Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 31. Aug. 2017 - Au 5 K 16.1559

bei uns veröffentlicht am31.08.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung bezüglich der Errichtung einer Werbeanlage.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der Außenwerbung. Der Betrieb der Klägerin besteht in der Errichtung und der Vermietung von Werbeanlagen.

Mit Formblatt vom 13. Juli 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung bezüglich der Errichtung einer hinterleuchteten Werbeanlage mit Wechselwerbung als Wandanlage auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. ... der Gemarkung ...

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des seit 16. Dezember 2011 rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. ... „...“ der Beklagten. Dieser setzt für den streitgegenständlichen Bereich ein Kerngebiet gemäß § 7 BauNVO fest.

Die Einverständniserklärung des Eigentümers zur Anbringung der Werbetafel liegt vor.

Mit Bescheid vom 30. September 2016 lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Vorhaben sowohl gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die nach Art. 59 Satz 1 BayBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen seien, als auch gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoße. Die geplante Werbeanlage sei als bauliche Anlage für Fremdwerbung als eigenständige gewerbliche Nutzung nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich zulässig. Die geplante Wechselwerbeanlage widerspreche jedoch dem Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO. Das Gebäude ... schließe mit der Westseite an die Gebäude ... an, mit denen es eine geschlossene Fassadenfront bilde. Die Süd-, Ost- und Nordfassaden stünden als Abschlusspunkt der beiden Häuserzeilen ... und ... frei im Straßenraum. Nach Osten hin sei einem hohen siebengeschossigen, leicht gewölbten Gebäudeteil ein zweigeschossiger Anbau mit Flachdach vorgesetzt, der im Erdgeschossbereich durch großflächige Schaufenster und im Bereich des ersten Obergeschosses durch eine Fensterreihe gestaltet sei. Der Erdgeschossbereich des hinteren hohen Gebäudeteils sei von den durch klare Fensterreihen und senkrechte Putzbänder gegliederten Obergeschossbereichen gestalterisch klar abgetrennt. Zur ... hin sei das Erdgeschoss der gesamten Gebäudezeile als Laubengang ausgebildet. Diese erdgeschossige Passage werde an der Ostfassade nach oben gestalterisch durch eine von Fenstern freigehaltene Putzfläche weitergeführt. Auf dieser Putzfläche solle die Wechselwerbeanlage im Bereich des dritten Obergeschosses angebracht werden. Am Gebäude sei Werbung bisher nur in zurückhaltender Form vorhanden. Auf der freien Putzfläche an der Ostfassade des Anbaus befinde sich auf Höhe des vierten Obergeschosses ein im Jahre 1981 genehmigter Schriftzug „...“ mit Logo, der von zwei Strahlern beleuchtet werde. An der Ostfassade und der Südfassade des Anbaus befände sich über den Erdgeschossfenstern jeweils ein Schriftzug „Laufsteg“ aus Einzelbuchstaben. An der Nordfassade sei ebenfalls im Erdgeschossbereich ein Nasenschild angebracht. Das Gebäude ... biete aufgrund der aufeinander abgestimmten Farbgestaltung und der klaren Gliederung der beiden Gebäudeteile ein bisher harmonisches Bild. Die geplante großformatige Wechselwerbeanlage stelle hierzu einen erheblichen Gegensatz dar. Als massive, auf die Fassade aufgesetzte Anlage stelle sie aufgrund ihrer technischen Beschaffenheit sowie ihrer Dynamik einen Fremdkörper dar, der die Architektur des Gebäudes in verunstaltender Weise störe. Die geplante Werbeanlage verunstalte damit auch das Orts- und Straßenbild. Im verfahrensgegenständlichen Bereich seien Werbeanlagen mit einigen wenigen Ausnahmen nur im Erdgeschossbereich vorhanden. Es handle sich durchweg um statische, relativ kleinformatige Anlagen. Die wenigen im Bereich der Obergeschosse vorhandenen Werbeanlagen am Ort der Leistung seien als Schriftzüge aus Einzelbuchstaben ausgeführt. Die geplante Wechselwerbeanlage befände sich damit in einem erheblichen Gegensatz zur vorhandenen, zurückhaltenden und statischen Werbelandschaft. Die bisher ruhige Form des Straßenbildes sei durch den rhythmisch stattfindenden Plakatwechsel erheblich gestört. Die geplante Anlage stelle einen negativen Bezugsfall dar. Die Werbeanlage beeinträchtige sowohl das Erscheinungsbild des Einzelbaudenkmals ... als auch das des denkmalgeschützten Ensembles Altstadt .... Die Nord- und Ostfassade des Einzelbaudenkmals liege für den sich in Richtung Westen bewegenden Betrachter schon von weitem gemeinsam mit der beantragten Wechselwerbeanlage im Blickfeld. Die Anlage habe aufgrund ihrer Fremdkörperwirkung in Verbindung mit der Anbringungshöhe eine verunstaltende Wirkung auf das in unmittelbarer Nähe des geplanten Anbringungsortes situierte Baudenkmal. Die Werbeanlage wäre aufgrund von Fläche, Beleuchtung und Anbringungshöhe ein besonders auffälliger Fremdkörper am Gebäude wie auch im Straßenzug und damit ein erheblicher Eingriff in das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Ensembles Altstadt .... Die beantragte Werbeanlage widerspreche den Richtlinien des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege für Werbung in denkmalgeschützten Bereichen. Sie verstoße zudem gegen § 33 Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrsordnung (StVO). Die Werbeanlage wirke sowohl auf den Kfz-Verkehr, der von der ...straße auf zwei Spuren in die ... in Richtung Westen fahre oder rechts bzw. links in die ...straße oder ... abbiege, wie auch auf den aus der Straße ... in die ...straße bzw. ... abbiegenden Verkehr. Die beantragte Anlage befinde sich für den in westlicher Richtung fließenden Verkehr im Bereich der Sichtlinie ca. 40 mhinter dem Ausleger der Lichtzeichenanlage der ...straße. Die Wirkung der Lichtzeichenanlage sei dadurch beeinträchtigt. Der Linksabbiegeverkehr von der Straße ... in die ... sei mit erheblichem Fußgängerverkehr konfrontiert. Durch die Sicht auf die Werbeanlage während des Abbiegevorgangs könne die Konzentration der Fahrzeugführer auf das Verkehrsgeschehen beeinträchtigt werden. Die zur Tag-und-Nacht-Zeit stark frequentierte Kreuzung erfordere eine erhöhte Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer auf den Straßenverkehr. Eine Ablenkung durch die geplante Werbeanlage führe im vorliegenden Fall zu einer konkreten Verkehrsgefährdung. Im Übrigen werde die für die beantragte Wechselwerbeanlage erforderliche straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis nicht erteilt. Die Anlage liege mit ihrer gesamten Tiefe von ca. 0,34 mim Luftraum über der vor dem geplanten Anbringungsort liegenden Gehwegfläche. Die Straße werde dabei über den Gemeingebrauch hinaus zu Werbezwecken genutzt. Die Anlage sei daher erlaubnispflichtig. Da die geplante Werbeanlage gegen § 33 Abs. 2 Satz 1 StVO verstoße, könne die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens versagt werden.

Mit Schriftsatz vom 7. November 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am 7. November 2016, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des am 6.10.2016 zugestellten Bescheids, Az., zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Bauerlaubnis zu erteilen.

Eine Begründung der Klage ist nicht erfolgt.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf den Ausgangsbescheid Bezug genommen.

Das Gericht hat am 3. Mai 2017 einen nichtöffentlichen Augenscheinstermin durchgeführt. Auf die Niederschrift und die hierbei gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 4. August 2017, die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. August 2017 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 30. September 2016 und auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zu, da das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist. Der ablehnende Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) hat der Bauherr einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Die beantragte Werbeanlage ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Es liegt keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 BayBO vor. Das Vorhaben ist aber nicht genehmigungsfähig.

Da es sich um keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt, prüft die Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 BayBO im vereinfachten Verfahren die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 ff. BauGB und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO), beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird (Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO).

2. Das Vorhaben ist aufgrund denkmalschutzrechtlicher Belange, die vorliegend gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 Bayerisches Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) im Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, nicht genehmigungsfähig.

a) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG bedarf der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann. Vorliegend handelt es sich bei dem Gebäude ... (ehemalige ...) um ein Einzelbaudenkmal. Die beantragte Werbeanlage, die an der Fassade des Gebäudes ... angebracht werden soll, befindet sich in unmittelbarer Nähe und Sichtbeziehung zu diesem Baudenkmal. Eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis ist somit grundsätzlich erforderlich. Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG entfällt die Erlaubnis, wenn eine Baugenehmigung erforderlich ist. Die Belange des Denkmalschutzes sind dann im Rahmen des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens zu prüfen (Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO).

b) Die Baugenehmigung für die beantragte großformatige Wechselwerbeanlage wurde in rechtlich zulässiger Weise nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG abgelehnt. Nach dieser Norm kann die Erlaubnis versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Die Wirkung eines Denkmals hängt dabei ganz wesentlich von der Gestaltung seiner Umgebung ab, so dass die Ziele des Denkmalschutzes häufig nur erreicht werden können, wenn auch die Umgebung eines denkmalgeschützten Gebäudes entsprechend beschränkt wird (vgl. VG Ansbach, U.v. 19.7.2016 – AN 9 K 15.01225 – juris Rn. 25; VG München, U.v. 24.3.2010 – M 9 K 09.3305). Neue Bauten müssen sich zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen, noch unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Aber sie müssen sich an dem vom Denkmal gesetzten Maßstab messen lassen, dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen (BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – BayVBl 2014, 23 Rn. 26). Bei dieser Beurteilung ist in erster Linie auf den Wissens- und Kenntnisstand sachverständiger Kreise abzustellen (BayVGH, B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 5; BayVGH B.v. 15.1.2002 – 14 ZB 00.3360 – juris).

