Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Laut Gewerberegisterauskunft betreibt die Klägerin im Anwesen ... in ..., Gemarkung ..., einem Reiheneckhaus am Beginn einer Zeile mit acht Reihenhäusern, ein Nagelstudio mit Verkauf von Kosmetikartikeln seit 1. Oktober 2011. Dies wurde dem Landratsamt ... durch Anzeige der Eigentümer des benachbarten Anwesens ... mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 5. Februar 2013 am 6. Februar 2013 bekannt.

Der Betrieb der Klägerin sei mit erheblichen Lärmbelästigungen verbunden.

Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 18. Oktober 1979 beschlossenen und seit 20. Juni 1980 rechtsverbindlichen Bebauungsplanes Nr.... für das Gebiet ... der Stadt .... In diesem Bebauungsplan ist der Bereich, in dem die beiden oben genannten Grundstücke liegen, von der Art der baulichen Nutzung als reines Wohngebiet nach § 3 BauNVO 1977 festgesetzt. Der Bebauungsplan enthält die Maßgabe, dass Ausnahmen im Sinne des § 3 Abs. 3 BauNVO 1977 gemäß § 1 Abs. 6 BauNVO 1977 nicht Bestandteil des Bebauungsplanes sind.

Auf den im Schreiben des Landratsamtes vom 5. März 2013 an die Klägerin ergangenen Hinweis, dass eine derartige gewerbliche Nutzung im dortigen Bereich gegen § 30 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO verstoße, teilte die Klägerin in ihrem Schreiben vom 22. März 2013 an das Landratsamt Folgendes mit:

Sie habe wöchentlich ca. zehn Kundinnen, denen sie Termine von Montag bis Freitag vormittags zwischen 8.00 Uhr und 11.00 Uhr und nachmittags zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr vergebe. Wegen ihrer zwei Kinder gebe es öfter Tage, an denen sie auch unter der Woche nicht arbeite. Ihr Nagelstudio befinde sich im Keller.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 3. April 2013 ließen die Bewohner des Nachbaranwesens ...im Wesentlichen Folgendes vortragen:

Mindestens zwei Kunden täglich würden aufgrund der damit verbundenen Geräusche wahrgenommen werden. Es seien oft bereits die Laufgeräusche auf der Veranda vor dem Haus, die sich aufgrund der Reihenhausbebauung unmittelbar an das Nachbarhaus übertragen würden. Diese Geräusche seien bereits vor dem Klingeln zu hören. Spätestens die Tür und die Schritte im Haus auf der Treppe zum Keller hinab würden sich ganz deutlich hörbar übertragen. Der Kundenverkehr beginne in der Regel um 8.00 Uhr morgens und ziehe sich dann bis weit in die Abendstunden hinein, oftmals auch an Sonn- und Feiertagen. Samstags seien regelmäßig Kunden da. Die Kunden ließen sich von Pkws mit laufendem Motor, die vor der Tür parken würden, abholen. Teilweise werde auch der Gehsteig zugeparkt.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2013 trug die Eigentümerin des Anwesens ..., das Nachbaranwesen zum Anwesen der Anzeigeerstatter, gegenüber dem Landratsamt vor, dass sie durch den Betrieb des Nagelstudios in ihrer Wohnqualität beeinträchtigt sei. Die Parksituation habe sich seit dem Betrieb des Nagelstudios wesentlich verschlechtert. Die Kunden der Klägerin würden sogar verkehrswidrig parken. Die Kunden würden immer wieder vor ihrem Carport parken. Eine Kundin habe sich direkt in ihren Carport hineingestellt. Von den Kunden der Klägerin werde teilweise der Weg vor den Häusern zugeparkt.

Vermehrt in den Sommermonaten ergebe sich eine erhebliche Lärmbelästigung durch das Türenschlagen, das Motor aus- und anschalten der Pkws der Kunden sowie durch das Klappern der hohen Absätze der Kundinnen auf dem Gehweg.

Dem Landratsamt wurde bekannt, dass in einem weiteren Anwesen im gleichen Bebauungsplangebiet, nämlich im Anwesen ..., ein weiteres Nagelstudio betrieben wird.

In der Stadtratssitzung vom 24. Oktober 2013 wurde ein Antrag auf Änderung des Bebauungsplans hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung von reinem Wohngebiet in ein allgemeines Wohngebiet im Bereich der ... behandelt.

Nachdem im südlichen Bereich des Bebauungsplans, in dem das Anwesen der Klägerin liegt, keine Änderung des Bebauungsplanes in Aussicht gestellt worden ist, erließ das Landratsamt ... gegenüber der Klägerin den streitgegenständlichen Bescheid vom 19. März 2014 mit folgendem Inhalt:

1. Die Klägerin hat den Betrieb eines Nagelstudios und den Verkauf von Kosmetikartikeln innerhalb von sieben Monaten ab Bestandskraft dieses Bescheides einzustellen.

