Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 20. Feb. 2017 - AN 3 S 16.02436, AN 3 S 16.02437

bei uns veröffentlicht am20.02.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und die aufschiebende Wirkung der Widersprüche vom 11. November 2016 gegen die Bescheide vom 12. Oktober 2016 wird angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Verfahrenskosten.

3. Der Streitwert wird im Verfahren AN 3 S 16.02436 auf 2.190,84 EUR und im Verfahren AN 3 S 16.02437 auf 1.802,35 EUR und nach Verbindung insgesamt auf 3.916,40 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Bescheiden der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2016 wurde für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage „… Straße“, Gemarkung …, für das im Eigentum der Antragstellerin stehende Grundstück FlNr. … ein Erschließungsbeitrag in Höhe von 8.763,35 EUR (unter Berücksichtigung einer Vorausleistung von 277,17 EUR ergibt sich ein zu zahlender Betrag von 8.456,18 EUR) und für das ebenfalls im Eigentum der Antragstellerin stehende Grundstück FlNr. … ein Erschließungsbeitrag in Höhe von 7.209,40 EUR festgesetzt.

Für den 1959 durchgeführten Fahrbahnausbau der … Straße, der … Straße, von Teilen der …- und … Straße wurden mit Bescheiden vom 26. November 1964 Erschließungsbeiträge gefordert (bei Gesamtkosten von 23.848,23 DM errechnete sich ein Beitragssatz von 8,13 DM/m2).

In den Bescheiden wurde u.a. ausgeführt, dass die Heranziehung nur für die Straßenherstellung erfolgt, der Anteil für die übrigen Teilmaßnahmen, z.B. Straßenbeleuchtung und – entwässerung, nach vollständigem Ausbau durch gesonderten Bescheid angefordert wird.

Am 16. November 2015 beschloss der Bauausschuss der Antragsgegnerin, dass dem Stadtrat empfohlen wird, den bereits technisch erstmalig hergestellten Bereich der … Straße, im Norden beginnend ab der Gemarkungsgrenze zur Stadt … bis zur Einmündung der … Straße als eigene Erschließungsanlage zu betrachten.

Ein diesen Anlagenumfang betreffender Abwägungsbeschluss gemäß § 125 Abs. 2 BauGB wurde vom Stadtrat der Antragsgegnerin am 4. April 2016 gefasst.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11. November 2016 ließ die Antragstellerin gegen beide Bescheide Widerspruch einlegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die … Straße sei als Erschließungsanlage bereits im Jahre 1959 endgültig hergestellt worden.

Bei der Beurteilung der Frage, ob Maßnahmen, die vor dem 30. Juni 1961 durchgeführt wurden, solche der Erschließung seien, sei auf das bis zu diesem Zeitpunkt gültige Recht abzustellen. Ob eine Straße nach dem bis zum 30. Juni 1961 geltenden Recht als erstmalig hergestellte Erschließungsanlage gelte, beurteile sich demnach insbesondere nach der erkennbar gewordenen Straßenbauplanung der Gemeinde sowie rückblickend aus der Sicht der Gemeinde zum Zeitpunkt der Durchführung der entsprechenden Maßnahmen.

Hinsichtlich der Sicht der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Maßnahmen im Jahre 1959 sei maßgeblich auf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 1964 gegenüber Herrn … abzustellen. In diesem Bescheid habe die Antragsgegnerin hinsichtlich der … Straße ausdrücklich Erschließungsbeiträge erhoben. Sie sei somit erkennbar davon ausgegangen, dass die im Jahre 1959 erfolgten Maßnahmen die erstmalige endgültige Herstellung der … Straße als Erschließungsanlage darstellen.

Dies werde zudem auch ersichtlich aus der Bescheinigung, die seitens der Antragsgegnerin am 17. Mai 1967 den Eheleuten … gegenüber ausgestellt worden sei. In jener werde ausdrücklich ausgeführt, dass die … Straße als Erschließungsanlage bereits fertiggestellt worden sei und die entsprechenden Erschließungsbeiträge bereits vor Jahrzehnten bezahlt worden seien.

Des Weiteren folge dies auch aus dem Schreiben der Antragsgegnerin an Herrn … vom 17. November 1959, in dem die Erstattung von Straßenbaukosten im Hinblick auf die … Straße geltend gemacht worden sei.

Selbst bei Bestehen eines Anspruchs auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die in den 1990er Jahren an der … Straße durchgeführten Maßnahmen wäre dieser Anspruch jedenfalls verjährt und damit nicht mehr durchsetzbar.

Zum Zeitpunkt der Erhebung der streitgegenständlichen Erschließungsbeiträge mit Bescheid vom 12. Oktober 2016 sei die Höchstverjährungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) bb) KAG bereits abgelaufen gewesen.

Ausweislich des Schreibens der Antragsgegnerin vom 21. September 2016 seien die Maßnahmen, die seitens der Antragsgegnerin als erstmalige Herstellung der … Straße gewertet würden, bereits im Jahr 1995 abgeschlossen worden. Die Anlage … Straße sei insgesamt betriebsfertig gewesen und der Allgemeinheit bereits 1995 zur Verfügung gestanden. Für die Bürger ergäben sich keine erkennbaren Anzeichen, dass die Herstellungsarbeiten noch nicht abgeschlossen gewesen wären. Die Vorteilslage sei somit bereits 1995 eingetreten. Die zwanzigjährige Höchstverjährungsfrist sei demnach spätestens am 31. März 2016 abgelaufen.

Rein vollständigkeitshalber werde darauf hingewiesen, dass der im Schreiben der Antragsgegnerin vom 21. September 2016 in Bezug genommene Umstand, dass die Abnahme der Baumaßnahme erst am 24. Mai 1996 erfolgt sei, für den Lauf der zwanzigjährigen Höchstfrist keinerlei Bedeutung habe. So habe das Verwaltungsgericht Regensburg am 14. Juli 2014, RN 3 K 13.1812, entschieden, dass es bei der Ermittlung des Zeitpunktes des Eintritts der Vorteilslage allein auf für den Bürger ohne Weiteres bestimmbare, rein tatsächliche Gegebenheiten ankomme und das Vorliegen der rechtlichen Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragspflicht bei der Ermittlung des Zeitpunkts des Eintritts der Vorteilslage außer Betracht bleibe.

Ungeachtet der Tatsache, dass die in den 1990er Jahren durchgeführten Maßnahmen keine solchen der Erschließung darstellten und der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Beitragserhebung die zwanzigjährige Höchstverjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei, sei die Regelverjährungsfrist zum Zeitpunkt der Beitragserhebung abgelaufen gewesen. Diese vierjährige Frist beginne mit Ende des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Beitragsforderung entstanden sei. Zwar komme es bezüglich des Entstehens der Beitragspflicht auf die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage an, deren Voraussetzungen wiederum in der jeweiligen kommunalen Beitragssatzung bestimmt würden, jedoch sei vorliegend auch bei Zugrundlegung der entsprechenden Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin von einer endgültigen Herstellung bereits im Jahre 1995 auszugehen.

Die Beitragssatzung der Antragsgegnerin knüpfe die endgültige Herstellung an Umstände, die in der Hand der Gemeinde selbst lägen.

