Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 05. Mai 2017 - B 1 K 16.31660

bei uns veröffentlicht am05.05.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist nach seinen Angaben afghanischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Hazara und schiitischer Religionszugehörigkeit. Er sei im Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und stellte am 20.07.2016 einen Asylantrag.

Anlässlich seiner Anhörung beim Bundesamt am 28.09.2016 gab der Kläger an, sie hätten den Iran ungefähr im Juli 2014 verlassen und seien Ende Februar 2015 aus Afghanistan eingereist. Sie seien ca. sieben Monate illegal in der Türkei gewesen. Dort habe sich seine Schwester verlobt, außerdem hätten sie finanzielle Probleme gehabt. Beide Elternteile des Klägers seien ebenfalls in Deutschland (Az. B 1 K 17.30445). Im Iran lebten noch eine Tante und die Familie des Onkels, der jedoch schon gestorben sei. In Afghanistan habe der Kläger keine Verwandten. Er habe eine Klasse im Gymnasium besucht, aber nicht erfolgreich abgeschlossen. Er habe also praktisch Mittlere Reife. Er habe sich zum nächsten Jahr Gymnasium einschreiben wollen, dies sei aber abgelehnt worden, da keine Afghanen in diesem Jahr mehr zugelassen worden seien. Er solle es im nächsten Jahr wieder probieren, dann habe er angefangen zu arbeiten. Er habe in einer Fabrik gearbeitet, in der Garn hergestellt worden sei. Er habe im Monat ca. 1,5 Millionen Toman (ca. 450,00 bis 500,00 EUR) verdient. Die Flucht vom Iran in die Türkei habe 2,5 Millionen Toman pro Person gekostet, die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland 1.000,00 US-Dollar pro Person und der Rest bis Deutschland insgesamt 1.000,00 EUR. Die Flucht von Afghanistan in den Iran habe der Vater des Klägers bezahlt. Bis zur Türkei seien sie mit eigenen Ersparnissen ausgekommen, dort hätten sie gearbeitet und ein Onkel aus Australien habe ihnen 5.000,00 US-Dollar geschickt.

Befragt nach den Gründen für seine Ausreise gab der Kläger an, er habe im Iran im Dezember 2013 einen Motorradunfall erlitten, bei dem er von einem Auto angefahren worden sei und der Fahrer Unfallflucht begangen habe. Sein Vater habe den Vorfall angezeigt, da seien die Aufenthaltsgestattungen bei der Polizei einbehalten worden. Der Kläger sei ohne Führerschein Motorrad gefahren, daher habe die Polizei den Unfallgegner nicht gesucht, sondern sogar geschützt. Sein Vater habe die Aufenthaltsgestattung zurückbekommen, nicht aber der Kläger. Da er ohne Führerschein Motorrad gefahren sei, habe er nach Afghanistan abgeschoben werden sollen. Afghanen würden im Iran benachteiligt, er habe gar nicht die Möglichkeit gehabt, einen Führerschein zu machen. Sein Vater habe dann ein Attest vom Krankenhaus geholt, damit der Kläger noch drei Monate im Iran habe bleiben dürfen. Er habe aufgrund der Verletzung damals noch nicht einmal richtig laufen können. Dann seien sie als ganze Familie nach Afghanistan ausgereist.

Sie seien zu einem Onkel, dem Bruder seines Vaters gezogen. Dieser sei Polizeivorsteher seines Stadtteils gewesen. Der Onkel habe gesagt, dort sei alles unsicher, die Mädchen würden entführt und missbraucht, die Jungs würden entführt und zwangsrekrutiert. Die Taliban beherrschten das ganze Gebiet, er habe ihnen verboten, das Haus zu verlassen. Wenn sie doch mal das Haus hätten verlassen müssen, hätten sie sich beobachtet gefühlt. Sie hätten die Gefahr regelrecht gespürt. Sie seien auch äußerlich aufgefallen, weil sie etwas anders gekleidet gewesen seien und nicht, wie die Einheimischen, einen langen Bart gehabt hätten. Auch sein Onkel sei von den Taliban bedroht worden, er solle aufhören, bei der Polizei zu arbeiten, sonst würde er erschossen. Es habe nur zwei große Räume in dem Haus gegeben, in einem der Räume hätten sie sich aufhalten dürfen. Da sie bei seinem Onkel gewohnt hätten, seien sie auch bedroht gewesen. Wäre er in seinem Haus überfallen worden, wären sie auch dran gewesen. Die Taliban seien nachts mit Waffen und Gewalt gekommen, sie machten, was sie wollten. Auf Nachfrage des Bundesamts, aus welchem Grund sie kein eigenes Haus gesucht hätten, gab der Kläger an, dann wäre die Gefahr noch größer gewesen, dass seine Schwestern entführt würden und das sie als Jungs in den Krieg gezwungen würden. Sie seien erst als Gast bei ihrem Onkel gewesen. Als sie gesehen hätten, wie schlimm die Situation in Afghanistan gewesen sei, hätten sie beschlossen, weiter zu flüchten. Sie hätten warten müssen, bis sein Fuß verheilt gewesen sei und bis es wärmer geworden sei. Als sie in die Türkei geflüchtet gewesen seien, sei sein Onkel von den Taliban in seinem Auto erschossen worden. Auf Frage des Bundesamts nach dem Bein des Klägers gab dieser an, es sei noch nicht ganz verheilt. Er könne zwar laufen, aber seine Zehen nicht bewegen. Er habe Gefühl in den Zehen, sein großer Zeh sei abgetrennt gewesen, er sei ihm in Iran angenäht worden. Auf weitere Frage, warum er nicht versucht habe, in einem anderen Gebiet in Afghanistan ein neues Leben aufzubauen, gab der Kläger an, sie hätten woanders niemanden gekannt. Außerdem sei es überall in Afghanistan sehr unsicher, die jungen Afghanen müssten sich den Taliban anschließen oder sie würden erschossen.

Mit Bescheid vom 21.11.2016 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Nr. 1). Zugleich wurde der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Nr. 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Nr. 3) sowie festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Klageverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Afghanistan abgeschoben. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).

Zur Begründung des Bescheids wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor.

Der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft stehe entgegen, dass der Kläger internen Schutz in Kabul finden könne. Aufgrund der Anonymität der Großstadt sei die Befürchtung, dass er dort erkannte werden würde und dem Risiko ausgesetzt wäre, wegen seines vergangenen Verhaltens verfolgt zu werden, nicht plausibel. Gemäß den Erkenntnissen von EASO stelle das Aufspüren weniger bekannter Personen in der Stadt Kabul keine Priorität für die Aufständischen dar. Bei gesunden und arbeitsfähigen jungen Männern sei grundsätzlich davon auszugehen, dass eine interne Schutzmöglichkeit zumindest in afghanischen Städten wie z.B. Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif sowie in den Provinzen Bamiyan und Panjshir bestehe und dass sie dort das erforderliche Existenzminimum erlangen könnten. Dies gelte auch, wenn sie bei einer Rückkehr nicht auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen könnten. Kabul sei für den Kläger ohne Schwierigkeiten erreichbar, diesbezügliche Probleme seien auch nicht vorgetragen worden. Danach könne es dem Kläger zugemutet werden, sich in diesem sicheren Landesteil aufzuhalten. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger jung, gesund und in einem arbeitsfähigen Alter sei. Er habe zwar zu seiner Gesundheit angegeben, dass er seine Zehe nicht fühlen, aber laufen könne. Ein Hindernis bzgl. seiner Erwerbsfähigkeit sei hierbei nicht zu erkennen. Darüber hinaus müsse er sich darauf verweisen lassen, dass er noch über einige Verwandte in seinem Heimatland verfüge, welche ihn zumindest übergangsweise finanziell unterstützen könnten. Es bestehe kein Grund zur Annahme, dass er in seinem Heimatland nicht mindestens das Existenzminimum erreichen könne. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor und es seien auch keine Abschiebungsverbote gegeben (wird näher ausgeführt). Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen.

Am 23.11.2016 erhob der Kläger zur Niederschrift der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Bayreuth Klage gegen den Bescheid vom 21.11.2016.

Durch seine Bevollmächtigte ließ der Kläger geltend machen, er müsse aufgrund seiner Religions- und Volkszugehörigkeit der Sadat Hazara und aufgrund seiner Familienzugehörigkeit mit Verfolgung, Folter und dem Tod rechnen, wenn er nach Afghanistan abgeschoben würde. Dies ergebe sich aufgrund der besonderen familiären Situation und zum anderen aufgrund der in Afghanistan herrschenden Verfolgung und Tötung der schiitischen Hazara (wird erläutert). In der Türkei habe die Schwester M* … des Klägers in einer Näherei gearbeitet und einen jungen Afghanen kennengelernt. Dieser habe die Familie sehr stark bedrängt, da er die Schwester des Klägers habe heiraten wollen. Schließlich habe der Vater des Klägers dem zugestimmt, obwohl der junge Afghane Sunnit gewesen sei. N* … sei kurz danach von der Türkei in die USA gereist, während die Familie des Klägers nach Deutschland gekommen sei und hier Asyl beantragt habe. N* … habe gedroht, nach Deutschland zu kommen und M* … Säure ins Gesicht zu gießen oder die türkische Mafia einzuschalten, zu der er angeblich Verbindungen hätte. Da eine Heirat zwischen einer Schiitin und einem Sunniten immer als Familienangelegenheit betrachtet werde, sei der Kläger ebenfalls von den Konsequenzen dieser gescheiterten Ehe betroffen. In Afghanistan werde eine solche Ehe nicht toleriert und würde für die ganze Familie, also auch für den Kläger, den Ausschluss aus der schiitischen Gemeinschaft zur Folge haben. Zwischenzeitlich habe die Schwester des Klägers vor dem Amtsgericht … Scheidungsantrag eingereicht. Durch diese Scheidung sei eine extreme Gefährdung der gesamten Familie eingetreten, weil die Trennung und Scheidung in den Augen der extremistischen Sunniten ein Affront und eine Beleidigung sei. Der Kläger befinde sich in einem doppelten Konflikt, zum einen mit der schiitischen Gemeinschaft und zum anderen durch die Bedrohung durch die extremistischen Sunniten. Der Kläger habe im Rahmen seiner Anhörung nichts weiter zu der ihm drohenden Gefahr gesagt, die ihm durch die Scheidung seiner Schwester drohe. Er sei nämlich vom Dolmetscher dazu aufgefordert worden, hier nichts mehr zu sagen, da der Sachverhalt bereits in der Anhörung des Vaters des Klägers sowie in der Anhörung der Schwester des Klägers enthalten sei und vom Bundesamt als gemeinschaftliche „Familienanhörung“ gewertet und in seine Beurteilung eingehen werde. Im streitgegenständlichen Bescheid sei jedoch zu dieser familiären Problematik nichts ausgeführt worden, obwohl sich die Familie dadurch in größter Gefahr befinde, wenn sie zurück nach Afghanistan müsste. Der Ehemann der Schwester habe paschtunische Wurzeln und stamme aus einer großen paschtunischen Familie in Afghanistan. Diese habe dort großen Einfluss. Für die Paschtunen gelte heute noch die Tradition der Blutfehde und -rache. Der Kläger und seine Familie müssten daher bei einer Abschiebung damit rechnen, dass die paschtunische Familie von N* … sie gezielt verfolge und sich an ihnen rächen wolle für die Beleidigung, die die Familie des Klägers ihnen dadurch angetan habe, dass sich die Schwester des Klägers erst von N* … getrennt und dann auch noch die Scheidung eingereicht habe. Dies verletzte die Verhaltens- und Ehrvorstellungen der Paschtunen. Es werde auf einen Ausschnitt aus den UNHCR-Richtlinien vom 19.04.2016 hingewiesen. Unabhängig davon drohe eine persönliche Gefährdung, weil es sich beim Kläger um einen Angehörigen der schiitischen Sadat Hazara handele (wird näher ausgeführt). Die Hazara seien eine verfolgte und diskriminierte religiös-ethnische Minderheit in Afghanistan. Hazaras seien Schiiten und würden von der Opposition der sunnitischen Extremisten der Taliban und des IS als Ungläubige gezielt verfolgt. Die Diskriminierung der Hazara und Gewalt gegen diese nähmen zu, nicht nur von Seiten der regierungsfeindlichen AGEs, sondern auch von Behörden und der afghanischen lokalen Polizei. Die Einschätzung der Sicherheitslage und deren Entwicklung zeigten eine unkalkulierbare Verschärfung der Sicherheitslage, darunter hätten besonders die Minderheiten wie die Hazara zu leiden. Die Abschiebung des Klägers nach Afghanistan stelle für diesen nicht nur ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, sondern hätte für ihn ein menschenunwürdiges Leben zur Folge. Zusammenfassend sei festzustellen, dass der Kläger und dessen Familie mit dem Tod rechnen müssten, wenn sie nach Afghanistan abgeschoben würden, zum einen aufgrund der anstehenden Blutrache der Familie von N* …und andererseits aufgrund der Übergriffe der Taliban gegenüber den Hazara. Unterstützung aus der schiitischen Gemeinde würden sie aufgrund der Heirat von M* … nicht erhalten, sondern vielmehr aus dieser Gemeinschaft verstoßen werden. Auf die weiteren Ausführungen in der Klagebegründung wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.11.2016, Az. …, zugestellt am 22.11.2016, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, die Flüchtlingseigenschaft anzuerkennen und festzustellen, dass subsidiärer Schutz zu bewilligen ist, hilfsweise, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

  • 3.Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 16.03.2017 hat das Gericht den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit weiterem Beschluss vom 17.03.2017 wurde ein Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Am Tag der mündlichen Verhandlung ließ der Kläger eine ergänzende Klagebegründung vorlegen und noch einmal die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte samt Sitzungsniederschrift und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dieser hat keinen Anspruch auf Zuerkennung internationalen Schutzes. Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch die weiteren Entscheidungen im angefochtenen Bescheid erweisen sich als rechtmäßig.

In der Sache selbst schließt sich das Gericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur Sache sowie zur Klage das Folgende auszuführen:

Für die Frage, ob der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG oder die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) in Anspruch nehmen kann, ist auf die Verhältnisse und eine etwaige Gefährdungslage im Herkunftsland abzustellen. Herkunftsland im Sinne dieser Vorschriften ist das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzt, so dass für die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung internationalen Schutzes zusteht, auf Afghanistan abzustellen ist.

Das Bundesamt hat rechtlich nicht zu beanstandend angenommen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes nicht gegeben sind.

