Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 28. Jan. 2015 - Au 5 S 14.1817

bei uns veröffentlicht am28.01.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Das Landratsamt ... (im Folgenden Landratsamt) hat der Beigeladenen mit Bescheid vom 10. September 2013, Az: ..., die bauaufsichtliche Genehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... erteilt. Dabei hat das Landratsamt auch Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. „...“, 1. Änderung, in Bezug auf die Dachneigung, die Dachform und die Lage der Tiefgarageneinfahrt erteilt.

Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2014, Az: ..., erteilte das Landratsamt der Beigeladenen die nachträgliche Genehmigung für die Änderung der Lage der Tiefgaragenzufahrt des Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück. In diesem Bescheid hat das Landratsamt auch das zu der Änderung des Standortes der Tiefgarage verweigerte gemeindliche Einvernehmen nach Art. 67 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) ersetzt.

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 13. August 2014, eingegangen bei Gericht per Fernkopie am 13. August 2014, bei Gericht unter dem Az: Au 5 K 14.1193 Klage erhoben und beantragt,

den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamtes vom 17. Juli 2014, Az: ..., aufzuheben.

Die Erhebung der Klage erfolgte nach den Angaben der Antragstellerin im Schreiben vom 13. August 2014 fristwahrend und wurde zunächst nicht begründet.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 stellte die Antragstellerin bei Gericht den Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 13. August 2014 im Verfahren Au 5 K 14.1193 gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 17. Juli 2014 anzuordnen.

Zur Begründung des Antrages hat die Antragstellerin im Wesentlichen ausgeführt, das Wasserwirtschaftsamt ... und ihm folgend das Landratsamt seien auf der Grundlage unvollständiger Baupläne davon ausgegangen, dass die Tiefgaragenzufahrt einen Abstand von ca. 8 m zum Gewässer ... einhalte. Tatsächliche betrage der Abstand des bereits errichteten Bauwerkes zur Uferlinie aber nur zwischen 5,30 m und 6,75 m. Die nachträgliche Genehmigung der Änderung der Lage der Tiefgaragenzufahrt auf dem Grundstück entspreche offensichtlich nicht der tatsächlichen Lage des bereits ausgeführten Vorhabens. Der Beigeladenen fehle es für den angefochtenen Bescheid daher schon am Sachbescheidungsinteresse. Darüber hinaus sei der Bescheid rechtswidrig, da das Landratsamt nicht erkannt habe, dass es eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes hätte erteilen müssen, der in § 3 Abs. 3 seiner textlichen Festsetzungen anordne, dass Gebäude von den Grenzen des Gewässers... entsprechend der festgesetzten Baugrenzen einen Abstand von mindestens 10 m und von den Grenzen des Umlaufgrabens einen Abstand von mindestens 17 m einhalten müssten und Ausnahmen hiervon nur in Bezug auf das südliche Baufenster des Gebietes ..., beim Baufenster für das Wasserkraftwerk und für die Tiefgarageneinfahrt im Gebiet 1 bestünden. Die notwendige Befreiung sei weder beantragt, noch erteilt worden. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung lägen auch nicht vor, da durch sie die Grundzüge der Planung verletzt würden. Dementsprechend müsse die Interessenabwägung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten der Antragstellerin ausgehen. Mit jeder weiteren Baumaßnahme im Zusammenhang mit der Tiefgaragenzufahrt werde deren rechtswidriger Zustand verfestigt und die Durchsetzung einer Beseitigung erschwert. Dem stünden seitens der Beigeladenen allein finanzielle Interessen, die im Hinblick auf die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung geringer zu veranschlagen seien, entgegen. Darüber hinaus habe auch die Allgemeinheit ein Interesse an der Aussetzung der Baumaßnahmen, da die betroffene Festsetzung in erster Linie dem Hochwasserschutz diene.

Mit einem weiteren Schreiben vom 18. Dezember 2014 hat die Antragstellerin auch ihre Klage im Verfahren Au 5 K 14.1193 erstmalig begründet.

Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 9. Januar 2015 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung des Antrages hat der Antragsgegner in dem Schreiben vom 9. Januar 2015 im Wesentlichen vorgetragen, das mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 10. September 2013 und dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17. Juli 2014 genehmigte Bauvorhaben sei fertig gestellt. Deshalb sei nicht ersichtlich, welche schwer rückgängig zu machenden, negativen Folgen eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage rechtfertigen könnten. Unabhängig davon beziehe sich § 3 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes allgemein auf Gebäude. Demgegenüber sei § 6 Abs. 6 Satz 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes, der eine abweichende Regelung für Tiefgaragenzufahrten treffen, die speziellere Regelung. Die Lage der Tiefgaragenzufahrt außerhalb der Baugrenze sei damit allgemein zulässig. Eine Regelung, nach der die speziellen Festsetzungen zur Tiefgaragenzufahrt entlang der ... nicht zur Anwendung kämen, sei dem Bebauungsplan nicht zu entnehmen. Des Weiteren ergebe sich aus der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes vom 22. April 2014, dass trotz des durch die Lageänderung der Tiefgaragenzufahrt verringerten Abstandes zum Gewässer ... keine Bedenken bezüglich der Gewässerunterhaltung bestünden. Davon abgesehen befinde sich das Baugrundstück zwar in einem förmlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet. Das Wasserwirtschaftsamt habe jedoch in einer Stellungnahme vom 28. August 2013 mitgeteilt, dass sich durch die von der Stadt ... vorgenommenen Verbesserungen des Hochwasserschutzes gezeigt habe, dass das Baugrundstück bei einem 100jährigen Hochwasserereignis nicht mehr geflutet werde. Soweit der tatsächliche Abstand zwischen der Tiefgaragenzufahrt und der Ufermauer des Gewässers ... 6,86 m bzw. zwischen dem Tonnengebäude und dem Gewässer ... 5,20 m betrage, entspreche dies weitgehend den genehmigten Planunterlagen.

Ergänzend wird auf die beigezogenen Behördenakte sowie die beigezogene Gerichtsakte im Verfahren Au 5 K 14.1193 sowie die Gerichtsakte im Verfahren Au 5 S 14.1817 Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist unzulässig, da es ihm an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Mit der Fertigstellung einer baulichen Anlage ist regelmäßig das Rechtsschutzinteresse für den begehrten vorläufigen Rechtschutz entfallen, soweit die befürchteten Beeinträchtigungen von der Anlage als solcher ausgehen (vgl. BayVGH, B. v. 29.9.2014 - 2 CS 14.1786 - Rn. 2; BayVGH, B. v. 23.7.2012, 2 CS 12.1063 - juris, BayVGH, B. v. 12.8.2010 - 2 CS 10.26 - juris; BayVGH, B. v. 26.7.2010 - 2 CS 10.465 - juris; BayVGH, B. v. 4.3.2009 - 2 CS 08.3331 - juris; BayVGH, B. v. 20.7.2007 - 2 CS 07.1473 - juris; BayVGH, B. v. 14.6.2007 - 1 CS 07.265).

Diese im Rahmen des nachbarschaftlichen Dreiecksverhältnisses entwickelte Rechtsprechung lässt sich auch auf das Dreiecksverhältnis zwischen Gemeinde, Bauherr und Baugenehmigungsbehörde übertragen. Denn das mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung verfolgte Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist sowohl im Verhältnis Nachbar/Bauherr/Genehmigungsbehörde als auch im Verhältnis Gemeinde/Bauherr/Baugenehmigungsbehörde dasselbe. Dieses Ziel ist jedoch nach der Fertigstellung der baulichen Anlage regelmäßig nicht mehr zu erreichen (vgl. BayVGH, B. v. 29.9.2014 - 2 CS 14.1786 - Rn. 2).

Ausreichend ist insoweit die Fertigstellung des Rohbaus (vgl. BayVGH, B. v. 25.3.2014 - 2 CS 13.2659, 2 CS2 CS 14.13 - juris, Rn. 4; BayVGH, B. v. 26.7.2010 - 2 CS 10.465 - juris Rn. 2). Aus den dem Gericht vom Antragsgegner vorgelegten Lichtbildern vom 11. September 2014 (Bl. 27 und 28 der Gerichtsakten) sowie vom 3. Dezember 2014 (Bl. 30 der Gerichtsakten) ergibt sich für das Gericht hinreichend deutlich, dass die Tiefgaragenzufahrt einschließlich des eingehausten Platzes für die Mülltonnen bereits zum Zeitpunkt des am 19. Dezember 2014 bei Gericht eingegangenen Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 13. August 2014 jedenfalls im Rohbau fertig gestellt war. Dem hat auch die Antragstellerin nicht substantiiert widersprochen.