Als Nachweis ist eine Bestätigung über die Gewerbeabmeldung vorzulegen.

2. Die für den Betrieb des Nagelstudios und den Verkauf von Kosmetikartikeln erforderlichen Gegenstände und Geräte sind innerhalb von sieben Monaten ab Bestandskraft dieses Bescheides zu entfernen.

3. Für den Fall der Nichterfüllung der Nrn. 1 oder 2 dieser Anordnung wird jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro angedroht.

Das Landratsamt stützte die Nutzungsuntersagung auf Art. 76 Satz 2 BayBO.

Die Nutzung des Reihenhauses der Klägerin erfolge zum einen formell rechtswidrig, da die Nutzungsänderung von Wohnräumen zu gewerblichen Räumen schon allein von den bauplanungsrechtlichen unterschiedlichen Anforderungen genehmigungspflichtig sei. Diese Genehmigung liege nicht vor. Ebenso scheide eine nachträgliche Genehmigung aus, da die Nutzung auch materiell rechtswidrig erfolge. Der Bebauungsplan ... setze als Art der baulichen Nutzung ein reines Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO (1977) fest. Regelzulässig seien gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO (1977) lediglich Wohnnutzungen. Ausgeschlossen seien damit gewerbliche Betriebe jeder Art auch dann, wenn von diesen keine Belästigungen oder Störungen ausgingen. Eine ausnahmsweise Zulassung könne nach § 3 Abs. 3 BauNVO (1977) erteilt werden für Läden oder nichtstörende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebietes dienten. Ein Nagelstudio und der Kosmetikartikelverkauf deckten jedoch nicht den „täglichen“ Bedarf der Bewohner. Zudem müsse wohl ein „Bedarf“ der überwiegenden Bewohner des Gebiets an Dienstleistungen eines Nagelstudios verneint werden. Ein „Bedarf“ setze Bedürfnisse voraus, die von den Bewohnern eines reinen Wohngebietes typischerweise erwartet werden könnten (z. B. Lebensmittel). Des Weiteren seien in einem reinen Wohngebiet für die Berufsausübung freiberuflicher Tätiger gemäß § 13 i. V. m. § 3 BauNVO (1977) Räume zulässig. Hiervon sei z. B. eine Arztpraxis erfasst. Ein Nagelstudio stelle jedoch keine freiberufliche Tätigkeit dar. Da ein Nagelstudio überwiegend nach den konkreten Angaben der Kunden eine Dienstleistung bringe, beruhe diese Tätigkeit nicht auf einer individuellen geistigen Leistung.

Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheide ebenso aus, da hier eindeutig die Grundzüge der Planung berührt würden. Die Nutzungsuntersagung erfolge somit nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Die Anordnung sei geeignet, um den Gebietscharakter des reinen Wohngebiets zu wahren und rechtmäßige Zustände wiederherzustellen. Sie sei auch erforderlich, da ein milderes Mittel, z. B. eine nachträgliche Genehmigung, ausscheide. Der Klägerin sei eine mehr als angemessene Frist für die Aufgabe ihres Betriebes eingeräumt worden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Das finanzielle Interesse der Klägerin an der Ausübung ihres Gewerbes müsse hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung rechtmäßiger Zustände und insbesondere am Interesse der Bewohner des reinen Wohngebiets an der Erhaltung des Gebietscharakters zurückstehen. Die Anordnung zur Entfernung der für den Betrieb des Nagelstudios und für den Verkauf von Kosmetikartikeln erforderlichen Gegenstände und Geräte stütze sich auf Art. 76 Satz 1 BayBO.

Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Vorschriften des VwZVG.

Dieser Bescheid wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 26. März 2014 zugestellt.

Mit dem bei Gericht am 16. April 2014 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen,

den Bescheid vom 19. März 2014 aufzuheben.

Die Klägerin betreibe seit 2007 ein absolut nicht störendes Nagelstudio ohne Personal in einem Zimmer im Keller. Dieses Nagelstudio sei ordnungsgemäß angemeldet und durch die Stadt ... genehmigt worden. Die Stadt ...habe bei der Anmeldung keinerlei Bedenken ausgesprochen, so dass auch die Klägerin davon ausgegangen sei, dass alles seine Ordnung habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte es der Stadt ... nahegelegen, dass die genehmigte Nutzung bebauungsplanwidrig sei. Die Klägerin berufe sich auf Vertrauensschutz und Verwirkung.

Die Klägerin modelliere Nägel, wobei von einer handwerklichen Tätigkeit ausgegangen werde und verkaufe hin und wieder auch einmal Nagellack etc.. Das Kundenaufkommen sei gering und beschränke sich auf ein bis zwei Kunden pro Tag, maximal zehn Kunden in einer Woche.