1. Dem Kläger droht wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara in Afghanistan keine Gruppenverfolgung im Rechtssinne, wobei es nach § 77 Abs. 1 AsylG auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt. Grundsätzlich kann sich die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer zwar nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden Gruppen gerichteten Verfolgung setzt dabei voraus, dass eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr einer Betroffenheit besteht. Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, wenn also auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar ist (vgl. VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. In Afghanistan sind keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere (nicht-)staatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen (vgl. BayVGH, U.v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 - juris). Die Verfolgungshandlungen, denen die Hazara partiell ausgesetzt sind, verfügen nicht über die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte. Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 – Lagebericht – S. 9). Es wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes aber eine grundsätzliche Verbesserung für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara festgestellt. Überdies ist jedenfalls keine landesweite Bedrohung von Volkszugehörigen der Hazara festzustellen. Für diese bildet insbesondere die Region Bamiyan westlich von Kabul einen sicheren Rückzugsort, der weitgehend von Volkszugehörigen der Hazara besiedelt ist (vgl. VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris m.w.N.; s.a. auch Wikipedia – Stichwort „Hazara“). Auch unter Berücksichtigung ganz aktueller Erkenntnisse fehlt es offensichtlich an einer für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte (vgl. VG Augsburg, U.v. 19.1.2017 – Au 5 K 16.32053 – juris m.w.N.). Das erkennende Gericht stimmt in diesem Punkt nicht zuletzt mit der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs überein, der die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung von Hazara in Afghanistan klar verneint (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2017 – 13a ZB 16.30996 – juris). Soweit der Kläger geltend gemacht hat, er gehöre der Untergruppe der Sadat Hazara an, gilt nichts anderes. Es gibt keine Hinweise, die darauf hindeuten, dass für diese Untergruppierung die (Verfolgungs-)Situation anders, d.h. derart gravierender einzuschätzen wäre als für die Gruppe der Hazara insgesamt, dass eine rechtliche relevante Gruppenverfolgung in Betracht kommen könnte.

2. Auch der Umstand, dass es sich bei dem Kläger um einen schiitischen Religionszugehörigen handelt, führt nicht auf das Vorliegen einer Gruppenverfolgung. Nach der Erkenntnislage sind ca. 15 bis 20 Prozent der afghanischen Bevölkerung Schiiten. Auch wenn es durchaus in der Vergangenheit und auch aktuell immer wieder zu Anschlägen auf Schiiten gekommen ist, rechtfertigen diese Vorfälle nicht für jeden Schiiten in Afghanistan die Vermutung, dass er mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner Religion erleidet. Vielmehr ist vor allem angesichts der Vielzahl von Schiiten in Afghanistan die für eine Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte offensichtlich nicht gegeben.

3. Vor dem Hintergrund der aktuellen (Sicherheits-)Lage kann der Kläger nicht beanspruchen, dass ihm die Beklagte den subsidiären Schutzstatus zuerkennt. Dem Kläger droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden. Hier ist von Bedeutung, ob der Kläger bei Rückkehr in das Land seiner Staatsangehörigkeit einer erheblichen individuellen Bedrohung für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Diese Gefahr müsste sich in der Person des Klägers so verdichtet haben, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr bedeutet. Auch wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr eintreten, wenn praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit im betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Beim Fehlen individueller gefahrerhöhender persönlicher Umstände ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt notwendig (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10; U.v. 13.02.2014 – 10 C 6.13 – juris). Zur Ermittlung der Gefahrendichte bzw. ob die Schwelle der erheblichen individuellen Gefahr erreicht wird, ist zunächst aufgrund aktueller Quellen die Bevölkerungszahl zur Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der hierbei verletzten und getöteten Personen in Relation zu setzen (vgl. BayVGH, B.v. 17.01.2017 – 13a ZB 16.30182 – juris m.w.N.). Ferner bedarf es über die rein quantitativen Ermittlung hinaus auch einer wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 10 C 13.10 – juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Wahrscheinlichkeit eines drohenden Schadens von 1:800 (= 0,125%) weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt ist.

Legt man diese Maßstäbe an, droht dem Kläger angesichts der allgemeinen Sicherheitslage beispielsweise in der Region Kabul (oder auch in Herat bzw. Mazar-e Sharif) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden. Zwar hat sich die Sicherheitslage im 2. Halbjahr 2016 insgesamt eher verschlechtert. Gleichwohl ergibt sich bei einer Auswertung der insgesamt zur Verfügung stehenden aktuellen Auskunftsmittel, dass die Wahrscheinlichkeit, einen ernsthaften Schaden i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu erleiden, nach wie vor so gering ist, dass der Grad willkürlicher Gewalt gemessen an den Grundsätzen, die die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu entwickelt hat und denen das erkennende Gericht folgt, nicht zu einer für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes notwendigen Gefahrendichte führt (ebenso VG Augsburg, U.v. 20.01.2017 – Au 5 K 16.31721 – juris). Auch im bisherigen Verlauf des Jahres 2017 ist keine rechtlich relevante Veränderung der Sicherheitslage festzustellen.

Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Taliban seinerzeit in den Besitz des Handys und von Unterlagen des Onkels des Klägers gekommen sein sollten, so führt dies nicht auf einen gefahrerhöhenden Umstand, der einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (oder eines Abschiebungsverbots) rechtfertigt. Zum einen bieten größere Städte in Afghanistan aufgrund ihrer Anonymität bereits eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (vgl. Lagebericht, S.18). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger z.B. bei einer Niederlassung in Kabul einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sei, kann nicht festgestellt werden. Es ist allgemeinkundig, dass es in Afghanistan ein funktionierendes Meldewesen nicht gibt (vgl. auch Lagebericht, S. 25). Vor allem aber ist ein besonderes Verfolgungsinteresse der Taliban bezogen auf den Kläger überhaupt nicht ersichtlich. Er ist weder mit (führenden) Repräsentanten in Konflikt geraten noch hat er sonst Anlass gegeben, dass die Taliban auch nach der inzwischen verstrichenen Zeit ein ernsthaftes Interesse haben sollten, gerade seiner Person habhaft zu werden oder gerade ihm Schaden zuzufügen. Auch wenn der Kläger auf Fotos abgebildet sein sollte, die sich auf dem Handy seines Onkels, der selbst Polizeiangehöriger gewesen sein mag, befinden, so hebt dies die Person des Klägers nicht in rechtserheblicher Weise von anderen Hazara oder Schiiten ab. Ein besonderes, auf den Kläger bezogenes Verfolgungsinteresse der Taliban ist nicht anzunehmen.

4. Zu Recht hat das Bundesamt schließlich das Vorliegen von Abschiebungsverboten verneint. Nach aktueller Erkenntnislage sind erwerbsfähige junge Männer in Kabul (oder in einer anderen größeren Stadt wie beispielsweise Herat bzw. Mazar-e Sharif) in der Lage, sich jedenfalls durch Gelegenheitsarbeiten ein Existenzminimum zu sichern (vgl. nur BayVGH, B.v. 04.01.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris). Der Kläger gehört zu dieser Gruppe von jüngeren afghanischen Staatsangehörigen; er ist auch der Landessprache Dari bzw. Farsi mächtig. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, dass es ihm nicht möglich sein sollte, sich bei Niederlassung in Kabul oder in einer anderen größeren Stadt eine existenzsichernde Grundlage zu erwirtschaften, zumal er auf berufliche Erfahrungen (vgl. S. 3 der Anhörungsniederschrift, S. 2 der Niederschrift) zurückblicken kann.

Es trifft zwar durchaus zu, dass gerade Kabul massiv vom starken Anstieg der Zahl der Rückkehrer aus Pakistan und anderen Ländern betroffen sowie Zufluchtsort zahlreicher Binnenvertriebener ist und dass die Wohnraumsituation extrem angespannt ist. Von Seiten des UNHCR wird jedoch in diesem Zusammenhang stets klargestellt, dass für die Frage, ob in Kabul (oder einer anderen Stadt) eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, stets die Umstände des konkreten Einzelfalls zu würdigen sind. Nach den Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern von Dezember 2016 bleiben die Erwägungen aus den UNHCR-Richtlinien vom April 2016 ausdrücklich bestehen (vgl. S. 7/8). Nimmt man die individuellen Umstände des Klägers in den Blick (volljähriger erwerbsfähiger junger Mann ohne Unterhaltslasten, Berufserfahrung, einer der Landessprachen mächtig), so liegen in seiner Person die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nicht vor.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger die meiste Zeit seines Lebens im Iran verbracht hat. Eine Rückkehr nach Afghanistan bzw. dortige Ansiedlung und Integration scheitert vielmehr grundsätzlich nicht am fehlenden vorherigen Aufenthalt im Heimatland. Maßgeblich ist stattdessen, ob der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Dies ist im Falle des Klägers zu bejahen. Ein spezielles „Vertrautsein“ mit den afghanischen Verhältnissen ist nicht erforderlich; auch aus dem Umstand, dass der Antragsteller Volkszugehöriger der Hazara ist, ergibt sich nichts anderes (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris). Im Falle des Klägers ist ergänzend zu berücksichtigen, dass es sich bei ihm nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck des Gerichts keineswegs etwa um eine unbeholfene, ängstlich wirkende oder verschüchtert auftretende Person handelt, sondern um einen selbstbewussten jungen Mann, der in der Lage ist, seine Anliegen und Interessen angemessen zu vertreten.

Ein Abschiebungsverbot ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass der Kläger im Iran einen Motorradunfall erlitten hatte. Eine alsbald eintretende erhebliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers ist im Falle seiner Rückkehr bzw. Rückführung nach Afghanistan in keiner Weise anzunehmen. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll dem Ausländer nicht eine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern vor gravierender Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren. Daher ist eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen, kurz: bei existentiellen Gesundheitsgefahren, was insbesondere aus dem der Vorschrift immanenten Zumutbarkeitsgedanken folgt (vgl. OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A mit zahlreichen weiteren Nachweisen; siehe ferner BayVGH, B.v. 12.8.2015 – 11 ZB 15.30054 – juris).

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, die Wunde sei zwischenzeitlich verheilt und er benötige wegen seines Beins keine Medikamente. Er hat zwar weiter ausgeführt, er könne aktuell ohne Schuhe nicht richtig laufen, spiele aber Fußball (S. 3 der Niederschrift). Eine fortbestehende gesundheitliche Beeinträchtigung dahin, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, liegt nach alledem nicht vor.

Schließlich ist nicht wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor dem Hintergrund ausgesetzt ist, dass N* …, der Noch-Ehemann der Zeugin, d.h. seiner Schwester M* …, Drohungen gegenüber M* … ausgesprochen habe und davon auch der Kläger betroffen bzw. erfasst sei. Nach den Angaben der Zeugin in der mündlichen Verhandlung hätten sich die konkret ausgesprochenen Bedrohungen allein gegen die Zeugin selbst gerichtet. Selbst wenn man aber annehmen möchte, dass auch der Kläger als männlicher Angehörige von den ausgesprochenen Bedrohungen tangiert sei, so ist festzustellen, dass ein Aufeinandertreffen des Klägers und N* … bzw. dessen Verwandten angesichts der Größe von Afghanistan, der Vielzahl von Einwohnern und der Anonymität, die größere Städte bieten, sehr unwahrscheinlich ist, zumal N* … und/oder seine Verwandten auch überhaupt keinen Anlass haben, in Afghanistan nach dem Kläger zu suchen, denn der Kontakt zwischen der Zeugin und N* … sei nach den Angaben der Zeugin schon im April 2016 abgerissen (S. 7 der Niederschrift). Dabei ist auch zu berücksichtigten, dass es – wie schon erwähnt – ein funktionierendes Meldewesen in Afghanistan nicht gibt.

Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer etwaigen Gefährdung des Klägers ergibt sich ferner nicht daraus, dass er seit nunmehr ca. 1,5 Jahren in Deutschland lebt und sich damit in einem nicht-islamisch bzw. „westlich“ geprägten Land aufgehalten hat. Aus den eingeführten Erkenntnismitteln ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer alleine wegen eines solchen kurzzeitigen Aufenthalts beispielsweise in Deutschland im Falle ihrer Rückkehr einer besonderen Gefahrenlage ausgesetzt wären, wenn sie in der Lage sind, sich (wieder) in die dortige Gesellschaft zu integrieren. Dies ist jedoch im Fall des Klägers, der prägende Lebensjahre im islamisch geprägten Iran verbracht hat, ohne Weiteres anzunehmen.

Ein anderes Ergebnis ergibt auch nicht unter Einbeziehung der weiteren in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel bzw. Unterlagen, so dass die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m.§§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 05. Mai 2017 - B 1 K 16.31660 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Jan. 2017 - 13a ZB 16.30600

bei uns veröffentlicht am 04.01.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Beru

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 20. Jan. 2017 - Au 5 K 16.31721

bei uns veröffentlicht am 20.01.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 19. Jan. 2017 - Au 5 K 16.32053

bei uns veröffentlicht am 19.01.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig voll

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2017 - 13a ZB 16.30996

bei uns veröffentlicht am 20.01.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufu

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2017 - 13a ZB 16.30182

bei uns veröffentlicht am 17.01.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 07. Nov. 2016 - Au 5 K 16.31853

bei uns veröffentlicht am 07.11.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tat

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 11 ZB 15.30054

bei uns veröffentlicht am 12.08.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Kläger ist nach eig

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Anerkennung als Asylberechtigter bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzstatus bzw. der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der am ... 1997 in ... (Afghanistan) geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Hazara und schiitischem Glauben.

Seinen Angaben zufolge reiste der Kläger am 10. Oktober 2015 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 22. Juli 2016 Asylerstantrag stellte.

Bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 19. August 2016 führte der Kläger u. a. aus, dass er sich bis zu seiner Ausreise in der Provinz ... im Distrikt ..., Dorf ... aufgehalten habe. Er habe in einem eigenen Haus gewohnt, das seinen Eltern gehört habe. Im September 2015 sei er weggegangen. Zum Reiseweg befragt, gab der Kläger an, von Afghanistan nach Pakistan, Iran, Türkei, Griechenland gereist zu sein. Bis Griechenland habe er einen Schleuser gehabt. Die Ausreise habe ca. 6.000,00 € gekostet. Ca. 2.000,00 € habe er selber angespart. Den Rest habe ihm sein Vater gegeben. Sein Vater arbeite vormittags als stellvertretender Direktor in einer Schule und er habe einen kleinen Laden, wo er Lebensmittel verkaufe. In Afghanistan lebten noch drei jüngere Brüder und eine jüngere Schwester, eine Tante und ein Onkel mütterlicherseits sowie eine Tante und zwei Onkel väterlicherseits. Bis zur 2. Klasse sei er in die Schule gegangen. Früher habe er auf den Feldern seiner Eltern gearbeitet. Danach habe er sich ein Auto gekauft, mit dem er Transporte durchgeführt habe. Er habe bspw. Zement gefahren und sei für Hilfsorganisationen tätig gewesen. Wehrdienst habe er nicht geleistet. In Afghanistan sei er von den Taliban bedroht worden, sein Leben sei in Gefahr gewesen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Kläger an, dass er mit seinem Lkw Baumaterial von der Stadt ... in das Dorf ... transportiert habe. Da habe ihn ein Freund angerufen und ihm gesagt, dass die Taliban ihn angehalten hätten und nach ihm gefragt hätten. Er habe Angst bekommen und habe das Auto an einen anderen Freund weitergegeben, der für ihn weiterfahren sollte. Die Taliban hätten diesen auf dem Weg von ... in das Dorf ... gefangen genommen und eine Woche ins Gefängnis gesteckt. Das Auto hätten sie beschlagnahmt. Nach einer Woche sei der Freund freigekommen und habe den Brief, in dem der Vater des Klägers bedroht worden sei, vorgelegt. Er, der Kläger, sei zur Polizei gegangen und habe sich darüber beschwert, dass die Taliban ihm sein Auto weggenommen hätten und sein Leben in Gefahr sei. Auf der Wache sei ihm gesagt worden, dass die Polizei ihn nicht schützen könne, er solle Afghanistan verlassen. Ungefähr 6 - 7 Tage nach Vorlage des Drohbriefes an seinen Vater sei er ausgereist. In diesen Tagen sei nichts passiert. Er sei aber auch vorsichtig gewesen. Sein Vater lebe noch. Er wohne dort, wo er immer gewohnt habe. Der Kläger verweist weiter darauf, dass die Taliban ihr Dorf nicht einnehmen können. In die Provinz ... sei er nicht gegangen, da er dort niemanden kenne. In Afghanistan sei es nirgendwo sicher. Als Hazara werde man getötet, wenn man von den Taliban erwischt werde. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, von den Taliban erwischt, verhaftet und umgebracht zu werden. Politisch betätigt habe er sich in Afghanistan zu keinem Zeitpunkt. Für den weiteren Inhalt der Anhörung des Klägers gegenüber dem Bundesamt wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 5. September 2016 wurde der Antrag des Klägers auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2. des Bescheides) und dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1.) In Ziffer 3. des Bescheides wurde dem Kläger auch der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt. Ziffer 4. des Bescheides bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. In Ziffer 5. wird der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Afghanistan bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Ziffer 6. bestimmt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.

