Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 31. Aug. 2017 - AN 3 K 16.30240

bei uns veröffentlicht am31.08.2017

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der nach eigenen Angaben 1982 geborene Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Guragen an. Er reiste eigenen Angaben zufolge auf dem Luftweg von Israel kommend am 20. Mai 2015 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 27. Mai 2015 einen Asylantrag.

Zu seinem Reiseweg gab der Kläger an, er sei mit seinem äthiopischen Pass, in dem der Name …, geboren am … 1983, eingetragen gewesen sei, gereist. Er habe den Pass und die Flugunterlagen vernichtet. Dies sei auf dem Flug nach Frankfurt im Flugzeug geschehen.

Er gab an, Äthiopien im Jahr 2007 verlassen zu haben. Grund sei eine Liebesbeziehung zu seiner Nichte gewesen, deren Asylverfahren unter dem Aktenzeichen AN 3 K 16.30048 beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängig ist. Die Familie habe die Beziehung nicht akzeptieren wollen, er sei aus diesem Grund auch von Mitgliedern der Familie geprügelt worden. Außerdem habe er Morddrohungen erhalten. Er sei deshalb gemeinsam mit seiner Freundin in den Sudan gereist, wo sie sich ein Jahr und neun Monate aufgehalten hätten. Im Sudan sei es wegen der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung nicht einfach, als Christ zu leben. Außerdem habe die Gefahr bestanden, dass die Eltern seiner jetzigen Ehefrau ihnen nachreisen würden. Deshalb seien sie mit dem Auto über Ägypten nach Israel gefahren. Nach Israel seien sie illegal gereist. Sie hätten in … gelebt und im Jahr 2013 in … geheiratet. Die Heirat sei vorgenommen worden, weil sie zum damaligen Zeitpunkt bereits gemeinsame Kinder hatten. Ihre in Israel gestellten Asylanträge seien abgelehnt worden, seitdem hätten sie illegal in Israel gelebt und dort schwarz gearbeitet. Die Kinder seien beide in Israel geboren worden. Vor neun Monaten sei er bei einer Kontrolle auf der Straße zum zweiten Mal verhaftet worden und wegen illegalen Aufenthalts inhaftiert worden. Er habe die Gelegenheit zu einem Freigang am 19. Mai 2015 zur Ausreise genutzt. Den Reisepass habe er bei Bekannten aufbewahrt. Er denke, er habe Israel mit richtigen Personalien verlassen können, da er ja laut Ticket nach Äthiopien zurückgewollt hätte.

In seiner Anhörung gemäß § 18 a Asyl(Vf) G am 27. Mai 2015 erklärte der Kläger, besonders die Brüder seiner jetzigen Ehefrau hätten das Ende der Beziehung gewollt. Zuletzt habe ein Bruder seiner Frau ihn attackiert und es sei durch Morddrohungen und Gewalt versucht worden, die Beziehung zu beenden. Es habe eines Tages eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Bruder seiner Frau gegeben. Die Polizei sei gekommen und habe sie beide verhaftet, nach der Haftentlassung habe er weiterhin Probleme mit der Familie bekommen.

Mit Schreiben vom 24. November 2015 hörte das Bundesamt den Kläger zu der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 an.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2016, der mit Schreiben vom 18. Februar 2016 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers versandt wurde, lehnte das Bundesamt die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihm anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme verpflichteten oder bereiten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei ein gesunder und arbeitsfähiger Mann, der sich problemlos in jedem Landesteil seiner Wahl aufhalten könne. Insbesondere würde sich hier die Hauptstadt Addis Abeba anbieten. Dort könne der Kläger auch mit seiner Frau sowie mit den gemeinsamen Kindern leben. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, warum der Kläger nicht mindestens das Existenzminimum so erreichen sollte.

Im Übrigen wird zur Begründung auf die Gründe des Bescheids Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, das am 4. März 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ der Kläger Klage erheben.

Ergänzend zum Vorbringen im behördlichen Verfahren wurde vorgetragen, dass der Kläger seit November 2016 Mitglied der EPPF-G und für diese aktiv sei. Er wirke zudem an den Versammlungen seiner Partei mit, helfe bei deren Vorbereitung und diskutiere dort mit. Zum Beweis wurde das Zeugnis des Herrn …, angeboten.

Der Kläger und seine Familie könnten in anderen Landesteilen Äthiopiens nicht in Sicherheit leben. Ein dauerhaftes Verschwinden sei wegen des Kebele-Systems nicht möglich. Die Ehe des Klägers und seiner Frau sei in Äthiopien strafbar. Er verwies hierzu auf Art. 621 des Äthiopischen Strafgesetzbuches i.V.m. Art. 8 Abs. 2 des Äthiopischen Familiengesetzbuches vom 4. Juli 2000. Dies gelte überall im Land. Daher müsse der Kläger mit Haft und dort mit seiner Misshandlung rechnen, da sein Tun als grob sittenwidrig gelte. Diese Behauptung wurde unter Beweis gestellt.

Angehörige der EPPF seien in Äthiopien von Verfolgung bedroht.

Auch bestehe ein Abschiebungsverbot i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG. Er sei von der Familie ausgestoßen worden und hätte vor dem Hintergrund der sozialen Situation in Äthiopien keine Chance, zu überleben.

Der Kläger lässt beantragen,

die Beklagte unter vollumfänglicher Aufhebung ihres Bescheides zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (§ 3 AsylG), hilfsweise ihm subsidiären Schutz zu gewähren (§ 4 AsylG)

und weiterhin hilfsweise festzustellen,

dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 11. März 2016

Klageabweisung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, insbesondere auf das Verfahren der Ehefrau und der beiden gemeinsamen Kinder (AN 3 K 16.30048) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 16. Februar 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihm steht weder ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a GG noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) zu noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG und damit wegen der Identität der Schutzgüter auch kein Anspruch nach Art. 16 a GG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Ver-folgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörig-keit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, des-sen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vor-herigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen die-ser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3 a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 b AsylG die Ver-folgungsgründe, § 3 c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3 d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3 e AsylG den internen Schutz.

§ 3 a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3 b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3 a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Der Kläger hat schon nicht geltend gemacht, dass er unmittelbar vor seiner Ausreise Maßnahmen staatlicher Stellen in Anknüpfung an in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Gründen ausgesetzt war. Seine Schilderungen sind nicht geeignet, eine staatliche Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes zu begründen.

Er gab an, sich in Äthiopien nicht politisch betätigt zu haben.

Vielmehr beschrieb er ausschließlich innerfamiliäre Probleme als Grund für die Ausreise aus dem Heimatstaat, da die Familie die Beziehung zwischen ihm und seiner Nichte missbilligt habe. Er macht nicht geltend, deswegen in Konflikt mit staatlichen Stellen gewesen zu sein. Auch seine damalige Inhaftierung ist nach eigenem Vorbringen auf eine Schlägerei zwischen ihm und dem Bruder seiner jetzigen Ehefrau zurückzuführen gewesen. Anknüpfungspunkt der Inhaftierung war damit wohl eine strafbare Handlung.

Auch die Möglichkeit einer strafrechtlichen Sanktionierung sexueller Beziehungen zwischen Verwandten in Äthiopien ist kein Verfolgungsgrund i.S. des § 3b Asyl, da nicht an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Insbesondere ist sein (geringes) exilpolitisches Engagement nicht geeignet, eine derartige Gefahrenlage zu begründen. Nur sehr allgemein machte der Kläger Ausführungen zu Art und Umfang seiner exilpolitischen Betätigung. Zwar legte er eine Bescheinigung vor, wonach er Mitglied der EPPF-G seit 1. September 2015 sei und erklärte, einmal monatlich an Versammlungen und an Demonstrationen teilzunehmen. Sehr allgemein blieben seine Einlassungen zum Inhalt des exilpolitischen Engagements, weshalb nicht der Eindruck entstand, dass es sich beim Kläger um einen besonders politisch interessierten Menschen handelt.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslands-vertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpoliti-scher Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisationen gewaltsame Aktionen). Auf-grund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehobenen exilpolitischen tätigen Personen – wie dem Kläger - nicht beachtlich wahrscheinlich.

Nach Überzeugung der Einzelrichterin handelt es sich bei dem exilpolitischen Engagement des Klägers nicht um eines, das von einem ernsthaften politischen Willen getragen ist. Nach eigener Einlassung hat er sich erst circa fünf Monate nach seiner Einreise in das Bundesgebiet der EPPF-G angeschlossen. In Äthiopien selbst war er nicht politisch aktiv und ist es auch während des langjährigen Aufenthaltes im Sudan und in Israel nicht gewesen. Die Einzelrichterin ist deshalb nicht davon überzeugt, dass der Kläger aus politischer Überzeugung Mitglied der EPPG wurde. Hinzu kommt, dass sich das Engagement des Klägers in einem zeitlichen Rahmen abspielt, der als untergeordnet angesehen werden muss. Vielmehr scheint sein Lebensschwerpunkt seine Berufstätigkeit und die Familie zu sein. Er gab die Beziehung zu seiner Frau als einziges Motiv für die Ausreise aus Äthiopien an. Anhaltspunkte dafür, wieso er kurz nach seiner Einreise nach Deutschland eine politische Haltung entwickelt haben will, die ihn zu ernsthafter politischer Oppositionsarbeit veranlasst, ist vor dem persönlichen Hintergrund des Klägers nicht zu erklären.

Die Einzelrichterin verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat (siehe auch VG Würzburg, U.v. 24.7.2017 – W 3 K 16.30710 – juris; GIGA, Auskunft an das VG Gießen vom 30. Januar 2017; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Gießen vom 9. Dezember 2016). Daraus kann aber nicht der Rückschluss zu ziehen sein, dass nunmehr auch die bloße Mitgliedschaft des Klägers bei der EPPF-G und die Teilnahme an ihren Veranstaltungen für ihn schon die Gefahr begründet, in den Fokus staatlicher Stellen zu geraten. Er gab auch nicht an, sich hier in Deutschland regierungskritisch geäußert zu haben.