Ein Fall, in dem ausnahmsweise auch nach Fertigstellung des Rohbaus der baulichen Anlage das Rechtsschutzinteresse im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht entfällt, liegt nicht vor.

Ausnahmsweise kann trotz Fertigstellung des Rohbaus oder des gesamten angegriffenen Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage fortbestehen, falls sich der Nachbar bzw. die betroffene Gemeinde gerade durch die bevorstehende bzw. bereits aufgenommene Nutzung der genehmigten baulichen Anlage vor der Entscheidung im Hauptsacheverfahren in seinen/ihren Rechten verletzt sieht. Dabei ist es jedoch nur gerechtfertigt, bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache die Nutzung der baulichen Anlage im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu unterbinden, wenn die behaupteten Beeinträchtigungen gerade durch die Aufnahme der Nutzung erkennbar und erheblich über das Maß dessen hinausgehen, was der Nachbar oder die betroffene Gemeinde letztlich hinzunehmen haben wird (vgl. BayVGH, B. v. 29.9.2014 - 2 CS 14.1786 - Rn. 3; BayVGH, B. v. 4.3.2009 - 2 CS 08.3331 - juris).

Diesbezüglich hat die Antragstellerin jedoch nichts vorgetragen und sind auch im Übrigen keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich. Die Antragstellerin kann sich nur auf die Verletzung ihrer gemeindlichen Planungshoheit berufen. Auch wenn man eine solche unterstellte, würde die Planungshoheit im vorliegenden Fall bereits mit der Fertigstellung des Rohbaus der Tiefgaragenzufahrt verletzt; eine darüber hinausgehende Verletzung der Planungshoheit durch die Nutzungsaufnahme ist nicht ersichtlich. Die Rechtsstellung der Antragstellerin kann danach durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr verbessert werden. Diese hätte nur zur Folge, dass die Nutzung der baulichen Anlage bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt würde. Eine - unterstellte - Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit würde jedoch durch die bloße Einstellung der Nutzung nicht (mehr) beseitigt (vgl. BayVGH, B. v. 29.9.2014 - 2 CS 14.1786 - Rn. 4).

Soweit der Antragsteller in seinem Schreiben vom 18. Dezember 2014 geltend macht, derzeit fänden weitere Bauarbeiten zur äußeren Gestaltung der Tiefgaragenzufahrt und deren unmittelbarer Umgebung statt, fehlt es auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten Lichtbilder (Bl. 7 bis 11 der Gerichtsakten) nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung an hinreichend konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die Antragstellerin durch solche Bauarbeiten in ihrer gemeindlichen Planungshoheit verletzt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt und sich nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt hat.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Der in der Hauptsache anzusetzende Streitwert in Höhe von 10.000,- EUR wurde im vorliegenden Fall entsprechend der Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes halbiert.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird verworfen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg (§ 146 Abs. 1 VwGO).

1. Der Beschwerde und bereits dem Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Nach dem Vortrag der Beigeladenen vor dem Verwaltungsgericht wurde das mit Bescheid vom 4. Februar 2014 genehmigte Bereitstellungslager bereits vollständig hergestellt und befindet sich im laufenden Betrieb (vgl. Schriftsatz der Beigeladenen vom 16.4.2014 Bl. 12 der Verwaltungsgerichtsakte). Mit der Fertigstellung einer baulichen Anlage ist regelmäßig das Rechtsschutzinteresse für den begehrten vorläufigen Rechtsschutz entfallen, soweit die befürchteten Beeinträchtigungen von der Anlage als solcher ausgehen (vgl. BayVGH, B. v. 20.7.2007 - 2 CS 07.1473 - juris; B. v. 14.6.2007 - 1 CS 07.265 - juris; B. v. 4.3.2009 - 2 CS 08.3331 - juris; B. v. 26.7.2010 - 2 CS 10.465 - juris; B. v. 12.8.2010 - 2 CS 10.26 - juris; B. v. 23.7.2012 - 2 CS 12.1063 - juris; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 66). Diese Rechtsprechung wurde im Rahmen des nachbarschaftlichen Dreiecksverhältnisses entwickelt, lässt sich jedoch auch auf das Dreiecksverhältnis zwischen Gemeinde, Bauherr und Baugenehmigungsbehörde übertragen. Denn das mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung verfolgte Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist sowohl im Verhältnis Nachbar-Bauherr-Baugenehmigungsbehörde als auch im Verhältnis Gemeinde-Bauherr-Baugenehmigungsbehörde dasselbe. Dieses Ziel ist jedoch nach Fertigstellung der baulichen Anlage regelmäßig nicht mehr zu erreichen.

