Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Feb. 2015 - AN 14 K 14.50218

published on 27/02/2015 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Feb. 2015 - AN 14 K 14.50218
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig und die Anordnung der Abschiebung nach B..

Der 1991 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger aserbaidschanischer Volks- und moslemischer bzw. schiitischer Religionszugehörigkeit. Er reiste am 11. Juni 2014 ins Bundesgebiet ein und stellte am 18. Juli 2014 Asylantrag. Er gab hierbei an, er habe sein Herkunftsland im Oktober 2012 verlassen, sei auf dem Landweg über die T. nach B. gelangt. In B. sei er für neun Wochen eingesperrt gewesen und habe sich dann als Asylsuchender gemeldet. Nach Ablehnung des Asylantrages sei er mittels Schleuser im Mai 2014 über S. und Ö. in die ... gelangt.

Nachdem der Abgleich der Fingerabdrücke mit der EURODAC-Datei Treffer für B. ergab, richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Schreiben vom 17. September 2014 ein Wiederaufnahmeersuchen an B., dem die bulgarischen Behörden mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 zustimmten.

Mit Bescheid vom 24. November 2014 wurde der Antrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach B. angeordnet. Auf die Begründung dieses Bescheids wird im Einzelnen Bezug genommen.

Dagegen hat der Kläger am 5. Dezember 2014 mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2014 Klage mit dem Antrag erhoben,

den Bescheid des Bundesamts vom 24. November 2014 aufzuheben.

Des Weiteren wurde beantragt,

dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 wurde der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Der Kläger befindet sich seit dem 23. Dezember 2014 im Kirchenasyl.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die beigezogene Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die Einzelrichterin, der das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 durch die Kammer zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylVfG), ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 zu entscheiden, obwohl kein Beteiligter zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat keinen Erfolg, da sie zwar zulässig, aber nicht begründet ist.

Die Klage ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist nach § 74 Abs. 1 AsylVfG erhoben und als isolierte Anfechtungsklage statthaft (vgl. OVG NW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A; VG München, Gerichtsbescheid v. 28.4.2014 - M 21 K 13.31396 - juris). Bezüglich des Anfechtungsbegehrens ist der Kläger klagebefugt, da sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im bulgarischen Asylverfahren beruft, so dass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 EU-Grundrechtecharta möglich erscheint.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 24. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach B. angeordnet.

Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Der Asylantrag des Klägers wurde gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, da der Kläger bereits in B. einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, so dass die Republik B. gemäß Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 1b der Verordnung (EU) Nummer 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) verpflichtet ist, den Kläger nach Maßgabe des Art. 23 Dublin III-VO wieder aufzunehmen. Dem vom Bundesamt am 17. September 2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen stimmte die Republik B. mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 zu. Somit obliegen der Republik B. die Verpflichtungen aus Art. 18 ff. der Dublin III-VO. Die Republik B. ist gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO verpflichtet, den Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Die Überstellung kann insoweit noch erfolgen.

Auch die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG in die Republik B. ist nicht zu beanstanden. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Hierbei bedarf es nach § 34 a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG einer vorherigen Androhung und Fristsetzung nicht.

Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich.

Bei der Republik B. handelt es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union und somit um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG bzw. § 26 a AsylVfG, so dass aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen ist, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist.

Die Dublin III-VO ist das grundlegende Regelwerk auf dem Weg zu einem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 4 ff der Dublin III-VO), mit dem eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats bezweckt wird, um letztendlich einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - m. w. N., juris). Dieses Gemeinsame Europäische Asylsystem fußt auf dem Grundsatz, dass ein Schutzsuchender im ersten sicheren Mitgliedstaat um Schutz nachsuchen muss und eine freie, selbstbestimmte Wahl des Zufluchtslandes nicht besteht. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden (so grundsätzlich EUGH (große Kammer), U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 414 ff.). Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn der zuständige Mitgliedstaat sogenannte „systemische Mängel“ des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufweist, so dass die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gefahr für Asylbewerber bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH (große Kammer), U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - Abdullahi, NVwZ 2014, 208 ff.). Dies wiederum hat zur Folge, dass der Asylbewerber der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (vgl. EUGH a. a. O.).