Während des baurechtlichen Verfahrens wurden die Untere Denkmalschutzbehörde sowie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege beteiligt. Das Landesamt für Denkmalpflege hat zum beantragten Vorhaben Stellung genommen und ausgeführt, dass die Genehmigung aus denkmalfachlicher Sicht nicht möglich sei. Da die Werbeanlage auf Höhe des dritten Obergeschosses angebracht werden solle, sei sie in der Hauptansicht des Baudenkmals von Norden und Osten sichtbar und beeinträchtige damit das Einzelbaudenkmal in seinem Charakter und seiner Wirkung. Zudem sei eine nachteilige Wirkung auf das Ensemble Altstadt gegeben. Die Werbeanlage sei an diesem Standort aufgrund ihrer Größe und Anbringungshöhe ein neues, fremdes Element und verursache eine massive Störung.

Die Kammer schließt sich dieser fachlichen Einschätzung aufgrund der Erkenntnisse aus dem Augenscheinstermin an. Die beantragte Werbeanlage wirkt am geplanten Standort als Fremdkörper. Insbesondere aufgrund ihrer Hinterleuchtung und technischen Ausgestaltung als getaktete Wechselwerbeanlage wirkt sie sich auf das Erscheinungsbild des Einzelbaudenkmals und des Ensembles Altstadt negativ aus. Der Abstand des beantragten Vorhabens zum Einzelbaudenkmal beträgt nur ca. 20 m. In der Blickrichtung von Osten nach Westen wird die Wirkung des Baudenkmals durch die geplante Werbeanlage erheblich beeinträchtigt. Eine derartige großformatige, hinterleuchtete Wechselwerbeanlage für Fremdwerbung stellt in diesem Bereich des Ensembles Altstadt zudem einen erstmaligen, negativen Bezugsfall dar, der zu einer erheblichen Veränderung des Erscheinungsbildes führen würde. Die Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass sich die bisherige Werbung im Wesentlichen auf den Erdgeschossbereich der Gebäude bzw. auf Schriftzüge am Obergeschossbereich beschränkt und zudem Werbung am Ort der Leistung darstellt. Das Logo „...“ stellt hierbei zwar eine Ausnahme dar. Dieses ist als Schriftzug mit kleinformatigem Logo jedoch weit weniger auffällig als die beantragte großformatige Wechselwerbeanlage und passt sich der vorhandenen Werbung mit Schriftzügen in der Umgebung insoweit an.

3. Die beantragte Werbeanlage ist zudem im Hinblick auf den von der Beklagten zulässigerweise erweiterten Prüfungsmaßstab gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO nicht genehmigungsfähig.

Die Beklagte hat die Erteilung einer Genehmigung für das geplante Vorhaben auch deshalb abgelehnt, weil aus ihrer Sicht die Werbeanlage die Wirkung der Lichtzeichenanlage beeinträchtige und eine Ablenkung durch die Werbeanlage im vorliegenden Fall zu einer konkreten Verkehrsgefährdung führe.

a) Gemäß Art. 14 Abs. 2 BayBO darf die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen und deren Nutzung nicht gefährdet werden.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erfordert Art. 14 Abs. 2 BayBO eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs. Für eine solche konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs ist jedoch nicht die überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass durch die Werbeanlage ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird. Vielmehr liegt eine konkrete Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch eine bauliche Anlage bereits dann vor, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder „bloßer“ Wahrscheinlichkeit ein Verkehrsunfall oder eine Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 – 15 ZB 10.2409 – juris). Geht es um die Gefährdung von Leben und Gesundheit als hochrangige Rechtsgüter, sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (vgl. VG Ansbach, U.v. 2.6.2017 – AN 9 K 16.469 – juris Rn. 17; VG Augsburg, U.v. 16.12.2015 – Au 4 K 15.869 – juris).

b) Gemessen an diesen Maßstäben ist in Bezug auf die beantragte Werbeanlage mit einer solchen hinreichenden, bloßen Wahrscheinlichkeit vom Eintritt eines Verkehrsunfalls oder einer Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft auszugehen. Zwar sind die Verkehrsteilnehmer in einem innerörtlichen, zum Teil gewerblich geprägten Bereich an das Vorhandensein von Werbeanlagen in der Regel gewöhnt (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2012 – 9 ZB 11.2280 – juris Rn. 10). Vorliegend besteht jedoch eine besondere Verkehrssituation an einer stark befahrenen, mehrspurigen Kreuzung, die eine besondere Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer erfordert.

Nach den Erkenntnissen des Augenscheins handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Kreuzung um einen stark befahrenen Bereich. Im Bereich der Ampelanlage, in unmittelbarer Sichtnähe zur geplanten Werbeanlage, verfügt die Straße über fünf Spuren. Dieser Bereich ist zudem stark von Fußgängern und Radfahrern frequentiert, auf die insbesondere bei Abbiegevorgängen Rücksicht genommen werden muss. Ungefähr 120 mvor dem geplanten Standort der Werbeanlage kreuzen Fußgänger die Fahrbahn, um die Fußgängerzone in der ...straße zu erreichen. Im weiteren Fahrtverlauf von Ost nach West erfordern häufige Spurwechsel der Verkehrsteilnehmer erhöhte Aufmerksamkeit. Kurz nach der Kreuzung der Straßen ... – ... müssen sich die Verkehrsteilnehmer bereits für den Abbiegevorgang an der nächsten Kreuzung am ...Platz einordnen. Der Fahrtrichtungsanzeiger hierfür befindet sich unmittelbar vor dem Standort der geplanten Werbeanlage. Eine Ablenkung der Fahrzeugführer durch die geplante hinterleuchtete und getaktete Wechselwerbeanlage erscheint insgesamt hinreichend wahrscheinlich. Durch die hohe Anzahl an Fußgängern in diesem Bereich ist die Gefährdung von Leben und Gesundheit zudem wahrscheinlicher, als dies in anderen innerörtlichen Bereichen der Fall sein mag. Die Kammer ist daher der Ansicht, dass die von der obergerichtlichen Rechtsprechung vorgegebenen Voraussetzungen für eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs vorliegen. Gerade aufgrund der geplanten Ausführung als Wechselwerbeanlage ist davon auszugehen, dass das Vorhaben die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer in einem nicht mehr verkehrsverträglichen Umfang auf sich zieht (im Gegensatz zu statischen Plakatanschlagtafeln, vgl. hierzu BayVGH, U.v. 17.11.2008 – 14 B 06.3096 – juris Rn. 20).

Auch die Polizeiinspektion ... hat in ihrer Stellungnahme vom 25. Juli 2016 ausgeführt, dass der zur Tag- und Nachtzeit stark frequentierte Knoten eine erhöhte Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer erfordere. Insbesondere der Linksabbiegeverkehr von der Straße ... in die ... werde mit erheblichem Fußgängerverkehr konfrontiert. Durch die Sicht auf die Werbeanlage während des Abbiegevorgangs könne die Konzentration der Fahrzeuglenker beeinträchtigt werden. Zudem werde die Wirkung der Lichtzeichenanlage durch die Werbeanlage beeinträchtigt. Im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 24. Juli 2016 seien im Bereich des Knotens 29 Verkehrsunfälle polizeilich aufgenommen worden.

Für die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Verkehrsunfalls oder einer Verkehrsbehinderung ist es diesbezüglich nicht erforderlich, dass der Konzentration erfordernde Verkehrsbereich bereits einen Unfallschwerpunkt darstellt. Eine Art Probephase, ob sich bei einer Genehmigung einer Werbeanlage Unfälle mit schwerwiegenden Folgen ereignen können, verbietet sich angesichts der Gefährdung der hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit auch in Abwägung mit den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 – 15 ZB 10.2409 – juris Rn. 5).

4. Da sich das beantragte Bauvorhaben bereits aus diesen Gründen als unzulässig darstellt, kann offen bleiben, ob der Erteilung der beantragten Baugenehmigung noch weitere, im Genehmigungsverfahren zu prüfende, öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen stehen.

Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 7 Kerngebiete


(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. (2) Zulässig sind 1. Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,2. Einzelhandelsbetriebe, Sch

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 33 Verkehrsbeeinträchtigungen


(1) Verboten ist 1. der Betrieb von Lautsprechern,2. das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,3. außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,wenn dadurch am Verkehr Teilneh

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(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Verboten ist

1.
der Betrieb von Lautsprechern,
2.
das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße,
3.
außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton,
wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Auch durch innerörtliche Werbung und Propaganda darf der Verkehr außerhalb geschlossener Ortschaften nicht in solcher Weise gestört werden.

(2) Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.

(3) Ausgenommen von den Verboten des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und des Absatzes 2 Satz 2 sind in der Hinweisbeschilderung für Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen und für Autohöfe die Hinweise auf Dienstleistungen, die unmittelbar den Belangen der am Verkehr Teilnehmenden auf den Bundesautobahnen dienen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage von der Beklagten die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung einer beidseitigen Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der kommerziellen Werbung, ihr Gewerbebetrieb besteht in der Errichtung und Vermietung von Werbeträgern.

Das Baugrundstück in der Straße ..., die die Ortsdurchfahrt der Bundesstraße ... (B ...) bildet, zwischen den Hausnummern ... und ..., FlNr. ..., der Gemarkung ... in der Gemeinde ..., steht im Eigentum von Herrn ... Es grenzt im Norden an die B ..., die dort von Westen kommend nach Südosten eine Rechtskurve beschreibt, und ist in diesem an die Straße grenzenden Teil bis auf eine Hinweistafel für ein Hotel (auf dem angrenzenden Grundstück FlNr. ...) unbebaut. Auf dem westlich angrenzenden Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... befindet sich eine „...“-Tankstelle.

Mit Bauantrag vom 12. Februar 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Errichtung einer beidseitigen Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung“ auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... in der Gemeinde ... Die Werbetafel soll freistehend mit einer Höhe von 3,80 m und einer Breite von ebenfalls 3,80 m ausgeführt werden, wobei ihre Standfüße eine Höhe von 1,20 m aufweisen. Die Gesamtwerbefläche soll 9,36 m2 betragen.

In der Bauakte befinden sich zwei Bildmontagen, auf der einen ist entlang der westlichen Grenze des Tankstellengrundstücks FlNr. ... im Bereich der B ... eine Werbeanlage in das Bild geschnitten, auf der anderen, welche den Prüfstempel der Beklagten trägt, findet sich eine solche einretuschierte Werbeanlage auf dem sonst unbebauten Grundstück FlNr. ...

Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 teilte das Staatliche Bauamt ... mit, dass die Straße, an der die Werbeanlage errichtet werden solle, die Ortsdurchfahrt der Bundesstraße ... bilde. Da das Bauvorhaben lediglich einen Abstand von 6,0 m vom Fahrbahnrand einhalte, beurteile es sich straßenrechtlich nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FStrG. Es seien daher insbesondere folgende Anforderungen zu stellen: Die bestehende straßenseitige Gebäudeflucht dürfe als vordere Baugrenze nicht überbaut werden, sie müsse zum Fahrbahnrand einen Abstand von 6 m einhalten, dürfe nicht in Signalfarben, d. h. grellen Farben, ausgeführt werden, so dass es nicht zu einer Verwechslung mit amtlichen Verkehrszeichen bzw. -einrichtungen komme, die Sichtverhältnisse an der Grundstücksausfahrt dürften nicht beeinträchtigt und der Verkehr nicht behindert werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben des Staatlichen Bauamtes ... vom 18. Februar 2015 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, den Bauantrag abzulehnen. Ihr wurde Gelegenheit bis zum 14. August 2015 gegeben, um sich hierzu zu äußern. Aus dem in der Bauakte befindlichen E-Mail-Schriftverkehr geht hervor, dass die Klägerin zunächst die Anbringung der Werbeanlage an einem anderen Ort, nämlich direkt entlang des Tankstellengrundstücks ins Spiel brachte. Zuletzt wurde jedoch mit E-Mail vom 1. Juli 2015 um den Erlass eines rechtsmittelfähigen Ablehnungsbescheids zu dem ursprünglichen Baugesuch gebeten.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2015, der Klägerin ausweislich Postzustellungsurkunde am 11. Juli 2015 zugegangen, versagte die Beklagte die Erteilung der Baugenehmigung für das beantragte Vorhaben. Zur Begründung wird ausgeführt, das beantragte Vorhaben stelle als ortsfeste Anlage der Wirtschaftswerbung eine bauliche Anlage im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BayBO dar, deren Errichtung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig sei. Es sei jedoch nicht genehmigungsfähig, da ihm öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstünden, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen seien. Das Vorhaben befinde sich in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet (WA), die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richte sich demnach nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO. Die beantragte Plakatanschlagtafel sei hier als Anlage der Fremdwerbung und damit als selbstständig zu beurteilende gewerbliche Hauptnutzung allgemein nicht zulässig. Obwohl dies nicht ausdrücklich beantragt worden sei, habe die Beklagte auch eine Zulassung im Wege der Ausnahme geprüft, jedoch verneint. Eine ausnahmsweise Zulässigkeit könne sich aus § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ergeben, wenn die Plakatanschlagtafel als sonstiger, nicht störender Gewerbebetrieb zu beurteilen sei. Maßgeblich sei hier der Begriff der Gebietsverträglichkeit, für den alle mit dem Betrieb typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung zu berücksichtigen seien, auch optische Beeinträchtigungen, soweit sie bodenrechtliche Relevanz hätten. Im vorliegenden Fall werde die Werbeanlage mit einer Gesamthöhe von 3,8 m und einer Gesamtwerbefläche von 9,36 m2 am vorgesehenen Standort als störend für die Wohnruhe angesehen, insbesondere sei von einer erheblichen Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes durch die Lage an einer ortsbildprägenden Sichtachse, nämlich der viel befahrenen B ... auszugehen. Bei der Ermessensentscheidung sei auch berücksichtigt worden, dass ausnahmsweise zugelassene Vorhaben quantitativ deutlich hinter der Regelbebauung zurückbleiben müssten, und von ihnen keine prägende Wirkung auf das Gebiet ausgehen dürfte. Insbesondere dürfe eine Ausnahme versagt werden, wenn durch sie eine Entwicklung eingeleitet werde, die zu einer Beeinträchtigung der Eigenart des Baugebiets führen könnte. Die Zulassung des Vorhabens an der viel befahrenen B ..., welche als Werbestandort attraktiv sei, würde eine negative Vorbildwirkung für weitere Fremdwerbeanlagen haben und einen sogenannten „Trading-Down-Effekt“ einleiten. Hinzu komme, dass das Vorhaben sich in unmittelbarer Sichtbeziehung zu den Einzelbaudenkmälern ... bzw. ... befinde, die mit den Beschreibungen „Gasthof, zweigeschossiger Walmdachbau, Mittelrisalit mit Zwerchgiebel, mit Lisenen- und Geschossgliederung, 1851“ und „Wohngebäude, zweigeschossiger giebelständiger Satteldachbau, mit Fachwerkobergeschoss und Fachwerkgiebel, frühes 18. Jahrhundert; Scheune, eingeschossiger Satteldachbau mit Fachwerkgiebel, 19. Jahrhundert“ in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege kartiert seien. Diese würden durch die Werbeanlage teilweise überdeckt. Damit dränge sie sich als Fremdkörper gleichzeitig optisch stark in den Vordergrund und wirke auf das überlieferte Erscheinungsbild offensichtlich negativ ein. Ein Erhaltungsinteresse bestehe bei jedem Denkmal auch im Hinblick auf seine äußere Erscheinung und Wahrnehmbarkeit. Aus diesen Gründen spreche im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an einer Vermeidung dieser städtebaulich unerwünschten Entwicklung gegen die Erteilung einer Ausnahme.

Die Versagung stütze sich des Weiteren auf Art. 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 DSchG, weil das Bauvorhaben das Erscheinungsbild der genannten Einzelbaudenkmäler beeinträchtige. Daher werde von dem Recht Gebrauch gemacht, die Baugenehmigung gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 DSchG zu versagen.