Die Klägerin habe im Jahr 2012 Einkünfte aus ihrem Gewerbebetrieb in Höhe von 2.218,00 Euro erzielt. Die Klägerin habe zwei Kinder, wenn sie drei oder vier oder mehr Kinder hätte, wären die angeblichen Lärmbelästigungen größer.

Es sei falsch, dass die Klägerin auch an Sonn- und Feiertagen und bis in die Abendstunden Kunden habe. Die Klägerin benötige für eine Kundin eineinhalb Stunden. Offenbar könne die Nachbarin nicht zwischen Besuchern des 16jährigen Sohnes der Klägerin oder Kunden unterscheiden. Definitiv falsch sei es, dass die Klägerin nach 19.00 Uhr noch Kunden empfange. Möglicherweise habe die Nachbarin Freundinnen der Klägerin gesehen. Keine weiteren Nachbarn der Klägerin fühlten sich durch die Klägerin in irgendeiner Weise gestört. Es gebe viele Nachbarn in der ..., die sich durch lautes Feiern, zumindest in der Feuerwehrauffahrt, durch die Anzeigeerstatter gestört fühlten sowie durch die Vermüllung der Hofeinfahrt. Die Klägerin habe noch nie festgestellt, dass Angehörige von Kunden mit laufendem Motor vor der Tür stünden. Es sei anzumerken, dass ständig der Gehsteig zugeparkt sei, nicht nur von Kunden der Klägerin.

Bei der Bewohnerin des Anwesens Nr. ...handele es sich um eine Freundin der ursprünglichen Anzeigeerstatter von Nr. .... Die Zeugin sei wieder in den Staaten, offenbar handele es sich hier noch um eine Gefälligkeitsaussage.

Die Klägerin habe bei der Stadt ... inzwischen einen Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes gestellt.

Auch die weitere Betreiberin eines Nagelstudios im reinen Wohngebiet bemühe sich, eine Bebauungsplanänderung herbeizuführen.

Die Klägerin berufe sich auf Art. 3 GG, da in der unmittelbaren Nachbarschaft sich zahlreiche kleinere nicht störende Gewerbebetriebe/Freiberufler befänden, wie z. B. ein Konditormeister, ein Kosmetikstudio, eine Fußpflege, eine Tupperwarenberaterin, ein Finanzdienstleister, eine christliche Physiotherapie, ein Jugend- und Kulturverein, Versicherungen, Strickwaren und Handarbeit, Legasthenietraining und Lerntherapie, eine Tierärztin. Auch diese Betriebe/Praxen würden nun schon beanstandungsfrei seit Jahren betrieben, trotz Kundenverkehr. Weiterhin seien in dem Gebiet mindestens 30 bis 50 Gewerbebetriebe angesiedelt, wenn man sich den Bebauungsplan einmal anschaue, so werde man erkennen, dass es Gebiete von allgemeinem und reinem Wohngebiet gebe. Ein Grund für die Differenzierung sei nicht erkennbar. Bei dem klägerischen Betrieb handele es sich nicht um eine Schreinerei. Der Betrieb der Klägerin mit ein bis zwei Kunden am Tag sei sicherlich weniger störend als beispielsweise eine tierärztliche Praxis in der 20 bis 30 Patienten mit Herrchen und Frauchen ein- und ausgingen.

Es sei weiterhin ungerecht, dass unmittelbar angrenzend ohne jeden Zwischenbereich sich ein Gewerbegebiet befinde, nämlich in der .... Hier seien beispielsweise eine Großbäckerei, ein Autohaus, ein Ingenieurbüro, eine Werbeagentur.

Faktisch seien die Festsetzungen des Bebauungsplans durch Funktionslosigkeit unwirksam geworden. Infolge der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse könnten schlichtweg die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr realisiert werden. Das ...gebiet habe schon längst nicht mehr den Charakter eines reinen Wohngebiets.

Die Klägerin berufe sich darauf, dass ausnahmsweise nach § 3 Abs. 3 BauNVO eine Zulassung erfolgen könne, wenn es sich um nicht störende Handwerksbetriebe handele. Die Klägerin modelliere primär Nägel. Hierbei handele es sich um eine leise handwerkliche Tätigkeit. Darüber hinaus sei die Tätigkeit der Klägerin in keinster Weise störend.

Am 30. Mai 2014 erließ das Landratsamt ... einen Änderungsbescheid dahingehend, dass die der Klägerin jeweils gesetzte Frist auf den 31. Dezember 2014 abgeändert und gleichzeitig die sofortige Vollziehung dieses Bescheides angeordnet wird.

Zur Begründung führt das Landratsamt an, dass die Abänderung der ursprünglich gesetzten Fristen im Hinblick auf die nunmehr erfolgte Klageerhebung erfolgt sei.

Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014 ihrer Prozessbevollmächtigten bezog die Klägerin diesen Änderungsbescheid mit in ihre Klage ein.

Das Landratsamt beantragte in seinem Schriftsatz vom 21. Juli 2014,

die Klage abzuweisen.

Ausgehend von den Grundsätzen der Rechtsprechung erweise sich der hier streitige Betrieb eines Nagelstudios in seiner Gesamtheit nicht als Berufsausübung, die nach § 13 BauNVO in einem (faktischen) reinen Wohngebiet zulässig sei.

Aus der erfolgten gewerberechtlichen Anzeige, nachdem gewerberechtlich keine Genehmigung erforderlich sei, könne nicht geschlossen werden, dass die Nutzung auch baurechtlich zulässig sei, wenn die Stadt Bad W. nicht eingeschritten sei und für die rechtswidrige gewerbliche Nutzung könne ein Vertrauensschutz nicht gegeben sein.

Auch eine Bestätigung der Nachbarn, dass sie sich durch das Nagelstudio nicht gestört fühlten, ändere an deren Rechtswidrigkeit nichts. Dass die angrenzende Straße zum Wertstoffhof und in das Gewerbegebiet führe und als Rallyestrecke bezeichnet werde, ändere an der Festsetzung als reines Wohngebiet nichts und sei damit für die Zulässigkeit des Vorhabens unerheblich.

Eine Lösung der Konflikte mit den benachbarten Anzeigeerstattern ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der gewerblichen Nutzung in einem rechtskräftig festgesetzten reinen Wohngebiet.

Dass der Antrag der Klägerin auf Änderung des Bebauungsplans nicht förmlich bearbeitet worden sei, sei insoweit nicht maßgebend. Die Gemeindeordnung sehe einen Bürgerantrag nur vor, wenn dieser von einem Hundertstel der Gemeindeeinwohner unterschrieben sei. Nur ein solcher zulässiger Antrag unterliege der gesetzlichen Verpflichtung, diesen zu behandeln.

Gegen das weitere Nagelstudio sei ebenfalls ein Verfahren zur Nutzungsuntersagung eingeleitet worden. Allerdings sei im Bereich dieses Betriebes eine Änderung des Bebauungsplanes bei der bei der Stadt ... geführten Besprechung vom 24. Februar 2014 nicht ausgeschlossen worden. Die genannten 30 bis 50 Gewerbebetriebe seien auf den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplanes bezogen, der nach der Art der baulichen Nutzung neben einem reinen Wohngebiet auch ein allgemeines Wohngebiet sowie ein Mischgebiet und ein Gewerbegebiet festsetze.

Eine eventuelle Funktionslosigkeit des Bebauungsplans könne durch den Beklagten nicht festgestellt werden, da diesem eine Normverwerfungskompetenz nicht zustehe. Aufgrund der Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides stehe auch der Änderungsbescheid vom 30. Mai 2014 in Einklang mit der Rechtsordnung.

Mit Schriftsatz vom 1. August 2014 der Prozessbevollmächtigten ließ die Klägerin ein Schreiben der Stadt ... vom 2. Juli 2014 vorlegen. Darin verwies die Stadt ... darauf, dass in der Vergangenheit bereits sich der Bau- und Umweltausschuss als auch der Stadtrat mit der Thematik reines Wohngebiet und kleingewerbliche Nutzungen am ... ausführlich beschäftigt habe. Auch in der Bürgerversammlung vom November 2013 sei dieses Thema angesprochen worden. Der Tenor dieser Veranstaltung sei mehrheitlich gewesen, den Bebauungsplan so zu belassen und kein Änderungsverfahren durchzuführen. Aufgrund des allgemeinen Tenors und der vorhandenen Nachbarschaftsproblematik werde ein Änderungsverfahren nicht erfolgversprechend sein.

Die Stadt ... erklärte ihre Bereitschaft bei der Suche nach Ersatzräumlichkeiten für den Betrieb des Nagelstudios.

In der mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligen erörtert.

Der Vertreter des Beklagten erklärte, entsprechende Vergleichsfälle aufzugreifen und anhand der jeweiligen Gesetzeslage zu überprüfen.

Die Klägervertreterin stellte den Antrag, den Bescheid des Beklagten vom 19. März 2014 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 30. Mai 2014 aufzuheben.

Die Vertreterin des Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Akten des Landratsamtes ... und auf die vorgelegte Ausfertigung des Bebauungsplanes Nr. „...“ ... Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Das Landratsamt ... hat zu Recht die Klägerin aufgefordert, den Betrieb eines Nagelstudios und den Verkauf von Kosmetikartikeln einzustellen und die für den Betrieb des Nagelstudios und den Verkauf von Kosmetikartikeln erforderlichen Gegenstände und Geräte zu entfernen.