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3 c bis 3 e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

Soweit vom Klägervertreter im Verfahren auf die unwürdigen Bedingungen im Strafvollzug in Äthiopien hingewiesen wurde, ist nicht ersichtlich geworden, inwiefern ein staatliches Verfolgungsinteresse hinsichtlich der Verbindung zu seiner Nichte überhaupt im Raum steht. Weder der Kläger noch seine Ehefrau (Klägerin zu 1) im Verfahren AN 3 K 16.30048) haben entsprechende Befürchtungen geäußert; Schwerpunkt des Vorbringens waren stets die innerfamiliären Schwierigkeiten. Auch die vorgetragene Verhaftung des Klägers erfolgte nicht wegen der (den Behörden also bereits bekannten) Verbindung von Onkel und Nichte, sondern wegen der Schlägerei mit dem Bruder seiner jetzigen Ehefrau. Nach alldem stellt sich die pauschale Behauptung des Klägervertreters zu den Haftbedingungen in Äthiopien als so vage dar, dass nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass dem Kläger für den Fall seiner Rückkehr ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG droht.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Vorausset-zungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle des Klägers ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für den Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Äthio-pien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Vielmehr kann der der Kläger zusammen mit seiner Familie zurückkehren. Ihnen war es auch bisher im Auslandmöglich, ihr Existenzminimum sicherzustellen.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschie-bungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden vom Kläger nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

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Tenor 1. Die Klagen werden als offensichtlich unbegründet abgewiesen. 2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die im Jahr 1991 geborene Klä

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 24. Juli 2017 - W 3 K 16.30710

bei uns veröffentlicht am 24.07.2017

Tenor I. Die Beklagte wird unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Mai 2016 verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. II. Die Kosten des Verfahre
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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 31. Aug. 2017 - AN 3 K 16.30048

bei uns veröffentlicht am 31.08.2017

Tenor 1. Die Klagen werden als offensichtlich unbegründet abgewiesen. 2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die im Jahr 1991 geborene Klä

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Tenor

1. Die Klagen werden als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die im Jahr 1991 geborene Klägerin zu 1) reiste gemeinsam mit ihren Töchtern, den im Jahr 2009 und 2011 in … geborenen Klägerinnen 2) und 3) nach eigenen Angaben am 20. Oktober 2014 mit einem Direktflug der Lufthansa von … nach Frankfurt in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Die Klägerinnen stellten am 29. Oktober 2014 Asylanträge.

Die Klägerin zu 1) erklärte, sie habe für sich selbst und ihre Kinder bei der äthiopischen Botschaft in … Reisepässe beantragt und erhalten, habe in … in einem Reisebüro die Flugtickets gebucht und habe hierbei angegeben, über … nach … reisen zu wollen. Für die gesamte Reise inklusive Flugtickets habe sie ca. 3.000 EUR bezahlt. Sie habe während ihres fünfjährigen Aufenthalts in Israel Geld gespart und gearbeitet und habe sich daher die Reise leisten können.

Sie erklärte, aus Angst, wieder in ihrer Heimat zurückgeschickt zu werden, habe sie die Reisepässe nach Ankunft in … auf einer Toilette im Transitbereich zerrissen und in den Abfalleimer geworfen. Dasselbe habe sie auch mit den Flugtickets gemacht.

In ihrer Anhörung gemäß § 18 a AsylG (Flughafenmodell) am 29. Oktober 2014 in der Außenstelle Flughafen … erklärte die Klägerin zu 1), sie habe bereits in Äthiopien einen Reisepass beantragt und erhalten. Diesen habe sie bei der Botschaft in … zum Zweck der Reise nach Deutschland verlängern lassen. Sie sei verheiratet, ihr Mann lebe in Israel, wo er zurzeit im Gefängnis sei. Er besitze keine gültige Aufenthaltsgenehmigung, sei deshalb inhaftiert worden und sie selbst habe eine Duldung besessen, die sie alle drei Monate habe verlängern können. Sie und ihr Mann hätten in Israel als Gebäudereiniger gearbeitet. Ihre Eltern lebten noch in ihrem Heimatort südlich von Addis Abeba, ebenso wie die ganze Großfamilie (drei Schwestern und ein Bruder). Sie habe Äthiopien im Jahr 2007 verlassen und habe zwei Jahre im Sudan gelebt. Danach habe sie fünf Jahre in Israel gelebt und sei von Israel direkt nach Deutschland geflogen. Sie sei schon im Sudan mit ihrem Mann zusammen gewesen, den sie aber erst in Israel nach der Geburt der Kinder geheiratet habe. Ihr Mann sei der Bruder ihrer Mutter, also ihr Onkel. Sie seien aus diesen Gründen vor der Familie geflohen, weil es große Probleme mit der Familie gegeben habe. Die Heiratsurkunde sei bei ihrem Mann, die Taufbescheinigungen und die Geburtsbestätigungen der Kinder habe sie dabei. Auf Vorhalt, dass in den beiden vorgelegten Taufbescheinigungen unterschiedliche Angaben zur Mutter stünden, erklärte die Klägerin zu 1), sie habe auf der Bescheinigung der Klägerin zu 2) einen eritreischen Namen angegeben, da sie im Sudan und auch in Israel als Eritreerin gelebt habe. Sie habe damit erreichen wollen, dass ihr Mann aus dem Gefängnis entlassen würde, da er ja ein Kind habe. Außerdem habe sie so verhindern wollen, nach Äthiopien abgeschoben zu werden, weil zum damaligen Zeitpunkt Äthiopier in ihr Heimatland von Israel aus abgeschoben worden seien, jedoch nicht nach Eritrea. Bei der Bescheinigung für die Klägerin zu 3) habe diese Gefahr nicht mehr bestanden. Für die israelischen Behörden sei sie immer Eritreerin gewesen. Ihren äthiopischen Pass habe sie in Israel nie vorgezeigt und auch die Duldung habe sie auf den eritreischen Namen erhalten. Sie habe jedoch in Israel nicht arbeiten dürfen, weshalb sie Israel verlassen habe.

Auch in Äthiopien habe sie bei der Passerstellung falsche Angaben gemacht und sich ein paar Jahre älter gemacht, damit sie volljährig sei. Den Pass habe sie in Addis Abeba vor ihrer Ausreise in den Sudan ausstellen lassen. Man habe sie bei der Passbehörde nach ihrem Personalausweis gefragt. Aber auch in diesem habe sie das Geburtsdatum geändert. Sie habe bei der Passbeantragung einfach auf dem falschen Geburtsdatum beharrt. Der Beamte habe dies dann wunschgemäß übernommen.

Auf Vorhalt, sie habe zwar Geburtsbescheinigung der Kinder nach Deutschland mitgebracht als Nachweis, dass dies ihre Kinder seien und zum Nachweis, wer der Kindsvater sei, habe jedoch für ihre eigene Identität überhaupt gar keine Personaldokumente und auch keine sonstigen Dokumente mitgenommen, erklärte die Klägerin zu 1), sie habe den Pass aus Angst vor Abschiebung zerrissen und alle anderen Papiere in Israel bei ihrem Mann zurückgelassen. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin zu 1), sie habe die Dokumente bei einer Freundin zurückgelassen, sie werde die Papiere nachreichen.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2015, der dem Prozessbevollmächtigten den Klägerinnen als Einschreiben am 7. Januar 2016 zugesandt wurde, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 2), lehnte die Anträge auf subsidiären Schutz ab (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4), drohte den Klägerinnen die Abschiebung nach Äthiopien an, wenn sie nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Bundesrepublik Deutschland verlassen (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise-und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen aufgeführt, das Gesamtverhalten der Klägerin zu 1) gebe Anlass zur Annahme, dass die Antragstellung für sich und die Kinder von asylfremden Motiven geprägt sei. Insbesondere habe sie Reisedokumente und Identitätspapiere bisher nicht vorgelegt, obwohl sie nunmehr seit über einem Jahr im Bundesgebiet lebe. Lediglich ein Dokument, von dem die Klägerin zu 1) behaupte, es handle sich hierbei um die Heiratsurkunde, habe sie bislang vorgelegt. Auch diese können nicht als Nachweis angesehen werden, dass die Klägerin zu 1) tatsächlich mit ihrem Onkel verheiratet sei. Denn schon die Altersangaben stimmten nicht mit den im Asylverfahren gemachten überein. Im Asylverfahren sei sie fünf Jahre älter. Zum anderen stimme auch der Name der Mutter in dieser Heiratsurkunde nicht mit dem Namen überein, den die Klägerin zu 1) bei ihrer Anhörung angegeben habe. Es bestehe der Verdacht, dass die Klägerin zu 1) versuche, mit gefälschten Dokumenten für sich einen asylrelevanten Verfolgungshintergrund zu konstruieren.

Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Ehemann in Israel über lange Zeit inhaftiert worden sei, statt nach Äthiopien zurückgeschickt zu werden, wenn Grund der Inhaftierung gewesen sei, dass er keine Duldung erhalten habe. Dies widerspreche den Erkenntnissen der Beklagten, wonach in Israel eine große Arbeitsmigration von äthiopischen Staatsangehörigen bestehe. Aufenthaltstitel würden zum Zwecke der Arbeitsaufnahme erteilt. Sie habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihr Ehemann in Israel im Gefängnis sei. Es sei auch davon auszugehen, dass es der Klägerin zu 1) möglich sei, mit ihren Kindern nach Äthiopien zu der Großfamilie zurückzukehren. Dass sie dort gezielten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein solle, sei nicht ersichtlich.

