Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 11. März 2019 - AN 9 S 18.02370

published on 11/03/2019 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 11. März 2019 - AN 9 S 18.02370
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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der am 14. Dezember 2018 erhobenen Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2018 wird hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides wiederhergestellt und hinsichtlich der Ziffer 2 des Bescheides angeordnet.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung die Abwendung einer Nutzungsuntersagung.

Die Antragstellerin ist Betreiberin der Räumlichkeiten im Erdgeschoss und Untergeschoss des Anwesens in der …str. ... in …, Gemarkung …, FlNr. … Der rechtsverbindliche und qualifizierte Bebauungsplan Nr. … der Antragsgegnerin vom 19. April 1971 setzt für den betreffenden Bereich des Anwesens ein Industriegebiet „…“ fest. In der Vergangenheit wurde das Anwesen in der …str. ... gewerblich bzw. industriell durch die Firma …genutzt.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 1996 wurde der Eigentümerin des Anwesens, der Firma …, bestehend aus den Gesellschaftern … vertreten durch Herrn … und dem Gesellschafter … …, als Miteigentümerin des Gesamtanwesens …str., …straße … und … im Anwesen …str., für die Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss eine Nutzungsänderung von Werkhalle zu einer „Jazzbar mit Bühne“ sowie bauliche und Fassadenänderungen, Umbau und Nutzungsänderung von Büro zu einer Gaststätte genehmigt.

Nach der dem Genehmigungsbescheid beigefügten Auflage Nr. 49 wurde die Besucherzahl wegen der Zahl der Toiletten auf maximal 400 begrenzt.

Mit der Tekturgenehmigung vom 20. November 1997 wurde der Eigentümerin eine Nutzungsänderung der genehmigten Vergnügungsstätte (Jazzbar) in eine Schank- und Speisewirtschaft mit kulturellem Zweck genehmigt. Die Nutzung der Räume war als Gasträume im Sinne der damals gültigen Verordnung über den Bau von Gast- und Beherbergungsstätten (Gaststättenbauverordnung - GastBauV - vom 13. August 1986) genehmigt worden. Entsprechend der Betriebsbeschreibung vom 4. November 1997 war eine „Musikbar mit mobiler Bühne“ für öffentliche Veranstaltungen, namentlich „kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte regionaler und überregionaler Musikgruppen, Vernissagen, Galerieausstellungen, Kleinkunst- und Performanceveranstaltungen u.ä. im Loftstil mit gastronomischer Nutzung“ beantragt. „Tanzveranstaltungen“ seien nach der Betriebsbeschreibung „nur begrenzt im Rahmen von Firmenfesten u.ä.“ vorgesehen. Nach der Auflage Nr. 8 wurde die maximale Besucherzahl auf 400 begrenzt.

In der Auflage Nr. 9 wurde auf die Regelung des damals geltenden § 8 Abs. 1 GastV (Öffnungszeit bis 1:00 Uhr, Zulassung von Ausnahmen möglich) verwiesen.

Die Firma … beantragte am 30. April 2014 die Änderung der vorhandenen Gastraumfläche durch Nutzungsänderung und Flächenverschiebung von Küche, Garderobe und Toilette. Entsprechend der Betriebsbeschreibung vom 26. November 2014, die die ursprüngliche Betriebsbeschreibung vom 16. Juli 2014 ersetzt, sollen neben der Nutzung als Gaststätte in den Räumen „Veranstaltungen zu kulturellen Zwecken, wie zum Beispiel Feiern zu religiösen Festen u.ä.“ begrenzt auf maximal 400 Personen durchgeführt werden, die Freitag bis Sonntag ab ca. 18:00 Uhr bis 5:00 Uhr stattfänden, wobei von einer Anzahl von ca. 10 bis12 Veranstaltungen pro Monat auszugehen sei.

Mit bestandskräftigen Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. März 2017 wurde die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Gaststätte mit Veranstaltungsraum für kulturelle Zwecke zu einem Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen mit bis zu 400 Personen (Vergnügungsstätte) versagt.

Die Antragstellerin wurde als derzeitige Betreiberin der Veranstaltungsräume mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 4. April 2017 informiert, dass eine Nutzung des Anwesens als Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen oder als Musikbar mit Veranstaltungsraum nicht möglich sei und wurde gebeten, die Nutzung bis zum 13. April 2017 aufzulassen.

Nach Einschaltung des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin mit Schreiben der Antragstellerin vom 7. Juli 2017 und aufgrund der besonderen Umstände, dass die Nutzung ausschließlich an den Wochenenden stattfinde sowie nach Einbeziehung des Umweltamtes der Antragsgegnerin und der Feuerwehr … wurde die Nutzung bis zum Ablauf des Mietvertrages bis zum 31. Dezember 2018 unter der Voraussetzung verlängert, dass eine schriftliche Betreiberverpflichtung zur Durchführung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen während des Betriebes durch die Antragstellerin abgegeben werde. Die von den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin geforderte schriftliche Bestätigung über die personelle Ausstattung des Sicherheitsdienstes, einer Einweisung durch die Feuerwehr sowie der Einrichtung einer direkten Telefonverbindung mit der Firma … wurde im weiteren Verfahren nicht abgegeben. Die Antragstellerin erklärte gegenüber der Antragsgegnerin, das Mietverhältnis nicht bis zum 31. Dezember 2018 zu beenden.

Am 6. November 2018, den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zugegangen am 9. November 2018, erließ die Antragsgegnerin folgenden Bescheid:

„1. Die Nutzung der Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss des Anwesens …str. ... als Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen bis zu 400 Personen (Vergnügungsstätte) bzw. als Musikbar mit Veranstaltungsraum (Vergnügungsstätte) wird hiermit untersagt. Zur Auflassung der Nutzung wird eine Frist bis zum 31.12.2018 gewährt. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.

2. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wird ein Zwangsgeld in Höhe von

10.000,00 EUR angedroht.

Dieser Betrag wird nach ungenutztem Ablauf der in Nr. 1 gestellten Frist zur Zahlung fällig, ohne dass es eines weiteren Verwaltungsaktes bedarf. Zur Zahlung ist Frau …als Betreiberin verpflichtet.

3. Die Kosten des Verfahrens hat die Verpflichtete zu tragen.

4. Die Kosten sind nach der beiliegenden Kostenfestsetzung, die Bestandteil dieses Bescheides ist, zu entrichten.“

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Nutzung der Räumlichkeiten ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung aufgenommen worden sei. Die Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss seien zur Nutzung als Gasträume nach der damals gültigen Gaststättenbauverordnung genehmigt worden. Bei der Nutzung als Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen wie auch für die Nutzung als Musikbar mit Veranstaltungsraum handle es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die neben der Änderung der Art der Nutzung auch aufgrund der veränderten Lautstärke der Musik, Erhöhung der Anzahl der Besucher sowie der durchgeführten Grundrissänderungen in den Erdgeschoss- und Untergeschossräumen vorliege. Für die geänderte Nutzung kämen andere bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht als für die bisherige Nutzung mit Baugenehmigung vom 20. November 1997, sodass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stelle. Bereits mit unanfechtbarem Bescheid vom 16. März 2017 sei die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Gaststätte mit Veranstaltungsraum für kulturelle Zwecke zu einem Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen (Vergnügungsstätte) versagt worden, da die Nutzung im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehe. Grundsätzlich reiche für eine Nutzungsuntersagung die bloße formelle Rechtswidrigkeit, wie sie hier vorliege, aus, allerdings dürfe eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig sei. Die nach Art. 55 BayBO erforderliche Baugenehmigung für die Nutzung der Räume als Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen bzw. für die Nutzung als Musikbar mit Veranstaltungsraum liege nicht vor.

Das Vorhaben liege im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes Nr. …, der für den betreffenden Bereich ein Industriegebiet „…“ festsetze. Die am Wochenende und in den Abend- und Nachtstunden ausschließlich für private Veranstaltungen von Festen für ein Publikum mit bis zu 400 Personen genutzten Räumlichkeiten würden die Merkmale einer Vergnügungsstätte erfüllen. Gemäß § 9 BauNVO seien Vergnügungsstätten in Industriegebieten nicht, auch nicht ausnahmsweise zulässig.

Zudem stünde das Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 BauNVO entgegen. Das beantragte Vorhaben befinde sich ca. 220 m vom Betriebsbereich des Störfallbetriebes der Firma …i.A. in der …straße … entfernt, auf deren Gelände Gase gelagert und verladen werden. Als Genehmigungsbehörde habe die Antragsgegnerin im baurechtlichen Genehmigungsverfahren dafür zu sorgen, dass nach Art. 13 der Seveso-III-Richtlinie ein angemessener Abstand zwischen Störfallbetrieb und schutzwürdigen Nutzungen bewahrt bleibe. Das Abstandsgebot stelle auf der Ebene der Vorhabenszulassung ein Kriterium der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens dar. Zur Berücksichtigung des Abstandsgebots seien von einem Sachverständigen der …(Gutachten vom 22. September 2016) und vom … Landesamt für Umwelt (Stellungnahme vom 13. Oktober 2016) verschiedene Freisetzungsszenarien, ausgehend von den im Betriebsbereich der Firma … gelagerten toxischen Gasen, betrachtet worden. Bei beiden Berechnungen sei ein angemessener Abstand von 310 m ermittelt worden. Die Bemessung der angemessenen Abstände sei vom jeweiligen potentiellen Schadensort „Lager für toxische Gase und Be- und Entladung/Kommissionierung“ erfolgt. Das beantragte Vorhaben befinde sich innerhalb des Abstands um den Betriebsbereich der Firma … Die Firma …habe für den Fall von Betriebsstörungen einen mit der Feuerwehr … abgestimmten betrieblichen Alarmierungs- und Gefahrenabwehrplan aufgestellt. Die Einhaltung des angemessenen Sicherheitsabstandes zum Störfallbetrieb diene der zusätzlichen Störfallvorsorge. Auch das Betriebsgelände der Firma... …sei planungsrechtlich als Industriegebiet eingestuft.

Die beantragte Nutzung als regelmäßige Versammlungsstätte für 400 Personen sei aufgrund der Nutzungsintensität deutlich zu hoch, da nach dem Schreiben der Obersten Baubehörde vom 30. Dezember 2015 insbesondere bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich seien und dadurch die gleichzeitige Nutzung durch mehr als 100 zusätzliche Besucher ermöglicht werde, nach den Anforderungen der Seveso-III-Richtlinie zu prüfen seien. Aufgrund der angestrebten Nutzung als regelmäßige Versammlungsstätte entsprechend der Betriebsbeschreibung mit internationalem Publikum würde die sprachliche Barriere als auch der zu erwartende Alkoholspiegel Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Falle eines Störfalles bei der Firma … so stark erschweren, dass die gesundheitliche Unversehrtheit der Gäste nicht mehr zu gewährleisten sei. Nachdem es sich bei der Nutzung der Räume als Musikbar mit Veranstaltungsraum ebenfalls um eine Vergnügungsstätte handle, seien die genannten Ablehnungsgründe inhaltsgleich anzuwenden. Die Nutzungsuntersagung sei das einzige Mittel, um einen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sei die getroffene Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen. Mildere Mittel als die Nutzungseinstellung stünden nicht zur Verfügung. An der Beendigung der Nutzung bestehe ein öffentliches Interesse. Der Sofortvollzug sei angeordnet worden, da der beanstandeten Nutzung eine erhebliche Breiten- und Nachahmungswirkung zukomme. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung diene als Bezugsfall für vergleichbare Nutzungen. Zudem sei eine Verfestigung baurechtswidriger Zustände zu befürchten. Die Antragstellerin sei als Betreiberin und damit Handlungsstörerin nach Art. 9 Abs. 1 LStVG die richtige Adressatin der Anordnung. Auch die Androhung des Zwangsgeldes sei fehlerfrei getroffen worden.

Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2018, am gleichen Tag dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach zugegangen, erhob die Antragstellerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2018 und beantragte zugleich:

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 4. Dezember 2018 gegen den Nutzungsuntersagungsbescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2018 wird wiederhergestellt.

Zur Begründung ließ die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten ausführen, dass sie seit 2013 im Anwesen …str. ... in … eine Gaststätte mit Veranstaltungsraum betreibe. Eigentümer des Objektes sei die Firma … Der Gaststättenraum befindet sich im Untergeschoss, im Erdgeschoss befinde sich im Besitz der Antragstellerin lediglich ein kleiner Raum. Die Antragstellerin veranstalte Hochzeitsfeierlichkeiten, die nur an den Wochenenden jeweils in der Zeit von ca. 18:00 Uhr bis 1:00 Uhr stattfänden. Im Abstand von ca. 220 m befinde sich die Firma … In unmittelbarer Nachbarschaft zur Firma … sei in einer Entfernung von ca. 50 m die Firma …, die mehrere 100 Arbeitnehmer an ihrem Betriebssitz in der …straße beschäftige. In einer Entfernung von ca. 300 m befänden sich die Diskothek „…“ sowie die Diskothek mit Musiksaal „…“. Ebenfalls sei in unmittelbarer Nachbarschaft das … in der …straße … ansässig.

Mit Mietvertrag vom 15. Oktober 2012 habe die Antragstellerin von der Firma … deren Rechtsnachfolgerin die Firma … sei, die im Untergeschoss und Erdgeschoss des Anwesens befindlichen Räumlichkeiten mit Mietbeginn zum 1. November 2012 angemietet. Hierbei habe die Antragstellerin erhebliche bauliche Veränderungen vorgenommen und ca. 200.000,00 EUR in das Objekt investiert. Für eine Musikbar mit Veranstaltungsraum mit dem Betriebsnamen „…“ sei der Antragstellerin am 28. Oktober 2013 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis erteilt worden, wobei die Höchstbesucherzahl auf 400 Personen festgesetzt worden sei. Die Eigentümerin des Objektes habe eine Nutzungsänderung von einer Gaststätte mit Veranstaltungsraum für kulturelle Zwecke zu einem Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen (Vergnügungsstätte) beantragt, die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. März 2017 versagt worden sei. In diesem Verfahren sei die Antragstellerin als Mieterin nicht beteiligt gewesen. Erstmals sei sie mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 4. April 2017 aufgefordert worden, die Nutzung der Räumlichkeiten bis zum 30. April 2017 aufzugeben. Hiergegen habe sie Einwendungen erhoben. Die Antragstellerin habe sich zudem an den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin gewandt, da die derzeitige Nutzung von der bisherigen Baugenehmigung mitumfasst und die Räume nicht als Vergnügungsstätte, sondern als Gaststätte mit Veranstaltungsraum zu klassifizieren sei.

Der Nutzungsuntersagungsbescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2018 sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Der Antragstellerin stehe ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung zu. Der Betrieb sei nicht als Vergnügungsstätte zu qualifizieren, da sie lediglich einen Hochzeitssaal betreibe, der nur an den Wochenenden geöffnet habe und über kein gesondertes Unterhaltungsprogramm verfüge. Bei den Hochzeiten werde Musik in einer nur geringen Lautstärke dargeboten. Auch in Industriegebieten seien gemäß § 9 BauNVO Anlagen für kirchliche, kulturelle Zwecke zulässig. Der Zulässigkeit stünde § 15 BauNVO nicht entgegen, da von dem Objekt keine Belästigungen oder Störungen ausgingen. An den örtlichen Gegebenheiten habe sich seit den Baugenehmigungen für die Gaststätte aus den Jahren 1996 und 1997 nichts geändert, auch damals habe die Firma … unter der gleichen Adresse ihren Betrieb unterhalten und Gase in Behältern gelagert. Die gesundheitliche Unversehrtheit der Gäste bei einem Gastronomiebetrieb von bis zu 400 Personen sei gewährleistet. Die Gäste seien bei den Veranstaltungen auch nicht stark alkoholisiert, da diese spätestens um 1:00 Uhr enden würden. Alkoholische Entgleisungen, wie sie zum Beispiel bei den Diskotheken „…“ und „…“ vorkämen, würden nicht auftreten; dies hätten die zahlreichen Veranstaltungen, die die Antragstellerin bereits abgehalten habe, gezeigt. Zudem könne die Räumung der Gaststättenräume im Falle eines Störfalls bei der Firma … dadurch gewährleistet werden, dass ein mit sämtlichen Sicherheitsvorschriften eingewiesener Sicherheitsdienst während den Öffnungszeiten der Gaststätte anwesend sei und dadurch eine zeitnahe Evakuierung der Gäste erfolgen könne. Die Antragsgegnerin habe in einem Telefonat selbst eingeräumt, dass das Risiko eines Störfalles äußerst gering sei, da sich die Betriebszeiten der Firma … mit den Veranstaltungszeiten der Antragstellerin nicht überschritten.

