enthaltenen Widerrufsentscheidung aus Folgendem:
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Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, „wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.“ Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (§ 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG).
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Diese Widerrufsregelung gilt gem. § 73 Abs. 2b Satz 1 und Satz 2 AsylVfG auch für Familienangehörige, denen in Anknüpfung an die Asylberechtigung eines stammberechtigten Familienmitglieds gem. § 26 Abs. 1 - 3 AsylVfG bzw. in Anknüpfung an die Flüchtlingseigenschaft eines stammberechtigten Familienmitglieds gem. § 26 Abs. 4 AsylVfG der Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde. Insoweit ist die Asylberechtigung bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu widerrufen, wenn die entsprechende Asylberechtigung bzw. Flüchtlingseigenschaft des Stammberechtigten erlischt, widerrufen oder zurückgenommen wird.
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Mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wird Art. 1C (5) GFK übernommen, der unter den gleichen Voraussetzungen den Verlust der Flüchtlingseigenschaft bei Wegfall der Umstände regelt, die zur Flüchtlingsanerkennung geführt haben. Insoweit wurde § 73 Abs. 1 durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (vom 19.08.2007 - BGBl. 2007, S. 1970) neu gefasst (vgl. Art. 3 Ziff. 46a dieses Gesetzes). In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, grundsätzlich sei die Statusgewährung, nämlich die Anerkennung als Asylberechtigter bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufzuheben, wenn deren Voraussetzungen nachträglich entfallen seien. Das sei insbesondere der Fall, wenn die erforderlichen Tatbestandselemente für eine Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG oder i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylVfG „nicht mehr vorliegen“ (vgl. Bundestagsdrucksache 16/5065 S. 219). Durch die gesetzliche Neuregelung hat sich der Maßstab gegenüber dem bisherigen Recht aber nicht verändert, das ebenfalls schon in Anlehnung an die GFK ausgelegt und angewendet wurde (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 22.10.2007 - A 6 S 740/05 -juris = Asylmagazin 1/08, m.w.N.).
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Was die Flüchtlingseigenschaft angeht, entspricht die Regelung Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1e der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG vom 29.04.2004 - Amtsblatt der Europäischen Union - L 304/12), wonach die Mitgliedsstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, auch wenn er gem. Art. 11 nicht länger Flüchtling ist, also unter anderem wenn er nach Art. 11 Abs. 1e nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (zur Auslegung und Anwendung des Art.11 Abs.1 der Richtlinie hat das Bundesverwaltungsgericht dem EuGH jüngst ein paar Fragen vorgelegt: BVerwG, B. v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - Asylmagazin 5/2008, S. 25, wobei die Begründung bisher noch nicht veröffentlicht wurde).
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Maßgeblich für die Auslegung der GFK und der Qualifikationsrichtlinie sind unter anderem auch die Hinweise und Empfehlungen des UNHCR (vgl. dazu ausführlich VG Köln, Urt. v. 12.10.2007 - 18 K 3468/06.A - Asylmagazin 12/07=juris).
29 
Insoweit hat der UNHCR in seinem Kommentar vom 30.09.2004 zur Qualifikationsrichtlinie zu deren Art. 11 zu der „Wegfall der Umstände“-Klausel ausgeführt, die Änderungen der Umstände müssten „grundlegend und dauerhaft“ sein, und insoweit auch auf seine Stellungnahme vom 10.02.2003 („Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. Art. 1C (5) und (6) der GFK“ - HCR/GEP/03/03) verwiesen. Im Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft vom September 1979 - Neuauflage Dezember 2003 - heißt es dazu unter Ziff. 135, „Umstände“ beziehen sich auf grundlegende Veränderungen in dem Land, aufgrund derer man annehmen kann, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht. Eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmt gewesen sei, aber keine wesentlichen Veränderungen der Umstände i.S.d. Klausel mit sich gebracht habe, reiche nicht aus, um Art. 1C (5) zum Tragen zu bringen. Im Prinzip solle der Status eines Flüchtlings nicht einer häufigen Überprüfung unterworfen werden, da dadurch das Gefühl der Sicherheit, das ihm der internationale Schutz geben solle, beeinträchtigt werde. Im Rahmen einer ausführlichen Untersuchung zu Auslegung und Inhalt des Art. 1C (5) der GFK haben zwei Mitarbeiter des UNHCR zum Wegfall der Umstände im wesentlichen herausgearbeitet, dass hier drei Fallgruppen in Betracht kommen, nämlich die Erreichung der staatlichen Unabhängigkeit des Herkunftsstaates, der erfolgreiche Übergang zur Demokratie oder aber die Beendigung eines Bürgerkrieges (vgl. Salomons/Hruschka, ZAR 2004, 386). Sie haben klargestellt, dass nach der GFK eine dauerhafte und stabile Veränderung vorliegen muss, um die Klausel zur Anwendung bringen zu können. Es muss um grundlegende und dauerhaft stabile Veränderungen gehen und um eine Wiederherstellung des effektiven Schutzes durch den einstigen Verfolgerstaat. Hier muss eine Rückkehr zu Frieden und Stabilität vorliegen, für die unter Umständen spontane freiwillige Rückkehrbewegungen von Flüchtlingen ein Indiz aber nicht notwendig einen ausreichenden Beweis für einen grundlegenden Wandel darstellen können. Auch friedliche Änderungen im Rahmen eines verfassungsmäßigen Verfahrens sowie freie und gerechte Wahlen mit einem echten Wechsel der Regierung, die der Achtung der fundamentalen Menschenrechte verpflichtet ist und das Eintreten relativ politischer und wirtschaftlicher Stabilität im Land können für eine Dauerhaftigkeit und Stabilität der Veränderung sprechen. Insoweit befürwortet der UNHCR jedoch auch in solch scheinbar eindeutigen Fällen das Abwarten einer Warteperiode von 12 bis 18 Monaten, bevor die Klausel des Art. 1C (5) GFK zuverlässig beurteilt werden könne. Für eine Wiederherstellung des Schutzes im Herkunftsland und die für eine Rückkehr eines ehemaligen Flüchtlings in sein Heimatland in Sicherheit und Würde erforderliche physische Sicherheit für Leib und Leben soll dabei der konkrete Schutz grundlegender Menschenrechte im Herkunftsstaat ein wichtiges Indiz dafür sein, ob dem betreffenden Flüchtling nunmehr die Schutzunterstellung in seinem Heimatstaat, der ihn einst verfolgt hat, zumutbar ist. Wichtige Indizien sind insoweit nicht nur die Durchführung freier und gerechter Wahlen, sondern auch die Zulassung unabhängiger nationaler oder internationaler Organisationen zur freien Überprüfung der Einhaltung der Menschenrechte. Eine vorbildliche Beachtung von Menschenrechten ist nicht erforderlich, allerdings müssen bedeutende Verbesserungen vorliegen. Minimalste Voraussetzung dafür ist die Beachtung des Rechts auf Leben und Freiheit sowie des Verbots der Folter. Merkliche Fortschritte beim Aufbau einer unabhängigen Justiz, der Schutz der fundamentalen Grundrechte wie der Meinungs- , Religions- sowie Vereinigungsfreiheit, aber auch Amnestien, die Aufhebung freiheitsraubender Gesetze und der Abbau ehemaliger Geheimdienste können solche Indizien darstellen (siehe im Übrigen ausführlich und mit zahlr. Nachweisen zu diesen Maßstäben des UNHCR - VG Köln, Urt. v. 12.01.2007 - 18 K 3234/06.A -juris = Asylmagazin 5/2007).
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Was den nachträglichen Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen angeht, ist wie beim Erlass des Anerkennungsbescheids eine auf absehbare Zeit ausgerichtete Gefahrenprognose anzustellen (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, Rdnr. 4 zu § 73 AsylVfG m.w.N.). Notwendig ist eine Änderung der Verhältnisse in dem Verfolgerstaat mit der Folge, dass die Anerkennung nunmehr ausgeschlossen ist. Objektive Veränderungen im Verfolgerstaat (friedliche oder gewaltsame Änderungen des Regierungssystems, Regierungswechsel oder Amnestie, Liberalisierung des Strafrechts oder der Strafpraxis) können die Verfolgungsgefahr beseitigen. Allein eine äußerliche Veränderung objektiver Umstände für sich genommen, rechtfertigt allerdings noch keine Korrektur der auf absehbare Zeit auszurichtenden Gefahrenprognose für den Einzelfall. Bei der Prüfung, ob die Anerkennungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen, sind dieselben Grundsätze über die Verfolgungswahrscheinlichkeit anzuwenden wie bei der Erstentscheidung. Zu berücksichtigen ist hinsichtlich der Asylberechtigung auch hier eine bereits erlittene Vorverfolgung mit der Folge, dass ein Widerruf nur bei „hinreichender Sicherheit“ vor einer Wiederholung der Verfolgung erfolgen darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1992 - 9 C 3/92 -, EZAR 214 Nr. 3). Dieser sogenannte herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab bedeutet, dass ein vor erneut einsetzender Verfolgung auch nur ernsthafte Zweifel bestehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980- 1 BvR 147/80 u.a., BVerfGE 54, 341 <360, 361> = NJW 1980, 2641 und BVerwG, Urt. v. 25.9.1984 - 9 C 17/84 -, InfAuslR 1985, 51). Das bedeutet, es genügt, dass eine Verfolgungswiederholung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Ein vorverfolgter Asylbewerber ist also schon dann anzuerkennen, wenn eine Verfolgungswiederholung in gleichem Maße wahrscheinlich wie unwahrscheinlich ist, das heißt jedenfalls im Bereich des Möglichen liegt. Nicht hinreichend sicher in diesem Sinne ist also ein Flüchtling, wenn weder festzustellen noch auszuschließen ist, dass ihm eine Verfolgungswiederholung droht. Insoweit haben nämlich die bereits in der Vergangenheit erfolgten Repressalien eine beachtliche Indizwirkung auch für die Zukunft (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.4.1982 - 9 C 308/81 -, BVerwGE 65, 250 = NVwZ 1983, 160).
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Diesem in der Asylrechtsprechung zu Art. 16a Abs. 1 GG entwickelten Rechtsprechung zum herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab entspricht die Regelung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG), die nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG auch im Rahmen der Feststellung, ob eine Verfolgung i.S.d. GFK nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, anzuwenden ist. Art. 4, Abs. 4 regelt, dass die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, einen ernsthaften Hinweis darauf darstellt, dass seine Verfolgungsfurcht begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Rückausnahme bedeutet, dass dann, wenn sich nach der Ausreise die allgemeinen Verhältnisse geändert haben, die Behörde ernsthafte Anhaltspunkte dafür darlegen muss, dass eine Wiederholungsgefahr entfallen ist. Nur wenn das Bundesamt darlegen kann, dass der Betreffende im Herkunftsstaat vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher ist, entfällt diese Auswirkung der erlittenen bzw. unmittelbar drohenden Vorverfolgung auf den Prognoseansatz. Das ist nur dann der Fall, wenn ernsthafte Bedenken gegen die Furcht vor einer Verfolgungswiederholung ausgeräumt werden können und wenn sich eine Wiederholungsgefahr ohne ernsthafte Zweifel an der Sicherheit des Vorverfolgten für den Fall seiner Rückkehr in das Herkunftsland ausschließen lässt. Umgekehrt liegt diese Voraussetzung nicht vor, wenn Anhaltspunkte vorliegen, welche die Möglichkeit erneut einsetzender Verfolgung als nicht ganz entfernt und unwahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. dazu Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht in der anwaltlichen Praxis, 2007, Rdnr. 467 - 469). In der Sache bestehe also hier eine Übereinstimmung zwischen den asyl- und flüchtlingsrechtlichen Voraussetzungen und Prognoseansätzen (vgl. ausführlich dazu VGH Hessen, Urt. v. 21.02.2008 - 3 UE 191/07.A -, Asylmagazin 4/2008=InfAuslR 2008, 271).
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Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen vermag das Gericht derzeit aufgrund der aktuell vorliegenden Erkenntnismittel nicht festzustellen, dass die Verhältnisse in Togo sich in dem genannten Sinne derart grundlegend, stabil und dauerhaft gewandelt hätten, dass nunmehr vorverfolgt ausgereiste Togoer bzw. solche, die unmittelbar drohender Verfolgung durch ihre Ausreise zuvorgekommen sind, im Falle ihrer Rückkehr nach Togo dort hinreichend sicher vor einer erneuten Verfolgung wären bzw. das nunmehr stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass sie dort erneut von solcher Verfolgung bedroht wären.
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Bei der Beurteilung der geänderten Lage ist nämlich auch zu berücksichtigen, dass ebenso wenig wie ein lediglich gerade erreichter „Stand der Dinge“ innerhalb eines ständig wechselnden Geschehens ohne Weiteres zugunsten eines Asylsuchenden einen objektiven Nachfluchttatbestand begründen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13.05.1993 - 9 C 59/92 - InfAuslR 1993, 354), sich ein bis vor kurzem beachtlich wahrscheinlich gefährdeter Rückkehrer Prozesse und Abläufe innerhalb länger andauernder Entwicklungen gefährdungsmindernd entgegenhalten lassen muss, wenn diese nicht eindeutig eine völlig neue Tendenz zur (positiven) Veränderung des Geschehens anzeigen (so ausdrücklich VG Freiburg, Urt. v. 28.09.2007 -A 1 K 867/06 -, juris, zur Situation im Kongo nach den Wahlen). Insoweit reicht es nicht aus, dass Referenzfälle für Übergriffe nicht mehr vorliegen und dass demokratische Wahlen stattgefunden haben, wenn in dem betreffenden Staat Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Vergangenheit bislang nie eine wirkliche Chance zum Gedeihen hatten, sondern stattdessen dort immer politische Systeme der Korruption und Repression gediehen. Auch eine zeitweise Phase der politischen Stabilisierung als solche genügt nicht, wenn sie nicht auf wirklich grundlegenden Wandlungen des Regimes beruht, sondern unter anderem darauf beruht, dass die Regierung „Imagepflege“ gegenüber dem Ausland betreibt, insbesondere gegenüber den internationalen Gebern, die eine politische Öffnung zur Bedingung für ihre Unterstützung machen (so VG Freiburg, Urt. v. 28.09.2007 - A 1 K 867/06 -, juris, zur Situation im Kongo; zum Erfordernis einer stabilen Lage ebenso VG Köln, Urt. v. 12.01.2007 - A 8 K 3234/06.A - juris = Asylmagazin 5/2007).
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Zwar haben sich die politischen Verhältnisse in Togo seit der brutalen Verfolgung jeglicher oppositioneller Regung im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im April 2005, die mehrere 10.000 Togoer in die Flucht in die Nachbarländer Benin und Ghana trieb, nicht zuletzt auch mit Blick auf die nach Einschätzung aller Beobachter weitgehend friedlich, gewaltfrei und ohne gravierende Mängel abgelaufene Parlamentswahlen im Oktober 2007 zum Besseren gewandelt, so dass heute zumindest keine beachtliche Wahrscheinlichkeit für die Verfolgung einfacher UFC-Mitglieder in Togo mehr besteht. Denn die UFC errang 27 von 81 Sitzen im togoischen Parlament und von einer Verfolgung ihrer Mitglieder ist nichts mehr bekannt geworden (vgl. www.irinnews.org - Berichte vom 30., 18. und 09.10.2007; siehe auch BBC-News vom 18.10.2007 - www.newsworld.bbc.co.uk). Auch hatte sich schon vor den Wahlen die Sicherheitslage in Togo nach Einschätzung des UNHCR stark verbessert, nachdem von den etwa 25.000 ins Ausland geflohenen Togoern der überwiegende Teil ohne Probleme nach Togo zurückgekehrt war (Irinnews, Bericht vom 22.05.2007). Schon für die Zeit von September bis November 2006 lagen keine neuen Informationen über Übergriffe auf UFC-Mitglieder vor (Schweizerische Flüchtlingshilfe -SFH-Lagebericht Update 10.11.2006, S. 3). Auch der Auskunft des österreichischen Roten Kreuzes (Accord) vom 08.02.2008 zur Situation von Mitgliedern und Aktivisten der UFC ist zu entnehmen, dass keine aktuellen Berichte zur Lage von UFC-Mitgliedern und deren gewaltsame Verfolgung oder anderweitige Behinderung mehr vorliegen. Dem Bericht des US-Department of State, Country Report on Human Rights Practices zu Togo vom 11.03.2008 (Berichtszeitraum 2007) ist zu entnehmen, dass es keine Berichte mehr über politisch motiviertes Verschwindenlassen oder willkürliche Verhaftung von Demonstranten gegeben habe und dass Nichtregierungsorganisationen Zugang zu den Gefängnissen gewährt worden sei. Zwischen dem Staatspräsidenten Faure Gnassingbe und dem UFC-Vorsitzenden Gilchrist Olympio fanden schließlich im November Gespräche in Lome statt, wo Olympio zum ersten Mal im Präsidialamt empfangen wurde. Auf der Rangliste zur Pressefreiheit der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ konnte sich Togo auch um 27 Punkte verbessern und vom 67. auf den 49. Platz von weltweit 169 Ländern aufrücken. Schließlich hat die EU ihre Sanktionen gegen Togo aufgehoben und ihre Zusammenarbeit mit Togo am 17.11.2007 wieder aufgenommen und im Rahmen des 10. Europäischen Entwicklungsfonds (2008 bis 2016) dem Land 123 Mio. EUR an Hilfsleistungen angekündigt, und auch die Restmittel aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfonds in Höhe von 40 Mio. EUR freigegeben (vgl. dazu Hanns-Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, November 2007).
35 
Auch die Entwicklungsorganisation der UN, die UNDP, sowie die Weltbank haben jeweils ihre bilateralen Beziehungen zu Togo im Anschluss an die Wahlen wieder aufgenommen und Hilfeleistung für das wirtschaftlich bedrängte Land angekündigt (Hanns-Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, Februar 2008). Schließlich kam es in größerem Umfang zu einer freiwilligen Rückführung von togoischen Flüchtlingen aus Ghana (UNHCR, Meldung vom 27.09.2007). Der 13. Januar, der Tag der Ermordung von Silvanos Olympio, dem ersten Staatspräsidenten des Landes, wurde zum Tag der nationalen Versöhnung erklärt und in diesem Jahr weniger aufwändig als bisher begangen (Hanns-Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo 2008).
36 
Außerdem haben togoische Regierungsvertreter einen landesweiten Konsultationsprozess hinsichtlich der Schaffung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission in Gang gesetzt, die der Heilung der Wunden dienen soll, die die politische Gewalt im Jahr 2005 in Togo geschlagen hat und in deren Folge etwa 500 Menschen getötet wurden und mehrere 10.000 in die Nachbarländer in die Flucht getrieben wurden (Afrol News, Bericht vom 17.04.2008 - www.afrol.com/printable_article/28637). Der Bericht des Auswärtigen Amts (Lagebericht zu Togo - Stand Dezember 2007 -) vom 29.01.2008 spricht zudem davon, dass gezielte Übergriffe staatlicher Organe und regierungsnaher sonstiger Gruppen auf Oppositionelle seit dem Beginn des nationalen Dialogs im August 2006 nicht mehr gemeldet worden seien. Oppositionsparteien, Medien, Gruppierungen der Zivilgesellschaft sowie Kirchen könnten frei agieren. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge sei nach Togo zurückgekehrt. Die von der EU im November 2004 als Bedingung für eine Wiederaufnahme der Hilfe an Togo geforderten 22 Verpflichtungen seien überwiegend umgesetzt worden. Die Oppositionsparteien agierten frei, Printmedien behandelten unbehelligt alle politischen Fragen, auch die Person des Präsidenten. Gezielte Übergriffe gegen Oppositionspolitiker und Journalisten seien 2006 und 2007 nicht bekannt geworden. Polizeifunktionen wahrnehmende Armeeeinheiten träten im Gegensatz zu früher nicht mehr in Erscheinung. Menschenrechtsorganisationen könnten sich ungehindert betätigen. Im Juli 2006 sei mit dem Kommissar für Menschenrechte der UN in Genf ein Abkommen über die Einrichtung eines Büros in Lome abgeschlossen worden, das mittlerweile über weitreichende Kompetenzen, Aktions- und Informationsmöglichkeiten verfüge, weshalb die Leiterin des Büros sich äußerst zufrieden geäußert habe. Seit Beginn des politischen Dialogs seien keine Vorfälle einer Verfolgung missliebiger politischer Gegner mehr bekannt geworden.
37 
Auch wenn dies durchaus positive Anzeichen für einen Wandel in Togo darstellen, insbesondere wenn man die vor noch drei Jahren brutalen Repressionshandlungen des Regimes gegenüber der Opposition in Rechnung stellt, erscheint es doch nach den oben genannten Maßstäben und Grundsätzen verfrüht, nunmehr eine hinreichende Sicherheit vor Verfolgungswiederholung zu vorverfolgt ausgereiste Oppositionelle aus Togo anzunehmen. Denn all die genannten Punkte stellen noch nicht wirklich stichhaltige Belege dafür dar, dass eine Verfolgungsgefahr sich nun mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausschließen ließe und dass keine ernsthaften Zweifel mehr am Fehlen einer solchen Verfolgungsgefahr begründet wären. Vielmehr gibt es nach wie vor genügend Anhaltspunkte dafür, die daran zweifeln lassen, dass schon jetzt das Regime in Togo einen derart grundlegenden demokratischen und menschenrechtlichen Wandel durchlaufen hat, dass es einem vorverfolgt ausgereisten oppositionellen Togoer zumutbar wäre, sich ohne auch nur ein entferntes Risiko nunmehr unter den Schutz des einstigen Verfolgerstaats zu stellen und dorthin zurückzukehren.
38 
Im Einzelnen ergibt sich dies zur Überzeugung des Gerichts aus folgenden Umständen:
39 
Das Auswärtige Amt stellt in seinem Lagebericht vom 29.01.2008 zu Togo zwar fest, die Wahlen seien trotz organisatorischer Mängel international anerkannt worden, die Präsidentenpartei RPT habe die absolute Mehrheit errungen und der Oppositionspartei UFC sei eine Regierungsbeteiligung angeboten worden. Es stellt aber im gleichen Bericht auch fest, dass die Institution des Staates Justiz, Ordnungskräfte und Militär wie auch die politischen Parteien „nach wie vor schwach und demokratisch unerfahren“ sind, so dass „von einer Konsolidierung Togos noch keine Rede“ sein könne (a.a.O., S. 4).
40 
Eine ganze Reihe von Auskünften und Erkenntnisquellen, die im Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 29.01.2008 keinen Niederschlag gefunden haben, belegen zudem Umstände, die das oben gezeichnete positive Bild der Entwicklung in Togo ernstlich in Frage zu stellen vermögen.
41 
Zum einen ist festzustellen, dass ein wirklicher Regierungswechsel auch aufgrund der Wahlen vom Oktober 2007 nicht stattgefunden hat. Nach wie vor ist die schon seit Jahrzehnten das Land diktatorisch regierende Regierungspartei RPT an der Macht. Insbesondere seitdem der Politiker Agboyibo von der oppositionellen Partei CAR, der während der Übergangszeit bis zu diesen Wahlen als Premierminister eingesetzt war, im November 2007 sein Amt mit der Begründung niedergelegt hat, er habe nun seine Aufgabe erfüllt, die Übergangsregierung geführt und freie Wahlen organisiert, befinden sich nunmehr alle Regierungsposten in der Hand der RPT (vgl. zum Rücktritt Agboyibos Afrol News vom 13.11.2007 - www.afrol.com/printable_article/27209; darauf, dass auch der jetzige Premierminister Komlan Mally der RPT angehört und die RPT nun sämtliche wichtige Amtsträger im Staat stellt, während vor den Wahlen immerhin der Premierminister noch von der Oppositionspartei CAR kam, weist auch der Monatsbericht der Hanns Seidel-Stiftung für Togo vom November 2007 hin). Die Regierungspartei RPT sieht nach den Wahlen offenbar auch keinen Anlass mehr mit der UFC zu kooperieren. Der Generalsekretär der Regierungspartei RPT hat im Anschluss an die Wahlen gegenüber einem französischen Radiosender vielmehr prophylaktisch dargestellt, dass jetzt der Beweis erbracht sei, dass die RPT „noch nie Wahlen gefälscht habe“ und „seit jeher Opfer falscher Unterstellungen“ gewesen sei (Hanns Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, November 2007). Auch eine solche Einstellung zeigt, dass hier wohl kein grundlegendes Umdenken stattgefunden hat. Nach wie vor sind auch die Verantwortlichen für die Massaker an der Opposition im Sommer 2005, die im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen stattfanden, im Amt. Die alten Seilschaften existieren fort (siehe z. B. Irinnews, Attacpame, 01.06.2005 zu den menschenrechtswidrigen Aktionen des „Eyadema von Attacpame“ eines Neffen des früheren Diktators; siehe ferner Irinnews, Lome 21.06.2005 zur Ernennung von Kpatcha Gnassingbe, des älteren Bruders des jetzigen Präsidenten, zum Verteidigungsminister, der schon immer beste Verbindungen zu dem an den Menschenrechtsverletzungen maßgeblich beteiligten togoischen Militär hatte und zur Ernennung von Oberst Pitaluuna Ani Laokpessi, einem früheren Kommandeur der paramilitärischen Polizei zum Sicherheitsminister, der häufig der Folterung von Oppositionellen beschuldigt worden war). Auf diese personelle Kontinuität hat schon seinerzeit die Opposition hingewiesen (siehe UNHCR, Update vom 07.08.2006). Der Minister für Sicherheit und Zivilschutz ist im Übrigen nach wie vor ein Oberst (Atcha Titikpena). Von den 22 Mitgliedern des Regierungskabinetts ist keines Mitglied der UFC und die meisten Ministerposten werden von den gleichen Ministern bekleidet wie zuvor. Manche haben nur die Zuständigkeit ihres Ministeriums verändert (vgl. dazu die Meldung der UFC vom 14.12.2007 -www.ufctogo.com/emprimer.php3?ed_article=1853).
42 
Dass die zur Stärkung der Polizeikräfte gegenüber dem Militär vorgenommene Rekrutierung von 615 Polizeianwärtern abweichend von der bisherigen Rekrutierungspraxis, nun etwa nicht mehr vorzugsweise dem Stamm der Kabye, der Heimatethnie des verstorbenen Präsidenten Eyadema, angehörten, ist dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes. Der Bericht des US-State-Departments zu Togo vom 11.03.2008 für den Berichtszeitraum 2007 stellt vielmehr fest, dass die Mitglieder der südlichen ethnischen Gruppierungen sowohl in der Regierung als auch im Militär nach wie vor unterrepräsentiert seien. Im gleichen Bericht wird zudem für den 21.08.2007 ein Vorfall geschildert, bei dem neu rekrutierte Polizeiagenten willkürlich Zivilisten in einem Bezirk von Lome zusammengeschlagen hätten. Die Polizei wird in diesem Bericht als nach wie vor generell ineffektiv und korrupt geschildert und außerdem wird festgestellt, dass die Kabye, obwohl sie nur 15 % der Bevölkerung ausmachen, 75 % der Armeeoffiziere und Soldaten stellen. Der Sonderberichterstatter der UN zur Folter bemerkt in seinem Bericht vom 06.01.2008 an den Menschenrechtsrat (A/HRC/7/3Add.5) über seine Besuchsmission in Togo in der Zeit vom 10. bis 17.04.2007 (dort Ziff. 75 und 76), dass das Militär bei Demonstrationen aber auch bei der Organisation und Durchführung der Wahlen nach wie vor entgegen seinem klaren Auftrag eingesetzt wird und insoweit Polizeiaufgaben wahrnimmt und dass es keine klare Abgrenzung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen den verschiedenen Teilen der Sicherheitsbehörden gibt, sondern vielmehr die Grenzen zwischen Militär und Polizei von der Terminologie nach aber auch ihrer Ausbildung nach fließend sind. Im Jahresbericht von amnesty international 2008 (Annual Report 2008 zu Togo - http://thereport.amnesty.org/eng/regions/africa/togo) wird schließlich erwähnt, dass im Februar 2007 das togoische Parlament zwar ein Gesetz über den Status der togoischen Streitkräfte verabschiedet hat, das die Gesetzmäßigkeit des Handelns der Armee und ihre nichtpolitische Rolle sicherstellen soll, das aber in keiner Weise die Verantwortlichkeit von Sicherheitskräften regelt, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.
43 
Dass nach wie vor Straflosigkeit herrscht, ergibt sich aus dem Bericht des US-State-Departments zu Togo vom 11.03.2008 zum Berichtszeitraum 2007 und insbesondere auch aus dem genannten Bericht des Sonderberichterstatters der UN zur Folter (dort Ziff. 94 und 114 - 115), der insbesondere empfiehlt, dass die togoische Justiz alle Menschenrechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2005 begangen wurde, verfolgen und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen sollte.
44 
Die seinerzeit für die brutale Verfolgung der Opposition und die Ermordung zahlreicher Oppositionsmitglieder Verantwortlichen sind aber bisher in keinem einzigen Fall vor Gericht gestellt worden. Trotz offizieller Zusicherung, der Straflosigkeit ein Ende zu setzen, waren keine Fortschritte bei der strafrechtlichen Verfolgung früherer Menschenrechtsverstöße zu erkennen. Das gilt unter anderem für den Überfall auf den Journalisten und Menschenrechtsverteidiger Dimas Dzikodo, der Anzeige gegen Unbekannt erstattet hatte, nachdem er im Oktober 2005 auf dem Heimweg von der Arbeit tätlich angegriffen worden war. Im Gegenteil, im März 2006 erklärte der damalige Ministerpräsident Edem Kodjo, er habe Polizei und Justiz angewiesen, sämtliche Anklagen gegen die mutmaßlich Verantwortlichen für Übergriffe zurückzuziehen, die in direktem Zusammenhang mit den Wahlen verübt worden seien, das gelte nur nicht für des Mordes verdächtigte Personen (amnesty international, Jahresbericht 2007 für den Berichtszeitraum 01.01. bis 31.12.2006 und auch amnesty international, Annual Report 2008 zu Togo - http://thereport.amnesty.org/eng/regions/africa/togo, wonach es keinerlei Fortschritte auch hinsichtlich einer kollektiven von mehr als hundert Menschenrechtsverletzungsopfern eingereichten Beschwerde und Anzeige gegeben habe; siehe auch ai-Togo „Ich will wissen, warum man meinen Sohn getötet hat“ - 18.01.2007 - Index ai-AFR 57/001/2007 mit zahlr. Beispielen für die Missachtung des Interesses der Hinterbliebenen an Aufklärung).