Die geplante Werbeanlage führe darüber hinaus zu einer Verunstaltung des Straßen- und Ortsbildes nach Art. 8 Satz 2 BayBO. In dem streitgegenständlichen Bereich der B ... befänden sich insgesamt fünf Einzelbaudenkmäler (..., ..., ... und zwei Gebäudeteile, welche dem Objekt ... zugerechnet werden könnten), diese würden durch eine Zulassung der Werbeanlage gestalterisch und städtebaulich zum Werbestandort herabgestuft, weil sie als wesensfremdes Gebilde in keiner Beziehung zu ihrer Umgebung stünde.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28. Juli 2015, bei Gericht am 30. Juli 2015 eingegangen, hat die Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage erhoben. Zur Begründung lässt sie vortragen, ihr stehe ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zu, da dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstünden. Die Plakatanschlagtafel stelle als Anlage der Fremdwerbung eine selbstständige gewerbliche Hauptnutzung dar, die nach § 34 Abs. 2 i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB und § 4 Abs. 3 Satz 2 BauNVO im Wege der Ausnahme als sonstiger, nicht störender Gewerbebetrieb zuzulassen sei, da insbesondere von seiner Gebietsverträglichkeit auszugehen sei. Die Werbefläche werde auf dem Tankstellengrundstück errichtet, auf dem auch die Überdachung der Tanksäulen und die Preispylone in auffälligem Rot gehalten seien, zudem befänden sich dort weitere kleine Werbeschilder. Sie werde von vorüberfahrenden Kraftfahrern als ein Ensemble wahrgenommen, welches man unabhängig vom angrenzenden Wohngebiet betrachten müsse. Die Werbeanlage solle dergestalt errichtet werden, dass sie die Grenze des Tankstellengrundstücks markiere. Dort wirke sie alleine im Zusammenhang mit der Tankstelle und habe keinen störenden Einfluss auf die Wohnruhe. Im Zusammenhang mit der auffälligen Tankstelle trete sie vielmehr zurück und entfalte daher keine prägende Wirkung auf das Gebiet oder verändere den Nutzungscharakter des Baugebiets in seiner gesetzlichen Typik. Ein „Trading-Down-Effekt“ könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets könne sich nur aus dem Vorhaben selbst, nicht jedoch aus seinen befürchteten Folgewirkungen ergeben. Auch aus denkmalschutzrechtlichen Gründen habe die Baugenehmigung nicht versagt werden dürfen. Die von der Beklagten angeführten Baudenkmäler würden von einem Vorbeifahrenden nämlich erst bei Einfahrt in die Rechtskurve - und damit nach Passieren der Werbeanlage - wahrgenommen bzw. andersherum, wenn er die B ... in westlicher Richtung befahre. Auch eine Verunstaltung der Umgebung liege nicht vor. Da die Werbeanlage sich auf dem Grundstück der Tankstelle, welche für sich schon sehr auffällig gehalten sei, befinde, stelle sie gerade kein wesensfremdes Gebilde dar, das in keiner Beziehung zu seiner Umgebung stehe.

Die Klägerin beantragt:

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 9. Juli 2015 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Baugenehmigung zur Errichtung einer beidseitigen Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung auf dem Grundstück FlNr. ..., Gemarkung ..., zu erteilen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Klage sei unbegründet, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletze. Das Vorhaben sei an seinem geplanten Anbringungsort nicht genehmigungsfähig. Dieser befinde sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf dem Tankstellengrundstück; bei dem Grundstück FlNr. ... handele es sich um ein nur in Teilen bebautes Grundstück mit einer Größe von 4.834 m2, welches nicht im Eigentum des Tankstellenbetreibers stehe, sondern zu dem angrenzenden Hotel gehöre und als dessen Parkplatz diene. Zwischen dem Tankstellengebäude und dem geplanten Aufstellungsort lägen mindestens 30 m unbebauter Fläche. Es sei offensichtlich, dass die Werbeanlage für aus Westen kommende Verkehrsteilnehmer in direkter Sichtbeziehung zu den Einzelbaudenkmälern ... und ... stünde. Im Übrigen verweist sie auf ihre rechtlichen Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2015 räumte die Klägerin ein, dass sich der geplante Anbringungsort der Werbeanlage nicht auf dem Tankstellengrundstück, sondern auf dem Nachbargrundstück FlNr. ... befinde. Dies ändere gleichwohl nichts an der rechtlichen Beurteilung, da die Werbeanlage nach wie vor als Ensemble mit der Tankstelle wahrgenommen werde, und ihr äußeres Erscheinungsbild daher in Verbindung mit dieser zu beurteilen sei. Ein Zusammenhang mit den denkmalgeschützten Gebäuden bestehe nicht, diese würden auch zu einem beträchtlichen Teil durch Bäume und Sträucher verdeckt.

Mit Schriftsatz vom 7. September 2015 erwiderte die Beklagte, die Werbeanlage werde aufgrund der räumlichen Distanz von mindestens 30 m nicht in Verbindung mit der Tankstelle wahrgenommen, von einem Ensemble könne keine Rede sein. Auch bewirke die vorhandene Bepflanzung vegetationsbedingt keine ganzjährige Abschirmung der Einzelbaudenkmäler und sie könne durch den Eigentümer jederzeit entfernt werden.

Am 19. Juli 2016 hat die Kammer durch Einnahme eines gerichtlichen Augenscheins Beweis über die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... und in der näheren Umgebung erhoben und mündlich verhandelt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Behörden- und der Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift des gerichtlichen Augenscheins und der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Der ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ihr steht ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für die Errichtung einer beidseitigen Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... in der Gemeinde ... nicht zu.

Bei dem beantragten Vorhaben handelt es sich um eine ortsfeste Anlage der Wirtschaftswerbung, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO als eigenständige bauliche Anlage gilt. Für ihre Errichtung bedarf die Klägerin gemäß Art. 55 BayBO einer Baugenehmigung. Diese muss die Bauordnungsbehörde nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. BayBO erteilen, wenn das Vorhaben keinen öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. gibt der Baugenehmigungsbehörde jedoch die Möglichkeit, den Bauantrag auch dann abzulehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Anwendung findet vorliegend das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO, weil es sich bei der Werbeanlage um keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt. Zu prüfen sind daher die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 ff. BauGB) und die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Hinzu kommen im vorliegenden Fall die Anforderungen des Denkmalschutzes. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO bestimmt, dass solche öffentlich-rechtlichen Anforderungen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen sind, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird. So verhält es sich auch mit den Anforderungen des Denkmalschutzes. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DSchG bedarf der (denkmalschutzrechtlichen) Erlaubnis, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann. Hiernach ist eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflichtigkeit im vorliegenden Fall zu bejahen, da die geplante Werbeanlage in unmittelbarer Nähe zu den Einzelbaudenkmälern auf den Grundstücken FlNrn. ... und ... Gemarkung ... errichtet werden soll. Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG entfällt die Erlaubnis, da eine Baugenehmigung erforderlich ist - die Überprüfung wird Bestandteil des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens. Nachdem die Beklagte die Ablehnung des Bauantrags auch auf das Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO gestützt und insofern von dem ihr eingeräumten Ablehnungsrecht in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. BayBO Gebrauch gemacht hat, ist auch diese Vorschrift Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung.

Ob sich die geplante Werbeanlage nach der Art der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügt, kann offenbleiben.

Jedenfalls hat die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Werbeanlage aufgrund von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG abgelehnt. Die Norm erlaubt es der Denkmalschutz- bzw. - wenn die Überprüfung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens erfolgt - der Baugenehmigungsbehörde, den Antrag auf Errichtung einer Anlage abzulehnen, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbildes oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen. Erscheinungsbild bedeutet, inwieweit das Baudenkmal von einem Betrachter unverstellt wahrgenommen werden kann, und inwieweit es also durch seine optische Präsenz wirken kann. Die Ausstrahlungswirkung eines Denkmals kann dabei auch ganz wesentlich von der Gestaltung seiner Umgebung abhängen, so dass die Ziele des Denkmalschutzes im Einzelfall häufig nur erreicht werden können, wenn auch die Umgebung eines denkmalgeschützten Gebäudes entsprechend beschränkt wird (so VG München, U. v. 24.3.2010 - M 9 K 09.3305). Von einer Beeinträchtigung dieses Erscheinungsbildes kann man dementsprechend nicht erst dann ausgehen, wenn ein verunstaltender Zustand hervorgerufen wird - die Anforderungen des Art. 8 BayBO sind insofern höher. Primär soll das Denkmalschutzrecht gewährleisten, dass die jeweilige besondere Wirkung eines Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeugnis der Zeitgeschichte oder als bestimmtes städtebauliches Element auf den Betrachter ausübt, in seiner Wirkung nicht geschmälert wird. Neue Bauten müssen sich zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen, noch unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Aber sie müssen sich an dem vom Denkmal gesetzten Maßstab messen lassen und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 22 B 12.1741; U. v. 24.1.2013 - 2 BV 11.1631).