Die Antragstellerin berufe sich zudem aufgrund der bestehenden baurechtlichen Genehmigungen und der gaststättenrechtlichen Erlaubnis auf Vertrauensschutz. Ihre Existenz sei akut gefährdet, wenn die Nutzung der Räumlichkeiten nicht mehr weiter betrieben werden könne. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Antragsgegnerin lange Zeit untätig gewesen sei. Im Vertrauen auf den Bestand der öffentlich-rechtlichen Erlaubnisse sei der Mietvertrag zwischenzeitlich bis zum 31. Dezember 2023 verlängert. Die Antragstellerin habe für das Jahr 2019 insgesamt 34 Veranstaltungen geplant, eine Abiturfeier und im übrigen Hochzeitsfeiern. Zudem werde eine sachliche Ungleichbehandlung gerügt, da die Nutzung der Räumlichkeiten nur gegenüber der Antragstellerin untersagt worden sei und die beiden in der Nähe befindlichen Diskothekenbetriebe „…“ und „…“ ihre Betriebe weiterführen dürften. An der Anordnung des Sofortvollzugs der Nutzungsuntersagung bestehe kein öffentliches Interesse. Die Nutzung der Räumlichkeiten in der vorliegenden Form erfolge bereits seit dem Jahr 2013. Obwohl bereits im Jahr 2014 ein Antrag auf Nutzungsänderung eingereicht worden sei, sei dieser erst im Januar 2017 verbeschieden worden.

Die Antragsgegnerin teilte am 20. Dezember 2018 mit, dass sie bis zur Entscheidung des Gerichts keine Zwangsmaßnahmen ergreifen werde.

Mit Antragserwiderung vom 4. Januar 2019 beantragte die Antragsgegnerin den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die beantragte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Gaststätte mit Veranstaltungsraum für kulturelle Zwecke zu einem Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen mit bis zu 400 Personen (Vergnügungsstätte) mit bestandskräftigem Bescheid vom 16. März 2017 versagt worden sei. In Abstimmung mit dem Umweltamt und der Feuerwehr sei aufgrund der besonderen Umstände und der reduzierten Nutzungszeiten von Freitag bis Sonntag die Frist zur Auflassung der Nutzung bis zum Ablauf des Mietvertrages zum 31. Dezember 2018 gewährt worden. Voraussetzung hierfür sei eine schriftliche Betreiberverpflichtung zur Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen während des Betriebes gewesen. Die Antragstellerin habe sich telefonisch damit einverstanden erklärt. Letztlich sei die geforderte schriftliche Betreiberverpflichtung nicht beigebracht worden. Trotz mehrfacher Anforderung sei gegenüber der Antragsgegnerin nicht bestätigt worden, dass das Mietverhältnis tatsächlich zum 31. Dezember 2018 ende. Aufgrund der Ankündigung der Antragstellerin, das Mietverhältnis nicht zum 31. Dezember 2018 zu beenden, sei mit Bescheid vom 6. November 2018 die Nutzung der Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss des Anwesens als Vergnügungsstätte untersagt worden.

Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung sei Art. 76 Satz 2 BayBO. Die Nutzung der streitgegenständlichen Räume als Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen stehe im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, da es sich um eine nicht genehmigte, aber genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handle. Das Ermessen sei rechtsfehlerfrei ausgeübt worden. Hierzu gehöre, dass der Antragstellerin eine großzügige Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2018 zur Aufgabe der Nutzung gewährt worden sei. Seit März 2017 sei ihr die Versagung der Baugenehmigung bekannt. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig, da das genehmigungspflichtige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig sei. Die Nutzung des Anwesens als Veranstaltungsraum für geschlossene Gesellschaften von bis zu 400 Personen bedeute eine Nutzung als kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Es werde insbesondere auf das Urteil des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. April 2006 verwiesen, wonach eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte auch dann vorliege, wenn die jeweilige Feier nicht allgemein für die Öffentlichkeit zugänglich sei. Kerngebietstypische Vergnügungsstätten seien nach allen Fassungen der Baunutzungsverordnung in Industriegebieten unzulässig. Zudem könne das Vorhaben den angemessenen Sicherheitsabstand nach der Seveso-III-Richtlinie zu den Betriebsbereichen der Firma …, in denen gefährliche Stoffe im Sinne der Richtlinie lagern, nicht einhalten. Zwar sei richtig, dass die Antragsgegnerin in den neunziger Jahren für das Anwesen eine Baugenehmigung für eine Gaststätte mit einer Besucherzahl von bis zu 400 Personen erteilt habe. Die Antragstellerin beantrage hier jedoch die Zulassung eines anderen, neuen Vorhabens, dessen Genehmigungsfähigkeit zu prüfen gewesen sei. Insbesondere habe sich seit den neunziger Jahren die Rechtslage insoweit geändert, dass das in § 50 BImSchG statuierte Abstandsgebot im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sei. Spätestens seit der Entscheidung des EuGH im Jahr 2011 und dem darauf folgenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012 hätten die Baugenehmigungsbehörden sich bei Genehmigungen im Umfeld von Störfallbetrieben mit dem Abstandsgebot auseinanderzusetzen. Ob das Störfallrisiko zu vernachlässigen sei, weil die Veranstaltungszeiten der beantragten Nutzung mit denen des Betriebs der Firma … nicht überschritten, könne nur in einem Genehmigungsverfahren entschieden werden, eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit bestehe jedenfalls nicht.