So sei zunächst nicht ersichtlich, inwiefern der Grunderwerb (FlNr. …*) für die endgültige Herstellung der … Straße von Belang sein sollte. Angesichts eines Zeitraums von ganzen 20 Jahren, die seit Abschluss der Maßnahmen im Jahr 1995 und der nunmehrigen Beitragserhebung vergangen seien, sei auch schlichtweg nicht nachvollziehbar, warum der angeblich entscheidende Grunderwerb am betreffenden Flurstück nicht habe vollzogen werden können. Angesichts der Tatsache, dass das entsprechende Grundstück lediglich 96 m2 umfasse, sei klar ersichtlich, dass der Grunderwerb mit der Absicht, eine Verjährung von Beitragsansprüchen zu verhindern, hinausgezögert worden sei. Ein solches Verhalten sei rechtsmissbräuchlich, so dass sich die Antragsgegnerin auf diesen Umstand nicht berufen könne.

Ferner sei der angebliche Beitragsanspruch auch verwirkt. Als Umstandsmoment sei die bereits erfolgte Beitragserhebung zu nennen sowie ein Verzicht der Antragsgegnerin auf weitere Beitragserhebung. Bereits 1994 habe die Antragsgegnerin den Anliegern der … Straße mitgeteilt, dass Erschließungsbeiträge hinsichtlich der in den Jahren 1994 und 1995 durchgesetzten Maßnahmen an der … Straße erhoben werden sollten. Hiergegen habe sich die Bürgerinitiative Ausbau … Straße gebildet, die sich gegen die Erhebung solcher Erschließungsbeiträge zur Wehr gesetzt habe. Am Ende dieser Auseinandersetzung sei zwischen der Antragsgegnerin und der Bürgerinitiative vereinbart worden, dass die Antragsgegnerin gegenüber einem einzelnen Anlieger einen Musterbescheid erlassen solle, so dass in einem hiergegen gerichteten gerichtlichen Verfahren die Rechtslage hätte geklärt werden können. Trotz dieser Absprache habe die Gemeinde auf den Erlass eines solchen Musterbescheids und insbesondere auf den Erlass von Erschließungsbeitragsbescheiden an sich verzichtet. Angesichts dieses Verhaltens hätten die Anlieger der … Straße davon ausgehen dürfen, dass eine Beitragserhebung im Hinblick auf die in den 1990er Jahren durchgeführten Maßnahmen an der … Straße nicht mehr erfolgen werde.

Eine bezüglich des für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoments sei anzuführen, dass angesichts des Zeitraums zwischen der Beitragserhebung und der Ausstellung der entsprechenden Bescheinigungen in den 1950er und 1960er Jahren und der erstmaligen Diskussion über die Erhebung weiterer Erschließungsbeiträge im Jahr 1994 das Zeitmoment gegeben sei.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Dezember 2016 ließ die Antragstellerin Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen die Begründung des Widerspruchsverfahrens wiedergegeben.

Es wird beantragt,

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sowie einer folgenden Anfechtungsklage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2016 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin beantragt Antragsablehnung.

Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2017 führt sie im Wesentlichen aus, die Schlussabnahme der streitgegenständlichen Baumaßnahme habe laut Protokoll am 24. Mai 1996 stattgefunden. Nach diesem Protokoll sei die Baumaßnahme tatsächlich am 5. April 1994 begonnen worden und im Juli 1996 mit Abschluss der Nacharbeiten beendet worden. Beginn der Gewährleistungsfrist sei der 24. Mai 1996 gewesen. Die Ausschlussfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) bb) KAG habe deshalb am 31. Dezember 2016 geendet.

Die Festsetzungsfrist sei bereits deshalb nicht abgelaufen gewesen, weil die sachliche Beitragspflicht nie entstanden gewesen sei.

Nach § 7 „Merkmale der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage“ der Satzung der Antragsgegnerin vom 2. Juni 1989 gehörten nach Nr. 4 zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung alle Maßnahmen, die durchgeführt werden müssten, damit die Gemeinde das Eigentum oder eine Dienstbarkeit an den für die Erschließungsanlagen erforderlichen Grundstücken erlange.

Die sachliche Beitragspflicht habe u.a. wegen des nicht erfolgten Grunderwerbs des Flurstücks … nicht entstehen können. Dieses Flurstück sei Teil der abzurechnenden Erschließungsanlage. Aber auch andere Grunderwerbsvorgänge seien erst längere Zeit nach der Baumaßnahme erfolgt.

Außerdem habe es für die … Straße nie einen Bebauungsplan gegeben. Einen Bebauungsplan ersetzender Abwägungsbeschluss sei erst am 4. April 2016 gefasst worden. Die Festsetzungsfrist habe damit erst ab dem Jahre 2016 zu laufen begonnen.

Im Jahre 1959 seien in der … u.a. … Straße und die … Straße befestigt worden. Sie seien mit einer Breite von 4,50 m ausgebaut worden. Die Gesamtlänge der Baumaßnahme habe 660 m betragen. Der damals hergestellte Teil der … Straße habe sich von der Einmündung in die … Straße bis Flurstück … (* … Straße **) erstreckt. Es seien weder eine Straßenentwässerung noch Gehwege und Straßenbeleuchtung hergestellt worden. Der Fahrbahn habe ein frostsicherer Unterbau gefehlt und es seien keine Randsteine gesetzt worden.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei bei einer Straßenherstellung von Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes die Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 6. August 1936 (MABl. 1958, S. 627) zu beachten. Darin sei festgelegt, dass städtische und vorstädtische Wohnstraßen 8,50 m breit sein sollten (6 m Fahrbahnbreite und beidseitige Gehwege mit 1,25 m). Für Straßen in ländlichen Gegenden genüge danach regelmäßig eine Gesamtbreite von 6 m. Vorliegend sei es unerheblich, ob die … Straße als vorstädtische Wohn Straße anzusehen sei, da sie auch die erforderliche Breite für Straßen in ländlichen Gegenden von 6 m für die Fahrbahn nicht erreicht habe.

Aus der Aufstellung über die Kosten und die verwendeten Baumaterialien könne unter Zugrundelegung der Gesamtausbaulänge und Ausbaubreite entnommen werden, dass kein frostsicherer Unterbau eingebaut worden sei. Daraus lasse sich auch der Umstand erklären, dass die Straße bereits nach nur neun Jahren wieder provisorisch habe asphaltiert werden müssen. Ein frostsicherer Unterbau sei damals als erforderlich anzusehen gewesen. Ebenfalls notwendig sei seit ca. 1940 eine Straßenentwässerung gewesen. Eine Straßenlampe auf 250 m Länge habe nicht mehr ausgereicht und auch Randsteine seien zu setzen gewesen.

Nachdem dies nicht vorhanden gewesen sei, sei auch nicht von einer erstmaligen Herstellung der … Straße vor Inkrafttreten des BauGB auszugehen.

Für den Straßenbau im Jahre 1968 sei die gesetzliche Grundlage das BBauG vom 30. Juni 1961 i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin. Mit jener Baumaßnahme sei lediglich die Fahrbahn der … Straße mit einer provisorischen Asphaltschicht überzogen worden. 1969/1970 sei die Beleuchtung in der … Straße mit einem Leuchtenabstand zwischen 40 m und 50 m gebaut worden.

Geschuldet der Tatsache, dass der Zustand der Straßen generell schlecht gewesen sei und wenig Geld zur Verfügung gestanden habe, habe oftmals pragmatisch gehandelt werden müssen. Gerade in den 1950er und 1960er Jahren habe es die Aktion der Staubfreimachung gegeben.