Das Offensichtlichkeitsurteil wurde auf § 30 Abs. 3 Nummern 1, 2 und 4 AsylG gestützt.

Denn das Vorbringen der Klägerin zu 1) sei nicht substantiiert bzw. in sich widersprüchlich, entspreche offenkundig nicht den Tatsachen oder werde auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt. Außerdem täusche sie im Asylverfahren über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit bzw. verweigere Angaben hierzu. Des weiteren bestehe Anlass zur Annahme, dass der Antrag nur gestellt worden sei, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl vorher ausreichend Gelegenheit bestanden habe, einen Asylantrag zu stellen. Die Klägerin zu 1) habe bereits ihre Identität nicht nachgewiesen, habe ihren angeblich äthiopischen Reisepass für sich und ihre Kinder sogar absichtlich vernichtet und lege offensichtlich gefälschte Geburtsurkunden für ihre Kinder vor. Daraus werde deutlich, dass er an einem wahrheitsgemäßen Vortrag nicht gelegen sei. Die Klägerin zu 1) sei insgesamt unglaubwürdig.

Nachdem auch Gründe für die Schutzgewährung nach § 4 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich seien, seien die Anträge abzulehnen.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten, das am 18. Januar 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Klägerinnen Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes erheben. Der gleichzeitig gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die ausgesprochene Abschiebungsandrohung anzuordnen, wurde mit Beschluss vom 26. Januar 2016 abgelehnt (AN 3 K 16.30047). Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Dezember 2015 zu verpflichten, die Klägerinnen als Asylberechtigte zuzuerkennen, ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise,

ihnen subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zu gewähren und

weiterhin hilfsweise,

festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die in den vorgelegten Bescheinigungen verwendeten Namen und Abstammung seien nachvollziehbar. Grundlage für die falschen Personalien sei die Flucht aus Äthiopien aufgrund der verbotenen Beziehung zu dem in Israel inhaftierten Ehemann der Klägerin zu 1) gewesen. Diese falschen Angaben hätten sich durch den Aufenthalt in Israel hin durchgezogen. Nachdem der Ehemann der Klägerin zu 1) wohl zu Zwecken der Abschiebung in Haft genommen worden sei, hätte die Klägerin zu 1) in Israel nicht mehr weiterleben können. In Absprache mit dem inhaftierten Ehemann habe sie versuchen sollen, nach Europa zu kommen. Auch der Ehemann der Klägerin zu 1) habe sich in Israel auf der aus der Haft absetzen können und sei nach Deutschland gelangt. Das Verfahren des Ehemannes ist unter AN 3 K 16.30240 beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängig.

Das Offensichtlichkeitsurteil könne keinen Bestand haben. Insbesondere seien die Geburtsurkunden nicht gefälscht. Denn die Klägerin zu 1) habe denselben Familiennamen wie ihr Kind, nämlich den Großvaternamen … Der Vater sei nicht in die Geburtsurkunden eingetragen, da ohne urkundlichen Beleg der Vaterschaft der Vater nicht eingetragen würde. Außerdem führten inzestuöse Beziehungen in Äthiopien zu einer sozialen Ächtung, die zu lebensbedrohlichen Übergriffen führen könne. Auch drohe den Klägerinnen zu 2) und 3) die Genitalverstümmelung im Herkunftsland. Die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann könnten den Klägerinnen zu 2) und 3) keinen Schutz gewähren, da sie ihrerseits in einer sozial existenzbedrohenden Lage sein, in der sie mit Gewissheit nicht den Rückhalt hätten, den sie für einen wirksamen Schutz der Kinder bräuchten.

Die Beklagte beantragte am 25. Januar 2016,

die Klagen abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, insbesondere auf das Verfahren des Ehemannes der Klägerin zu 1) (AN 3 K 16.30240) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen haben keinen Erfolg. Sie sind als offensichtlich unbegründet abzuweisen, § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1, 5 VwGO. Den Klägerinnen steht offensichtlich kein Bleiberecht zu, § 30 AsylG.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B.v. 1.3.1979 – 1 B 24/79 – Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B.v. 12.7.1983 – 1 BvR 1470/82 – BVerfGE 65, 76; U.v. 11.12.1985 – 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 – BVerfGE 71, 276; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVwZ 2007, 1046).

Die Klägerinnen haben keinerlei Gründe geltend gemacht, die den Anspruch auf Zuerkennung eines Bleiberechts rechtfertigen können, weshalb die Asylanträge nach § 30 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet anzusehen sind.

Hierzu wird zunächst auf die Gründe der Entscheidung im Eilverfahren (An 3 S. 16.30047) sowie auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klägerin zu 1) erklärte in der mündlichen Verhandlung nun erstmals, ihr Ehemann sei bereits vor der Ausreise politisch aktiv und wegen dieses Engagements auch verfolgt gewesen. Er selbst dementierte dies. Mit diesem Verhalten bestätigte die Klägerin zu 1), dass sie es mit der Wahrheit nicht genau nimmt und Angaben im Verfahren orientiert an dem für sie zu erwartenden größtmöglichen Nutzen macht. In Zusammenschau mit den Erwägungen aus dem Beschluss im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes drängt sich auf, dass das Vorbringen der Klägerin zu 1) insgesamt offenkundig den Tatsachen nicht entspricht, § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG.

Ergänzend ist zu bemerken:

1. Ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG besteht für die Klägerin zu 1) offensichtlich nicht.

Selbst bei Wahrunterstellung des Verwandtschaftsverhältnisses ist weder ein asylrelevanter Verfolgungsgrund i.S. des § 3b AsylG vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Klägerin zu 1) gab hierzu an, es habe wegen des verwandtschaftlichen Verhältnisses mit ihrem Ehemann (Kläger im Verfahren AN 3 K 16.30240) Probleme und Auseinandersetzungen mit ihrer Familie gegeben. Sie trug nicht vor, deshalb Probleme mit staatlichen Stellen gehabt oder befürchtet zu haben.

Auch die Möglichkeit einer strafrechtlichen Sanktionierung sexueller Beziehungen zwischen Verwandten in Äthiopien ist kein Verfolgungsgrund i.S. des § 3b AsylG, da nicht an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird. Aus demselben Grund besteht offensichtlich auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG.

Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG besteht nicht.

Soweit vom Klägervertreter im Verfahren auf die unwürdigen Bedingungen im Strafvollzug in Äthiopien hingewiesen wurde, ist nicht ersichtlich geworden, inwiefern ein staatliches Verfolgungsinteresse hinsichtlich der Verbindung überhaupt im Raum steht. Weder die Klägerin zu 1) noch ihr Ehemann haben entsprechende Befürchtungen geäußert; Schwerpunkt des Vorbringens waren stets die innerfamiliären Schwierigkeiten. Auch die vorgetragene Verhaftung des Ehemannes der Klägerin zu 1) erfolgte nicht wegen der (den Behörden also bereits bekannten) Verbindung von Onkel und Nichte, sondern wegen der Schlägerei mit dem Bruder der Klägerin zu 1). Nach alldem stellt sich die pauschale Behauptung des Klägervertreters zu den Haftbedingungen in Äthiopien als so vage dar, dass nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Klägerin zu 1) für den Fall ihrer Rückkehr ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG droht.

Die Klägerin zu 1) befindet sich infolge der absichtlichen Vernichtung ihres Reisepasses in einem in vorwerfbarer Weise selbstgeschaffenen Beweisnotstand. Insbesondere deshalb ist es nicht möglich, die Verwandtschaftsverhältnisse der Klägerin zu 1) zu ihrem Ehemann aufzuklären, auf die maßgeblich das Vorbringen zu drohenden Gefahren im Heimatland gestützt wird. Die Klägerin zu 1) gab im Verfahren vor dem Bundesamt an, sie habe Dokumente zum Nachweis ihrer Identität bei ihrem Ehemann (damals in Israel) bzw. bei einer Freundin zurückgelassen. Diese kann sie jedoch immer noch nicht vorlegen, sondern erklärte in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2017 lediglich, für die Ausstellung eines neuen Reisepasses benötige sie die Kopie des alten, den sie nicht mehr besitze. Weitergehende Anstrengungen zum Nachweis ihrer Identität hat die Klägerin zu 1), die nach eigenen Angaben sowohl in Äthiopien als auch in Israel über persönliche Daten getäuscht hat, nicht unternommen.

2. Auch der Vortrag der Klägerin zu 1), sie befürchte, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien einer Beschneidung unterzogen würden, vermag nicht zur Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes für die Klägerinnen zu 2) und 3) zu führen.

Eine konkret drohende Beschneidung ist geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen (OVG Nordrhein-Westfalen, U.v.14.2.2014 – 1 A 1139/13.A – juris Rn. 80; VG Aachen, U.v. 16.9.2014 – 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 5.12.2014 – W 3 K 14.30001 -, juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 – AN 3 K 16.30877 – juris; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn. 35).

Allerdings geht die Einzelrichterin davon aus, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) wegen der von der Mutter in der mündlichen Verhandlung klar geäußerten Ablehnung der FGM dieser Gefahr offensichtlich nicht ausgesetzt sein werden. Die Durchführung einer FGM ist hauptsächlich von der Haltung der Mutter abhängig. Dies bestätigte die Klägerin zu 1), die angab, ihre eigene Mutter sei bei der bei der bei ihr durchgeführten Beschneidung anwesend gewesen und habe diese – wie der Vater auch - befürwortet. Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen lässt sich in Äthiopien ein Rückgang der weiblichen Genitalverstümmelung beobachten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes Äthiopien vom 6. März 2017, II 1.1.8.). Dass die Kinder – wie von der Klägerin zu 1) behauptet – ihren Eltern zur Durchführung der FGM gewaltsam entzogen würden, ist nicht weder nachvollziehbar vorgetragen noch glaubhaft, zumal die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern gerade nicht in den engeren Familienkreis zurückkehren werden, der die Beziehung zwischen der Klägerin zu 1) und ihrem Ehemann ablehnt. Auch ergibt sich aus keinem Erkenntnismittel der Hinweis auf ein solches Vorgehen.