Es liege auch keine Verletzung des Gebots des systemgerechten Vorgehens vor, in dem gegenüber den Betreibern des „…“ und der „…“ bislang keine Nutzungsuntersagung verfügt worden sei. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichte die Behörde nicht, gegen alle baurechtswidrige Zustände vorzugehen. Es sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass die Bauaufsichtsbehörde zunächst nur solche Fälle aufgreife, in denen eine Verschlechterung des bestehenden Zustandes drohe. Im Unterschied zur Antragstellerin sei der Betreiber der Veranstaltungshalle „…“ (... …straße ......) im Besitz einer Baugenehmigung, sodass der Betrieb Bestandsschutz genieße. Zudem sei die planungsrechtliche Situation nicht vergleichbar, da das Vorhaben „…“ in einem Gebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB liege, das zunächst als faktisches Gewerbegebiet, später als faktisches Industriegebiet eingestuft worden sei. Das Tanzlokal „…“ (... …straße …...) befinde sich unmittelbar neben der Veranstaltungshalle „…“ und sei planungsrechtlich identisch zu beurteilen. Auch für das Tanzlokal bestehe ein Bestandsschutz für die genehmigte Nutzung. Insoweit fehle die Vergleichbarkeit, um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu begründen.

Die Antragstellerin sei als Betreiberin des Vorhabens Handlungsstörerin, da sie im Impressum der Internetseite als Geschäftsführerin der Firma „…“ erscheine. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei notwendig und ermessensgerecht, da die Antragstellerin bei noch längerer Nutzung als Bezugsfall herangezogen werden könne. Eine Nutzungsuntersagung könne ihre Funktion nur dann erfüllen, wenn sie für sofort vollziehbar erklärt werde. An der Anordnung des Sofortvollzugs bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse.

Ergänzend ließ die Antragstellerin über ihren Prozessbevollmächtigten am 30. Januar 2019 vortragen, dass die Nutzung des Objektes nicht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche, sondern durch die Genehmigungen vom 21. Oktober 1996 und vom 20. November 1997 gedeckt sei. Die Antragsgegnerin habe eine Baugenehmigung für eine Gaststätte mit Veranstaltungsraum erteilt, wobei die Besucherzahl auf maximal 400 Gäste beschränkt worden sei. Zudem sei der Antragstellerin durch das Ordnungsamt der Antragsgegnerin die gaststättenrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer Musikbar mit Veranstaltungsraum unter dem Betriebsnamen „…“ erteilt worden, wobei die Betriebsräume mit Wirtschaftszimmer im Erdgeschoss und Saal im Untergeschoss angegeben seien. In dem Bescheid sei ausdrücklich angeführt, dass die gaststättenrechtliche Erlaubnis für die Betriebsräume gemäß dem baubehördlich genehmigten Plan erteilt werde. Die Nutzung der Räume als Hochzeitssaal sei mit der genehmigten Nutzung in ihrer Qualität identisch, so dass die Nutzungsuntersagung auch unverhältnismäßig sei. Auch die Intensität der Nutzung bleibe gleich, da jedes Mal 400 Besucher berechtigt seien, die Räume aufzusuchen. Da die Bauordnungsbehörde über einen längeren Zeitraum nicht tätig geworden sei, habe die Antragstellerin davon ausgehen dürfen, dass die Nutzung der Räumlichkeiten weiter betrieben werden dürfe. Seit Erteilung der ersten Baugenehmigung im Jahr 1996 habe sich an der Situation in dem Industriegebiet nichts geändert, sodass sich die Antragstellerin auf Bestandsschutz berufe. Die Antragstellerin rüge darüber hinaus den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Antragsgegnerin habe selbst eingeräumt, dass hinsichtlich dem „…“ am 29. Oktober 2015 ein Bauantrag für den Umbau und eine Nutzungsänderung gestellt worden sei, über den noch nicht entschieden worden sei. Ebenso liege ein Bauantrag vom 26. November 2009 hinsichtlich einer Nutzungsänderung des Tanzlokals „…“ vor, über den ebenfalls bis heute noch nicht entschieden worden sei. Es sei davon auszugehen, dass beide Nutzungsänderungen nicht genehmigungsfähig seien.