Die der Klägerin insoweit gesetzte Frist ist nicht zu beanstanden.

Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid des Landratsamtes ... vom 19. März 2014 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 30. Mai 2014 in ihren Rechten nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die unter Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides vom 19. März 2014 gegenüber der Klägerin erlassenen Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig.

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherren auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Denn es ist im Allgemeinen unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher - vergeblich - aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen (Art. 76 Satz 3 BayBO) bzw. ohne über einen bereits gestellten Bauantrag entschieden zu haben (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris - unter Verweisung auf BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl 2012, 86).

Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Nutzungsuntersagung rechtmäßig.

Im angefochtenen Bescheid hat das Landratsamt zunächst darauf abgestellt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Betrieb eines Nagelstudios in einem ausschließlich als Wohnhaus genutzten Gebäude um eine formell rechtswidrige Nutzung handelt, weil gemäß des Grundsatzes des Art. 55 Abs. 1 BayBO die Nutzungsänderung von Anlagen einer Baugenehmigung bedarf. Bei der Umnutzung von Kellerräumen zur Betriebsstätte eines Nagelstudios handelt es sich weder um ein verfahrensfreies Bauvorhaben nach Art. 57 BayBO, noch liegen die Voraussetzungen einer Genehmigungsfreistellung nach Art. 58 BayBO vor. Es ist unzweifelhaft, dass für eine gewerbliche Tätigkeit andere bauplanungsrechtliche Vorschriften gelten als für eine bloße Wohnnutzung.

Die untersagte Nutzung ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Der Betrieb eines Nagelstudios in dem auf dem Grundstück Fl. Nr. ... gelegenen Reihenhaus ist gemäß § 30 BauGB unzulässig, da es hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung der Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. 11 für das Gebiet... der Stadt ... widerspricht. Das klägerische Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 18. Oktober 1979 vom Stadtrat der Stadt ...beschlossenen und seit 20. Juni 1980 rechtsverbindlichen o. g. Bebauungsplanes. Von der Art der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) ist der südliche Bereich dieses Bebauungsplanes als reines Wohngebiet nach § 3 BauNVO festgesetzt. Durch diese Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplanes (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO) und zwar in der Fassung, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan galt (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB), demnach im vorliegenden Fall die Baunutzungsverordnung i. d. F. vom 15. September 1977. Da der Bebauungsplan weiterhin die differenzierende Festsetzungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 6 BauNVO enthält, wonach Ausnahmen, die im vorliegenden Fall in § 3 Abs. 3 BauNVO 1977 enthalten sind, nicht Bestandteil des Bebauungsplanes werden sollen, bedeutet dies im vorliegenden Fall, dass im streitgegenständlichen Bereich dieses Bebauungsplanes, demnach im Bereich des klägerischen Anwesens, ausschließlich eine Wohnnutzung und keinerlei gewerbliche Nutzung zulässig ist. Da der BauNVO eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt, bestimmt sich die Gebietsverträglichkeit eines Nagelstudios im vorliegenden Fallausschließlich nach der im Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungsart, auch dann, wenn von dem konkreten Vorhaben keinerlei Störungen oder Belästigungen ausgehen. Demnach ist im vorliegenden Fall eine gewerbliche Nutzung in der Form eines Nagelstudios eine im dortigen Bebauungsplan unzulässige Nutzungsart.

Die Zulässigkeit eines Nagelstudios im reinen Wohngebiet ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aufgrund der Vorschrift des § 13 BauNVO (Gebäude und Räume für freie Berufe). Danach sind für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 BauNVO Räume zulässig. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20. Januar 1984, 4 C 56/80, BayVBl 1980, 344 in seinem Leitsatz festgestellt, dass die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, dadurch gekennzeichnet ist, dass in unselbstständiger Stellung Dienstleistungen angeboten werden, die vorwiegend auf individuellen geistigen Leistungen oder sonstigen persönlichen Fertigkeiten beruhen.

Dass die von der Klägerin betriebene Tätigkeit hierunter nicht fällt, hat das Landratsamt in seinem Bescheid vom 19. März 2014 mit zutreffenden Argumenten ausgeführt. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht in der o. g. Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben, dass der Verordnungsgeber mit der Ausnahmevorschrift des § 13 BauNVO nicht die sonstigen -nicht störenden - gewerblichen Nutzungen in allen Baugebieten zulassen wollte, so dass das von der Klägerin betriebene Gewerbe nicht unter diese Ausnahmevorschrift fällt, auch wenn unbestritten bei einer im reinen Wohngebiet zulässigen Ausübung eines freien Berufes, wie eines Arztes, Rechtsanwaltes oder Steuerberaters durch einen etwaigen Besucherverkehr mehr Belästigungen oder Störungen entstehen dürften als dies bei einem Nagelstudio in dem von der Klägerin betriebenen Umfang der Fall ist. Aufgrund der starren gesetzlichen Vorschriften der §§ 3 und 13 BauNVO ist dem Landratsamt insoweit auch kein Ermessen eingeräumt.