Insofern seien durchgeführte Straßenbaumaßnahmen in der Regel keine erstmaligen Herstellungen im Sinne des geltenden Rechts gewesen. Ausreichende Beleuchtungsanlagen seien regelmäßig erst in den 1970er Jahren installiert worden.

Aus der Niederschrift über die Sitzung des Bau- und Grundstücksausschusses vom 12. September 1968 gehe der einstimmige Beschluss hervor, dass die … Straße lediglich provisorisch mit einer Schwarzdecke durch den Kreisbauzug versehen worden sei und eine Herstellung im Sinne des BBauG nicht abgeleitet werden könne.

Dies bestätige auch das Landratsamt in einem Schreiben vom 4. September 1968.

Die Grundstückseigentümer seien mit Schreiben vom 25. September 1968 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass von der erfolgten Straßenbaumaßnahme keine endgültige Straßenherstellung im Sinne des BBauG abgeleitet werden könne und insofern Anliegerbeiträge auch erst dann entstünden und gefordert werden könnten, wenn auch tatsächlich eine erstmalige Herstellung durchgeführt worden sei.

1993 seien Planungsvarianten für Straßenbaumaßnahmen durch das Ingenieurbüro … erstellt worden. Es habe drei ähnliche Varianten gegeben, die im Juli 1993 ausführlich im Bauausschuss behandelt worden seien. Der einstimmig beschlossene Planvorschlag habe vorgesehen, den südlichen Teil der … Straße als verkehrsberuhigten Bereich auszubauen, die gesamte Baumaßnahme von der Müllverbrennungsanlage bis zum Wendehammer am südlichen Ende der … Straße durchzuführen, in einer Anliegerversammlung vor Beginn der Baumaßnahme dieselbe vorzustellen und 1994 im Haushalt die entsprechenden finanziellen Mittel einzuplanen.

In einer Anliegerversammlung vom 18. Mai 1994 seien die Anlieger über zu erhebende Erschließungsbeiträge informiert worden.

1994 bis 1996 sei dann die erstmalige Herstellung nach technischem Standard von der (Abzweigung) … Straße bis zur (Einmündung) … Straße erfolgt. Die Baumaßnahme sei laut Protokoll am 24. Mai 1996 abgenommen worden.

Für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage … Straße im heutigen Bereich, beginnend an der Gemarkungsgrenze zur Stadt … im Norden bis zur Einmündung der … Straße, bestehe die Verpflichtung der Antragsgegnerin, Erschließungsbeiträge zu erheben. Der südliche Teil der … Straße ab der Einmündung … Straße sei als eigene Anlage anzusehen, weil der Ausbau dort verkehrsberuhigt erfolgen solle.

Die für die Maßnahmen aus den Jahren 1959 erfolgten Beitragserhebungen 1959 und 1964 hätten jeweils Baumaßnahmen betroffen, die aus objektiven Gründen zu keiner erstmaligen Herstellung der … Straße als Erschließungsanlage hätten führen können. Die seinerzeit geleisteten Zahlungen seien auf die im letzten Jahr erhobenen Erschließungsbeiträge angerechnet worden.

Die Bescheinigung für die Eheleute … vom 17. Mai 1967 sei eine sogenannte Anliegerbescheinigung, welche nach der Rechtsprechung keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide habe. Die frühere Gemeinde … habe insbesondere weder auf einen Beitragsanspruch verzichten noch einen solchen Verzicht zusagen wollen.

In den 1990er Jahren habe es zwei Anliegerversammlungen gegeben, in denen auch die Erhebung von Erschließungsbeiträgen behandelt worden sei. Die erschließungsbeitragsrechtliche Situation in der … Straße sei allen Beteiligten seit vielen Jahren bekannt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Streitgegenstand vorliegender Klage ist die sofortige Vollziehbarkeit der Bescheide vom 12. Oktober 2016.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 15. Dezember 2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2016 anzuordnen, ist zulässig.

Der Antrag ist statthaft, denn gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben. Der streitgegenständlich erhobene Erschließungsbeitrag fällt unter diese Bestimmung (BVerwG, NVwZ 1983, 472).

Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 VwGO ist erfüllt, denn die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 28. November 2016 mitgeteilt, dass die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung mangels Bedenken an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide abgelehnt werden.

Die Anträge sind auch begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Anfechtungsklage in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 durch Beschluss anordnen. In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll dies dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn ein Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist, wie ein Misserfolg. Bloße Bedenken sind noch keine ernsthaften Zweifel (Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 116 zu § 80).

Im vorliegenden Fall bestehen bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. A., RdNr. 125 zu § 80) solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beitragsbescheide der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2016.

Die Bescheide sind voraussichtlich rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Zwar erscheinen die angefochtenen Bescheide auf Grund der in den vorliegenden Verfahren nur vorzunehmenden summarischen Prüfung insoweit rechtmäßig, als vom Entstehen der Beitragsschuld in der geltend gemachten Höhe auszugehen ist, aber im Hinblick auf den Zeitablauf zwischen Fertigstellung der Baumaßnahme im Dezember 1995 und dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses im Oktober 2016 steht der Erhebung der Erschließungsbeiträge gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4b) bb) KAG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 KAG wohl der Eintritt der Vorteilslage entgegen.

1. Rechtsgrundlage für den seitens der Antragstellerin geltend gemachten Erschließungsbeitrag ist Art. 5a KAG i.V.m. den §§ 127 ff. BauGB i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 2. Juni 1989 i.d.F. v. 30. Juli 2014.

Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit der Erschließungsbeitragssatzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, so dass von ihrer Gültigkeit auszugehen ist (ständige Rechtsprechung des BayVGH, z.B. B.v. 4.6.1997 - 6 ZS 97.1305 - juris).

2. Die Abrechnung der an der streitgegenständlichen Anlage durchgeführten Baumaßnahmen im Wege des Erschließungsbeitragsrechts setzt u.a. voraus, dass die Erschließungsanlage nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt hergestellt worden ist.

a) Das in diese Richtung zielende Antragstellervorbringen, die … Straße sei bereits 1959 erstmalig hergestellt worden, erweist sich aller Voraussicht nach nicht als haltbar.

Entgegen dem Antragstellervorbringen handelt es sich - so das Ergebnis der durchgeführten summarischen Prüfung - bei der … Straße um keine historische Straße im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts mit der Folge, dass Art. 5a Abs. 7 KAG (früher § 242 Abs. 1 BauGB) die Entstehung der Beitragspflicht nicht hindert.

Aus dem Blickwinkel des Erschließungsbeitragsrechts liegt eine nicht nach den §§ 127 ff. BauGB abrechenbare „historische Straße“ vor, wenn diese zu irgendeinem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des BBauG Erschließungsfunktion besessen hat und für diesen Zweck endgültig hergestellt war (vgl. u.a. BayVGH v. 10.4.2001 - 6 B 96.2239 - juris). Das heißt neben der Erschließungsfunktion ist weiterhin für die Annahme einer historischen Straße deren „endgültige Herstellung“ erforderlich (vgl. z.B. BayVGH v. 10.8.2000 - 6 B 96.2367 - juris).