Diese Rechtsprechung mündete nunmehr in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der Dublin III-VO, wonach der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zum zuständigen Mitgliedstaat wird, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechtecharta mit sich bringen und auch eine alternative Überstellung in einen weiteren Mitgliedstaat anhand nachrangiger Zuständigkeitskriterien ausscheidet.

An diesen in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO normierten Ausnahmefall sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - DVBl 2014, 790 ff.). Von systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber kann nur bei strukturellen landesweiten Missständen ausgegangen werden, die eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden Einzelnen oder einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern begründen und die von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen werden. Eine umfassende Prüfung des Asylverfahrens, der Aufnahme- und Lebensbedingungen in anderen EU-Mitgliedstaaten und die dortige Einhaltung des Unionsrechts kann nicht Aufgabe deutscher Verwaltungsgerichte sein. Vielmehr gebietet der Respekt vor dem verfassungsändernden Gesetzgeber, der die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG im Hinblick auf das Asylgrundrecht zu sicheren Drittstaaten erklärt hat, und die Verwirklichung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems innerhalb der Europäischen Union als „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ die Überprüfung systemischer Mängel auf eine Evidenzkontrolle, auf Sonderfälle ähnlich der verfassungsgerichtlichen Ausnahmen vom Konzept normativer Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. -, juris, Rdnr. 189), zu beschränken (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 -, juris). Eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK muss im Sinne einer Selbstbetroffenheit speziell auch gerade für den jeweiligen Rechtsschutzsuchenden in seiner konkreten Situation bestehen. Sie liegt maßgeblich dann vor, wenn mit Blick auf das Gewicht und das Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, entweder schon der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet, oder dass er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen nicht mehr in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. OVG NRW a. a. O.). Diese Defizite müssen des Weiteren in der Art und Weise offensichtlich sein, dass sie im überstellenden Mitgliedstaat allgemein bekannt sein müssen (EUGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) und im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaats angelegt sein oder die Vollzugspraxis dort strukturell prägen, so dass sie des Weiteren aufgrund ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit aus Sicht der zuständigen Behörden und Gerichte verlässlich zu prognostizieren sind (BVerwG, B. v. 6.6.2014, a. a. O., m. w. N.).

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedstaat sind die regelmäßigen Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort. Den Berichten des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zu (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C 528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Nach diesen Grundsätzen ist auf Grundlage des dem Gericht vorliegenden, aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in B. (vgl. UNHCR, B. als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in B. -, Stand 04/2014, abrufbar unter http://www.unhcr.de; EASO (European Asylum Support Office) Operating Plan to Bulgaria, abrufbar unter www.asylumineurope.org; Hristova/Apostolova/Deneva/Fiedler, Gefangen in Europas Morast: Die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in B., abrufbar unter www...de) für den Kläger derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass in B. das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK begründen könnten.

Zwar sind im Hinblick auf das Ansteigen der Zahl der Asylsuchenden bestehende Schwächen des bulgarischen Asylsystems insbesondere für besonders schutzbedürftige Personen nicht auszuschließen, gleichwohl werden seitens des UNHCR erhebliche Verbesserungen bei der Registrierung, der Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz und den allgemeinen Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in den Aufnahmezentren B. festgestellt. Aus diesem Grund wird eine allgemeine Aussetzung der Dublin-Überstellungen nach B. als nicht mehr gerechtfertigt angesehen (UNHCR, B. als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in B. -, Stand 04/2014, S. 17, abrufbar unter http://www.unhcr.de).