Insbesondere aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Augenscheins geht die Kammer davon aus, dass die Zulassung der beantragten Werbeanlage zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes der Baudenkmäler auf den Grundstücken FlNrn. ... und ... führen würde. Für den auf der B ... aus Westen kommenden Betrachter würde die Werbeanlage an ihrem geplanten Anbringungsort aufgrund der räumlichen Distanz von über 30 m gerade nicht mehr eine Einheit mit der „...“-Tankstelle bilden und nur mit dieser wahrgenommen werden, sondern sie befände sich mit einem Abstand von unter 20 m in der direkten Sichtachse zu den Einzelbaudenkmälern auf den Grundstücken FlNrn. ... und ... und würde diese aufgrund ihrer Abmessungen und ihrer Anbringungshöhe nahezu vollständig verdecken. Gerade diese Blickachse ist bislang aufgrund der größeren Entfernung zwischen dem Tankstellengrundstück und dem Grundstück FlNr. ... noch unverstellt. Diese Blickachse wird auch durch die von der Klägervertreterin benannte Hinweistafel, die sich direkt neben dem geplanten Anbringungsort befindet, aufgrund ihrer deutlich geringeren Fläche nicht wesentlich vorbelastet. Auch schadet die Tatsache nicht, dass entlang der Grenze zwischen den Grundstücken FlNrn. ... und ... Büsche und Sträucher gepflanzt sind, welche den Blick zur Vegetationszeit zum Teil verdecken, weil deren Bestand rechtlich nicht gesichert ist, der Grundstückseigentümer sie also jederzeit entfernen kann, und weil dieser Zustand naturgemäß nicht während des gesamten Jahres anhält. Im Übrigen trägt ihr Grün trotz der teilweisen Verdeckung des Baudenkmals nicht unerheblich zu einem harmonischen Gesamtbild bei. Auch dringt das Argument der Klägerin nicht durch, bei der verdeckten Seite handele es sich nicht um die „Schauseite“ des Baudenkmals. Für die Bewertung der Schutzwürdigkeit eines Baudenkmals, auch seines Erscheinungsbildes, ist auf den Wissens- und Erkenntnisstand von sachverständigen Betrachtern abzustellen, weil nur sie über die notwendigen Kenntnisse und Informationen verfügen, um in objektivierbarer Weise Gründe für ein über den persönlichen Bereich hinausgehendes Interesse an der Erhaltung eines Bauwerks herauszuarbeiten (vgl. BayVGH, B. v. 13.5.2015 - 1 ZB 13.1334; U. v. 21.2.1985 - 26 B 80 A.720). Die Kammer schließt sich der fachlichen Bewertung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege an, welches die Gebäude als Baudenkmäler in die Denkmalliste eingetragen hat. Das Erscheinungsbild der Baudenkmäler wird im vorliegenden Fall nahezu vollständig verdeckt, durch eine gewerbliche Nutzung regelrecht übertönt und damit erheblich beeinträchtigt. Allein hieraus lassen sich gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des früheren Zustandes ableiten. Über ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen hinausgehende Gesichtspunkte, die diese legitimen Belange des Denkmalschutzes aufwiegen bzw. überwiegen könnten, hat die Klägerin nichts vorgetragen.

Die im Rahmen der Ablehnungsentscheidung von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung ist, soweit sie einer Überprüfung durch das Gericht unterliegt (§ 114 Satz 1 VwGO), nicht zu beanstanden.

Die Frage der Verunstaltung nach Art. 8 BayBO kann dahinstehen.

2.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Gründe

Aktenzeichen: Au 4 K 15.869

Gericht: VG Augsburg

Urteil

16. Dezember 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 990

Hauptpunkte: Doppelseitige Werbeanlage auf Monofuß; Überschreitung einer faktischen Baugrenze (bejaht); Gefährdung von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, bejaht wegen Unfallhäufungsstelle und schlechter Einsehbarkeit an einem Überweg für Fußgänger und Fahrradfahrer

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

gegen

...

- Beklagte -

beteiligt: ...

wegen Errichtung einer Werbeanlage

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... ohne mündliche Verhandlung am 16. Dezember 2015 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die geplante Errichtung einer doppelseitigen Werbeanlage.

Mit Datum vom 26. Januar 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für eine beleuchtete, doppelseitige Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (... 33 /... Straße 75). Die Werbetafel des Typs „City-Star-Board“ hat Ausmaße von ca. 3,89 m x 2,87 m (Breite x Höhe) und soll auf einem 2,50 m hohen Monofuß errichtet werden. Ein Bebauungsplan besteht nicht.

Mit Datum vom 6. Februar 2015 nahm das Amt für Tiefbau und Verkehr der Beklagten Stellung. Im entsprechenden Formblatt war angekreuzt, dass das Vorhaben abzulehnen sei. Zur Begründung wurde angegeben, die geplante Anlage befinde sich direkt im Bereich der Lichtsignalanlage ... Straße /..., einem Bereich, der von Verkehrsteilnehmern die volle Aufmerksamkeit erfordere. Darüber hinaus sei von Westen her kommend eine Wegweisungsbeschilderung vorhanden. Bei dieser Kreuzung handele es sich zudem um eine Unfallhäufungsstelle, bei der zusätzliche Ablenkungen nicht akzeptiert werden könnten.

In den Akten befindet sich ferner ein Vermerk über eine jährliche Sitzung der Unfallkommission am 4. Dezember 2014, wobei Unfallhäufungen aus den Jahren 2009 bis 2011 betrachtet wurden. Thematisiert wurden unter anderem Linksabbiegeunfälle im Bereich „... /... Straße“.

Ferner findet sich eine Gesprächsnotiz der Beklagten in den Akten, wonach die Lage der beantragten Werbeanlage nach Rücksprache mit der Polizei dahingehend beurteilt werde, dass die Anlage auch unbeleuchtet abzulehnen sei, da aufgrund der nachgewiesenen erheblichen Unfallzahlen an dieser Kreuzung keine weitere Verschlechterung der Situation durch Ablenkung in Form einer zusätzlichen großflächigen Werbetafel stattfinden dürfe. Die Aufmerksamkeit, die für Linksabbieger aus der ... Straße erforderlich sei, werde durch die Werbeanlage negativ beeinflusst. Sowohl die Polizei als auch das Verkehrsamt der Beklagten lehnten die Anlage aus diesen Gründen ab.

Mit Schreiben vom 16. März 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig sei. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung werde eine faktische Baugrenze überschritten, die durch das Hauptgebäude ... Straße 33 nach Norden definiert werde. Das Vorhaben trete wesentlich von der maßgebenden Bebauung hervor und füge sich folglich nicht bezüglich der überbaubaren Grundstücksflächen in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Ferner sei das Vorhaben auch wegen der festgestellten Unfallhäufungsstelle nicht akzeptabel.

Mit Schreiben vom 24. März 2015 trat die Klägerin den von der Beklagten geltend gemachten Versagungsgründen im Einzelnen entgegen.

Daraufhin wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten mit Datum vom 17. April 2015 aus straßenverkehrlicher Sicht „nach nochmaliger Ortseinsicht und Abstimmung mit der Polizei“ eine Stellungnahme dahingehend abgegeben, dass auch die Errichtung einer unbeleuchteten Werbeanlage abgelehnt werde.

Mit Bescheid vom 3. Juni 2015 lehnte die Beklagte den Baugenehmigungsantrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung überschreite das Vorhaben eine faktische Baugrenze. Auch aus verkehrsrechtlichen Gründen sei die Anlage abzulehnen. Die Anlage befinde sich direkt im Bereich der Lichtsignalanlage ... Straße /..., der von den Verkehrsteilnehmern die volle Aufmerksamkeit erfordere. Von Westen her sei zusätzlich eine Wegweisungsbeschilderung vorhanden. Es handele sich um eine Unfallhäufigkeitsstelle, bei der zusätzliche Ablenkungen nicht akzeptiert werden könnten.

Die Klägerin ließ am 18. Juni 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag,

die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 3. Juni 2015, Az. ..., zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines doppelseitigen City-Star-Boards auf dem Grundstück ... Straße ..., Gemarkung ..., Fl.Nr. ... in ... nach Maßgabe der eingereichten Pläne zu erteilen.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Eine einheitliche zurückgesetzte Bebauung, die zu der Annahme führen könnte, es liege eine faktische Baugrenze vor, sei nicht vorhanden. Bei der überbaubaren Grundstücksfläche sei der Rahmen hinsichtlich der prägenden bzw. beeinflussenden Bebauung enger zu bemessen als bei der Art der baulichen Nutzung. Im vorliegenden Fall befinde sich auf dem Baugrundstück ein Gebäude, das in nördlicher Richtung eine Rücklage zum Gehsteig von ca. 5 m bis 10 m aufweise. Östlich hieran schließe die ... Straße an. Weiter östlich folge sodann das Gebäude ... Straße 68, dessen nördliche Außenwand exakt auf gleicher Höhe wie der geplanten Werbeanlage befindlich sei. In diesem Bereich sei direkt an der Straße bereits eine Werbetafel im Euroformat vorhanden, die ca. 35 m weiter nördlich des beantragten Vorhabens, direkt am Gehsteig des ... anschließe. Weiter östlich folgten zunächst unbebaute Grundstücke. In westlicher Richtung grenze an das Baugrundstück das flächenmäßig sehr große Grundstück Fl.Nr. ... an, das zunächst über eine Breite von mehr als 60 m unbebaut sei und dann mit dem Gebäude des ... bebaut sei. Dieses sei nicht parallel zum in südwestlicher Richtung verlaufenden ..., sondern streng in Richtung Norden ausgerichtet und weise zum ... hin - bedingt durch Anbauten und einen zum Gebäude um 45 Grad verschwenkten Baukörper - eine äußerst heterogene Bautiefe auf. Die Umgebung werde damit durch die vorhandenen Freiflächen entscheidend geprägt. Eine Bauflucht sei nicht erkennbar. Soweit die Umgebung bebaut sei, sei ebenfalls keine einheitliche Bauflucht erkennbar. Damit könne von einer faktischen Baugrenze keine Rede sein. Es handele sich vielmehr um eine ausgesprochen heterogene Bebauung, sowohl was das Maß der baulichen Nutzung angehe als auch was die vorhandenen Bautiefen und die Ausrichtung zum Straßenkörper hin angehe. Ein maßstabbildender Rahmen aus dem die geplante Werbeanlage hinausfallen könne, sei nicht vorhanden.