Das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR sei zudem unverhältnismäßig hoch. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei rechtswidrig und nicht ausreichend begründet. Die Anordnung einer Nutzungsuntersagung rechtfertige nicht automatisch ohne jede weitere Begründung die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Der vorliegende Zeitablauf spreche gegen die Dringlichkeit einer sofortigen Vollziehung. Mit Bescheid vom 16. März 2017 habe die Antragsgegnerin der Eigentümerin des Objektes die Nutzungsänderung versagt und erstmals mit Bescheid vom 6. November 2018 und damit eineinhalb Jahre später die Nutzung der Räumlichkeiten untersagt.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2019 ergänzte die Antragsgegnerin ihr bisheriges Vorbringen dahingehend, dass mit Bescheid vom 20. November 1997 gemäß der Betriebsbeschreibung vom 4. November 1997 eine „Musikbar und Veranstaltungshalle …“ genehmigt worden sei. Schwerpunkt sollte eine Nutzung als „Veranstaltungsraum für kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte regionaler und überregionaler Musikgruppen, Vernissagen, Galerieausstellungen, Kleinkunst- und Performanceveranstaltungen u.ä. im Loftstil“ mit Gastronomie sein. Tanzveranstaltungen seien „nur begrenzt im Rahmen von Firmenfesten u. ä. vorgesehen.“ Bei solch einem Vorhaben handle es sich um eine „Anlage für kulturelle Zwecke“ im Sinne der BauNVO und damit um Gemeinbedarfsanlagen, die deshalb einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung zugänglich sei. Das streitgegenständliche Vorhaben hingegen diene als Eventraum für private Feierlichkeiten, der Teilnehmerkreis sei - anders als bei kulturellen Einrichtungen - nicht offen. Wegen der unterschiedlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach der BauNVO liege die aufgegriffene Nutzung nicht innerhalb der Variationsbreite der genehmigten Nutzung. Deshalb sei sie nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin am 4. Dezember 2018 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2018 ist hinsichtlich der Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides (Nutzungsuntersagung) wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffer 2 des Bescheides (Zwangsgeldandrohung) anzuordnen.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, wenn die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, dessen sofortige Vollziehung angeordnet hat, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht überprüft zunächst, ob die Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht und trifft sodann eine eigene Ermessensentscheidung, wobei es unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der getroffenen Anordnung vornimmt. Maßgebend hierfür sind vor allem die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt eine dem Charakter des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos sein wird, ist das ein starkes Indiz dafür, dass das behördliche Vollzugsinteresse Vorrang gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse hat (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 - 14 CS 11.535). Erweist sich der angefochtene Bescheid hingegen nach summarischer Prüfung als rechtswidrig, und wird die Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben, so tritt das öffentliche Interesse zurück, da es kein schutzwürdiges Interesse am Sofortvollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes geben kann.

1. Die Anordnung des Sofortvollzugs in der Ziffer 1 Satz 3 des Bescheides vom 6. November 2018 begegnet in formeller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist die Antragsgegnerin ihrer aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO folgenden Pflicht zu einer auf den Einzelfall eingehenden und nicht bloß formelhaften Begründung nachgekommen. Es wird nachvollziehbar und im konkreten Einzelfall darauf abgestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderlich ist, da für unbeteiligte Dritte der Anschein erweckt wird, die beanstandete Nutzung sei legal. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung hat zur Folge, dass die rechtswidrige Nutzung der Räumlichkeiten als Bezugsfall für vergleichbare Nutzungen dient und damit eine erhebliche Breiten- und Nachahmungswirkung entsteht. Zudem ist eine Verfestigung rechtswidriger Zustände zu befürchten, sodass auch ein besonderes öffentliches Interesse an der Nutzungsuntersagung besteht. Damit brachte die Antragsgegnerin nachvollziehbar zum Ausdruck, dass sie das Instrument des Sofortvollzugs hinreichend bedacht und abgewogen hat.

Die Androhung des Zwangsgeldes nach Art. 23, 31 Abs. 1, 36 Abs. 1 VwZVG in Höhe von 10.000 EUR in der Ziffer 2 des Bescheides vom 6. November 2018 ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Art. 21a VwZVG).

2. Die vom Gericht vorgenommene Interessenabwägung fällt jedoch im vorliegenden Fall zulasten der Antragsgegnerin aus. Die von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2018 hat nach summarischer Prüfung in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg, weil der Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2018 voraussichtlich rechtswidrig ist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch besteht nach Überzeugung des Gerichts kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung. Das öffentliche Interesse an der Schaffung rechtmäßiger Zustände im Bauwesen überwiegt gerade nicht das Interesse der Antragstellerin, bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren die Nutzung fortführen zu können.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung in der Ziffer 1 Satz 1 des Bescheides vom 6. November 2018 findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO, dessen Voraussetzungen nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage nicht vorliegen. Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der formellen Illegalität der Nutzungsänderung.

Art. 76 BayBO erlaubt der Bauaufsichtsbehörde ein Einschreiten gegen Anlagen, die im Gegensatz zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder genutzt werden. Voraussetzung für ein Einschreiten ist stets, dass keine Genehmigung vorliegt, die die Errichtung, Änderung oder Nutzung der Anlage wirksam, also durch einen jedenfalls nicht nichtigen (Art. 44 BayVwVfG) Verwaltungsakt erlaubt. Das Einschreiten steht im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde (Art. 40 BayVwVfG). Die repressiven Maßnahmen sind schließlich nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit, der Bestandteil des sog. Übermaßverbots bzw. des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne ist, nur dann zulässig, wenn kein milderes Mittel erkennbar ist, um rechtmäßige Zustände herzustellen. Bei der Ermessensausübung ist zu berücksichtigen, dass eine Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO in der Regel eine sehr viel weniger einschneidende Maßnahme ist als eine Beseitigungsanordnung. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften i.S.v. Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung tatbestandlich rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 21 m.w.N.). Im Rahmen der Ermessensausübung ist zu berücksichtigen, inwieweit bereits hinreichend sicher erkennbar ist, ob eine Genehmigung erteilt werden kann. Eine Nutzungsuntersagung verstößt dann gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit, wenn eine Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist. Dann ist als milderes Mittel der Bauherr aufzufordern, einen Bauantrag zu stellen, sofern der Bauherr nicht bereits erfolglos aufgefordert worden ist, einen Bauantrag zu stellen.

Zwar liegt keine ausdrückliche Genehmigung für die Nutzung der Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens als Veranstaltungsräume für geschlossene Veranstaltungen, wie von der Antragstellerin seit Jahren betrieben, vor. Nach Aktenlage ist jedoch die Nutzung der Räume durch die Antragstellerin als Veranstaltungsräume für geschlossene Veranstaltungen mit bis zu 400 Personen bzw. als Musikbar mit Veranstaltungsraum von der Tekturgenehmigung der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20. November 1997 zur Genehmigung der Nutzungsänderung mit Bescheid vom 21. Oktober 1996 erfasst und genießt Bestandsschutz. Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin löst die Nutzung der Räumlichkeiten durch die Antragstellerin in Bezug auf die in § 1 Abs. 5 BauGB genannten Ziele der Bauleitplanung keine neu zu beurteilenden bodenrechtlichen Spannungen aus. Es fehlt bereits an der genehmigungsbedürftigen Nutzungsänderung.