In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass die Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter nicht vorliegen. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne dieser Definition. Der Sachvortrag des Klägers sei in sich widersprüchlich und nicht glaubwürdig. Der Kläger habe einerseits erklärt, dass man in Afghanistan nirgendwo vor den Taliban sicher sei gleichzeitig solle das Dorf, in dem der Vater des Klägers lebe, nicht von den Taliban bedroht werden. Es sei nicht ersichtlich, warum der Kläger dann keinen Schutz in diesem Dorf gesucht habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum der Vater des Klägers, nicht weiter von den Taliban bedroht worden sei. Auch das vom Kläger beschriebene Vorgehen der Taliban sei nicht plausibel. Aus Angst vor diesen habe der Kläger einen Freund gebeten, seine Lieferungen zu übernehmen. Der Freund solle festgehalten worden sein, dann allerdings freigelassen worden sein, um dem Kläger einen Drohbrief auszuhändigen. Auch aus der Zugehörigkeit des Klägers zur Volksgruppe der Hazara folge nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Der Anteil der Hazara an der Gesamtbevölkerung Afghanistans werde auf ca. 10% geschätzt. Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara habe sich die Lage nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes grundsätzlich verbessert. Sie seien in der öffentlichen Verwaltung zwar nach wie vor unterrepräsentiert und gesellschaftliche Spannungen bestünden fort und lebten in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf. Nach den Erkenntnissen des UNHCR würden Hazara bis zu einem gewissen Grad weiterhin diskriminiert. Insbesondere Paschtunen hätten Vorbehalte gegenüber den in der Vergangenheit an den Rand gedrängten und diskriminierten Hazara, die seit dem Sturz der Taliban 2001 deutliche wirtschaftliche und politische Fortschritte gemacht hätten. Bei bekanntgewordenen Entführungen und Ermordungen an Hazara habe es sich um lokal begrenzte Einzelfälle gehandelt. Auch lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht vor. Weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aufgrund der Erkenntnisse des Bundesamtes sei erkennbar, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan die Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. In allen Teilen Afghanistans herrsche ein unterschiedlich stark ausgeprägter innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in Form von Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerilla-Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban sowie anderen oppositionellen Kräften. Für keine der afghanischen Provinzen könne jedoch generell ein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen angenommen werden, der die Feststellung einer erheblichen individuellen Gefahr allein aufgrund einer Rückkehr in das Herkunftsgebiet und Anwesenheit dort rechtfertige. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse können nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Der Kläger habe keine individuellen gefahrerhöhenden Umstände vorgetragen. Ihm sei es bis zu seiner Ausreise gelungen, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Er sei jung, gesund und erwerbsfähig. Insoweit bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass es ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht erneut gelingen könnte, für sein Existenzminimum zu sorgen. Zudem könne der Kläger von seiner Großfamilie unterstützt werden. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) i. V. m. § 59 AufenthG zu erlassen. Das gesetzliche Einreise-und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate sei im vorliegenden Fall angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. Der Kläger verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen seien.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 5. September 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15. September 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt:

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. September 2016 mit dem Gz.: ... wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Asyl zu gewähren, hilfsweise für den Kläger das vorliegend seiner Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und weiter hilfsweise diesem einen subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

3. Die Beklagte wird zudem verpflichtet, festzustellen, dass für den Kläger Abschiebungsverbote nach den § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass dem Kläger bei der Anhörung gegenüber dem Bundesamt am 19. August 2016 ein Dolmetscher aus Pakistan zur Verfügung gestellt worden sei, der die Muttersprache des Klägers - Dari - nur äußerst unzulänglich beherrscht habe. Zudem sei dem Kläger im Rahmen des Interviews keine hinreichende Zeit gelassen worden, seine Asyl- und Fluchtgründe umfassend darzustellen. Daher werde das Fehlen nach einer ordnungsgemäßen Anhörung des Klägers vor Bescheidserlass ausdrücklich gerügt. Mit Schriftsatz vom 30. September 2016 hat der Kläger sein Vorbringen ergänzt und vertieft.

Das Bundesamt hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt. Eine Antragstellung ist unterblieben.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. September 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 12. Oktober 2016 wurde dem Kläger unter Rechtsanwaltsbeiordnung Prozesskostenhilfe bewilligt.

Am 7. November 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheit des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Gründe

Der nach § 76 Abs. 1 AsylG zuständige Einzelrichter konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte in der Ladung auf die Tatsache, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, ausdrücklich hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 5. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Es ist ihm weder der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, noch liegen in seiner Person nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.

1. Eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter im Sinne von Art. 16a Grundgesetz (GG) scheitert bereits daran, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag auf dem Landweg und damit über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.

2. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen ebenfalls nicht vor.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling i. S. d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vormals nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG, nunmehr nach § 3 Abs. 1 AsylG) ist weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, für dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (vgl. BVerwG, B. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u. a. - BVerwGE 80, 315).

Teilweise geht der Internationale Flüchtlingsschutz im Ergebnis der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. So begründen nach Maßgabe des § 28 Abs. 1a AsylG auch selbstgeschaffene Nachfluchtgründe sowie gemäß § 3c Nr. 3 AsylG eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, etwa in Bürgerkriegssituationen, in denen es an staatlichen Strukturen fehlt, ein Abschiebungsverbot. Ferner stellt § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG klar, dass eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist. Schließlich umfasst gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG der Schutz vor Verfolgung wegen der Religion im Ergebnis der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1b der Richtlinie 2011/95/EU auch die Religionsausübung im öffentlichen Bereich sowie sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen, die sich auf eine religiöse Betätigung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft und der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (vgl. BVerwG, U. v. 1.3.2012 - 10 C 7/11 - juris). An dessen Stelle gilt nunmehr nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Hierdurch wird den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigemessen (vgl. EuGH, U. v. 2.3.2010 - Rs. V 175/08 u. a., Abdullah). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich verfolgungsbegründende bzw. schadensstiftende Umständen bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Dessen ungeachtet ist es Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU. Der Ausländer hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich schlüssigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört u. a., dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.

Beruft sich der Ausländer indes zur Begründung seiner Verfolgungsfurcht auch auf Vorgänge und Geschehensabläufe nach dem Verlassen seines Herkunftsstaates, so gilt die das Maß der Darlegungsanforderungen bestimmende Beweiserleichterung nicht, weil nicht mehr davon auszugehen ist, dass die für Vorgänge in dem „Verfolgerstaat“ bestehenden Beweisschwierigkeiten außerhalb des Herkunftsstaates fortbestehen. Der Flüchtling hat vielmehr die Umstände, aus denen er seine begründete Furcht vor Verfolgung i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ableitet, zu beweisen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Nachfluchtgründe in einem Verhalten des Ausländers bestehen, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung und Ausrichtung ist, § 28 Abs. 1a AsylG. Durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ in § 28 Abs. 1a AsylG ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch Nachfluchttatbestände ohne eine entsprechende Vorprägung im Heimatland beachtlich sein können.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes.

Eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist gegenüber dem Kläger nicht festzustellen. Der Kläger konnte gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2016 nicht glaubhaft machen, dass bei ihm ein Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG vorliegt. Insoweit ist der Vortrag des Klägers bereits in mehreren Punkten widersprüchlich und unschlüssig. So hat der Kläger während des Verfahrens vor dem Bundesamt, in seinen Schreiben an das Gericht und in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er aus dem Dorf ... stamme. Im Verfahren hat der Kläger angegeben, dass er aus dem Dorf ... bzw. ... (vgl. Gerichtsakte Bl. 36) stamme. Zwar hat der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend eingelassen, dass die Orte ... und ... identisch seien, da es sich um unterschiedliche Dialekte handle. Dass der Ort, in dem die Familie gewohnt habe ... geheißen habe, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2016 nicht mehr wiederholt. Weiter hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass seine Familie aus seinen Eltern, drei Brüdern und einer Schwester bestehe. In dem am 5. Oktober 2016 (Gerichtsakte Bl. 36) vorgelegten Schreiben, hat der Kläger jedoch ausgeführt, dass seine Familie noch weitere zwei Kinder habe. Widersprüchlich sind auch die Angaben des Klägers zur Größe des Orts, in der die Familie gelebt habe. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger sich dahingehend eingelassen, dass der Ort ca. 400 - 500 Einwohner zähle. Schriftlich ausgeführt hat er hingegen, dass dort ca. 800 - 1000 Einwohner lebten. Der Kläger hat weiter erklärt, dass sein Vater Schulleiter sei. In der mündlichen Verhandlung hat er sich jedoch dahingehend eingelassen, dass sich sein Vater bereits im Ruhestand befinde. Widersprüchliche Aussagen finden sich ebenfalls in dem am 4. November 2016 dem Gericht vorgelegten Schreiben des Klägers. Danach habe ein Freund den Familien-LKW gefahren. Auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2016 hat der Kläger erklärt, dass außer ihm niemand dieses Familienfahrzeug geführt habe. All diese widersprüchlichen Inhalte in den Aussagen des Klägers lassen auf eine Unglaubwürdigkeit des Sachvortrags des Klägers zum Vorliegen von asylrelevanten Merkmalen im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG schließen. Auch ist für das Gericht nicht erkennbar, aus welchem Grund der Kläger bzw. dessen Vater von den Taliban, wie behauptet, verfolgt werden sollten. Der Kläger hat auch nicht darlegen können, dass sich diese Bedrohungen seitens der Taliban über einen längeren Zeitraum erstreckten. Die angebliche Bedrohung habe sich lediglich einmalig manifestiert. Unschlüssig ist in diesem Zusammenhang zudem, dass diese zu einem Zeitpunkt ausgesprochen worden sein soll, als sich dessen Vater bereits im Ruhestand und damit außerhalb einer herausgehobenen Position befunden hat. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, warum der Drohbrief gerade einem Freund des Klägers übergeben worden sein sollte. Dies erscheint gesamtbetrachtend nicht plausibel, da es, nachdem der Aufenthalt des Klägers und dessen Vaters bekannt gewesen sein musste, unschwer möglich gewesen wäre, den Drohbrief direkt an den Kläger bzw. dessen Familie zu übermitteln. Warum der Vater des Klägers zu einem Zeitpunkt, als dieser bereits nicht mehr Schulleiter war, von den Taliban rekrutiert werden sollte, erschließt sich dem Gericht nicht. Daher erscheint der Vortrag des Klägers zu seiner Verfolgungsgeschichte insgesamt widersprüchlich, unschlüssig und bruchstückhaft. Das Vorbringen des Klägers in Bezug auf eine selbst erlittene Vorverfolgung in Afghanistan ist insgesamt unglaubwürdig.

Unter Zugrundlegung der Voraussetzungen der § 3 AsylG konnte das Gericht daher nicht die erforderliche Überzeugung gewinnen, dass der Kläger vor seiner Ausreise eine solche Verfolgung erlitten hat oder von einer solchen Verfolgung unmittelbar bedroht war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auch auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 5. September 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ebenfalls liegt keine Gruppenverfolgung der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan im nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vor. Grundsätzlich kann sich die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer zwar nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden Gruppen gerichteten Verfolgung setzt dabei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U. v. 18.7.2006 - 1 C 15/05 -, BVerwGE 126, 243 ff.; U. v. 21.4.2009 - 10 C 11/08 -, BayVBl 2009, 605 ff.) voraus, dass eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr einer Betroffenheit besteht. Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, wenn also auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar ist.

Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 3. Juli 2012 (Az.: 13a B 11.30064 -, juris) bereits festgestellt hat, sind nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung durch die Taliban oder andere nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu erkennen. Die Verfolgungshandlungen, denen die Hazara partiell ausgesetzt sind, verfügen nicht über die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte. Hazara sind zwar in Afghanistan weiterhin einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 im Folgenden: Lagebericht - Stand September 2016 S. 9). Zudem wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes eine grundsätzliche Verbesserung für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara festgestellt. Überdies ist keine landesweite Bedrohung von Volkszugehörigen der Hazara festzustellen. Für diese bildet insbesondere die Region Bamyan westlich von Kabul einen sicheren Rückzugsort, der weitgehend von Volkszugehörigen der Hazara besiedelt ist.

3. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG.

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden geht dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c - e AsylG entsprechend. Bei der Prüfung, ob dem Ausländer ein ernsthafter Schaden droht, ist - wie bei der Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft - der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377 ff.).

Die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG hat der Kläger bereits nicht geltend gemacht. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG liegen nicht vor, weil der Kläger jedenfalls auf internen Schutz nach § 3e AsylG zurückgreifen kann.

Nach § 3e Abs. 1 AsylG i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG wird einem Ausländer subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 2 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 20; U. v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - juris Rn. 35). Die Beurteilung erfordert dabei eine Einzelfallprüfung (vgl. BayVGH, B. v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30185 - juris Rn. 5). Dabei sind die individuellen Besonderheiten wie Sprache, Bildung, persönliche Fähigkeiten, vorangegangene Aufenthalte des Klägers in dem in Betracht kommenden Landesteil, örtliche und familiäre Bindungen, Geschlecht, Alter, ziviler Status, Lebenserfahrung, soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung und verfügbares Vermögen zu berücksichtigen. Entscheidend dafür, ob eine inländische Fluchtalternative als zumutbar angesehen werden kann, ist dabei insbesondere auch die Frage, ob an dem verfolgungssicher Ort das wirtschaftliche Existenzminimum des Asylsuchenden gewährleistet ist. Dies in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann. Nicht mehr zumutbar ist die Fluchtalternative demgegenüber dann, wenn der Asylsuchende an dem verfolgungssicheren Ort bei der gebotenen grundsätzlich generalisierenden Betrachtungsweise auf Dauer ein Leben zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich zum Tode führt, oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten als ein Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums (vgl. VG Gelsenkirchen, U. v. 22.8.2013 - 5A K 156/11.A - juris Rn. 38).

Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht davon aus, dass für den Kläger eine inländische Fluchtalternative besteht.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Kläger in Afghanistan für ihn zumutbar auch außerhalb seiner Heimatstadt an einem Ort niederlassen kann, an dem er verfolgungssicher ist. Für den Kläger als jungen gesunden Mann dürfte es in einer größeren afghanischen Stadt auch abseits seiner Herkunftsprovinz möglich sein, sich ein Existenzminimum zu sichern. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht S.18). Eine schützende Anonymität bieten nach Auffassung des Gerichts daher insbesondere die Städte Kabul, Herat oder Kandahar. Dort könnte sich der erwerbsfähige Kläger niederlassen, ohne der ernsthaften Gefahr einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt zu sein. Der Kläger ist gesund und mit einem Alter von knapp 19 Jahren in der Lage, auf dem hart umkämpften afghanischen Arbeitsmarkt eine Arbeit zu finden, von der er leben kann. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag eine Lehre als Fliesenleger zumindest begonnen hat. Gerade im Baugewerbe ist es für Rückkehrer am ehesten möglich, eine Beschäftigung zu finden. Für eine zumutbare Rückkehr in eine größere Stadt in Afghanistan spricht auch, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag ledig ist und keine Unterhaltspflichten zu erfüllen hat.

Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, weil dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keinen erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt landesweit drohen. Insoweit folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Bescheides (§ 77 Abs. 2 AsylG).

4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ebenfalls nicht.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sie aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Fällen, in denen gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris).

Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine solche Abschiebestoppanordnung besteht für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.

Auch ist das Gericht der Auffassung, dass die allgemeine Gefahr in Afghanistan sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet hat, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind nicht erfüllt (vgl. BayVGH, B. v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30119 u. a. - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 27.4.2012 - A 11 S 3079/11 - juris). Wann allgemeine Gefahren von Verfassungswegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer reinen quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssten jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann. So besteht eine extreme Gefahrenlage dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen und sicheren Hungertod nach erfolgter Abschiebung ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 -, BVerwGE 137, 226).

In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z. B. B. v. 19.2.2014 - 13A ZB 14.30022 - juris) geht das Gericht davon aus, dass derzeit für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende, alleinstehende, männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige, zu denen auch der Kläger zu rechnen ist, in Afghanistan nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG führt. Gegen das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes spricht beim Kläger zudem, dass dieser seinem eigenen Vortrag über mehrere Familienangehörige in Afghanistan verfügt, die den Kläger bei einer Rückkehr erneut aufnehmen können. Damit droht dem Kläger keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben wegen der allgemeinen Versorgungslage in Afghanistan. Zwar gestaltet sich die allgemeine Versorgungslage nach wie vor schwierig. Trotz dieser kritischen Versorgungslage muss nicht jeder Rückkehrer aus Europa generell im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung erleiden. In der Gesamtschau der ins Verfahren eingeführten aktuellen Auskünfte ist nicht davon auszugehen, dass jeder Rückkehrer aus Europa generell in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung nach Kabul erleiden müsste (vgl. BayVGH, U. v. 20.1.2012 - 13A B 11.30425 - juris Rn. 32 ff.). Nur für besonders schutzwürdige Rückkehrer wie alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien und Personen, die aufgrund persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen oder die über keinen aufnahmebereiten Familienverbund verfügen, lässt sich eine extreme Gefahrenlage begründen. Für alleinstehende, junge und arbeitsfähige Männer ohne erhebliche gesundheitliche Einschränkungen, besteht die Möglichkeit, sich eine neue Existenz in Kabul oder einer anderen größeren Stadt aufzubauen (st. Rspr.. des BayVGH, beispielsweise U. v. 15.3.2012 - 13a B 11.30439 - juris Rn. 25).

Der Kläger verfügt darüber hinaus über einen Familienverbund in Afghanistan, auf den er nach seiner Rückkehr zurückgreifen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger sein Existenzminimum bei einer Rückkehr nach Afghanistan durchaus sichern kann. Im Übrigen verweist das Gericht auf mögliche Rückkehr- und Starthilfen für freiwillige Rückkehrer nach Afghanistan nach dem REAG/GARP-Programm. Darüber hinaus werden Leistungen nach dem Reintegrationsprogramm „ERIN“ gewährt (vgl. Auskünfte der Regierung von Schwaben vom 17. August 2016 und des Bundesamtes vom 12. August 2016 an das Verwaltungsgericht Augsburg).

5. Das von der Beklagten verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 AufenthG begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Einwände hiergegen hat der Kläger auch nicht erhoben.

6. Nach allem erweist sich die Klage zwar als zulässig, aber unbegründet. Sie war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland.

Bei den Klägern handelt es sich sämtlich um afghanische Staatsangehörige, die in ... ... (Afghanistan) geboren sind. Die Kläger sind Volkszugehörige der Hazara mit schiitischem Glauben.

Ihren Angaben zufolge reisten die Kläger am 14. Dezember 2015 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie unter dem 29. Juni 2016 Asylerstantrag stellten.

Bei ihrer persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für ... (im Folgenden: Bundesamt) am 14. September 2016 führten die Kläger zu 1 und 2 unter anderem aus, dass die Kläger zu 1 in Afghanistan gearbeitet habe. Als sein Vater gestorben sei, habe er dessen Grundstück und Vieh verkauft. Er habe vom erlösten Geld einen Lkw erworben. Damit seien Sachen transportiert worden. Sein Bruder habe den Lkw gefahren, weil er selbst Herzprobleme habe. Sein Bruder sei von den Taliban entführt worden. Er wisse nicht, wo er derzeit sei. Sein Bruder sei jung gewesen, etwa 25 Jahre alt. Im Ort, in dem die Familie vor ihrer Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland gelebt habe (...), habe es in letzter Zeit viele Taliban gegeben. Sie hätten das Vieh der Leute weggenommen, Land in Besitz genommen und die Ernte zerstört. Sie seien als Nomaden gekommen. Sie töteten auch Leute. Die Familie sei gezwungen gewesen, das Dorf zu verlassen. Die Taliban (Nomaden) kämen lediglich im Sommer; wenn es kalt sei, seien sie wieder fort. Sie plünderten regelmäßig das Dorf und entführten die Ernte. Deshalb sei die Familie nach ... geflohen. Zwei Jahre hätte die Familie sich in ... aufgehalten. Der Kläger zu 1 sei krank gewesen, daher habe er in ... nicht arbeiten können. Durch einen Cousin habe er schließlich eine Arbeit vermittelt bekommen. Er habe Getränke ausgeliefert (Fanta, Cola und alkoholische Getränke). Sein Teilhaber und sein Bruder seien wegen des verkauften Alkohols verhaftet worden. Es habe auch einen Lagerplatz für die Getränke gegeben. Bei der Kontrolle dieses Lagers seien Alkohol und abgelaufene Getränke gefunden worden. Sein Teilhaber und sein Bruder seien verhaftet worden. Er sei vom Telefon seines Bruders aus angerufen worden. Ihm sei gesagt worden, dass sein Teilhaber einen Unfall verursacht habe und er zum Krankenhaus kommen solle. Bei der Ankunft am Krankenhaus sei er von zwei Leuten angehalten worden, die ihm Handschellen angelegt hätten und ihn auf die Wache gebracht hätten. Die Taliban hätten das Dorf, in dem die Familie gelebt hat, mehrfach angegriffen. Beim ersten Angriff habe es viele Tote auf Seiten der Taliban gegeben. Beim nächsten Angriff seien die Taliban mit Raketen ausgerüstet gekommen. Die Dorfbewohner seien ins Gebirge geflüchtet. Die Taliban hätten nun mit moderner Ausrüstung angegriffen. Der „Krieg“ habe ca. zwei bis drei Tage gedauert. Der Kläger zu 1 habe daraufhin von einem Nachbarn einen Esel geliehen und sei dann mit seiner Frau und seinen drei Kindern in ein anderes Dorf gegangen. In ... sei er nach seiner Verhaftung zwei Tage im Gefängnis verblieben. Gegen Geldzahlung sei er wieder freigekommen. Der Wache habe er ca. 60.000 Afghani gegeben. Nach der Verhaftung habe er die Arbeit aufgegeben und sei drei Monate lang zu Hause geblieben. Der erste Angriff der Taliban auf das Dorf habe vor ca. sieben Jahren stattgefunden. Der zweite Angriff habe sich vor ca. drei Jahren ereignet. Die Taliban hätten das Dorf aber jedes Jahr attackiert. Die Familie sei trotzdem im Ort geblieben. Der Vorfall mit seinem Bruder habe sich vor drei Jahren (2013) ereignet. Außer den Taliban habe die Familie keine Feinde. Es würden immer wieder Volkszugehörige der Hazara entführt. An die Polizei habe er sich wegen der Vorfälle nicht gewandt. Die Polizei habe selber Angst vor den Taliban. Deshalb sei im Dorf ein Bezirksrat gegründet worden. Dieser habe einem finanziell geholfen, sich gegen die Taliban zu verteidigen. In ... sei er von der Polizei verhaftet worden. Persönlich sei er zu keinem Zeitpunkt von den Taliban angegriffen oder bedroht worden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan könne er nicht mehr im Dorf ... leben. Diese müsse er jeden Sommer verlassen. Dazu sei er aber krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage. Auch in der Provinz Bamyian sei er nicht sicher. Dort könne ihn die Regierung verraten und die Taliban aufspüren. Er könne sich nicht die ganze Zeit zu Hause verstecken. Mit der Polizei bzw. Behörden habe es außer seiner Verhaftung in ... keine Vorfälle gegeben. Für den weiteren Inhalt der Anhörung die Kläger zu 1 und 2 wird auf die hierüber gefertigten Niederschriften des Bundesamtes Bezug genommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 23. September 2016 wurde für die Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) festgestellt. Im Übrigen wurden die Anträge die Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. Asylanerkennung (Ziff. 1 und 2 des Bescheides) abgelehnt. Ziff. 3 des Bescheides bestimmt, dass den Klägern auch der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde.

In den Gründen ist u. a. ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle die Kläger nicht vorliegen. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze. Die Kläger seien keine Flüchtlinge im Sinne dieser Definition. Die begründete Furcht müsse sich auf Handlungen beziehen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend seien, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten. Dass der Kläger zu 1 in ... inhaftiert worden sei, stehe in keinem Zusammenhang mit der vorgetragenen Verfolgung durch die Taliban. Soweit die Kläger vortragen, dass mehrere Männer sie aufsuchen wollten und sie auf einer Liste der Taliban stünden, führe dies nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Sachvortrag die Kläger sei zwar glaubhaft, jedoch entspreche der vorgetragene Asylgrund keinem der in § 3 Asylgesetz (AsylG) aufgeführten Anknüpfungsmerkmale für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Ein Ausländer erhalte subsidiären Schutz, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht habe, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden drohe. Als ernsthafter Schaden gelte dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Dies sei im vorliegenden Fall sämtlich nicht gegeben. Ein tatsächlicher Anlass für die Einreise die Kläger ist nicht ersichtlich und der Wunsch die Kläger, in Deutschland leben zu wollen sei auf rein persönliche Motive zurückzuführen. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sei damit abzulehnen gewesen. Allerdings läge im Fall die Kläger ein Abschiebungsverbot vor. Die Kläger hätten drei Kinder unter 14 Jahren. Deren Versorgung sei in Afghanistan momentan nicht sicher zu stellen. Im Weiteren sei die Klägerin zu 2 schwanger.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides vom Bundesamt vom 23. September 2016 wird ergänzend verwiesen.

Die Kläger haben gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2016 Klage erhoben und beantragen:

1. Der Bescheid des Bundesamts für ... vom 23. September 2016 mit dem Gz: ... wird in seinen Ziffn. 1 und 3 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, für die Kläger zu 1 bis 5 das Vorliegen der jeweiligen Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise,

diesen jeweils den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

Der angegangene Bescheid sei in seinen Ziffern 1 und 3 rechtswidrig und verletze die Klägerin ihren subjektiven Rechten. Inhaltlich werde Bezug genommen auf den Sachvortrag des Klägers zu 1 anlässlich seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt. Der Kläger zu 1 leide an erheblichen gesundheitlichen Beschwerden. Mit dieser Problematik setze sich der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes nicht auseinander. Die Kläger zu 1 sei faktisch dauerhaft nicht arbeitsfähig und könne den Lebensunterhalt für sich und seine Familie ohne ärztliche Behandlung in Afghanistan nicht sicherstellen. Zudem lasse der Bescheid außer Acht, dass die Klägerin zu 4 an der Erbkrankheit Trisomie 21 leide und ebenfalls adäquater medizinischer Behandlung und Förderung bedürfe. Die augenblickliche Lage in Afghanistan rechtfertige nicht nur die Feststellung eines Abschiebeverbotes, sondern auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zugunsten die Kläger. Die derzeitige Lage in Afghanistan sei als unübersichtlich zu beurteilen, wobei festzuhalten sei, dass derzeit etwa 2/3 des Landes im Grunde von den Taliban kontrolliert würden. Die afghanische Regierung habe es bislang trotz internationaler Unterstützung nicht geschafft, geordnete und hinreichend sichere Lebensverhältnisse für die Bevölkerung herzustellen. Die Polizeibehörden seien überfordert und es komme regelmäßig zu Übergriffen durch Taliban und deren Anhänger auf die Zivilbevölkerung. Rückkehrende Flüchtlinge würden von den Taliban mit „Hochverrätern“ an ihrer Sache gleichgestellt, bedroht, verfolgt und höchstwahrscheinlich auch getötet. Auf die aktuelle politische und tatsächliche Entwicklung der Machtverhältnisse in Afghanistan werde verwiesen.

Auf den weiteren Vortrag im Klageschriftsatz vom 6. Oktober 2016 wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 3. November 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 3. November 2016 wurde den Klägern unter Rechtsanwaltsbeiordnung Prozesskostenhilfe bewilligt.

Am 19. Januar 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Verlauf der Sitzung, in der die Kläger informatorisch angehört wurden, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte im vorliegenden Fall über die Klage die Kläger entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.

Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Es ist ihnen auch nicht der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 23. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang auf die Gründe des angefochtenen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen im Fall die Kläger nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 - Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3 c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3 c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3 c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3 e Abs. 1 AsylG).

Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag aufgrund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.

Gemessen an diesen Maßstäben konnten die Kläger nicht glaubhaft machen, dass ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgungshandlungen im Sinne der §§ 3 und 3 a AsylG drohen.