3. Weitergehende Gründe, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes i.S. des § 60 AufenthG führen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Die Klägerinnen werden im Familienverband mit dem Ehemann und Vater nach Äthiopien zurückkehren. Gemeinsam wird es ihnen möglich sein, sich dort eine bescheidene Existenz aufzubauen. Eine erhebliche Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit nach § 60 Abs. 5 AufenthG vermag die Einzelrichterin nicht zu erkennen, zumal die Klägerinnen auch in Israel in der Lage waren, ihr Auskommen zu sichern.

Demnach waren die Klagen als offensichtlich unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG.

Beschluss

Der Gegenstandswert beträgt 7.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 RVG).

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Beschluss

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO.

Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Die Beklagte wird unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Mai 2016 verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Die zur Person nicht ausgewiesene Klägerin, nach ihren eigenen Angaben eine am … 1977 geborene äthiopische Staatsangehörige amharischer Volkszugehörigkeit und christlich-orthodoxen Glaubens, beantragte am 27. Mai 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) die Gewährung politischen Asyls.

Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt am 21. Mai 2014 gab sie an, sie sei Sympathisantin von Ginbot 7, sie sei jedoch kein Mitglied. Sie habe in Äthiopien ab und zu Flugblätter verteilt, deshalb sei sie von der Regierung verfolgt worden und darum habe sie sich entschieden, das Land zu verlassen. Sie sei von den Sicherheitsbehörden für zwei Monate ins Gefängnis gesteckt, geschlagen und misshandelt worden. Mit Hilfe eines Onkels, der Bestechungsgeld gezahlt habe, sei sie freigelassen worden. Danach habe sie keine Ruhe gehabt und sei ständig verfolgt worden.

In Deutschland sei sie exilpolitisch tätig und kämpfe gegen die äthiopische Regierung. Sie mache Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Sie sei für die EPPFG aktiv.

Die Klägerin ließ eine Mitgliedsbescheinigung der EPPFG in Kopie, einen Mitgliedsausweis der EPCOU in Kopie und diverse Bescheinigungen der EPPFG über die Teilnahme an verschiedenen Versammlungen in verschiedenen Städten und über die Teilnahme an diversen Demonstrationen in verschiedenen Städten, jeweils organisiert von der EPPFG oder von der EPCOU, vorlegen.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2016 erkannte das Bundesamt der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.) und den subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3.) nicht zu und lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2.). Zudem wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4.). Die Klägerin wurde unter Abschiebungsandrohung nach Äthiopien zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde ausgeführt, der komplette Sachvortrag der Klägerin sei vollkommen unsubstantiiert und detailarm. Das Vorfluchtvorbringen könne ihr nicht geglaubt werden. Die exilpolitische Betätigung begründe keinen Flüchtlingsschutz. Es lägen keine Informationen vor, wonach Mitglieder der EPPF in Deutschland bei ihrer Rückkehr staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt worden seien. Etwas anderes gelte nur für Mitglieder des Führungskomitees der EPPF, die nach außen hin erkennbar auf die Beseitigung der gegenwärtigen Regierung hinarbeiteten und dafür wesentliche Tatbeiträge leisteten. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Klägerin lediglich angegeben habe, an Veranstaltungen teilgenommen und sich für die Rechte von Frauen eingesetzt zu haben. Diese Tätigkeit gehe nicht über die eines einfachen Mitglieds hinaus. Auf die weitere Begründung des Bescheides, der am 31. Mai 2016 als Einschreiben zur Post gegeben worden ist, wird Bezug genommen.

II.

Am 8. Juni 2016 ließ die Klägerin im vorliegenden Verfahren Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1, 3, 4, 5 und 6 des Bescheides vom „06.10.2015“ (gemeint wohl: 23. Mai 2016) zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zugleich wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei bereits in Äthiopien politisch aktiv gewesen, sie habe Flugblätter für die verbotene Organisation Ginbot 7 verteilt. In der Bundesrepublik Deutschland setze die Klägerin ihre politische Betätigung fort. Sie sei aktives Mitglied der EPPFG und zuständig für „womens relations“. Sie nehme weiterhin an den Versammlungen der EPPFG sowie an sonstigen politischen Veranstaltungen gegen die äthiopische Regierung teil. Zudem habe sie verschiedene regierungskritische Artikel in diversen äthiopischen Magazinen veröffentlicht, darunter auch im Magazin „Goh“, welches der EPPFG zuzuschreiben sei. Aufgrund ihrer Vorfluchtgründe und ihrer exilpolitischen Aktivitäten sei die Klägerin bei einer Rückkehr nach Äthiopien der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt. Dies ergebe sich auch aus der neuesten politischen Entwicklung in Äthiopien, wo am 9. Oktober 2016 der Ausnahmezustand ausgerufen worden sei. Zugleich ließ die Klägerin weitere Bescheinigungen der EPPFG über die Teilnahme an verschiedenen Versammlungen und Demonstrationen einschließlich entsprechender Lichtbilder vorlegen, dazu die Zeitschrift Goh, Ausgabe März 2014 und die Zeitschrift Meleket, Ausgabe Juli 2014, in welchen in amharischer Schrift Beiträge abgedruckt sind, welche mit dem in lateinischer Schrift geschriebenen Namen der Klägerin, einmal verbunden mit der Nennung ihres Wohnortes, unterzeichnet sind.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Das Gericht gab dem Bundesamt unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme zur Zuspitzung der politischen Verhältnisse in Äthiopien. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.

Mit Beschluss vom 17. Juli 2017 bewilligte die Kammer für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe und ordnete der Klägerin ihre Bevollmächtigte bei. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen (vgl. VG Würzburg, B.v. 17.7.2017 - W 3 K 16.30710 - juris).

Mit Beschluss vom 19. Juli 2017 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2017 verzichtete die Bevollmächtigte der Klägerin auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten des Bundesamtes, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Begehren der Klägerin, den Bescheid des Bundesamtes vom 23. Mai 2016 in seinen Ziffern 1, 3, 4, 5 und 6 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihr subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 24. Juli 2017 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Das Bundesamt hat mit seiner allgemeinen Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 23. Mai 2016 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AsylG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 23. Mai 2016 ist, soweit er angegriffen worden ist, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Rechtsgrundlage für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) i.d.F. d. Bek. vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl I S. 872). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, gemäß § 3 Abs. 4 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK -), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung u.a. wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylG wird gewährt, wenn dem Schutzsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale Rechtsverletzungen aufgrund von Handlungen im Sinne von § 3a AsylG durch einen Akteur im Sinne von § 3c AsylG in seinem Herkunftsland drohen, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzen, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BVR 502, 1000, 961/86 - NVwZ 1990, 151 f.; BVerwG, U.v. 29.11.1987 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82, 83 m.w.N.).

Die Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 AsylG decken sich mit denen nach Art. 16a Abs. 1 GG hinsichtlich der geschützten Rechtsgüter und des politischen Charakters der Verfolgung, wobei § 3 Abs. 1 AsylG insofern einen weitergehenden Schutz bietet, als auch selbstgeschaffene subjektive Nachfluchtgründe die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen können. Ein Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung, Flucht und Asylantrag wird dabei nicht vorausgesetzt (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1990 - 9 B 100/90 - NVwZ-RR 1991, 215; BVerfG, B.v. 26.5.1993 - 2 BVR 20/93 - BayVBl 1993, 623).

Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG zur Überzeugung des Gerichts im Falle der Klägerin erfüllt. Sie muss bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit staatlichen Verfolgungshandlungen rechnen. Diese knüpfen an ihre politische Überzeugung an und drohen ihr landesweit.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin vor ihrer Ausreise bereits Verfolgungsmaßnahmen erlitten hat oder von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war. Denn ungeachtet des Vorfluchtgeschehens drohen der Klägerin die in § 3 Abs. 1 AsylG beschriebenen Gefahren jedenfalls aufgrund ihrer exilpolitischen Aktivitäten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

Das Gericht geht auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erkenntnismittel davon aus, dass staatliche äthiopische Stellen Kenntnis von den oppositionellen Tätigkeiten im Ausland lebender äthiopischer Staatsangehöriger zu erlangen suchen.

Die von der äthiopischen Regierung erstellte Direktive „Richtlinie für den Aufbau der Wählerschaft für den Rest des Jahres 2005/2006“ (vgl. amnesty international, Auskunft an das VG Köln vom 28.4.2008 mit einer auszugsweisen Übersetzung des Wortlauts der Direktive) zielt darauf, möglichst umfassend alle im Ausland lebenden Äthiopier namentlich zu erfassen und zu registrieren (vgl. im Einzelnen OVG NW, U.v. 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A - juris Rn. 57). Die Informationsbeschaffung erfolgt u.a. durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Methoden, insbesondere mit Hilfe von Spitzeln. Dabei richtet sich das besondere Augenmerk auf die Aktivitäten der Auslands-CUD, deren Nachfolgeorganisation UDJ und Ginbot 7, der OLF, der ONLF und der EPRP (vgl. Günter Schröder, Auskunft vom 11.5.2009 an das VG Köln, S. 19). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die äthiopische Exilgemeinde in Deutschland so klein ist, dass auch Organisationen mit örtlich begrenztem Wirkungskreis einer Beobachtung durch staatliche äthiopische Stellen ausgesetzt sind. Dabei bezieht sich das Interesse des äthiopischen Staates nicht nur auf die Mitglieder der beobachteten Parteien, sondern auch auf deren Sympathisanten (BayVGH, Ue.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - jeweils juris; OVG NW, a.a.O. - juris Rn. 64; GIGA, Auskunft vom 24.04.2008 an das VG Köln). Hierzu verfügt die äthiopische Regierung über die zur Überwachung von Festnetz, Internet und Radioprogrammen sowie zur Gesichtserkennung erforderliche Technologie (Günter Schröder, Stellungnahme an das VG Gießen vom 23.2.2017, Rn. 179).

