Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 02. März 2017 - Au 1 V 17.79

published on 02/03/2017 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 02. März 2017 - Au 1 V 17.79
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Gericht

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Tenor

I. Dem Antragsgegner wird für den Fall, dass er seinen Tierbestand nicht bis spätestens 7. April 2017 auf die in der Ziffer I. des Vergleichs vom 13. März 2015 genannte Anzahl an Tieren reduziert, ein Zwangsgeld in Höhe von 100,- EUR je Tier, das über diese Anzahl hinausgeht, angedroht.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsgegner bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis … Nach mehreren Beanstandungen wegen tierschutzrechtlicher Mängel verpflichtete das Landratsamt … den Antragsgegner mit Bescheid vom 23. Mai 2014 dazu, den Tierbestand seiner Rinderhaltung zu begrenzen. Weiterhin untersagte es ihm, darüber hinaus landwirtschaftliche Nutztiere zu halten und zu betreuen. Hiergegen ließ der Antragsgegner am 10. Juni 2014 durch seine Bevollmächtigte Klage erheben (Au 1 K 14.889). In diesem Verfahren wurde zunächst ein Gutachten eingeholt, welches zu dem Ergebnis kam, dass der Betrieb des Antragsgegners angesichts seiner Personalausstattung in der Lage ist, einen Tierbestand von 75 Milchkühen sowie zusätzlich einer Nachzucht in der Größenordnung von 100 Tieren ordnungsgemäß zu bewirtschaften. In der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2015 schlossen die Beteiligten dann einen Vergleich, in welchem sich der Antragsgegner verpflichtete, seinen Tierbestand ab 1. Mai 2015 auf 75 Milchkühe, 3 Bullen und 90 Stück Nachzucht zu reduzieren (Ziffer I. des Vergleichs).

Am 18. Januar 2017 beantragte das Landratsamt … die Vollstreckung dieser Verpflichtung durch das Gericht. Zur Begründung trug es vor, bei einer Betriebskontrolle am 7. November 2016 durch den Veterinärdienst sei festgestellt worden, dass der Rinderbetrieb des Antragsgegners einen Tierbestand von insgesamt 126 Milchkühen, 3 Bullen und 87 Stück Nachzucht zu verzeichnen gehabt habe. Der Antragsgegner halte neben seinen Tieren auch Tiere, die in der HI-Tierdatenbank auf seinen Neffen gemeldet seien. Das Landratsamt gehe aber davon aus, dass der Antragsgegner der tatsächliche Tierhalter aller Tiere sei. Weiter wurde vorgetragen, dass bei einer weiteren Kontrolle der Rinderhaltung am 18. Januar 2017 insgesamt 199 Tiere vorgefunden worden seien (136 aus dem Bestand des Antragsgegners sowie 36 aus dem Bestand seines Neffen).

Der Antragsteller

bittet das Gericht um die Einleitung entsprechender Vollstreckungsmaßnahmen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung trägt seine Bevollmächtigte vor, es komme aus Sicht des Antragsgegners nur darauf an, welche Tiere sein Eigentum seien. Ob er neben seinen Tieren auch Tiere auf seinem Hof untergebracht habe, die auf seinen Neffen gemeldet seien oder nicht, spiele keine Rolle. Zum Zeitpunkt der Kontrolle habe der Antragsgegner 175 Rinder gehalten, davon 61 Kühe. Es könne also sein, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle ein paar Tiere zu viel gehalten worden seien. Fakt sei, dass überzählige Tiere zwischenzeitlich nicht mehr vorhanden seien.

Ergänzend wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte (auch im Verfahren Au 1 K 14.889) sowie der beigezogenen Behördenakten.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg und führt zu der im Tenor ausgesprochenen Zwangsgeldandrohung.

1. Gegenstand des Antrags ist die begehrte Vollstreckung der Verpflichtung des Antragsgegners aus der Ziffer I. des gerichtlichen Vergleichs vom 13. März 2015 im Verfahren Au 1 K 14.889.