Eine Nutzungsänderung im Sinne von Art. 55 Abs. 1 liegt dann vor, wenn die jeder Nutzung eigene tatsächliche Variationsbreite überschritten wird und der neuen Nutzung aus dem Blickwinkel der maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften eine andere Qualität zukommt als der bisherigen Nutzung (BayVGH, B.v. 20.12.2000 - 2 B 99.2118 - juris). Dabei liegt eine Nutzungsänderung auch dann vor, wenn der baulichen Anlage eine andere, eine zusätzliche oder wenigstens eine teilweise andere Zweckbestimmung gegeben wird. Dem entsprechend ist von einer Nutzungsänderung i. S. v. Art. 55 Abs. 1 BayBO immer dann auszugehen, wenn die - nach außen in Erscheinung tretende oder rein subjektive - Änderung der Zweckbestimmung der baulichen Anlage abstrakt gesehen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne von Art. 68 Abs. 1 BayBO berühren kann; ihre Genehmigungspflicht wird begründet, wenn konkret feststeht, dass für die neue Nutzung „andere öffentlich-rechtliche Anforderungen“ als für die bisherige Nutzung bestehen (grundsätzlich hierzu BayVGH, B.v. 9.7.1985 - 1 B 84 A/2138 - juris). Ob eine bestimmte Nutzung gegenüber einer früheren Nutzung eine baurechtlich bedeutsame Nutzungsänderung darstellt, ist danach zu beurteilen, welche Nutzung genehmigt worden ist und nicht danach, welche Nutzung zuletzt tatsächlich ausgeübt wurde (Simon/Busse, BayBO Art. 55, Rdnr. 28).

An die von der Antragstellerin betriebene derzeitige Nutzung „für kulturelle Veranstaltungen in geschlossener Gesellschaft“ sind keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen zu stellen als an eine Nutzung als „Musikbar mit mobiler Bühne“ für öffentliche Veranstaltungen wie zum Beispiel „kulturelle Veranstaltungen, Konzerte, Vernissagen, Galerieausstellungen, Kleinkunstund Performanceveranstaltungen u.ä. im Loftstil“ mit gastronomischer Nutzung sowie „Tanzveranstaltungen im Rahmen von Firmenfesten u.ä.“ wie sie bereits durch die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 21. Oktober 1996, geändert durch die Tekturgenehmigung vom 20. November 1997, genehmigt wurde und sich aus der Betriebsbeschreibung vom 4. November 1997 ergibt, die Bestandteil der Tekturgenehmigung vom 20. November 1997 ist. Vielmehr gestaltet sich die derzeitige Nutzung in ihrer Quantität als auch in ihrer Qualität jedenfalls nicht als intensiver als die bereits genehmigte Nutzung. Eine zusätzliche oder gar andere, neue Zweckbestimmung ist in der ausgeübten Nutzung der Räumlichkeiten durch die Antragstellerin nicht enthalten, vielmehr deckt die derzeitige Nutzung nur einen Teil der bereits gegenüber der Eigentümerin genehmigten Variationsbreite entsprechend der Betriebsbeschreibung ab, da nunmehr für ca. zehn- bis zwölfmal pro Monat für einen geschlossenen Personenkreis von maximal 400 Personen lediglich an den Wochenenden von Freitag bis Sonntag zwischen 18:00 Uhr und 1:00 Uhr im Wesentlichen Hochzeitsveranstaltungen stattfinden.

Der Nutzungszweck der Veranstaltungsräume im streitgegenständlichen Anwesen in der …str. ... unter anderem zu „kulturellen Veranstaltungen u. ä.“ bleibt gewahrt, da nach dem glaubhaften und unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin in den Räumen nicht öffentliche Veranstaltungen insbesondere von Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, Feiern und religiösen Festen und Firmenjubiläen stattfinden. Die Anzahl der gleichzeitig anwesenden Personen in den Räumen ist auf die genehmigte Anzahl von maximal 400 Personen begrenzt und führt damit zu keiner höheren Nutzungsintensität. Auch die Häufigkeit der von der Antragstellerin geplanten Veranstaltungen in den Räumen im Erdgeschoss und Untergeschoss des Anwesens entspricht der Nutzungsintensität, wie sie bestandsgeschützt durch die Antragsgegnerin bereits genehmigt wurde. Die Veranstaltungen finden an den Wochenenden von Freitag bis Sonntag statt, wobei von lediglich ca. 10 bis 12 Veranstaltungen im Monat auszugehen ist, die am Abend ab ca. 18:00 Uhr beginnen und bereits um 1:00 Uhr nachts enden.

Als im planungsrechtlichen Sinne nicht bedeutsame Änderung der Nutzung sieht das Gericht im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung an, dass anstatt der genehmigten Öffnungszeiten ab 21:00 Uhr bis maximal 5:00 Uhr, die sich aus der Neuregelung der §§ 7 und 8 GastV ergibt, auf die Baugenehmigung vom 21. Oktober 1996 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 20. November 1997 verweist, an den Wochenenden die Antragstellerin bereits ab 18 Uhr die Veranstaltungen beginnt.