Nach Ansicht von Günter Schröder (a.a.O., Rn. 196) ist eindeutig belegt, dass Botschaftsmitarbeiter oppositionelle Tätigkeiten im Ausland erfassen, weitergeben und geeignete Gegenmaßnahmen durchführen. Hierbei werden zunehmend auch Personen erfasst, die im Ausland nur periphär oder gänzlich zufällig mit oppositionellen Aktivitäten in Berührung gekommen sind (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 200).

Auf dieser Grundlage geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer exilpolitischen Tätigkeit dem äthiopischen Geheimdienst bekannt ist.

Die Klägerin ist wegen ihres regierungskritischen politischen Engagements Gefahren im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ausgesetzt.

Unter welchen Voraussetzungen ein exilpolitisches Engagement eine beachtliche Verfolgungsgefahr auslöst, insbesondere, ob schon die schlichte Mitgliedschaft in einer oder die einfache Tätigkeit für eine exilpolitische Organisation dazu ausreicht, wird in den vorliegenden Auskünften unterschiedlich eingeschätzt.

Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 6.3.2017, II., 1.9) liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich komme es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen werde oder welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt werde (führende Opposition; Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Demgegenüber vertritt Günter Schröder (Auskunft vom 11.5.2009 an das VG Köln, Rn. 198 ff.) die Auffassung, dass im heutigen Äthiopien die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien. Eine qualifizierte Verfolgungsprognose könne in der Regel nur aufgrund einer Gesamtbetrachtung all der in der Person der Betroffenen vorhandenen Merkmale, die für sich genommen vielleicht noch keine Verfolgung begründeten, aber bei kumulativem Vorliegen durchaus geeignet seien, staatliche Zwangsmaßnahmen auszulösen, erfolgen. Den handelnden äthiopischen Sicherheitsbehörden sei ein hohes Maß an Beliebigkeit und Willkür eigen. Dies erlaube nicht, exakte Voraussagen über eine Verfolgungswahrscheinlichkeit zu treffen, die an den Umfang der politischen Aktivitäten von oppositionell Eingestellten oder Oppositionsbewegungen angehörenden Personen und deren Funktionen in einer Organisation anknüpften. Eine Unterscheidung in unbedeutende oder herausgehobene Tätigkeiten sei für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr als nicht relevant zu sehen.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA, Auskunft vom 24.4.2008 an das VG Köln) ist in einer sich speziell auf einen Unterstützer der OLF beziehenden Auskunft der Auffassung, es könne nicht sinnvoll differenziert werden, zu welchen Maßnahmen die bloße Mitgliedschaft, die Teilnahme an Demonstrationen oder die exponierte Mitgliedschaft in der UOSG führen werde; hier sei ein hohes Maß an Willkür der äthiopischen Behörden einzukalkulieren.

Zu berücksichtigen ist auch die oben genannte Direktive zum Aufbau einer Wählerschaft einschließlich eines Zusatzdokuments vom 31. Juli 2006. Hier heißt es, dass eine Namensliste der Oppositionsführer weitergeleitet werden soll, um das „radikale Oppositionslager zu schwächen“. Beabsichtigt ist insbesondere, Oppositionsführer mit Hilfe von Informanten öffentlich bloß zu stellen (Direktive III, 3.1.3 Hauptaufgaben, Unterpunkte 1 und 2). Gleiches legt das Zusatzpapier vom 31. Juli 2006 fest (vgl. einleitendes Anschreiben an die Botschaften, Konsulatgenerale und ständigen Vertretungen der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, 1. Absatz). Zudem findet sich im Vorwort dieses Papiers die Bemerkung, es sei nicht genug getan worden, um die extremistischen Oppositionsgruppen politisch zu lähmen. Der Unterabschnitt „Fahrplan zum Aufbau einer Wählerschaft für das verbleibende Haushaltsjahr 1998“, Ziffer III 3.1.3, gibt die Anweisung, Namenslisten von Organisatoren extremistischer Oppositionsgruppen an die Zentrale zu schicken, um das Oppositionslager schwächen zu können.

Aus der Zusammenschau dieser Unterlagen ergibt sich, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staates gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering ist, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht sind. Die Gefahrenabschätzung des Auswärtigen Amtes, dass nur erheblich exponierte Mitglieder von als terroristisch angesehenen Parteien verfolgt würden, lässt sich nicht durch tatsächliche Erkenntnisse belegen, zumal es kaum zu Abschiebungen von äthiopischen Staatsangehörigen in ihr Heimatland kommt.

Aufgrund der oben dargestellten Erkenntnisse ist das Gericht bislang - im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 05.31082 - juris) - davon ausgegangen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, dies aufgrund der niedrigen Toleranzschwelle des äthiopischen Staates, so dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls von einer Verfolgungsgefahr bereits dann ausgegangen wurde, wenn sich der Asylsuchende aus dem Kreis der bloßen Mitläufer als ernsthafter Oppositioneller hervorhob (BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 - juris; OVG NW, U.v. 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A - juris Rn. 94; VG Würzburg, U.v. 13.2.2012 - W 3 K 10.30350 - juris; VG Bayreuth, U.v. 18.1.2013 - B 3 K 11.30156 - juris; VG Ansbach, U.v. 29.8.2011 - AN 18 K 10.30507 - juris; VG München, U.v. 9.8.2012 - M 12 K 12.30434 - juris).

Nach der bisherigen Rechtsprechung galt dies jedoch nicht für bloße „Mitläufer“. In Zusammenhang mit der erwähnten Direktive einschließlich des Zusatzpapiers, die auf Oppositionsführer und Organisatoren abstellt, war das Gericht bislang in ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass ausschlaggebend nicht allein das Innehaben eines Amtes oder das Verfassen eines Artikels ist, sondern das tatsächliche politische Engagement, das den Asylsuchenden als eine sich von der Masse der äthiopischen Asylsuchenden abhebende Person darstellt (vgl. VG Würzburg, U.v. 17.3.2014 - W 3 K 14.30042 - juris; U.v. 31.7.2011 - W 3 K 11.30081 - juris).

Diese Rechtsprechung hält das Gericht so nicht mehr aufrecht, dies aufgrund der neuesten politischen Entwicklung in Äthiopien, welche auch zu Änderungen hinsichtlich der Gefahrenlage für exilpolitisch tätige Flüchtlinge führt (vgl. hierzu auch den Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 17.07.2017 im vorliegenden Verfahren - juris; vgl. auch den Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 21.07.2017 im Verfahren W 3 K 17.31739 - juris; anders: VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach den im Mai 2015 durchgeführten Wahlen, die zu einem vollständigen Sieg der EPRDF geführt hatten, begannen ohne erkennbaren Anlass im Herbst 2015 massive Proteste der Oromos gegen die angebliche Absicht der Regierung, Teile Oromias an Addis Abeba zu übertragen. Diese wurden gewaltsam niedergeschlagen. Anfang Dezember 2015 eskalierte in der Region Amhara ein langjähriger Konflikt um die lokale Kemant-Nationalität, der von der regionalen Polizei niedergeschlagen wurde. Im Juli 2016 kam es zu Unruhen in der Amhara-Region mit gewalttätigen Protesten, mit denen sich protestierende Oromos in Oromia solidarisch erklärten. Anlässlich des jährlichen Irreecha-Fests der Oromos im Bishoftu kam es am 2. Oktober 2016 erneut zu massiven Protesten mit mindestens 50 Toten, was zu weiteren gewalttätigen Massenprotesten in ganz Oromia führte. Daraufhin verhängte die Regierung am 9. Oktober 2016 den Ausnahmezustand, was zur Verhaftung von mehr als 10.000 Personen führte. Diese wurden teilweise wieder freigelassen, jedoch kam es seitdem zu verschärftem Vorgehen der äthiopischen Sicherheitskräfte gegen die Oromogemeinschaft und gegen vermutete Unterstützer und Mitglieder von von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuften Vereinigungen wie Ginbot 7. Es ist verboten, Fernsehsender aus der „Diaspora“ anzusehen, das Internet wurde zeitweilig blockiert, Verdächtige können ohne Verfahren festgehalten werden. Der Grad an Repression hat nach Verhängung des Ausnahmezustands nochmals stark zugenommen. Die Regierung versucht derzeit, die bestehenden Probleme nicht durch Dialog, sondern durch die Verbreitung eines Klimas der Angst zu lösen (vgl. Günter Schröder, Stellungnahme an das VG Gießen vom 23.2.2017, Rn. 93 ff.; AA, Lagebericht vom 6.3.2017, Ziffer I 1; FAZ vom 19.10.2016, Repression und noch mehr Repression; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21.1.2016 zur Lage in Äthiopien [2016/2520, {RSP}], Erwägungen A bis M und Ziffern 1 bis 4 und 6 bis 11; GIGA, Auskunft an das VG Gießen vom 30.1.2017; Dr. Reinhard Kees, Bericht vom März 2017, Beirat Horn - von - Afrika des Berliner Missionswerkes; Missionswerk der EKBO, Offene Briefe an Frau Bundeskanzlerin Merkel vom 29.9.2016 und vom Januar 2017; SZ vom 5.7.2017, Reifeprüfung).