45 
Dem Bericht des Sonderberichterstatters zur Folter, also eines hochrangigen Menschenrechtsvertreters der Vereinten Nationen, über seinen Besuch im April 2007, der im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom Januar 2008 - zum Stichpunkt Folter auf Seite 10 - mit keinem Wort Erwähnung findet, ist auch zu entnehmen, dass nach wie vor ganz gravierende Foltervorwürfe bekannt geworden und Fälle von Folter durch togoische Sicherheitskräfte gegenüber inhaftierten Straftatverdächtigen oder Straftätern an der Tagesordnung sind (siehe den erwähnten Bericht dort Ziff. 82 ff. und 93 ff. sowie den Apendix mit zahlreichen Beispielsfällen). Auch wenn dies nicht notwendig inhaftierte Oppositionelle betreffen mag, ist doch eine weit verbreitete Folterpraxis bei Polizei und Sicherheitsbehörden, wie sie offenbar unverändert in Togo fortbesteht, kein Indiz für einen grundlegenden Regimewandel, der es einem seinerzeit vor diesen Sicherheitskräften vorverfolgt ausgereisten Togoer zumutbar machen würde, sich erneut dem Schutz dieses Staates zu unterstellen.
46 
Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass nach den beiden erwähnten Jahresberichten von amnesty international nach wie vor auch im Jahr 2007 mehrere im Jahr 2005 festgenommene Oppositionelle und auch vermeintliche Kritiker der Regierung noch immer im Zentralgefängnis von Lome einsitzen und zumeist in den ersten Tagen ihrer Haft misshandelt und gefoltert worden sind. So sitzen im amnesty-international-Jahresbericht 2007 namentlich genannte UFC-Mitglieder unter dem Vorwurf krimineller Handlungen ohne weitere Ermittlungen und Strafverfahren nach wie vor im Zentralgefängnis von Lome. Im Bericht des US-State Departments zu Togo zum Berichtszeitraum 2007 wird im Übrigen auch erwähnt, dass zwei andere namentlich genannte Oppositionsmitglieder (einer von der UFC und einer von der Alliance of Patriots for Unity and Action) ohne Urteil und Verfahren in Haft sitzen und dass auch einige Personen, die im Zuge der Ausschreitungen im Jahr 2005 gegenüber der Opposition festgenommen wurden, noch immer in einem Gefängnis in der Nähe von Kara festgehalten werden, zu dem die Regierung, welche die Existenz politischer Gefangener ohnehin verneint, bislang keiner Organisation den Zutritt gewährt hat. Der UN-Sonderberichterstatter zur Folter (siehe den erwähnten Bericht dort Ziff. 5) erwähnt in diesem Zusammenhang, dass er zwar in Kara das Gefängnis und das Militärlager der Fallschirmjäger der togoischen Armee besichtigen konnte, dass ihm aber anfänglich der Zutritt zu deren Hafteinrichtungen untersagt wurde und dass Angehörige seines Untersuchungsteams massiv von Soldaten bedroht wurden.
47 
Schließlich kam es auch im Zusammenhang mit den Wahlvorbereitungen zu Behinderungen der Oppositionsparteien einschließlich der UFC, der ADDI und der UDS am 03.08.2007, deren Straßendemonstrationen verboten wurden mit der Begründung, sie behinderten die Wahlen. Am 20.10.2007 löste das Militär mit Tränengas eine Versammlung von UFC-Aktivisten auf, die ein CENI-Büro besetzen wollten. Dabei wurden die Demonstranten brutal geschlagen und beleidigt und nach UFC-Angaben wurden 10 Personen verletzt und 25 verhaftet (siehe US-State Department, Country Report Togo 2007 v. 11.3.2008, section 2 b und UFC, Meldung v. 22.10.2007, - www.ufctogo.com/imprimer.php3?id_article=1836). Auch der Monatsbericht der Hanns-Seidel-Stiftung vom Oktober 2007 zu Togo berichtet davon, dass die UFC von massivem Wahlbetrug ausging und das Ergebnis angefochten habe und dass die blutige Zerschlagung eines Protestmarsches der UFC in Lome und die Unklarheiten bei der Stimmenauszählung nicht zur Annäherung der Parteien beigetragen habe.
48 
Was die Unterbindung solcher Übergriffe angeht, wäre deren nachhaltige Ahndung und die Beendigung der Straflosigkeit hinsichtlich vergangener, gegenüber den Oppositionellen begangener Menschenrechtsverletzungen ein erster wichtiger Schritt für einen nachhaltigen Wandel, den das Regime aber bisher offenbar noch nicht gegangen ist. Statt klare strafrechtliche Sanktionen gegenüber den Verantwortlichen zu ergreifen und damit ein nachhaltiges Signal auch für die Zukunft und für die betroffenen Oppositionellen und deren Sicherheitsempfinden zu setzen, hat das Regime bislang nur anderweitige, für sich genommen untaugliche rein formale Schritte zu einer Versöhnung unternommen, die eine Strafverfolgung von Menschenrechtsverletzungen nicht ersetzen können. So hat es den 13. Januar, den Tag der Ermordung von Silvanos Olympio, dem ersten Staatspräsidenten des Landes, zwar zum nationalen Versöhnungstag erklärt, woraufhin der Sohn des Ermordeten, der UFC-Präsident Gilchrist Olympio, in einem Interview mit einem lokalen Radiosender die Streichung dieses Feiertags forderte und gleichzeitig statt dessen eine gerichtliche Untersuchung der Hintergründe dieser Tat verlangte (Hanns Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, Januar 2008). In die gleiche Richtung geht die zwar auf Anregung des UN-Flüchtlingskommissariats erfolgte, aber letztlich nur der Verbesserung der soziopolitischen Atmosphäre dienende beabsichtigte Einrichtung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission, die derzeit von der Regierung vorbereitet und diskutiert wird (vgl. Afrol-News vom 17.04.2008 - www.afrol.com/printable_article/28637); auch was die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen angeht, traf sich zwar die Regierung mit einigen nationalen Nichtregierungsorganisationen, die die Menschenrechtslage beobachten, ergriff aber aufgrund ihrer Einzelfallbeschwerden keine Maßnahmen, diese abzustellen. Auch die dauerhafte Nationale Menschenrechtskommission, die von der togoischen Regierung am 31.01.2007 mit 17 Mitgliedern vereidigt wurde und dem Parlament dient, spielte keine nennenswerte Rolle und war nicht unabhängig von der Regierung. Der UN-Sonderberichterstatter zur Folter wurde zwar ins Land gelassen, ebenso wie andere Organisationen, z. B. das Rote Kreuz. Zum Teil wurde er aber bei der Arbeit behindert und seine Delegation massiv bedroht und beleidigt. Auch amnesty international konnte im Juli 2006 zwar mit einer Delegation das Land betreten, um die Vorfälle im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen 2005 zu untersuchen, auf Bitten der Regierung wurde der Bericht von amnesty international aber, dessen Veröffentlichung für November 2006 vorgesehen war, aufgeschoben und im Dezember 2006 beschuldigte die Regierung amnesty international, eine sinnlose und überflüssige Kontroverse zu provozieren (zu den letztgenannten Punkten US-State Department, Bericht zu Togo, Berichtszeitraum 2007; zu der Ankündigung des neuen Premierministers Mally, vom 17.12.2007, er werde eine Kommission zur Untersuchung der vergangenen Vorfälle ethnischer Gewalt einsetzen, siehe auch den UK-Home-Office-Länderreport Togo vom 05.02.2008, dort Seite 8 unter Verweis auf einen Bericht des britischen Außenministeriums Foreign & Commonwealth-Office vom 08.01.2008).
49 
Schließlich mag es zwar auch im Bereich der Pressefreiheit Fortschritte gegeben haben, gleichwohl sind auch hier nach wie vor Missstände feststellbar. Nach dem amnesty international-Jahresbericht 2008 vom 28.05.2008 übt die Oberste Behörde für Audiovisuelle Kommunikation (HAAC) nach wie vor Druck auf unabhängige Medien und Journalisten aus. Im Januar 2007 wurde eine private Radiostation, Radio Victoire, für 15 Tage wegen behaupteten unprofessionellen Verhaltens geschlossen. Grund dafür war, dass sich die Leitung der Radiostationen geweigert hatte, einen Journalisten zu entlassen, der kritisch über den Togoischen Fußballbund berichten wollte. Die Regierung habe sich mehrfach mit restrektiven Maßnahmen in die Sendungen und die Arbeit von Radiostationen eingemischt, so dass die Journalisten und Radio- und Fernsehsender weitgehend Selbstzensur übten. Politische Kommentar- und Regierungskritik habe es deswegen in den Radiosendern weniger gegeben, als in den Printmedien. Der Direktor der Radiostation Radio Lumiere, der das Land im Jahr 2005 fluchtartig verlassen hatte, nachdem das Militär im Jahr 2005 die Sendeausrüstung des Radios beschlagnahmt hatte, war auch im Jahr 2007 immer noch im selbst gewählten Exil. Die Radiostation blieb geschlossen. Trotz Versprechungen führte die Regierung auch keine Untersuchung eines Vorfalls aus dem Jahre 2005 durch, bei dem maskierte Männer einen der kritischsten Journalisten und Herausgeber der unabhängigen Zeitung Forum zusammengeschlagen hatten. Die offiziell unabhängige Medienaufsichtsbehörde (HAAC) agierte weiterhin als ein Arm der Regierung. Am 09.01.2007 schloss sie das Radio Victoire und am 28.02.2007 das Radio Nana FM, weil dort ein Journalist den Minister für Territorialverwaltung kritisiert hatte. Am 13.06.2007 schloss die Medienaufsichtsbehörde zeitweilig drei Zeitungen wegen der Weigerung, ein Recht der Klarstellung zu beachten (siehe zu alldem US State-Department, Country Report Togo 2007 v. 11.3.2008).
50 
Dass der UNHCR mittlerweile einen großen Teil der in die Nachbarländer Benin und Ghana geflohenen Togoer im Zuge einer freiwilligen Rückführungskampagne zurückgeführt hat (vgl. zuletzt Meldung des UNHCR vom 27.09.2007 - www.unhcr.org/ cgi-bin/texis/vtx/print?tbl=NEWS&id=46fbd2c32) besagt noch nicht, dass nunmehr von einem wirklichen nachhaltigen und grundlegenden Wandel der Situation ausgegangen werden könne. Dem Bericht des UNHCR vom 27.09.2007 ist vielmehr zu entnehmen, dass der Vertreter des UNHCR vor Ort in Ghana bei einer Abschiedszeremonie für die freiwillige Repatriierung von weiteren 176 togoischen Flüchtlingen selbst erwähnt hat, dass Togo sich „noch immer in einem Prozess der politischen Reform“ befinde, dass diese Togoer aber gleichwohl entschieden hätten, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren und dafür die Unterstützung des UNHCR erhielten. Dem Bericht ist ferner zu entnehmen, dass der UNHCR etwa 13.300 in Ghana und Benin verbliebenen togoischen Flüchtlinge noch immer Hilfe leistet. Von einer voll umfänglichen Repatriierung kann also keine Rede sein. Ganz abgesehen davon kann eine „freiwillige“ Rückkehr, für die es viele Gründe geben mag, zwar ein Indiz, aber kein sicherer Nachweis dafür sein, dass nun von einem Wegfall der Umstände ausgegangen werden müsste, die zur Verfolgung geführt haben (Art. 1 C Nr. 5 GFK).
51 
Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwar zahlreiche Geberländer, die Weltbank und das UNDP-Hilfswerk sowie insbesondere die EU nach Durchführung der Wahlen im Herbst 2007 zwar ihre bislang zurückgehaltene und eingefrorene Hilfe an Togo wieder aufgenommen haben, um so den Reformprozess zu unterstützen, dass aber auch die Geberländer selbst nach wie vor davon ausgehen, dass noch längst nicht alle 22 Punkte des Katalogs erfüllt sind, der seinerzeit mit der togoischen Regierung als Bedingung für weitere Hilfe vereinbart worden war. So berichtet Afrol News unter dem 14.11.2007, dass das erste Hilfspaket der EU im Umfang von 8 Mio. EUR dazu benutzt werden soll, die Konsolidierung transparenter politischer wirtschaftlicher Regierungsführung und die Stärkung der Demokratie voranzubringen (www.afrol.com/printable_article/27227). Auch der Bericht des Sonderberichterstatters zur Folter vom 06.01.2008 begrüßt zwar das Engagement der togoischen Regierung, die 22 Punkte, die sie mit der Europäischen Union vereinbart hat, zu respektieren, fordert aber die EU ausdrücklich auf, auf eine vollständige Umsetzung all dieser Selbstverpflichtungen zu drängen (Ziff. 117 des Berichts). Vor diesem Hintergrund hat auch der deutsche Außenminister Steinmeier bei seinem Besuch in Togo am 11.02.2008 den erklärten Willen der Regierung begrüßt, die begonnenen Reformen weiter zu führen, allerdings auch betont, dass die Bereitschaft, diesen Prozess weiter zu fördern, unter der Voraussetzung der Umsetzung des politischen Abkommens vom August 2006 sowie der Weiterführung des innertogoischen politischen Dialogs stehe. Daraus ist zu entnehmen, dass auch die Bundesregierung selbst noch nicht von einer vollständigen Umsetzung dieser Selbstverpflichtung ausgeht. Auch der Vertreter der Europäischen Union in Togo, der am 29.11.2007 dem togoischen Staatspräsidenten die offizielle Mitteilung über die volle und uneingeschränkte Wiederaufnahme der gegenseitigen Beziehungen übermittelte, äußerte gleichzeitig den Wunsch der EU nach Weiterführung der im politischen Abkommen vom 20.08.2006 vorgesehenen Reformen, insbesondere der Durchführung von Gemeindewahlen sowie der Bekämpfung von Straflosigkeit (vgl. Hanns Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo 2007).
52 
Unter all diesen Umständen bedarf es noch einer weiteren Phase der Konsolidierung und grundlegenden Reformen, bevor von einem Wegfall der Umstände im Sinne der oben benannten Vorschriften die Rede sein kann.
53 
Es mag zwar sein, dass zurückkehrenden Oppositionellen, die vor vielen Jahren aus Togo politisch verfolgt geflohen sind, derzeit unter den aktuellen Umständen dort keine direkte politische Verfolgung mehr drohen würde, mit hinreichender Sicherheit auszuschließen wäre eine Verfolgungswiederholung angesichts der genannten Hintergründe in absehbarer Zeit aber erst dann, wenn sich in den genannten Punkten weitere möglich durchgehende Reformschritte der Regierung aufzeigen lassen, die zu einem möglichen Ende der Straflosigkeit, zu einer vollständigen Herstellung der Meinungsfreiheit, zu einem grundlegenden Strukturwandel der Sicherheits- und Ordnungskräfte und vor allem auch zu einer Freilassung noch inhaftierter UFC-Oppositioneller und zu einer deutlichen Verbesserung der Lage im Hinblick auf Folterpraxis und Haftbedingungen genereller Art in Togo aufzeigen ließe. Daran fehlt es jedenfalls derzeit. Es mag sein, dass sich im Verlauf weiterer Jahre hier signifikante Verbesserungen ergeben können, wenn die Regierung insbesondere die nun von allen Gebern angekündigten Entwicklungshilfe tatsächlich sinnvoll in Reformen umsetzt, die über Lippenbekenntnisse hinausgehen, und wenn nicht nach Auszahlung der ersten großen Teile von Entwicklungshilfezahlungen ihr Interesse an Kooperation mit den Geberländern dann wieder erlischt (vgl. etwa zu der nach ihrer vorläufigen Aufnahme in die EU drastisch reduzierten Reformwilligkeit der Staaten Bulgarien und Rumänien im Bereich der Rechtsstaatsreformen die erhellende Analyse in der britischen Zeitschrift: The Economist, Ausgabe für die Woche v. 31.5. - 6.6.2008: „ Trust me - The theory and practice of the rule of law“). Insofern mag es aber durchaus auch so kommen, dass die korrupten Machteliten, die in Togo nach wie vor die Regierungsgewalt inne haben, sich zunächst weitgehend an den frisch fließenden Gebergeldern bereichern, dass sich die sozialen und politischen Missstände im Land, die insbesondere die Oppositionsparteien seit langem beklagt haben, nicht verbessern und dass es erneut, sollte die derzeit durch den Wahlmisserfolg noch beeinträchtigte UFC als größte Oppositionspartei hier keine Änderung feststellen können, wiederum politische Konflikte zwischen dem von ihr vertretenen Teil der Bevölkerung und der togoischen Regierung entstehen, die zu erneuten Repressionen führen können. Dass die togoische Regierung unter Präsident Gnassingbe auch ungeachtet der Drucks der internationalen Gemeinschaft und der Geberländer je nachdem wie es ihr opportun erscheint, aus innenpolitischen Gründen auch auf jedes Wohlverhalten verzichten kann, hat sie jedenfalls eindrucksvoll bewiesen, als sie nach internationalen Protesten gegen die faktische Einsetzung Gnassingbes als Staatspräsident im Wege der Beerbung des Präsidentenamts seines verstorbenen Vaters Eyadema zwar auf internationalen Druck hin im April 2005 eine Präsidentschaftswahl durchführte, in diesem Zusammenhang dann aber ein Massaker unter der Opposition mit ca.500 Toten und 40.000 in die Flucht geschlagenen Menschen veranstaltete, um den wunschgemäßen Ausgang der Wahl sicherzustellen.
54 
In Teilen der Rechtsprechung wurden Widerrufsentscheidungen zu Togo deshalb in diesem Sinne mit der Begründung aufgehoben, die Lage in Togo erfordere erst noch einen längeren Beobachtungszeitraum bevor von einer hinreichenden Rückkehrsicherheit vorverfolgter Togoer ausgegangen werden könne (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 20.11.2007 - 5 A 209/07 - und im Anschluss daran VG Neustadt a.d.W., Urt. v. 27.03.2008 - 2 K 1329/07.MW -; a.A. aber , nämlich für eine hinreichende Sicherheit trotz vorverfolgter Ausreise allein mit Blick auf die Wahlen und die Wiederaufnahme der an demokratische Fortschritte geknüpften EU-Hilfe VG Oldenburg, Urt. v. 19.11.2007 - 7 A 3486/04 - und VG Osnabrück, Urt. v. 25.03.2008 - 5 A 23/08 - [allerdings hier für den Fall einer unverfolgten Ausreise]; für eine fehlende beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung im Hinblick auf die im Lagebericht des Auswärtigen Amts von 2008 zu Togo bezüglich unverfolgt seinerzeit ausgereister Togoer: VG Minden, Urt. v. 11.03.2008 - 10 K 208/08.A -und VG Düsseldorf, Urt. v. 12.12.2007 - 12 K 4367/07.A - unter Bezug auf die Wahlen im Oktober 2007 sowie VG München, Urt. v. 13.03.2008 - M 25 K 07.50909 - unter Berufung auf den aktuellen Jahresbericht des AA 2008 und das Fehlen weiterer Verfolgungsfälle; ebenso VG Gelsenkirchen, Urt. v. 09.01.2008 - 10a K 2487/02.A - unter Hinweis auf die Wahlen und die wieder hergestellte Presse- und Meinungsfreiheit. Für eine fehlende beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung für Oppositionelle bei unverfolgter Ausreise auch schon OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.01.2007 - 4 L 381/04).
55 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen kann für die Klägerin nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sie im Falle ihrer Rückkehr nach Togo dort in absehbarer Zeit erneut Opfer politischer Verfolgungsmaßnahmen würde. Beachtlich wahrscheinlich ist eine solche Verfolgung zwar nicht, da sie schon vor mehr als 13 Jahren aus Togo ausgereist ist und sich heute infolge ihrer Vollerwerbstätigkeit und wegen ihrer drei Kinder auch nicht mehr exilpolitisch betätigt. Gleichwohl ist schon durch ihr engagiertes, wortgewandtes und energische Auftreten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und durch ihre dabei zu Tage getretene detaillierte Kenntnis der innenpolitischen aktuellen Probleme Togos deutlich geworden, dass sie zu den Personen zählt, die sich schon früher vor der Ausreise den Mund nicht verbieten ließen und nach vielen Jahren eines Lebens in einer freiheitlich demokratischen Rechtsordnung erst recht nicht nach einer Rückkehr verbieten lassen würden. Von daher lässt sich jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Klägerin im Falle erneut auftretender innenpolitischer Spannungen zwischen der RPT Regierung und der oppositionellen UFC wieder in das Visier der togoischen Sicherheitskräfte geraten und Verfolgung zu befürchten hätte. Das gilt vor allem, weil sich das Regime nach dem oben gesagten nicht wirklich stabil und dauerhaft grundlegend gewandelt hat, auch wenn es aktuell unter einem gewissen Druck bis zu den Wahlen im Oktober 2007 wohl keine UFC Anhänger mehr verfolgt hat.
56 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs.1, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
18 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten und ist daher aufzuheben (§ 113 Abs.1 S.1 VwGO).
19 
Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Asylanerkennung und der positiven Feststellung zu den Voraussetzungen des § 51 Abs.1 S.1 AuslG a.F. nach § 73 Abs.1 S.1 AsylVfG sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
20 
Zwischen den Beteiligten steht aufgrund der Bindungswirkung (§ 121 Nr.1 VwGO) des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe fest, dass die Klägerin Togo politisch vorverfolgt verlassen hat. Unter diesen Umständen wäre ein Widerruf nur rechtmäßig, wenn die Klägerin im Falle einer Rückkehr nunmehr hinreichend sicher vor einer Vorverfolgungswiederholung wäre. Das ist sie indessen nicht.
21 
Unter diesen Umständen gibt es auch keine Rechtsgrundlage für die unter Ziff.3 des angegriffenen Widerrufsbescheids enthaltene Feststellung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG. Denn zu einer solchen Feststellung ist das Bundesamt laut der von ihm im Bescheid zutreffend zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt.v.27.2.1996 - EZAR 240 Nr.6) in Analogie zu den Vorschriften der § 24 Abs.2, 31 Abs.2 S.1, 31 Abs.3 S.1, 32, 39 Abs.2 nur ermächtigt, wenn eine solche Feststellung erforderlich ist, weil andernfalls am Ende des Asylverfahrens offenbliebe, ob und in welcher Weise dem Ausländer Abschiebungsschutz zusteht. Mit der Aufhebung des unter Ziff.1 und 2 verfügten Widerrufs bleibt es aber gerade bei der positiven Anerkennungsentscheidung vom 29.12.1994, wonach die Klägerin Asylberechtigte nach Art.16 a Abs.1 GG ist und den Abschiebungsschutz nach § 51 Abs.1 AuslG a.F. genießt. Von daher ist eine weitere Prüfung und Entscheidung zu den Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG nicht erforderlich. Die insoweit ohne Rechtsgrundlage ergangene negative Feststellung dazu ist daher aufzuheben.
22 
Da die Klägerin nur hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit ihrer Klage gegen die Widerrufsentscheidung die Verpflichtung der Beklagten zur positiven Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs.1 AufenthG beantragt hat, ihre Klage gegen die Widerrufsentscheidung aber Erfolg hat, ist über diesen Antrag nicht zu entscheiden.
23 
Im Einzelnen ergibt sich die Rechtswidrigkeit der unter Ziff.1 und 2 des angegriffenen Bescheids enthaltenen Widerrufsentscheidung aus Folgendem:
24 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, „wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.“ Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (§ 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG).
25 
Diese Widerrufsregelung gilt gem. § 73 Abs. 2b Satz 1 und Satz 2 AsylVfG auch für Familienangehörige, denen in Anknüpfung an die Asylberechtigung eines stammberechtigten Familienmitglieds gem. § 26 Abs. 1 - 3 AsylVfG bzw. in Anknüpfung an die Flüchtlingseigenschaft eines stammberechtigten Familienmitglieds gem. § 26 Abs. 4 AsylVfG der Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde. Insoweit ist die Asylberechtigung bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu widerrufen, wenn die entsprechende Asylberechtigung bzw. Flüchtlingseigenschaft des Stammberechtigten erlischt, widerrufen oder zurückgenommen wird.
26 
Mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wird Art. 1C (5) GFK übernommen, der unter den gleichen Voraussetzungen den Verlust der Flüchtlingseigenschaft bei Wegfall der Umstände regelt, die zur Flüchtlingsanerkennung geführt haben. Insoweit wurde § 73 Abs. 1 durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (vom 19.08.2007 - BGBl. 2007, S. 1970) neu gefasst (vgl. Art. 3 Ziff. 46a dieses Gesetzes). In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, grundsätzlich sei die Statusgewährung, nämlich die Anerkennung als Asylberechtigter bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufzuheben, wenn deren Voraussetzungen nachträglich entfallen seien. Das sei insbesondere der Fall, wenn die erforderlichen Tatbestandselemente für eine Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG oder i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylVfG „nicht mehr vorliegen“ (vgl. Bundestagsdrucksache 16/5065 S. 219). Durch die gesetzliche Neuregelung hat sich der Maßstab gegenüber dem bisherigen Recht aber nicht verändert, das ebenfalls schon in Anlehnung an die GFK ausgelegt und angewendet wurde (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 22.10.2007 - A 6 S 740/05 -juris = Asylmagazin 1/08, m.w.N.).
27 
Was die Flüchtlingseigenschaft angeht, entspricht die Regelung Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1e der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG vom 29.04.2004 - Amtsblatt der Europäischen Union - L 304/12), wonach die Mitgliedsstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, auch wenn er gem. Art. 11 nicht länger Flüchtling ist, also unter anderem wenn er nach Art. 11 Abs. 1e nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (zur Auslegung und Anwendung des Art.11 Abs.1 der Richtlinie hat das Bundesverwaltungsgericht dem EuGH jüngst ein paar Fragen vorgelegt: BVerwG, B. v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - Asylmagazin 5/2008, S. 25, wobei die Begründung bisher noch nicht veröffentlicht wurde).
28 
Maßgeblich für die Auslegung der GFK und der Qualifikationsrichtlinie sind unter anderem auch die Hinweise und Empfehlungen des UNHCR (vgl. dazu ausführlich VG Köln, Urt. v. 12.10.2007 - 18 K 3468/06.A - Asylmagazin 12/07=juris).
29 
Insoweit hat der UNHCR in seinem Kommentar vom 30.09.2004 zur Qualifikationsrichtlinie zu deren Art. 11 zu der „Wegfall der Umstände“-Klausel ausgeführt, die Änderungen der Umstände müssten „grundlegend und dauerhaft“ sein, und insoweit auch auf seine Stellungnahme vom 10.02.2003 („Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. Art. 1C (5) und (6) der GFK“ - HCR/GEP/03/03) verwiesen. Im Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft vom September 1979 - Neuauflage Dezember 2003 - heißt es dazu unter Ziff. 135, „Umstände“ beziehen sich auf grundlegende Veränderungen in dem Land, aufgrund derer man annehmen kann, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht. Eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmt gewesen sei, aber keine wesentlichen Veränderungen der Umstände i.S.d. Klausel mit sich gebracht habe, reiche nicht aus, um Art. 1C (5) zum Tragen zu bringen. Im Prinzip solle der Status eines Flüchtlings nicht einer häufigen Überprüfung unterworfen werden, da dadurch das Gefühl der Sicherheit, das ihm der internationale Schutz geben solle, beeinträchtigt werde. Im Rahmen einer ausführlichen Untersuchung zu Auslegung und Inhalt des Art. 1C (5) der GFK haben zwei Mitarbeiter des UNHCR zum Wegfall der Umstände im wesentlichen herausgearbeitet, dass hier drei Fallgruppen in Betracht kommen, nämlich die Erreichung der staatlichen Unabhängigkeit des Herkunftsstaates, der erfolgreiche Übergang zur Demokratie oder aber die Beendigung eines Bürgerkrieges (vgl. Salomons/Hruschka, ZAR 2004, 386). Sie haben klargestellt, dass nach der GFK eine dauerhafte und stabile Veränderung vorliegen muss, um die Klausel zur Anwendung bringen zu können. Es muss um grundlegende und dauerhaft stabile Veränderungen gehen und um eine Wiederherstellung des effektiven Schutzes durch den einstigen Verfolgerstaat. Hier muss eine Rückkehr zu Frieden und Stabilität vorliegen, für die unter Umständen spontane freiwillige Rückkehrbewegungen von Flüchtlingen ein Indiz aber nicht notwendig einen ausreichenden Beweis für einen grundlegenden Wandel darstellen können. Auch friedliche Änderungen im Rahmen eines verfassungsmäßigen Verfahrens sowie freie und gerechte Wahlen mit einem echten Wechsel der Regierung, die der Achtung der fundamentalen Menschenrechte verpflichtet ist und das Eintreten relativ politischer und wirtschaftlicher Stabilität im Land können für eine Dauerhaftigkeit und Stabilität der Veränderung sprechen. Insoweit befürwortet der UNHCR jedoch auch in solch scheinbar eindeutigen Fällen das Abwarten einer Warteperiode von 12 bis 18 Monaten, bevor die Klausel des Art. 1C (5) GFK zuverlässig beurteilt werden könne. Für eine Wiederherstellung des Schutzes im Herkunftsland und die für eine Rückkehr eines ehemaligen Flüchtlings in sein Heimatland in Sicherheit und Würde erforderliche physische Sicherheit für Leib und Leben soll dabei der konkrete Schutz grundlegender Menschenrechte im Herkunftsstaat ein wichtiges Indiz dafür sein, ob dem betreffenden Flüchtling nunmehr die Schutzunterstellung in seinem Heimatstaat, der ihn einst verfolgt hat, zumutbar ist. Wichtige Indizien sind insoweit nicht nur die Durchführung freier und gerechter Wahlen, sondern auch die Zulassung unabhängiger nationaler oder internationaler Organisationen zur freien Überprüfung der Einhaltung der Menschenrechte. Eine vorbildliche Beachtung von Menschenrechten ist nicht erforderlich, allerdings müssen bedeutende Verbesserungen vorliegen. Minimalste Voraussetzung dafür ist die Beachtung des Rechts auf Leben und Freiheit sowie des Verbots der Folter. Merkliche Fortschritte beim Aufbau einer unabhängigen Justiz, der Schutz der fundamentalen Grundrechte wie der Meinungs- , Religions- sowie Vereinigungsfreiheit, aber auch Amnestien, die Aufhebung freiheitsraubender Gesetze und der Abbau ehemaliger Geheimdienste können solche Indizien darstellen (siehe im Übrigen ausführlich und mit zahlr. Nachweisen zu diesen Maßstäben des UNHCR - VG Köln, Urt. v. 12.01.2007 - 18 K 3234/06.A -juris = Asylmagazin 5/2007).