Hinsichtlich der Bewertung des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen im Zielstaat B. folgt das Gericht der obergerichtlichen Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in B. tatsächlich nicht vorliegen (vgl. zuletzt: VGH Baden-Württemberg, U. v. 10.11.2014, - A 11 S 1778/14 und A 11 S 1636/14 -; ebenso VG Bayreuth, B. v. 8.1.2015 - B 3 S 14.50120 -; VG Augsburg, B. v. 25.8.2014 - Au 7 S 14.50199 und Au 7 K 14.50198 -; VG Düsseldorf, U. v. 16.12.2014 - 17 K 6924/14.A - und B. v. 19.12.2014 - 17 L 3091/14.A - und B. v. 12.12.2014 - 17 L 2916/14.A -; a. A. VG Odenburg, B. v. 27.1.2015 - 12 B 245/15 -; jeweils juris). Dort wird im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund des erheblichen Anstiegs syrischer Flüchtlinge im Jahr 2013 vorübergehend systemische Schwachstellen möglicherweise vorhanden waren, dass seitdem aber im bulgarischen Asylsystem bzw. -verfahren erhebliche Fortschritte gemacht werden konnten und insgesamt eine Entlastung des Asylsystems eingetreten sei. So seien bauliche und personelle Missstände im Wesentlichen behoben worden, die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln sei entscheidend verbessert worden, so dass nunmehr lediglich die flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit adäquater Nahrung problematisch sei (VGH Baden-Württemberg, a. a. O., unter Bezugnahme auf UNHCR, B. als Asylland, April 2014).

Auch wenn vergangene Erfahrungen im Zielstaat in die Gesamtwürdigung hinsichtlich des Vorliegens systemischer Schwachstellen einzubeziehen sind, führen individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 EU-GrCh verstoßenden Behandlung im Einzelfall nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (vgl. BVerwG, B. v. 6.6.2014, a. a. O.). Eine in B. bereits erlittene Haft begründet für sich genommen noch keine systemischen Mängel des Asylsystems und Aufnahmebedingungen. Eine im maßgeblichen Zielstaat bereits erfahrene, relevante Schlechtbehandlung führt nicht dazu, dass bei der Feststellung systemischer Schwachstellen des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen wären (vgl. VGH BW a. a. O.). Vielmehr ist das Vorbringen lediglich im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Die vom Kläger vorgetragene, in B. erlittene Haft reicht indes nicht aus, um eine strukturelle, regelhafte Schwachstelle des Asylsystems in B. zu verifizieren. Die Inhaftierung von Ausländern und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind und bislang keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern sichergestellt ist, dass nach der Antragstellung zeitnah eine Registrierung erfolgt (vgl. VGH BW a. a. O.).

Ob B. mit der Errichtung eines Zaunes an der Grenze zur T. gegen das unionsrechtliche und völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Qualifikations-Richtlinie- QRL) bzw. Art. 33 GFK verstößt, kann insoweit offen bleiben, als Flüchtlinge wie der Kläger, die sich bereits im Asylverfahren befinden, davon nicht betroffen sind (vgl. VGH BW a. a. O.).

Defizitäre Verhältnisse, von denen auch die einheimische Bevölkerung betroffen ist, rechtfertigen allein nicht die Annahme nicht mehr menschenwürdiger Behandlung. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der übereinstimmend berichteten Verbesserungen in Unterbringung und Versorgung für den Fall der Rücküberstellung des Klägers nach B. nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nach Art. 4 EU-GrCh zu befürchten. Hinsichtlich der Situation von anerkannten international Schutzberechtigten ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Unionsrecht lediglich eine Inländergleichbehandlung und damit eine Teilhabe an den allgemein schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen der bulgarischen Bevölkerung vorgesehen ist (vgl. Art. 26 bis 30 QRL).

Für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleine Kinder gehören, ist daher nicht davon auszugehen, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe vorliegen, dass diese im Falle einer Überstellung nach B. dort Gefahr laufen würden, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Grundrechtecharta ausgesetzt zu sein (vgl. VGH BW a. a. O.). Der Kläger kann einer Überstellung nach B. somit nicht damit entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel bzw. Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen würde.

Die Klage ist daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 25/08/2014 00:00

Tenor I. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ... werden sowohl für das Eil- als auch für das Klageverfahren abgelehnt. II. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt. III
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published on 19/12/2014 00:00

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published on 16/12/2014 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des
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published on 04/05/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungs
published on 23/06/2015 00:00

Gründe 1 Der Antragsteller wendet sich mit seinem - gleichzeitig mit der Klage – am 06.02.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.01.2015, mit welchem der Asylan
published on 19/06/2015 00:00

Gründe 1 Der Antragsteller wendet sich mit seinem - gleichzeitig mit der Klage – am 20.04.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.04.2015, mit welchem der Asylan
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Annotations

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.