Nach einem Bericht über einen Besuch in Oromia ist es komplett verboten, über Politik zu sprechen. Soldaten dringen nachts in die Häuser ein. Jeder wird verdächtigt, der jung und männlich ist, gebildet oder sogar Student. Verhaftungen und Demütigungen sind an der Tagesordnung. Es gibt ein komplettes Versammlungs- und Demonstrationsverbot, ebenso ist das Tanzen und Singen auf der Straße verboten. Niemand weiß, „wer wen verpfeift“ (Gesellschaft für bedrohte Völker, Eindrücke vom Besuch bei Freunden im Ausnahmezustand, Begegnungen mit Menschen im Hochland Äthiopiens, Bundesland Oromia, Oktober 2016).

Zwar lief im Februar 2017 das Leben auf dem ersten Blick wieder normal, doch ist das Militär ständig präsent und beobachtet flächendeckend das alltägliche Geschehen (Dr. Reinhard Kess, a.a.O.).

Während dieser in Äthiopien stattfindenden Entwicklung schürte die externe Opposition massiv vom Ausland und mit Hilfe von Eritrea die Agitation gegen die EPRDF-Herrschaft (Günter Schröder, a.a.O., Rd. 129). Deshalb richten sich die Vorschriften zum Ausnahmezustand explizit auch gegen die vom Ausland her operierenden Oppositionen und Medien, die als terroristisch eingestuft werden (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 122).

Diese politische Entwicklung führt zu einer neuen Bewertung der Gefahrensituation für äthiopische Staatsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch betätigen.

Nach der Einschätzung von Günter Schröder (a.a.O., Rn. 200) kommen aufgrund der oben dargestellten Kenntnis des äthiopischen Sicherheitsdienstes hinsichtlich exilpolitischer Tätigkeiten von im Ausland lebenden Äthiopiern solche Personen „unter einen niemals abzuschüttelnden Generalverdacht politischer Unzuverlässigkeit, der ihnen künftig in jedem Kontakt mit äthiopischen Behörden anhängt und zur Gefährdung werden kann“.

Unter diesem Blickwinkel hält Günter Schröder generell die Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene bzw. exponierte Tätigkeiten und Stellungen in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr. Es ist davon auszugehen, dass für die äthiopischen Sicherheitsorgane die Motivation für eine äthiopische Person, im Ausland als Unterstützung einer terroristischen Organisation auslegbare Handlungen zu begehen, unerheblich ist. Selbst wenn solche Handlungen nur aus opportunistischen Überlegungen zum Zwecke der Asylsicherung erfolgten, so stellten sie - so Schröder - in den Augen der äthiopischen Sicherheitsorgane dennoch objektiv eine Unterstützung terroristischer Organisationen dar und wären entsprechend zu ahnden (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 228 und Rn. 232).

Für das Auswärtige Amt (Auskunft vom 9.12.2016 an das VG Gießen) ist es wahrscheinlich, dass für Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, da Bestandteil der Regelungen zum Ausnahmezustand auch ein Kommunikationsverbot mit Terrorgruppen ist.

Nach Ansicht des GIGA (Auskunft an das VG Gießen vom 30.1.2017) ist es keinesfalls auszuschließen, dass Äthiopiern, die sich zuvor im Ausland politisch betätigt bzw. regierungskritisch geäußert hatten, die Verhaftung für unbestimmte Zeit droht, selbst wenn sie keine führende Stellung in der EPPFG inne hatten. Die Messlatte für Verhaftungen liege - so das GIGA - derzeit sehr niedrig, es sei zu Verhaftungen schon aufgrund bloßer regierungskritischer Äußerungen im privaten Rahmen gekommen.

Auf der Grundlage dieser Auskünfte und mit Blick auf das verschärfte Vorgehen der äthiopischen Sicherheitskräfte gegen jegliche Art oppositioneller Tätigkeit in Äthiopien selbst sowie unter Berücksichtigung des von der äthiopischen Regierung verhängten strikten Kontaktverbots zu von ihr als terroristisch bewerteten Gruppen ist das Gericht der Auffassung, dass sich auch die Gefahrensituation für in Deutschland exilpolitisch tätige äthiopische Staatsangehörige verschärft hat. Dies gilt zumindest für Mitglieder und Anhänger von Organisationen, die vom äthiopischen Staat als terroristisch eingeordnet werden. Aus den dargestellten Auskünften wird deutlich, dass der äthiopische Sicherheitsdienst unterschiedslos jegliche von ihm beobachtete oppositionelle Tätigkeit im Ausland meldet; zudem wird deutlich, dass hierbei nicht (mehr) differenziert wird zwischen bloßen Mitläufern, die auf der Grundlage einer Risikoeinschätzung nicht zu einer realen Gefahr für das äthiopische Regime werden, und Personen, die sich aus den Kreis der bloßen Mitläufer herausheben und aufgrund ihres politischen Denkens und Handelns tatsächlich als Gefahr für das äthiopische Regime ernst zu nehmen sind. Damit besteht nunmehr auch für äthiopische Staatsangehörige, die sich zu Organisationen, die vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuft werden oder zu einer Exilorganisation, die einer solchen Organisation nahe steht, bekennen, und die ein Mindestmaß an Aktivität im Rahmen dieser Organisationen vorweisen können, eine konkrete Gefahr bei einer Rückführung nach Äthiopien. Dies ist auch unter dem Blickwinkel des § 3b Abs. 2 AsylG zu sehen, wonach es unerheblich ist, ob der Asylsuchende tatsächlich die politischen Merkmale aufweist, die zu seiner Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Dies gilt auch in Kenntnis des Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 11. Juli 2017 (6 K 4787/15.GI.A - juris) und der dort vorgenommenen Bewertung der genannten Unterlagen.

Die oben dargestellte Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9. Dezember 2016 kann das Gericht nicht mit Blick auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. März 2017 dahingehend interpretieren, der Lagebericht knüpfe die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung unter anderem an eine Leitungsfunktion, weshalb die Gefahr der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung nur bestehe, wenn sich der Betroffene aus dem Kreis der bloßen Mitläufer hervorhebe. Vielmehr hebt der Lagebericht unter Ziffer 1.9 darauf ab, dass es grundsätzlich auf den Einzelfall ankomme „d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird o d e r (Hervorhebung durch das Gericht) um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen)“. Aus dem Wort „oder“ geht hervor, dass nach Ansicht des Auswärtigen Amtes allein die Tatsache, dass eine Person sich für eine von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehene Organisation betätigt, zu staatlichen Repressionen führt; alternativ führen auch bestimmte Arten exilpolitischer Tätigkeiten für jedwede oppositionelle Organisation (auch die nicht als terroristisch eingestufte) zu staatlichen Repressionen. Damit relativiert der Lagebericht vom 6. März 2017 die Auskunft vom 9. Dezember 2016 nicht, sondern bestätigt sie.

Die Auskunft von Günter Schröder vom 23. Februar 2017 an das Verwaltungsgericht Gießen bewertet die Kammer dahingehend, dass sie eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr für äthiopische Staatsbürger belegt, die als Mitglied einer von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften Organisation bloße „Mitläufer“ sind. Diesbezüglich ist es nicht erforderlich, das Günter Schröder eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung seit Verhängung des Ausnahmezustandes im Jahr 2016 belegt. Denn Schröder vertritt bereits z.B. in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Köln vom 11. Mai 2009 (vgl. Rn. 198 ff.) die oben im Einzelnen dargelegte Haltung, die allerdings bislang von der Mehrzahl der Verwaltungsgerichte - so auch vom Verwaltungsgericht Würzburg - unter Berücksichtigung anders lautender Auskünfte anderer Stellen nicht als ausschlaggebend angesehen wurde. Die Darlegung hinreichender Gründe für die Verschiebung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes kann von Schröder unter diesen Umständen nicht verlangt werden. Vielmehr ist es hinreichend, dass nunmehr eine stärkere inhaltliche Deckung zwischen den Auskünften einerseits beispielsweise des Auswärtigen Amtes und des GIGA und andererseits von Günter Schröder besteht, zumal auch Schröder in seiner Auskunft vom 23. Februar 2017 an das VG Gießen mehrfach (vgl. Rn. 228 und Rn. 237) ausdrücklich auf den jetzigen Ausnahmezustand abhebt.

Damit bewertet die Kammer aufgrund einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskünfte des Auswärtigen Amtes, des GIGA, von Günter Schröder, der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21. Januar 2016 und der Unterlagen der EKBO bzw. des Beirates Horn von Afrika des Berliner Missionswerkes die Gefahrensituation für äthiopische Staatsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch betätigen, wie oben dargestellt, neu.

Angesichts der Unberechenbarkeit der äthiopischen Sicherheitsbehörden haben solche Personen mit einer längeren Inhaftierung, verbunden mit intensiver Befragung und Misshandlung unter inhumanen Haftbedingungen zu rechnen (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 237; AA, Auskunft an das VG Gießen v. 9.12.2016; GIGA, Auskunft an das VG Gießen v. 30.1.2017).

Dies stellt eine Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AsylG aufgrund einer politischen Überzeugung im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG ist für solche Personen angesichts der umfassenden Präsenz der äthiopischen Sicherheitsbehörden im ganzen Land nicht erkennbar.

Auf der Grundlage dieser Bewertung wird deutlich, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Äthiopien aufgrund ihrer exilpolitischen Tätigkeiten eine Verfolgung durch staatliche Behörden konkret und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte. Denn die Klägerin hat mittels diverser Bescheinigungen und Lichtbilder glaubhaft dargelegt, dass sie an vielen verschiedenen Versammlungen der EPPFG und von dieser Gruppierung organisierten Demonstrationen teilgenommen hat. Die EPPFG steht der von der äthiopischen Regierung als terroristische Vereinigung eingestuften EPPF nahe; es ist wahrscheinlich, dass auch sie als Terrorgruppe eingestuft wird (AA, Auskunft vom 9.12.2016 an das VG Gießen). Zudem hat die Klägerin die Zeitschriften Gho und Meleket jeweils im Original vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass dort jeweils unter ihrem Namen und einmal mit Wohnortangabe ein regierungskritischer Artikel erschienen ist.