30 
Was den nachträglichen Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen angeht, ist wie beim Erlass des Anerkennungsbescheids eine auf absehbare Zeit ausgerichtete Gefahrenprognose anzustellen (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, Rdnr. 4 zu § 73 AsylVfG m.w.N.). Notwendig ist eine Änderung der Verhältnisse in dem Verfolgerstaat mit der Folge, dass die Anerkennung nunmehr ausgeschlossen ist. Objektive Veränderungen im Verfolgerstaat (friedliche oder gewaltsame Änderungen des Regierungssystems, Regierungswechsel oder Amnestie, Liberalisierung des Strafrechts oder der Strafpraxis) können die Verfolgungsgefahr beseitigen. Allein eine äußerliche Veränderung objektiver Umstände für sich genommen, rechtfertigt allerdings noch keine Korrektur der auf absehbare Zeit auszurichtenden Gefahrenprognose für den Einzelfall. Bei der Prüfung, ob die Anerkennungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen, sind dieselben Grundsätze über die Verfolgungswahrscheinlichkeit anzuwenden wie bei der Erstentscheidung. Zu berücksichtigen ist hinsichtlich der Asylberechtigung auch hier eine bereits erlittene Vorverfolgung mit der Folge, dass ein Widerruf nur bei „hinreichender Sicherheit“ vor einer Wiederholung der Verfolgung erfolgen darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1992 - 9 C 3/92 -, EZAR 214 Nr. 3). Dieser sogenannte herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab bedeutet, dass ein vor erneut einsetzender Verfolgung auch nur ernsthafte Zweifel bestehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980- 1 BvR 147/80 u.a., BVerfGE 54, 341 <360, 361> = NJW 1980, 2641 und BVerwG, Urt. v. 25.9.1984 - 9 C 17/84 -, InfAuslR 1985, 51). Das bedeutet, es genügt, dass eine Verfolgungswiederholung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Ein vorverfolgter Asylbewerber ist also schon dann anzuerkennen, wenn eine Verfolgungswiederholung in gleichem Maße wahrscheinlich wie unwahrscheinlich ist, das heißt jedenfalls im Bereich des Möglichen liegt. Nicht hinreichend sicher in diesem Sinne ist also ein Flüchtling, wenn weder festzustellen noch auszuschließen ist, dass ihm eine Verfolgungswiederholung droht. Insoweit haben nämlich die bereits in der Vergangenheit erfolgten Repressalien eine beachtliche Indizwirkung auch für die Zukunft (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.4.1982 - 9 C 308/81 -, BVerwGE 65, 250 = NVwZ 1983, 160).
31 
Diesem in der Asylrechtsprechung zu Art. 16a Abs. 1 GG entwickelten Rechtsprechung zum herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab entspricht die Regelung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG), die nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG auch im Rahmen der Feststellung, ob eine Verfolgung i.S.d. GFK nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, anzuwenden ist. Art. 4, Abs. 4 regelt, dass die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, einen ernsthaften Hinweis darauf darstellt, dass seine Verfolgungsfurcht begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Rückausnahme bedeutet, dass dann, wenn sich nach der Ausreise die allgemeinen Verhältnisse geändert haben, die Behörde ernsthafte Anhaltspunkte dafür darlegen muss, dass eine Wiederholungsgefahr entfallen ist. Nur wenn das Bundesamt darlegen kann, dass der Betreffende im Herkunftsstaat vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher ist, entfällt diese Auswirkung der erlittenen bzw. unmittelbar drohenden Vorverfolgung auf den Prognoseansatz. Das ist nur dann der Fall, wenn ernsthafte Bedenken gegen die Furcht vor einer Verfolgungswiederholung ausgeräumt werden können und wenn sich eine Wiederholungsgefahr ohne ernsthafte Zweifel an der Sicherheit des Vorverfolgten für den Fall seiner Rückkehr in das Herkunftsland ausschließen lässt. Umgekehrt liegt diese Voraussetzung nicht vor, wenn Anhaltspunkte vorliegen, welche die Möglichkeit erneut einsetzender Verfolgung als nicht ganz entfernt und unwahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. dazu Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht in der anwaltlichen Praxis, 2007, Rdnr. 467 - 469). In der Sache bestehe also hier eine Übereinstimmung zwischen den asyl- und flüchtlingsrechtlichen Voraussetzungen und Prognoseansätzen (vgl. ausführlich dazu VGH Hessen, Urt. v. 21.02.2008 - 3 UE 191/07.A -, Asylmagazin 4/2008=InfAuslR 2008, 271).
32 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen vermag das Gericht derzeit aufgrund der aktuell vorliegenden Erkenntnismittel nicht festzustellen, dass die Verhältnisse in Togo sich in dem genannten Sinne derart grundlegend, stabil und dauerhaft gewandelt hätten, dass nunmehr vorverfolgt ausgereiste Togoer bzw. solche, die unmittelbar drohender Verfolgung durch ihre Ausreise zuvorgekommen sind, im Falle ihrer Rückkehr nach Togo dort hinreichend sicher vor einer erneuten Verfolgung wären bzw. das nunmehr stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass sie dort erneut von solcher Verfolgung bedroht wären.
33 
Bei der Beurteilung der geänderten Lage ist nämlich auch zu berücksichtigen, dass ebenso wenig wie ein lediglich gerade erreichter „Stand der Dinge“ innerhalb eines ständig wechselnden Geschehens ohne Weiteres zugunsten eines Asylsuchenden einen objektiven Nachfluchttatbestand begründen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13.05.1993 - 9 C 59/92 - InfAuslR 1993, 354), sich ein bis vor kurzem beachtlich wahrscheinlich gefährdeter Rückkehrer Prozesse und Abläufe innerhalb länger andauernder Entwicklungen gefährdungsmindernd entgegenhalten lassen muss, wenn diese nicht eindeutig eine völlig neue Tendenz zur (positiven) Veränderung des Geschehens anzeigen (so ausdrücklich VG Freiburg, Urt. v. 28.09.2007 -A 1 K 867/06 -, juris, zur Situation im Kongo nach den Wahlen). Insoweit reicht es nicht aus, dass Referenzfälle für Übergriffe nicht mehr vorliegen und dass demokratische Wahlen stattgefunden haben, wenn in dem betreffenden Staat Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Vergangenheit bislang nie eine wirkliche Chance zum Gedeihen hatten, sondern stattdessen dort immer politische Systeme der Korruption und Repression gediehen. Auch eine zeitweise Phase der politischen Stabilisierung als solche genügt nicht, wenn sie nicht auf wirklich grundlegenden Wandlungen des Regimes beruht, sondern unter anderem darauf beruht, dass die Regierung „Imagepflege“ gegenüber dem Ausland betreibt, insbesondere gegenüber den internationalen Gebern, die eine politische Öffnung zur Bedingung für ihre Unterstützung machen (so VG Freiburg, Urt. v. 28.09.2007 - A 1 K 867/06 -, juris, zur Situation im Kongo; zum Erfordernis einer stabilen Lage ebenso VG Köln, Urt. v. 12.01.2007 - A 8 K 3234/06.A - juris = Asylmagazin 5/2007).
34 
Zwar haben sich die politischen Verhältnisse in Togo seit der brutalen Verfolgung jeglicher oppositioneller Regung im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im April 2005, die mehrere 10.000 Togoer in die Flucht in die Nachbarländer Benin und Ghana trieb, nicht zuletzt auch mit Blick auf die nach Einschätzung aller Beobachter weitgehend friedlich, gewaltfrei und ohne gravierende Mängel abgelaufene Parlamentswahlen im Oktober 2007 zum Besseren gewandelt, so dass heute zumindest keine beachtliche Wahrscheinlichkeit für die Verfolgung einfacher UFC-Mitglieder in Togo mehr besteht. Denn die UFC errang 27 von 81 Sitzen im togoischen Parlament und von einer Verfolgung ihrer Mitglieder ist nichts mehr bekannt geworden (vgl. www.irinnews.org - Berichte vom 30., 18. und 09.10.2007; siehe auch BBC-News vom 18.10.2007 - www.newsworld.bbc.co.uk). Auch hatte sich schon vor den Wahlen die Sicherheitslage in Togo nach Einschätzung des UNHCR stark verbessert, nachdem von den etwa 25.000 ins Ausland geflohenen Togoern der überwiegende Teil ohne Probleme nach Togo zurückgekehrt war (Irinnews, Bericht vom 22.05.2007). Schon für die Zeit von September bis November 2006 lagen keine neuen Informationen über Übergriffe auf UFC-Mitglieder vor (Schweizerische Flüchtlingshilfe -SFH-Lagebericht Update 10.11.2006, S. 3). Auch der Auskunft des österreichischen Roten Kreuzes (Accord) vom 08.02.2008 zur Situation von Mitgliedern und Aktivisten der UFC ist zu entnehmen, dass keine aktuellen Berichte zur Lage von UFC-Mitgliedern und deren gewaltsame Verfolgung oder anderweitige Behinderung mehr vorliegen. Dem Bericht des US-Department of State, Country Report on Human Rights Practices zu Togo vom 11.03.2008 (Berichtszeitraum 2007) ist zu entnehmen, dass es keine Berichte mehr über politisch motiviertes Verschwindenlassen oder willkürliche Verhaftung von Demonstranten gegeben habe und dass Nichtregierungsorganisationen Zugang zu den Gefängnissen gewährt worden sei. Zwischen dem Staatspräsidenten Faure Gnassingbe und dem UFC-Vorsitzenden Gilchrist Olympio fanden schließlich im November Gespräche in Lome statt, wo Olympio zum ersten Mal im Präsidialamt empfangen wurde. Auf der Rangliste zur Pressefreiheit der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ konnte sich Togo auch um 27 Punkte verbessern und vom 67. auf den 49. Platz von weltweit 169 Ländern aufrücken. Schließlich hat die EU ihre Sanktionen gegen Togo aufgehoben und ihre Zusammenarbeit mit Togo am 17.11.2007 wieder aufgenommen und im Rahmen des 10. Europäischen Entwicklungsfonds (2008 bis 2016) dem Land 123 Mio. EUR an Hilfsleistungen angekündigt, und auch die Restmittel aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfonds in Höhe von 40 Mio. EUR freigegeben (vgl. dazu Hanns-Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, November 2007).
35 
Auch die Entwicklungsorganisation der UN, die UNDP, sowie die Weltbank haben jeweils ihre bilateralen Beziehungen zu Togo im Anschluss an die Wahlen wieder aufgenommen und Hilfeleistung für das wirtschaftlich bedrängte Land angekündigt (Hanns-Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, Februar 2008). Schließlich kam es in größerem Umfang zu einer freiwilligen Rückführung von togoischen Flüchtlingen aus Ghana (UNHCR, Meldung vom 27.09.2007). Der 13. Januar, der Tag der Ermordung von Silvanos Olympio, dem ersten Staatspräsidenten des Landes, wurde zum Tag der nationalen Versöhnung erklärt und in diesem Jahr weniger aufwändig als bisher begangen (Hanns-Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo 2008).
36 
Außerdem haben togoische Regierungsvertreter einen landesweiten Konsultationsprozess hinsichtlich der Schaffung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission in Gang gesetzt, die der Heilung der Wunden dienen soll, die die politische Gewalt im Jahr 2005 in Togo geschlagen hat und in deren Folge etwa 500 Menschen getötet wurden und mehrere 10.000 in die Nachbarländer in die Flucht getrieben wurden (Afrol News, Bericht vom 17.04.2008 - www.afrol.com/printable_article/28637). Der Bericht des Auswärtigen Amts (Lagebericht zu Togo - Stand Dezember 2007 -) vom 29.01.2008 spricht zudem davon, dass gezielte Übergriffe staatlicher Organe und regierungsnaher sonstiger Gruppen auf Oppositionelle seit dem Beginn des nationalen Dialogs im August 2006 nicht mehr gemeldet worden seien. Oppositionsparteien, Medien, Gruppierungen der Zivilgesellschaft sowie Kirchen könnten frei agieren. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge sei nach Togo zurückgekehrt. Die von der EU im November 2004 als Bedingung für eine Wiederaufnahme der Hilfe an Togo geforderten 22 Verpflichtungen seien überwiegend umgesetzt worden. Die Oppositionsparteien agierten frei, Printmedien behandelten unbehelligt alle politischen Fragen, auch die Person des Präsidenten. Gezielte Übergriffe gegen Oppositionspolitiker und Journalisten seien 2006 und 2007 nicht bekannt geworden. Polizeifunktionen wahrnehmende Armeeeinheiten träten im Gegensatz zu früher nicht mehr in Erscheinung. Menschenrechtsorganisationen könnten sich ungehindert betätigen. Im Juli 2006 sei mit dem Kommissar für Menschenrechte der UN in Genf ein Abkommen über die Einrichtung eines Büros in Lome abgeschlossen worden, das mittlerweile über weitreichende Kompetenzen, Aktions- und Informationsmöglichkeiten verfüge, weshalb die Leiterin des Büros sich äußerst zufrieden geäußert habe. Seit Beginn des politischen Dialogs seien keine Vorfälle einer Verfolgung missliebiger politischer Gegner mehr bekannt geworden.
37 
Auch wenn dies durchaus positive Anzeichen für einen Wandel in Togo darstellen, insbesondere wenn man die vor noch drei Jahren brutalen Repressionshandlungen des Regimes gegenüber der Opposition in Rechnung stellt, erscheint es doch nach den oben genannten Maßstäben und Grundsätzen verfrüht, nunmehr eine hinreichende Sicherheit vor Verfolgungswiederholung zu vorverfolgt ausgereiste Oppositionelle aus Togo anzunehmen. Denn all die genannten Punkte stellen noch nicht wirklich stichhaltige Belege dafür dar, dass eine Verfolgungsgefahr sich nun mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausschließen ließe und dass keine ernsthaften Zweifel mehr am Fehlen einer solchen Verfolgungsgefahr begründet wären. Vielmehr gibt es nach wie vor genügend Anhaltspunkte dafür, die daran zweifeln lassen, dass schon jetzt das Regime in Togo einen derart grundlegenden demokratischen und menschenrechtlichen Wandel durchlaufen hat, dass es einem vorverfolgt ausgereisten oppositionellen Togoer zumutbar wäre, sich ohne auch nur ein entferntes Risiko nunmehr unter den Schutz des einstigen Verfolgerstaats zu stellen und dorthin zurückzukehren.
38 
Im Einzelnen ergibt sich dies zur Überzeugung des Gerichts aus folgenden Umständen:
39 
Das Auswärtige Amt stellt in seinem Lagebericht vom 29.01.2008 zu Togo zwar fest, die Wahlen seien trotz organisatorischer Mängel international anerkannt worden, die Präsidentenpartei RPT habe die absolute Mehrheit errungen und der Oppositionspartei UFC sei eine Regierungsbeteiligung angeboten worden. Es stellt aber im gleichen Bericht auch fest, dass die Institution des Staates Justiz, Ordnungskräfte und Militär wie auch die politischen Parteien „nach wie vor schwach und demokratisch unerfahren“ sind, so dass „von einer Konsolidierung Togos noch keine Rede“ sein könne (a.a.O., S. 4).
40 
Eine ganze Reihe von Auskünften und Erkenntnisquellen, die im Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 29.01.2008 keinen Niederschlag gefunden haben, belegen zudem Umstände, die das oben gezeichnete positive Bild der Entwicklung in Togo ernstlich in Frage zu stellen vermögen.
41 
Zum einen ist festzustellen, dass ein wirklicher Regierungswechsel auch aufgrund der Wahlen vom Oktober 2007 nicht stattgefunden hat. Nach wie vor ist die schon seit Jahrzehnten das Land diktatorisch regierende Regierungspartei RPT an der Macht. Insbesondere seitdem der Politiker Agboyibo von der oppositionellen Partei CAR, der während der Übergangszeit bis zu diesen Wahlen als Premierminister eingesetzt war, im November 2007 sein Amt mit der Begründung niedergelegt hat, er habe nun seine Aufgabe erfüllt, die Übergangsregierung geführt und freie Wahlen organisiert, befinden sich nunmehr alle Regierungsposten in der Hand der RPT (vgl. zum Rücktritt Agboyibos Afrol News vom 13.11.2007 - www.afrol.com/printable_article/27209; darauf, dass auch der jetzige Premierminister Komlan Mally der RPT angehört und die RPT nun sämtliche wichtige Amtsträger im Staat stellt, während vor den Wahlen immerhin der Premierminister noch von der Oppositionspartei CAR kam, weist auch der Monatsbericht der Hanns Seidel-Stiftung für Togo vom November 2007 hin). Die Regierungspartei RPT sieht nach den Wahlen offenbar auch keinen Anlass mehr mit der UFC zu kooperieren. Der Generalsekretär der Regierungspartei RPT hat im Anschluss an die Wahlen gegenüber einem französischen Radiosender vielmehr prophylaktisch dargestellt, dass jetzt der Beweis erbracht sei, dass die RPT „noch nie Wahlen gefälscht habe“ und „seit jeher Opfer falscher Unterstellungen“ gewesen sei (Hanns Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, November 2007). Auch eine solche Einstellung zeigt, dass hier wohl kein grundlegendes Umdenken stattgefunden hat. Nach wie vor sind auch die Verantwortlichen für die Massaker an der Opposition im Sommer 2005, die im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen stattfanden, im Amt. Die alten Seilschaften existieren fort (siehe z. B. Irinnews, Attacpame, 01.06.2005 zu den menschenrechtswidrigen Aktionen des „Eyadema von Attacpame“ eines Neffen des früheren Diktators; siehe ferner Irinnews, Lome 21.06.2005 zur Ernennung von Kpatcha Gnassingbe, des älteren Bruders des jetzigen Präsidenten, zum Verteidigungsminister, der schon immer beste Verbindungen zu dem an den Menschenrechtsverletzungen maßgeblich beteiligten togoischen Militär hatte und zur Ernennung von Oberst Pitaluuna Ani Laokpessi, einem früheren Kommandeur der paramilitärischen Polizei zum Sicherheitsminister, der häufig der Folterung von Oppositionellen beschuldigt worden war). Auf diese personelle Kontinuität hat schon seinerzeit die Opposition hingewiesen (siehe UNHCR, Update vom 07.08.2006). Der Minister für Sicherheit und Zivilschutz ist im Übrigen nach wie vor ein Oberst (Atcha Titikpena). Von den 22 Mitgliedern des Regierungskabinetts ist keines Mitglied der UFC und die meisten Ministerposten werden von den gleichen Ministern bekleidet wie zuvor. Manche haben nur die Zuständigkeit ihres Ministeriums verändert (vgl. dazu die Meldung der UFC vom 14.12.2007 -www.ufctogo.com/emprimer.php3?ed_article=1853).
42 
Dass die zur Stärkung der Polizeikräfte gegenüber dem Militär vorgenommene Rekrutierung von 615 Polizeianwärtern abweichend von der bisherigen Rekrutierungspraxis, nun etwa nicht mehr vorzugsweise dem Stamm der Kabye, der Heimatethnie des verstorbenen Präsidenten Eyadema, angehörten, ist dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes. Der Bericht des US-State-Departments zu Togo vom 11.03.2008 für den Berichtszeitraum 2007 stellt vielmehr fest, dass die Mitglieder der südlichen ethnischen Gruppierungen sowohl in der Regierung als auch im Militär nach wie vor unterrepräsentiert seien. Im gleichen Bericht wird zudem für den 21.08.2007 ein Vorfall geschildert, bei dem neu rekrutierte Polizeiagenten willkürlich Zivilisten in einem Bezirk von Lome zusammengeschlagen hätten. Die Polizei wird in diesem Bericht als nach wie vor generell ineffektiv und korrupt geschildert und außerdem wird festgestellt, dass die Kabye, obwohl sie nur 15 % der Bevölkerung ausmachen, 75 % der Armeeoffiziere und Soldaten stellen. Der Sonderberichterstatter der UN zur Folter bemerkt in seinem Bericht vom 06.01.2008 an den Menschenrechtsrat (A/HRC/7/3Add.5) über seine Besuchsmission in Togo in der Zeit vom 10. bis 17.04.2007 (dort Ziff. 75 und 76), dass das Militär bei Demonstrationen aber auch bei der Organisation und Durchführung der Wahlen nach wie vor entgegen seinem klaren Auftrag eingesetzt wird und insoweit Polizeiaufgaben wahrnimmt und dass es keine klare Abgrenzung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen den verschiedenen Teilen der Sicherheitsbehörden gibt, sondern vielmehr die Grenzen zwischen Militär und Polizei von der Terminologie nach aber auch ihrer Ausbildung nach fließend sind. Im Jahresbericht von amnesty international 2008 (Annual Report 2008 zu Togo - http://thereport.amnesty.org/eng/regions/africa/togo) wird schließlich erwähnt, dass im Februar 2007 das togoische Parlament zwar ein Gesetz über den Status der togoischen Streitkräfte verabschiedet hat, das die Gesetzmäßigkeit des Handelns der Armee und ihre nichtpolitische Rolle sicherstellen soll, das aber in keiner Weise die Verantwortlichkeit von Sicherheitskräften regelt, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.
43 
Dass nach wie vor Straflosigkeit herrscht, ergibt sich aus dem Bericht des US-State-Departments zu Togo vom 11.03.2008 zum Berichtszeitraum 2007 und insbesondere auch aus dem genannten Bericht des Sonderberichterstatters der UN zur Folter (dort Ziff. 94 und 114 - 115), der insbesondere empfiehlt, dass die togoische Justiz alle Menschenrechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2005 begangen wurde, verfolgen und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen sollte.
44 
Die seinerzeit für die brutale Verfolgung der Opposition und die Ermordung zahlreicher Oppositionsmitglieder Verantwortlichen sind aber bisher in keinem einzigen Fall vor Gericht gestellt worden. Trotz offizieller Zusicherung, der Straflosigkeit ein Ende zu setzen, waren keine Fortschritte bei der strafrechtlichen Verfolgung früherer Menschenrechtsverstöße zu erkennen. Das gilt unter anderem für den Überfall auf den Journalisten und Menschenrechtsverteidiger Dimas Dzikodo, der Anzeige gegen Unbekannt erstattet hatte, nachdem er im Oktober 2005 auf dem Heimweg von der Arbeit tätlich angegriffen worden war. Im Gegenteil, im März 2006 erklärte der damalige Ministerpräsident Edem Kodjo, er habe Polizei und Justiz angewiesen, sämtliche Anklagen gegen die mutmaßlich Verantwortlichen für Übergriffe zurückzuziehen, die in direktem Zusammenhang mit den Wahlen verübt worden seien, das gelte nur nicht für des Mordes verdächtigte Personen (amnesty international, Jahresbericht 2007 für den Berichtszeitraum 01.01. bis 31.12.2006 und auch amnesty international, Annual Report 2008 zu Togo - http://thereport.amnesty.org/eng/regions/africa/togo, wonach es keinerlei Fortschritte auch hinsichtlich einer kollektiven von mehr als hundert Menschenrechtsverletzungsopfern eingereichten Beschwerde und Anzeige gegeben habe; siehe auch ai-Togo „Ich will wissen, warum man meinen Sohn getötet hat“ - 18.01.2007 - Index ai-AFR 57/001/2007 mit zahlr. Beispielen für die Missachtung des Interesses der Hinterbliebenen an Aufklärung).
45 
Dem Bericht des Sonderberichterstatters zur Folter, also eines hochrangigen Menschenrechtsvertreters der Vereinten Nationen, über seinen Besuch im April 2007, der im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom Januar 2008 - zum Stichpunkt Folter auf Seite 10 - mit keinem Wort Erwähnung findet, ist auch zu entnehmen, dass nach wie vor ganz gravierende Foltervorwürfe bekannt geworden und Fälle von Folter durch togoische Sicherheitskräfte gegenüber inhaftierten Straftatverdächtigen oder Straftätern an der Tagesordnung sind (siehe den erwähnten Bericht dort Ziff. 82 ff. und 93 ff. sowie den Apendix mit zahlreichen Beispielsfällen). Auch wenn dies nicht notwendig inhaftierte Oppositionelle betreffen mag, ist doch eine weit verbreitete Folterpraxis bei Polizei und Sicherheitsbehörden, wie sie offenbar unverändert in Togo fortbesteht, kein Indiz für einen grundlegenden Regimewandel, der es einem seinerzeit vor diesen Sicherheitskräften vorverfolgt ausgereisten Togoer zumutbar machen würde, sich erneut dem Schutz dieses Staates zu unterstellen.
46 
Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass nach den beiden erwähnten Jahresberichten von amnesty international nach wie vor auch im Jahr 2007 mehrere im Jahr 2005 festgenommene Oppositionelle und auch vermeintliche Kritiker der Regierung noch immer im Zentralgefängnis von Lome einsitzen und zumeist in den ersten Tagen ihrer Haft misshandelt und gefoltert worden sind. So sitzen im amnesty-international-Jahresbericht 2007 namentlich genannte UFC-Mitglieder unter dem Vorwurf krimineller Handlungen ohne weitere Ermittlungen und Strafverfahren nach wie vor im Zentralgefängnis von Lome. Im Bericht des US-State Departments zu Togo zum Berichtszeitraum 2007 wird im Übrigen auch erwähnt, dass zwei andere namentlich genannte Oppositionsmitglieder (einer von der UFC und einer von der Alliance of Patriots for Unity and Action) ohne Urteil und Verfahren in Haft sitzen und dass auch einige Personen, die im Zuge der Ausschreitungen im Jahr 2005 gegenüber der Opposition festgenommen wurden, noch immer in einem Gefängnis in der Nähe von Kara festgehalten werden, zu dem die Regierung, welche die Existenz politischer Gefangener ohnehin verneint, bislang keiner Organisation den Zutritt gewährt hat. Der UN-Sonderberichterstatter zur Folter (siehe den erwähnten Bericht dort Ziff. 5) erwähnt in diesem Zusammenhang, dass er zwar in Kara das Gefängnis und das Militärlager der Fallschirmjäger der togoischen Armee besichtigen konnte, dass ihm aber anfänglich der Zutritt zu deren Hafteinrichtungen untersagt wurde und dass Angehörige seines Untersuchungsteams massiv von Soldaten bedroht wurden.
47 
Schließlich kam es auch im Zusammenhang mit den Wahlvorbereitungen zu Behinderungen der Oppositionsparteien einschließlich der UFC, der ADDI und der UDS am 03.08.2007, deren Straßendemonstrationen verboten wurden mit der Begründung, sie behinderten die Wahlen. Am 20.10.2007 löste das Militär mit Tränengas eine Versammlung von UFC-Aktivisten auf, die ein CENI-Büro besetzen wollten. Dabei wurden die Demonstranten brutal geschlagen und beleidigt und nach UFC-Angaben wurden 10 Personen verletzt und 25 verhaftet (siehe US-State Department, Country Report Togo 2007 v. 11.3.2008, section 2 b und UFC, Meldung v. 22.10.2007, - www.ufctogo.com/imprimer.php3?id_article=1836). Auch der Monatsbericht der Hanns-Seidel-Stiftung vom Oktober 2007 zu Togo berichtet davon, dass die UFC von massivem Wahlbetrug ausging und das Ergebnis angefochten habe und dass die blutige Zerschlagung eines Protestmarsches der UFC in Lome und die Unklarheiten bei der Stimmenauszählung nicht zur Annäherung der Parteien beigetragen habe.
48 
Was die Unterbindung solcher Übergriffe angeht, wäre deren nachhaltige Ahndung und die Beendigung der Straflosigkeit hinsichtlich vergangener, gegenüber den Oppositionellen begangener Menschenrechtsverletzungen ein erster wichtiger Schritt für einen nachhaltigen Wandel, den das Regime aber bisher offenbar noch nicht gegangen ist. Statt klare strafrechtliche Sanktionen gegenüber den Verantwortlichen zu ergreifen und damit ein nachhaltiges Signal auch für die Zukunft und für die betroffenen Oppositionellen und deren Sicherheitsempfinden zu setzen, hat das Regime bislang nur anderweitige, für sich genommen untaugliche rein formale Schritte zu einer Versöhnung unternommen, die eine Strafverfolgung von Menschenrechtsverletzungen nicht ersetzen können. So hat es den 13. Januar, den Tag der Ermordung von Silvanos Olympio, dem ersten Staatspräsidenten des Landes, zwar zum nationalen Versöhnungstag erklärt, woraufhin der Sohn des Ermordeten, der UFC-Präsident Gilchrist Olympio, in einem Interview mit einem lokalen Radiosender die Streichung dieses Feiertags forderte und gleichzeitig statt dessen eine gerichtliche Untersuchung der Hintergründe dieser Tat verlangte (Hanns Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo, Januar 2008). In die gleiche Richtung geht die zwar auf Anregung des UN-Flüchtlingskommissariats erfolgte, aber letztlich nur der Verbesserung der soziopolitischen Atmosphäre dienende beabsichtigte Einrichtung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission, die derzeit von der Regierung vorbereitet und diskutiert wird (vgl. Afrol-News vom 17.04.2008 - www.afrol.com/printable_article/28637); auch was die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen angeht, traf sich zwar die Regierung mit einigen nationalen Nichtregierungsorganisationen, die die Menschenrechtslage beobachten, ergriff aber aufgrund ihrer Einzelfallbeschwerden keine Maßnahmen, diese abzustellen. Auch die dauerhafte Nationale Menschenrechtskommission, die von der togoischen Regierung am 31.01.2007 mit 17 Mitgliedern vereidigt wurde und dem Parlament dient, spielte keine nennenswerte Rolle und war nicht unabhängig von der Regierung. Der UN-Sonderberichterstatter zur Folter wurde zwar ins Land gelassen, ebenso wie andere Organisationen, z. B. das Rote Kreuz. Zum Teil wurde er aber bei der Arbeit behindert und seine Delegation massiv bedroht und beleidigt. Auch amnesty international konnte im Juli 2006 zwar mit einer Delegation das Land betreten, um die Vorfälle im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen 2005 zu untersuchen, auf Bitten der Regierung wurde der Bericht von amnesty international aber, dessen Veröffentlichung für November 2006 vorgesehen war, aufgeschoben und im Dezember 2006 beschuldigte die Regierung amnesty international, eine sinnlose und überflüssige Kontroverse zu provozieren (zu den letztgenannten Punkten US-State Department, Bericht zu Togo, Berichtszeitraum 2007; zu der Ankündigung des neuen Premierministers Mally, vom 17.12.2007, er werde eine Kommission zur Untersuchung der vergangenen Vorfälle ethnischer Gewalt einsetzen, siehe auch den UK-Home-Office-Länderreport Togo vom 05.02.2008, dort Seite 8 unter Verweis auf einen Bericht des britischen Außenministeriums Foreign & Commonwealth-Office vom 08.01.2008).