Welche Merkmale eine Straße aufweisen musste, um nach dem bis zum 29. Juni 1961 anzuwendenden Recht als endgültig hergestellt zu gelten, bestimmt sich nach den landesrechtlichen und örtlichen straßenbaurechtlichen Vorschriften sowie nach städtebaulichen Regeln, nach etwaigen Richtlinien für den Abschluss von Straßenkostensicherungsverträgen, nach der erkennbar gewordenen Straßenplanung der Gemeinde und, falls es an dahingehenden Unterlagen fehlt, nach den örtlichen Verkehrsbedürfnissen. Jedenfalls durfte eine Gemeinde wegen der erforderlichen Eignung einer Verkehrsanlage, den anliegenden Grundstücken eine ausreichende wegemäßige Erschließung zu vermitteln, gewisse objektive Mindeststandards, welche z.B. ihren Niederschlag in der Ministerialentschließung vom 6. August 1936 (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 25.6.1958, MABl 1958, 625) gefunden haben, nicht unterschreiten (vgl. z.B. BayVGH v. 7.3.2002 - 6 B 97.3735 - juris).

Diese Ministerialentschließung unterscheidet auf der einen Seite zwischen städtischen und vorstädtischen Wohnstraßen, bei welchen eine Gesamtbreite von 8,5 m, d.h. 6 m Fahrbahnbreite und beiderseits 1,25 m Gehsteigbreite oder 5,5 m Fahrbahnbreite und beiderseits 1,5 m Gehsteigbreite angemessen sind, und Straßen in ländlichen Gegenden andererseits, bei denen regelmäßig eine Gesamtbreite von 6 m genügt und bei denen im Allgemeinen auf Gehsteige verzichtet werden kann.

Letztlich kann die Einordnung der Antragsgegnerin in die Kategorie „vorstädtisch“ oder „ländliche Gegend“ zum Zeitpunkt der Baumaßnahme 1959 dahinstehen, da die Mindestbreite des Straßenkörpers, der zur unmittelbaren Abwicklung des Straßenverkehrs benutzt wird, auch in ländlichen Gegenden, ob mit oder ohne Gehweg, eine Gesamtbreite von 6 m nicht unterschreiten soll, vorliegend aber der 1959 durchgeführte Ausbau lediglich eine Breite von 4,5 m Fahrbahn aufweist und damit die oben erwähnten Mindestanforderungen nicht erfüllt.

Insoweit führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 7. März 2002 - 6 B 97.3735 - juris, aus, dass es im Anschluss an die Ministerialentschließung vom 6. August 1936 der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entspricht, dass Straßen mit einer Breite von unter 6 m auch in ländlichen Gegenden zur reibungslosen Abwicklung des Begegnungsverkehrs nicht den Anforderungen an eine ausreichende Erschließung gerecht werden.

Ähnlich hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 23. Dezember 1982, 6 B 80 A 2226 - juris, geäußert, wonach 1964 eine Straßenbreite von 4,75 m nicht den Verkehrserfordernissen jener Zeit entsprach.

Auch im Urteil vom 12. Januar 1993, 6 B 90.2391 - juris, stellt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof darauf ab, dass bei einer Ausbaubreite von nur 5 m die dortige Erschließungs Straße nicht erstmalig hergestellt war, da sie bis 1978 nicht die für Erschließungsstraßen seit 1936 erforderliche Breite von 6 m aufgewiesen hat.

Des Weiteren ist vorliegend unter Berücksichtigung der Länge der 1959 durchgeführten Baumaßnahmen mit 650 m und der laut Kostenzusammenstellung verbrauchten Materialien wohl auch nicht vom Einbau eines frostsicheren Unterbaus auszugehen. Ein solcher entsprach auch im Jahre 1959 den damals herrschenden Ausbaustandards, so dass auch dieser Umstand gegen die Annahme einer „historischen Straße“ spricht.

Auch waren bereits 1959 Straßenentwässerung und (ausreichende) Straßenbeleuchtung erforderliche Teileinrichtungen, um von einer endgültig hergestellten Straße ausgehen zu können.

Somit ist festzustellen, dass die streitgegenständliche Anlage durch die 1959 durchgeführten Baumaßnahmen nicht erstmals endgültig hergestellt war und sie somit zum Zeitpunkt 30. Juni 1961 nur ein Provisorium dargestellt hat.

b) Dies gilt gleichermaßen für die Zeit ab Inkrafttreten des BBauG bis zur Durchführung der streitgegenständlichen Baumaßnahmen.

aa) Bis zum Erlass der Erschließungsbeitragsbescheide (im Wege der Kostenspaltung) im Jahre 1964 wurden seit 1959 keinerlei Baumaßnahmen durchgeführt, so dass angesichts der konkreten Maßnahmen des Ausbaus 1959 weiterhin nicht von einer erstmaligen endgültigen Herstellung ausgegangen werden kann.

Auch die Erfüllung des sich aus § 125 BBauG ergebenden Planerfordernisses bzw. die damals anstelle eines Bebauungsplans nötige Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde waren nicht gegeben.

Somit steht fest, dass auch zum Zeitpunkt 1964 eine erstmalige endgültige Herstellung der … Straße im erschließungsbeitragsrechtlichen Sinne nicht angenommen werden kann.

bb) Der Umstand, dass die Antragsgegnerin damals in der (irrigen) Auffassung gewesen sein mag, dass die Teileinrichtung Fahrbahn bereits 1959 endgültig hergestellt war, vermag nichts an der objektiven Tatsache (vgl. oben 2a), dass die … Straße seinerzeit noch nicht endgültig hergestellt war, zu ändern.

Beitragsbescheide äußern keine Tatbestandswirkung, ihre rechtlichen Voraussetzungen, z.B. die Endgültigkeit der Herstellung, nehmen nicht an der Bestandskraft teil (BayVGH v. 11.7.2002 - 6 ZB 01.1607 - juris).

Die Bestandskraft eines rechtswidrigen, da verfrüht erlassenen Erschließungsbeitragsbescheids, mit welchem ein zu niedriger Beitrag festgesetzt wurde, steht einer Nacherhebung grundsätzlich nicht entgegen. Eine solche könnte allenfalls unter Vertrauensschutzgrundsätzen ausscheiden, wofür vorliegend aber - so das Ergebnis der durchgeführten summarischen Prüfung - keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar sind.

So ist schon nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin ein diesbezügliches Vertrauen adäquat betätigt hat und dies Vertrauen überdies schutzwürdig gewesen wäre. Allein der erkennbare „unfertige“ Zustand der … Straße sowie der den Anliegern wohl bekannte Umstand des fehlenden Grunderwerbs stünden voraussichtlich schon der Annahme schutzwürdiger Interessen entgegen (vgl. z.B. BayVGH v. 7.8.2006 - 6 CS 06.1063 - juris).

cc) Auch die 1968 durchgeführten Baumaßnahmen führen nicht zur endgültigen Herstellung im Sinne der §§ 127 ff. BauGB.

Ausweislich der Akten handelte es sich damals lediglich um ein Staubfreimachen, für welches keine umlegungsfähigen Kosten angefallen sind; dies wurde den Anliegern auch so mitgeteilt.

3. Die Beitragspflicht ist voraussichtlich mit dem streitgegenständlich abgerechneten Ausbau 1994/95 entstanden.

Nach § 133 Abs. 2 BauGB entsteht die Beitragspflicht (u.a.) mit der endgültigen Herstellung der Anlage.

Dazu müssen alle im Ausbauprogramm festgelegten flächenmäßigen Bestandteile einen satzungsgemäßen Zustand erreicht haben auf der gesamten Länge der Erschließungsanlage.