Unzweifelhaft liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht vor, da die Zulassung des klägerischen Vorhabens die Grundzüge der Planung berühren würde.

Auch wenn das Landratsamt inzwischen festgestellt hat, dass in dem Bereich, der im o.g. Bebauungsplan als reines Wohngebiet festgesetzt ist, weitere drei bis vier Betriebe vorhanden sind, ist der Bebauungsplan insoweit nicht funktionslos geworden. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit erst dann außer Kraft, wenn insoweit die Verhältnisse auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, U. v. 29.4.1977 IV C 39.75, BayVBl 1978, 23). Nachdem nach Bundesverwaltungsgericht an die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplanes strenge Anforderungen zu stellen sind und das Landratsamt insoweit erklärt hat, dass es gleichartige unzulässige Nutzungen im reinen Wohngebiet gleichermaßen überprüfen wird, hat der o. g. Bebauungsplan noch nicht den Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der Festsetzung eines reinen Wohngebietes auf unabsehbare Zeit ausschließen würde.

Im vorliegenden Fall hat das Landratsamt bei der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung auch ermessensfehlerfrei gehandelt, nachdem auch die im Bebauungsplan festgesetzte Art der baulichen Nutzung nachbarschützend ist und den Eigentümern eines Grundstücks im Baugebiet hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart ein Gebietserhaltungsanspruch zusteht, wenn eine Nutzung von der zulässigen Nutzungsart abweicht und zwar unabhängig davon, ob die gebietswidrige Nutzung den Nachbarn selbst unzumutbar beeinträchtigt oder nicht (vgl. BayVGH, B. v. 8.7.2013, 2 CS 13.873 - juris). Das Landratsamt ... hat in ermessensfehlerfreier Weise gehandelt, wenn es dem Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung rechtmäßiger Zustände gegenüber dem privaten Interesse der Klägerin an der Fortführung der Ausübung ihres Gewerbes Vorrang einräumt.

Soweit sich die Klägerin auf Verwirkung und Vertrauensschutz beruft, ist angesichts der rechtswidrigen Nutzung ihr Vertrauen nicht schutzwürdig. Die Gewerbeanmeldung bei der Stadt ... ersetzt nicht die für eine rechtmäßige Nutzung erforderliche positive Aussage der für Rechtsfragen in Bezug auf bauliche Anlagen allein zuständigen Bauaufsichtsbehörde.

Ist somit die ausgesprochene Nutzungsuntersagung rechtmäßig, ist auch die weiter erlassene Anordnung zur Entfernung der für den Betrieb des Nagelstudios und für den Verkauf von Kosmetikartikeln erforderlichen Gegenstände und Geräte nicht zu beanstanden. Art. 76 Satz 1 BayBO stellt hierfür eine tragfähige Rechtsgrundlage dar, da eine nachträgliche Genehmigung für den Betrieb eines Nagestudios im reinen Wohngebiet und damit die Herstellung rechtmäßiger Zustände wegen des Widerspruchs zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht möglich ist.

Die im Änderungsbescheid festgesetzte und insoweit für sofort vollziehbar erklärte Auslauffrist bis Jahresende ist verhältnismäßig und somit nicht zu beanstanden, ebenso wenig die Zwangsgeldandrohung. Sie entspricht den Vorschriften des VwZVG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. Okt. 2014 - AN 3 K 14.00594 zitiert 13 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 3 Reine Wohngebiete


(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Läden und nicht störende Handwerksbe

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(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebä

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 13 Gebäude und Räume für freie Berufe


Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2014 - 9 CS 14.451

bei uns veröffentlicht am 23.05.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt. Gründe

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(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine baurechtliche Nutzungsuntersagung für Lackier- und Grundierarbeiten.

Die Antragstellerin, ein Unternehmen zur Planung, Fertigung und Montage von Stahlkonstruktionen, hat im Jahre 2002/2003 die Firma S. Stahl- und Apparatebau, Inhaber A. ..., übernommen. Sie betreibt auf dem Grundstück Fl.Nr. 618 Gemarkung F. eine betriebliche Niederlassung. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines mit Bebauungsplan „Im G1“ vom 21. Juli 1984 festgesetzten Gewerbegebietes.