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Schließlich mag es zwar auch im Bereich der Pressefreiheit Fortschritte gegeben haben, gleichwohl sind auch hier nach wie vor Missstände feststellbar. Nach dem amnesty international-Jahresbericht 2008 vom 28.05.2008 übt die Oberste Behörde für Audiovisuelle Kommunikation (HAAC) nach wie vor Druck auf unabhängige Medien und Journalisten aus. Im Januar 2007 wurde eine private Radiostation, Radio Victoire, für 15 Tage wegen behaupteten unprofessionellen Verhaltens geschlossen. Grund dafür war, dass sich die Leitung der Radiostationen geweigert hatte, einen Journalisten zu entlassen, der kritisch über den Togoischen Fußballbund berichten wollte. Die Regierung habe sich mehrfach mit restrektiven Maßnahmen in die Sendungen und die Arbeit von Radiostationen eingemischt, so dass die Journalisten und Radio- und Fernsehsender weitgehend Selbstzensur übten. Politische Kommentar- und Regierungskritik habe es deswegen in den Radiosendern weniger gegeben, als in den Printmedien. Der Direktor der Radiostation Radio Lumiere, der das Land im Jahr 2005 fluchtartig verlassen hatte, nachdem das Militär im Jahr 2005 die Sendeausrüstung des Radios beschlagnahmt hatte, war auch im Jahr 2007 immer noch im selbst gewählten Exil. Die Radiostation blieb geschlossen. Trotz Versprechungen führte die Regierung auch keine Untersuchung eines Vorfalls aus dem Jahre 2005 durch, bei dem maskierte Männer einen der kritischsten Journalisten und Herausgeber der unabhängigen Zeitung Forum zusammengeschlagen hatten. Die offiziell unabhängige Medienaufsichtsbehörde (HAAC) agierte weiterhin als ein Arm der Regierung. Am 09.01.2007 schloss sie das Radio Victoire und am 28.02.2007 das Radio Nana FM, weil dort ein Journalist den Minister für Territorialverwaltung kritisiert hatte. Am 13.06.2007 schloss die Medienaufsichtsbehörde zeitweilig drei Zeitungen wegen der Weigerung, ein Recht der Klarstellung zu beachten (siehe zu alldem US State-Department, Country Report Togo 2007 v. 11.3.2008).
50 
Dass der UNHCR mittlerweile einen großen Teil der in die Nachbarländer Benin und Ghana geflohenen Togoer im Zuge einer freiwilligen Rückführungskampagne zurückgeführt hat (vgl. zuletzt Meldung des UNHCR vom 27.09.2007 - www.unhcr.org/ cgi-bin/texis/vtx/print?tbl=NEWS&id=46fbd2c32) besagt noch nicht, dass nunmehr von einem wirklichen nachhaltigen und grundlegenden Wandel der Situation ausgegangen werden könne. Dem Bericht des UNHCR vom 27.09.2007 ist vielmehr zu entnehmen, dass der Vertreter des UNHCR vor Ort in Ghana bei einer Abschiedszeremonie für die freiwillige Repatriierung von weiteren 176 togoischen Flüchtlingen selbst erwähnt hat, dass Togo sich „noch immer in einem Prozess der politischen Reform“ befinde, dass diese Togoer aber gleichwohl entschieden hätten, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren und dafür die Unterstützung des UNHCR erhielten. Dem Bericht ist ferner zu entnehmen, dass der UNHCR etwa 13.300 in Ghana und Benin verbliebenen togoischen Flüchtlinge noch immer Hilfe leistet. Von einer voll umfänglichen Repatriierung kann also keine Rede sein. Ganz abgesehen davon kann eine „freiwillige“ Rückkehr, für die es viele Gründe geben mag, zwar ein Indiz, aber kein sicherer Nachweis dafür sein, dass nun von einem Wegfall der Umstände ausgegangen werden müsste, die zur Verfolgung geführt haben (Art. 1 C Nr. 5 GFK).
51 
Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwar zahlreiche Geberländer, die Weltbank und das UNDP-Hilfswerk sowie insbesondere die EU nach Durchführung der Wahlen im Herbst 2007 zwar ihre bislang zurückgehaltene und eingefrorene Hilfe an Togo wieder aufgenommen haben, um so den Reformprozess zu unterstützen, dass aber auch die Geberländer selbst nach wie vor davon ausgehen, dass noch längst nicht alle 22 Punkte des Katalogs erfüllt sind, der seinerzeit mit der togoischen Regierung als Bedingung für weitere Hilfe vereinbart worden war. So berichtet Afrol News unter dem 14.11.2007, dass das erste Hilfspaket der EU im Umfang von 8 Mio. EUR dazu benutzt werden soll, die Konsolidierung transparenter politischer wirtschaftlicher Regierungsführung und die Stärkung der Demokratie voranzubringen (www.afrol.com/printable_article/27227). Auch der Bericht des Sonderberichterstatters zur Folter vom 06.01.2008 begrüßt zwar das Engagement der togoischen Regierung, die 22 Punkte, die sie mit der Europäischen Union vereinbart hat, zu respektieren, fordert aber die EU ausdrücklich auf, auf eine vollständige Umsetzung all dieser Selbstverpflichtungen zu drängen (Ziff. 117 des Berichts). Vor diesem Hintergrund hat auch der deutsche Außenminister Steinmeier bei seinem Besuch in Togo am 11.02.2008 den erklärten Willen der Regierung begrüßt, die begonnenen Reformen weiter zu führen, allerdings auch betont, dass die Bereitschaft, diesen Prozess weiter zu fördern, unter der Voraussetzung der Umsetzung des politischen Abkommens vom August 2006 sowie der Weiterführung des innertogoischen politischen Dialogs stehe. Daraus ist zu entnehmen, dass auch die Bundesregierung selbst noch nicht von einer vollständigen Umsetzung dieser Selbstverpflichtung ausgeht. Auch der Vertreter der Europäischen Union in Togo, der am 29.11.2007 dem togoischen Staatspräsidenten die offizielle Mitteilung über die volle und uneingeschränkte Wiederaufnahme der gegenseitigen Beziehungen übermittelte, äußerte gleichzeitig den Wunsch der EU nach Weiterführung der im politischen Abkommen vom 20.08.2006 vorgesehenen Reformen, insbesondere der Durchführung von Gemeindewahlen sowie der Bekämpfung von Straflosigkeit (vgl. Hanns Seidel-Stiftung, Monatsbericht Togo 2007).
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Unter all diesen Umständen bedarf es noch einer weiteren Phase der Konsolidierung und grundlegenden Reformen, bevor von einem Wegfall der Umstände im Sinne der oben benannten Vorschriften die Rede sein kann.
53 
Es mag zwar sein, dass zurückkehrenden Oppositionellen, die vor vielen Jahren aus Togo politisch verfolgt geflohen sind, derzeit unter den aktuellen Umständen dort keine direkte politische Verfolgung mehr drohen würde, mit hinreichender Sicherheit auszuschließen wäre eine Verfolgungswiederholung angesichts der genannten Hintergründe in absehbarer Zeit aber erst dann, wenn sich in den genannten Punkten weitere möglich durchgehende Reformschritte der Regierung aufzeigen lassen, die zu einem möglichen Ende der Straflosigkeit, zu einer vollständigen Herstellung der Meinungsfreiheit, zu einem grundlegenden Strukturwandel der Sicherheits- und Ordnungskräfte und vor allem auch zu einer Freilassung noch inhaftierter UFC-Oppositioneller und zu einer deutlichen Verbesserung der Lage im Hinblick auf Folterpraxis und Haftbedingungen genereller Art in Togo aufzeigen ließe. Daran fehlt es jedenfalls derzeit. Es mag sein, dass sich im Verlauf weiterer Jahre hier signifikante Verbesserungen ergeben können, wenn die Regierung insbesondere die nun von allen Gebern angekündigten Entwicklungshilfe tatsächlich sinnvoll in Reformen umsetzt, die über Lippenbekenntnisse hinausgehen, und wenn nicht nach Auszahlung der ersten großen Teile von Entwicklungshilfezahlungen ihr Interesse an Kooperation mit den Geberländern dann wieder erlischt (vgl. etwa zu der nach ihrer vorläufigen Aufnahme in die EU drastisch reduzierten Reformwilligkeit der Staaten Bulgarien und Rumänien im Bereich der Rechtsstaatsreformen die erhellende Analyse in der britischen Zeitschrift: The Economist, Ausgabe für die Woche v. 31.5. - 6.6.2008: „ Trust me - The theory and practice of the rule of law“). Insofern mag es aber durchaus auch so kommen, dass die korrupten Machteliten, die in Togo nach wie vor die Regierungsgewalt inne haben, sich zunächst weitgehend an den frisch fließenden Gebergeldern bereichern, dass sich die sozialen und politischen Missstände im Land, die insbesondere die Oppositionsparteien seit langem beklagt haben, nicht verbessern und dass es erneut, sollte die derzeit durch den Wahlmisserfolg noch beeinträchtigte UFC als größte Oppositionspartei hier keine Änderung feststellen können, wiederum politische Konflikte zwischen dem von ihr vertretenen Teil der Bevölkerung und der togoischen Regierung entstehen, die zu erneuten Repressionen führen können. Dass die togoische Regierung unter Präsident Gnassingbe auch ungeachtet der Drucks der internationalen Gemeinschaft und der Geberländer je nachdem wie es ihr opportun erscheint, aus innenpolitischen Gründen auch auf jedes Wohlverhalten verzichten kann, hat sie jedenfalls eindrucksvoll bewiesen, als sie nach internationalen Protesten gegen die faktische Einsetzung Gnassingbes als Staatspräsident im Wege der Beerbung des Präsidentenamts seines verstorbenen Vaters Eyadema zwar auf internationalen Druck hin im April 2005 eine Präsidentschaftswahl durchführte, in diesem Zusammenhang dann aber ein Massaker unter der Opposition mit ca.500 Toten und 40.000 in die Flucht geschlagenen Menschen veranstaltete, um den wunschgemäßen Ausgang der Wahl sicherzustellen.
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In Teilen der Rechtsprechung wurden Widerrufsentscheidungen zu Togo deshalb in diesem Sinne mit der Begründung aufgehoben, die Lage in Togo erfordere erst noch einen längeren Beobachtungszeitraum bevor von einer hinreichenden Rückkehrsicherheit vorverfolgter Togoer ausgegangen werden könne (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 20.11.2007 - 5 A 209/07 - und im Anschluss daran VG Neustadt a.d.W., Urt. v. 27.03.2008 - 2 K 1329/07.MW -; a.A. aber , nämlich für eine hinreichende Sicherheit trotz vorverfolgter Ausreise allein mit Blick auf die Wahlen und die Wiederaufnahme der an demokratische Fortschritte geknüpften EU-Hilfe VG Oldenburg, Urt. v. 19.11.2007 - 7 A 3486/04 - und VG Osnabrück, Urt. v. 25.03.2008 - 5 A 23/08 - [allerdings hier für den Fall einer unverfolgten Ausreise]; für eine fehlende beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung im Hinblick auf die im Lagebericht des Auswärtigen Amts von 2008 zu Togo bezüglich unverfolgt seinerzeit ausgereister Togoer: VG Minden, Urt. v. 11.03.2008 - 10 K 208/08.A -und VG Düsseldorf, Urt. v. 12.12.2007 - 12 K 4367/07.A - unter Bezug auf die Wahlen im Oktober 2007 sowie VG München, Urt. v. 13.03.2008 - M 25 K 07.50909 - unter Berufung auf den aktuellen Jahresbericht des AA 2008 und das Fehlen weiterer Verfolgungsfälle; ebenso VG Gelsenkirchen, Urt. v. 09.01.2008 - 10a K 2487/02.A - unter Hinweis auf die Wahlen und die wieder hergestellte Presse- und Meinungsfreiheit. Für eine fehlende beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung für Oppositionelle bei unverfolgter Ausreise auch schon OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.01.2007 - 4 L 381/04).
55 
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen kann für die Klägerin nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sie im Falle ihrer Rückkehr nach Togo dort in absehbarer Zeit erneut Opfer politischer Verfolgungsmaßnahmen würde. Beachtlich wahrscheinlich ist eine solche Verfolgung zwar nicht, da sie schon vor mehr als 13 Jahren aus Togo ausgereist ist und sich heute infolge ihrer Vollerwerbstätigkeit und wegen ihrer drei Kinder auch nicht mehr exilpolitisch betätigt. Gleichwohl ist schon durch ihr engagiertes, wortgewandtes und energische Auftreten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und durch ihre dabei zu Tage getretene detaillierte Kenntnis der innenpolitischen aktuellen Probleme Togos deutlich geworden, dass sie zu den Personen zählt, die sich schon früher vor der Ausreise den Mund nicht verbieten ließen und nach vielen Jahren eines Lebens in einer freiheitlich demokratischen Rechtsordnung erst recht nicht nach einer Rückkehr verbieten lassen würden. Von daher lässt sich jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Klägerin im Falle erneut auftretender innenpolitischer Spannungen zwischen der RPT Regierung und der oppositionellen UFC wieder in das Visier der togoischen Sicherheitskräfte geraten und Verfolgung zu befürchten hätte. Das gilt vor allem, weil sich das Regime nach dem oben gesagten nicht wirklich stabil und dauerhaft grundlegend gewandelt hat, auch wenn es aktuell unter einem gewissen Druck bis zu den Wahlen im Oktober 2007 wohl keine UFC Anhänger mehr verfolgt hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs.1, 83 b AsylVfG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Februar 2005 - A 18 K 12044/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 28. Sept. 2007 - A 1 K 867/06

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Februar 2005 - A 18 K 12044/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der Feststellung, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Der 1960 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit und stammt aus dem Kosovo. Er reiste im Mai 1996 nach Deutschland ein und stellte im Februar 1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er sich im Wesentlichen darauf berief, er sei Mitglied der LDK und von der serbischen Polizei wegen seiner politischen Betätigung unter Beschimpfungen stundenlang verhört und misshandelt worden. Den Asylantrag habe er erst jetzt gestellt, weil er bei seiner Einreise keine Ahnung von Asyl gehabt habe. Seine Mutter habe ihm am Telefon mitgeteilt, dass die Polizei nach wie vor nach ihm suche.
Mit Bescheid vom 26.09.1997 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen. Aufgrund des vom Kläger geschilderten Sachverhalts und der vorliegenden Erkenntnisse sei davon auszugehen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.
Nach Anhörung des Klägers widerrief das Bundesamt mit Bescheid vom 10.06.2004 die mit Bescheid vom 26.09.1997 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Verhältnisse im Kosovo mit dem Einmarsch der KFOR und dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte im Juni 1999 und dem Regimewechsel in Belgrad nach dem Sturz von Milosevic im Oktober 2000 grundlegend geändert hätten. Die Sicherheitslage für Kosovoalbaner habe sich merklich stabilisiert. Eine Verfolgung des Klägers im Falle einer heutigen Rückkehr in den Kosovo könne mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, dass ihm im übrigen Serbien und Montenegro politische Verfolgung drohe. Auch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG lägen nicht vor.
Am 21.06.2004 hat der Kläger hiergegen Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, mit der er rügt, dass § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht verfassungskonform sei und Art. 16a GG verletze. An die den Widerruf rechtfertigenden Verhältnisse im Heimatstaat seien höhere Anforderungen zu stellen. Nach der humanitären Intention der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sei bei einer nicht hinreichend stabilen Veränderung der Verhältnisse im Herkunftsland ein einmal gewährter Flüchtlingsstatus nicht zu entziehen. § 73 Abs. 1 AsylVfG entspreche nicht den Anforderungen der GFK. Eine hinreichend stabile Veränderung der Verhältnisse im Herkunftsland sei nicht eingetreten. Einem Widerruf stehe zudem § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG entgegen. Der Kläger sei bereits seit etlichen Jahren in Deutschland und habe hier eine Existenz aufgebaut. Eine Rückkehr würde eine Rückkehr ins Nichts bedeuten. Darüber hinaus habe die Beklagte auch das ihr gem. § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG in der ab 2005 gültigen Fassung eröffnete Ermessen nicht ausgeübt.
Dem Antrag des Klägers, den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.06.2004 aufzuheben, ist die Beklagte unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid entgegengetreten.
Mit Urteil vom 22.02.2005 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Bescheid des Bundesamts vom 10.06.2004 aufgehoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass nach § 73 Abs. 2a AsylVfG in der seit 01.01.2005 geltenden Fassung eine Ermessensentscheidung hätte getroffen werden müssen. Da das Ermessen nicht ausgeübt worden sei, sei der Widerrufsbescheid aufzuheben. Auch im Hinblick auf die negative Feststellung zu § 53 AuslG bestehe ein Rechtsschutzinteresse an einer isolierten Anfechtung. Der angefochtene Bescheid sei auch insoweit aufzuheben, da aufgrund der Aufhebung der Widerrufsentscheidung die Feststellung zu § 51 AuslG wieder auflebe, so dass kein Bedürfnis für eine (negative) Entscheidung zu § 53 AuslG bestehe.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 28.07.2005 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus, dass § 73 Abs. 2a AsylVfG ausschließlich Verfahren erfasse, bei denen die entsprechende Feststellung seit dem 01.01.2005 unanfechtbar geworden sei.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.02.2005 - A 18 K 12044/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er führt aus, dass § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in Übereinstimmung mit der GFK und Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Qualifikationsrichtlinie anzuwenden sei und einen grundlegenden, stabilen und dauerhaften Charakter der Veränderungen voraussetze, was konkret zu verneinen sei. Es sei darüber hinaus erforderlich, dass es der Flüchtling nicht mehr ablehnen könne, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitze. Aufgrund der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie im Aufenthaltsgesetz werde die Anwendung der GFK mit einer neuen Rechtsqualität ausgestaltet. Nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG sei die Richtlinie ergänzend anzuwenden. Somit bestehe Klärungsbedarf, inwieweit nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie ihre Mindestnormen eingehalten seien. Darüber hinaus bestehe erneut Anlass, sich mit der abweichenden Auslegung des UNHCR hinsichtlich der Anforderungen an eine Widerrufsentscheidung auseinander zu setzen.
14 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.
II.
15 
Der Senat entscheidet gem. § 130a VwGO über die Berufung durch Beschluss, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
16 
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben. Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.06.2004 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
1. Der Widerrufsbescheid unterliegt in formeller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken; solche werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Der mit der Klage angefochtene Bescheid ist aber auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Er findet seine Grundlage in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, denn die erst zum 01.01.2005 in Kraft getretene Bestimmung des § 73 Abs. 2a AsylVfG findet keine Anwendung auf Widerrufsentscheidungen, die - wie hier - bereits vor dem 01.01.2005 ergangen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, BVerwGE 124, 276.; Urteil des Senats vom 21.03.2006 - A 6 S 1027/05 -, juris).
18 
Mangels einschlägiger Übergangsregelungen kommt die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) seit dem 28.08.2007 geltende Rechtslage zur Anwendung. Nach § 73 Abs 1 Satz 1 AsylVfG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (die frühere Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen) unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist nach ständiger Rechtsprechung zu § 73 Abs. 1 AsylVfG a.F. für den Fall der Vorverfolgung insbesondere dann der Fall, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen (Vor-)Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. Ob dem Ausländer wegen allgemeiner Gefahren im Herkunftsland, z. B. aufgrund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage, eine Rückkehr unzumutbar ist, ist beim Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 AsylVfG hingegen nicht zu prüfen. Schutz kann insoweit nur nach den allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen gewährt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; Urteil vom 18.07.2006 - 1 C 15.05 -, BVerwGE 126, 243; Urteil des Senats vom 21.03.2006, a.a.O.). § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hat durch das Änderungsgesetz vom 19.08.2007 insoweit keine sachliche Veränderung erfahren und ist - nach wie vor - verfassungsgemäß (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; Urteil vom 24.11.1992 - 9 C 3.92 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 1; s. a. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2006 - 2 BvR 2368/04 -, juris).
19 
Bereits § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG a.F. entsprach seinem Inhalt nach der sog. „Beendigungs-“ oder „Wegfall-der-Umstände“-Klausel in Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 der GFK (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; s. a. Urteil des Senats vom 21.03.2006, a.a.O.). Besteht nach den genannten Maßstäben für den Flüchtling keine Verfolgungsgefahr, kann er es - vorbehaltlich der Ausnahme in § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG - im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 der GFK nicht mehr ablehnen, den Schutz des Landes seiner Staatsangehörigkeit (wieder) in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, AuAS 2007, 164). Die Neufassung des § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG nimmt nunmehr die „Wegfall-der-Umstände-Klausel“ des Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK, die auch in Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie) übernommen wurde, ausdrücklich auf: Ein unverzüglicher Widerruf hat danach insbesondere zu erfolgen, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Da schon die bisherige Fassung des § 73 Abs. 1 AsylVfG in der beschriebenen Auslegung und Anwendung durch die Gerichte in Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention stand und den - nicht weitergehenden - Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie entsprach (vgl. m.w.N. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.05.2006 - A 2 S 1046/05 -, juris; Urteil vom 21.06.2006 - A 2 S 571/05 -, AuAS 2006, 175; s. a. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2006, a.a.O.), ergeben sich durch die klarstellende Neufassung keine Veränderungen der Rechtslage.
20 
Soweit nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG die „Wegfall-der-Umstände-Klausel“ nicht gilt, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr abzulehnen, betrifft dies nur Nachwirkungen einer früheren Verfolgung im besonders gelagerten Einzelfall. Von einem Widerruf ist dann abzusehen, wenn sich aus dem konkreten Flüchtlingsschicksal besondere Gründe ergeben, die eine Rückkehr unzumutbar erscheinen lassen. Auch diese Vorschrift schützt nicht gegen allgemeine Gefahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2006, a.a.O.; Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall ist im Falle des Klägers nicht zu erkennen. Die Berufung auf den langen Aufenthalt in Deutschland und die allgemein schlechte Lage im Kosovo begründet keinen Fall des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG.
21 
Soweit der Kläger auf die Qualifikationsrichtlinie verweist, findet diese im vorliegenden Widerrufsverfahren schon deshalb keine unmittelbare Anwendung, weil die den Widerruf betreffenden Richtlinienbestimmungen gem. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie nur bei Anträgen auf internationalen Schutz gelten, die nach Inkrafttreten der Richtlinie gestellt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.2007 - 10 C 24.07 -, AuAS 2007, 225; Urteil vom 20.03.2007, a.a.O.). Der dem streitgegenständlichen Widerruf zugrunde liegende Asylantrag wurde vom Kläger jedoch bereits im Jahre 1997 und damit vor Inkrafttreten der Qualifikationsrichtlinie gestellt. Ungeachtet dessen ergeben sich aus den Richtlinienbestimmungen (Art. 14 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Buchst. e, Abs. 2), die wörtlich an die Genfer Flüchtlingskonvention anknüpfen, auch keine von § 73 Abs. 1 AsylVfG abweichenden Vorgaben, da diese Bestimmung - wie bereits ausgeführt - ebenfalls im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 GFK auszulegen und anzuwenden ist (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 - a.a.O. m.w.N.).
22 
Soweit § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 19.08.2007 auf die ergänzende Anwendung im einzelnen bezeichneter Bestimmungen der Qualifikationsrichtlinie verweist, gilt dieser Verweis für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt. Im Widerrufsverfahren hat dies lediglich insoweit - mittelbar - Auswirkungen, als die Frage, ob im Falle einer Rückkehr (noch) eine Verfolgungsgefahr besteht, vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 AufenthG in der nunmehr geltenden Fassung zu beantworten ist. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus jedoch keine von den Feststellungen des angefochtenen Widerrufsbescheids abweichende Beurteilung.
23 
Nach ständiger Rechtsprechung sind albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo im Falle einer Rückkehr - sei es in den Kosovo, sei es in das restliche serbische Staatsgebiet - aufgrund der nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse jetzt und auf absehbare Zeit vor Verfolgung hinreichend sicher, so dass die Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfüllt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, AuAS 2004, 142; vgl. zur Verfolgungssicherheit und zur Stabilisierung der Sicherheitslage - auch - für die Minderheiten der Ashkali und der „Ägypter“ (auch) im Hinblick auf nichtstaatliche Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG: Urteile des Senats vom 21.03.2006, a.a.O. und vom 30.11.2006 - A 6 S 674/05, juris). Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 16.03.2004 (a.a.O.) ausgeführt, dass und weshalb von einer grundlegenden Veränderung der Verhältnisse im Kosovo und damit von einem „Wegfall der Umstände“ im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 GFK auszugehen ist. In diesem Zusammenhang wurden auch die vom Kläger im vorliegenden Verfahren erhobenen Einwendungen erörtert und bei der Entscheidung berücksichtigt. Eine für den vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Veränderung der Sach- oder Rechtslage ist seither nicht eingetreten. Im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt liegen beim Kläger demnach die für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (in der Fassung vom 19.08.2007) nicht (mehr) vor. Die im Zeitpunkt der Anerkennung als Flüchtling angenommene Verfolgungsgefahr durch serbische Sicherheitskräfte besteht nicht mehr, eine Verfolgungswiederholung ist mit hinreichender Sicherheit auszuschließen und es droht auch keine anderweitige beachtlich wahrscheinliche Verfolgung - sei es durch staatliche, sei es durch nichtstaatliche Akteure. Eine Verfolgung in Anknüpfung an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal ist für die Gruppe der - in den Kosovo oder aber in das restliche Serbien - zurückkehrenden albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo nicht zu befürchten. Hiergegen sprechende Gesichtspunkte zeigt auch der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht auf. Auch individuelle Verfolgungsgefahren sind zum jetzigen Zeitpunkt weder vorgetragen noch erkennbar.
24 
2. Das Bundesamt hat in dem angefochtenen Bescheid auch zu Recht festgestellt, dass Abschiebungshindernisse gem. § 53 AuslG (jetzt: Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) nicht vorliegen (vgl. zur entsprechenden Befugnis des Bundesamts: BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). Dahinstehen kann, ob der auf isolierte Anfechtung gerichtete Antrag des Klägers insoweit sachdienlich dahingehend auszulegen ist, dass hilfsweise beantragt wird, die Beklagte zu verpflichten, das Vorliegen von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG festzustellen. Denn Abschiebungsverbote sind in der Sache weder vorgetragen noch erkennbar.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylVfG und einer entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO:
26 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

A 1 K 867/06

Nr. 3 und - soweit darin die Abschiebung des Klägers in die Demokratische Republik Kongo angedroht wird - auch die Nr. 4 des Bundesamtsbescheids vom 4.5.2000 werden aufgehoben. Die Beklagte - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - wird verpflichtet zugunsten des Klägers festzustellen, dass betreffend die Demokratische Republik Kongo ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein am 24.2.1975 geborener Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 30.12.1999 einen Asylfolgeantrag. Sein erstes Asylverfahren, zwecks dessen Durchführung er im Februar 1996 nach Deutschland eingereist war, blieb erfolglos; das die Asylklage abweisende Urteil des VG Karlsruhe vom 25.3.1998 (A 9 K 11094/96) war mit Zustellung des die Berufungszulassung ablehnenden Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 29.6.1999 (A 13 S 1104/98) rechtskräftig geworden. Zur Begründung seines neuerlichen Asylbegehrens machte der Kläger geltend, er sei seit 2.5.1999 Gründungsmitglied des FDC und dort verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt werde die regimekritische Zeitung „Eveil“ von ihm herausgegeben.
Mit Bescheid des Bundesamts vom 4.5.2000, zugestellt am 24.5.2000, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs.1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Schließlich wurde dem Kläger die Abschiebung in sein Heimatland angedroht.