Wie weit eine Erschließungsanlage reicht, bestimmt sich grundsätzlich bei der in diesem Zusammenhang gebotenen natürlichen Betrachtungsweise nach Straßenführung, -breite, – ausstattung und Erschließungsfunktion.

Vor Durchführung des Ausbaus im Jahre 1994/95 stellte sich die … Straße von der Abzweigung … Straße ab im Norden bis zum Bereich der Grundstücke FlNrn. … im Süden auf Grund natürlicher Betrachtungsweise möglicherweise (so der Eindruck, wie er sich aus den der Kammer vorliegenden aus jener Zeit stammenden Lageplänen ergibt) als einheitliche Anlage dar. Dafür spricht z.B. ihr nahezu gerader Verlauf auf einer in etwa vergleichbar breiten Trasse.

Nach der Durchführung des streitgegenständlichen Ausbaus erscheint der unausgebaute südliche Teil und der ausgebaute nördliche Straßenteil bei natürlicher Betrachtungsweise wohl eher als jeweils selbständige Anlage.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind für die Beurteilung der Frage, wo eine selbständige Anlage beginnt und wo sie endet, die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich, wie sie sich im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (vgl. z.B. BVerwG v. 9.1.2013 - 9 B 33.12 - juris).

Jedoch führt dieses Abstellen auf den Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten für die Frage des längenmäßigen Umfanges einer Anlage im Falle eines sukzessiven Ausbaus in einen Zirkelschluss, weil der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht in derartigen Fällen von der Frage abhängt, wo die Anlage endet.

In solch einem Falle ist neben der natürlichen Betrachtungsweise das von der Gemeinde aufgestellte Bauprogramm für die Beurteilung des Anlagenumfangs mit heranzuziehen. Denn erst dieses bestimmt, welche Längenausdehnung die einzelne Anlage haben soll.

So ist bei Herstellung einer Teilstrecke eines - vor Ausbau dieser Teilstrecke - sich bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlich darstellenden Straßenzuges bedeutsam, ob jener Teilausbau nach dem Bauprogramm der Gemeinde zugleich das Ende des Ausbaus der Anlage insgesamt darstellt.

Das die … Straße betreffende Bauprogramm legt im hier zu entscheidenden Fall voraussichtlich den Schluss nahe, dass es sich, obwohl jenes Bauprogramm auch den südlichen Straßenteil mitumfasst, bei der … Straße im streitgegenständlich hergestellten Umfang um eine selbständige Anlage handelt.

Zwar führt zu dieser Auffassung nicht schon der geplante verkehrsberuhigte Ausbau des südlichen Teils der … Straße an sich. Jedoch erweist sich jener mehr als 100 m lange (und damit kein unselbstständiges Anhängsel der … Straße im ausgebauten Bereich bildende) südliche Teil auf Grund der sich im Bauprogramm darstellenden Ausbauplanung (ohne Gehwege, mit einer deutlich erkennbar schmäleren Fahrbahn als sie die … Straße bis zur … Straße hin aufweist,) wohl - so das Ergebnis der durchgeführten summarischen Prüfung - als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes (vgl. dazu z.B. BayVGH v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2534 - juris), so dass voraussichtlich ab der … Straße nach Süden hin von einer eigenständigen Anlage auszugehen ist mit der Folge, dass es sich bei dem streitgegenständlich ausgebauten Bereich der … Straße nicht um einen die Beitragspflicht nicht auslösenden Teilausbau, sondern um die endgültige Herstellung einer selbständigen Anlage handelt, die ihr südliches Ende bei der Einmündung … Straße aufweist.

Möglicherweise ist auch im Beschluss der Antragsgegnerin vom November 2015 in Verbindung mit dem Abwägungsbeschluss vom 4. April 2016 eine den Anlagenumfang betreffende formlose, bis zum Entstehen der sachlichen Beitragspflichten grundsätzlich mögliche Änderung des Bauprogramms von 1993 zu sehen.

4. Jedoch steht der Erhebung der streitgegenständlichen Erschließungsbeiträge voraussichtlich die Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4b) bb) KAG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 KAG entgegen.

Danach ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig.

Die in diesem Zusammenhang relevante „Vorteilslage“ tritt grundsätzlich dann ein, wenn die Erschließungsanlage insgesamt betriebsfertig ist, d.h. technisch endgültig fertiggestellt (vgl. BayVGH v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris).

Die Anlage muss unter Berücksichtigung der Vorgaben des konkreten Bauprogramms, der in der Satzung benannten baulichen Merkmale der endgültigen Herstellung sowie der Erwartungen eines objektiven Betrachters den Eindruck der Abrechenbarkeit erwecken.

Das war für die vorliegend streitgegenständliche Anlage ausweislich des Schlussabnahmeprotokolls vom 24. Mai 1996 mit der tatsächlichen Fertigstellung der Baumaßnahme am 7. Dezember 1995 der Fall.

Auf die am 24. Mai 1996 stattgefundene Werkabnahme kommt es hingegen für die Frage des Eintritts der Vorteilslage nicht an. Es genügt vielmehr, wie oben ausgeführt, dass die Beitragspflichtigen begründet von der „endgültigen technischen Fertigstellung“, d.h. Herstellung entsprechend den Herstellungsmerkmalen und dem Bauprogramm, ausgehen durften (wobei eine bloße Gebrauchsfertigkeit bzw. Benutzbarkeit nicht genügt).

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluss vom 29. Juni 2016, 6 ZB 15.2787 - juris, die Herstellung einer Beleuchtungsanlage betreffend, u.a. folgendes ausgeführt:

„Welchen konkreten technischen Anforderungen diese Teileinrichtung genügen muss, um als endgültig hergestellt zu gelten, ist in der Satzung nicht näher umschrieben und muss es auch nicht sein. Herstellungsmerkmale sollen es nach dem Gesetzeszweck den Beitragspflichtigen ermöglichen, durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, sich ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dieser auf Laien abstellenden Zielrichtung wäre es von vorneherein nicht zu vereinbaren, das Merkmal „Beleuchtung“ in dem Sinn zu verstehen, dass es um Ausbaustandards unter Beachtung bestimmter technischer Regelwerke ginge. Entscheidend kann nur sein, dass überhaupt (irgend-)eine funktionsfähige, der Straßenlänge und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung vorhanden ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 7). Eine etwa mängelbehaftete Bauausführung berührt nur Gewährleistungsansprüche der Gemeinde gegenüber dem Bauunternehmer und damit unter Umständen die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwands, nicht aber die Frage, ob die satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale erfüllt sind. Die endgültige Herstellung wäre nur dann zu verneinen, wenn die Mängel die Gebrauchstauglichkeit der Erschließungsanlage ausschlössen (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2016 - 6 ZB 14.2404 - juris Rn. 6 f. n.w.N.).“

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Gegebenheiten und ihrer gebotenen Übertragung auf die Frage des Eintritts des Vorteilslage ist für letztere der Zeitpunkt einer - für mögliche Gewährleistungsansprüche maßgebenden - Abnahme nicht relevant, vielmehr kommt es insoweit auf den Zeitpunkt der tatsächlichen technischen Fertigstellung der Anlage an. Das ist vorliegend der 7. Dezember 1995 gewesen.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4b) bb) KAG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 KAG ist damit vorliegend voraussichtlich die Erhebung des Erschließungsbeitrags mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 12. Oktober 2016 nicht mehr zulässig; die Bescheide hätten bis spätestens 31. März 2016 erlassen werden müssen.