Selbst dann, wenn das Vorhaben ohne Vorbild wäre müsse davon ausgegangen werden, dass sich das Vorhaben in die vorhandene Bebauung einfüge, da es nicht zu zusätzlichen Spannungen führe. Da sich die Umgebung als intensiv genutztes Gewerbegebiet darstelle, in der die Errichtung einer Werbeanlage ohne weiteres planungsrechtlich zulässig sei, könne von einer wesentlichen Verschlechterung der städtebaulichen Situation, die durch eine völlig ungeordnete und uneinheitliche Bebauung geprägt sei, keine Rede sein.

Mit dem Vorhaben trete auch keine Gefährdung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs ein. Eine Werbeanlage wie die vorliegende ziele nicht darauf ab, die Aufmerksamkeit des Verkehrsteilnehmers länger zu fesseln. Bei der Werbebotschaft einer Fremdwerbeanlage handele es sich regelmäßig um eine reine Suggestiv- bzw. Erinnerungswerbung, die über die unbewusste Wahrnehmung der Werbebotschaft hinaus in der Regel kein Ablenkungspotential darstelle. Hier bestehe ein Unterschied im Vergleich zur Werbung an der Stätte der Leistung. Fremdwerbung solle lediglich bei Gelegenheit der Vorbeifahrt - im wahrsten Sinne des Wortes am Rande - wahrgenommen werden. Der Betrachter einer Fremdwerbetafel könne sich nach Passieren einer Verkehrspassage in der Regel an ein im Unterbewusstsein wahrgenommenes Motiv bzw. ein Markenkennzeichen erinnern, nicht aber daran, eine Werbetafel oder ein Plakat gesehen zu haben. Dies habe die Konsumforschung schon mehrfach erwiesen. Die Entscheidung, die mit der Aufnahme der Werbebotschaft einhergehe, solle dann fallen, wenn ein Kauf anstehe Auswahl den Betrachter angesichts der Ausfall sozusagen vor dem Verkaufsregal beim Anblick der beworbenen Marke ein „kenn ich“ durch den Kopf gehe bzw. ein positiv besetztes Imagebild, das durch das Plakat transportiert werde. Für die Teilnehmer am Straßenverkehr bedeute dies, dass Fremdwerbung in aller Regel überhaupt nicht darauf abziele, dass sich der Verkehrsteilnehmer während der Vorbeifahrt inhaltlich mit ihr beschäftige. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer habe sich mittlerweile an Plakatwerbung der vorliegenden Art an hierfür geeigneten Plätzen gewöhnt.

Im vorliegenden Fall befänden sich zwischen der Lichtzeichenanlage und dem Baugrundstück noch die Abbiegespur vom ... in die ... Straße und der Gehsteig. Die Lichtzeichenanlage befinde sich im Bereich der Geradeausspuren. Damit befinde sich die Werbeanlage sehr deutlich außerhalb der Sichtachse zur Lichtzeichenanlage, nämlich mindestens 8 m bis 10 m von dieser abgerückt. Dadurch sei ausgeschlossen, dass Lichtzeichen überblendet oder sonst wie beeinflusst würden.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 20. Juli 2015,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Vorhaben sei wegen Verletzung einer faktischen Baugrenze planungsrechtlich unzulässig. Der konkrete Standort werde hauptsächlich durch die Gebäude ... Straße 75 und ... 39 sowie von der Verkehrsader ... geprägt. Diesen Gebäuden, zwischen denen sich ein größeres unbebautes Grundstück befinde, sei gemeinsam, da sie sich vom Straßenrand des stark befahrenen ... mindestens ca. 10 m in Rücklage zum Gehsteig befänden. Hierdurch ergebe sich eine Baugrenze. Da die ... Straße eine Zäsur darstelle, sei das von der Klägerin in Bezug genommene Grundstück ... Straße 68 nicht mehr in die maßgebliche Umgebungsbebauung miteinzubeziehen. Das Vorhaben sei auch geeignet, bodenrechtliche Spannungen und eine negative Vorbildwirkung zu erzeugen. Die Bebauung vom ... aus betrachtet stelle sich als zurückhaltend und abstandswahrend im Hinblick auf die stark befahrene Verkehrsader dar. Eine Monofuß-Werbeanlage würde dieses einheitliche Bild zerstören und Unruhe in die diskrete Bebauung bringen. Schließlich komme der streitgegenständlichen Anlage negative Vorbildwirkung zu. Auch sei das objektivrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt.

Außerdem würde das Vorhaben gegen Art. 14 BayBO verstoßen, da Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt seien. Die Kreuzung sei, wie aus den Akten ersichtlich, eine Unfallhäufungsstelle. Eine Ablenkung durch eine Werbeanlage könne nicht akzeptiert werden. Der ... sei an der betreffenden Stelle vierspurig. Zwischen der geplanten Werbeanlage und den beiden Geradeausspuren sowie der unfallträchtigen Linksabbiegespur liege die extra abgehende Rechtsabbiegespur, so dass insbesondere die Geradeausfahrer und Linksabbieger durch die Werbeanlage zu einer Blickausrichtung nach rechts und damit weg vom unfallträchtigen Kreuzungspunkt verleitet würden. Durch die geplante Beleuchtung würde der Ablenkungseffekt noch verstärkt. Eine Gefahr sei jedoch auch ohne Beleuchtung gegeben. Die notwendige erhöhte Aufmerksamkeit aufgrund der Lichtsignalanlage, insbesondere der Fußgänger- und Fahrradampel, lasse sich nicht vereinbaren mit der Blickabwendung des Verkehrsteilnehmers Richtung Werbeanlage, auch wenn dies zwar kurzzeitig, aber in unmittelbarer Nähe zur Lichtsignalanlage erfolge.

Die von der Klägerin in Bezug genommene vorhandene Werbeanlage im südöstlichen Teil der Kreuzung sei nicht genehmigt worden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege daher nicht vor. Außerdem liege diese Werbeanlage außerhalb der maßgeblichen unmittelbaren Umgebungsbebauung.

Am 11. August 2015 nahm der Berichterstatter das Vorhabengrundstück und die nähere Umgebung in Augenschein.

Mit Schriftsatz vom 26. August 2015 nahm die Klägerin weiter Stellung. Der Augenschein habe gezeigt, dass keine faktische Baugrenze vorhanden sei. Hierfür reiche es nicht aus, wenn auf einem der benachbarten Grundstücke die Bebauung zurückgesetzt sei. Eine faktische Baugrenze liege auch dann nicht vor, wenn die Bebauung in der näheren Umgebung überwiegend oder sogar insgesamt mehr oder weniger hinter die Straßenbegrenzungslinie zurücktrete. Vielmehr müssten die tatsächlichen Verhältnisse planersetzend sein und müsse die Bebauung insofern eine gewisse Homogenität erkennen lassen. Eine Linie, die keine Planmäßigkeit erkennen lasse, gewissermaßen im Zickzack verlaufe, stelle keine faktische Baugrenze im Rechtssinne dar. Im vorliegenden Fall sei die Umgebung entscheidend durch die westlich an das Baugrundstück angrenzende Parkanlage und das Klinikgebäude geprägt, das zweifellos mit dem Gebäude ... Straße 75 keine einheitlich zurückversetzte Bebauung mit planersetzendem Charakter bilde. Auf dem Grundstück ... Straße 68 befinde sich ein Wirtshaus, dessen nördliche Giebelwand sich auf gleicher Höhe wie die beantragte Werbeanlage befinde. Die Werbeanlage wirke sich auch optisch auf dieses aus. Auch Richtung Norden liege angesichts der heterogenen Bebauung keine faktische Baugrenze vor.

Auch eine Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs trete nicht ein. Die Unfälle beträfen vornehmlich den Linksabbiegerverkehr aus der ... Straße in den .... Diese Verkehrsteilnehmer verfügten jedoch über eine eigene ampelgeregelte Abbiegespur. Im Zeitpunkt des Abbiegens befinde sich die geplante Werbeanlage nicht nur weit außerhalb von deren Sichtfeld, sondern diese Verkehrsteilnehmer könnten bei der Einfahrt in die Kreuzung aus Richtung Nordwesten kommend die in Richtung Südwesten und Nordosten ausgerichtete Werbeflächen überhaupt nicht wahrnehmen. Allenfalls die Seitenansicht der Werbeanlage sei wahrnehmbar, welche aber kein Ablenkungspotential darstelle. Die Werbeanlage trete insgesamt erst in den Blick, wenn sich die Verkehrsteilnehmer bereits orientiert und sich in die richtige Spur eingeordnet hätten.

Mit Schreiben vom 8. bzw. 16. September 2015 wiederholten und vertieften die Parteien nochmals ihre Ausführungen zur maßgebenden Umgebungsbebauung und zu einer Verkehrsgefährdung.

