Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 16. Jan. 2014 - 3 L 66/14

Gericht
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens sowie die jeweiligen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen. Die eigenen außergerichtlichen Kosten trägt der Antragsteller selbst.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Nach der in diesem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, § 80 a Abs. 3 VwGO allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erscheint es unabhängig von dem aktuellen Bestehen eines Rechtsschutzinteresses im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ob sich die Ausnahmegenehmigung des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin vom 9. Januar 2014 und dessen Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 15. Januar 2014 als rechtmäßig oder als rechtswidrig erweisen. Eine dies zugrunde legende Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des entgegenstehenden öffentlichen Interesses sowie des entgegenstehenden überwiegenden Interesses der Beigeladenen andererseits geht hier im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Ergebnis zu Lasten des Antragstellers aus.
3Denn die Beigeladene hat mit Schreiben vom 15. Januar 2014, dem Antragsteller bereits direkt per E-Mail übersandt, diesem für die Nächte, für die eine Ausnahmegenehmigung im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 LImSchG NRW erteilt worden ist, ein Hotelzimmer bis 100,00 Euro je Nacht als Ausgleich angeboten. Ausweislich eines (weiteren) Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen an die Antragsgegnerin ebenfalls vom 15. Januar 2014 soll dieses Angebot auch den jeweiligen „Transfer“ (von der Wohnung des Antragstellers zum jeweiligen Hotel/Pension) umfassen. Nach den Ermittlungen des Gerichts am 15. Januar 2014 gegen 16.00 Uhr waren in N. zu diesem Zeitpunkt mehrere Hotels sogar in der Kategorie bis 4 Sterne zu Preisen von bis zu 100,00 Euro verfügbar. Es erscheint dem Antragsteller als in der Innenstadt von N. wohnenden Rechtsreferendar auch ohne Weiteres zumutbar, in den Nächten, in denen der Beigeladenen die Durchführung bestimmter Nachtarbeiten auf ihrer Baustelle an den N. -B. durch die vorgenannte Genehmigung bewilligt worden ist, eine entsprechende Unterkunft zur Gewährleistung seiner durch § 9 Abs. 1 LImSchG NRW grundsätzlich geschützten Nachtruhe in Anspruch zu nehmen. Vor diesem Hintergrund geht die vom Gericht durchzuführende Interessenabwägung zu Lasten des telefonisch oder auf dem Faxwege nicht erreichbaren Antragsteller aus.
4Aufgrund der Notwendigkeit einer umgehenden Entscheidung vermochte das Gericht die mehrschichtigen tatsächlichen und rechtlichen Probleme, die der Ausnahmegenehmigung des Oberbürgermeisters vom 9. Januar 2014 zugrunde liegen, nicht abschließend zu beurteilen. Das Gericht vermochte jedenfalls nicht wie die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis zu gelangen, dass der Antrag der Abweisung unterliege.
5Einerseits ist die Nachtruhe des Einzelnen vor dem Hintergrund der Vorschrift des Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Schutz der körperlichen Unversehrtheit) als sogar grundgesetzlich geschütztes hochwertiges Rechtsgut einzustufen. Ihr Schutz ergibt sich auch vor dem Hintergrund der in der TA-Lärm verbindlich festgesetzten Immissionsrichtwerte (vgl. Nrn. 6., 6.1). So gilt nachts, also zwischen 22.00 und 6.00 Uhr, (sogar) in Kerngebieten ein Grenzwert von 45 dB(A). Der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin war sich zwar, wie sich aus der angefochtenen Ausnahmegenehmigung ergibt, bewusst, dass die Nachtruhe grundsätzlich zu schützen ist. Allerdings erscheint fraglich, ob die der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmungen Nummern 1. und 2. u.a. hinsichtlich der genannten dB(A)-Werte von 55 bzw. 70 sowie der genannten Entfernungen von 65 bzw. 12 Meter tatsächlich und rechtlich belastbar sind, da dem Gericht entsprechend verwertbare Untersuchungen oder Berechnungen nicht vorliegen. Das dem Gericht übersandte „Berechnungsblatt“ bietet jedenfalls in diesem Eilverfahren keine ausreichend verlässliche Grundlage. Weiterhin bestehen Zweifel, ob der genannte „Radius um die Baumaßnahme“ vor dem Hintergrund des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW rechtlich ausreichend bestimmt ist. Desweiteren erscheint durchaus zweifelhaft, ob die in der Ausnahmegenehmigung und in der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgeführten Gründe für die Erteilung einer Ausnahme bzw. für das Bejahen eines öffentlichen Interesses bzw. eines überwiegenden Interesses der Beigeladenen nicht zuletzt vor dem der Behörde in § 9 Abs. 2 Satz 2 LImSchG NRW eingeräumten Ermessen rechtmäßig sind. So erscheint u.a. fraglich, ob nicht vorhandene „Hochbaukrankapazitäten“ (vgl. Begründung) diesbezüglich ausreichend sind; gleiches gilt für die nicht zwingend nachvollziehbare Darlegung, dass die „Verlagerung eines Teils der Anlieferungen und die Durchführung von Schal- und Montagearbeiten in die Nachtstunden, die Beeinflussung des öffentlichen Straßenverkehrs als auch die Verkehrssicherheit erheblich erhöhen“ würden. Fehlende Baukapazitäten dürften weder ein öffentliches Interesse noch ein ausreichendes privates Interesse der Beigeladenen begründen können. Gleiches gilt im Hinblick auf die im gerichtlichen Verfahren angeführte zügige Realisierung der Baufläche und die zeitgerechte bzw. zügige Abwicklung der Baustelle. Hierbei ist u.a. auch zu berücksichtigen, dass die Fertigstellung des Projekts der N. -B. von der Beigeladenen zwischenzeitlich von Mitte 2014 auf Beginn des Jahres 2015 hinausgeschoben worden ist. Inwieweit der Personennahverkehr ein öffentliches Interesse zu begründen vermag, ist nicht nachvollziehbar, da der Busverkehr trotz der Baustelle weiter an diesem Bereich vorbeigeführt wird. In diesem Zusammenhang ist schließlich hinsichtlich der Verwertbarkeit der Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz an das Gericht vom 15. Januar 2014 auch zu ihren Lasten berücksichtigen, dass sie erkennbar auf Seite 3 dieses Schriftsatzes von einer nicht dem Antragsteller zuzuordnenden Anschrift ausgegangen ist.
6Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 und 162 Abs. 3 VwGO.
7Der Streitwert folgt aus den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

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(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.