Den Anträgen war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs (1/4 des Hauptsachestreitwertes).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Baugesetzbuch - BBauG | § 133 Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht


(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht f

Baugesetzbuch - BBauG | § 125 Bindung an den Bebauungsplan


(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus. (2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anfo

Baugesetzbuch - BBauG | § 242 Überleitungsvorschriften für die Erschließung


(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden. (2) Soweit am 29. Juni 1961 zur

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2016 - 6 ZB 14.2404

bei uns veröffentlicht am 13.06.2016

Tenor I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. September 2014 - B 4 K 12.392 - in seinem stattgebenden Teil wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kos

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(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

Tenor

I.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. September 2014 - B 4 K 12.392 - in seinem stattgebenden Teil wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.953,63 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts in seinem stattgebenden Teil zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die von der Beklagten innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die beklagte Gemeinde hat den Kläger mit Bescheid vom 18. Mai 2011 für den 2008 durchgeführten Ausbau der Bergstraße zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 10.192,47 € herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.3.2012) teilweise aufgehoben, nämlich soweit ein höherer Beitrag als 5.238,84 € festgesetzt worden ist. Es hat sein Urteil auf folgende Erwägungen gestützt: Maßgebliche Einrichtung sei die Bergstraße in einer geringeren Ausdehnung als sie die Beklagte ihrer Abrechnung zugrunde gelegt habe, nämlich lediglich auf einer Länge von ca. 190 m beginnend an der Einmündung „Am Angerbach“ (als natürlichem Beginn) bis zur östlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 414/3 (als rechtlichem Ende). Jenseits dieser Grenze beginne eine neue selbstständige, bis zum Beginn des Außenbereichs reichende Erschließungsanlage. Denn dort sei die Straße anders als auf der maßgeblichen Strecke vor der in Rede stehenden Baumaßnahme noch nicht fertig gestellt, sondern nur lose geschottert gewesen und habe weder eine Entwässerung noch eine Beleuchtung aufgewiesen. Entsprechendes gelte für die 52 m lange Stichstraße „Höllberg“. Die an der maßgeblichen Strecke zeitgleich mit einer Kanalsanierung durchgeführte Baumaßnahme beurteile sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach dem Erschließungsbeitragsrecht (Art. 5a KAG i. V. m. §§ 127 ff. BauGB), sondern nach dem Straßenausbaubeitragsrecht (Art. 5 KAG). Denn die Straße sei - anders als die sich östlich anschließende Teilstrecke - von der Beklagten bereits 1962/63 unter Geltung der Erschließungsbeitragssatzung vom 14. Juni 1961 endgültig hergestellt worden. Die damaligen satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale seien erfüllt gewesen. Erst die Satzung aus dem Jahr 1978 habe als Herstellungsmerkmal eine zweilagige Trag- und Deckschicht sowie einen technisch notwendigen tragfähigen und frostsicheren Unterbau verlangt. Das führe zu einer Erhöhung des Gemeindeanteils. Der umlagefähige Aufwand sei zudem um einen weiteren Betrag zu kürzen, weil die Kostenersparnis berücksichtigt werden müsse, die durch die gemeinsame Durchführung von Straßenbaumaßnahme und Erneuerung der in der Straße verlegten Kanalisation erzielt worden sei („Quergräben“ für Hausanschlüsse). Schließlich müssten die Abrechnungsflächen gegenüber der Annahme der Beklagten vergrößert werden, was den Beitragssatz zugunsten des Klägers verringere.

Die Einwände der Beklagten begründen keine ernstlichen Zweifel, die der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen.

a) Nicht zu beanstanden ist die (Grund-)Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bergstraße zwischen der Einmündung „Am Angerbach“ und der östlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 414/3 sei - im Gegensatz zu dem sich östlich anschließenden Straßenstück und der Stichstraße „Höllberg“ - bereits 1962/63 als beitragsfähige Erschließungsanlage (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) erstmalig endgültig hergestellt (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB) worden. Dem steht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entgegen, dass „zweifelsfrei der notwendige Unterbau“ entsprechend den „anerkannten Regeln der Technik und des Straßenbaus“ gefehlt habe.

Die insoweit allein strittige Frage, ob die flächenmäßigen Teileinrichtungen damals die technischen Herstellungsmerkmale erfüllt oder noch keinen endgültigen Ausbauzustand erreicht haben, beurteilt sich nach der seinerzeit maßgeblichen Satzungslage der Beklagten. Denn die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage sind von der Gemeinde durch Satzung zu regeln (§ 132 Nr. 4 BauGB). Anders als die Flächeneinteilung einer Straße als solche, die von der Gemeinde gegebenenfalls formlos festgelegt werden darf, gehört die bautechnische Ausgestaltung der für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen zu dem zwingend in die Satzung aufzunehmenden Ausbauprogramm, soweit davon die endgültige Herstellung der Anlage abhängen soll (ständige Rechtsprechung, etwa BayVGH, B.v. 12.6.2014 - 6 CS 14.1077 - juris Rn. 10 ff.; BVerwG, U.v. 15.5.2013 - 9 C 3.12 - BayVBl 2014, 181 Rn. 14 m. w. N.).

In § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom14. Juni 1961 war hinsichtlich der bautechnischen Ausgestaltung bestimmt, dass Anbaustraßen endgültig hergestellt sind, wenn sie „eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer-, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise“ aufweisen. Weitere Anforderungen namentlich zum Straßenaufbau stellt die Satzung nicht, was rechtlich nicht zu beanstanden ist. Denn einer Erwähnung der Tragschichten unterhalb der Oberflächenbefestigung (Unterbau) bedarf es in der Satzung nicht (BVerwG, B.v. 1.9.1997 - 8 B 144.97 - BayVBl 1998, 470/471). Wird der Unterbau gleichwohl in der Satzung genannt, wie in § 13 Abs. 1 Nr. 1 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 16. November 1978 („technisch notwendiger, tragfähiger und frostsicherer Unterbau“), kommt dem keine eigenständige Bedeutung zu (BayVGH, B.v. 23.2.2015 - 6 ZB 13.978 - juris Rn. 18). Herstellungsmerkmale sollen es nach dem Gesetzeszweck den Beitragspflichtigen ermöglichen, durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dieser auf Laien abstellenden Zielrichtung wäre es von vornherein nicht zu vereinbaren, das Merkmal „technisch notwendiger Unterbau“ in dem Sinn zu verstehen, dass es um die Beachtung technischer Regelwerke ginge. Entscheidend kann allenfalls sein, dass irgendein künstlich hergestellter Unterbau unterhalb der Oberflächenbefestigung vorhanden ist (BayVGH, B.v. 3.8.1999 - 6 ZB 99.1102 - juris Rn. 4). Eine Merkmalsregelung, die hinsichtlich der Oberflächenbefestigung oder gar des Unterbaus auf in technischen Regelwerken vorgegebene Ausbaustandards Bezug nimmt, würde demgegenüber erheblichen Bedenken begegnen; eine solche Einschränkung wäre für die beitragspflichtigen Anlieger intransparent und würde zu einer unangemessenen Risikoverlagerung zu ihren Lasten führen (vgl. BVerwG, U.v. 15.5.2013 - 9 C 3.12 - BayVBl 2014, 181 Rn. 17). Eine etwa mängelbehaftete Ausführung der technischen Baumaßnahme berührt nur Gewährleistungsansprüche der Gemeinde gegenüber dem Bauunternehmer und damit unter Umständen die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwands, nicht aber die Frage, ob die satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale erfüllt sind. Die endgültige Herstellung wäre nur dann zu verneinen, wenn die Mängel die Gebrauchstauglichkeit der Erschließungsanlage ausschlössen (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.1999 - 6 ZB 99.1102 - juris Rn. 6; OVG NRW, U.v. 29.11.1996 - 3 A 2373/93 - NWVBl 1997, 424).

