Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt Eilrechtsschutz gegen eine der Beigeladenen erteilten Teilbaugenehmigung (Abschieben des Oberbodens, Herstellen des Planums) für das Bauvorhaben „Neubau eines Pflegeheims mit Generationenwohnungen“.

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., an dessen südliche Grenze unmittelbar das ehemals als landwirtschaftliche Fläche genutzte Baugrundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., angrenzt. Das Bauvorhaben soll auf der nördlichen Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., verwirklicht werden. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 17. Oktober 2014 in Kraft getretenen Bebauungsplans „...“ der Gemeinde ... (Festsetzung: Sondergebiet Wohn- und Pflegeheim), sowie im Geltungsbereich des parallel hierzu geänderten Flächennutzungsplans (12. Änderung).

Am 6. März 2013 ging beim Landratsamt der Bauantrag der Beigeladenen für das Bauvorhaben „Neubau eines Pflegeheims mit Generationenwohnungen“ ein (geänderte Planunterlagen vom 26. Juni 2014). Vorgesehen ist in zwei- bis dreigeschossiger Bauweise die Errichtung eines Pflegeheims (46 Pflegeplätze - 38 Einzelzimmer, 4 Doppelzimmer) und in räumlicher Anbindung ein Generationenhaus mit 15 Wohnungen. Am 27. August 2014 beantragte die Beigeladene schriftlich eine Teilbaugenehmigung gemäß Art. 70 BayBO für die Maßnahmen Aushub der Baugrube (Abschieben des Oberbodens, Herstellung des Planums).

Mit Bescheid vom 10. September 2014 erteilte der Antragsgegner die beantragte Teilbaugenehmigung.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 24. September 2014 Klage (AN 9 K 14.01546) und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Teilbaugenehmigung (§ 80 Abs. 5, § 80 a Abs. 3 VwGO).

Zur Begründung ließ er ausführen, die formellen Voraussetzungen für die Erteilung der Teilbaugenehmigung lägen nicht vor. Die Teilbaugenehmigung entfalte Präjudiz im Hinblick auf die Baugenehmigung. Es müsse bereits die prinzipielle Übereinstimmung des gesamten Vorhabens mit bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen sowie sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften feststehen. Eine abschließende Überprüfung der Sach- und Rechtslage und damit der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens sei mangels Vorlage vollständiger Unterlagen nicht möglich. Das Bauvorhaben sei überdies materiell-rechtlich rechtswidrig. Es bestünden erhebliche Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit. Der Bebauungsplan „...“ der Gemeinde ... stelle keine rechtswirksame Bauleitplanung dar. Er sei unwirksam, insbesondere materiell fehlerhaft, da er an Ermittlungs- und Abwägungsfehlern leide. Das Bauvorhaben verstoße zudem gegen das Rücksichtnahmegebot. Es rufe unzumutbare und erhebliche Lärmbelästigungen hervor. Offensichtlich sei im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens eine Stellungnahme der unteren Immissionsschutzbehörde nicht eingeholt worden. Eine Feststellung der zu erwartenden Immissionen fehle. Dem Antragsteller seien die zu erwartenden Immissionen nicht zumutbar. Auch strahle der massive Gebäudekomplex bedrängende Wirkung auf das Gebäude und Grundstück des Antragstellers aus. Die Belichtung, Belüftung und Besonnung werde massiv eingeschränkt.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Teilbaugenehmigung anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, von der Wirksamkeit des Bebauungsplans sei auszugehen. Das Wohnhaus des Antragstellers befinde sich in einem allgemeinen Wohngebiet (WA) des Bebauungsplans Nr. 2 „...“ der Gemeinde ... weit außerhalb der Baugrenzen und sei im Jahr 1975 offensichtlich im Wege der Befreiung genehmigt worden. Bei dem gegenständlichen Pflegeheim handle es sich um eine im oder nahe einem allgemeinen Wohngebiet zulässige Nutzung, die eine besondere Form des Wohnens darstelle. Der damit verbundene Fahrverkehr sei, wie beispielsweise auch beim Geschosswohnungsbau, als üblich hinzunehmen, zumal gerade die Bewohner eines Pflegeheims gemeinhin nur in Ausnahmefällen über ein Kfz verfügten. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot sei auch nicht in Form einer bedrängenden Wirkung des geplanten Gebäudekomplexes auf das Anwesen des Antragstellers ersichtlich, die Abstandsflächen nach der Bayer. Bauordnung (BayBO) würden in vollem Umfang eingehalten.