Nach Nachbarbeschwerden über Lackierdämpfe untersagte das Landratsamt ... der Antragstellerin mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 20. Dezember 2013 unter Androhung eines Zwangsgelds die Durchführung von Lackier- und Grundierarbeiten auf dem Grundstück Fl.Nr. 618 Gemarkung F., soweit sie außerhalb der dafür genehmigten Lackierkabinen vorgenommen werden. Die Antragstellerin erhob beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage gegen den Bescheid und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Mit Beschluss vom 6. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie macht geltend, die Nutzung der Halle 0 zum Lackieren und Beschichten großer Bauteile sei von der Baugenehmigung vom 3. November 1982 gedeckt und damit nicht formell illegal. Es liege in der Natur der Sache, dass in einem Stahlbaubetrieb auch beschichtet werde. Anhaltspunkte für eine Beschränkung dieser Nutzung durch die Gestattung zweier Lackierkabinen in dieser Baugenehmigung seien nicht ersichtlich. Wegen der von der Antragstellerin angewendeten Spritztechnik im Airless-Spritzverfahren sei die Nutzung der Halle 0 zu Beschichtungszwecken auch materiell legal. Eine Gesundheitsgefährdung für die Nachbarschaft bestehe dabei nicht. Durch das Lackier- und Grundierverbot stehe die Existenzfähigkeit des Betriebs der Antragstellerin in Frage.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 6. Februar 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Landratsamts ... vom 20. Dezember 2013 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die untersagte Nutzung sei formell illegal, weil keine Baugenehmigung vorliege, die Lackier- und Grundierarbeiten außerhalb der Lackierkabinen gestatte. Die betriebliche Notwendigkeit, Lackierarbeiten in den Hallen durchzuführen, habe sich nach den Feststellungen des Landratsamts erst zu Beginn der 1990er Jahre ergeben. Spätestens darin liege jedenfalls eine wesentliche Nutzungsänderung. Die Beweislast für die Einwendung, die Nutzung sei aufgrund einer behördlichen Gestattung formell legal, treffe den Adressaten einer Nutzungsuntersagung. Die untersagte Nutzung sei auch nicht genehmigungsfähig. Bei der Ableitung von organischen Lösemitteln bei Lackierarbeiten sei nach dem Stand der Technik gemäß der VDI-Richtlinie 2280 mindestens eine Abluftführung über das Dach anstelle der bisher praktizierten Lüftung durch die geöffneten Hallentore erforderlich. Der Einsatz des sog. „Airless-Spritzverfahrens“ ermögliche keinen Verzicht auf die nach dem Stand der Technik üblichen Schutzvorkehrungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses:

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Denn es ist im Allgemeinen unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher - vergeblich - aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen (Art. 76 Satz 3 BayBO) bzw. ohne über einen bereits gestellten Bauantrag entschieden zu haben (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl 2012, 86). Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Nutzungsuntersagung voraussichtlich rechtmäßig.

1. Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die Durchführung von Lackier- und Grundierarbeiten in der Halle 0 und damit außerhalb der mit Baugenehmigung vom 3. November 1982 genehmigten Lackierkabinen nicht bauaufsichtlich genehmigt ist. Es kann dahinstehen, ob sich aus dieser Baugenehmigung die Gestattung von Beschichtungsarbeiten in der Halle 0 ohne weiteres deswegen entnehmen lässt, weil es - wie die Antragstellerin vorbringt - in der Natur der Sache liegt, dass in einem Stahlbaubetrieb auch beschichtet wird. Gleiches gilt für die Frage, ob sich aus der Auflage Nr. 23 zu der der Firma J. ... erteilten Baugenehmigung vom 13. April 1964, wonach auch die Bedingungen des Gewerbeaufsichtsamts vom 29. Januar 1964 als Bauauflagen gelten, ergibt, dass im Umkehrschluss aus Nr. 15 dieser Bedingungen abgeleitet werden kann, dass Spritz- und Tauchlackierarbeiten mit Lacken, die die Vorgaben dieser Bedingung erfüllen, uneingeschränkt genehmigt sind.