Aus den von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs, insbesondere denjenigen des für Erschließungsbeitragsrecht zuständigen Senats, ergibt sich nichts anderes. Keine Anwendung findet schon im Ansatz die Rechtsprechung zur Frage, welche Merkmale eine Straße vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 aufweisen musste, um als vorhandene Straße im Sinn des § 242 Abs. 1 BauGB (nunmehr Art. 5a Abs. 7 Satz 1 KAG) beurteilt zu werden. Diese Frage beantwortet sich nach den vor diesem Zeitpunkt geltenden landesrechtlichen und örtlichen straßenbaurechtlichen Vorschriften sowie städtebaulichen Regelungen, nach etwaigen Richtlinien für den Abschluss von Straßenkostensicherungsverträgen, nach einer erkennbar gewordenen Straßenplanung der Gemeinde und, falls es an dahingehenden Unterlagen fehlt, nach den örtlichen Verkehrsbedürfnissen (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2008 - 6 ZB 06.2721 - juris Rn. 5 m. w. N.); danach war jedenfalls seit 1936 in aller Regel auch in ländlichen Gemeinden ein kunstgerechter, frostsicherer Unterbau erforderlich. Unter Geltung des zunächst bundes-, später landesrechtlichen Erschließungsbeitragsrechts sind die Anforderungen an die bautechnische Ausgestaltung indes anders, nämlich in dem oben dargelegten Sinn in der Merkmalsregelung der Erschließungsbeitragssatzung normiert.

Gemessen an diesem Maßstab begegnet es keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die technischen Herstellungsmerkmale als erfüllt angesehen hat. Der Straßenaufbau mag den damaligen üblichen technischen Regeln nicht entsprochen haben. Jedenfalls war unterhalb der - der Merkmalsregelung entsprechenden - Oberflächenbefestigung, wie der vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung angehörte Bauingenieur erläutert hat, eine Setzpacklage und damit ein künstlich hergestellter Unterbau vorhanden. Es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Gebrauchstauglichkeit der Straße ausgeschlossen gewesen sein könnte; diese hat im Gegenteil, wie das Verwaltungsrecht hervorgehoben hat, mehr als 40 Jahre standgehalten.

Da die weiteren (rechtlichen) Voraussetzungen der endgültigen Herstellung nicht in Frage stehen, ist die Bergstraße demnach von der Einmündung „Am Angerbach“ bis zur östlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 414/3 infolge der 1962/63 durchgeführten Bauarbeiten als Erschließungsanlage endgültig hergestellt worden.

b) Auf dieser Grundlage begegnen auch die weiteren Folgerungen des Verwaltungsgerichts zum anwendbaren Recht und zum Einrichtungsbegriff keinen Zweifeln.

Waren die tatsächlichen und die rechtlichen Voraussetzungen für die endgültige Herstellung und - was die Beklagte ebenfalls nicht bezweifelt - das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bereits in den 1960er Jahren unter Geltung der Erschließungsbeitragssatzung vom 14. Juni 1961 erfüllt, ist die Erschließungsanlage Bergstraße aus dem Anwendungsbereich des Erschließungsbeitragsrechts (Art. 5a KAG i. V. m. §§ 127 ff. BauGB) entlassen. Das gilt auch dann, wenn damals - objektiv rechtswidrig - keine Erschließungsbeiträge erhoben worden sein sollten. Für spätere Baumaßnahmen, wie den in Rede stehenden Ausbau im Jahr 2008, ist der Anwendungsbereich des Straßenausbaubeitragsrechts (Art. 5 KAG) eröffnet.

Aus dem Blickwinkel des somit maßgeblichen Straßenausbaubeitragsrechts hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Bergstraße von der Einmündung „Am Angerbach“ (als natürlichen Beginn) bis zur östlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 414/3 als die für die Aufwandsermittlung und -verteilung maßgebliche Einrichtung angesehen. Entgegen der Ansicht der Beklagten können trotz ihrer geringen Länge und Überschaubarkeit weder die Stichstraße „Höllberg“ noch die sich nach Osten bis zum Außenbereich anschließende Strecke einbezogen werden. Dem stehen zwingende rechtliche Hindernisse entgegen. Denn beide Straßenteile wurden erst durch die Baumaßnahme im Jahr 2008 in technischer Hinsicht erstmalig endgültig hergestellt und unterfallen mithin (noch) dem Erschließungsbeitragsrecht. Wird nämlich - wie hier - eine endgültig hergestellte Anbaustraße, für die die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bereits entstanden sind, nachträglich verlängert oder fortgeführt, stellt das nachträglich angelegte Teilstück eine selbstständige Erschließungsanlage dar, auch wenn zu diesem späteren Zeitpunkt eine (grundsätzlich gebotene) natürliche Betrachtungsweise einen einheitlichen Straßenverlauf des vorhandenen wie des neu hergestellten Straßenteilstücks ergibt, weil die Beurteilungszeitpunkte insoweit voneinander abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, U.v. 22.7.2011 - 6 B 08.1935 - juris Rn. 16 m. w. N.).

c) Für die Bestimmung des beitragsfähigen Aufwands hat das Verwaltungsgericht folgerichtig auf die Herstellungskosten für die maßgebliche Einrichtung (Bergstraße zwischen der Einmündung „Am Angerbach“ und der östlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 414/3) abgestellt.

Zu Recht hat es die angefallenen „reinen“ Straßenbaukosten (130.112,03 €) gemindert, weil die Beklagte die Straßenbaumaßnahme zugleich - unter „Ausnutzung“ der dafür erforderlichen Arbeiten - mit einer Kanalsanierung durchgeführt hat, die über das Anschlussbeitragsrecht abzurechnen ist. Durch eine solche Verbundmaßnahme werden Kosten erspart, die bei einer völlig getrennten Durchführung der beiden unterschiedlichen Maßnahmen durch die Wiederherstellung der Fahrbahn nach Abschluss der Kanalbauarbeiten anfallen würden. Die durch die Verbindung bewirkte Kostenersparnis muss sowohl der Kanal- als auch der Straßenbaumaßnahme zugutekommen. Deshalb mindert sich der beitragsfähige Aufwand (auch) für die Straßenbaumaßnahme um einen bestimmten Anteil der Kosten für die Ausbauarbeiten, die zugleich der Kanalbaumaßnahme, d. h. deren Abschluss durch Aufbringung der neuen Fahrbahn mit Unterbau, zugutegekommen sind, also zur Durchführung beider Maßnahmen erforderlich waren (näher Driehaus in Driehaus , Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 329 ff. m. w. N.). Bei der Bestimmung der Kostenersparnis, die in aller Regel nur im Wege der Schätzung aufgrund von Erfahrungswerten vorgenommen werden kann, sind deshalb im Ansatz auch die für die Neuverlegung der Hausanschlüsse erforderlichen Quergräben in der Straßentrasse zu berücksichtigen; denn in diesem Bereich haben sich beide Maßnahmen überschnitten. Das Verwaltungsgericht hat sie nachvollziehbar anhand der anteiligen Straßenbaukosten für die betroffenen Flächen beziffert (9.997,07 €) und hälftig beiden Maßnahmen gutgeschrieben. Die Beklagte hält dem nichts Stichhaltiges entgegen.

d) Ebenfalls nicht überzeugen können die Einwände der Beklagten gegen die Korrektur, die das Verwaltungsgericht bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands auf die bevorteilten Grundstücke zugunsten des Klägers gegenüber der von der Beklagten vorgelegten Vergleichsberechnung (VG-Akt im Parallelverfahren 6 ZB 14.2405 Bl. 290) vorgenommen hat.