Der Kläger hat am 30.5.2000 Klage erhoben. Das Verfahren hat zunächst förmlich vom 13.9.2000 bis zum 17.8.2004 beruht. Nachdem der Kläger auf eine gerichtliche Betreibensaufforderung vom 17.1.2006 nicht reagiert hatte, stellte das erkennende Gericht unter Annahme der Klagerücknahmefiktion des § 81 AsylVfG das Verfahren am 22.2.2006 ein. Am 22.12.2006 erhob der Kläger „Gegenvorstellung“, bereits am 17.3.2006 hatte er zuvor einen Folgeantrag beim Bundesamt gestellt, auf den hin dieses unter dem 3.5.2007 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt hatte. Nachdem das Gericht mitgeteilt hatte, dass die Voraussetzungen für die Klagerücknahmefiktion nicht vorgelegen hätten, hob das Bundesamt den Bescheid vom 3.5.2007 unter dem 14.5.2007 auf. Im Rahmen des fortgeführten Ursprungsprozesses beantragt der Kläger,
den Bescheid des Bundesamts vom 4.5.2000 aufzuheben und die Beklagte - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass betreffend die Demokratische Republik Kongo Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Gericht liegen die Bundesamtsakten beider Asylverfahren des Klägers vor. Auf den Inhalt dieser Akten wird ergänzend ebenso verwiesen, wie auf die wechselseitigen Schriftsätze und die den Beteiligten vorab übermittelte Erkenntnismittelliste. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Wegen Einzelheiten seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
10 
Beim Kläger liegen zwar zur Überzeugung des Gerichts aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung (subjektive) Nachfluchtgründe vor. Allerdings hat er diese jenseits der maßgeblichen Dreimonatsfrist des § 51 Abs.3 VwVfG vorgebracht (zur Geltung der §§ 71 AsylVfG, 51 VwVfG für jeden einzelnen Wiederaufgreifensgrund: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998 - 9 C 28/97 -, NVwZ 1998, 861). Seine exilpublizistische Tätigkeit für die Zeitschrift „Eveil“ hat er erst am 30.12.1999 geltend gemacht, obwohl sein erstes Asylverfahren bereits seit Juni 1999 (Zustellung des VGH-Beschlusses an den Kläger) unanfechtbar abgeschlossen war. Ungeachtet des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist hierdurch die Einräumung einer Rechtsposition nach Art. 16 a Abs. 1 GG und nach § 60 Abs. 1 AufenthG unmöglich geworden, weil diese Schutzgewährungen Element des Asylfolgeantrags und mithin abschließend in §§ 71 Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG geregelt sind. Darauf, dass das Bundesamt in seinem Bescheid vom 4.5.2000 ausweislich der „Tenorierung“ und Begründung ein weiteres Asylverfahren durchgeführt und anschließend (negativ) in der Sache entschieden hat, kommt es nicht an. Maßgeblich für die Frage der Verfahrensrelevanz (Beachtlichkeit) eines Folgeantrags ist insoweit allein die durch das Gericht erkannte Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (ausführlich dazu: VG Freiburg, Beschluss vom 15.8.2003 - A 1 K 11051/03 - VENSA).
11 
Dem Kläger ist jedoch Abschiebungsschutz zu gewähren. Zu seinen Gunsten ist nämlich die Anwendung des mit dem Hilfsantrag zur Entscheidung gestellten (zum Rangverhältnis der Streitgegenstände vgl. zum alten Recht: BVerwG, Urt. v. 26.6.2002 - 1 C 17/01 - InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht gehindert gewesen. Jenseits des § 71 AsylVfG, welcher nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich nämlich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, eine Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue - jetzt günstige - Sachentscheidung zum Vorliegen von Abschiebungshindernissen dann ergeben, wenn diese tatsächlich vorliegen. Auf den Zeitpunkt der Geltendmachung kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (BVerwG, Urt. v. 20.10.2004 - 1 C 15/03 - InfAuslR 2005, 120; Urt. v. 21.3.2000 - 9 C 41/99 -, NVwZ 2000, 940; Urt. v. 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.1.2000 - A 14 S 786/99 -, VBlBW 2000, 368; vgl. nunmehr auch BVerfG, Beschl. v. 21.6.2000 - 2 BvR 1989/97 -, DVBl. 2000, 179). Das gilt auch für die Fälle, in denen einer erneuten asyl- bzw. flüchtlingsrechtlichen - d.h. Art. 16a Abs. 1 GG und § 60 Abs. 1 AufenthG betreffenden - Sachentscheidung des Bundesamts Hindernisse entgegenstehen, die sich aus der Anwendung der - formal bzw. normspezifisch präkludierend wirkenden - Absätze 2 und 3 des § 51 VwVfG ergeben (a.A. möglicherweise VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.7.1999 - A 9 S 96/99). In Verbindung mit der Pflicht, auch im Asylfolgeverfahren in der Sache durchzuentscheiden (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998, a.a.O.; bestätigt im Urt. v. 20.10.2004, a.a.O.), hat das Verwaltungsgericht einen asylrechtlich verfahrensirrelevanten bzw. unbeachtlichen Asylvortrag gleichwohl unter dem Gesichtspunkt eines Abschiebungshindernisses zu würdigen (vgl. allgemein zur materiellen Doppelrelevanz eines Sachverhalts unter den Gesichtspunkten „Asyl“ und „Abschiebungshindernis“: BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 -, DVBl. 1996, 203). Eine solche abschließende gerichtliche Prüfung gelangt vorliegend zu dem Ergebnis, dass wegen konkreter Gefahr für Leib, Gesundheit, Freiheit und Leben des Klägers dem Bundesamt keine andere Ermessensentscheidung als diejenige der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses eingeräumt ist.
12 
Dem Kläger drohen zur Überzeugung des Gerichts im Fall einer heutigen Rückkehr wegen seines exilpolitischen Engagements unter den Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (bzw. Art. 15 b RiL 2004/83/EG) fallende Menschenrechtsverletzungen. Abschiebungsschutz nach diesen Vorschriften kann beanspruchen, wem im Zielland der Abschiebung landesweit - also ohne zumutbare inländische Fluchtalternative - die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung droht. Da Art. 3 EMRK ebenso wie das Asylrecht nicht vor den allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen, Bürgerkriegen und anderen bewaffneten Konflikten schützt, setzt der Begriff der Behandlung ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus. Relevant im Sinne dieser Vorschrift sind deshalb grundsätzlich nur Misshandlungen durch staatliche Organe. Der Begriff der Gefahr in dieser Vorschrift ist kein anderer als der in der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ des asylrechtlichen Prognosemaßstabs mit der Konsequenz einer erforderlichen einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation angelegte Gefährdungsbegriff. Die besondere Schwere des Eingriffs ist auch bei § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise und nach Maßgabe des genannten Maßstabs im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts zu berücksichtigen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerwG, Urt. v. 2.9.1997 - 9 C 40/96 -, DVBl. 1998, 271 [unter Auseinandersetzung mit den Urteilen des EGMR vom 29.4.1997, InfAuslR 1997, 333 und vom 2.5.1997, InfAuslR 1997, 381]).
13 
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Betreffend die Frage relevanter Gefährdungslagen wegen exilpolitischer Betätigung macht sich das Gericht zunächst die - materiell auch auf Art. 3 EMRK übertragbaren - Ausführungen der obergerichtlichen Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.7.2003 - A 6 S 971/01 und Urt. v. 13.11.2002 - A 6 S 967/01; OVG Münster, Urt. v. 18.4.2002 - 4 A 3113/95.A) zu eigen. Kongolesen sind danach nicht allein schon wegen exilpolitischer Betätigung in Deutschland generell gefährdet. Exilpolitische Betätigungen kongolesischer Staatsbürger sind für das Kabila-Regime aber dann von Interesse ist, wenn sie als Ausdruck einer ernst zu nehmenden Gegnerschaft gewertet werden können. Das setzt zum einen voraus, dass der jeweilige kongolesische Staatsbürger eine „exponierte“ Tätigkeit entfaltet, die von einer breiten Öffentlichkeit in Deutschland wahrgenommen werden kann und bei der er selbst „eigenes Gesicht“ gewinnt. Nach ihrem Inhalt muss es sich um Aktivitäten handeln, die das Kabila-Regime in einer Weise diskreditieren, dass die bilateralen Beziehungen zwischen dem Gastland und der DR Kongo mit Folgen für die vom Regime angestrebte Verbesserung der internationalen Kooperation belastet werden können. Erst dann kann auch davon ausgegangen werden, dass kongolesische Stellen die exilpolitischen Aktivitäten des Betreffenden wahr- und ernstnehmen (vgl. dazu, dass nicht schon die exilpolitische Tätigkeit an sich, sondern die Kenntnis des Verfolgerstaats von dieser maßgebliches Prognosekriterium ist: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.1997 - A 12 S 2595/96).
14 
Die konkrete Rückkehrgefährdung des Klägers ergibt sich vorliegend zur Überzeugung des Gerichts aus seiner nachhaltigen Mitwirkung an der exilpolitischen Zeitschrift „Eveil“. Seit Gründung dieser Zeitschrift im Mai 1999 wirkt er als Herausgeber - stets namentlich im Impressum genannt - an der Entstehung dieser durchweg regimekritischen und in wechselnder Auflagenstärke von bis zu 2000 Exemplaren/Jahr sowohl in Europa (vgl. die im Impressum genannten Mitarbeiter in anderen Ländern) als auch im Kongo verbreiteten Schrift mit. Ferner veröffentlicht(e) er darin in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen (ebenfalls mit Namen versehene) eigene Beiträge. Auch wenn sich der Kläger durchaus weniger kundig gezeigt hat als die „Eveil“-Vorsitzende M. (vgl. Entscheidung vom 17.3.2006 in deren Asylverfahren A 1 K 10785/03) und der Generalbevollmächtigte M. (vgl. Entscheidung vom 10.3.2006 in dessen Asylverfahren A 1 K 10786/03), so hat das Gericht keinen Zweifel an der Echtheit seines Engagements. Denn als Herausgeber obliegt ihm die Gewährleistung eher organisatorischer, gleichwohl jedoch nicht weniger wichtiger Aktivitäten wie Sammeln von Material, Sichtung eingereichter Beiträge der „Mitglieder“ (das sind die Verfasser von Artikeln) und schließlich die Aufbereitung, bevor die Herstellung des Printmediums durch die Druckerei erfolgt.
15 
Der Kläger ist schließlich vor allem auch enger Mitarbeiter und Vertrauensperson des Gründers, Herausgebers und Chefredakteurs der „Eveil“, Herrn P.. Damit gilt letztlich aber auch für den Kläger, was das Gericht für die Flüchtlingsanerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG des Herrn P. festgestellt hat (vgl. Urteil vom 26.7.1999 - A 1 K 10175/96 - EAS.14/15). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass diese vielschichtigen, umfangreichen langjährigen exilpolitischen/-publizistischen Tätigkeiten des Klägers für das Kabila-Regime von Repressionsinteresse und ferner von erheblichem Ausforschungsinteresse betreffend die offensichtlich einflussreiche und jetzt fast 12 Jahre im Exil lebende Person des P. sind. Kehrte der Kläger in den Kongo zurück, wäre er „Informant“ erster Wahl betreffend Struktur, Arbeitsweise, Finanzierung und personelle Zusammensetzung eines wichtigen Teilbereichs der kongolesischen Opposition in Europa. Personen wie er stellen für den kongolesischen Staat auch und gerade im Ausland eine politische Herausforderung bzw. Bedrohung dar. Aufgrund ihrer lebendigen Aktivitäten sind sie in der Lage, die zahlreichen politischen und humanitären Missstände anzuprangern, ohne dass das Regime unmittelbar eingreifen könnte. Auch wenn Erkenntnisse über Beobachtungs- und Ausforschungstätigkeiten durch Informanten in Europa nicht bestehen - typischerweise ist hier die asylrechtliche Verfolgungsprognose in besonderem Maße auf Vermutungen angewiesen -, stellt das Vorhandensein einer relevanten Anzahl von Exilkongolesen in Europa - dort speziell in Belgien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland - ein gewichtiges Indiz für (auch) geheimdienstartige Ausforschungsbestrebungen der Machthaber und mithin eine überaus sichere Wahrnehmung der Aktivitäten des Klägers dar. In der Zeit der nunmehr über 10-jährigen Kabila-Herrschaft (erst Vater, dann Sohn) sind zweifellos Informationswege zwischen für die Sicherheit zuständigen staatlichen Stellen in der DR Kongo und dem Ausland aufgebaut worden. Das Gericht erachtet es deshalb für unzweifelhaft, dass die vorliegend betroffene kongolesische Auslandsopposition im Blickfeld der Machthaber in Kinshasa steht. Auf der Grundlage der zur innenpolitischen Lage vorhandenen Erkenntnisquellen muss damit aber davon ausgegangen werden, dass auf eine exiloppositionelle Betätigung vom kongolesischen Staat, erhält er Kenntnis davon, nicht anders reagiert wird, als auf oppositionelle Tätigkeiten im Inland. Gerade diese aber werden immer wieder mit menschrechtswidriger Repression beantwortet.
16 
Ob im Schreiben der kongolesischen Botschaft Stockholm vom 2.3.2000 an den (damaligen) kongolesischen Innenminister Kakudji - darin wird der Kläger namentlich neben 19 anderen Personen als Regierungsgegner bezeichnet - eine weitere Bestätigung für eine Gefährdung des Klägers liegt, konnte folglich dahinstehen. Mit Blick auf die Veröffentlichung dieses Schreibens in der „Eveil“ Nr. 8 (Januar bis März 2001) hätten zumindest Zweifel an der heutigen Relevanz (über 6 Jahre später) bestanden.
17 
Eine Auswertung der Erkenntnisquellen aus jüngster Zeit steht dieser Gefährdungseinschätzung zugunsten des Klägers nicht entgegen, sondern bestätigt diese letztlich. Zwar fehlen letztlich Referenzfälle für Übergriffe auf zurückkehrende Mitglieder bzw. Anhänger von Oppositionsparteien. Entsprechendes gilt für regimekritische Autoren. Eine tatsächliche Festnahme eines im November 2004 aus Europa zurückgekehrten Kongolesen am Flughafen Ndjili ist nicht belegbar, nachdem Ermittlungsergebnisse des Auswärtigen Amts dafür sprechen, dass diese Person im März 2005 - offenbar erneut, aber jetzt nicht aus Europa sondern - aus Äthiopien einreiste und mit falschen Dokumenten bei der Einreise fest gehalten wurde (AA, Lagebericht vom 14.5.2005). Das AA schätzt die Mitgliedschaft in einer Auslandorganisation der kongolesischen Opposition und die Teilnahme an Kundgebungen gegen die kongolesische Regierung nicht als gefährlich ein (Lageberichte vom 14.12.2005, vom 9.5.2005 und vom 28.5.2004). Wie das AA allerdings bei anderer Gelegenheit feststellt (Auskunft 7.12.2004 an VG Münster), ist es nicht auszuschließen, dass exilkongolesische Vereinigungen in der Bundesrepublik von den kongolesischen Behörden wahrgenommen werden. Im konkreten Fall einer „Exilregierung der Demokratischen Republik Kongo“ hätten Erkundigungen beim kongolesischen Innenministerium und bei verschiedenen kongolesischen Behörden allerdings keinen Hinweis dafür ergeben, dass die benannte Organisation von diesen Stellen „wahrgenommen bzw. ernst genommen“ werde. Was ein an den Staatspräsidenten Kabila gerichtetes kritisches Schreiben des betreffenden Klägers angehe, so würden in der kongolesischen Presse täglich Stellungnahmen veröffentlicht, die die aktuelle kongolesische Regierung sowie den Staatspräsidenten in ähnlicher bzw. in weit schärferer Weise kritisierten, ohne nach Kenntnis des AA nachteilige Folgen für die Verfasser zu haben (ebenso Auskunft 2.8.2004 an VG Aachen). In ständiger Auskunftspraxis des Jahres 2003 weist das AA daraufhin, in den letzten Wochen und Monaten seien zahlreiche hochrangige Oppositionelle unbehelligt in den Kongo zurückgekehrt. Das stehe im Zusammenhang mit dem Amnestiedekret Nr. 03/001 vom 15.4.2003 (in anderen Auskünften wie z. B. derjenigen vom 19.9.2003 an OVG Münster bezeichnet als Amnestiedekret „Nr. 003/001 vom 14.4.2003“), welches neben Kriegshandlungen auch politische und Meinungsdelikte in der Zeit zwischen 2.8.1998 und 4.4.2003 betreffe (Auskünfte 13.6.2003 an OVG Münster, 15.12.2003 an VG Frankfurt/Oder und 16.12.2003 an VG Regensburg). Nach Machtübernahme durch Joseph Kabila habe sich die Situation sogar für ehemalige Mobutu-Leute positiv geändert. Verwandte von Kengo wa Dondo (mehrfachen Premierminister unter Mobutu) lebten unbehelligt in Kinshasa. Die Mobutisten-Partei MPR sei offiziell zugelassen worden, das Führungspersonal dieser Partei habe ungehindert am innerkongolesischen Dialog in Sun City (25.2. bis 19.4.2002) teilnehmen können. Die Parteivorsitzende der MPR sei schließlich Kandidatin für den Posten des Vizepräsidenten der politischen Opposition. Sogar Mobutu-Offiziere seien durch Kabila an die Spitze der Armee ernannt worden und auch ehemalige Mitglieder des Sicherheitsdienstes SNIP hätten unbehelligt in den Kongo zurückkehren können (Auskunft 31.3.2003 an OVG Münster). Angesichts des Amnestiedekrets, welches Vertretern ehemaliger Rebellenorganisationen und anderen Oppositionellen ermöglichen sollte, an Verhandlungen für eine Übergangsregierung teilzunehmen, erachtet es das AA nicht für ersichtlich, dass die einfache Mitgliedschaft in Exilorganisationen zu einer Verdächtigung führen könne. Die kongolesische Regierung messe exilpolitischen Tätigkeiten in Deutschland anders als in Belgien und Frankreich keine Bedeutung zu, die kongolesische Botschaft in Deutschland überwache nach Einschätzung des AA exilpolitische Tätigkeiten nicht in nennenswerter Weise (Auskunft 9.9.2003 an VG Gelsenkirchen, Lagebericht vom 4.8.2003 und Auskunft 7.1.2003 an VG Oldenburg).
18 
Zu einer Relativierung der bislang in der Rechtsprechung entwickelten Gefährdungseinschätzung bei besonders aktiven Oppositionspolitikern können diese Erkenntnisse hingegen nicht führen. So liegen andererseits dem Bundesnachrichtendienst nämlich durchaus Hinweise vor, dass der militärische Geheimdienst DEMIAP seine Überwachungstätigkeit auf Aktivitäten Intellektueller und ehemaliger Offiziere insbesondere in den Ländern Belgien, USA, Frankreich und Deutschland konzentriert (Auskunft 9.11.2004 an VG Münster). Ferner ergibt sich mittelbar aus der Auskunft des AA vom 7.12.2004 an das VG Münster, dass Auslandsaktivitäten der Opposition durchaus wahrgenommen werden, sonst könnte dort nicht die Rede von einem „Ernst-nehmen“ durch kongolesische Stellen sein. Nicht zu verkennen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass das Kabila-Regime bzw. seine Vollzugs- und Sicherheitsorgane immer wieder gewaltsam und unberechenbar auf regimekritische und öffentlichkeitswirksame Äußerungen aus Kreisen der Opposition, Presse und Menschenrechtsorganisationen im eigenen Land reagieren (vgl. aus jüngster Zeit, jeweils mit Referenzfällen: 20. Bericht des UN-Generalsekretärs vom 28.12.2005 zur UN-Mission im Kongo [MONUC], Seite 11; Länderbericht des britischen Innenministeriums vom Oktober 2005 Ziffer 6.15 ff.; Amnesty International, Jahresberichte 2005 und 2004 sowie Auskünfte vom 4.6.2004 an VG München und 2.9.2003 an VG Lüneburg; UNHCR, Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen aus der DR Kongo, Oktober 2003, Rnrn. 301-313 = Seite 82-84). Im Zusammenhang mit der Einleitung der Übergangsphase weist ferner der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 9.11.2003 an das VG München (betreffend eine Einschätzung der Gefährdungslage bei (exil)politisch tätigen Asylbewerbern aus der DR Kongo) darauf hin, dass die zivilen Oppositionsparteien UDPS und PALU angesichts ihrer Ablehnungshaltung gegenüber der Übergangsregierung nunmehr verstärkt als destabilisierender Faktor eingeschätzt würden. Die Behörden in Kinshasa reagierten deshalb sehr empfindlich auf Aktivitäten dieser Parteien. Entsprechendes müsse für die Einschätzung exilpolitischer Aktivitäten gelten, wobei hier nicht so sehr die (formale) Funktion der betreffenden Personen innerhalb der Parteistruktur, sondern ihre (faktische) Aktivität und öffentlichkeitswirksame Betätigung ausschlaggebend sei, wenn es darum gehe, ob sie zur Kenntnis der kongolesischen Auslandsdienste und ins Visier der kongolesischen Behörden gelange. In seinem umfangreichen Bericht vom Oktober 2003 (Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen, a.a.O., Rnr. 314 = Seite 84/85) stellt der UNHCR fest, dass solche bekannt gewordenen Exilpolitiker bei Rückkehr genau befragt würden; das dann bestehende Gefährdungsrisiko für die Person hänge davon ab, durch welche Stelle die Befragung erfolge und welche Schutzmöglichkeiten die Familie dieser Person in Form von Beziehungen zu den Behörden habe. Es spricht vor diesem Hintergrund nichts dafür, oppositionelle und regimekritische Aktivitäten im Ausland würden als bedeutungslos erachtet und bei Rückkehr entsprechend herausragender Aktivisten ungeahndet gelassen. Das gilt umso mehr, als der Flughafen Kinshasa ein geeignetes „Nadelöhr“ für das Herausfiltern unliebsamer Personen ist.
19 
An dieser zuletzt für den Zeitpunkt Mitte 2006 aufgestellten Gefährdungsprognose für zurückkehrende herausgehobene Exilpolitiker bzw. Exilpublizisten hält das Gericht auch etwas mehr als ein Jahr später fest. Zwar haben Ende 2006 durch die Vereinten Nationen begleitete demokratische Wahlen im Kongo stattgefunden. Um ein fassbares Geschehen, welches eine Zäsur hin zur Entstehung eines nunmehr für den Kläger sicheren Ortes der Rückkehr begründet hätte, handelt es sich dabei jedoch nicht. Ebensowenig wie ein lediglich gerade erreichter „Stand der Dinge" innerhalb eines ständig wechselnden Geschehens ohne weiteres zu Gunsten eines Asylsuchenden einen objektiven Nachfluchttatbestand begründen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13.5.1993 - 9 C 59/92 - InfAuslR 1993, 354), muss sich ein bis vor Kurzem beachtlich wahrscheinlich gefährdeter Rückkehrer Prozesse und Abläufe innerhalb länger dauernder Entwicklungen gefährdungsmindernd entgegenhalten lassen, wenn diese nicht eindeutig eine völlig neue Tendenz zur (positiven) Veränderung des Geschehens anzeigen. Eine solche positive Veränderungen kann bislang Kongo jedoch nicht festgestellt werden, betrachtet man nur unmittelbar vor sowie nach den Wahlen vom 15.11.2006 erfolgten Menschenrechtsverletzungen (vgl. ausführlich Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 4.8.2006 an VG München sowie Amnesty International, Auskunft vom 3.4.2007 an VG Kassel).
20 
Das Gericht schließt sich letztlich der zutreffenden Zusammenfassung bzw. Bewertung an, die das German Institute of Global and Area Studies (Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien - vormals Deutsches Übersee-Institut) in seiner Auskunft vom 9.3.2007 an das VG Kassel formuliert hat. Es darf danach „… nicht außer Acht bleiben, dass die DR Kongo und vormals Zaire in den fast fünf Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit noch nie eine Entwicklung genommen haben, die langfristig zu staatlicher Konsolidierung und politischer Stabilität geführt hätte. Vielmehr gibt es seit Jahrzehnten einen Wechsel zwischen labilen, oberflächlich bisweilen stabil wirkenden Entwicklungsphasen und Phasen völliger Instabilität - wie jene Zeit nach dem Ende der Mobutu-Herrschaft, in der durch Kriegswirren der staatliche Bestand, die nationale Einheit und die territoriale Integrität der DR Kongo auf dem Spiel standen. Die grundsätzlich nie behobene Fragilität dieses Staates hatte zur Folge, dass in Zaire und später der DR Kongo Rechtsstaatlichkeit und Demokratie keine Chance hatten, sondern politische Systeme der Korruption und Repression gediehen. Diese strukturelle Schwäche wird derzeit durch eine Phase politischer Stabilisierung überdeckt, die durch die Wahlen von 2006, die Regierungsbildung 2007 und die damit einhergehende weitgehende Wiederherstellung staatlicher Strukturen gekennzeichnet ist. Diese Entwicklung wird begleitet von einem politischen Pluralismus, den die derzeitige Regierung und Präsident Kabila nur auf dem Hintergrund einer zumindest scheinbaren Stabilisierung zulassen können. Sie betreiben damit gleichzeitig Imagepflege gegenüber dem Ausland, insbesondere den internationalen Gebern, die eine politische Öffnung zur Bedingung für ihre Unterstützung machen. Die bisherige Geschichte der DR Kongo zeigt jedoch, dass eine solche Phase rasch bis manchmal sogar abrupt zu Ende gehen kann. Das Land ist politisch keinesfalls stabil und auch nicht rasch tragfähig stabil zu machen, weil seine weltmarktabhängige, vom Krieg zerrüttete Wirtschaft strukturell zu heterogen und zu schwach ist, um eine solche politische Stabilität zu stützen. Als Stabilität verhindernde Faktoren kommen die außergewöhnlich große ethnische Heterogenität, die gewaltige Unterschiedlichkeit der Kulturen in den diversen, z. T. weit voneinander entfernten kongolesischen Landesteilen sowie nicht zuletzt die Fortdauer gewaltsamer Konflikte vor allem in östlichen Landesteilen hinzu. Durch diese Schwächen und Risiken kann sich auch das Verhalten der Regierung und der Staatsorgane gegenüber Oppositionellen wieder in Richtung verstärkter Repression ändern, falls dies den Regierenden in Kinshasa unter dem Gesichtspunkt, dass Machterhalt die erste aller Prioritäten bleibt, geboten erscheint. Angesichts der immer wieder von unliebsamen Überraschungen geprägten Geschichte des Landes ist diese Perspektive alles andere als eine von Pessimismus geprägte Utopie …“.
21 
Die Abschiebungsandrohung ist mit Blick auf die Zielstaatswahl teilrechtswidrig und insoweit aufzuheben. Liegen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Abschiebung in einen bestimmten Zielstaat vor, führt dies dann zur Teilrechtswidrigkeit einer diesen Zielstaat benennenden Abschiebungsandrohung des Bundesamtes, wenn „nicht in diesen Staat abgeschoben werden darf" (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Das ist bezüglich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dann der Fall, wenn - wie hier - nach der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein „zwingendes Abschiebungshindernis" vorliegt, weil sich aus Art. 2 GG ergibt, dass die Ausländerbehörde von der nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur im Regelfall („soll") gebotenen Aussetzung der Abschiebung auch nicht im Ausnahmefall absehen darf (VG Freiburg, Urt. v. 15.6.2005 - A 1 K 11832/03 - VENSA; vgl. entsprechend zu § 53 Abs. 6 AuslG: BVerwG, Urt. v. 22.12.1997 - 1 C 14.96 - InfAuslR 1998, 217).
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
10 
Beim Kläger liegen zwar zur Überzeugung des Gerichts aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung (subjektive) Nachfluchtgründe vor. Allerdings hat er diese jenseits der maßgeblichen Dreimonatsfrist des § 51 Abs.3 VwVfG vorgebracht (zur Geltung der §§ 71 AsylVfG, 51 VwVfG für jeden einzelnen Wiederaufgreifensgrund: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998 - 9 C 28/97 -, NVwZ 1998, 861). Seine exilpublizistische Tätigkeit für die Zeitschrift „Eveil“ hat er erst am 30.12.1999 geltend gemacht, obwohl sein erstes Asylverfahren bereits seit Juni 1999 (Zustellung des VGH-Beschlusses an den Kläger) unanfechtbar abgeschlossen war. Ungeachtet des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist hierdurch die Einräumung einer Rechtsposition nach Art. 16 a Abs. 1 GG und nach § 60 Abs. 1 AufenthG unmöglich geworden, weil diese Schutzgewährungen Element des Asylfolgeantrags und mithin abschließend in §§ 71 Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG geregelt sind. Darauf, dass das Bundesamt in seinem Bescheid vom 4.5.2000 ausweislich der „Tenorierung“ und Begründung ein weiteres Asylverfahren durchgeführt und anschließend (negativ) in der Sache entschieden hat, kommt es nicht an. Maßgeblich für die Frage der Verfahrensrelevanz (Beachtlichkeit) eines Folgeantrags ist insoweit allein die durch das Gericht erkannte Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (ausführlich dazu: VG Freiburg, Beschluss vom 15.8.2003 - A 1 K 11051/03 - VENSA).
11 
Dem Kläger ist jedoch Abschiebungsschutz zu gewähren. Zu seinen Gunsten ist nämlich die Anwendung des mit dem Hilfsantrag zur Entscheidung gestellten (zum Rangverhältnis der Streitgegenstände vgl. zum alten Recht: BVerwG, Urt. v. 26.6.2002 - 1 C 17/01 - InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht gehindert gewesen. Jenseits des § 71 AsylVfG, welcher nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich nämlich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, eine Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue - jetzt günstige - Sachentscheidung zum Vorliegen von Abschiebungshindernissen dann ergeben, wenn diese tatsächlich vorliegen. Auf den Zeitpunkt der Geltendmachung kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (BVerwG, Urt. v. 20.10.2004 - 1 C 15/03 - InfAuslR 2005, 120; Urt. v. 21.3.2000 - 9 C 41/99 -, NVwZ 2000, 940; Urt. v. 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.1.2000 - A 14 S 786/99 -, VBlBW 2000, 368; vgl. nunmehr auch BVerfG, Beschl. v. 21.6.2000 - 2 BvR 1989/97 -, DVBl. 2000, 179). Das gilt auch für die Fälle, in denen einer erneuten asyl- bzw. flüchtlingsrechtlichen - d.h. Art. 16a Abs. 1 GG und § 60 Abs. 1 AufenthG betreffenden - Sachentscheidung des Bundesamts Hindernisse entgegenstehen, die sich aus der Anwendung der - formal bzw. normspezifisch präkludierend wirkenden - Absätze 2 und 3 des § 51 VwVfG ergeben (a.A. möglicherweise VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.7.1999 - A 9 S 96/99). In Verbindung mit der Pflicht, auch im Asylfolgeverfahren in der Sache durchzuentscheiden (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998, a.a.O.; bestätigt im Urt. v. 20.10.2004, a.a.O.), hat das Verwaltungsgericht einen asylrechtlich verfahrensirrelevanten bzw. unbeachtlichen Asylvortrag gleichwohl unter dem Gesichtspunkt eines Abschiebungshindernisses zu würdigen (vgl. allgemein zur materiellen Doppelrelevanz eines Sachverhalts unter den Gesichtspunkten „Asyl“ und „Abschiebungshindernis“: BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 -, DVBl. 1996, 203). Eine solche abschließende gerichtliche Prüfung gelangt vorliegend zu dem Ergebnis, dass wegen konkreter Gefahr für Leib, Gesundheit, Freiheit und Leben des Klägers dem Bundesamt keine andere Ermessensentscheidung als diejenige der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses eingeräumt ist.