2. Dem Antrag war zu entsprechen.

Die Vollstreckung soll vorliegend zu Gunsten der öffentlichen Hand erfolgen, so dass gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) maßgebend sind. Vollstreckungsbehörde ist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 VwGO der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs.

Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind erfüllt. Der gerichtliche Vergleich vom 13. März 2015 stellt nach § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO einen Vollstreckungstitel dar. Ausweislich der Gerichtsakten im Verfahren Au 1 K 14.889 wurde dieser den Bevollmächtigten des Antragsgegners am 30. März 2015 zugestellt.

Ebenso sind die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt. Die Zulässigkeit des Zwangs folgt aus § 6 VwVG, da der am 13. März 2015 geschlossene Vergleich auf die Vornahme einer Handlung gerichtet ist. Zulässiges Zwangsmittel ist gemäß § 9 Abs. 1 b) VwVG das Zwangsgeld. Die Ersatzvornahme erscheint derzeit noch untunlich (§ 11 Abs. 1 VwVG), da die Reduzierung des Tierbestands sinnvoll nur durch den Antragsgegner selbst erfolgen kann. Letztlich muss er selbst entscheiden, von welchen Tieren er sich trennt, um die Verpflichtung aus dem Vergleich zu erfüllen. Die Höhe des Zwangsgelds beträgt gemäß § 11 Abs. 3 VwVG bis zu 25.000 EUR. Nach § 13 Abs. 1 VwVG muss das Zwangsmittel angedroht werden.

Zuletzt hat der Antragsgegner die ihm obliegenden Verpflichtungen aus der Ziffer I. des Vergleichs vom 13. März 2015 nicht innerhalb der festgelegten Frist erfüllt. Seine Bevollmächtigte trägt hierzu selbst vor, dass am 7. November 2017 mehr Tiere gehalten wurden, als dies nach dem Vergleich zulässig ist. Keine Rolle spielt es dabei angesichts des eindeutigen Wortlauts des Vergleichs, ob die Tiere „versehentlich“ oder absichtlich gehalten wurden. Angesichts der im Vergleich eingegangenen Verpflichtung wäre es Aufgabe des Antragsgegners gewesen, nachhaltig und ernsthaft dafür zu sorgen, dass die genannten Tierzahlen nicht überschritten werden. Nicht zu folgen vermag das Gericht auch der Auffassung des Antragsgegners, es wäre nur auf diejenigen Tiere abzustellen, die in seinem Eigentum stehen. Im Vergleich vom 13. März 2015 hat sich der Antragsgegner verpflichtet, „seinen Tierbestand“ zu reduzieren. Auf die Frage des Eigentums wird an keiner Stelle eingegangen, weder für das Gericht noch für die Beteiligten war es maßgebend, wer zu welchem Zeitpunkt letztlich Eigentümer der Tiere ist. Vielmehr sollte die Frage geregelt werden, wieviel Tiere insgesamt auf dem Hof des Antragsgegners gehalten werden dürfen. Diese Auslegung wird auch durch einen Blick auf den dem Verfahren zu Grunde liegenden Bescheid gestützt. Darin wurde der Antragsgegner verpflichtet, seinen Tierbestand zu reduzieren, ihm 13 wurde die Haltung weiterer Tiere untersagt. Auch daraus ergibt sich eindeutig, dass es darum ging, dem Antragsgegner nur eine bestimmte Anzahl von Tieren auf seinem Hof zuzugestehen. Auch das vom Gericht eingeholte Gutachten hat sich ganz ausdrücklich mit der Frage beschäftigt, welcher Tierbestand auf dem Hof des Antragsgegners vertretbar ist. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die vom Antragsgegner gehaltenen Tiere nun tatsächlich in seinem Eigentum stehen oder nicht. Entscheidend war also stets, wie viele Tiere der Antragsgegner -unabhängig vom Eigentum - auf seinem Hof hält und versorgt. Die Summe dieser Tiere stellt „seinen Tierbestand“ dar. Hinzu kommt, dass vorliegend alles dafür spricht, dass ein Teil der Tiere des Antragsgegners lediglich formal auf den Neffen übertragen wurden. Den nachvollziehbaren und für das Gericht überzeugenden Ausführungen des Antragstellers hierzu im Schreiben vom 13. Januar 2017 ist der Antragsgegner in keiner Weise entgegengetreten. Damit geht das Gericht davon aus, dass der Antragsgegner die Tiere nach wie vor versorgt, den wirtschaftlichen Nutzen zieht und in jeder Hinsicht für sie verantwortlich ist. Mit der lediglich formalen Übertragung des Eigentums kann sich der Antragsgegner aber nicht der im Vergleich vom 13. März 2015 eingegangenen Verpflichtung entziehen. Nach Auffassung des Gerichts ist er nach wie vor verantwortlicher Halter bzw. Betreuer der Tiere, die damit seinem Tierbestand zuzurechnen sind.