Keinen Zweifeln begegnet zunächst die Annahme im angegriffenen Urteil, bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands auf die zu berücksichtigenden Grundstücke dürfe die in § 8 Abs. 13 Satz 1 der Ausbaubeitragssatzung (ABS) geregelte Vergünstigung bei Mehrfacherschließung entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zugunsten der Grundstücke FlNrn. 325, 329/4 und 329/59 Anwendung finden. Das Verwaltungsgericht hat die Versagung der Eckgrundstücksvergünstigung damit begründet, dass weder die Stichstraße „Höllberg“ noch die östliche Strecke der Bergstraße, an welche diese Grundstücke zusätzlich angrenzten, als - neben der maßgeblichen Teilstrecke der Bergstraße weitere - „Einrichtung“ im Sinn des § 8 Abs. 13 Satz 1 ABS anzusehen seien. Das entspricht der Rechtslage. Denn beide Verkehrsanlagen sind erst im Zuge der streitigen Baumaßnahme endgültig hergestellt worden, unterfielen also im Gegensatz zur abzurechnenden Einrichtung (noch) dem Erschließungsbeitragsrecht (vgl. BayVGH, U.v. 19.7.2005 - 6 B 01.1492 - juris Rn. 23).

Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner mit Blick auf das im Eigentum der Beklagten stehende Grundstück FlNr. 277 mit der - unstreitig - im beplanten Innenbereich gelegenen Teilfläche (6.248 m2) sowohl für die Bereiche „Lagerplatz Bauhof“ (1.025,75 m2 und 2.904,87 m2) als auch für den Bereich „Kleingärten“ (1.320 m2) einen Artzuschlag nach § 8 Abs. 11 Satz 1 ABS mit der Folge eines Ausschlusses der Mehrfachvergünstigung (§ 8 Abs. 13 Satz 2 ABS) angesetzt. Gemäß dieser Bestimmung sind bei erschlossenen Grundstücken, die zu mehr als einem Drittel gewerblich - oder in einer vergleichbaren Weise (§ 8 Abs. 12 ABS) - genutzt werden oder genutzt werden dürfen, die nach § 8 Abs. 2 zu ermittelnden Nutzungsfaktoren um je 50 v. H. zu erhöhen. Für den Lagerplatz zieht die Beklagte eine gewerbliche oder vergleichbare Nutzung selbst nicht in Zweifel. Für den als Kleingärten genutzten Bereich muss es entgegen ihrer Ansicht bei dieser Zuordnung bleiben. Zwar dürfte die Nutzung als Kleingarten für sich betrachtet die Auferlegung eines grundstücksbezogenen Artzuschlags kaum rechtfertigen. Entscheidend ist indes im vorliegenden Fall nicht die Nutzung dieses Bereichs, sondern der Grundsatz, dass im Straßenausbaubeitragsrecht - wie im Erschließungsbeitragsrecht - grundsätzlich vom bürgerlichrechtlichen Begriff des Grundstücks im Sinn des Grundbuchrechts auszugehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.2.2015 - 6 ZB 14.2045 - juris Rn. 6). Eine Abweichung vom formellen Grundstücksbegriff ist insbesondere nicht veranlasst, wenn - wie hier - ein einheitlich nutzbares, großes Buchgrundstück unterschiedlich genutzt wird. Deshalb verbietet sich für die im unbeplanten Innenbereich gelegene, einheitlich nutzbare Fläche von 6.248 m2 eine Aufsplitterung nach Nutzungsbereichen. Sie ist vielmehr insgesamt zu betrachten und deshalb mit einem Artzuschlag nach § 8 Abs. 11 ABS zu belegen, weil sie auf 3.930,62 m2 und damit zu mehr als einem Drittel gewerblich oder vergleichbar genutzt wird.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die aufgeworfenen Fragen lassen sich auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung in dem oben dargelegten Sinn beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

3. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der behaupteten Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von den im Zulassungsantrag genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zuzulassen. Es fehlt bereits an der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen substantiierten Darlegung, welcher Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht. Die behauptete Abweichung liegt aber auch nicht vor; den genannten Entscheidungen lässt sich, wie oben ausgeführt, nicht entnehmen, die Tragschichten unterhalb der Oberflächenbefestigung müssten entsprechend den technischen Regeln ausgeführt sein, damit eine Anbaustraße entsprechend den satzungsrechtlichen Herstellungsmerkmalen endgültig hergestellt sei.

4. Das Urteil beruht schließlich auch nicht auf einem der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofs unterliegenden Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Rüge, das Verwaltungsgericht hätte im Rahmen der Überprüfung des beitragsfähigen Aufwands die Höhe der Kostenersparnis aufgrund der Durchführung einer Verbundmaßnahme (oben 1 c) mit Blick auf die zusätzlichen Grabenbereiche für Hausanschlüsse weiter aufklären müssen, kann nicht überzeugen.

Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, B.v. 16.4.2012 - 4 B 29.11 - BayVBl 2012, 640; BayVGH, B.v. 9.3.2016 - 6 ZB 15.622 - juris Rn. 15). Die anwaltlich vertretene Beklagte hätte in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu Protokoll stellen können (vgl. § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO); das ist jedoch ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 16. September 2014 nicht geschehen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten zu kompensieren.

Die Tatsache‚ dass ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde‚ wäre nur dann unerheblich‚ wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist jedoch nur dann erfolgreich‚ wenn sie schlüssig aufzeigt‚ dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen. Es muss ferner dargelegt werden‚ welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beteiligten günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerwG‚ B.v. 14.9.2007 - 4 B 37.07 - juris Rn. 2 f. m. w. N.; B.v. 10.2.2015 - 5 B 60.14 - juris Rn. 3). Diese Anforderungen erfüllt das Vorbringen der Beklagten nicht. Sie legt nicht dar, welche weiteren Angaben der in der mündlichen Verhandlung angehörte Bauingenieur K. zur Anzahl sowie zum Ausmaß der Quergräben, der sich daraus errechnenden Kostenersparnis und deren Verteilung auf die Straßen- und Kanalbaumaßnahmen gemacht hätte und inwiefern das zu einer für die Beklagte günstigeren Entscheidung hätte führen können.

Im Übrigen bestand für das Verwaltungsgericht kein Anlass zu einer weiteren Aufklärung, weil ihm mit den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen und den ergänzenden Angaben von Herrn K. eine ausreichende Tatsachengrundlage zur Verfügung stand, um - in Fortführung der von der Beklagten selbst vorgenommenen Berechnungen - die Kostenersparnis hinsichtlich der Quergräben zu bemessen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.