Wie oben ausgeführt, muss davon ausgegangen werden, dass diese exilpolitischen Tätigkeiten dem äthiopischen Geheimdienst bekannt geworden sind und dass sich hieraus eine konkrete Verfolgungsgefahr bei einer Rückführung der Klägerin nach Äthiopien ergibt, die eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen würde.

All dies macht deutlich, dass der Klägerin bei einer Rückkehr nach Äthiopien aufgrund ihrer exilpolitischen Tätigkeiten eine Verfolgung durch staatliche Behörden konkret und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte. Dementsprechend war die Beklagte unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides vom 6. Oktober 2015 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Damit bedurfte es einer Entscheidung über subsidiären Schutz nach § 4 AsylG und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht mehr.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO; § 83b AsylG, diejenige über die vorläufige Vollstreckbar auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

1. Die Klagen werden als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die im Jahr 1991 geborene Klägerin zu 1) reiste gemeinsam mit ihren Töchtern, den im Jahr 2009 und 2011 in … geborenen Klägerinnen 2) und 3) nach eigenen Angaben am 20. Oktober 2014 mit einem Direktflug der Lufthansa von … nach Frankfurt in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Die Klägerinnen stellten am 29. Oktober 2014 Asylanträge.

Die Klägerin zu 1) erklärte, sie habe für sich selbst und ihre Kinder bei der äthiopischen Botschaft in … Reisepässe beantragt und erhalten, habe in … in einem Reisebüro die Flugtickets gebucht und habe hierbei angegeben, über … nach … reisen zu wollen. Für die gesamte Reise inklusive Flugtickets habe sie ca. 3.000 EUR bezahlt. Sie habe während ihres fünfjährigen Aufenthalts in Israel Geld gespart und gearbeitet und habe sich daher die Reise leisten können.

Sie erklärte, aus Angst, wieder in ihrer Heimat zurückgeschickt zu werden, habe sie die Reisepässe nach Ankunft in … auf einer Toilette im Transitbereich zerrissen und in den Abfalleimer geworfen. Dasselbe habe sie auch mit den Flugtickets gemacht.

In ihrer Anhörung gemäß § 18 a AsylG (Flughafenmodell) am 29. Oktober 2014 in der Außenstelle Flughafen … erklärte die Klägerin zu 1), sie habe bereits in Äthiopien einen Reisepass beantragt und erhalten. Diesen habe sie bei der Botschaft in … zum Zweck der Reise nach Deutschland verlängern lassen. Sie sei verheiratet, ihr Mann lebe in Israel, wo er zurzeit im Gefängnis sei. Er besitze keine gültige Aufenthaltsgenehmigung, sei deshalb inhaftiert worden und sie selbst habe eine Duldung besessen, die sie alle drei Monate habe verlängern können. Sie und ihr Mann hätten in Israel als Gebäudereiniger gearbeitet. Ihre Eltern lebten noch in ihrem Heimatort südlich von Addis Abeba, ebenso wie die ganze Großfamilie (drei Schwestern und ein Bruder). Sie habe Äthiopien im Jahr 2007 verlassen und habe zwei Jahre im Sudan gelebt. Danach habe sie fünf Jahre in Israel gelebt und sei von Israel direkt nach Deutschland geflogen. Sie sei schon im Sudan mit ihrem Mann zusammen gewesen, den sie aber erst in Israel nach der Geburt der Kinder geheiratet habe. Ihr Mann sei der Bruder ihrer Mutter, also ihr Onkel. Sie seien aus diesen Gründen vor der Familie geflohen, weil es große Probleme mit der Familie gegeben habe. Die Heiratsurkunde sei bei ihrem Mann, die Taufbescheinigungen und die Geburtsbestätigungen der Kinder habe sie dabei. Auf Vorhalt, dass in den beiden vorgelegten Taufbescheinigungen unterschiedliche Angaben zur Mutter stünden, erklärte die Klägerin zu 1), sie habe auf der Bescheinigung der Klägerin zu 2) einen eritreischen Namen angegeben, da sie im Sudan und auch in Israel als Eritreerin gelebt habe. Sie habe damit erreichen wollen, dass ihr Mann aus dem Gefängnis entlassen würde, da er ja ein Kind habe. Außerdem habe sie so verhindern wollen, nach Äthiopien abgeschoben zu werden, weil zum damaligen Zeitpunkt Äthiopier in ihr Heimatland von Israel aus abgeschoben worden seien, jedoch nicht nach Eritrea. Bei der Bescheinigung für die Klägerin zu 3) habe diese Gefahr nicht mehr bestanden. Für die israelischen Behörden sei sie immer Eritreerin gewesen. Ihren äthiopischen Pass habe sie in Israel nie vorgezeigt und auch die Duldung habe sie auf den eritreischen Namen erhalten. Sie habe jedoch in Israel nicht arbeiten dürfen, weshalb sie Israel verlassen habe.

Auch in Äthiopien habe sie bei der Passerstellung falsche Angaben gemacht und sich ein paar Jahre älter gemacht, damit sie volljährig sei. Den Pass habe sie in Addis Abeba vor ihrer Ausreise in den Sudan ausstellen lassen. Man habe sie bei der Passbehörde nach ihrem Personalausweis gefragt. Aber auch in diesem habe sie das Geburtsdatum geändert. Sie habe bei der Passbeantragung einfach auf dem falschen Geburtsdatum beharrt. Der Beamte habe dies dann wunschgemäß übernommen.

Auf Vorhalt, sie habe zwar Geburtsbescheinigung der Kinder nach Deutschland mitgebracht als Nachweis, dass dies ihre Kinder seien und zum Nachweis, wer der Kindsvater sei, habe jedoch für ihre eigene Identität überhaupt gar keine Personaldokumente und auch keine sonstigen Dokumente mitgenommen, erklärte die Klägerin zu 1), sie habe den Pass aus Angst vor Abschiebung zerrissen und alle anderen Papiere in Israel bei ihrem Mann zurückgelassen. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin zu 1), sie habe die Dokumente bei einer Freundin zurückgelassen, sie werde die Papiere nachreichen.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2015, der dem Prozessbevollmächtigten den Klägerinnen als Einschreiben am 7. Januar 2016 zugesandt wurde, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 2), lehnte die Anträge auf subsidiären Schutz ab (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4), drohte den Klägerinnen die Abschiebung nach Äthiopien an, wenn sie nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Bundesrepublik Deutschland verlassen (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise-und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen aufgeführt, das Gesamtverhalten der Klägerin zu 1) gebe Anlass zur Annahme, dass die Antragstellung für sich und die Kinder von asylfremden Motiven geprägt sei. Insbesondere habe sie Reisedokumente und Identitätspapiere bisher nicht vorgelegt, obwohl sie nunmehr seit über einem Jahr im Bundesgebiet lebe. Lediglich ein Dokument, von dem die Klägerin zu 1) behaupte, es handle sich hierbei um die Heiratsurkunde, habe sie bislang vorgelegt. Auch diese können nicht als Nachweis angesehen werden, dass die Klägerin zu 1) tatsächlich mit ihrem Onkel verheiratet sei. Denn schon die Altersangaben stimmten nicht mit den im Asylverfahren gemachten überein. Im Asylverfahren sei sie fünf Jahre älter. Zum anderen stimme auch der Name der Mutter in dieser Heiratsurkunde nicht mit dem Namen überein, den die Klägerin zu 1) bei ihrer Anhörung angegeben habe. Es bestehe der Verdacht, dass die Klägerin zu 1) versuche, mit gefälschten Dokumenten für sich einen asylrelevanten Verfolgungshintergrund zu konstruieren.

Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Ehemann in Israel über lange Zeit inhaftiert worden sei, statt nach Äthiopien zurückgeschickt zu werden, wenn Grund der Inhaftierung gewesen sei, dass er keine Duldung erhalten habe. Dies widerspreche den Erkenntnissen der Beklagten, wonach in Israel eine große Arbeitsmigration von äthiopischen Staatsangehörigen bestehe. Aufenthaltstitel würden zum Zwecke der Arbeitsaufnahme erteilt. Sie habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihr Ehemann in Israel im Gefängnis sei. Es sei auch davon auszugehen, dass es der Klägerin zu 1) möglich sei, mit ihren Kindern nach Äthiopien zu der Großfamilie zurückzukehren. Dass sie dort gezielten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein solle, sei nicht ersichtlich.

Das Offensichtlichkeitsurteil wurde auf § 30 Abs. 3 Nummern 1, 2 und 4 AsylG gestützt.

Denn das Vorbringen der Klägerin zu 1) sei nicht substantiiert bzw. in sich widersprüchlich, entspreche offenkundig nicht den Tatsachen oder werde auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt. Außerdem täusche sie im Asylverfahren über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit bzw. verweigere Angaben hierzu. Des weiteren bestehe Anlass zur Annahme, dass der Antrag nur gestellt worden sei, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl vorher ausreichend Gelegenheit bestanden habe, einen Asylantrag zu stellen. Die Klägerin zu 1) habe bereits ihre Identität nicht nachgewiesen, habe ihren angeblich äthiopischen Reisepass für sich und ihre Kinder sogar absichtlich vernichtet und lege offensichtlich gefälschte Geburtsurkunden für ihre Kinder vor. Daraus werde deutlich, dass er an einem wahrheitsgemäßen Vortrag nicht gelegen sei. Die Klägerin zu 1) sei insgesamt unglaubwürdig.