Zum einen fehlt es bezüglich der Zugehörigkeit der Kläger zur Volksgruppe der Hazara an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte (vgl. BayVGH, U.v. 3.7.2012 - 13A B 11.30064 - juris Rn. 20 ff.; U.v. 1.2.2013 - 13A B 12.30045 - juris Rn. 18). Eine Verfolgung allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara haben die Kläger nicht zu befürchten. Volkszugehörige der Hazara unterliegen in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung, sind aber weder in ganz Afghanistan noch in der Heimatprovinz der Kläger einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden, gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung durch die Taliban oder anderen nichtstaatlichen Akteuren ausgesetzt (BayVGH, B.v. 1.12.2015 - 13A ZB 15.30224 - juris Rn. 4). Gemäß der aktuellen Auskunftslage, insbesondere des Lageberichts des Auswärtigen Amtes hat sich die Lage für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara grundsätzlich verbessert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, S. 9).

Eine asylrelevante Vorverfolgung ergibt sich aus dem Vortrag die Kläger zu 1 und 2 im Verfahren vor dem Bundesamt bzw. in der mündlichen Verhandlung vor Gericht nicht. Das Vorbringen der Kläger knüpft bereits nicht an ein asylrelevantes Merkmal im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG an. Im Übrigen haben die Kläger keine individuelle Verfolgung geltend gemacht. Der Vortrag beschränkt sich in wesentlichen Teilen auf die allgemeine Situation der Hazara in ihrem Heimatdorf und die Tatsache, dass es bei Angriffen von Paschtunen bzw. Taliban bereits mehrere Tote gegeben habe. Der Kläger zu 1 beschreibt die allgemeine Situation des stetig anwachsenden Drucks auf die Bevölkerungsgruppe der Hazara. Dem Vortrag der Kläger lassen sich aber keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass ihnen aufgrund des Vorliegens eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlungen bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen. Jedenfalls lässt sich eine solche mit der erforderlichen Gefahrendichte nicht für den Gesamtstaat Afghanistan feststellen. Dass die Taliban den Aufenthalt des Klägers auch in der Anonymität Millionenstadt Kabul ausfindig gemacht haben, erscheint dem Gericht nicht glaubwürdig. Zumal die Tätigkeit des Klägers zu 1 im Rat seines Dorfes nicht als so herausgehoben erscheint, dass eine Verfolgung durch die Taliban bzw. Paschtunen auch nach Verlassen des Dorfes im Jahr 2013 naheliegend wäre. Auch die spätere Verhaftung des Klägers in Kabul hat nichts mit der Tätigkeit des Klägers in seinem Heimatdorf zu tun hat, sondern knüpft vielmehr an den Verkauf von alkoholischen Getränken an. Selbst wenn dem Vorbringen des Klägers zu 1 eine an seine Religion anknüpfende Vorverfolgung entnehmen würde, bleibt festzuhalten, dass die geschilderten Ereignisse sämtlich aus dem Jahr 2013 stammen, so dass die Kläger im Jahr 2015 jedenfalls unverfolgt ausgereist sind.

Zudem wären die Kläger selbst bei einem Vorliegen von individuellen Verfolgungshandlungen auf eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 3 e AsylG zu verweisen. Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls in Kabul oder einer anderen größeren Stadt in Afghanistan keiner Verfolgung ausgesetzt sind. Grundsätzlich ist Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative geeignet. Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BayVGH, B.v. 19.6.2013 - 13A ZB 12.30386 - juris). Es ist davon auszugehen, dass die Kläger in Kabul in der Anonymität der Stadt Schutz suchen können. Den Klägern ist es auch zumutbar, sich in Kabul niederzulassen, zumal sie dort bereits längere Zeit vor ihrer endgültigen Ausreise gelebt haben. Nach der Gesetzesbegründung zu § 3 e AsylG kann von einem Ausländer nur dann vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in dem verfolgungsfreien Landesteil aufhält, wenn er am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfindet, d. h. dort das Existenzminimum gewährleistet ist. Im Falle fehlender Existenzgrundlage ist eine interne Schutzmöglichkeit nicht gegeben. Für die Frage, ob die Kläger vor Verfolgung sicher sind und eine ausreichende Lebensgrundlage besteht, kommt es danach auf die allgemeinen Gegebenheiten im Zufluchtsgebiet und die persönlichen Umstände des Klägers an (BT-Drs. 16/5065 S. 185; vgl. auch BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - BVerwGE 131, 186). Es ist im vorliegenden Fall jedoch davon auszugehen, dass die Kläger zumindest mit Gelegenheitsarbeiten ihren Lebensunterhalt in Kabul sicherstellen können. Zudem ist das Gericht der Überzeugung, dass die Kläger auch in der Provinz Bamiyan keiner Verfolgung ausgesetzt wären.

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG. Die Kläger haben nicht glaubhaft machen können, dass ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AsylG droht.

Es ist nach Überzeugung des Gerichts nicht zu erwarten, dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Afghanistan die Verhängung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 AsylG) drohen könnte.

Die Kläger haben aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, weil den Klägern bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt landesweit drohen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen zur Sicherheitslage in Afghanistan (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016 S. 4) erreicht der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt in Kabul und den angrenzenden Provinzen kein solches Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 17.8.2016 - 13A ZB 16.30090 - juris; BayVGH, B.v. 23.9.2013 - 13A ZB 13.30252 - juris). Individuelle, gefahrerhöhende Umstände über die Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Hazara hinaus, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren im Rahmen eines bewaffneten innerstaatlichen Konflikts in der Person der Kläger führen, haben diese nicht vorgetragen.

3. Demzufolge war die Klage die Kläger mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen haben die Kläger die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. November 2016 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen. Die Nennung der insoweit nicht einschlägigen, aber wortgleichen Vorschrift des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist unerheblich.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger, ein hazarischer Volkszugehöriger, hält für klärungsbedürftig,

„1. ob im Hinblick auf die in Afghanistan stattfindenden, gewalttätigen Auseinandersetzungen und der sich stetig verschlechternden Sicherheitslage, insbesondere in Bezug auf den Großraum Ghazni, von einem innerstaatlichen, bewaffneten Konflikt auszugehen ist und

2. ob bei Annahme eines solchen innerstaatlichen, bewaffneten Konflikts davon ausgegangen werden kann und muss, dass dieser Konflikt gekennzeichnet ist von willkürlicher Gewalt, welche ein so hohes Niveau erreicht hat, dass praktisch jede Zivilperson in der Region, und grundsätzlich auch unabhängig von der individuellen Herkunftsregion, einer ernsthaften auch individuellen Bedrohung von Leib und Leben ausgesetzt ist, sowie

3. ob die durch das Erstgericht angenommenen Verweisung des Klägers auf innerstaatliche Fluchtalternativen letztlich den Anforderungen einer „Zumutbarkeit“ für den Kläger nach Artikel 8 der maßgeblichen Durchführungsrichtlinie entspricht und schließlich,

4. ob die vom Kläger vorgetragene Gruppenverfolgung des klägerischen Volksstammes des Hazara in Afghanistan mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.“

Die Sicherheitslage habe sich nach dem Abzug der ISAF-Schutztruppe im Jahre 2014 kontinuierlich und dramatisch verschlechtert. Es gäbe keine sicheren Provinzen mehr. Aus den UNHCR-Richtlinien zur Schutzbedürftigkeit von Asylbewerbern aus Afghanistan vom 19. April 2016, aus Veröffentlichungen von Pro Asyl und dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ergebe sich, wie fragil die Sicherheitslage in Afghanistan sei. Das Auswärtige Amt rate deshalb auch von Auslandsbesuchen dort ab. Die im Urteil des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegten Tatsachen seien unrichtig und zwischenzeitlich überholt.

Die (erneute) Klärungsbedürftigkeit der unter 1. und 2. aufgeworfenen Fragen wurde vom Kläger nicht dargelegt. Vielmehr ist geklärt, dass in Afghanistan bzw. in der Provinz Ghazni die Voraussetzungen einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) nicht vorliegen (BayVGH, B. v. 5.2.2014 - 13a ZB 13.30224; U. v. 4.6.2013 - 13a B 12.30063 - juris; jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AsylVfG a. F.). Für eine verlässliche Prognose, dass sich die Gefahrenlage im Jahre 2016 entscheidend verändert hätte, fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Aus den vom Kläger genannten Berichten ergibt sich nichts anderes. Diese allgemeinen Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten. So werden in den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage nur Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zudem beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts zu Afghanistan geben ebenfalls keinen Anlass zu einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung eine Indizwirkung nicht zu. Nach dem Wortlaut der Reisewarnung und den Grundsätzen für den Erlass einer solchen sei auszuschließen, dass die hierfür maßgebenden rechtlichen Maßstäbe zur Bewertung der Verfolgungs- bzw. Sicherheitslage und damit auch der aktuellen sicherheitsrelevanten Ereignisse mit den vorliegend anzuwendenden identisch seien (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, B. v. 14.10.2015 - 2 BvR 1626/13).

Der weiteren (dritten) Frage, ob innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen, kommt bereits deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Bereits aus der Fragestellung ergibt sich, dass ihre Beantwortung wesentlich von den Umständen des Einzelfalls abhängt und es auf die individuellen Verhältnisse des Klägers ankommt.

Geklärt ist auch die vierte Frage, ob Volkszugehörige der Hazara in Afghanistan einer Gefährdung unterliegen, die die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 3. Juli 2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris) ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach Würdigung und Bewertung der im Einzelnen genannten Erkenntnismittel im Wege einer Gesamtschau zur Überzeugung gelangt, dass Hazara in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung unterliegen, derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. (nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) ausgesetzt sind. Für die Zentralregion hat der Senat dies mit Urteil vom 1. Februar 2013 (für Maydan-Wardak in der Zentralregion: Az. 13a B 12.30045 - juris) sowie landesweit mit Beschluss vom 28. Februar 2014 (Az. 13a ZB 13.30390 - juris) und vom 1. Dezember 2015 (Az. 13a ZB 15.30224 - juris) nochmals bestätigt (vgl. auch B. v. 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581).

Neuere Erkenntnisse wurden vom Kläger nicht vorgetragen. Aus dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan des Auswärtigen Amts vom 19. Oktober 2016 ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung. Vielmehr ist danach von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara auszugehen, wenngleich sie in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert seien. Unklar sei, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (Lagebericht II.1.3.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 2. Mai 2016 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG - ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts wie derzeit in Afghanistan - nicht statt auf eine sogenannte beachtliche Wahrscheinlichkeit vielmehr auf andere Kriterien wie etwa eine wertende Gesamtbetrachtung abzustellen ist.“ Das Verwaltungsgericht habe sich den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 21. November 2014 (Az. 13a B 14.30107) angeschlossen und zu § 4 AsylG judiziert, die Gefährdungswahrscheinlichkeit in der Provinz Herat liege im unteren Promillebereich, im Jahr 2012 bei 0,05% pro Person und Jahr. Eine Gefahrendichte von weniger als 1:1000 liege weit unter der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454). Nach Ansicht des Klägers ist der Begriff der sog. beachtlichen Wahrscheinlichkeit völlig nichtssagend, weil er die Frage offen lasse, welche Wahrscheinlichkeit beachtlich sein solle. Das Bundesverwaltungsgericht setze den Begriff der beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit dem der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gleich, was mehr als 50% bedeute. Unter Hinweis auf einen Aufsatz (Tiedemann, ZAR 2016, 53) führt der Kläger weiter aus, dass bei Vornahme einer statistischen Analyse des Bombenkriegs während des Zweiten Weltkriegs festzustellen sei, dass die Bewohner von Coventry, Stalingrad, Hamburg, Frankfurt oder Dresden keiner ernsthaften Bedrohung von Leib und Leben ausgesetzt gewesen wären, was aber nicht ernsthaft vertreten werden könne.

Der vom Kläger aufgeworfenen Frage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, da in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtsgrundsätzlich geklärt ist, dass und unter welchen Voraussetzungen eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F., nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) besteht (BVerwG, B. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris Rn. 7; U. v. 17.11.2011 a. a. O.; U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360; U. v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198) und dass es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte u. a. einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bedarf (BVerwG, B. v. 27.6.2013 a. a. O.).

In seinem Urteil vom 17. November 2011 hat das Bundesverwaltungsgericht zum damaligen, inhaltlich mit dem nunmehr maßgeblichen unionsrechtlichen subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG übereinstimmenden (vgl. BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 = juris Rn. 23) unionsrechtlichen Abschiebungsschutz in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. entschieden, dass für die Frage, ob der Kläger bei Rückkehr in sein Heimatland einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, zu prüfen ist, ob von einem bewaffneten Konflikt in der Zielregion für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 17). Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen. Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19; U. v. 14.7.2009 - 10 C 9.08 - BVerwGE 134,188 Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, U. v. 17.2.2009 - Elgafaji, C-465/07 - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19; U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht, was sich aus dem Tatbestandsmerkmal „... tatsächlich Gefahr liefe ...“ in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG ergibt (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 20). Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“; BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 20 unter Anführung von EGMR, U. v. 28.2.2008 - Saadi/Italien, Nr. 37201/06 - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.), was dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht (U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).

Zur Ermittlung einer für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichenden Gefahrendichte ist - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu U. v. 18.7.2006 - 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Herkunftsprovinz lebenden Zivilpersonen annäherungsweise zu ermitteln und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung zu setzen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ermittelte Risiko für das Jahr 2009 von ca. 1:800 oder 0,12%, in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden, sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 22).

Soweit der Kläger statt auf eine quantitative Ermittlung des Risikos auf eine wertende Gesamtbetrachtung abstellen will, ohne die seines Erachtens hierfür relevanten Kriterien zu benennen, ist darauf hinzuweisen, dass eine wertende Gesamtbetrachtung bereits Gegenstand der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu prüfenden Voraussetzungen ist (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23; U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 33). Danach bedarf es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23; U. v. 27.4.2010 a. a. O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermag sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 23). Allerdings betont das Bundesverwaltungsgericht, dass die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich ist (BVerwG, U. v. 13.2.2014 a. a. O. Rn. 24).