Die Klägerin erklärte sich beim Ortstermin, die Beklagte im Schreiben vom 8. September 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung. Dem Bauvorhaben stehen Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO; unten 1.). Das Bauvorhaben verstößt ferner gegen sonstige öffentlichrechtliche Vorschriften, auf die sich die Beklagte berufen hat (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO; unten 2.). Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 3. Juni 2015 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1.Im hier vorliegenden unbeplanten Innenbereich muss sich ein Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Dies ist wegen der Überschreitung einer faktischen Baugrenze durch die beantragte Werbeanlage nicht der Fall.

Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen. Dabei ist der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstückfläche maßgebliche Bereich in der Regel enger zu ziehen als derjenige für die Ermittlung der zulässigen Art der Nutzung (vgl. nur BayVGH, B.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 - juris Rn. 13 m. w. N.).

Nicht mehr in den maßgeblichen Bebauungszusammenhang einzubeziehen ist danach die von der Klägerin angeführte Bebauung östlich der ... Straße. Ob einer Straße bezüglich des maßgeblichen Bebauungszusammenhangs trennende Wirkung zukommt, ist - wie letztlich die Bestimmung der „näheren Umgebung“ im Sinne des § 34 BauGB überhaupt - im jeweiligen Einzelfall festzustellen. Anerkannt ist insoweit beispielsweise ein Abstellen auf die Funktion der Straße, ihren Ausbauzustand und ihre Breite (vgl. BayVGH, B.v. 4.9.2009 - 1 ZB 08.967 - juris Rn. 11 und 13). Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt der ... Straße trennende Wirkung zu.

Die Gesamtsituation des Vorhabengrundstücks und insbesondere des geplanten Standorts der Werbeanlage ist zunächst von der großräumigen und stark befahrenen Kreuzung zwischen ... und ... Straße geprägt. Der Durchmesser des Kreuzungsbereichs liegt, selbst wenn nur die dort mehrspurigen Fahrbahnen berücksichtigt werden, bei ca. 50 Metern. Schon deshalb muss davon ausgegangen werden, dass sich der jeweilige Bebauungszusammenhang nicht über die einzelnen Achsen der Kreuzung (Straßenzüge) hinaus erstreckt. Die ... Straße selbst weist auf Höhe des geplanten Standorts ebenfalls allein mit ihren Fahrbahnen eine Breite von über 20 Metern auf. Auf Höhe der bestehenden Bebauung auf dem Vorhabengrundstück liegt die Breite immer noch bei über 15 Metern. Werden die Gehsteige hinzugezählt, ergeben sich entsprechend höhere Werte. Ferner weist die ... Straße im fraglichen Bereich der geplanten Anlage drei Fahrspuren stadtauswärts (je eine für Linksabbieger, Geradeausfahrer und Rechtsabbieger) sowie eine - breite - Fahrspur stadteinwärts auf. Hinzu kommt jedenfalls auf Höhe der geplanten Anlage das Ende der Rechtsabbiegerspur aus dem ... stadteinwärts. Schließlich dient die ... Straße an dieser Stelle als Verbindung zum Zentrum der Beklagten, insbesondere auch vom mehrspurig um die Innenstadt herumführenden .... Entsprechende Beschilderungen befinden sich an der Kreuzung für Verkehrsteilnehmer aus allen drei in Betracht kommenden Richtungen (Westen, Norden, Osten). Maßgeblich abzustellen ist daher auf den Bereich südlich des ... und westlich der ... Straße.

In Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche kann zur Konkretisierung der Anforderungen des § 34 Abs. 1 BauGB auf die Bestimmungen des § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 - juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 7.7.2004 - 26 B 03.2798 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 15 ff.). Danach fügt sich die beantragte Werbeanlage nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil eine faktische Baugrenze besteht, die gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO nicht überschritten werden darf. Die Anlage soll in unmittelbarem Anschluss an den südlichen Geh- und Radweg des ... errichtet werden. Damit wird bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche der sich aus der näheren Umgebung ergebende Rahmen verlassen.

Auf dem Vorhabengrundstück selbst ist die Bebauung vom ... (einschließlich des zugehörigen Geh- und Radwegs) um mehrere Meter zurückversetzt. Westlich schließt sich das ausgreifende Grundstück FlNr. ... mit zunächst einer Grünfläche bzw. parkähnlichen Nutzung an, die zu dem darauffolgenden, ebenfalls auf diesem Grundstück errichteten ... gehört. Dessen Gebäude weist zwar hinsichtlich seiner äußeren Form und Ausrichtung vermutlich bewusste architektonische Besonderheiten auf (kreuzähnliche Form, strenge Nord-Süd-Ausrichtung, Nordende mit um 45 Grad gedrehtem quadratförmigem Obergeschoss). Auch dieses Gebäude ist jedoch klar vom ... zurückversetzt. Der weiter westlich folgenden Bebauung kommt angesichts der erheblichen Entfernung zum Vorhabengrundstück (ca. 150 Meter und mehr) keine prägende Wirkung mehr zu; ohnehin ist auch bei dieser Bebauung eine Rückversetzung festzustellen. Auf die sich auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindlichen, näher zum ... gelegen Garagen käme es nicht an, weil insoweit lediglich auf die Hauptanlagen abzustellen ist (OVG NRW, U.v. 29.7.2003 - 10 B 1057/03 - BauR 2004, 314 - juris Rn. 10).

Zwar verlangt die Feststellung einer faktischen Baugrenze hinreichende Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte Situation; die tatsächlich vorhandene Bebauung und die hieraus zu folgernde Baugrenze - mit der Folge einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche - dürfen kein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert sein (vgl. jüngst VG Augsburg, U.v. 29.10.2015 - Au 5 K 15.351 - UA Rn. 39 unter Hinweis auf OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 13.3.2013 - OVG 10 B 4.12 - juris Rn. 45 und auf VG München, U.v. 18.6.2015 - M 11 K 14.1181 - juris Rn. 30). Ähnliches ergibt sich aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung, wonach die tatsächlichen Verhältnisse planersetzend sein müssen und die Bebauung insofern eine gewisse Homogenität erkennen lassen muss.

Von einer lediglich zufälligen Konstellation ohne städtebaulichen Aussagewert oder planersetzenden Charakter kann hier jedoch keine Rede sein. Die Bebauung ist südlich des ... in der gesamten maßgeblichen näheren Umgebung und sogar darüber hinaus von dieser Straße etliche Meter zurückversetzt. Ein „Zufallsprodukt“ liegt nicht vor. Vielmehr stellt eine von einer derart ausgebauten und stark befahrenen Straße zurückversetzte Bebauung ein wesentliches und prägendes Element dar, dem auch eine eigene städtebauliche Aussage zukommt. Würde der fragliche Bereich mit einem Bebauungsplan überplant, würde es sich geradezu aufdrängen, die durchweg vorhandene Zurückversetzung mittels einer Baugrenze planerisch festzuschreiben. Dass sich zwischen dem Gebäude ... 33 /... Straße 75 auf dem Vorhabengrundstück und dem ... zunächst keine Bebauung, sondern eine Grünanlage befindet, spricht nicht gegen die erforderliche (gewisse) Homogenität, sondern belegt in besonderem Maße das dort faktisch herrschende Prinzip, dass bauliche Anlagen nicht direkt an den ... stoßen.

Eine ausnahmsweise Zulässigkeit nach der überbaubaren Grundstücksfläche - wegen harmonischer Beziehung zur vorhandenen Bebauung (vgl. BVerwG, B.v. 4.2.1986 - 4 B 7/86 u. a. - NVwZ 1986, 740- juris Rn. 4) - ist vorliegend nicht ersichtlich, da die Werbeanlage frontal unmittelbar an der vorderen Grundstücksgrenze mit unmittelbarer Ausrichtung der Werbetafel auf den ... (West-Ost-Richtung) und insbesondere den bisher von Bebauung freien Bereich errichtet werden soll. Als erstes Vorhaben dieser Art im maßgeblichen Bereich außerhalb der faktischen Baugrenze würde die Anlage die ihr vorgegebene Situation gleichsam in Bewegung bringen und damit „Unruhe“ entstehen lassen (BVerwG, B.v. 23.7.1993 - 4 B 59/93 - juris Rn. 4).

2.Dem Vorhaben steht ferner Art. 14 Abs. 2 BayBO entgegen, wonach die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen nicht gefährdet werden darf. Die Vorschrift ist zwar nicht Gegenstand des hier einschlägigen Prüfprogramms des Art. 59 BayBO. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO durfte die Beklagte den Bauantrag jedoch auch wegen der Verletzung von öffentlichrechtlichen Vorschriften ablehnen, die nicht im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 27.10.2011 - 15 ZB 10.2409 - juris Rn. 6; B.v. 24.2.2003 - 2 CS 02.2730 - juris Rn. 16) wird die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs - konkret - gefährdet, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder - anders ausgedrückt - „bloßer“ Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass durch die Anlage ein Verkehrsunfall verursacht wird oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird, insbesondere ein Durchschnittskraftfahrer durch sie abgelenkt wird. Der Nachweis, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist oder eine hohe Wahrscheinlichkeit hierfür sind nicht erforderlich. Zur Annahme einer Gefahrenlage genügt daher die Feststellung, dass die konkrete Situation die Befürchtung nahelegt, dass - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die zu bekämpfende Gefahrenlage eintritt. Geht es dabei um die Gefährdung von Leben und Gesundheit, sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen.