Ausnahmsweise kann trotz Fertigstellung des Rohbaus oder gar des gesamten angegriffenen Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage fortbestehen, falls sich der Nachbar bzw. die betroffene Gemeinde durch die inzwischen aufgenommene Nutzung der genehmigten baulichen Anlage in ihren Rechten verletzt sieht. Es ist jedoch nur gerechtfertigt, bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache die Nutzung der baulichen Anlage im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes zu unterbinden, wenn die behaupteten Beeinträchtigungen erkennbar und erheblich über das Maß dessen hinausgehen, was der Nachbar oder die betroffene Gemeinde letztlich hinzunehmen haben wird (vgl. BayVGH, B. v. 4.3.2009 - 2 CS 08.3331 - juris).

In dieser Hinsicht hat die Antragstellerin jedoch nichts vorgetragen und sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Antragstellerin kann sich nur auf die Verletzung ihrer gemeindlichen Planungshoheit berufen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts wäre die Planungshoheit im vorliegenden Fall mit der Fertigstellung der baulichen Anlage verletzt. Die Rechtsstellung der Antragstellerin kann durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr verbessert werden. Diese hätte nur zur Folge, dass die Nutzung der baulichen Anlage bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt würde. Die Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit würde jedoch durch die bloße Einstellung der Nutzung nicht beseitigt. Aus dem Antragsschriftsatz der Antragstellerin vom 4. April 2014 (Bl. 1 der Verwaltungsgerichtsakte) ist zudem nicht erkennbar, dass diese selbst von einer Perpetuierung der von ihr behaupteten Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit durch die Nutzung der baulichen Anlage ausginge. Die bloße Tatsache, dass im laufenden Betrieb des Bereitstellungslagers laufend Erde angeliefert und anschließend zur Rekultivierung in die in unmittelbarer Nachbarschaft befindliche ehemalige Mülldeponie eingearbeitet wird, führt nicht zu einer weiteren Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit. Diese läge bereits in der Fertigstellung der baulichen Anlage. Eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin durch die Nutzung der baulichen Anlage ist nicht erkennbar.

2. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet. Der Senat sähe nach einer einem Eilverfahren wie diesem angemessenen summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, B. v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ-RR 2009, 581) im Rahmen der von ihm eigenständig zu treffenden Ermessensentscheidung keine Notwendigkeit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Antragstellerin kann die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch ihrem Schutz dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Antragstellerin als Gemeinde kann sich insoweit lediglich auf die verfassungsrechtlich geschützte gemeindliche Planungshoheit als möglicherweise verletztes Recht stützen. Die Klage der Antragstellerin wird aber aller Voraussicht nach erfolglos bleiben, weil der angefochtene Bescheid nicht an einem derartigen Mangel leidet.

Die unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilte Baugenehmigung vom 4. Februar 2014 verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, da das Vorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist. Insbesondere ist die unter Ziffer 2. des Bescheids gemäß § 31 Abs. 2 BauGB erteilte, befristete Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 107 rechtmäßig und verletzt die gemeindliche Planungshoheit der Antragstellerin nicht. Die Baugenehmigung vom 4. Februar 2014 ist insgesamt bis zum 31. Dezember 2015 befristet. Aufgrund dieser Befristung, die im vorliegenden Fall weniger als zwei Jahre beträgt, werden ausnahmsweise die Grundzüge der Planung nicht berührt.

a) Es ist unstreitig, dass das genehmigte Bauvorhaben eines Bereitstellungslagers im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 107 „Grüngürtel entlang der südlichen Gemeindegrenze“ der Antragstellerin steht. Der Bebauungsplan setzt im Bereich des Bauvorhabens eine Fläche für die Forstwirtschaft sowie Sukzessionsflächen fest. Da alleiniges Ziel des Bebauungsplans die Schaffung eines Grüngürtels mit Forst- und Sukzessionsflächen ist, werden durch das Bereitstellungslager grundsätzlich die Grundzüge der gemeindlichen Planung berührt.

Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 1 Abs. 8, § 2 Abs. 1 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 ff. BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den im Baugesetzbuch normierten Voraussetzungen und nur in der dort bestimmten Weise (vgl. §§ 13, 13a BauGB) abgewichen werden darf. Steht die Abweichung von einer Festsetzung in Rede, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich ist, so wird die Grenze für die Erteilung einer Befreiung deshalb nur dann nicht überschritten, wenn die Abweichung nicht ins Gewicht fällt (vgl. OVG Hamburg, B. v. 17.6.2013 - 2 Bs 151/13 - juris; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. Januar 2014, § 31 Rn. 36; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. Januar 2014, § 13 Rn. 18). Eine planwidrige Zwischennutzung stellt den Geltungsbereich eines Plans allenfalls ausnahmsweise, nämlich dann in einer seine Grundzüge berührenden Weise in Frage, wenn Anzeichen die Annahme tragen, diese würden es auch nach Beendigung nicht mehr gestatten, zu dem vom Plangeber auf Dauer gewollten Zustand zurückzukehren (vgl. auch Pietzcker, NVwZ 2001, 968; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2009, 738).

Nach anderer Auffassung (vgl. OVG SH, B. v. 12.6.2014 - 1 ME 67/14 - juris) ist mit § 9 Abs. 2 BauGB die Möglichkeit geschaffen worden, Festsetzungen eines Bebauungsplans zeitweise außer Kraft zu setzen. Damit solle der Gemeinde die Möglichkeit gegeben werden, in einer vom Gemeinderat abwägend verantworteten und im Aufstellungsverfahren zur Diskussion gestellten Weise Zwischennutzungen zu ermöglichen. Eine Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB scheide daher aus. Diese Meinung übersieht jedoch, dass § 9 Abs. 2 BauGB der Gemeinde lediglich in besonderen Fällen, also nicht generell sondern nur in bestimmten Planungssituationen, eine Möglichkeit an die Hand gibt, die Zulässigkeit der nach einem Bebauungsplan festgesetzten und nach § 30 BauGB an sich zulässigen Nutzungen von bestimmten weiteren städtebaulichen Maßnahmen und sonstigen Vorgängen abhängig zu machen. Dies kann bei der Aufstellung des Bebauungsplans oder aber bei einer späteren Änderung oder Ergänzung erfolgen. Dies schließt aber umgekehrt nicht die Möglichkeit einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans im Einzelfall unter den strengeren Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB aus.

Im vorliegenden Fall enthält der Bebauungsplan Nr. 107 keine Befristung im Sinn von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB, welcher im Übrigen erst im Jahr 2004 in das Baugesetzbuch eingefügt wurde. Der Bebauungsplan Nr. 107 stammt hingegen aus dem Jahr 1995. Zu diesem Zeitpunkt war eine derartige Befristung noch nicht möglich.

Der Senat ist mit dem Erstgericht der Auffassung, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise die Grundzüge der Planung nicht berührt sind. Das planerische Grundkonzept der Antragstellerin wird durch die auf weniger als zwei Jahre befristete Baugenehmigung nicht in einer seine Grundzüge berührenden Weise in Frage gestellt, die Anzeichen zur Annahme enthielte, dass auch nach Beendigung der Befristung eine Rückkehr zum vom Plangeber auf Dauer gewollten Zustand nicht mehr möglich wäre. Das Baugrundstück wurde bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 107 und auch danach landwirtschaftlich genutzt. Im gesamten Plangebiet wurde mit der Umsetzung der Festsetzungen (Flächen für Forstwirtschaft und Sukzessionsflächen) bis heute nicht begonnen. Auch ist weder eine Absicht noch eine konkrete Planung für die Umsetzung der Festsetzungen von Seiten der Antragstellerin vorgetragen worden. Die Festsetzungen, deren Umsetzung ohnehin mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde, da die Flächen überwiegend aufgeforstet werden sollen, können in weiten Teilen des Plangebiets ohne Einschränkung umgesetzt werden. Lediglich im Bereich des Baugrundstücks wäre die Antragstellerin an der Umsetzung für einen Zeitraum von weniger als zwei Jahren gehindert. Auch die Verpflichtung in der Baugenehmigung, nach Fristablauf den bisherigen Zustand - also landwirtschaftliche Nutzfläche - wieder herzustellen, beeinträchtigt die Umsetzung der planerischen Ziele der Antragstellerin nicht auf Dauer. Zum einen ergibt sich für die Beigeladene aus dem Bebauungsplan Nr. 107 keine Pflicht zur Umsetzung der gemeindlichen Planung. Umgekehrt hat auch die Antragstellerin aus dem Bebauungsplan keinen Anspruch auf eine Aufforstung des Baugrundstücks. Zum anderen steht die Wiederherstellung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche dem Planungsziel einer Aufforstung nicht entgegen. Diese kann auch bei einer landwirtschaftlichen Nutzfläche jederzeit umgesetzt werden. Anders wäre dies beispielsweise bei einer großflächigen Bebauung. Im Ergebnis ist daher nicht zu erkennen, dass die genehmigte Nutzung eine Rückkehr zu dem vom Plangeber auf Dauer gewollten Zustand unmöglich machen würde.