Nicht durchdringen kann der Einwand der Antragsgegnerin dahingehend, dass die Antragstellerin nunmehr ein eher „internationales Publikum“ bewirtet, das nach der Baunutzungsverordnung anders zu bewerten sei als die bisher genehmigte Nutzung für Veranstaltungen für die Öffentlichkeit. Zum einen bleibt der Vortrag der Antragsgegnerin insoweit pauschal und unkonkretisiert, welche anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften durch die eingeschränkte Zweckbestimmung der geschlossenen Veranstaltungen berührt werden, zum anderen weist die Antragstellerin zu Recht daraufhin, dass durch entsprechende nachträgliche Auflagen zum Genehmigungsbescheid sicherheitsrelevante Maßnahmen durch die Antragsgegnerin angeordnet werden können und bietet im Rahmen der Antragsbegründung konkret an, während der Öffnungszeiten der Veranstaltungen einen eingewiesenen Sicherheitsdienst, der mit sämtlichen Sicherheitsvorschriften vertraut ist, zur Verfügung zu stellen, um im Falle eines von der Antragsgegnerin befürchteten Störfalles des in der Nähe zum streitgegenständlichen Anwesen befindlichen Störfallbetriebes der Firma … eine zeitnahe Evakuierung der Besucher zu ermöglichen. Die vorgetragenen sicherheitsrechtlichen Bedenken der Antragsgegnerin im Falle eines eventuellen Störfalles hinsichtlich der Evakuierung der teilnehmenden Personen im Rahmen einer Veranstaltung erscheinen zudem bei einem geschlossenen Personenkreis eher geringer als gegenüber einem öffentlichen - so genehmigten - Teilnehmerkreis, bei dem der Betreiber es gerade nicht in der Hand hat, welches Publikum die Veranstaltung aufsucht. Auch das Argument der Antragsgegnerin hinsichtlich des erhöhten Alkoholspiegels bei den geplanten Veranstaltungen überzeugt das Gericht nicht hierin gegenüber der erteilten Genehmigung neue planungsrechtliche Spannungen zu erkennen, zumal nicht erkennbar ist, auf welchen Fakten die Vermutung zu den Trinkgewohnheiten der Gäste aufbaut.

Die vorgenommenen baulichen Änderungen in den Räumlichkeiten des Anwesens in der …str. ... führen ebenfalls nicht dazu, dass von einer planungsrechtlich bedeutsamen Nutzungsänderung auszugehen ist. Auch nach Auffassung der Antragsgegnerin sind die baulichen Veränderungen, die im Rahmen einer Ortsdurchsicht im Januar 2013 in den Räumlichkeiten im Erdgeschoss und Untergeschoss des Anwesens festgestellt wurden, in dem die Künstlergarderobe entfernt wurde, Zwischenwände für eine Küche eingebaut wurden und die Toiletten baulich verändert wurden, nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 11a BayBO verfahrensfrei. Durch die Entfernung der Künstlergarderobe sowie des dazu gehörenden Flurbereichs ergibt sich möglicherweise für den Veranstaltungsraum im Untergeschoss eine Erweiterungsfläche von ca. 25 m², die jedoch aufgrund der Deckelung der Personenzahl von maximal 400 Personen nicht zu einer Erweiterung des Personenkreises führen kann.

Die bestandskräftige Versagung der von den Eigentümern beantragten Nutzungsänderung einer Gaststätte mit Veranstaltungsraum für kulturelle Zwecke zu einem Veranstaltungsraum für geschlossene Veranstaltungen mit bis zu 400 Personen mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. März 2017 steht der fehlenden formellen Illegalität der Nutzung auch nicht entgegen und erweist sich als gegenstandslos, da die von der Antragstellerin ausgeübte Nutzung der Räumlichkeiten in dem streitgegenständlichen Anwesen durch die genehmigten Bescheide vom 21. Oktober 1996 und vom 20. November 1997 aller Voraussicht nach bestandsgeschützt ist.

Zudem vermag sich die Antragsgegnerin nicht auf die von ihr zitierte Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts (U.v. 27.4.2006 - 7 A 1620/05 - juris) zu berufen. In dieser Entscheidung wird hervorgehoben, dass eine „Festhalle“, in der freitags und samstags türkisch-kurdische Hochzeiten und auch andere Feste bis hin zu diskothekenähnlichen Feiern für bis zu 500 Personen zulässig sind, eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte sei und zwar auch dann, wenn die jeweilige Feier nicht allgemein für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Auf diesen Umstand kommt es jedoch vorliegend nicht an, da entgegen dem im zu entscheidenden gerichtlichen Verfahren des OVG Nordrhein-Westfalen, der hier zu beurteilenden Nutzungsänderung eine bereits erfolgte, bestandskräftige Genehmigung zu Grunde liegt.

Da im Rahmen der summarischen Prüfung es voraussichtlich bereits an der Voraussetzung der formellen Illegalität für die Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO fehlt, war insoweit auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung und Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin nicht mehr einzugehen. Jedenfalls ist im Hinblick auf die bisherige Behandlung des Betriebs durch die Antragsgegnerin nicht davon auszugehen, dass die Nutzungsuntersagung sicherheitsrechtlich unverzüglich notwendig war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Da die Höhe des hinsichtlich der Nutzungsuntersagung angedrohten Zwangsgeldes vorliegend 10.000,00 EUR beträgt und für die Grundverfügung selbst ein Streitwert von bis zu höchstens 10.000,00 EUR angemessen erscheint, ist hier in Anlehnung an Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit der höhere Wert festzusetzen, der für das Eilverfahren halbiert wurde (vgl. Nr. 1.5 Streitwertkatalog).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 19/05/2016 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.
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Annotations

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.