In Anwendung dieser Grundsätze, der auch die Kammer namentlich in jüngerer Zeit in Bezug auf die Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch Werbeanlagen gefolgt ist (VG Augsburg, U.v. 10.6.2015 - Au 4 K 14.1686 bzw. Au 4Au 4 K 15.168 - juris Rn. 34 bzw. Rn. 26; U.v. 12.8.2015 - Au 4 K 15.298 - juris Rn. 20), liegt eine Gefährdung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 BayBO durch die streitgegenständliche Werbeanlage vor.

Nach den nachvollziehbaren von der Beklagten im Genehmigungsverfahren eingeholten - einschließlich polizeilichen (vgl. Bl. 41 des Verfahrensakts) - Stellungnahmen handelt es sich bei der vorliegenden Kreuzung ... /... Straße schon bisher um eine Unfallhäufungsstelle, so dass keine weitere Verschlechterung der Situation durch Ablenkung stattfinden dürfe. Derartige Stellungnahmen sind zwar weder für die Genehmigungsbehörde noch für das Gericht bindend; sie haben jedoch namentlich angesichts der Sach- und Problemnähe der örtlichen (polizeilichen) Dienststellen eine nicht unerhebliche Aussagekraft (vgl. VG Augsburg, U.v. 12.8.2015 - Au 4 K 15.298 - juris Rn. 22). In tatsächlicher Hinsicht wird dies dadurch untermauert, dass es in den Jahren 2009 - 2011 (aktuellere Zahlen lagen im Zeitpunkt des Genehmigungsverfahrens nicht vor) zu Unfällen mit insgesamt sechs Verletzten gekommen ist (Bl. 39 des Verfahrensakts).

Ist aber eine Gefährdung des hochrangigen Rechtsgutes Gesundheit nicht „nur“ wahrscheinlich, sondern ist es bereits im Rahmen der bisherigen Situation immer wieder zu einer Verletzung dieses Rechtsguts gekommen, sind die Anforderungen an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts weiter gemindert. Erst recht braucht nicht in einer Art „Probephase“ zugewartet werden, ob bei einer Veränderung der Situation (Genehmigung und Errichtung der Werbeanlage) eine weitere Verschlechterung etwa dahin gehend eintritt, dass es zu häufigeren oder gar schwerwiegenderen Unfällen kommt. Ein solches Vorgehen verbietet sich angesichts der Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter auch in Abwägung mit den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin. Dies gälte selbst dann, wenn es sich bisher nicht um einen Unfallschwerpunkt handelte (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 - 15 ZB 10.2409 - juris Rn. 5 unter Verweis auf OVG NRW, U.v. 17.4.2002 - 10 A 4188/01 - BauR 2002, 1231).

Vor diesem Hintergrund spielt es auch keine entscheidende Rolle, dass sich an der in Rede stehenden Kreuzung bisher vor allem die Linksabbiegevorgänge von der ... Straße in den ... als problematisch erwiesen haben, die Werbetafel aber senkrecht zum ... ausgerichtet sein soll. Ist das Verkehrsgeschehen an einer - stark befahrenen - Kreuzung ausweislich des Unfallgeschehens in der Vergangenheit bereits derart komplex und erfordert demzufolge die volle Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer, ist es nicht sachgerecht, bezüglich der Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs lediglich einige spezifische Verkehrsvorgänge herauszugreifen und zu prüfen, ob sich gerade für diese eine Erschwernis oder Verschlechterung ergibt. Bei einer derartig großen und stark befahrenen Kreuzung betrifft zwangsläufig das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers bzw. ein Verkehrsvorgang auch andere, selbst wenn sich diese Vorgänge bisher nicht gesondert als problematisch erwiesen haben.

Im Übrigen kann die streitgegenständliche Werbeanlage aufgrund ihrer Platzierung und Ausrichtung durchaus auch Relevanz für Linksabbiegevorgänge aus der ... Straße haben. So beginnt der Linksabbiegevorgang für die aus Richtung Süden kommenden Verkehrsteilnehmer auf der ... Straße bereits mit dem Einordnen in die Linksabbiegerspur, deren Beginn deutlich südlich des Standorts der Anlage liegt, so dass die Anlage während des Vorgangs noch - seitlich - in den Blick geraten kann. Auch die Geradeausfahrer aus Richtung Norden haben jedenfalls in der Mitte der Kreuzung einen schräg seitlichen Blick auf die Anlage. Gerade sie benötigen aber wegen der Linksabbieger aus Richtung Süden an dieser Stelle die volle Aufmerksamkeit. Ein Nachweis, dass die Situierung der Anlage tatsächlich zu einer Verkehrsgefährdung führt, ist dabei - wie ausgeführt - nicht erforderlich.

Ferner hat sich im Zuge des Ortstermins herausgestellt, dass die Werbeanlage für Rechtsabbieger vom ... aus Richtung Westen in die ... Straße in Richtung Süden wegen der Bepflanzungen, insbesondere Bäumen, auf dem genannten Grundstück Fl.Nr. ... erst kurz vor der Kreuzung, während des Rechtsabbiegevorgangs, (vollständig) sichtbar würde. An dieser Stelle ist jedoch die volle Aufmerksamkeit von Rechtsabbiegern nötig, weil Fußgänger und Fahrradfahrer den Rechtsabbiegestreifen aus Richtung Norden queren, hierfür jedoch keine eigene Lichtsignalregelung besteht. Es liegt nach der Lebenserfahrung nahe, dass Fahrradfahrer, aber auch Fußgänger aus Richtung Norden, denen die Lichtsignalanlage für die Querung des eigentlichen ... grünes Licht zeigt, versuchen werden, „in einem Zug“ die Kreuzung vollständig zu überqueren, einschließlich der genannten Rechtsabbiegerspur. Gerade aufgrund der Tatsache, dass sich diese Rechtsabbiegespur am Ende des Querungsvorgangs befindet und des Umstands, dass hier keine Regelung durch eine Lichtsignalanlage stattfindet, haben Autofahrer - die ausweislich der Beschilderung Radfahrern Vorfahrt zu gewähren haben - hier besonders darauf zu achten, ob sich von links ein querender Radfahrer nähert. Damit ist eine unvermittelt auf der rechten Seite in den Blick rückende Werbeanlage nicht zu vereinbaren.

Die Kammer vermag in rechtlicher Hinsicht den Ausführungen der Klägerin zu der Wirkungsweise der von ihr geplanten Werbeanlage nicht zu folgen. Werbepsychologisch bzw. im Bereich der Konsumforschung mag es zutreffen, dass Verkehrsteilnehmer von Anlagen der vorliegenden Art nicht länger „gefesselt“ werden sollen, sondern dass eine vor allem unbewusste Vermittlung der Werbebotschaft bezweckt ist. Letztlich liefe dies jedoch darauf hinaus, Werbeanlagen in aller Regel keine Ablenkungswirkung zuzumessen. Dies findet jedoch so in der Rechtsprechung keine Stütze. Die Klägerin muss sich vielmehr daran festhalten lassen, dass sie die starke Frequentierung der Kreuzung sowie die häufigen Haltevorgänge wegen der Lichtsignalanlagen für ihre Zwecke bzw. diejenigen ihrer Kunden (Erzielung von Aufmerksamkeit; Auffallen) nutzen möchte und damit zumindest in Kauf nimmt, dass sich die Verkehrsteilnehmer nicht mehr ausschließlich auf das Geschehen an der Kreuzung konzentrieren. Es wäre daher widersprüchlich anzunehmen, die Werbeanlage ließe das Verkehrsgeschehen auf der Kreuzung praktisch völlig unberührt. Zudem zeigt die Lebenserfahrung, dass derartige Werbeanlagen durchaus immer wieder auch mit bewusst auffälligen Plakaten versehen werden und dass auch - wie im Bereich der Werbung letztlich selbstverständlich - mit überraschenden oder ungewöhnlichen Gestaltungen und Botschaften gearbeitet wird, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Auf Einschränkungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Werbeplakate hat sich die Klägerin - soweit dies überhaupt praktikabel wäre - nicht festgelegt.

Nicht von Relevanz ist schließlich die bestehende Werbetafel am südöstlichen Kreuzungsrand. Abgesehen davon, dass insoweit der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ gilt, hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, für diese Anlage keine Baugenehmigung erteilt zu haben. Die Beklagte dürfte diesbezüglich über die Einleitung von bauaufsichtlichen Maßnahmen gerade angesichts der von ihr festgestellten Unfallhäufung zu befinden haben, zumal diese Anlage in der Tat insbesondere in den Blick von Linksabbiegern aus der ... Straße (nördliche Richtung) gerät.

Von einer Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Sinne von Art. 14 Abs. 2 BayBO ist nach allem auszugehen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.1.2.3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wobei wegen der Zweiseitigkeit der Werbeanlage der dort ausgewiesene Streitwert zu verdoppeln war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.