Nachdem auch Gründe für die Schutzgewährung nach § 4 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich seien, seien die Anträge abzulehnen.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten, das am 18. Januar 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Klägerinnen Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes erheben. Der gleichzeitig gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die ausgesprochene Abschiebungsandrohung anzuordnen, wurde mit Beschluss vom 26. Januar 2016 abgelehnt (AN 3 K 16.30047). Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Dezember 2015 zu verpflichten, die Klägerinnen als Asylberechtigte zuzuerkennen, ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise,

ihnen subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zu gewähren und

weiterhin hilfsweise,

festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die in den vorgelegten Bescheinigungen verwendeten Namen und Abstammung seien nachvollziehbar. Grundlage für die falschen Personalien sei die Flucht aus Äthiopien aufgrund der verbotenen Beziehung zu dem in Israel inhaftierten Ehemann der Klägerin zu 1) gewesen. Diese falschen Angaben hätten sich durch den Aufenthalt in Israel hin durchgezogen. Nachdem der Ehemann der Klägerin zu 1) wohl zu Zwecken der Abschiebung in Haft genommen worden sei, hätte die Klägerin zu 1) in Israel nicht mehr weiterleben können. In Absprache mit dem inhaftierten Ehemann habe sie versuchen sollen, nach Europa zu kommen. Auch der Ehemann der Klägerin zu 1) habe sich in Israel auf der aus der Haft absetzen können und sei nach Deutschland gelangt. Das Verfahren des Ehemannes ist unter AN 3 K 16.30240 beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängig.

Das Offensichtlichkeitsurteil könne keinen Bestand haben. Insbesondere seien die Geburtsurkunden nicht gefälscht. Denn die Klägerin zu 1) habe denselben Familiennamen wie ihr Kind, nämlich den Großvaternamen … Der Vater sei nicht in die Geburtsurkunden eingetragen, da ohne urkundlichen Beleg der Vaterschaft der Vater nicht eingetragen würde. Außerdem führten inzestuöse Beziehungen in Äthiopien zu einer sozialen Ächtung, die zu lebensbedrohlichen Übergriffen führen könne. Auch drohe den Klägerinnen zu 2) und 3) die Genitalverstümmelung im Herkunftsland. Die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann könnten den Klägerinnen zu 2) und 3) keinen Schutz gewähren, da sie ihrerseits in einer sozial existenzbedrohenden Lage sein, in der sie mit Gewissheit nicht den Rückhalt hätten, den sie für einen wirksamen Schutz der Kinder bräuchten.

Die Beklagte beantragte am 25. Januar 2016,

die Klagen abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, insbesondere auf das Verfahren des Ehemannes der Klägerin zu 1) (AN 3 K 16.30240) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Klagen haben keinen Erfolg. Sie sind als offensichtlich unbegründet abzuweisen, § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1, 5 VwGO. Den Klägerinnen steht offensichtlich kein Bleiberecht zu, § 30 AsylG.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B.v. 1.3.1979 – 1 B 24/79 – Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B.v. 12.7.1983 – 1 BvR 1470/82 – BVerfGE 65, 76; U.v. 11.12.1985 – 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 – BVerfGE 71, 276; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVwZ 2007, 1046).

Die Klägerinnen haben keinerlei Gründe geltend gemacht, die den Anspruch auf Zuerkennung eines Bleiberechts rechtfertigen können, weshalb die Asylanträge nach § 30 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet anzusehen sind.

Hierzu wird zunächst auf die Gründe der Entscheidung im Eilverfahren (An 3 S. 16.30047) sowie auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klägerin zu 1) erklärte in der mündlichen Verhandlung nun erstmals, ihr Ehemann sei bereits vor der Ausreise politisch aktiv und wegen dieses Engagements auch verfolgt gewesen. Er selbst dementierte dies. Mit diesem Verhalten bestätigte die Klägerin zu 1), dass sie es mit der Wahrheit nicht genau nimmt und Angaben im Verfahren orientiert an dem für sie zu erwartenden größtmöglichen Nutzen macht. In Zusammenschau mit den Erwägungen aus dem Beschluss im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes drängt sich auf, dass das Vorbringen der Klägerin zu 1) insgesamt offenkundig den Tatsachen nicht entspricht, § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG.

Ergänzend ist zu bemerken:

1. Ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG besteht für die Klägerin zu 1) offensichtlich nicht.

Selbst bei Wahrunterstellung des Verwandtschaftsverhältnisses ist weder ein asylrelevanter Verfolgungsgrund i.S. des § 3b AsylG vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Klägerin zu 1) gab hierzu an, es habe wegen des verwandtschaftlichen Verhältnisses mit ihrem Ehemann (Kläger im Verfahren AN 3 K 16.30240) Probleme und Auseinandersetzungen mit ihrer Familie gegeben. Sie trug nicht vor, deshalb Probleme mit staatlichen Stellen gehabt oder befürchtet zu haben.

Auch die Möglichkeit einer strafrechtlichen Sanktionierung sexueller Beziehungen zwischen Verwandten in Äthiopien ist kein Verfolgungsgrund i.S. des § 3b AsylG, da nicht an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird. Aus demselben Grund besteht offensichtlich auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG.

Ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG besteht nicht.

Soweit vom Klägervertreter im Verfahren auf die unwürdigen Bedingungen im Strafvollzug in Äthiopien hingewiesen wurde, ist nicht ersichtlich geworden, inwiefern ein staatliches Verfolgungsinteresse hinsichtlich der Verbindung überhaupt im Raum steht. Weder die Klägerin zu 1) noch ihr Ehemann haben entsprechende Befürchtungen geäußert; Schwerpunkt des Vorbringens waren stets die innerfamiliären Schwierigkeiten. Auch die vorgetragene Verhaftung des Ehemannes der Klägerin zu 1) erfolgte nicht wegen der (den Behörden also bereits bekannten) Verbindung von Onkel und Nichte, sondern wegen der Schlägerei mit dem Bruder der Klägerin zu 1). Nach alldem stellt sich die pauschale Behauptung des Klägervertreters zu den Haftbedingungen in Äthiopien als so vage dar, dass nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Klägerin zu 1) für den Fall ihrer Rückkehr ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG droht.

Die Klägerin zu 1) befindet sich infolge der absichtlichen Vernichtung ihres Reisepasses in einem in vorwerfbarer Weise selbstgeschaffenen Beweisnotstand. Insbesondere deshalb ist es nicht möglich, die Verwandtschaftsverhältnisse der Klägerin zu 1) zu ihrem Ehemann aufzuklären, auf die maßgeblich das Vorbringen zu drohenden Gefahren im Heimatland gestützt wird. Die Klägerin zu 1) gab im Verfahren vor dem Bundesamt an, sie habe Dokumente zum Nachweis ihrer Identität bei ihrem Ehemann (damals in Israel) bzw. bei einer Freundin zurückgelassen. Diese kann sie jedoch immer noch nicht vorlegen, sondern erklärte in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2017 lediglich, für die Ausstellung eines neuen Reisepasses benötige sie die Kopie des alten, den sie nicht mehr besitze. Weitergehende Anstrengungen zum Nachweis ihrer Identität hat die Klägerin zu 1), die nach eigenen Angaben sowohl in Äthiopien als auch in Israel über persönliche Daten getäuscht hat, nicht unternommen.

2. Auch der Vortrag der Klägerin zu 1), sie befürchte, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien einer Beschneidung unterzogen würden, vermag nicht zur Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes für die Klägerinnen zu 2) und 3) zu führen.

Eine konkret drohende Beschneidung ist geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen (OVG Nordrhein-Westfalen, U.v.14.2.2014 – 1 A 1139/13.A – juris Rn. 80; VG Aachen, U.v. 16.9.2014 – 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 5.12.2014 – W 3 K 14.30001 -, juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 – AN 3 K 16.30877 – juris; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn. 35).

Allerdings geht die Einzelrichterin davon aus, dass die Klägerinnen zu 2) und 3) wegen der von der Mutter in der mündlichen Verhandlung klar geäußerten Ablehnung der FGM dieser Gefahr offensichtlich nicht ausgesetzt sein werden. Die Durchführung einer FGM ist hauptsächlich von der Haltung der Mutter abhängig. Dies bestätigte die Klägerin zu 1), die angab, ihre eigene Mutter sei bei der bei der bei ihr durchgeführten Beschneidung anwesend gewesen und habe diese – wie der Vater auch - befürwortet. Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen lässt sich in Äthiopien ein Rückgang der weiblichen Genitalverstümmelung beobachten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes Äthiopien vom 6. März 2017, II 1.1.8.). Dass die Kinder – wie von der Klägerin zu 1) behauptet – ihren Eltern zur Durchführung der FGM gewaltsam entzogen würden, ist nicht weder nachvollziehbar vorgetragen noch glaubhaft, zumal die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern gerade nicht in den engeren Familienkreis zurückkehren werden, der die Beziehung zwischen der Klägerin zu 1) und ihrem Ehemann ablehnt. Auch ergibt sich aus keinem Erkenntnismittel der Hinweis auf ein solches Vorgehen.

3. Weitergehende Gründe, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes i.S. des § 60 AufenthG führen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Die Klägerinnen werden im Familienverband mit dem Ehemann und Vater nach Äthiopien zurückkehren. Gemeinsam wird es ihnen möglich sein, sich dort eine bescheidene Existenz aufzubauen. Eine erhebliche Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit nach § 60 Abs. 5 AufenthG vermag die Einzelrichterin nicht zu erkennen, zumal die Klägerinnen auch in Israel in der Lage waren, ihr Auskommen zu sichern.

Demnach waren die Klagen als offensichtlich unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG.

Beschluss

Der Gegenstandswert beträgt 7.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 RVG).

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Beschluss

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO.

Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.