Im Übrigen bestehen angesichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 25.6.2013 - 4 CN 4/13 - juris) Zweifel an der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 107. Auf Flächen für Wald nach § 9 Abs. 1 Nr. 18b BauGB können danach wegen der Sperrwirkung des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB keine landschaftspflegerischen Maßnahmen festgesetzt werden. Durch Planzeichen werden hier auf den Flächen für Forstwirtschaft ausdrücklich ein Eichen-Kiefern-Wald sowie ein Eichen-Hainbuchen-Wald festgesetzt. Ein exaktes Pflanzschema ist ausdrücklich Bestandteil des Bebauungsplans Nr. 107. § 9 Abs. 1 Nr. 18b BauGB ermöglicht jedoch lediglich eine Festsetzung „Wald“, enthält aber keine Befugnis zur Konkretisierung dieses Begriffs. Zwar kann gemäß Nr. 12.2. der Anlage zur Planzeichenverordnung eine bestimmte Zweckbestimmung entsprechend den Vorschriften der §§ 1 und 11 ff. BWaldG i. V. m. Art. 10 bis 12 BayWaldG (Schutzwald, Bannwald, Erholungswald) Gegenstand bauplanerischer Festsetzungen sein. Hieraus lassen sich laut Bundesverwaltungsgericht (vgl. U. v. 25.6.2013 - 4 CN 4/13 - juris) jedoch keine Befugnisse zur Festsetzung bestimmter Baumarten ableiten.

b) Der Antragsgegner hat das verweigerte Einvernehmen der Antragstellerin rechtsfehlerfrei gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ersetzt.

Bei der Entscheidung über eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB handelt es sich zwar um eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen ist aber dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben (Art. 40 BayVwVfG). Für die Ermessenserwägungen kommen nur Gründe mit städtebaulichem Bezug in Betracht (vgl. BayVGH, U. v. 24.3.2001 - 2 B 11.59 - juris). Für die Ausübung des Ermessens besteht allerdings wenig Raum, wenn die recht detailliert bestimmten Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben sind. In der Regel reduziert sich das Ermessen auf Null, wenn dem Vorhaben nicht zumindest gleichgewichtige Belange entgegenstehen (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.2002 - 4 C 13/01 - juris). Städtebauliche Gründe, welche hier eine ermessensgerechte Versagung der Befreiung rechtfertigen könnten, sind aber weder substantiiert vorgetragen noch zu erkennen. Vielmehr ist bereits nicht zu erkennen, ob die Antragstellerin in ihrem Beschluss vom 14. Januar 2014 überhaupt ein Ermessen ausgeübt hat. Der umfangreich protokollierte Beschluss enthält im Sachvortrag keinerlei Hinweise auf eine Ermessensausübung. Es wird lediglich apodiktisch auf den Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans verwiesen. Eine Auseinandersetzung mit den Interessen der Beigeladenen und der zeitlichen Befristung der Maßnahme findet nur insoweit statt, als auf Widersprüche hinsichtlich der Befristung aufmerksam gemacht wird.

Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 4. Februar 2014 hingegen ausführlich seine Ermessensentscheidung sowohl hinsichtlich der Erteilung der Befreiung als auch hinsichtlich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens begründet.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.