12 
Dem Kläger drohen zur Überzeugung des Gerichts im Fall einer heutigen Rückkehr wegen seines exilpolitischen Engagements unter den Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (bzw. Art. 15 b RiL 2004/83/EG) fallende Menschenrechtsverletzungen. Abschiebungsschutz nach diesen Vorschriften kann beanspruchen, wem im Zielland der Abschiebung landesweit - also ohne zumutbare inländische Fluchtalternative - die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung droht. Da Art. 3 EMRK ebenso wie das Asylrecht nicht vor den allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen, Bürgerkriegen und anderen bewaffneten Konflikten schützt, setzt der Begriff der Behandlung ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus. Relevant im Sinne dieser Vorschrift sind deshalb grundsätzlich nur Misshandlungen durch staatliche Organe. Der Begriff der Gefahr in dieser Vorschrift ist kein anderer als der in der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ des asylrechtlichen Prognosemaßstabs mit der Konsequenz einer erforderlichen einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation angelegte Gefährdungsbegriff. Die besondere Schwere des Eingriffs ist auch bei § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise und nach Maßgabe des genannten Maßstabs im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts zu berücksichtigen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerwG, Urt. v. 2.9.1997 - 9 C 40/96 -, DVBl. 1998, 271 [unter Auseinandersetzung mit den Urteilen des EGMR vom 29.4.1997, InfAuslR 1997, 333 und vom 2.5.1997, InfAuslR 1997, 381]).
13 
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Betreffend die Frage relevanter Gefährdungslagen wegen exilpolitischer Betätigung macht sich das Gericht zunächst die - materiell auch auf Art. 3 EMRK übertragbaren - Ausführungen der obergerichtlichen Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.7.2003 - A 6 S 971/01 und Urt. v. 13.11.2002 - A 6 S 967/01; OVG Münster, Urt. v. 18.4.2002 - 4 A 3113/95.A) zu eigen. Kongolesen sind danach nicht allein schon wegen exilpolitischer Betätigung in Deutschland generell gefährdet. Exilpolitische Betätigungen kongolesischer Staatsbürger sind für das Kabila-Regime aber dann von Interesse ist, wenn sie als Ausdruck einer ernst zu nehmenden Gegnerschaft gewertet werden können. Das setzt zum einen voraus, dass der jeweilige kongolesische Staatsbürger eine „exponierte“ Tätigkeit entfaltet, die von einer breiten Öffentlichkeit in Deutschland wahrgenommen werden kann und bei der er selbst „eigenes Gesicht“ gewinnt. Nach ihrem Inhalt muss es sich um Aktivitäten handeln, die das Kabila-Regime in einer Weise diskreditieren, dass die bilateralen Beziehungen zwischen dem Gastland und der DR Kongo mit Folgen für die vom Regime angestrebte Verbesserung der internationalen Kooperation belastet werden können. Erst dann kann auch davon ausgegangen werden, dass kongolesische Stellen die exilpolitischen Aktivitäten des Betreffenden wahr- und ernstnehmen (vgl. dazu, dass nicht schon die exilpolitische Tätigkeit an sich, sondern die Kenntnis des Verfolgerstaats von dieser maßgebliches Prognosekriterium ist: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.1997 - A 12 S 2595/96).
14 
Die konkrete Rückkehrgefährdung des Klägers ergibt sich vorliegend zur Überzeugung des Gerichts aus seiner nachhaltigen Mitwirkung an der exilpolitischen Zeitschrift „Eveil“. Seit Gründung dieser Zeitschrift im Mai 1999 wirkt er als Herausgeber - stets namentlich im Impressum genannt - an der Entstehung dieser durchweg regimekritischen und in wechselnder Auflagenstärke von bis zu 2000 Exemplaren/Jahr sowohl in Europa (vgl. die im Impressum genannten Mitarbeiter in anderen Ländern) als auch im Kongo verbreiteten Schrift mit. Ferner veröffentlicht(e) er darin in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen (ebenfalls mit Namen versehene) eigene Beiträge. Auch wenn sich der Kläger durchaus weniger kundig gezeigt hat als die „Eveil“-Vorsitzende M. (vgl. Entscheidung vom 17.3.2006 in deren Asylverfahren A 1 K 10785/03) und der Generalbevollmächtigte M. (vgl. Entscheidung vom 10.3.2006 in dessen Asylverfahren A 1 K 10786/03), so hat das Gericht keinen Zweifel an der Echtheit seines Engagements. Denn als Herausgeber obliegt ihm die Gewährleistung eher organisatorischer, gleichwohl jedoch nicht weniger wichtiger Aktivitäten wie Sammeln von Material, Sichtung eingereichter Beiträge der „Mitglieder“ (das sind die Verfasser von Artikeln) und schließlich die Aufbereitung, bevor die Herstellung des Printmediums durch die Druckerei erfolgt.
15 
Der Kläger ist schließlich vor allem auch enger Mitarbeiter und Vertrauensperson des Gründers, Herausgebers und Chefredakteurs der „Eveil“, Herrn P.. Damit gilt letztlich aber auch für den Kläger, was das Gericht für die Flüchtlingsanerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG des Herrn P. festgestellt hat (vgl. Urteil vom 26.7.1999 - A 1 K 10175/96 - EAS.14/15). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass diese vielschichtigen, umfangreichen langjährigen exilpolitischen/-publizistischen Tätigkeiten des Klägers für das Kabila-Regime von Repressionsinteresse und ferner von erheblichem Ausforschungsinteresse betreffend die offensichtlich einflussreiche und jetzt fast 12 Jahre im Exil lebende Person des P. sind. Kehrte der Kläger in den Kongo zurück, wäre er „Informant“ erster Wahl betreffend Struktur, Arbeitsweise, Finanzierung und personelle Zusammensetzung eines wichtigen Teilbereichs der kongolesischen Opposition in Europa. Personen wie er stellen für den kongolesischen Staat auch und gerade im Ausland eine politische Herausforderung bzw. Bedrohung dar. Aufgrund ihrer lebendigen Aktivitäten sind sie in der Lage, die zahlreichen politischen und humanitären Missstände anzuprangern, ohne dass das Regime unmittelbar eingreifen könnte. Auch wenn Erkenntnisse über Beobachtungs- und Ausforschungstätigkeiten durch Informanten in Europa nicht bestehen - typischerweise ist hier die asylrechtliche Verfolgungsprognose in besonderem Maße auf Vermutungen angewiesen -, stellt das Vorhandensein einer relevanten Anzahl von Exilkongolesen in Europa - dort speziell in Belgien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland - ein gewichtiges Indiz für (auch) geheimdienstartige Ausforschungsbestrebungen der Machthaber und mithin eine überaus sichere Wahrnehmung der Aktivitäten des Klägers dar. In der Zeit der nunmehr über 10-jährigen Kabila-Herrschaft (erst Vater, dann Sohn) sind zweifellos Informationswege zwischen für die Sicherheit zuständigen staatlichen Stellen in der DR Kongo und dem Ausland aufgebaut worden. Das Gericht erachtet es deshalb für unzweifelhaft, dass die vorliegend betroffene kongolesische Auslandsopposition im Blickfeld der Machthaber in Kinshasa steht. Auf der Grundlage der zur innenpolitischen Lage vorhandenen Erkenntnisquellen muss damit aber davon ausgegangen werden, dass auf eine exiloppositionelle Betätigung vom kongolesischen Staat, erhält er Kenntnis davon, nicht anders reagiert wird, als auf oppositionelle Tätigkeiten im Inland. Gerade diese aber werden immer wieder mit menschrechtswidriger Repression beantwortet.
16 
Ob im Schreiben der kongolesischen Botschaft Stockholm vom 2.3.2000 an den (damaligen) kongolesischen Innenminister Kakudji - darin wird der Kläger namentlich neben 19 anderen Personen als Regierungsgegner bezeichnet - eine weitere Bestätigung für eine Gefährdung des Klägers liegt, konnte folglich dahinstehen. Mit Blick auf die Veröffentlichung dieses Schreibens in der „Eveil“ Nr. 8 (Januar bis März 2001) hätten zumindest Zweifel an der heutigen Relevanz (über 6 Jahre später) bestanden.
17 
Eine Auswertung der Erkenntnisquellen aus jüngster Zeit steht dieser Gefährdungseinschätzung zugunsten des Klägers nicht entgegen, sondern bestätigt diese letztlich. Zwar fehlen letztlich Referenzfälle für Übergriffe auf zurückkehrende Mitglieder bzw. Anhänger von Oppositionsparteien. Entsprechendes gilt für regimekritische Autoren. Eine tatsächliche Festnahme eines im November 2004 aus Europa zurückgekehrten Kongolesen am Flughafen Ndjili ist nicht belegbar, nachdem Ermittlungsergebnisse des Auswärtigen Amts dafür sprechen, dass diese Person im März 2005 - offenbar erneut, aber jetzt nicht aus Europa sondern - aus Äthiopien einreiste und mit falschen Dokumenten bei der Einreise fest gehalten wurde (AA, Lagebericht vom 14.5.2005). Das AA schätzt die Mitgliedschaft in einer Auslandorganisation der kongolesischen Opposition und die Teilnahme an Kundgebungen gegen die kongolesische Regierung nicht als gefährlich ein (Lageberichte vom 14.12.2005, vom 9.5.2005 und vom 28.5.2004). Wie das AA allerdings bei anderer Gelegenheit feststellt (Auskunft 7.12.2004 an VG Münster), ist es nicht auszuschließen, dass exilkongolesische Vereinigungen in der Bundesrepublik von den kongolesischen Behörden wahrgenommen werden. Im konkreten Fall einer „Exilregierung der Demokratischen Republik Kongo“ hätten Erkundigungen beim kongolesischen Innenministerium und bei verschiedenen kongolesischen Behörden allerdings keinen Hinweis dafür ergeben, dass die benannte Organisation von diesen Stellen „wahrgenommen bzw. ernst genommen“ werde. Was ein an den Staatspräsidenten Kabila gerichtetes kritisches Schreiben des betreffenden Klägers angehe, so würden in der kongolesischen Presse täglich Stellungnahmen veröffentlicht, die die aktuelle kongolesische Regierung sowie den Staatspräsidenten in ähnlicher bzw. in weit schärferer Weise kritisierten, ohne nach Kenntnis des AA nachteilige Folgen für die Verfasser zu haben (ebenso Auskunft 2.8.2004 an VG Aachen). In ständiger Auskunftspraxis des Jahres 2003 weist das AA daraufhin, in den letzten Wochen und Monaten seien zahlreiche hochrangige Oppositionelle unbehelligt in den Kongo zurückgekehrt. Das stehe im Zusammenhang mit dem Amnestiedekret Nr. 03/001 vom 15.4.2003 (in anderen Auskünften wie z. B. derjenigen vom 19.9.2003 an OVG Münster bezeichnet als Amnestiedekret „Nr. 003/001 vom 14.4.2003“), welches neben Kriegshandlungen auch politische und Meinungsdelikte in der Zeit zwischen 2.8.1998 und 4.4.2003 betreffe (Auskünfte 13.6.2003 an OVG Münster, 15.12.2003 an VG Frankfurt/Oder und 16.12.2003 an VG Regensburg). Nach Machtübernahme durch Joseph Kabila habe sich die Situation sogar für ehemalige Mobutu-Leute positiv geändert. Verwandte von Kengo wa Dondo (mehrfachen Premierminister unter Mobutu) lebten unbehelligt in Kinshasa. Die Mobutisten-Partei MPR sei offiziell zugelassen worden, das Führungspersonal dieser Partei habe ungehindert am innerkongolesischen Dialog in Sun City (25.2. bis 19.4.2002) teilnehmen können. Die Parteivorsitzende der MPR sei schließlich Kandidatin für den Posten des Vizepräsidenten der politischen Opposition. Sogar Mobutu-Offiziere seien durch Kabila an die Spitze der Armee ernannt worden und auch ehemalige Mitglieder des Sicherheitsdienstes SNIP hätten unbehelligt in den Kongo zurückkehren können (Auskunft 31.3.2003 an OVG Münster). Angesichts des Amnestiedekrets, welches Vertretern ehemaliger Rebellenorganisationen und anderen Oppositionellen ermöglichen sollte, an Verhandlungen für eine Übergangsregierung teilzunehmen, erachtet es das AA nicht für ersichtlich, dass die einfache Mitgliedschaft in Exilorganisationen zu einer Verdächtigung führen könne. Die kongolesische Regierung messe exilpolitischen Tätigkeiten in Deutschland anders als in Belgien und Frankreich keine Bedeutung zu, die kongolesische Botschaft in Deutschland überwache nach Einschätzung des AA exilpolitische Tätigkeiten nicht in nennenswerter Weise (Auskunft 9.9.2003 an VG Gelsenkirchen, Lagebericht vom 4.8.2003 und Auskunft 7.1.2003 an VG Oldenburg).
18 
Zu einer Relativierung der bislang in der Rechtsprechung entwickelten Gefährdungseinschätzung bei besonders aktiven Oppositionspolitikern können diese Erkenntnisse hingegen nicht führen. So liegen andererseits dem Bundesnachrichtendienst nämlich durchaus Hinweise vor, dass der militärische Geheimdienst DEMIAP seine Überwachungstätigkeit auf Aktivitäten Intellektueller und ehemaliger Offiziere insbesondere in den Ländern Belgien, USA, Frankreich und Deutschland konzentriert (Auskunft 9.11.2004 an VG Münster). Ferner ergibt sich mittelbar aus der Auskunft des AA vom 7.12.2004 an das VG Münster, dass Auslandsaktivitäten der Opposition durchaus wahrgenommen werden, sonst könnte dort nicht die Rede von einem „Ernst-nehmen“ durch kongolesische Stellen sein. Nicht zu verkennen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass das Kabila-Regime bzw. seine Vollzugs- und Sicherheitsorgane immer wieder gewaltsam und unberechenbar auf regimekritische und öffentlichkeitswirksame Äußerungen aus Kreisen der Opposition, Presse und Menschenrechtsorganisationen im eigenen Land reagieren (vgl. aus jüngster Zeit, jeweils mit Referenzfällen: 20. Bericht des UN-Generalsekretärs vom 28.12.2005 zur UN-Mission im Kongo [MONUC], Seite 11; Länderbericht des britischen Innenministeriums vom Oktober 2005 Ziffer 6.15 ff.; Amnesty International, Jahresberichte 2005 und 2004 sowie Auskünfte vom 4.6.2004 an VG München und 2.9.2003 an VG Lüneburg; UNHCR, Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen aus der DR Kongo, Oktober 2003, Rnrn. 301-313 = Seite 82-84). Im Zusammenhang mit der Einleitung der Übergangsphase weist ferner der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 9.11.2003 an das VG München (betreffend eine Einschätzung der Gefährdungslage bei (exil)politisch tätigen Asylbewerbern aus der DR Kongo) darauf hin, dass die zivilen Oppositionsparteien UDPS und PALU angesichts ihrer Ablehnungshaltung gegenüber der Übergangsregierung nunmehr verstärkt als destabilisierender Faktor eingeschätzt würden. Die Behörden in Kinshasa reagierten deshalb sehr empfindlich auf Aktivitäten dieser Parteien. Entsprechendes müsse für die Einschätzung exilpolitischer Aktivitäten gelten, wobei hier nicht so sehr die (formale) Funktion der betreffenden Personen innerhalb der Parteistruktur, sondern ihre (faktische) Aktivität und öffentlichkeitswirksame Betätigung ausschlaggebend sei, wenn es darum gehe, ob sie zur Kenntnis der kongolesischen Auslandsdienste und ins Visier der kongolesischen Behörden gelange. In seinem umfangreichen Bericht vom Oktober 2003 (Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen, a.a.O., Rnr. 314 = Seite 84/85) stellt der UNHCR fest, dass solche bekannt gewordenen Exilpolitiker bei Rückkehr genau befragt würden; das dann bestehende Gefährdungsrisiko für die Person hänge davon ab, durch welche Stelle die Befragung erfolge und welche Schutzmöglichkeiten die Familie dieser Person in Form von Beziehungen zu den Behörden habe. Es spricht vor diesem Hintergrund nichts dafür, oppositionelle und regimekritische Aktivitäten im Ausland würden als bedeutungslos erachtet und bei Rückkehr entsprechend herausragender Aktivisten ungeahndet gelassen. Das gilt umso mehr, als der Flughafen Kinshasa ein geeignetes „Nadelöhr“ für das Herausfiltern unliebsamer Personen ist.
19 
An dieser zuletzt für den Zeitpunkt Mitte 2006 aufgestellten Gefährdungsprognose für zurückkehrende herausgehobene Exilpolitiker bzw. Exilpublizisten hält das Gericht auch etwas mehr als ein Jahr später fest. Zwar haben Ende 2006 durch die Vereinten Nationen begleitete demokratische Wahlen im Kongo stattgefunden. Um ein fassbares Geschehen, welches eine Zäsur hin zur Entstehung eines nunmehr für den Kläger sicheren Ortes der Rückkehr begründet hätte, handelt es sich dabei jedoch nicht. Ebensowenig wie ein lediglich gerade erreichter „Stand der Dinge" innerhalb eines ständig wechselnden Geschehens ohne weiteres zu Gunsten eines Asylsuchenden einen objektiven Nachfluchttatbestand begründen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13.5.1993 - 9 C 59/92 - InfAuslR 1993, 354), muss sich ein bis vor Kurzem beachtlich wahrscheinlich gefährdeter Rückkehrer Prozesse und Abläufe innerhalb länger dauernder Entwicklungen gefährdungsmindernd entgegenhalten lassen, wenn diese nicht eindeutig eine völlig neue Tendenz zur (positiven) Veränderung des Geschehens anzeigen. Eine solche positive Veränderungen kann bislang Kongo jedoch nicht festgestellt werden, betrachtet man nur unmittelbar vor sowie nach den Wahlen vom 15.11.2006 erfolgten Menschenrechtsverletzungen (vgl. ausführlich Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 4.8.2006 an VG München sowie Amnesty International, Auskunft vom 3.4.2007 an VG Kassel).
20 
Das Gericht schließt sich letztlich der zutreffenden Zusammenfassung bzw. Bewertung an, die das German Institute of Global and Area Studies (Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien - vormals Deutsches Übersee-Institut) in seiner Auskunft vom 9.3.2007 an das VG Kassel formuliert hat. Es darf danach „… nicht außer Acht bleiben, dass die DR Kongo und vormals Zaire in den fast fünf Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit noch nie eine Entwicklung genommen haben, die langfristig zu staatlicher Konsolidierung und politischer Stabilität geführt hätte. Vielmehr gibt es seit Jahrzehnten einen Wechsel zwischen labilen, oberflächlich bisweilen stabil wirkenden Entwicklungsphasen und Phasen völliger Instabilität - wie jene Zeit nach dem Ende der Mobutu-Herrschaft, in der durch Kriegswirren der staatliche Bestand, die nationale Einheit und die territoriale Integrität der DR Kongo auf dem Spiel standen. Die grundsätzlich nie behobene Fragilität dieses Staates hatte zur Folge, dass in Zaire und später der DR Kongo Rechtsstaatlichkeit und Demokratie keine Chance hatten, sondern politische Systeme der Korruption und Repression gediehen. Diese strukturelle Schwäche wird derzeit durch eine Phase politischer Stabilisierung überdeckt, die durch die Wahlen von 2006, die Regierungsbildung 2007 und die damit einhergehende weitgehende Wiederherstellung staatlicher Strukturen gekennzeichnet ist. Diese Entwicklung wird begleitet von einem politischen Pluralismus, den die derzeitige Regierung und Präsident Kabila nur auf dem Hintergrund einer zumindest scheinbaren Stabilisierung zulassen können. Sie betreiben damit gleichzeitig Imagepflege gegenüber dem Ausland, insbesondere den internationalen Gebern, die eine politische Öffnung zur Bedingung für ihre Unterstützung machen. Die bisherige Geschichte der DR Kongo zeigt jedoch, dass eine solche Phase rasch bis manchmal sogar abrupt zu Ende gehen kann. Das Land ist politisch keinesfalls stabil und auch nicht rasch tragfähig stabil zu machen, weil seine weltmarktabhängige, vom Krieg zerrüttete Wirtschaft strukturell zu heterogen und zu schwach ist, um eine solche politische Stabilität zu stützen. Als Stabilität verhindernde Faktoren kommen die außergewöhnlich große ethnische Heterogenität, die gewaltige Unterschiedlichkeit der Kulturen in den diversen, z. T. weit voneinander entfernten kongolesischen Landesteilen sowie nicht zuletzt die Fortdauer gewaltsamer Konflikte vor allem in östlichen Landesteilen hinzu. Durch diese Schwächen und Risiken kann sich auch das Verhalten der Regierung und der Staatsorgane gegenüber Oppositionellen wieder in Richtung verstärkter Repression ändern, falls dies den Regierenden in Kinshasa unter dem Gesichtspunkt, dass Machterhalt die erste aller Prioritäten bleibt, geboten erscheint. Angesichts der immer wieder von unliebsamen Überraschungen geprägten Geschichte des Landes ist diese Perspektive alles andere als eine von Pessimismus geprägte Utopie …“.
21 
Die Abschiebungsandrohung ist mit Blick auf die Zielstaatswahl teilrechtswidrig und insoweit aufzuheben. Liegen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Abschiebung in einen bestimmten Zielstaat vor, führt dies dann zur Teilrechtswidrigkeit einer diesen Zielstaat benennenden Abschiebungsandrohung des Bundesamtes, wenn „nicht in diesen Staat abgeschoben werden darf" (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Das ist bezüglich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dann der Fall, wenn - wie hier - nach der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein „zwingendes Abschiebungshindernis" vorliegt, weil sich aus Art. 2 GG ergibt, dass die Ausländerbehörde von der nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur im Regelfall („soll") gebotenen Aussetzung der Abschiebung auch nicht im Ausnahmefall absehen darf (VG Freiburg, Urt. v. 15.6.2005 - A 1 K 11832/03 - VENSA; vgl. entsprechend zu § 53 Abs. 6 AuslG: BVerwG, Urt. v. 22.12.1997 - 1 C 14.96 - InfAuslR 1998, 217).
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Februar 2005 - A 18 K 12044/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der Feststellung, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Der 1960 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit und stammt aus dem Kosovo. Er reiste im Mai 1996 nach Deutschland ein und stellte im Februar 1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er sich im Wesentlichen darauf berief, er sei Mitglied der LDK und von der serbischen Polizei wegen seiner politischen Betätigung unter Beschimpfungen stundenlang verhört und misshandelt worden. Den Asylantrag habe er erst jetzt gestellt, weil er bei seiner Einreise keine Ahnung von Asyl gehabt habe. Seine Mutter habe ihm am Telefon mitgeteilt, dass die Polizei nach wie vor nach ihm suche.
Mit Bescheid vom 26.09.1997 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen. Aufgrund des vom Kläger geschilderten Sachverhalts und der vorliegenden Erkenntnisse sei davon auszugehen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.
Nach Anhörung des Klägers widerrief das Bundesamt mit Bescheid vom 10.06.2004 die mit Bescheid vom 26.09.1997 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Verhältnisse im Kosovo mit dem Einmarsch der KFOR und dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte im Juni 1999 und dem Regimewechsel in Belgrad nach dem Sturz von Milosevic im Oktober 2000 grundlegend geändert hätten. Die Sicherheitslage für Kosovoalbaner habe sich merklich stabilisiert. Eine Verfolgung des Klägers im Falle einer heutigen Rückkehr in den Kosovo könne mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, dass ihm im übrigen Serbien und Montenegro politische Verfolgung drohe. Auch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG lägen nicht vor.
Am 21.06.2004 hat der Kläger hiergegen Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, mit der er rügt, dass § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht verfassungskonform sei und Art. 16a GG verletze. An die den Widerruf rechtfertigenden Verhältnisse im Heimatstaat seien höhere Anforderungen zu stellen. Nach der humanitären Intention der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sei bei einer nicht hinreichend stabilen Veränderung der Verhältnisse im Herkunftsland ein einmal gewährter Flüchtlingsstatus nicht zu entziehen. § 73 Abs. 1 AsylVfG entspreche nicht den Anforderungen der GFK. Eine hinreichend stabile Veränderung der Verhältnisse im Herkunftsland sei nicht eingetreten. Einem Widerruf stehe zudem § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG entgegen. Der Kläger sei bereits seit etlichen Jahren in Deutschland und habe hier eine Existenz aufgebaut. Eine Rückkehr würde eine Rückkehr ins Nichts bedeuten. Darüber hinaus habe die Beklagte auch das ihr gem. § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG in der ab 2005 gültigen Fassung eröffnete Ermessen nicht ausgeübt.
Dem Antrag des Klägers, den Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.06.2004 aufzuheben, ist die Beklagte unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid entgegengetreten.
Mit Urteil vom 22.02.2005 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Bescheid des Bundesamts vom 10.06.2004 aufgehoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass nach § 73 Abs. 2a AsylVfG in der seit 01.01.2005 geltenden Fassung eine Ermessensentscheidung hätte getroffen werden müssen. Da das Ermessen nicht ausgeübt worden sei, sei der Widerrufsbescheid aufzuheben. Auch im Hinblick auf die negative Feststellung zu § 53 AuslG bestehe ein Rechtsschutzinteresse an einer isolierten Anfechtung. Der angefochtene Bescheid sei auch insoweit aufzuheben, da aufgrund der Aufhebung der Widerrufsentscheidung die Feststellung zu § 51 AuslG wieder auflebe, so dass kein Bedürfnis für eine (negative) Entscheidung zu § 53 AuslG bestehe.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 28.07.2005 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus, dass § 73 Abs. 2a AsylVfG ausschließlich Verfahren erfasse, bei denen die entsprechende Feststellung seit dem 01.01.2005 unanfechtbar geworden sei.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.02.2005 - A 18 K 12044/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er führt aus, dass § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in Übereinstimmung mit der GFK und Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Qualifikationsrichtlinie anzuwenden sei und einen grundlegenden, stabilen und dauerhaften Charakter der Veränderungen voraussetze, was konkret zu verneinen sei. Es sei darüber hinaus erforderlich, dass es der Flüchtling nicht mehr ablehnen könne, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitze. Aufgrund der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie im Aufenthaltsgesetz werde die Anwendung der GFK mit einer neuen Rechtsqualität ausgestaltet. Nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG sei die Richtlinie ergänzend anzuwenden. Somit bestehe Klärungsbedarf, inwieweit nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie ihre Mindestnormen eingehalten seien. Darüber hinaus bestehe erneut Anlass, sich mit der abweichenden Auslegung des UNHCR hinsichtlich der Anforderungen an eine Widerrufsentscheidung auseinander zu setzen.
14 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.
II.
15 
Der Senat entscheidet gem. § 130a VwGO über die Berufung durch Beschluss, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
16 
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben. Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 10.06.2004 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
1. Der Widerrufsbescheid unterliegt in formeller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken; solche werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Der mit der Klage angefochtene Bescheid ist aber auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Er findet seine Grundlage in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, denn die erst zum 01.01.2005 in Kraft getretene Bestimmung des § 73 Abs. 2a AsylVfG findet keine Anwendung auf Widerrufsentscheidungen, die - wie hier - bereits vor dem 01.01.2005 ergangen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, BVerwGE 124, 276.; Urteil des Senats vom 21.03.2006 - A 6 S 1027/05 -, juris).
18 
Mangels einschlägiger Übergangsregelungen kommt die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) seit dem 28.08.2007 geltende Rechtslage zur Anwendung. Nach § 73 Abs 1 Satz 1 AsylVfG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (die frühere Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen) unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Das ist nach ständiger Rechtsprechung zu § 73 Abs. 1 AsylVfG a.F. für den Fall der Vorverfolgung insbesondere dann der Fall, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen (Vor-)Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. Ob dem Ausländer wegen allgemeiner Gefahren im Herkunftsland, z. B. aufgrund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage, eine Rückkehr unzumutbar ist, ist beim Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 AsylVfG hingegen nicht zu prüfen. Schutz kann insoweit nur nach den allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen gewährt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; Urteil vom 18.07.2006 - 1 C 15.05 -, BVerwGE 126, 243; Urteil des Senats vom 21.03.2006, a.a.O.). § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hat durch das Änderungsgesetz vom 19.08.2007 insoweit keine sachliche Veränderung erfahren und ist - nach wie vor - verfassungsgemäß (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; Urteil vom 24.11.1992 - 9 C 3.92 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 1; s. a. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2006 - 2 BvR 2368/04 -, juris).
19 
Bereits § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG a.F. entsprach seinem Inhalt nach der sog. „Beendigungs-“ oder „Wegfall-der-Umstände“-Klausel in Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 der GFK (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.; s. a. Urteil des Senats vom 21.03.2006, a.a.O.). Besteht nach den genannten Maßstäben für den Flüchtling keine Verfolgungsgefahr, kann er es - vorbehaltlich der Ausnahme in § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG - im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 der GFK nicht mehr ablehnen, den Schutz des Landes seiner Staatsangehörigkeit (wieder) in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 -, AuAS 2007, 164). Die Neufassung des § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG nimmt nunmehr die „Wegfall-der-Umstände-Klausel“ des Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK, die auch in Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie) übernommen wurde, ausdrücklich auf: Ein unverzüglicher Widerruf hat danach insbesondere zu erfolgen, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Da schon die bisherige Fassung des § 73 Abs. 1 AsylVfG in der beschriebenen Auslegung und Anwendung durch die Gerichte in Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention stand und den - nicht weitergehenden - Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie entsprach (vgl. m.w.N. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.05.2006 - A 2 S 1046/05 -, juris; Urteil vom 21.06.2006 - A 2 S 571/05 -, AuAS 2006, 175; s. a. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2006, a.a.O.), ergeben sich durch die klarstellende Neufassung keine Veränderungen der Rechtslage.