Im anhängigen Klageverfahren (AN 9 K 14.01546) fand am 3. Dezember 2014 die mündliche Verhandlung statt, in der der Beklagtenvertreter erklärte, dass wegen der klägerseits geäußerten Befürchtungen hinsichtlich des Zu- und Abfahrverkehrs nochmals eine Beurteilung durch den Immissionsschutz erfolgen werde. Im Hinblick auf die vom Beklagtenvertreter in Kürze in Aussicht gestellte Zustellung der Baugenehmigung an die Beigeladene wurde die Verwaltungsstreitsache vertagt.

Bei einer am 3. Dezember 2014 durchgeführten Baukontrolle des Antragsgegners wurde festgestellt, dass auf dem Baugrundstück bereits Bodenplatten für den Neubau des Pflegeheims armiert worden seien. Entgegen der in der Teilbaugenehmigung beschriebenen zulässigen Arbeiten seien die gesamte Vorentwässerungsanlage erstellt und bereits Stahlbetonarbeiten durchgeführt worden. Im südlichen Querbau sei eine Sauberkeitsschicht unter der Mittelwand zur Vorbereitung der Fundamentarbeiten errichtet worden. Im Hauptgebäude seien der unter der Bodenplatte liegende Teil des Aufzugschachtes und das Mittelfundament mit Anschlussbewehrung bereits betoniert gewesen. Im nördlichen Querbau sei das Mittelfundament ebenfalls fertig gestellt gewesen. Noch am gleichen Tag wurde die Einstellung der Bauarbeiten mündlich verfügt und mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 schriftlich bestätigt. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2014 teilte der Antragsgegner dem zwischenzeitlich für das Verwaltungsverfahren angezeigten Beigeladenenvertreter mit, dass eine nochmalige Überprüfung des Immissionsschutzes ergeben hätte, dass die zum benachbarten Grundstück des Antragstellers gerichteten Stellplätze insbesondere nachts zu einer starken Belastung führen würden und daher bezüglich der Lage der Stellplätze eine Umplanung nötig sei.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 11. Dezember 2014 wurde dieser Sachverhalt der Antragstellervertreterin mitgeteilt mit dem Hinweis, dass aufgrund der vom Antragsgegner ermittelten Sachlage vor Ort davon auszugehen sei, dass die in der Teilbaugenehmigung beschriebenen Arbeiten fertig gestellt seien und somit das Rechtsschutzbedürfnis für den vorläufigen Rechtsschutz entfallen sein dürfte.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 teilte die Antragstellervertreterin mit, dass eine verfahrensbeendende Erklärung nicht abgegeben werde. Die Erteilung der Teilbaugenehmigung sei unzulässig gewesen, da die Genehmigungsfähigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens noch nicht hinreichend feststehe. Außerdem habe der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung im Klageverfahren geäußert, dass die genehmigten Baumaßnahmen noch nicht voll umfänglich abgeschlossen seien.