Der Antragsgegner ist durch das fehlende Eigentum an einem Teil der Tiere auch nicht daran gehindert, der Verpflichtung aus dem Vergleich nachzukommen. Soweit er mehr Tiere in seinem Bestand hält, als dies zulässig ist, kann er seiner Verpflichtung nach wie vor dadurch nachkommen, dass er Tiere abgibt, die in seinem Eigentum stehen.

Auch im Übrigen ist nichts vorgetragen oder ersichtlich, was es dem Antragsgegner unmöglich oder unzumutbar machen würde, die im Vergleich eingegangene Verpflichtung zu erfüllen.

Die vom Gericht für die Erfüllung der Vergleichsverpflichtung festgesetzte Frist von etwa einem Monat erscheint angemessen und ausreichend, um den Tierbestand auf das zulässige Maß zu reduzieren.

3. Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Vollstreckt wird1.aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,2.aus einstweiligen Anordnungen,3.aus gerichtlichen Vergleichen,4.aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,5.aus den für vollstreckbar erklärten Schieds

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein soforti
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published on 26/06/2017 00:00

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt. II. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. März 2017 ist wirkungslos geworden. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gr
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Annotations

(1) Soll zugunsten des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbands, einer Gemeinde oder einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Vollstreckungsbehörde im Sinne des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ist der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs; er kann für die Ausführung der Vollstreckung eine andere Vollstreckungsbehörde oder einen Gerichtsvollzieher in Anspruch nehmen.

(2) Wird die Vollstreckung zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen, so ist sie nach landesrechtlichen Bestimmungen durchzuführen.

(1) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus gerichtlichen Vergleichen,
4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,
5.
aus den für vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen öffentlich-rechtlicher Schiedsgerichte, sofern die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist.

(2) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

(1) Kann eine Handlung durch einen anderen nicht vorgenommen werden und hängt sie nur vom Willen des Pflichtigen ab, so kann der Pflichtige zur Vornahme der Handlung durch ein Zwangsgeld angehalten werden. Bei vertretbaren Handlungen kann es verhängt werden, wenn die Ersatzvornahme untunlich ist, besonders, wenn der Pflichtige außerstande ist, die Kosten zu tragen, die aus der Ausführung durch einen anderen entstehen.

(2) Das Zwangsgeld ist auch zulässig, wenn der Pflichtige der Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu dulden oder zu unterlassen.

(3) Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt bis zu 25 000 Euro.

(1) Die Zwangsmittel müssen, wenn sie nicht sofort angewendet werden können (§ 6 Abs. 2), schriftlich angedroht werden. Hierbei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der Vollzug dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn der sofortige Vollzug angeordnet oder den Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(3) Die Androhung muß sich auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen. Unzulässig ist die gleichzeitige Androhung mehrerer Zwangsmittel und die Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen mehreren Zwangsmitteln vorbehält.

(4) Soll die Handlung auf Kosten des Pflichtigen (Ersatzvornahme) ausgeführt werden, so ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt, wenn die Ersatzvornahme einen höheren Kostenaufwand verursacht.

(5) Der Betrag des Zwangsgeldes ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angedroht und so oft wiederholt und hierbei jeweils erhöht oder gewechselt werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist erst dann zulässig, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist.

(7) Die Androhung ist zuzustellen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.