20 
Soweit nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG die „Wegfall-der-Umstände-Klausel“ nicht gilt, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr abzulehnen, betrifft dies nur Nachwirkungen einer früheren Verfolgung im besonders gelagerten Einzelfall. Von einem Widerruf ist dann abzusehen, wenn sich aus dem konkreten Flüchtlingsschicksal besondere Gründe ergeben, die eine Rückkehr unzumutbar erscheinen lassen. Auch diese Vorschrift schützt nicht gegen allgemeine Gefahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2006, a.a.O.; Urteil vom 01.11.2005, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall ist im Falle des Klägers nicht zu erkennen. Die Berufung auf den langen Aufenthalt in Deutschland und die allgemein schlechte Lage im Kosovo begründet keinen Fall des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG.
21 
Soweit der Kläger auf die Qualifikationsrichtlinie verweist, findet diese im vorliegenden Widerrufsverfahren schon deshalb keine unmittelbare Anwendung, weil die den Widerruf betreffenden Richtlinienbestimmungen gem. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie nur bei Anträgen auf internationalen Schutz gelten, die nach Inkrafttreten der Richtlinie gestellt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.06.2007 - 10 C 24.07 -, AuAS 2007, 225; Urteil vom 20.03.2007, a.a.O.). Der dem streitgegenständlichen Widerruf zugrunde liegende Asylantrag wurde vom Kläger jedoch bereits im Jahre 1997 und damit vor Inkrafttreten der Qualifikationsrichtlinie gestellt. Ungeachtet dessen ergeben sich aus den Richtlinienbestimmungen (Art. 14 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 Buchst. e, Abs. 2), die wörtlich an die Genfer Flüchtlingskonvention anknüpfen, auch keine von § 73 Abs. 1 AsylVfG abweichenden Vorgaben, da diese Bestimmung - wie bereits ausgeführt - ebenfalls im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 GFK auszulegen und anzuwenden ist (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 20.03.2007 - 1 C 21.06 - a.a.O. m.w.N.).
22 
Soweit § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 19.08.2007 auf die ergänzende Anwendung im einzelnen bezeichneter Bestimmungen der Qualifikationsrichtlinie verweist, gilt dieser Verweis für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt. Im Widerrufsverfahren hat dies lediglich insoweit - mittelbar - Auswirkungen, als die Frage, ob im Falle einer Rückkehr (noch) eine Verfolgungsgefahr besteht, vor dem Hintergrund des § 60 Abs. 1 AufenthG in der nunmehr geltenden Fassung zu beantworten ist. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus jedoch keine von den Feststellungen des angefochtenen Widerrufsbescheids abweichende Beurteilung.
23 
Nach ständiger Rechtsprechung sind albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo im Falle einer Rückkehr - sei es in den Kosovo, sei es in das restliche serbische Staatsgebiet - aufgrund der nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse jetzt und auf absehbare Zeit vor Verfolgung hinreichend sicher, so dass die Widerrufsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfüllt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, juris; Beschluss vom 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, AuAS 2004, 142; vgl. zur Verfolgungssicherheit und zur Stabilisierung der Sicherheitslage - auch - für die Minderheiten der Ashkali und der „Ägypter“ (auch) im Hinblick auf nichtstaatliche Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG: Urteile des Senats vom 21.03.2006, a.a.O. und vom 30.11.2006 - A 6 S 674/05, juris). Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 16.03.2004 (a.a.O.) ausgeführt, dass und weshalb von einer grundlegenden Veränderung der Verhältnisse im Kosovo und damit von einem „Wegfall der Umstände“ im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 GFK auszugehen ist. In diesem Zusammenhang wurden auch die vom Kläger im vorliegenden Verfahren erhobenen Einwendungen erörtert und bei der Entscheidung berücksichtigt. Eine für den vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Veränderung der Sach- oder Rechtslage ist seither nicht eingetreten. Im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt liegen beim Kläger demnach die für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (in der Fassung vom 19.08.2007) nicht (mehr) vor. Die im Zeitpunkt der Anerkennung als Flüchtling angenommene Verfolgungsgefahr durch serbische Sicherheitskräfte besteht nicht mehr, eine Verfolgungswiederholung ist mit hinreichender Sicherheit auszuschließen und es droht auch keine anderweitige beachtlich wahrscheinliche Verfolgung - sei es durch staatliche, sei es durch nichtstaatliche Akteure. Eine Verfolgung in Anknüpfung an ein flüchtlingsrelevantes Merkmal ist für die Gruppe der - in den Kosovo oder aber in das restliche Serbien - zurückkehrenden albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo nicht zu befürchten. Hiergegen sprechende Gesichtspunkte zeigt auch der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht auf. Auch individuelle Verfolgungsgefahren sind zum jetzigen Zeitpunkt weder vorgetragen noch erkennbar.
24 
2. Das Bundesamt hat in dem angefochtenen Bescheid auch zu Recht festgestellt, dass Abschiebungshindernisse gem. § 53 AuslG (jetzt: Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) nicht vorliegen (vgl. zur entsprechenden Befugnis des Bundesamts: BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). Dahinstehen kann, ob der auf isolierte Anfechtung gerichtete Antrag des Klägers insoweit sachdienlich dahingehend auszulegen ist, dass hilfsweise beantragt wird, die Beklagte zu verpflichten, das Vorliegen von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG festzustellen. Denn Abschiebungsverbote sind in der Sache weder vorgetragen noch erkennbar.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylVfG und einer entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO:
26 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

A 1 K 867/06

Nr. 3 und - soweit darin die Abschiebung des Klägers in die Demokratische Republik Kongo angedroht wird - auch die Nr. 4 des Bundesamtsbescheids vom 4.5.2000 werden aufgehoben. Die Beklagte - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - wird verpflichtet zugunsten des Klägers festzustellen, dass betreffend die Demokratische Republik Kongo ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein am 24.2.1975 geborener Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 30.12.1999 einen Asylfolgeantrag. Sein erstes Asylverfahren, zwecks dessen Durchführung er im Februar 1996 nach Deutschland eingereist war, blieb erfolglos; das die Asylklage abweisende Urteil des VG Karlsruhe vom 25.3.1998 (A 9 K 11094/96) war mit Zustellung des die Berufungszulassung ablehnenden Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 29.6.1999 (A 13 S 1104/98) rechtskräftig geworden. Zur Begründung seines neuerlichen Asylbegehrens machte der Kläger geltend, er sei seit 2.5.1999 Gründungsmitglied des FDC und dort verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt werde die regimekritische Zeitung „Eveil“ von ihm herausgegeben.
Mit Bescheid des Bundesamts vom 4.5.2000, zugestellt am 24.5.2000, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs.1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Schließlich wurde dem Kläger die Abschiebung in sein Heimatland angedroht.
Der Kläger hat am 30.5.2000 Klage erhoben. Das Verfahren hat zunächst förmlich vom 13.9.2000 bis zum 17.8.2004 beruht. Nachdem der Kläger auf eine gerichtliche Betreibensaufforderung vom 17.1.2006 nicht reagiert hatte, stellte das erkennende Gericht unter Annahme der Klagerücknahmefiktion des § 81 AsylVfG das Verfahren am 22.2.2006 ein. Am 22.12.2006 erhob der Kläger „Gegenvorstellung“, bereits am 17.3.2006 hatte er zuvor einen Folgeantrag beim Bundesamt gestellt, auf den hin dieses unter dem 3.5.2007 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt hatte. Nachdem das Gericht mitgeteilt hatte, dass die Voraussetzungen für die Klagerücknahmefiktion nicht vorgelegen hätten, hob das Bundesamt den Bescheid vom 3.5.2007 unter dem 14.5.2007 auf. Im Rahmen des fortgeführten Ursprungsprozesses beantragt der Kläger,
den Bescheid des Bundesamts vom 4.5.2000 aufzuheben und die Beklagte - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass betreffend die Demokratische Republik Kongo Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Gericht liegen die Bundesamtsakten beider Asylverfahren des Klägers vor. Auf den Inhalt dieser Akten wird ergänzend ebenso verwiesen, wie auf die wechselseitigen Schriftsätze und die den Beteiligten vorab übermittelte Erkenntnismittelliste. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Wegen Einzelheiten seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
10 
Beim Kläger liegen zwar zur Überzeugung des Gerichts aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung (subjektive) Nachfluchtgründe vor. Allerdings hat er diese jenseits der maßgeblichen Dreimonatsfrist des § 51 Abs.3 VwVfG vorgebracht (zur Geltung der §§ 71 AsylVfG, 51 VwVfG für jeden einzelnen Wiederaufgreifensgrund: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998 - 9 C 28/97 -, NVwZ 1998, 861). Seine exilpublizistische Tätigkeit für die Zeitschrift „Eveil“ hat er erst am 30.12.1999 geltend gemacht, obwohl sein erstes Asylverfahren bereits seit Juni 1999 (Zustellung des VGH-Beschlusses an den Kläger) unanfechtbar abgeschlossen war. Ungeachtet des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist hierdurch die Einräumung einer Rechtsposition nach Art. 16 a Abs. 1 GG und nach § 60 Abs. 1 AufenthG unmöglich geworden, weil diese Schutzgewährungen Element des Asylfolgeantrags und mithin abschließend in §§ 71 Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG geregelt sind. Darauf, dass das Bundesamt in seinem Bescheid vom 4.5.2000 ausweislich der „Tenorierung“ und Begründung ein weiteres Asylverfahren durchgeführt und anschließend (negativ) in der Sache entschieden hat, kommt es nicht an. Maßgeblich für die Frage der Verfahrensrelevanz (Beachtlichkeit) eines Folgeantrags ist insoweit allein die durch das Gericht erkannte Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (ausführlich dazu: VG Freiburg, Beschluss vom 15.8.2003 - A 1 K 11051/03 - VENSA).
11 
Dem Kläger ist jedoch Abschiebungsschutz zu gewähren. Zu seinen Gunsten ist nämlich die Anwendung des mit dem Hilfsantrag zur Entscheidung gestellten (zum Rangverhältnis der Streitgegenstände vgl. zum alten Recht: BVerwG, Urt. v. 26.6.2002 - 1 C 17/01 - InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht gehindert gewesen. Jenseits des § 71 AsylVfG, welcher nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich nämlich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, eine Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue - jetzt günstige - Sachentscheidung zum Vorliegen von Abschiebungshindernissen dann ergeben, wenn diese tatsächlich vorliegen. Auf den Zeitpunkt der Geltendmachung kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (BVerwG, Urt. v. 20.10.2004 - 1 C 15/03 - InfAuslR 2005, 120; Urt. v. 21.3.2000 - 9 C 41/99 -, NVwZ 2000, 940; Urt. v. 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.1.2000 - A 14 S 786/99 -, VBlBW 2000, 368; vgl. nunmehr auch BVerfG, Beschl. v. 21.6.2000 - 2 BvR 1989/97 -, DVBl. 2000, 179). Das gilt auch für die Fälle, in denen einer erneuten asyl- bzw. flüchtlingsrechtlichen - d.h. Art. 16a Abs. 1 GG und § 60 Abs. 1 AufenthG betreffenden - Sachentscheidung des Bundesamts Hindernisse entgegenstehen, die sich aus der Anwendung der - formal bzw. normspezifisch präkludierend wirkenden - Absätze 2 und 3 des § 51 VwVfG ergeben (a.A. möglicherweise VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.7.1999 - A 9 S 96/99). In Verbindung mit der Pflicht, auch im Asylfolgeverfahren in der Sache durchzuentscheiden (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998, a.a.O.; bestätigt im Urt. v. 20.10.2004, a.a.O.), hat das Verwaltungsgericht einen asylrechtlich verfahrensirrelevanten bzw. unbeachtlichen Asylvortrag gleichwohl unter dem Gesichtspunkt eines Abschiebungshindernisses zu würdigen (vgl. allgemein zur materiellen Doppelrelevanz eines Sachverhalts unter den Gesichtspunkten „Asyl“ und „Abschiebungshindernis“: BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 -, DVBl. 1996, 203). Eine solche abschließende gerichtliche Prüfung gelangt vorliegend zu dem Ergebnis, dass wegen konkreter Gefahr für Leib, Gesundheit, Freiheit und Leben des Klägers dem Bundesamt keine andere Ermessensentscheidung als diejenige der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses eingeräumt ist.
12 
Dem Kläger drohen zur Überzeugung des Gerichts im Fall einer heutigen Rückkehr wegen seines exilpolitischen Engagements unter den Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (bzw. Art. 15 b RiL 2004/83/EG) fallende Menschenrechtsverletzungen. Abschiebungsschutz nach diesen Vorschriften kann beanspruchen, wem im Zielland der Abschiebung landesweit - also ohne zumutbare inländische Fluchtalternative - die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung droht. Da Art. 3 EMRK ebenso wie das Asylrecht nicht vor den allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen, Bürgerkriegen und anderen bewaffneten Konflikten schützt, setzt der Begriff der Behandlung ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus. Relevant im Sinne dieser Vorschrift sind deshalb grundsätzlich nur Misshandlungen durch staatliche Organe. Der Begriff der Gefahr in dieser Vorschrift ist kein anderer als der in der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ des asylrechtlichen Prognosemaßstabs mit der Konsequenz einer erforderlichen einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation angelegte Gefährdungsbegriff. Die besondere Schwere des Eingriffs ist auch bei § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise und nach Maßgabe des genannten Maßstabs im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts zu berücksichtigen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerwG, Urt. v. 2.9.1997 - 9 C 40/96 -, DVBl. 1998, 271 [unter Auseinandersetzung mit den Urteilen des EGMR vom 29.4.1997, InfAuslR 1997, 333 und vom 2.5.1997, InfAuslR 1997, 381]).
13 
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Betreffend die Frage relevanter Gefährdungslagen wegen exilpolitischer Betätigung macht sich das Gericht zunächst die - materiell auch auf Art. 3 EMRK übertragbaren - Ausführungen der obergerichtlichen Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.7.2003 - A 6 S 971/01 und Urt. v. 13.11.2002 - A 6 S 967/01; OVG Münster, Urt. v. 18.4.2002 - 4 A 3113/95.A) zu eigen. Kongolesen sind danach nicht allein schon wegen exilpolitischer Betätigung in Deutschland generell gefährdet. Exilpolitische Betätigungen kongolesischer Staatsbürger sind für das Kabila-Regime aber dann von Interesse ist, wenn sie als Ausdruck einer ernst zu nehmenden Gegnerschaft gewertet werden können. Das setzt zum einen voraus, dass der jeweilige kongolesische Staatsbürger eine „exponierte“ Tätigkeit entfaltet, die von einer breiten Öffentlichkeit in Deutschland wahrgenommen werden kann und bei der er selbst „eigenes Gesicht“ gewinnt. Nach ihrem Inhalt muss es sich um Aktivitäten handeln, die das Kabila-Regime in einer Weise diskreditieren, dass die bilateralen Beziehungen zwischen dem Gastland und der DR Kongo mit Folgen für die vom Regime angestrebte Verbesserung der internationalen Kooperation belastet werden können. Erst dann kann auch davon ausgegangen werden, dass kongolesische Stellen die exilpolitischen Aktivitäten des Betreffenden wahr- und ernstnehmen (vgl. dazu, dass nicht schon die exilpolitische Tätigkeit an sich, sondern die Kenntnis des Verfolgerstaats von dieser maßgebliches Prognosekriterium ist: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.1997 - A 12 S 2595/96).
14 
Die konkrete Rückkehrgefährdung des Klägers ergibt sich vorliegend zur Überzeugung des Gerichts aus seiner nachhaltigen Mitwirkung an der exilpolitischen Zeitschrift „Eveil“. Seit Gründung dieser Zeitschrift im Mai 1999 wirkt er als Herausgeber - stets namentlich im Impressum genannt - an der Entstehung dieser durchweg regimekritischen und in wechselnder Auflagenstärke von bis zu 2000 Exemplaren/Jahr sowohl in Europa (vgl. die im Impressum genannten Mitarbeiter in anderen Ländern) als auch im Kongo verbreiteten Schrift mit. Ferner veröffentlicht(e) er darin in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen (ebenfalls mit Namen versehene) eigene Beiträge. Auch wenn sich der Kläger durchaus weniger kundig gezeigt hat als die „Eveil“-Vorsitzende M. (vgl. Entscheidung vom 17.3.2006 in deren Asylverfahren A 1 K 10785/03) und der Generalbevollmächtigte M. (vgl. Entscheidung vom 10.3.2006 in dessen Asylverfahren A 1 K 10786/03), so hat das Gericht keinen Zweifel an der Echtheit seines Engagements. Denn als Herausgeber obliegt ihm die Gewährleistung eher organisatorischer, gleichwohl jedoch nicht weniger wichtiger Aktivitäten wie Sammeln von Material, Sichtung eingereichter Beiträge der „Mitglieder“ (das sind die Verfasser von Artikeln) und schließlich die Aufbereitung, bevor die Herstellung des Printmediums durch die Druckerei erfolgt.
15 
Der Kläger ist schließlich vor allem auch enger Mitarbeiter und Vertrauensperson des Gründers, Herausgebers und Chefredakteurs der „Eveil“, Herrn P.. Damit gilt letztlich aber auch für den Kläger, was das Gericht für die Flüchtlingsanerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG des Herrn P. festgestellt hat (vgl. Urteil vom 26.7.1999 - A 1 K 10175/96 - EAS.14/15). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass diese vielschichtigen, umfangreichen langjährigen exilpolitischen/-publizistischen Tätigkeiten des Klägers für das Kabila-Regime von Repressionsinteresse und ferner von erheblichem Ausforschungsinteresse betreffend die offensichtlich einflussreiche und jetzt fast 12 Jahre im Exil lebende Person des P. sind. Kehrte der Kläger in den Kongo zurück, wäre er „Informant“ erster Wahl betreffend Struktur, Arbeitsweise, Finanzierung und personelle Zusammensetzung eines wichtigen Teilbereichs der kongolesischen Opposition in Europa. Personen wie er stellen für den kongolesischen Staat auch und gerade im Ausland eine politische Herausforderung bzw. Bedrohung dar. Aufgrund ihrer lebendigen Aktivitäten sind sie in der Lage, die zahlreichen politischen und humanitären Missstände anzuprangern, ohne dass das Regime unmittelbar eingreifen könnte. Auch wenn Erkenntnisse über Beobachtungs- und Ausforschungstätigkeiten durch Informanten in Europa nicht bestehen - typischerweise ist hier die asylrechtliche Verfolgungsprognose in besonderem Maße auf Vermutungen angewiesen -, stellt das Vorhandensein einer relevanten Anzahl von Exilkongolesen in Europa - dort speziell in Belgien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland - ein gewichtiges Indiz für (auch) geheimdienstartige Ausforschungsbestrebungen der Machthaber und mithin eine überaus sichere Wahrnehmung der Aktivitäten des Klägers dar. In der Zeit der nunmehr über 10-jährigen Kabila-Herrschaft (erst Vater, dann Sohn) sind zweifellos Informationswege zwischen für die Sicherheit zuständigen staatlichen Stellen in der DR Kongo und dem Ausland aufgebaut worden. Das Gericht erachtet es deshalb für unzweifelhaft, dass die vorliegend betroffene kongolesische Auslandsopposition im Blickfeld der Machthaber in Kinshasa steht. Auf der Grundlage der zur innenpolitischen Lage vorhandenen Erkenntnisquellen muss damit aber davon ausgegangen werden, dass auf eine exiloppositionelle Betätigung vom kongolesischen Staat, erhält er Kenntnis davon, nicht anders reagiert wird, als auf oppositionelle Tätigkeiten im Inland. Gerade diese aber werden immer wieder mit menschrechtswidriger Repression beantwortet.
16 
Ob im Schreiben der kongolesischen Botschaft Stockholm vom 2.3.2000 an den (damaligen) kongolesischen Innenminister Kakudji - darin wird der Kläger namentlich neben 19 anderen Personen als Regierungsgegner bezeichnet - eine weitere Bestätigung für eine Gefährdung des Klägers liegt, konnte folglich dahinstehen. Mit Blick auf die Veröffentlichung dieses Schreibens in der „Eveil“ Nr. 8 (Januar bis März 2001) hätten zumindest Zweifel an der heutigen Relevanz (über 6 Jahre später) bestanden.
17 
Eine Auswertung der Erkenntnisquellen aus jüngster Zeit steht dieser Gefährdungseinschätzung zugunsten des Klägers nicht entgegen, sondern bestätigt diese letztlich. Zwar fehlen letztlich Referenzfälle für Übergriffe auf zurückkehrende Mitglieder bzw. Anhänger von Oppositionsparteien. Entsprechendes gilt für regimekritische Autoren. Eine tatsächliche Festnahme eines im November 2004 aus Europa zurückgekehrten Kongolesen am Flughafen Ndjili ist nicht belegbar, nachdem Ermittlungsergebnisse des Auswärtigen Amts dafür sprechen, dass diese Person im März 2005 - offenbar erneut, aber jetzt nicht aus Europa sondern - aus Äthiopien einreiste und mit falschen Dokumenten bei der Einreise fest gehalten wurde (AA, Lagebericht vom 14.5.2005). Das AA schätzt die Mitgliedschaft in einer Auslandorganisation der kongolesischen Opposition und die Teilnahme an Kundgebungen gegen die kongolesische Regierung nicht als gefährlich ein (Lageberichte vom 14.12.2005, vom 9.5.2005 und vom 28.5.2004). Wie das AA allerdings bei anderer Gelegenheit feststellt (Auskunft 7.12.2004 an VG Münster), ist es nicht auszuschließen, dass exilkongolesische Vereinigungen in der Bundesrepublik von den kongolesischen Behörden wahrgenommen werden. Im konkreten Fall einer „Exilregierung der Demokratischen Republik Kongo“ hätten Erkundigungen beim kongolesischen Innenministerium und bei verschiedenen kongolesischen Behörden allerdings keinen Hinweis dafür ergeben, dass die benannte Organisation von diesen Stellen „wahrgenommen bzw. ernst genommen“ werde. Was ein an den Staatspräsidenten Kabila gerichtetes kritisches Schreiben des betreffenden Klägers angehe, so würden in der kongolesischen Presse täglich Stellungnahmen veröffentlicht, die die aktuelle kongolesische Regierung sowie den Staatspräsidenten in ähnlicher bzw. in weit schärferer Weise kritisierten, ohne nach Kenntnis des AA nachteilige Folgen für die Verfasser zu haben (ebenso Auskunft 2.8.2004 an VG Aachen). In ständiger Auskunftspraxis des Jahres 2003 weist das AA daraufhin, in den letzten Wochen und Monaten seien zahlreiche hochrangige Oppositionelle unbehelligt in den Kongo zurückgekehrt. Das stehe im Zusammenhang mit dem Amnestiedekret Nr. 03/001 vom 15.4.2003 (in anderen Auskünften wie z. B. derjenigen vom 19.9.2003 an OVG Münster bezeichnet als Amnestiedekret „Nr. 003/001 vom 14.4.2003“), welches neben Kriegshandlungen auch politische und Meinungsdelikte in der Zeit zwischen 2.8.1998 und 4.4.2003 betreffe (Auskünfte 13.6.2003 an OVG Münster, 15.12.2003 an VG Frankfurt/Oder und 16.12.2003 an VG Regensburg). Nach Machtübernahme durch Joseph Kabila habe sich die Situation sogar für ehemalige Mobutu-Leute positiv geändert. Verwandte von Kengo wa Dondo (mehrfachen Premierminister unter Mobutu) lebten unbehelligt in Kinshasa. Die Mobutisten-Partei MPR sei offiziell zugelassen worden, das Führungspersonal dieser Partei habe ungehindert am innerkongolesischen Dialog in Sun City (25.2. bis 19.4.2002) teilnehmen können. Die Parteivorsitzende der MPR sei schließlich Kandidatin für den Posten des Vizepräsidenten der politischen Opposition. Sogar Mobutu-Offiziere seien durch Kabila an die Spitze der Armee ernannt worden und auch ehemalige Mitglieder des Sicherheitsdienstes SNIP hätten unbehelligt in den Kongo zurückkehren können (Auskunft 31.3.2003 an OVG Münster). Angesichts des Amnestiedekrets, welches Vertretern ehemaliger Rebellenorganisationen und anderen Oppositionellen ermöglichen sollte, an Verhandlungen für eine Übergangsregierung teilzunehmen, erachtet es das AA nicht für ersichtlich, dass die einfache Mitgliedschaft in Exilorganisationen zu einer Verdächtigung führen könne. Die kongolesische Regierung messe exilpolitischen Tätigkeiten in Deutschland anders als in Belgien und Frankreich keine Bedeutung zu, die kongolesische Botschaft in Deutschland überwache nach Einschätzung des AA exilpolitische Tätigkeiten nicht in nennenswerter Weise (Auskunft 9.9.2003 an VG Gelsenkirchen, Lagebericht vom 4.8.2003 und Auskunft 7.1.2003 an VG Oldenburg).
18 
Zu einer Relativierung der bislang in der Rechtsprechung entwickelten Gefährdungseinschätzung bei besonders aktiven Oppositionspolitikern können diese Erkenntnisse hingegen nicht führen. So liegen andererseits dem Bundesnachrichtendienst nämlich durchaus Hinweise vor, dass der militärische Geheimdienst DEMIAP seine Überwachungstätigkeit auf Aktivitäten Intellektueller und ehemaliger Offiziere insbesondere in den Ländern Belgien, USA, Frankreich und Deutschland konzentriert (Auskunft 9.11.2004 an VG Münster). Ferner ergibt sich mittelbar aus der Auskunft des AA vom 7.12.2004 an das VG Münster, dass Auslandsaktivitäten der Opposition durchaus wahrgenommen werden, sonst könnte dort nicht die Rede von einem „Ernst-nehmen“ durch kongolesische Stellen sein. Nicht zu verkennen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass das Kabila-Regime bzw. seine Vollzugs- und Sicherheitsorgane immer wieder gewaltsam und unberechenbar auf regimekritische und öffentlichkeitswirksame Äußerungen aus Kreisen der Opposition, Presse und Menschenrechtsorganisationen im eigenen Land reagieren (vgl. aus jüngster Zeit, jeweils mit Referenzfällen: 20. Bericht des UN-Generalsekretärs vom 28.12.2005 zur UN-Mission im Kongo [MONUC], Seite 11; Länderbericht des britischen Innenministeriums vom Oktober 2005 Ziffer 6.15 ff.; Amnesty International, Jahresberichte 2005 und 2004 sowie Auskünfte vom 4.6.2004 an VG München und 2.9.2003 an VG Lüneburg; UNHCR, Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen aus der DR Kongo, Oktober 2003, Rnrn. 301-313 = Seite 82-84). Im Zusammenhang mit der Einleitung der Übergangsphase weist ferner der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 9.11.2003 an das VG München (betreffend eine Einschätzung der Gefährdungslage bei (exil)politisch tätigen Asylbewerbern aus der DR Kongo) darauf hin, dass die zivilen Oppositionsparteien UDPS und PALU angesichts ihrer Ablehnungshaltung gegenüber der Übergangsregierung nunmehr verstärkt als destabilisierender Faktor eingeschätzt würden. Die Behörden in Kinshasa reagierten deshalb sehr empfindlich auf Aktivitäten dieser Parteien. Entsprechendes müsse für die Einschätzung exilpolitischer Aktivitäten gelten, wobei hier nicht so sehr die (formale) Funktion der betreffenden Personen innerhalb der Parteistruktur, sondern ihre (faktische) Aktivität und öffentlichkeitswirksame Betätigung ausschlaggebend sei, wenn es darum gehe, ob sie zur Kenntnis der kongolesischen Auslandsdienste und ins Visier der kongolesischen Behörden gelange. In seinem umfangreichen Bericht vom Oktober 2003 (Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen, a.a.O., Rnr. 314 = Seite 84/85) stellt der UNHCR fest, dass solche bekannt gewordenen Exilpolitiker bei Rückkehr genau befragt würden; das dann bestehende Gefährdungsrisiko für die Person hänge davon ab, durch welche Stelle die Befragung erfolge und welche Schutzmöglichkeiten die Familie dieser Person in Form von Beziehungen zu den Behörden habe. Es spricht vor diesem Hintergrund nichts dafür, oppositionelle und regimekritische Aktivitäten im Ausland würden als bedeutungslos erachtet und bei Rückkehr entsprechend herausragender Aktivisten ungeahndet gelassen. Das gilt umso mehr, als der Flughafen Kinshasa ein geeignetes „Nadelöhr“ für das Herausfiltern unliebsamer Personen ist.
19 
An dieser zuletzt für den Zeitpunkt Mitte 2006 aufgestellten Gefährdungsprognose für zurückkehrende herausgehobene Exilpolitiker bzw. Exilpublizisten hält das Gericht auch etwas mehr als ein Jahr später fest. Zwar haben Ende 2006 durch die Vereinten Nationen begleitete demokratische Wahlen im Kongo stattgefunden. Um ein fassbares Geschehen, welches eine Zäsur hin zur Entstehung eines nunmehr für den Kläger sicheren Ortes der Rückkehr begründet hätte, handelt es sich dabei jedoch nicht. Ebensowenig wie ein lediglich gerade erreichter „Stand der Dinge" innerhalb eines ständig wechselnden Geschehens ohne weiteres zu Gunsten eines Asylsuchenden einen objektiven Nachfluchttatbestand begründen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13.5.1993 - 9 C 59/92 - InfAuslR 1993, 354), muss sich ein bis vor Kurzem beachtlich wahrscheinlich gefährdeter Rückkehrer Prozesse und Abläufe innerhalb länger dauernder Entwicklungen gefährdungsmindernd entgegenhalten lassen, wenn diese nicht eindeutig eine völlig neue Tendenz zur (positiven) Veränderung des Geschehens anzeigen. Eine solche positive Veränderungen kann bislang Kongo jedoch nicht festgestellt werden, betrachtet man nur unmittelbar vor sowie nach den Wahlen vom 15.11.2006 erfolgten Menschenrechtsverletzungen (vgl. ausführlich Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 4.8.2006 an VG München sowie Amnesty International, Auskunft vom 3.4.2007 an VG Kassel).