Die Beigeladene hat sich im Eilverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten im Verfahren AN 9 S 14.01552 und AN 9 K 14.01546 sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag des Antragstellers gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat keinen Erfolg. Ihm fehlt bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Mit der Fertigstellung einer baulichen Anlage ist regelmäßig das Rechtsschutzinteresse für den begehrten vorläufigen Rechtsschutz entfallen (BayVGH, B. v. 29.9.2014 - 2 CS 14.1786 - juris). Die Teilbaugenehmigung stellt eine bauaufsichtliche Zulassung dar, sie berechtigt zur Ausführung des genehmigten Teils des Vorhabens. Genehmigungsgegenstand der angefochtenen Teilbaugenehmigung sind vorliegend folgende Baumaßnahmen: Abschieben des Oberbodens, Herstellen des Planums. Bei der am 3. Dezember 2014 vom Antragsgegner durchgeführten Baukontrolle wurde festgestellt, dass nicht nur die genehmigten Arbeiten vollständig ausgeführt waren, sondern darüber hinaus Arbeiten, wie z. B. Stahlbetonarbeiten und zum Teil fertig gestellte Fundamente, die vom Genehmigungsumfang nicht gedeckt waren und den Antragsgegner schließlich zu einer unverzüglich erlassenen Baueinstellungsverfügung veranlassten.

Das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern ist nach weitgehender Fertigstellung der baulichen Anlage - hier Abstellen auf den von der Teilbaugenehmigung erfassten Umfang der Bauarbeiten - nicht mehr zu erreichen (BayVGH, Beschluss v. 27.8.2014 - 9 CS 14.1404 - juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene nicht durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) waren ihr keine Kosten aufzuerlegen. Ihre außergerichtlichen Aufwendungen sind nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 53 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in Anlehnung an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 und dem Umstand, dass streitgegenständlich eine Teilbaugenehmigung ist, von einem Streitwert in Höhe von 5.000,00 EUR ausgegangen ist, der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wurde (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2013).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552 zitiert 5 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2014 - 2 CS 14.1786

bei uns veröffentlicht am 29.09.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird verworfen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Wert des Streitgegenstands wird auf

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Aug. 2014 - 9 CS 14.1404

bei uns veröffentlicht am 27.08.2014

Tenor I. Nrn. I. und II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Mai 2014 werden abgeändert. II. Der Antrag wird abgelehnt. III. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Insta

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552

bei uns veröffentlicht am 17.12.2014

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gr
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552.

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 20. Apr. 2015 - AN 9 S 15.00314

bei uns veröffentlicht am 20.04.2015

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. 3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt. Grün

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 17. Dez. 2014 - AN 9 S 14.01552

bei uns veröffentlicht am 17.12.2014

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Gr

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. Dez. 2015 - AN 9 K 15.00157

bei uns veröffentlicht am 16.12.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach Aktenzeichen: AN 9 K 15.00157 Im Namen des Volkes Urteil vom 16. Dezember 2015 9. Kammer Sachgebiets-Nr.: 920 Hauptpunkte: Nachbarklage gegen Seniorenwo

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird verworfen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg (§ 146 Abs. 1 VwGO).

1. Der Beschwerde und bereits dem Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Nach dem Vortrag der Beigeladenen vor dem Verwaltungsgericht wurde das mit Bescheid vom 4. Februar 2014 genehmigte Bereitstellungslager bereits vollständig hergestellt und befindet sich im laufenden Betrieb (vgl. Schriftsatz der Beigeladenen vom 16.4.2014 Bl. 12 der Verwaltungsgerichtsakte). Mit der Fertigstellung einer baulichen Anlage ist regelmäßig das Rechtsschutzinteresse für den begehrten vorläufigen Rechtsschutz entfallen, soweit die befürchteten Beeinträchtigungen von der Anlage als solcher ausgehen (vgl. BayVGH, B. v. 20.7.2007 - 2 CS 07.1473 - juris; B. v. 14.6.2007 - 1 CS 07.265 - juris; B. v. 4.3.2009 - 2 CS 08.3331 - juris; B. v. 26.7.2010 - 2 CS 10.465 - juris; B. v. 12.8.2010 - 2 CS 10.26 - juris; B. v. 23.7.2012 - 2 CS 12.1063 - juris; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 66). Diese Rechtsprechung wurde im Rahmen des nachbarschaftlichen Dreiecksverhältnisses entwickelt, lässt sich jedoch auch auf das Dreiecksverhältnis zwischen Gemeinde, Bauherr und Baugenehmigungsbehörde übertragen. Denn das mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung verfolgte Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist sowohl im Verhältnis Nachbar-Bauherr-Baugenehmigungsbehörde als auch im Verhältnis Gemeinde-Bauherr-Baugenehmigungsbehörde dasselbe. Dieses Ziel ist jedoch nach Fertigstellung der baulichen Anlage regelmäßig nicht mehr zu erreichen.