Die vom Kläger letztendlich in der Sache kritisierte erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer individuellen Bedrohung aufgrund der Gefahrendichte liegt darin begründet, dass eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr zwar auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, eintreten kann. Allerdings kann dies nur ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19). Hieraus folgt, dass ohne gefahrerhöhende persönliche Umstände ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich ist (BVerwG, U. v. 17.11.2011 a. a. O. Rn. 19), das selbst bei den vom Kläger als Vergleich herangezogenen Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg in quantitativer Hinsicht zum Teil nicht erreicht worden wäre. Der vom Kläger angeführte Wahrscheinlichkeitsgrad von mehr als 50% aufgrund einer Gleichsetzung des Begriffs der beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit dem der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dürfte allerdings für die erforderliche Gefahrendichte in Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht zutreffen, zumal das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner Rechtsprechung zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung im Rahmen des Art. 16a Abs. 1 GG mittlerweile statt auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit auf das Kriterium der Zumutbarkeit abstellt (vgl. BVerwG, U. v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 = juris Rn. 17; U. v. 17.1.1989 - 9 C 62.87 - NVwZ 1989, 776 = juris Rn. 6; U. v. 15.3.1988 - 9 C 278.86 - BVerwGE 79, 143 = juris Rn. 23; vgl. hierzu Randelzhofer in Maunz/Dürig, GG, Stand September 2016, Art. 16a Rn. 43 f.). Ein weitergehende Klärung dieser Frage wäre im vorliegenden Verfahren nicht zu erwarten, da die vom Verwaltungsgericht ermittelte Wahrscheinlichkeit von 0,05% oder weniger als 1:1000 nochmals deutlich unterhalb der vom Bundesverwaltungsgericht und vom erkennenden Senat gebilligten Wahrscheinlichkeit von 0,12% oder 1:800 liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes bzw. die Feststellung eines Abschiebeverbotes nach Afghanistan bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.

Der am * 1998 in * (Afghanistan) geborene Kläger ist Volkszugehöriger der Paschtunen mit sunnitischem Glauben.

Am 10. Oktober 2014 wurde der Kläger am Grenzübergang * (*) aufgegriffen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts * vom 5. November 2014 wurde für den damals minderjährigen Kläger Vormundschaft angeordnet. Die Vormundschaft für den Kläger endete am 2. Juni 2016.

Am 26. November 2014 bzw. 12. Dezember 2014 stellte der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland Asylerstantrag.

Am 10. Dezember 2014 lehnte Bulgarien die Übernahme des Klägers im Dublin-Verfahren ab. Fortan wurde der Asylantrag des Klägers im nationalen Verfahren behandelt.

Bei seiner persönlichen Anhörung am 2. August 2016 führte der Kläger gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) u.a. aus, dass er auf dem Land Weg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Er wisse nicht, was die Reise in die Bundesrepublik Deutschland insgesamt gekostet habe. Sein Vater habe die Flucht organisiert. Zuletzt habe er in der Provinz * im Bezirk * im Dorf * gelebt. Sein Heimatland habe er im Juli 2014 verlassen. In Afghanistan habe er eine Koranschule besucht. Zuletzt habe er seiner Familie in der Landwirtschaft geholfen. Wehrdienst habe er nicht geleistet. In Afghanistan sei er jeden Vormittag in die Koranschule gegangen. Am Nachmittag habe er seinem Vater auf den Feldern geholfen. Eines Tages seien viele Taliban in die Gegend gekommen. Sie seien zu seinem Vater gegangen und hätten ihm gesagt, dass der Kläger nun alt genug sei, bei ihnen mitzuarbeiten. Er solle zwar weiterhin zur Koranschule gehen, aber auch mit den Taliban zusammenarbeiten. An einem frühen Morgen zur Gebetszeit seien die Taliban erneut gekommen. Sie hätten an die Tür geklopft und von seinem Vater die Herausgabe des Klägers gefordert. Sie hätten gesagt, dass er mit gehen solle oder wenigstens einmal etwas für sie tun solle. Sein Vater habe diese Forderung abgelehnt. Daraufhin hätten die Taliban erklärt, sie würden für heute fortgehen. Beim nächsten Mal würden sie aber nicht mehr mit leeren Händen gehen und ihn, den Kläger, mitnehmen. Die Familie habe mehrere Häuser. Ein Haus sei im Ort und ein Haus bei den Feldern. Die Familie hätte, um sich vor den Taliban zu verstecken, den Wohnort gewechselt und sei in das Haus bei den Feldern gezogen. Eines frühen Morgens habe ihn sein Vater geweckt. Er, der Kläger, habe gedacht, es seien erneut die Taliban bei der Familie. Sein Vater habe ihm gesagt, er solle mitkommen. Vor dem Haus habe ein Auto gestanden. Sein Vater habe ihm erklärt, er solle einsteigen und mitfahren. Dies habe er letztlich auch getan. Seitdem habe er keinen Kontakt mehr zu seinem Vater. In Italien habe der Schlepper Kontakt zu seinem Vater aufgenommen. Er habe mit seinem Vater sprechen wollen, aber der Schlepper habe ihm kein Telefon gegeben. Ob die Bedrohung durch die Taliban der afghanischen Polizei angezeigt worden sei, wisse er nicht. Die beiden Häuser der Familie lägen etwa 25 Minuten Fußmarsch auseinander. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, dass die Taliban ihn verschleppten und er für sie kämpfen müsse. Vielleicht werde er auch gleich getötet.

Für den weiteren Inhalt der Anhörung wird auf die hierüber vom Bundesamt gefertigte Niederschrift verwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 5. August 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge des Klägers auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Nr. 1 und 2 des Bescheides). In Nr. 3 des Bescheides wurde dem Kläger auch der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt. Nr. 4 des Bescheides bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen. Der Kläger wurde in Nr. 5 des Bescheides aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Nr. 6 des Bescheides setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.

In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter im Falle des Klägers nicht vorlägen. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen könne. Der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne dieser Definition. Die begründete Furcht müsse sich auf Handlungen beziehen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend seien, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK) keine Abweichung zulässig sei. Der Kläger berichte von grundsätzlicher Verfolgung nichtstaatlicher Akteure in seiner Heimatprovinz. Aufgrund der vorgetragenen, versuchten Zwangsrekrutierung durch die Taliban könne dem Kläger der Anknüpfungspunkt der politischen Überzeugung zugesprochen werden. Dem Kläger sei es jedoch zuzumuten, sich in einem anderen Landesteil Afghanistans, z.B. in Städten wie Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif sowie in den Provinzen Bamiyan und Panjshir niederzulassen, wo ausreichend interne Schutzmöglichkeiten bestünden. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Weder aus dem Vorbringen des Klägers, noch aufgrund der Erkenntnisse des Bundesamtes sei erkennbar, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan die Todesstrafe drohen würde. Der Kläger stamme aus der Provinz Nangahar und somit aus einem Gebiet, in dem nach den Erkenntnissen der Bundesregierung von einer erhöhten Bedrohungslage auszugehen sei. Zusätzlich müssten jedoch individuelle Gefahr erhöhende Umstände zu einer Zuspitzung allgemeiner konfliktbedingter Gefahren geführt haben, die die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr für den Kläger rechtfertigten. Der Kläger habe nicht dargelegt, bereits einen ernsthaften Schaden infolge eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erlitten zu haben. Der Kläger gehöre jedoch zur Gruppe der gesunden, arbeitsfähigen jungen Männer, bei denen grundsätzlich davon auszugehen sei, dass interne Schutzmöglichkeiten zumindest in größeren afghanischen Städten sowie in den Provinzen Bamiyan und Panjshir bestünden und dass er dort das erforderliche Existenzminimum erlangen könne. Zudem könne der Kläger seine Eltern, Brüder und Onkel, die noch in Afghanistan lebten, zurückgreifen. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine Abschiebung gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG sei unzulässig, wenn sich dies aus Anwendung der EMRK ergebe. In Betracht komme dabei in erster Linie eine Verletzung des Art. 3 EMRK und damit die Prüfung, ob im Falle einer Abschiebung der Betroffene tatsächlich Gefahr liefe, einer dieser absoluten Schutznorm widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse können nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Es habe nicht die Überzeugungsgewissheit gewonnen werden können, dass der Kläger bei Rückkehr aufgrund der allgemeinen Lage existenziellen Gefahren ausgesetzt sei, weil er untypisch von Hilfe und Unterstützung durch im Herkunftsland verbliebene Angehörige ausgeschlossen werde. Die Familie, als kleinste und wichtigste soziale Einheit, besitze in der afghanischen Gesellschaft einen hohen Stellenwert. Der Kläger habe keine stichhaltigen Ausführungen gemacht, die zu der Schlussfolgerung führen könnten, er sei, abweichend von den allgemeinen gesellschaftlichen Verhältnissen bei einer Rückkehr völlig mittellos und auf sich gestellt. Auch die Tatsache, dass der Kläger offensichtlich in der Lage gewesen sei, erhebliche Mittel für seine Ausreise aufzubringen, spreche gegen das Fehlen einer Unterstützung im Herkunftsland. Es sei grundsätzlich nicht anzunehmen, dass die Familienbande zwischenzeitlich zerrissen sei. Es fehle auch nicht an der Möglichkeit, Kontakt mit Familienmitgliedern in Afghanistan aufzunehmen. Der Kläger als volljähriger, gesunder Mann, der mangels eigener familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten habe, wäre im Falle einer Rückkehr, auch ohne nennenswertes Vermögen, in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten etwa in Kabul wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen, sich damit zumindest am Rande des Existenzminimums zu finanzieren und allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei im vorliegenden Fall angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung, aufgrund schutzwürdiger Belange, seien weder vorgetragen noch lägen nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 5. August 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 1. September 2016 Klage erhoben und beantragt,

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 5. August 2016 mit dem Az., dem Kläger zugestellt am 19. August 2016, zu Ziffer 1 ergangenen und insoweit entgegenstehenden Entscheidung verpflichtet, festzustellen, dass bei dem Kläger in Bezug auf das ganze Staatsgebiet von Afghanistan die Voraussetzungen des § 3 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Hilfsweise, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen bzw. festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Die Klage sei begründet, weil der Kläger aufgrund des Vorliegens der Voraussetzung des § 60 Abs. 1 AufenthG, zumindest aber aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden dürfe. Das Geburts- und Heimatdorf des Klägers,, liege im westlichsten Distrikt * der Provinz Nangarhar, in etwa gleicher Entfernung von den Städten Kabul und Djalalabad. Die Provinz Nangarhar habe unter den afghanischen Provinzen einen der höchsten Gewaltpegel. Sie sei innerhalb Afghanistans die Hauptbasis der Terrororganisation Islamischer Staat. Der Kläger habe den Versuch seiner Zwangsrekrutierung anschaulich geschildert. Den Konsequenzen seiner Entziehung durch Flucht könne im Falle einer Rückkehr nirgends in Afghanistan entkommen. Ganz erheblich verschlechtert hätten sich die Verhältnisse im Zielstaat in der Zwischenzeit gegenüber der Situation im Jahr 2014. Die Lageberichte des Auswärtigen Amtes nähmen die extreme Verschärfung der Situation seither noch nicht wirklich zur Kenntnis.

Auf den weiteren Vortrag in den Schriftsätzen des Klägers vom 1. September 2016 bzw. 15. Dezember 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. September 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen.

Am 19. Januar 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 5. August 2016 ist, soweit er mit der Klage angegriffen worden ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Es ist ihm weder der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, noch liegen in seiner Person nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vormals nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG, nunmehr nach § 3 Abs. 1 AsylG) ist weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, für dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerwGE 80, 315).

Teilweise geht der Internationale Flüchtlingsschutz im Ergebnis der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. So begründen nach Maßgabe des § 28 Abs. 1a AsylG auch selbstgeschaffene Nachfluchtgründe sowie gemäß § 3c Nr. 3 AsylG eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, etwa in Bürgerkriegssituationen, in denen es an staatlichen Strukturen fehlt, ein Abschiebungsverbot. Ferner stellt § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG klar, dass eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist. Schließlich umfasst gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG der Schutz vor Verfolgung wegen der Religion im Ergebnis der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1b der Richtlinie 2011/95/EU auch die Religionsausübung im öffentlichen Bereich sowie sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen, die sich auf eine religiöse Betätigung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft und der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 - 10 C 7/11 - juris). An dessen Stelle gilt nunmehr nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Hierdurch wird den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigemessen (vgl. EuGH, U.v. 2.3.2010 - Rs. V 175/08 u.a., Abdulla). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich verfolgungsbegründende bzw. schadensstiftende Umständen bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Dessen ungeachtet ist es Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU. Der Ausländer hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich schlüssigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört u.a., dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung dvon Flüchtlingsschutz. Das Gericht verweist insoweit auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides (§ 77 Abs. 2 AsylG) und führt Folgendes aus.

Eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist gegenüber dem Kläger nicht festzustellen. Der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht insoweit bereits der in wesentlichen Punkten widersprüchliche Sachvortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung entgegen. So hat der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt am 2. August 2016 ausgeführt, dass der erste Rekrutierungsversuch des Klägers so abgelaufen sei, dass die Taliban eines Tages zu seinem Vater, der auf den Feldern gearbeitet habe, gekommen sei, und ihm gesagt hätten, dass sein Sohn, der Kläger, nun alt genug sei, bei ihnen mitzuarbeiten. Als der Kläger an diesem Tag mit der Koranschule fertig gewesen sei, sei er auf die familieneigenen Felder gegangen. Er habe festgestellt, dass sein Vater sich nicht normal verhalte und niedergeschlagen sei. Sein Vater habe ihm daraufhin keine Auskunft gegeben. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2017 hat der Kläger den Vorgang so beschrieben, dass er bei der Rekrutierungsmaßnahme auf den Feldern selbst anwesend gewesen sei und sich in einem Abstand von ca. 30 m zu den Taliban und seinem Vater aufgehalten habe. Ebenfalls widersprüchlich ist der Vortrag des Klägers insoweit, als die erneute Rekrutierungsmaßnahme der Taliban nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung bereits am Abend des selben Tages erfolgt sei. Bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt hat der Kläger hingegen ausgeführt, dass die Taliban erst an einem frühen Morgen zur Gebetszeit erneut gekommen seien. Wegen dieses in wesentlichen Punkten abweichenden Sachvortrags des Klägers zu den geltend gemachten Zwangsrekrutierungsmaßnahmen seitens der Taliban, schenkt das Gericht dem Kläger keinen Glauben. Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass der Sachvortrag des Klägers in weiteren Punkten bruchstückhaft und äußerst detailarm ist. Das Nichtwissen des Klägers dominiert. Dies schließt es aus Sicht des Gerichts aus, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Der Kläger hat die Gefahr einer politischen Verfolgung in Anknüpfung an flüchtlingsrelevante Merkmale jedenfalls nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Selbst wenn man dem Kläger jedoch Glauben schenken wollte, hat dieser ein individuelles Verfolgungsschicksal, das die Annahme politischer Verfolgung bei einer Rückkehr rechtfertigen würde, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der Kläger hat insoweit lediglich auf einen zweimaligen Rekrutierungsversuch seitens der Taliban verwiesen. Es ist - das Vorbringen des Klägers als wahr unterstellt - offensichtlich, dass der Kläger wie viele andere junge Männer, die von den Taliban in Afghanistan angesprochen werden, lediglich zufälliges Ziel der Anwerbeversuche der Taliban geworden ist. Aus den Schilderungen einer Vielzahl afghanischer Asylbewerber ist dem Gericht bekannt, dass die Taliban dabei weder auf Volksnoch auf Religionszugehörigkeiten Rücksicht nehmen. Damit hängt die behauptete Bedrohung einer Zwangsrekrutierungsmaßnahme seitens der Taliban nicht mit einem beim Kläger vorliegenden, flüchtlingsrelevanten Merkmal zusammen.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Er hat keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AsylG drohe.

a) Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 liegen nicht vor. Dem Kläger droht weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe noch Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung.

Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen nicht vor. Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten im Sinn von Art. 1 Nr. 2 ZP II oder aber als anhaltende Kampfhandlungen bewaffneter Gruppen im Sinne von Art. 1 Nr. 1 ZP II zu qualifizieren sind, kann dahinstehen, weil der Kläger bei einer Rückkehr keiner individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wären. Es fehlt an einer Verdichtung allgemeiner Gefahren in der Person des Klägers, die Voraussetzung für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG ist. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen erreicht in keiner der afghanischen Provinzen der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Individuelle, gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren im Rahmen eines bewaffneten internationalen Konflikts in der Person des Klägers führen, hat dieser nicht vorgetragen.

b) Der Kläger kann sich auch nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG berufen. Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen insoweit überhaupt vorliegen, ist der Kläger, soweit er eine Gefährdung in seiner Heimatprovinz Nangarhar befürchtet, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative, etwa in Kabul zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG).

Das Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger nach dem ein- bzw. allenfalls zweimaligen Vorfall in seinem Heimatdorf * nicht landesweit mit einer Verfolgung durch die Taliban rechnen muss. Das Gericht sieht den Kläger insoweit als bloßes Zufallsopfer. Er unterscheidet sich nicht von einer Vielzahl junger Männer, bei denen die Taliban, teilweise auch erfolglos, Anwerbeversuche unternommen haben.

Das Gericht verkennt nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht, dass die Taliban in den Provinzen des Staates Afghanistan durchaus gezielte Rekrutierungen und auch Zwangsrekrutierungen durchführen. Sie wenden dabei auch in weiten Landesteilen Drohungen und Gewalt an, um auf diese Weise Kämpfer für ihren Aufstand zu gewinnen bzw. diejenigen zu bestrafen, die sich ihrem Werben entziehen. Auch beschränken sich die Aktivitäten der Taliban nicht auf die ländlichen Provinzen oder die Ursprungsprovinzen der Taliban im Süden Afghanistans. Auch das Auswärtige Amt geht in seinem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 (Stand September 2016, S. 12; im Folgenden Lagebericht) davon aus, dass es zu Zwangsrekrutierungen der Taliban oder anderer nicht staatlicher Organisationen oder Gruppierungen kommt. Da es sich nach den ins Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln bei den Zwangsrekrutierungsversuchen der Taliban um ein mehr oder minder in ganz Afghanistan verbreitetes Massenphänomen handelt, ist jedoch jeweils auf die spezifischen Umstände des Einzelfalles abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2015 - 13a ZB 14.30227 - juris Rn. 6; B.v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.30050 - juris Rn. 9). Daher konnten auch sämtliche vom Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2017 unbedingt gestellten Beweisanträge mit der Begründung abgelehnt werden, dass die unter Beweis gestellten Sachverhalte als wahr unterstellt werden können.

Bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung zeichnen den Kläger keine besonderen Fähigkeiten oder Eigenschaften aus, wegen derer er für die Taliban von gesteigerter Bedeutung sein könnte, so dass hieraus eine landesweite Gefahr bei einer Rückkehr nach Afghanistan resultieren könnte. Gleiches gilt in Bezug auf die Person des Vaters des Klägers. Auch ist an dieser Stelle darauf zu verweisen, dass nach den Aufsührungen des Klägers es sich lediglich um einen ein- bzw. allenfalls zweimaligen Rekrutierungsversuch der Taliban gehandelt hat. Dass der Kläger aufgrund der von ihm geschilderten Intensität der Bemühungen der Taliban, von diesen landesweit bzw. in Kabul gezielt gesucht werden könnte, hält das Gericht für ausgeschlossen.

Dem Kläger ist nach Überzeugung des Gerichtes eine Rückkehr nach Kabul im Sinne einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch zumutbar (§ 3e AsylG).

Grundsätzlich ist Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative geeignet. Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BayVGH, B.v.19.6.2013 - 13a ZB 12.30386 - juris). Auch aus den letzten Lageberichten des Auswärtigen Amtes ergibt sich nicht, dass sich die Sicherheitslage in Kabul im Vergleich zur Einschätzung in den vorangegangenen Lageberichten wesentlich verändert hätte (Lagebericht vom 6.11.2015, S. 4: Lagebericht vom 19.10.2016, S. 4). Zwar war teilweise ein Anstieg von zivilen Opfern im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen zu verzeichnen. Dass dieser Anstieg jedoch die Sicherheitslage in Kabul derart gravierend verschlechtert hat, dass der Kläger dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wäre, ergibt sich aus den Auskünften nicht (s. auch BayVGH, B.v. 14.1.2015 - 13a ZB 14.30410 - juris Rn.5). Auch soweit die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) in ihrem im Februar 2016 veröffentlichten Jahresbericht für 2015 anführt, dass sie im Jahr 2015 die höchste Zahl an zivilen Opfern seit 2009 dokumentiert hat, ändert dies obige Einschätzung nicht. Nachdem es bereits in den Jahren 2013 und 2014 einen Anstieg in der Zahl der zivilen Todesopfer und Verletzten gegeben hatte, stieg im Jahr 2015 die Zahl der durch konfliktbedingte Gewalt getöteten und verletzten Zivilisten im Vergleich zum Jahr 2014 um vier Prozent auf 11.002 zivile Opfer (3.545 Tote und 7.457 Verletzte). Wie UNAMA erläutert, ist der Anstieg in der Gesamtzahl der zivilen Opfer vor allem durch eine Zunahme an komplexen Anschlägen und Selbstmordanschlägen sowie gezielten Tötungen durch regierungsfeindliche Kräfte zu erklären. Darüber hinaus stieg auch die Zahl von Opfern, die durch Regierungskräfte im Zuge von Luft- und Bodengefechten verursacht wurden. Insbesondere in der Provinz Kunduz geriet zudem eine steigende Zahl von Zivilisten zwischen die Frontlinien der Konfliktparteien. UNAMA zu Folge führten komplexe Anschläge und Selbstmordanschläge in der Zentralregion, insbesondere in der Stadt Kabul, zu einem 18-prozentigen Anstieg in der Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2015 (vgl. ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul, Stand: 5.7.2016, http: …www.ecoi.net/news/ 188769

::afghanistan/ 101.allgemeine-sicherheitslage-in-afghanistan-chronologie-fuer-kabul.htm).

Allerdings hat die Zunahme von Anschlägen nach Überzeugung des Gerichts nicht zu einer solchen Verschlechterung der Sicherheitslage in der Zentralregion und in Kabul geführt, dass vernünftigerweise nicht mehr erwartet werden könnte, dass ein Rückkehrer sich dort niederlässt. Die allgemeine Gefährdungslage dort erreicht nicht eine Intensität, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG anzunehmen wäre. Soweit Organisationen wie UNHCR und Pro Asyl sowie Presseberichte auf die Zunahme von Anschlägen in Kabul verweisen, folgen sie eigenen Maßstäben, aber nicht den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - Rn. 10 m.w.N.). Auch erreicht die allgemeine Gefährdungslage dort nicht eine Intensität, dass Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative nicht mehr geeignet wäre, denn das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist noch weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BayVGH, B.v.19.6.2013 - 13a ZB 12.30386 - juris; BayVGH, B.v. 4.1.2017 - 13a ZB 16.30160 - Rn. 5). Dies gilt auch zum jetzt entscheidungserheblichen Zeitpunkt.

Von einem gesunden, jungen Mann, kann erwartet werden, dass er sich zumindest durch Gelegenheitsarbeiten zu seinem Lebensunterhalt beiträgt. Der Kläger verfügt über eine schulische Bildung, so dass durchaus davon ausgegangen werden kann, dass er sich auf dem umkämpften afghanischen Arbeitsmarkt zurecht findet. Über dies erachtet das Gericht auch eine Rückkehr in den Heimatort des Klägers durchaus für denkbar, zumal dort nach wie vor mehrere Familienangehörige des Klägers wohnhaft sein dürften. Dies umso mehr, als die Familie des Klägers über zwei eigene Anwesen in * verfügt. Auch wenn der Kläger im Verfahren vorträgt, dass der Kontakt zu seinen Eltern weitestgehend abgerissen ist, ist dies nicht gleichbedeutend damit, dass diese nicht mehr im Heimatort * leben.

Im Übrigen sind unter Berücksichtigung der Auskunftslage insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position, die durchaus auch Perspektiven im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts eröffnet (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 13.5.2013 - 13a B 12.30052 - juris Rn. 12). Hinzu kommt, dass für freiwillige Rückkehrer ein Reintegrationsprogramm besteht, das Sachleistungen im Wert von bis zu 2.000 Euro gewährt, die die Wiedereingliederung erleichtern können (Bundesamt, Auskunft an VG Augsburg v. 12.8.2016).

3. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Das Gericht geht, wie ausgeführt, davon aus, dass der Kläger jedenfalls unter Unterstützung seiner in Afghanistan nach wie vor vorhandenen Familienangehörigen seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann.

Für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen der schlechten Versorgungslage in Afghanistan besteht ebenfalls kein Raum. Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei den Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann in derartigen Fällen nur im Einzelfall zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke ausgesprochen werden. Eine solche Schutzlücke besteht vorliegend nicht.

4. Auch die Abschiebungsandrohung und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG erweisen sich als rechtmäßig. Das Bundesamt hat in der Befristungsentscheidung nach § 11 AufenthG das ihm zustehende Ermessen erkannt und die maßgeblichen Belange in ordnungsgemäßer Weise abgewogen.

5. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. August 2016 ist unbegründet.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob ein Afghane, der seit seinem 4. Lebensjahr im Iran aufgewachsen ist und dort gelebt hat, unproblematisch nach Afghanistan zurückkehren und dort seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann, obwohl er überhaupt nicht mit den afghanischen Verhältnissen vertraut ist und keinerlei Unterstützung in Afghanistan, auch nicht durch familiäre Unterstützung, erlangen kann“. Angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage und der Tatsache, dass er hazarischer Volkszugehöriger sei, praktisch sein gesamtes Leben im Iran verbracht habe, mit den afghanischen Verhältnissen nicht vertraut sei und keine familiären Beziehungen in Afghanistan habe, könne die bisherige Rechtsprechung nicht mehr aufrechterhalten bleiben.

In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen derzeit keine extreme Gefahrenlage anzunehmen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 -LS-; U. v. 22.3.2013 - 13a B 12.30044 - juris; U. v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris; U. v. 8.12.2011 - 13a B 11.30276 - EzAR-NF 69 Nr. 11 = AuAS 2012, 35 -LS-; U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.

Für eine verlässliche Prognose, dass sich die Lage im Jahre 2016 entscheidend verändert hätte, fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher weiterhin davon aus, dass in Afghanistan für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (zuletzt B. v. 22.12.2016 - 13a ZB 16.30684 - n. v.; B. v. 27.7.2016 - 13a ZB 16.30051 - juris). Auch das Verwaltungsgericht hat sich unter Heranziehung der neuesten Erkenntnismittel mit der aktuellen Sicherheitslage ausführlich auseinandergesetzt. Dem ist der Kläger mit dem Verweis auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Schutzsuchender vom 19. April 2016 nicht substantiiert entgegengetreten. Zum einen werden dort nur vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass neuere Daten zur Sicherheitslage genannt würden, die die bisherige Einschätzung in Frage stellen könnten. Zum anderen beruht die dortige Bewertung auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Zudem sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (S. 10). Damit bieten die Empfehlungen keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Lagebewertung einzutreten.

Soweit der Kläger vorträgt, die Frage stelle sich insbesondere für ihn als Hazara angesichts der dramatischen Verschlechterung der Sicherheitslage gerade in Kabul, besteht ebenfalls kein Klärungsbedarf. Mit rechtskräftigem Urteil vom 3. Juli 2012 (Az. 13a B 11.30064 - juris) ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach Würdigung und Bewertung der im Einzelnen genannten Erkenntnismittel im Wege einer Gesamtschau zur Überzeugung gelangt, dass Hazara in Afghanistan zwar noch einer gewissen Diskriminierung unterliegen, derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. (nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) ausgesetzt sind. Mit Urteil vom 1. Februar 2013 (Az. 13a B 12.30045 - juris) hat der Senat dies für die Zentralregion sowie landesweit mit Beschluss vom 28. Februar 2014 (Az. 13a ZB 13.30390 - juris) und vom 1. Dezember 2015 (Az. 13a ZB 15.30224 - juris) nochmals bestätigt. Der Hinweis des Klägers, wonach Hazara als Minderheit besonders gefährdet hinsichtlich der Übergriffe von Taliban seien, kann diese Einschätzung nicht in Frage stellen. Aus den von ihm genannten UNHCR-Richtlinien ergibt sich derartiges nicht. Dort sind - wie dargelegt - nur allgemeine Empfehlungen für den Schutzbedarf enthalten und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt. Die Lage der Hazara ist dort nicht explizit angesprochen.

Schließlich ergibt sich ein Klärungsbedarf auch nicht deshalb, weil sich der Kläger seit frühester Kindheit nicht mehr in Afghanistan aufgehalten hat. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs besteht auch für Afghanen, die sich nicht in Afghanistan aufgehalten haben, jedenfalls dann, wenn sie - wie der Kläger - eine der Landessprachen (hier: Dari) beherrschen, die Chance, durch Gelegenheitsarbeiten in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 -LS- Rn. 22). Eine Rückkehr nach Afghanistan scheitert grundsätzlich nicht am fehlenden vorherigen Aufenthalt im Heimatland. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Ein spezielles „Vertrautsein mit den afghanischen Verhältnissen“ ist nicht erforderlich.

Im Übrigen hängt es wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen; es entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung (BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 = NVwZ-RR 2011, 48).

Die weiter vom Kläger aufgeworfene Frage, ob hier nicht im Unterschied zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 1998 (Az. 1 B 41.98 - InfAuslR 1999, 73) hinsichtlich der Bezeichnung des Zielstaats in der Abschiebungsandrohung etwas anderes gelten müsse, ist einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Welcher Zielstaat in der Abschiebungsandrohung zu bezeichnen ist, bestimmt sich ebenfalls nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.

Ferner vermag die vom Kläger geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht zur Zulassung der Berufung zu führen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG nicht vorliegen. Der Kläger trägt insoweit vor, sein Vortrag, er sei Hazara, hätte als gefahrerhöhender Umstand Berücksichtigung finden müssen.

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben.