Denn jedenfalls enthält die Baugenehmigung vom 3. November 1982 - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - bei verständiger Auslegung eine Beschränkung der Lackierarbeiten auf die beiden von der Baugenehmigung umfassten Lackierkabinen. Die Baugenehmigung wurde der Firma J. ... erteilt für das Bauvorhaben „Errichtung der Produktionshalle 0“ nach Maßgabe der beiliegenden Bauvorlagen. Dem damaligen Bauantrag war eine schriftliche Baubeschreibung der Werkanlage der Firma S. beigefügt, in dem unter anderem in Nr. 10 die Hallenbelegung der Hallen 0 bis V beschrieben wurde. Ausführungen zur Nutzung der Hallen für Lackierarbeiten sind darin nicht ausdrücklich enthalten. Im ebenfalls beigefügten Grundriss vom 3. September 1982 des Werkes F. der Firma S. sind allerdings in Halle V zwei Räume mit der Zweckbestimmung „Farbspritzen“ und „Spritzen“ eingezeichnet, während bei der Halle 0 die Zweckbestimmung „Träger + Fertigteile-Lager Stahlbau“ eingetragen ist. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Lackierarbeiten nur in diesen beiden Räumen durchgeführt werden sollen, zumal auch die Zweckbestimmung für die anderen Hallen keine Hinweise auf die Durchführung solcher Arbeiten enthält. Dies gilt umso mehr, als sich auch in den Bauvorlagen für die früheren Baugenehmigungen vom 13. April 1964 zur Errichtung von drei Werkhallen und einer offenen Halle und vom 25. März 1968 zur Errichtung von zwei Werkhallen keine Hinweise auf die Durchführung von Lackierarbeiten finden lassen, obwohl dort die Zweckbestimmung der Hallen ausdrücklich genannt wurde. Für dieses Auslegungsergebnis spricht zudem, dass sich die Notwendigkeit, in der Halle 0 entsprechende Lackier- und Beschichtungsarbeiten durchführen zu müssen, nach den Feststellungen des Landratsamts erst dadurch ergeben hat, dass - anders als früher - auch größere Stahlteile bearbeitet werden mussten, die nicht mehr in die Lackierkabinen passten. Schließlich enthielt auch die Baubeschreibung zum Bauantrag der Firma S. Stahl- und Apparatebau, Inhaber A. ..., zur Verlängerung der Halle 0 in der Firma S., Stahl- und Apparatebau vom 1. Oktober 1988 keine Angaben zu chemischen und physikalischen Einwirkungen auf die Nachbarschaft.

2. Die untersagte Nutzung ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die untersagte Lackiertätigkeit dem Stand der Technik entspricht und welche Auswirkungen dadurch auf die Nachbarschaft, insbesondere das Wohnhaus auf Grundstück Fl.Nr. 617/1 Gemarkung F., hervorgerufen werden können. Der Antragsgegner hat insoweit darauf hingewiesen, dass nach der VDI-Richtlinie 2280 nur eine Ableitung lösungsmittelhaltiger Abluft bei Lackierarbeiten über das Dach dem Stand der Technik entspricht. Auch nach Nr. 5.5.1 TA Luft ist in der Regel eine Ableitung von Abgasen über Schornsteine erforderlich. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, bedarf es zur Klärung dieser Fragen der Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens, in dessen Rahmen von der Antragstellerin insbesondere eine genaue Betriebsbeschreibung vorzulegen ist. Nur so wird sich auch aufklären lassen, ob der Betrieb der Antragstellerin den Genehmigungsvorbehalten des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder dem Anwendungsbereich der 31. BImSchV unterfällt. Soweit sich die Antragstellerin unter Hinweis auf den Bericht der W. Beratende Ingenieure GmbH & Co.KG vom 13. Januar 2014 und deren Stellungnahme vom 10. März 2014 darauf beruft, die Lackierarbeiten stellten keine Gesundheitsgefährdung für Menschen im benachbarten Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. 617/1 Gemarkung F... dar, liegt dieser Einschätzung eine Betriebsweise zugrunde (Verwendung des Airless-Spritzverfahrens, Lackiertätigkeit zu 70% in den Lackierkabinen und zu 30% in der Halle 0, Schließen des südöstlichen Hallentores), die in keiner Weise rechtlich abgesichert ist. Zudem erscheint nach den Feststellungen des Landratsamts bei einer Ortseinsicht vom 17. März 2014 zweifelhaft, dass die Antragstellerin diese Betriebsweise uneingeschränkt einhält. Bei dieser Ortseinsicht war das Tor auf der Südseite der Halle 0 geöffnet, obwohl vorher am Vormittag nach Angaben des Betriebsleiters der Antragstellerin im Bereich B/Halle 0 einige Metallbauteile beschichtet worden waren.

3. Soweit die Beschwerde die Nutzungsuntersagung überdies wegen Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin für unverhältnismäßig hält, wird dies nicht hinreichend dargelegt. Allein der Hinweis, der Antragstellerin sei bereits ein Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich entstanden, weil sie einen Auftrag nicht ausführen konnte, obwohl sie dazu verpflichtet war, reicht hierfür nicht aus. Abgesehen davon, wird im Bericht der W... Beratende Ingenieure GmbH & Co.KG vom 13. Januar 2014 unter Berufung auf die eigenen Angaben der Antragstellerin darauf abgestellt, dass nur 30% der Grundier- und Lackierarbeiten im südlichen Hallenbereich durchgeführt werden, während etwa 70% dieser Arbeiten in den beiden Lackierkabinen erfolgen. Diese Arbeiten werden von der angefochtenen Nutzungsuntersagung aber nicht erfasst. Wie den Verwaltungsakten (Bl. 81 zum Az. 602-40-AS-2013-408) entnommen werden kann, erscheint im Übrigen eine Aufhebung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids für den Fall einer kurzfristigen Beschaffung einer gegebenenfalls mobilen Abzugsanlage durch die Antragstellerin nicht ausgeschlossen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.