Ausnahmsweise kann trotz Fertigstellung des Rohbaus oder gar des gesamten angegriffenen Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage fortbestehen, falls sich der Nachbar bzw. die betroffene Gemeinde durch die inzwischen aufgenommene Nutzung der genehmigten baulichen Anlage in ihren Rechten verletzt sieht. Es ist jedoch nur gerechtfertigt, bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache die Nutzung der baulichen Anlage im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes zu unterbinden, wenn die behaupteten Beeinträchtigungen erkennbar und erheblich über das Maß dessen hinausgehen, was der Nachbar oder die betroffene Gemeinde letztlich hinzunehmen haben wird (vgl. BayVGH, B. v. 4.3.2009 - 2 CS 08.3331 - juris).

In dieser Hinsicht hat die Antragstellerin jedoch nichts vorgetragen und sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Antragstellerin kann sich nur auf die Verletzung ihrer gemeindlichen Planungshoheit berufen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts wäre die Planungshoheit im vorliegenden Fall mit der Fertigstellung der baulichen Anlage verletzt. Die Rechtsstellung der Antragstellerin kann durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr verbessert werden. Diese hätte nur zur Folge, dass die Nutzung der baulichen Anlage bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt würde. Die Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit würde jedoch durch die bloße Einstellung der Nutzung nicht beseitigt. Aus dem Antragsschriftsatz der Antragstellerin vom 4. April 2014 (Bl. 1 der Verwaltungsgerichtsakte) ist zudem nicht erkennbar, dass diese selbst von einer Perpetuierung der von ihr behaupteten Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit durch die Nutzung der baulichen Anlage ausginge. Die bloße Tatsache, dass im laufenden Betrieb des Bereitstellungslagers laufend Erde angeliefert und anschließend zur Rekultivierung in die in unmittelbarer Nachbarschaft befindliche ehemalige Mülldeponie eingearbeitet wird, führt nicht zu einer weiteren Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit. Diese läge bereits in der Fertigstellung der baulichen Anlage. Eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin durch die Nutzung der baulichen Anlage ist nicht erkennbar.

2. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet. Der Senat sähe nach einer einem Eilverfahren wie diesem angemessenen summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, B. v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ-RR 2009, 581) im Rahmen der von ihm eigenständig zu treffenden Ermessensentscheidung keine Notwendigkeit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Antragstellerin kann die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch ihrem Schutz dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Antragstellerin als Gemeinde kann sich insoweit lediglich auf die verfassungsrechtlich geschützte gemeindliche Planungshoheit als möglicherweise verletztes Recht stützen. Die Klage der Antragstellerin wird aber aller Voraussicht nach erfolglos bleiben, weil der angefochtene Bescheid nicht an einem derartigen Mangel leidet.

Die unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilte Baugenehmigung vom 4. Februar 2014 verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, da das Vorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist. Insbesondere ist die unter Ziffer 2. des Bescheids gemäß § 31 Abs. 2 BauGB erteilte, befristete Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 107 rechtmäßig und verletzt die gemeindliche Planungshoheit der Antragstellerin nicht. Die Baugenehmigung vom 4. Februar 2014 ist insgesamt bis zum 31. Dezember 2015 befristet. Aufgrund dieser Befristung, die im vorliegenden Fall weniger als zwei Jahre beträgt, werden ausnahmsweise die Grundzüge der Planung nicht berührt.

a) Es ist unstreitig, dass das genehmigte Bauvorhaben eines Bereitstellungslagers im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 107 „Grüngürtel entlang der südlichen Gemeindegrenze“ der Antragstellerin steht. Der Bebauungsplan setzt im Bereich des Bauvorhabens eine Fläche für die Forstwirtschaft sowie Sukzessionsflächen fest. Da alleiniges Ziel des Bebauungsplans die Schaffung eines Grüngürtels mit Forst- und Sukzessionsflächen ist, werden durch das Bereitstellungslager grundsätzlich die Grundzüge der gemeindlichen Planung berührt.

Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sichergestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakte außer Kraft gesetzt werden können. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 1 Abs. 8, § 2 Abs. 1 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 ff. BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den im Baugesetzbuch normierten Voraussetzungen und nur in der dort bestimmten Weise (vgl. §§ 13, 13a BauGB) abgewichen werden darf. Steht die Abweichung von einer Festsetzung in Rede, die für die Grundzüge der Planung maßgeblich ist, so wird die Grenze für die Erteilung einer Befreiung deshalb nur dann nicht überschritten, wenn die Abweichung nicht ins Gewicht fällt (vgl. OVG Hamburg, B. v. 17.6.2013 - 2 Bs 151/13 - juris; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. Januar 2014, § 31 Rn. 36; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. Januar 2014, § 13 Rn. 18). Eine planwidrige Zwischennutzung stellt den Geltungsbereich eines Plans allenfalls ausnahmsweise, nämlich dann in einer seine Grundzüge berührenden Weise in Frage, wenn Anzeichen die Annahme tragen, diese würden es auch nach Beendigung nicht mehr gestatten, zu dem vom Plangeber auf Dauer gewollten Zustand zurückzukehren (vgl. auch Pietzcker, NVwZ 2001, 968; Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2009, 738).

Nach anderer Auffassung (vgl. OVG SH, B. v. 12.6.2014 - 1 ME 67/14 - juris) ist mit § 9 Abs. 2 BauGB die Möglichkeit geschaffen worden, Festsetzungen eines Bebauungsplans zeitweise außer Kraft zu setzen. Damit solle der Gemeinde die Möglichkeit gegeben werden, in einer vom Gemeinderat abwägend verantworteten und im Aufstellungsverfahren zur Diskussion gestellten Weise Zwischennutzungen zu ermöglichen. Eine Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB scheide daher aus. Diese Meinung übersieht jedoch, dass § 9 Abs. 2 BauGB der Gemeinde lediglich in besonderen Fällen, also nicht generell sondern nur in bestimmten Planungssituationen, eine Möglichkeit an die Hand gibt, die Zulässigkeit der nach einem Bebauungsplan festgesetzten und nach § 30 BauGB an sich zulässigen Nutzungen von bestimmten weiteren städtebaulichen Maßnahmen und sonstigen Vorgängen abhängig zu machen. Dies kann bei der Aufstellung des Bebauungsplans oder aber bei einer späteren Änderung oder Ergänzung erfolgen. Dies schließt aber umgekehrt nicht die Möglichkeit einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans im Einzelfall unter den strengeren Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB aus.

Im vorliegenden Fall enthält der Bebauungsplan Nr. 107 keine Befristung im Sinn von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB, welcher im Übrigen erst im Jahr 2004 in das Baugesetzbuch eingefügt wurde. Der Bebauungsplan Nr. 107 stammt hingegen aus dem Jahr 1995. Zu diesem Zeitpunkt war eine derartige Befristung noch nicht möglich.