Gemessen hieran war dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt. Auch wenn die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara an der vom Kläger genannten Stelle (UA S. 14 im Zusammenhang mit der Prüfung nach § 4 AsylG) nicht mehr explizit erwähnt wird, hat das Verwaltungsgericht diesen Umstand nicht unbeachtet gelassen, sondern festgestellt, dass die nötige Gefahrendichte nicht gegeben ist. Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, hat sich das Verwaltungsgericht mit der Zugehörigkeit des Klägers zur Volksgruppe der Hazara befasst (UA S. 10). Es ist zu der Einschätzung gelangt, dass ungeachtet der bestehenden gesellschaftlichen Ausgrenzung und Benachteiligung derzeit keine Gruppenverfolgung vorliege, weil die genannten Benachteiligungen und vereinzelten gewaltsamen Übergriffe nicht die dafür erforderliche Verfolgungsintensität und Verfolgungsdichte im Sinn von § 3a Abs. 1 AsylG aufwiesen. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, E. v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B. v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B. v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben ukrainischer Staatsangehöriger mit ukrainischer Volkszugehörigkeit aus Charkov. Er stellte am 30. November 2011 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 3. Januar 2012 erklärte der Kläger, eine „mafiöse“ Gruppe, geleitet bzw. unterstützt von einem Polizisten, habe ihm sein Unternehmen weggenommen. Zu diesem Zweck hätten sie ihn massiv verfolgt. Der ukrainische Staat habe ihn nicht geschützt. Er sei ausgereist, bevor im Dezember 2011 eine Gerichtsverhandlung gegen den besagten Polizisten habe stattfinden sollen. In der Ukraine lebten noch seine Ehefrau, die er zweimal geheiratet habe und die erneut die Scheidung eingereicht habe, eine Tochter aus dieser Ehe sowie eine Schwester.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2013 erkannte das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu, lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab, erkannte auch den subsidiären Schutzstatus nicht zu, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen und drohte die Abschiebung unter Fristsetzung in die Ukraine an. Der Kläger habe nicht glaubhaft machen können, dass er einer Gefahr ausgesetzt sei. Die von ihm behauptete Verfolgung durch eine Gruppe von Leuten sei nicht nachvollziehbar. Er habe die Personen, die ihn verfolgt hätten, nicht benennen und den Hintergrund der behaupteten Verfolgung nicht schildern können. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb man von ihm die ganze Zeit Geld verlangt habe, wenn man doch gerade sein Geschäft habe kaufen wollen. Die Schilderung des Überfalls auf seine Person sei detailarm, oberflächlich und von so vagem Charakter, dass sie nicht den Schluss auf tatsächlich Erlebtes zuließe. Allein die Tatsache, dass es ein Verfahren gegen den Polizisten gegeben habe, widerspreche der Behauptung des Klägers, dass der ukrainische Staat ihn nicht schütze.

Die vom Kläger gegen den Bescheid sowie auf Stattgabe der vom Bundesamt abgelehnten Anträge erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 15. Januar 2015 ab.

Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Soweit der Kläger sich in vielfältiger Weise gegen die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils wendet, legt er keinen Zulassungsgrund dar, weil der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) im asylverfahrensrechtlichen Streitigkeiten nicht gegeben ist, vgl. § 78 Abs. 3 AsylVfG. Soweit Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 AsylVfG geltend gemacht wurden, liegen sie nicht vor.

1. Die Berufung ist nicht nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zuzulassen. Der - tatsächlichen - Frage, ob in der Ukraine eine kostenfreie psychiatrische Behandlung für finanziell nicht leistungsfähige Patienten gewährleistet ist, kommt vorliegend keine grundsätzliche Bedeutung zu. Diese Frage ist hier, ebenso wie die Frage, ob der Kläger sich finanzielle Mittel für eine etwaige notwendige Behandlung in der Ukraine durch eine eigene Erwerbstätigkeit oder durch die Hilfe seiner (früheren) Ehefrau, seiner Schwester oder seiner Tochter beschaffen kann, nicht entscheidungserheblich.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil (UA S. 12) ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Ein solches Abschiebungshindernis kann sich daraus ergeben, dass die im Abschiebezielstaat zu erwartende Rechtsgutbeeinträchtigung in der Verschlimmerung einer Krankheit wegen unzureichender Behandlungsmöglichkeiten besteht, unter welcher der Ausländer bereits in der Bundesrepublik Deutschland leidet (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2012 - 13a B 12.30061 - juris; BVerwG, U. v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - juris). Hierfür ist es aber erforderlich, dass sich die vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen, konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, die diesem alsbald nach seiner Rückkehr in die Heimat droht. Im Hinblick auf eine geltend gemachte Erkrankung oder eine unzureichende medizinische Behandlungsmöglichkeit im Zielstaat ist eine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben zu bejahen, wenn dort eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu befürchten ist, was dann der Fall wäre, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlimmern würde (BVerwG, U. v. 20.7.1999 - 9 C 2.99 - juris). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist deshalb auch nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (vgl. BVerwG, B. v. 24.5.2006 - 1 B 118.05 - juris).

Das Verwaltungsgericht hat diese Voraussetzungen hier rechtsfehlerfrei verneint (UA S. 13). Zwar hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 22. Juli 2014 eine Bescheinigung des Klinikums Nürnberg, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie vom 2. Juli 2014, vorgelegt, aus der sich ergab, dass sich der Kläger seit dem 20. Mai 2014 wegen einer depressiven Störung als schwere Episode ohne psychotische Symptome in ambulanter Behandlung befand. Mit Schriftsatz vom 20. August 2014 reichte er einen vorläufigen Arztbrief dieser Klinik vom 5. August 2014 nach, aus dem sich ergab, dass der Kläger dort in der Zeit vom 23. Juli 2014 bis 7. August 2014 wegen einer ambulant nicht beherrschbaren depressiven Symptomatik im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode stationär behandelt werden musste. Zu Recht stellt das Verwaltungsgericht hierzu fest, dass diese Bescheinigungen keine Aussage darüber treffen, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt wurde und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstelle; außerdem seien keine Aussagen zur Behandlungsbedürftigkeit (Medikation und Therapie) und zu den Folgen eines Abbruchs der ambulanten Behandlung gemacht worden. Aus dem vorläufigen Arztbrief vom 5. August 2014 ergebe sich, dass der Kläger von der Behandlung profitiert habe und dass bei Entlassung keine Selbst- oder Fremdgefährdung bestehe.

Auf die vorgelegten Atteste eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 21. Februar 2014, 11. September 2014 und 8. Januar 2015 hat das Verwaltungsgericht zu Recht nicht abgestellt, weil sie nicht von einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ausgestellt wurden. Wie der Facharzt für Allgemeinmedizin die psychische Erkrankung des Klägers diagnostizieren können will und zu der Aussage kommt, der Kläger bräuchte neben den regelmäßigen psychotherapeutischen Behandlungen „in der psychiatrischen Institutsambulanz“ zusätzliche psychotherapeutische Betreuung in seiner Praxis, ist nicht nachvollziehbar.

Aus der im Berufungszulassungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Klinikums am Europakanal vom 11. Februar 2015 ergibt sich lediglich, dass sich der Kläger bis auf weiteres in stationärer Behandlung befindet. In einer weiteren ärztlichen Stellungnahme dieser Klinik vom 11. März 2015, vorgelegt mit Schriftsatz vom 24. März 2015 im Berufungszulassungsverfahren, wird dargelegt, dass sich der Kläger seit 9. Februar 2015 in stationärer Behandlung auf einer beschützenden psychiatrischen Station im Klinikum befinde. Der Kläger habe angegeben, dass er sich Mitte/Ende Januar zu erhängen versucht habe. Am 8. Februar 2015 habe er dann in Suizidabsicht Medikamente eingenommen. Bei Aufnahme sei der Kläger in der Stimmung massiv gedrückt gewesen, jedoch seien Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen verneint worden. Der Kläger habe bei Aufnahme angegeben, weiterhin sterben zu wollen und habe sich von Suizidalität nicht distanzieren können. Eine akute Eigengefährdung sei gegeben gewesen. Als Grund für die Suizidversuche habe der Kläger die extreme Angst vor der Abschiebung zurück in die Ukraine angegeben, da er Angst habe, noch am Flughafen umgebracht zu werden; darüber hinaus ängstige ihn auch die aktuelle Situation im Krisengebiet Ukraine. In der weiteren Verlaufsbeobachtung hätten die erhebliche Angst vor der Abschiebung und die damit verbundenen Zukunftsängste dominiert. Im hiesigen, reizarmen Setting könne sich der Patient glaubhaft von einer akuten Suizidalität distanzieren. Der Kläger habe lediglich auf niedrigem Niveau stabilisiert werden können. Eine Verschlechterung des fragilen Zustands erscheine jederzeit möglich, vor allem wenn der Kläger keine intensive psychiatrische Begleitung bzw. Beratung erhalte. Vor allem in Krisenzeiten sei eine enge Anbindung an ein professionelles Helfersystem notwendig. Nach der Entlassung sei eine engmaschige, russischsprachige nervenärztliche Weiterversorgung unabdingbar.

Daraus ergeben sich keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse in die Ukraine. Aus der ärztlichen Einschätzung geht eindeutig hervor, dass die Suizidalität des Klägers ausschließlich auf seiner Angst vor einer Abschiebung in die Ukraine beruht.

Das stellt die Reisefähigkeit des Klägers in Frage. Eine Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Betroffenen unmittelbar durch die Ausreise bzw. Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtert. Eine Reiseunfähigkeit stellt ausschließlich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend darlegte (UA S. 12) - ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis dar, das die Ausländerbehörde im Falle einer Abschiebung ggf. durch eine amtsärztliche Untersuchung zu überprüfen hat.

2. Die Berufung ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel (Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG) vorliegt, wie der Kläger geltend macht.

2.1 Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe den klägerischen Vortrag als nicht glaubhaft angesehen, ohne ihm Gelegenheit zu geben, hierzu in der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen. Insoweit handele es sich um eine Überraschungsentscheidung. Außerdem habe das Verwaltungsgericht Äußerungen des Klägers falsch wiedergegeben und die Bedrohungslage für den Kläger falsch gewürdigt.

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 -1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, könnte nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich keine generelle Pflicht des Gerichts, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel oder den Tatsachenvortrag des Asylbewerbers einschätzt. Das Tatsachengericht ist grundsätzlich nicht gehalten, den Asylbewerber vorab auf Ungereimtheiten und Widersprüche in seinem Vorbringen hinzuweisen, da die Beweiswürdigung der Schlussberatung des Gerichts vorbehalten bleibt und sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten entzieht. Aus den asylspezifischen Anforderungen an die gerichtliche Ermittlungstiefe nach § 86 Abs. 1 VwGO folgen keine weitergehenden Anforderungen an die gerichtliche Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO (BVerwG, B. v. 26.11.2001 - 1 B 347.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52). Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und der zunächst als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende gibt (BVerwG, B. v. 19.7.2010 - 6 B 20.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 54 = NVwZ 2011, 372; B. v. 19.6.1998 - 6 B 70.97 - Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 56 = NVwZ-RR 1998, 759).

Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil alle vom Kläger angeführten (tatsächlichen und rechtlichen) Gründe geprüft und dabei ersichtlich dessen Vorbringen zur Kenntnis genommen und erwogen. Es hat daraus aber andere Schlüsse als der Kläger gezogen. Weder der Überzeugungsgrundsatz noch der Anspruch auf rechtliches Gehör vermitteln aber einen Anspruch darauf, dass ein Gericht dem zur Kenntnis genommenen Vorbringen eines Beteiligten auch in der Sache folgt.

Das Verwaltungsgericht war zur Wahrung ausreichenden rechtlichen Gehörs nicht gehalten, dem Kläger zu der (beabsichtigten) rechtlichen Bewertung des Vorbringens zur Stützung der Klage eine Stellungnahme zu ermöglichen. Lediglich dann, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht, gebietet es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, über die allgemeine Pflicht des Gerichts hinaus, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie entscheidungserheblich sind (BVerfG, B. v. 20.11.1995 - 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22), zur Vermeidung einer unzulässigen Überraschungsentscheidung vor der Entscheidung auf diese Gesichtspunkte hinzuweisen (BVerwG, U. v. 31.7.2013 - 6 C 9.12 - NVwZ 2013, 1614 Rn. 38 m. w. N.). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht diesen Pflichten nicht nachgekommen ist.

Davon kann vorliegend keine Rede sein. Die Ausführungen des Gerichts zur Frage der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers stellen keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, insbesondere keine Überraschungsentscheidung dar. Bereits im Bescheid des Bundesamts ist ausgeführt, dass seine behauptete Verfolgung durch eine Gruppe von Leuten und seine Auffassung zur Entstehung des Feuers in seinem Geschäft nicht nachvollziehbar sei. Die Schilderung des Überfalls auf seine Person sei detailarm, oberflächlich und von so vagem Charakter, dass sie nicht den Schluss auf tatsächlich Erlebtes zuließe. Wenn es dem Kläger nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gelungen ist, die Ungereimtheiten im Klageverfahren aufzuklären und das angeblich Erlebte glaubhaft im Detail zu schildern, stellt das keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dar.

Das Verwaltungsgericht hat ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 14. Januar 2015 den Kläger ausführlich zu seinem Verfolgungsschicksal befragt; dieser hatte ausreichend Gelegenheit, die Geschehnisse, die ihn zur Ausreise bewogen, und die Personen, die ihn nach seinem Vortrag verfolgten, zu schildern. Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Verfolgungsgeschichte des Klägers ausführlich befasst und in der mündlichen Verhandlung zu den Verfolgern und zum Verhalten des Klägers gegenüber den Verfolgern mehrfach nachgefragt. Wenn es die Angaben des Klägers für nicht nachvollziehbar hielt und insbesondere aus heutiger Sicht keine Bedrohungslage mehr annahm, weil der ukrainische Staat versucht hat, gegen den Polizisten vorzugehen und der Polizist, der die Bande angeleitet haben soll, jedenfalls nicht mehr im Amt ist, ist das keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern nur eine andere Bewertung als die des Klägers.

2.2 Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt. Den dem Verwaltungsgericht vorgelegten ärztlichen Attesten und Stellungnahmen war nicht zu entnehmen, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr in die Ukraine eine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben i. S. d. unter Nr. 1 dieses Beschlusses dargestellten Ausmaßes droht. Gerade aus der Tatsache, dass die psychiatrische Klinik, in der der Kläger stationär aufgenommen worden war, keine entsprechende ärztliche Stellungnahme abgegeben hat und aus der Tatsache, dass eine weitere Fachärztin für Psychiatrie, bei der der Kläger in Behandlung war, bewusst kein Attest zur Vorlage bei Gericht verfasst hat, ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht keinen ausreichenden Anlass hatte, dieser Frage weiter nachzugehen. Zu den Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin gilt das unter Nr. 1 Ausgeführte.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zur unentgeltlichen psychischen Behandlung in der Ukraine abgelehnt; auch hierzu wird auf die Ausführungen in Nr. 1 dieses Beschlusses verwiesen.

Soweit der Kläger im Berufungszulassungsverfahren geltend macht, das Anhörungsprotokoll des Bundesamt sei teilweise falsch, weil er sich mit der Dolmetscherin nicht ausreichend habe verständigen können, hat er das bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht. Soweit er im Tatbestand des Urteils Fehler entdeckt haben will, hätte er eine Tatbestandsberichtigung nach § 119 Abs. 1 VwGO geltend machen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylVfG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.