20 
Das Gericht schließt sich letztlich der zutreffenden Zusammenfassung bzw. Bewertung an, die das German Institute of Global and Area Studies (Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien - vormals Deutsches Übersee-Institut) in seiner Auskunft vom 9.3.2007 an das VG Kassel formuliert hat. Es darf danach „… nicht außer Acht bleiben, dass die DR Kongo und vormals Zaire in den fast fünf Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit noch nie eine Entwicklung genommen haben, die langfristig zu staatlicher Konsolidierung und politischer Stabilität geführt hätte. Vielmehr gibt es seit Jahrzehnten einen Wechsel zwischen labilen, oberflächlich bisweilen stabil wirkenden Entwicklungsphasen und Phasen völliger Instabilität - wie jene Zeit nach dem Ende der Mobutu-Herrschaft, in der durch Kriegswirren der staatliche Bestand, die nationale Einheit und die territoriale Integrität der DR Kongo auf dem Spiel standen. Die grundsätzlich nie behobene Fragilität dieses Staates hatte zur Folge, dass in Zaire und später der DR Kongo Rechtsstaatlichkeit und Demokratie keine Chance hatten, sondern politische Systeme der Korruption und Repression gediehen. Diese strukturelle Schwäche wird derzeit durch eine Phase politischer Stabilisierung überdeckt, die durch die Wahlen von 2006, die Regierungsbildung 2007 und die damit einhergehende weitgehende Wiederherstellung staatlicher Strukturen gekennzeichnet ist. Diese Entwicklung wird begleitet von einem politischen Pluralismus, den die derzeitige Regierung und Präsident Kabila nur auf dem Hintergrund einer zumindest scheinbaren Stabilisierung zulassen können. Sie betreiben damit gleichzeitig Imagepflege gegenüber dem Ausland, insbesondere den internationalen Gebern, die eine politische Öffnung zur Bedingung für ihre Unterstützung machen. Die bisherige Geschichte der DR Kongo zeigt jedoch, dass eine solche Phase rasch bis manchmal sogar abrupt zu Ende gehen kann. Das Land ist politisch keinesfalls stabil und auch nicht rasch tragfähig stabil zu machen, weil seine weltmarktabhängige, vom Krieg zerrüttete Wirtschaft strukturell zu heterogen und zu schwach ist, um eine solche politische Stabilität zu stützen. Als Stabilität verhindernde Faktoren kommen die außergewöhnlich große ethnische Heterogenität, die gewaltige Unterschiedlichkeit der Kulturen in den diversen, z. T. weit voneinander entfernten kongolesischen Landesteilen sowie nicht zuletzt die Fortdauer gewaltsamer Konflikte vor allem in östlichen Landesteilen hinzu. Durch diese Schwächen und Risiken kann sich auch das Verhalten der Regierung und der Staatsorgane gegenüber Oppositionellen wieder in Richtung verstärkter Repression ändern, falls dies den Regierenden in Kinshasa unter dem Gesichtspunkt, dass Machterhalt die erste aller Prioritäten bleibt, geboten erscheint. Angesichts der immer wieder von unliebsamen Überraschungen geprägten Geschichte des Landes ist diese Perspektive alles andere als eine von Pessimismus geprägte Utopie …“.
21 
Die Abschiebungsandrohung ist mit Blick auf die Zielstaatswahl teilrechtswidrig und insoweit aufzuheben. Liegen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Abschiebung in einen bestimmten Zielstaat vor, führt dies dann zur Teilrechtswidrigkeit einer diesen Zielstaat benennenden Abschiebungsandrohung des Bundesamtes, wenn „nicht in diesen Staat abgeschoben werden darf" (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Das ist bezüglich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dann der Fall, wenn - wie hier - nach der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein „zwingendes Abschiebungshindernis" vorliegt, weil sich aus Art. 2 GG ergibt, dass die Ausländerbehörde von der nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur im Regelfall („soll") gebotenen Aussetzung der Abschiebung auch nicht im Ausnahmefall absehen darf (VG Freiburg, Urt. v. 15.6.2005 - A 1 K 11832/03 - VENSA; vgl. entsprechend zu § 53 Abs. 6 AuslG: BVerwG, Urt. v. 22.12.1997 - 1 C 14.96 - InfAuslR 1998, 217).
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
10 
Beim Kläger liegen zwar zur Überzeugung des Gerichts aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung (subjektive) Nachfluchtgründe vor. Allerdings hat er diese jenseits der maßgeblichen Dreimonatsfrist des § 51 Abs.3 VwVfG vorgebracht (zur Geltung der §§ 71 AsylVfG, 51 VwVfG für jeden einzelnen Wiederaufgreifensgrund: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998 - 9 C 28/97 -, NVwZ 1998, 861). Seine exilpublizistische Tätigkeit für die Zeitschrift „Eveil“ hat er erst am 30.12.1999 geltend gemacht, obwohl sein erstes Asylverfahren bereits seit Juni 1999 (Zustellung des VGH-Beschlusses an den Kläger) unanfechtbar abgeschlossen war. Ungeachtet des § 28 Abs. 2 AsylVfG ist hierdurch die Einräumung einer Rechtsposition nach Art. 16 a Abs. 1 GG und nach § 60 Abs. 1 AufenthG unmöglich geworden, weil diese Schutzgewährungen Element des Asylfolgeantrags und mithin abschließend in §§ 71 Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG geregelt sind. Darauf, dass das Bundesamt in seinem Bescheid vom 4.5.2000 ausweislich der „Tenorierung“ und Begründung ein weiteres Asylverfahren durchgeführt und anschließend (negativ) in der Sache entschieden hat, kommt es nicht an. Maßgeblich für die Frage der Verfahrensrelevanz (Beachtlichkeit) eines Folgeantrags ist insoweit allein die durch das Gericht erkannte Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (ausführlich dazu: VG Freiburg, Beschluss vom 15.8.2003 - A 1 K 11051/03 - VENSA).
11 
Dem Kläger ist jedoch Abschiebungsschutz zu gewähren. Zu seinen Gunsten ist nämlich die Anwendung des mit dem Hilfsantrag zur Entscheidung gestellten (zum Rangverhältnis der Streitgegenstände vgl. zum alten Recht: BVerwG, Urt. v. 26.6.2002 - 1 C 17/01 - InfAuslR 2003, 74 = NVwZ 2003, 356) § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht gehindert gewesen. Jenseits des § 71 AsylVfG, welcher nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich nämlich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, eine Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue - jetzt günstige - Sachentscheidung zum Vorliegen von Abschiebungshindernissen dann ergeben, wenn diese tatsächlich vorliegen. Auf den Zeitpunkt der Geltendmachung kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (BVerwG, Urt. v. 20.10.2004 - 1 C 15/03 - InfAuslR 2005, 120; Urt. v. 21.3.2000 - 9 C 41/99 -, NVwZ 2000, 940; Urt. v. 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.1.2000 - A 14 S 786/99 -, VBlBW 2000, 368; vgl. nunmehr auch BVerfG, Beschl. v. 21.6.2000 - 2 BvR 1989/97 -, DVBl. 2000, 179). Das gilt auch für die Fälle, in denen einer erneuten asyl- bzw. flüchtlingsrechtlichen - d.h. Art. 16a Abs. 1 GG und § 60 Abs. 1 AufenthG betreffenden - Sachentscheidung des Bundesamts Hindernisse entgegenstehen, die sich aus der Anwendung der - formal bzw. normspezifisch präkludierend wirkenden - Absätze 2 und 3 des § 51 VwVfG ergeben (a.A. möglicherweise VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.7.1999 - A 9 S 96/99). In Verbindung mit der Pflicht, auch im Asylfolgeverfahren in der Sache durchzuentscheiden (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 10.2.1998, a.a.O.; bestätigt im Urt. v. 20.10.2004, a.a.O.), hat das Verwaltungsgericht einen asylrechtlich verfahrensirrelevanten bzw. unbeachtlichen Asylvortrag gleichwohl unter dem Gesichtspunkt eines Abschiebungshindernisses zu würdigen (vgl. allgemein zur materiellen Doppelrelevanz eines Sachverhalts unter den Gesichtspunkten „Asyl“ und „Abschiebungshindernis“: BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 -, DVBl. 1996, 203). Eine solche abschließende gerichtliche Prüfung gelangt vorliegend zu dem Ergebnis, dass wegen konkreter Gefahr für Leib, Gesundheit, Freiheit und Leben des Klägers dem Bundesamt keine andere Ermessensentscheidung als diejenige der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses eingeräumt ist.
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Dem Kläger drohen zur Überzeugung des Gerichts im Fall einer heutigen Rückkehr wegen seines exilpolitischen Engagements unter den Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (bzw. Art. 15 b RiL 2004/83/EG) fallende Menschenrechtsverletzungen. Abschiebungsschutz nach diesen Vorschriften kann beanspruchen, wem im Zielland der Abschiebung landesweit - also ohne zumutbare inländische Fluchtalternative - die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung droht. Da Art. 3 EMRK ebenso wie das Asylrecht nicht vor den allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen, Bürgerkriegen und anderen bewaffneten Konflikten schützt, setzt der Begriff der Behandlung ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus. Relevant im Sinne dieser Vorschrift sind deshalb grundsätzlich nur Misshandlungen durch staatliche Organe. Der Begriff der Gefahr in dieser Vorschrift ist kein anderer als der in der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ des asylrechtlichen Prognosemaßstabs mit der Konsequenz einer erforderlichen einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation angelegte Gefährdungsbegriff. Die besondere Schwere des Eingriffs ist auch bei § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise und nach Maßgabe des genannten Maßstabs im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts zu berücksichtigen (vgl. zu § 53 AuslG: BVerwG, Urt. v. 2.9.1997 - 9 C 40/96 -, DVBl. 1998, 271 [unter Auseinandersetzung mit den Urteilen des EGMR vom 29.4.1997, InfAuslR 1997, 333 und vom 2.5.1997, InfAuslR 1997, 381]).
13 
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Betreffend die Frage relevanter Gefährdungslagen wegen exilpolitischer Betätigung macht sich das Gericht zunächst die - materiell auch auf Art. 3 EMRK übertragbaren - Ausführungen der obergerichtlichen Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.7.2003 - A 6 S 971/01 und Urt. v. 13.11.2002 - A 6 S 967/01; OVG Münster, Urt. v. 18.4.2002 - 4 A 3113/95.A) zu eigen. Kongolesen sind danach nicht allein schon wegen exilpolitischer Betätigung in Deutschland generell gefährdet. Exilpolitische Betätigungen kongolesischer Staatsbürger sind für das Kabila-Regime aber dann von Interesse ist, wenn sie als Ausdruck einer ernst zu nehmenden Gegnerschaft gewertet werden können. Das setzt zum einen voraus, dass der jeweilige kongolesische Staatsbürger eine „exponierte“ Tätigkeit entfaltet, die von einer breiten Öffentlichkeit in Deutschland wahrgenommen werden kann und bei der er selbst „eigenes Gesicht“ gewinnt. Nach ihrem Inhalt muss es sich um Aktivitäten handeln, die das Kabila-Regime in einer Weise diskreditieren, dass die bilateralen Beziehungen zwischen dem Gastland und der DR Kongo mit Folgen für die vom Regime angestrebte Verbesserung der internationalen Kooperation belastet werden können. Erst dann kann auch davon ausgegangen werden, dass kongolesische Stellen die exilpolitischen Aktivitäten des Betreffenden wahr- und ernstnehmen (vgl. dazu, dass nicht schon die exilpolitische Tätigkeit an sich, sondern die Kenntnis des Verfolgerstaats von dieser maßgebliches Prognosekriterium ist: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.1997 - A 12 S 2595/96).
14 
Die konkrete Rückkehrgefährdung des Klägers ergibt sich vorliegend zur Überzeugung des Gerichts aus seiner nachhaltigen Mitwirkung an der exilpolitischen Zeitschrift „Eveil“. Seit Gründung dieser Zeitschrift im Mai 1999 wirkt er als Herausgeber - stets namentlich im Impressum genannt - an der Entstehung dieser durchweg regimekritischen und in wechselnder Auflagenstärke von bis zu 2000 Exemplaren/Jahr sowohl in Europa (vgl. die im Impressum genannten Mitarbeiter in anderen Ländern) als auch im Kongo verbreiteten Schrift mit. Ferner veröffentlicht(e) er darin in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen (ebenfalls mit Namen versehene) eigene Beiträge. Auch wenn sich der Kläger durchaus weniger kundig gezeigt hat als die „Eveil“-Vorsitzende M. (vgl. Entscheidung vom 17.3.2006 in deren Asylverfahren A 1 K 10785/03) und der Generalbevollmächtigte M. (vgl. Entscheidung vom 10.3.2006 in dessen Asylverfahren A 1 K 10786/03), so hat das Gericht keinen Zweifel an der Echtheit seines Engagements. Denn als Herausgeber obliegt ihm die Gewährleistung eher organisatorischer, gleichwohl jedoch nicht weniger wichtiger Aktivitäten wie Sammeln von Material, Sichtung eingereichter Beiträge der „Mitglieder“ (das sind die Verfasser von Artikeln) und schließlich die Aufbereitung, bevor die Herstellung des Printmediums durch die Druckerei erfolgt.
15 
Der Kläger ist schließlich vor allem auch enger Mitarbeiter und Vertrauensperson des Gründers, Herausgebers und Chefredakteurs der „Eveil“, Herrn P.. Damit gilt letztlich aber auch für den Kläger, was das Gericht für die Flüchtlingsanerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG des Herrn P. festgestellt hat (vgl. Urteil vom 26.7.1999 - A 1 K 10175/96 - EAS.14/15). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass diese vielschichtigen, umfangreichen langjährigen exilpolitischen/-publizistischen Tätigkeiten des Klägers für das Kabila-Regime von Repressionsinteresse und ferner von erheblichem Ausforschungsinteresse betreffend die offensichtlich einflussreiche und jetzt fast 12 Jahre im Exil lebende Person des P. sind. Kehrte der Kläger in den Kongo zurück, wäre er „Informant“ erster Wahl betreffend Struktur, Arbeitsweise, Finanzierung und personelle Zusammensetzung eines wichtigen Teilbereichs der kongolesischen Opposition in Europa. Personen wie er stellen für den kongolesischen Staat auch und gerade im Ausland eine politische Herausforderung bzw. Bedrohung dar. Aufgrund ihrer lebendigen Aktivitäten sind sie in der Lage, die zahlreichen politischen und humanitären Missstände anzuprangern, ohne dass das Regime unmittelbar eingreifen könnte. Auch wenn Erkenntnisse über Beobachtungs- und Ausforschungstätigkeiten durch Informanten in Europa nicht bestehen - typischerweise ist hier die asylrechtliche Verfolgungsprognose in besonderem Maße auf Vermutungen angewiesen -, stellt das Vorhandensein einer relevanten Anzahl von Exilkongolesen in Europa - dort speziell in Belgien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland - ein gewichtiges Indiz für (auch) geheimdienstartige Ausforschungsbestrebungen der Machthaber und mithin eine überaus sichere Wahrnehmung der Aktivitäten des Klägers dar. In der Zeit der nunmehr über 10-jährigen Kabila-Herrschaft (erst Vater, dann Sohn) sind zweifellos Informationswege zwischen für die Sicherheit zuständigen staatlichen Stellen in der DR Kongo und dem Ausland aufgebaut worden. Das Gericht erachtet es deshalb für unzweifelhaft, dass die vorliegend betroffene kongolesische Auslandsopposition im Blickfeld der Machthaber in Kinshasa steht. Auf der Grundlage der zur innenpolitischen Lage vorhandenen Erkenntnisquellen muss damit aber davon ausgegangen werden, dass auf eine exiloppositionelle Betätigung vom kongolesischen Staat, erhält er Kenntnis davon, nicht anders reagiert wird, als auf oppositionelle Tätigkeiten im Inland. Gerade diese aber werden immer wieder mit menschrechtswidriger Repression beantwortet.
16 
Ob im Schreiben der kongolesischen Botschaft Stockholm vom 2.3.2000 an den (damaligen) kongolesischen Innenminister Kakudji - darin wird der Kläger namentlich neben 19 anderen Personen als Regierungsgegner bezeichnet - eine weitere Bestätigung für eine Gefährdung des Klägers liegt, konnte folglich dahinstehen. Mit Blick auf die Veröffentlichung dieses Schreibens in der „Eveil“ Nr. 8 (Januar bis März 2001) hätten zumindest Zweifel an der heutigen Relevanz (über 6 Jahre später) bestanden.
17 
Eine Auswertung der Erkenntnisquellen aus jüngster Zeit steht dieser Gefährdungseinschätzung zugunsten des Klägers nicht entgegen, sondern bestätigt diese letztlich. Zwar fehlen letztlich Referenzfälle für Übergriffe auf zurückkehrende Mitglieder bzw. Anhänger von Oppositionsparteien. Entsprechendes gilt für regimekritische Autoren. Eine tatsächliche Festnahme eines im November 2004 aus Europa zurückgekehrten Kongolesen am Flughafen Ndjili ist nicht belegbar, nachdem Ermittlungsergebnisse des Auswärtigen Amts dafür sprechen, dass diese Person im März 2005 - offenbar erneut, aber jetzt nicht aus Europa sondern - aus Äthiopien einreiste und mit falschen Dokumenten bei der Einreise fest gehalten wurde (AA, Lagebericht vom 14.5.2005). Das AA schätzt die Mitgliedschaft in einer Auslandorganisation der kongolesischen Opposition und die Teilnahme an Kundgebungen gegen die kongolesische Regierung nicht als gefährlich ein (Lageberichte vom 14.12.2005, vom 9.5.2005 und vom 28.5.2004). Wie das AA allerdings bei anderer Gelegenheit feststellt (Auskunft 7.12.2004 an VG Münster), ist es nicht auszuschließen, dass exilkongolesische Vereinigungen in der Bundesrepublik von den kongolesischen Behörden wahrgenommen werden. Im konkreten Fall einer „Exilregierung der Demokratischen Republik Kongo“ hätten Erkundigungen beim kongolesischen Innenministerium und bei verschiedenen kongolesischen Behörden allerdings keinen Hinweis dafür ergeben, dass die benannte Organisation von diesen Stellen „wahrgenommen bzw. ernst genommen“ werde. Was ein an den Staatspräsidenten Kabila gerichtetes kritisches Schreiben des betreffenden Klägers angehe, so würden in der kongolesischen Presse täglich Stellungnahmen veröffentlicht, die die aktuelle kongolesische Regierung sowie den Staatspräsidenten in ähnlicher bzw. in weit schärferer Weise kritisierten, ohne nach Kenntnis des AA nachteilige Folgen für die Verfasser zu haben (ebenso Auskunft 2.8.2004 an VG Aachen). In ständiger Auskunftspraxis des Jahres 2003 weist das AA daraufhin, in den letzten Wochen und Monaten seien zahlreiche hochrangige Oppositionelle unbehelligt in den Kongo zurückgekehrt. Das stehe im Zusammenhang mit dem Amnestiedekret Nr. 03/001 vom 15.4.2003 (in anderen Auskünften wie z. B. derjenigen vom 19.9.2003 an OVG Münster bezeichnet als Amnestiedekret „Nr. 003/001 vom 14.4.2003“), welches neben Kriegshandlungen auch politische und Meinungsdelikte in der Zeit zwischen 2.8.1998 und 4.4.2003 betreffe (Auskünfte 13.6.2003 an OVG Münster, 15.12.2003 an VG Frankfurt/Oder und 16.12.2003 an VG Regensburg). Nach Machtübernahme durch Joseph Kabila habe sich die Situation sogar für ehemalige Mobutu-Leute positiv geändert. Verwandte von Kengo wa Dondo (mehrfachen Premierminister unter Mobutu) lebten unbehelligt in Kinshasa. Die Mobutisten-Partei MPR sei offiziell zugelassen worden, das Führungspersonal dieser Partei habe ungehindert am innerkongolesischen Dialog in Sun City (25.2. bis 19.4.2002) teilnehmen können. Die Parteivorsitzende der MPR sei schließlich Kandidatin für den Posten des Vizepräsidenten der politischen Opposition. Sogar Mobutu-Offiziere seien durch Kabila an die Spitze der Armee ernannt worden und auch ehemalige Mitglieder des Sicherheitsdienstes SNIP hätten unbehelligt in den Kongo zurückkehren können (Auskunft 31.3.2003 an OVG Münster). Angesichts des Amnestiedekrets, welches Vertretern ehemaliger Rebellenorganisationen und anderen Oppositionellen ermöglichen sollte, an Verhandlungen für eine Übergangsregierung teilzunehmen, erachtet es das AA nicht für ersichtlich, dass die einfache Mitgliedschaft in Exilorganisationen zu einer Verdächtigung führen könne. Die kongolesische Regierung messe exilpolitischen Tätigkeiten in Deutschland anders als in Belgien und Frankreich keine Bedeutung zu, die kongolesische Botschaft in Deutschland überwache nach Einschätzung des AA exilpolitische Tätigkeiten nicht in nennenswerter Weise (Auskunft 9.9.2003 an VG Gelsenkirchen, Lagebericht vom 4.8.2003 und Auskunft 7.1.2003 an VG Oldenburg).
18 
Zu einer Relativierung der bislang in der Rechtsprechung entwickelten Gefährdungseinschätzung bei besonders aktiven Oppositionspolitikern können diese Erkenntnisse hingegen nicht führen. So liegen andererseits dem Bundesnachrichtendienst nämlich durchaus Hinweise vor, dass der militärische Geheimdienst DEMIAP seine Überwachungstätigkeit auf Aktivitäten Intellektueller und ehemaliger Offiziere insbesondere in den Ländern Belgien, USA, Frankreich und Deutschland konzentriert (Auskunft 9.11.2004 an VG Münster). Ferner ergibt sich mittelbar aus der Auskunft des AA vom 7.12.2004 an das VG Münster, dass Auslandsaktivitäten der Opposition durchaus wahrgenommen werden, sonst könnte dort nicht die Rede von einem „Ernst-nehmen“ durch kongolesische Stellen sein. Nicht zu verkennen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass das Kabila-Regime bzw. seine Vollzugs- und Sicherheitsorgane immer wieder gewaltsam und unberechenbar auf regimekritische und öffentlichkeitswirksame Äußerungen aus Kreisen der Opposition, Presse und Menschenrechtsorganisationen im eigenen Land reagieren (vgl. aus jüngster Zeit, jeweils mit Referenzfällen: 20. Bericht des UN-Generalsekretärs vom 28.12.2005 zur UN-Mission im Kongo [MONUC], Seite 11; Länderbericht des britischen Innenministeriums vom Oktober 2005 Ziffer 6.15 ff.; Amnesty International, Jahresberichte 2005 und 2004 sowie Auskünfte vom 4.6.2004 an VG München und 2.9.2003 an VG Lüneburg; UNHCR, Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen aus der DR Kongo, Oktober 2003, Rnrn. 301-313 = Seite 82-84). Im Zusammenhang mit der Einleitung der Übergangsphase weist ferner der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 9.11.2003 an das VG München (betreffend eine Einschätzung der Gefährdungslage bei (exil)politisch tätigen Asylbewerbern aus der DR Kongo) darauf hin, dass die zivilen Oppositionsparteien UDPS und PALU angesichts ihrer Ablehnungshaltung gegenüber der Übergangsregierung nunmehr verstärkt als destabilisierender Faktor eingeschätzt würden. Die Behörden in Kinshasa reagierten deshalb sehr empfindlich auf Aktivitäten dieser Parteien. Entsprechendes müsse für die Einschätzung exilpolitischer Aktivitäten gelten, wobei hier nicht so sehr die (formale) Funktion der betreffenden Personen innerhalb der Parteistruktur, sondern ihre (faktische) Aktivität und öffentlichkeitswirksame Betätigung ausschlaggebend sei, wenn es darum gehe, ob sie zur Kenntnis der kongolesischen Auslandsdienste und ins Visier der kongolesischen Behörden gelange. In seinem umfangreichen Bericht vom Oktober 2003 (Erwägungen zum Schutz von Asylbewerbern und Flüchtlingen, a.a.O., Rnr. 314 = Seite 84/85) stellt der UNHCR fest, dass solche bekannt gewordenen Exilpolitiker bei Rückkehr genau befragt würden; das dann bestehende Gefährdungsrisiko für die Person hänge davon ab, durch welche Stelle die Befragung erfolge und welche Schutzmöglichkeiten die Familie dieser Person in Form von Beziehungen zu den Behörden habe. Es spricht vor diesem Hintergrund nichts dafür, oppositionelle und regimekritische Aktivitäten im Ausland würden als bedeutungslos erachtet und bei Rückkehr entsprechend herausragender Aktivisten ungeahndet gelassen. Das gilt umso mehr, als der Flughafen Kinshasa ein geeignetes „Nadelöhr“ für das Herausfiltern unliebsamer Personen ist.
19 
An dieser zuletzt für den Zeitpunkt Mitte 2006 aufgestellten Gefährdungsprognose für zurückkehrende herausgehobene Exilpolitiker bzw. Exilpublizisten hält das Gericht auch etwas mehr als ein Jahr später fest. Zwar haben Ende 2006 durch die Vereinten Nationen begleitete demokratische Wahlen im Kongo stattgefunden. Um ein fassbares Geschehen, welches eine Zäsur hin zur Entstehung eines nunmehr für den Kläger sicheren Ortes der Rückkehr begründet hätte, handelt es sich dabei jedoch nicht. Ebensowenig wie ein lediglich gerade erreichter „Stand der Dinge" innerhalb eines ständig wechselnden Geschehens ohne weiteres zu Gunsten eines Asylsuchenden einen objektiven Nachfluchttatbestand begründen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13.5.1993 - 9 C 59/92 - InfAuslR 1993, 354), muss sich ein bis vor Kurzem beachtlich wahrscheinlich gefährdeter Rückkehrer Prozesse und Abläufe innerhalb länger dauernder Entwicklungen gefährdungsmindernd entgegenhalten lassen, wenn diese nicht eindeutig eine völlig neue Tendenz zur (positiven) Veränderung des Geschehens anzeigen. Eine solche positive Veränderungen kann bislang Kongo jedoch nicht festgestellt werden, betrachtet man nur unmittelbar vor sowie nach den Wahlen vom 15.11.2006 erfolgten Menschenrechtsverletzungen (vgl. ausführlich Institut für Afrika-Kunde, Auskunft vom 4.8.2006 an VG München sowie Amnesty International, Auskunft vom 3.4.2007 an VG Kassel).
20 
Das Gericht schließt sich letztlich der zutreffenden Zusammenfassung bzw. Bewertung an, die das German Institute of Global and Area Studies (Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien - vormals Deutsches Übersee-Institut) in seiner Auskunft vom 9.3.2007 an das VG Kassel formuliert hat. Es darf danach „… nicht außer Acht bleiben, dass die DR Kongo und vormals Zaire in den fast fünf Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit noch nie eine Entwicklung genommen haben, die langfristig zu staatlicher Konsolidierung und politischer Stabilität geführt hätte. Vielmehr gibt es seit Jahrzehnten einen Wechsel zwischen labilen, oberflächlich bisweilen stabil wirkenden Entwicklungsphasen und Phasen völliger Instabilität - wie jene Zeit nach dem Ende der Mobutu-Herrschaft, in der durch Kriegswirren der staatliche Bestand, die nationale Einheit und die territoriale Integrität der DR Kongo auf dem Spiel standen. Die grundsätzlich nie behobene Fragilität dieses Staates hatte zur Folge, dass in Zaire und später der DR Kongo Rechtsstaatlichkeit und Demokratie keine Chance hatten, sondern politische Systeme der Korruption und Repression gediehen. Diese strukturelle Schwäche wird derzeit durch eine Phase politischer Stabilisierung überdeckt, die durch die Wahlen von 2006, die Regierungsbildung 2007 und die damit einhergehende weitgehende Wiederherstellung staatlicher Strukturen gekennzeichnet ist. Diese Entwicklung wird begleitet von einem politischen Pluralismus, den die derzeitige Regierung und Präsident Kabila nur auf dem Hintergrund einer zumindest scheinbaren Stabilisierung zulassen können. Sie betreiben damit gleichzeitig Imagepflege gegenüber dem Ausland, insbesondere den internationalen Gebern, die eine politische Öffnung zur Bedingung für ihre Unterstützung machen. Die bisherige Geschichte der DR Kongo zeigt jedoch, dass eine solche Phase rasch bis manchmal sogar abrupt zu Ende gehen kann. Das Land ist politisch keinesfalls stabil und auch nicht rasch tragfähig stabil zu machen, weil seine weltmarktabhängige, vom Krieg zerrüttete Wirtschaft strukturell zu heterogen und zu schwach ist, um eine solche politische Stabilität zu stützen. Als Stabilität verhindernde Faktoren kommen die außergewöhnlich große ethnische Heterogenität, die gewaltige Unterschiedlichkeit der Kulturen in den diversen, z. T. weit voneinander entfernten kongolesischen Landesteilen sowie nicht zuletzt die Fortdauer gewaltsamer Konflikte vor allem in östlichen Landesteilen hinzu. Durch diese Schwächen und Risiken kann sich auch das Verhalten der Regierung und der Staatsorgane gegenüber Oppositionellen wieder in Richtung verstärkter Repression ändern, falls dies den Regierenden in Kinshasa unter dem Gesichtspunkt, dass Machterhalt die erste aller Prioritäten bleibt, geboten erscheint. Angesichts der immer wieder von unliebsamen Überraschungen geprägten Geschichte des Landes ist diese Perspektive alles andere als eine von Pessimismus geprägte Utopie …“.
21 
Die Abschiebungsandrohung ist mit Blick auf die Zielstaatswahl teilrechtswidrig und insoweit aufzuheben. Liegen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Abschiebung in einen bestimmten Zielstaat vor, führt dies dann zur Teilrechtswidrigkeit einer diesen Zielstaat benennenden Abschiebungsandrohung des Bundesamtes, wenn „nicht in diesen Staat abgeschoben werden darf" (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Das ist bezüglich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dann der Fall, wenn - wie hier - nach der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein „zwingendes Abschiebungshindernis" vorliegt, weil sich aus Art. 2 GG ergibt, dass die Ausländerbehörde von der nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur im Regelfall („soll") gebotenen Aussetzung der Abschiebung auch nicht im Ausnahmefall absehen darf (VG Freiburg, Urt. v. 15.6.2005 - A 1 K 11832/03 - VENSA; vgl. entsprechend zu § 53 Abs. 6 AuslG: BVerwG, Urt. v. 22.12.1997 - 1 C 14.96 - InfAuslR 1998, 217).
22 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 83 b AsylVfG.