Der Senat ist mit dem Erstgericht der Auffassung, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise die Grundzüge der Planung nicht berührt sind. Das planerische Grundkonzept der Antragstellerin wird durch die auf weniger als zwei Jahre befristete Baugenehmigung nicht in einer seine Grundzüge berührenden Weise in Frage gestellt, die Anzeichen zur Annahme enthielte, dass auch nach Beendigung der Befristung eine Rückkehr zum vom Plangeber auf Dauer gewollten Zustand nicht mehr möglich wäre. Das Baugrundstück wurde bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 107 und auch danach landwirtschaftlich genutzt. Im gesamten Plangebiet wurde mit der Umsetzung der Festsetzungen (Flächen für Forstwirtschaft und Sukzessionsflächen) bis heute nicht begonnen. Auch ist weder eine Absicht noch eine konkrete Planung für die Umsetzung der Festsetzungen von Seiten der Antragstellerin vorgetragen worden. Die Festsetzungen, deren Umsetzung ohnehin mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde, da die Flächen überwiegend aufgeforstet werden sollen, können in weiten Teilen des Plangebiets ohne Einschränkung umgesetzt werden. Lediglich im Bereich des Baugrundstücks wäre die Antragstellerin an der Umsetzung für einen Zeitraum von weniger als zwei Jahren gehindert. Auch die Verpflichtung in der Baugenehmigung, nach Fristablauf den bisherigen Zustand - also landwirtschaftliche Nutzfläche - wieder herzustellen, beeinträchtigt die Umsetzung der planerischen Ziele der Antragstellerin nicht auf Dauer. Zum einen ergibt sich für die Beigeladene aus dem Bebauungsplan Nr. 107 keine Pflicht zur Umsetzung der gemeindlichen Planung. Umgekehrt hat auch die Antragstellerin aus dem Bebauungsplan keinen Anspruch auf eine Aufforstung des Baugrundstücks. Zum anderen steht die Wiederherstellung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche dem Planungsziel einer Aufforstung nicht entgegen. Diese kann auch bei einer landwirtschaftlichen Nutzfläche jederzeit umgesetzt werden. Anders wäre dies beispielsweise bei einer großflächigen Bebauung. Im Ergebnis ist daher nicht zu erkennen, dass die genehmigte Nutzung eine Rückkehr zu dem vom Plangeber auf Dauer gewollten Zustand unmöglich machen würde.

Im Übrigen bestehen angesichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 25.6.2013 - 4 CN 4/13 - juris) Zweifel an der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 107. Auf Flächen für Wald nach § 9 Abs. 1 Nr. 18b BauGB können danach wegen der Sperrwirkung des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB keine landschaftspflegerischen Maßnahmen festgesetzt werden. Durch Planzeichen werden hier auf den Flächen für Forstwirtschaft ausdrücklich ein Eichen-Kiefern-Wald sowie ein Eichen-Hainbuchen-Wald festgesetzt. Ein exaktes Pflanzschema ist ausdrücklich Bestandteil des Bebauungsplans Nr. 107. § 9 Abs. 1 Nr. 18b BauGB ermöglicht jedoch lediglich eine Festsetzung „Wald“, enthält aber keine Befugnis zur Konkretisierung dieses Begriffs. Zwar kann gemäß Nr. 12.2. der Anlage zur Planzeichenverordnung eine bestimmte Zweckbestimmung entsprechend den Vorschriften der §§ 1 und 11 ff. BWaldG i. V. m. Art. 10 bis 12 BayWaldG (Schutzwald, Bannwald, Erholungswald) Gegenstand bauplanerischer Festsetzungen sein. Hieraus lassen sich laut Bundesverwaltungsgericht (vgl. U. v. 25.6.2013 - 4 CN 4/13 - juris) jedoch keine Befugnisse zur Festsetzung bestimmter Baumarten ableiten.

b) Der Antragsgegner hat das verweigerte Einvernehmen der Antragstellerin rechtsfehlerfrei gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ersetzt.

Bei der Entscheidung über eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB handelt es sich zwar um eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen ist aber dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben (Art. 40 BayVwVfG). Für die Ermessenserwägungen kommen nur Gründe mit städtebaulichem Bezug in Betracht (vgl. BayVGH, U. v. 24.3.2001 - 2 B 11.59 - juris). Für die Ausübung des Ermessens besteht allerdings wenig Raum, wenn die recht detailliert bestimmten Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gegeben sind. In der Regel reduziert sich das Ermessen auf Null, wenn dem Vorhaben nicht zumindest gleichgewichtige Belange entgegenstehen (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.2002 - 4 C 13/01 - juris). Städtebauliche Gründe, welche hier eine ermessensgerechte Versagung der Befreiung rechtfertigen könnten, sind aber weder substantiiert vorgetragen noch zu erkennen. Vielmehr ist bereits nicht zu erkennen, ob die Antragstellerin in ihrem Beschluss vom 14. Januar 2014 überhaupt ein Ermessen ausgeübt hat. Der umfangreich protokollierte Beschluss enthält im Sachvortrag keinerlei Hinweise auf eine Ermessensausübung. Es wird lediglich apodiktisch auf den Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans verwiesen. Eine Auseinandersetzung mit den Interessen der Beigeladenen und der zeitlichen Befristung der Maßnahme findet nur insoweit statt, als auf Widersprüche hinsichtlich der Befristung aufmerksam gemacht wird.

Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 4. Februar 2014 hingegen ausführlich seine Ermessensentscheidung sowohl hinsichtlich der Erteilung der Befreiung als auch hinsichtlich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens begründet.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Tenor

I.

Nrn. I. und II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Mai 2014 werden abgeändert.

II.

Der Antrag wird abgelehnt.

III.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 als Gesamtschuldner.

IV.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1 nach § 146 Abs. 1 VwGO hat Erfolg, weil dem Antragsteller und der Antragstellerin (im Folgenden: Antragsteller) für ihren Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Dieses entfällt für einen Nachbarantrag auf vorläufigen Rechtsschutz regelmäßig dann, wenn der Rohbau des bekämpften Bauvorhabens bereits fertig gestellt ist. Denn das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist nach weitgehender Fertigstellung der baulichen Anlage nicht mehr zu erreichen (BayVGH, B. v. 30.10.2013 - 9 CS 13.1728 - m. w. N.).

Wie mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 31. Juli 2014 unwidersprochen mitgeteilt wurde, ist hier das streitgegenständliche Bauvorhaben „Neubau Werkstatt und Maschinenhalle“, durch das sich die Antragsteller in ihren Nachbarrechten verletzt sehen, bis auf Restarbeiten fertig gestellt und wird entsprechend dem Bauantrag genutzt. In Bezug auf den Antrag der Antragsteller nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist damit jedenfalls zum 31. Juli 2014 das erforderliche Rechtsschutzinteresse entfallen.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller ändert daran auch der Umstand nichts, dass der Antragsgegner selbst keine Beschwerde gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss vom 27. Mai 2014 eingelegt hat. Zwar trifft es zu, dass sich die rechtliche Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf fristgemäß vorgetragenes Beschwerdevorbringen beschränkt, der Antragsgegner ist aber deshalb nicht gehindert oder sogar gehalten, zum Beschwerdevorbringen umfassend Stellung zu nehmen. Im Übrigen ist die Frage, ob den Antragstellern ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, Vor § 40 Rn. 11).

Gleichwohl kann ausnahmsweise trotz Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis der Nachbarn im Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage fortbestehen, falls sie sich durch die Nutzung der genehmigten baulichen Anlage in ihren Rechten verletzt sehen. Es ist jedoch nur dann gerechtfertigt, bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache die Nutzung der baulichen Anlage im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu unterbinden, wenn die behaupteten Beeinträchtigungen erkennbar und erheblich über das Maß dessen hinausgehen, was die Nachbarn letztlich hinzunehmen haben werden (vgl. BayVGH, B. v. 26.7.2010 - 2 CS 10.465; BayVGH, B. v. 30.10.2013 - 9 CS 13.1728 - jeweils m. w. N.). Letzteres ist hier wohl schon deswegen nicht der Fall, weil das Grundstück der Antragsteller unbebaut und damit auch unbewohnt ist (vgl. BayVGH, B. v. 31.1.2000 - 26 CS 99.2999; B. v. 14.6.2007 - 1 CS 07.265), so dass der Betrieb und die Nutzung einer Werkstatt und Maschinenhalle keine unzumutbare und bereits im Rahmen des Eilverfahrens zu unterbindende Beeinträchtigung der Nachbarn darstellen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Den Antragstellern fallen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 zur Last (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.