Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Streitwert wird auf 500,- € festgesetzt.
1G r ü n d e
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 6 K 1147/15 erhobenen Klage des Antragstellers gegen die mit Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2015 erfolgte Zwangsgeldfestsetzung und Androhung eines weiteren Zwangsgeldes anzuordnen,
4ist unbegründet.
5Nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtordnung (VwGO) hat das Gericht bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung des Verwaltungsaktes und das private Interesse des Antragstellers an einem Aufschub der Vollziehung gegeneinander abzuwägen.
6Vorliegend ergibt diese Abwägung, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung das private Interesse des Antragstellers überwiegt. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung stellen sich die angefochtene Festsetzung des Zwangsmittels der Ersatzvornahme und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes als offensichtlich rechtmäßig dar.
7Ermächtigungsgrundlage für die mit Ordnungsverfügung vom 27. Mai 2015 erfolgte Festsetzung des Zwangsgeldes ist § 64 Satz 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW). Nach dieser Vorschrift setzt die Vollzugsbehörde das Zwangsmittel fest, wenn die Verpflichtung innerhalb der Frist, die in der Androhung bestimmt ist, nicht erfüllt wird. Für die Festsetzung des Zwangsgeldes sind daher eine unanfechtbare oder sofort vollziehbare Verpflichtung (§ 55 Abs. 1 VwVG NRW), eine Androhung eines Zwangsgeldes (§ 63 VwVG NRW) und die Nichterfüllung der Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist erforderlich.
8Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
9Grundlage der Zwangsgeldfestsetzung ist die im Zeitpunkt des Erlasses der Zwangs-geldfestsetzung unanfechtbare Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 1. April 2015, durch welche sie dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs aufgegeben hat, seine Verkaufsstelle in B. , B.---weg , ab Zustellung des Bescheids gemäß den durch § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz - LÖG NRW) vorgegebenen Schließzeiten samstags ab 22.00 Uhr geschlossen zu halten.
10Des Weiteren hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller das Zwangsgeld in der Ordnungsverfügung vom 1. April 2015 auch ordnungsgemäß angedroht, § 63 Abs. 1 bis 5 VwVG NRW.
11Gegen die getroffene Anordnung hat der Antragssteller ferner verstoßen, da er seine Verkaufsstelle - wie die Antragsgegnerin bei einer Nachkontrolle am 23. Mai 2015 festgestellt hat - nach Erlass der Ordnungsverfügung vom 1. April 2015 an einem Samstag nach 22 Uhr, nämlich um 23:05 Uhr, noch geöffnet hatte.
12Soweit der Antragsteller einwendet, ein Verstoß gegen die Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW scheitere daran, dass er zusätzlich zu seiner Verkaufsstelle ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe betreibe, weshalb die allgemeinen Ladenöffnungszeiten nicht für sein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe gelten würden, sondern ihm vielmehr das Privileg des Gassenschanks nach § 7 Abs. 2 des Gast-stättengesetzes (GastG) zugutekomme, führt dieser Aspekt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Gemäß § 7 Abs. 2 GastG dürfen zwar außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch Getränke und zubereitete Speisen, die in dem Betrieb verabreicht werden (Nr. 1) sowie Flaschenbier, alkoholfreie Getränke, Tabak- und Süßwaren (Nr. 2) an jedermann über die Straße abgegeben werden. Auf dieses sog. Gassenschankprivileg kann sich der Antragsteller jedoch nur berufen, wenn er zugleich auch Schank- oder Speisewirt ist. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall, da der Antragsteller keine Schankwirtschaft betreibt.
13Gemäß der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG liegt eine Schankwirtschaft vor, wenn im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller nicht, auch wenn er neben der Verkaufsstelle für Zeitungen, Zeitschriften, Tabakwaren, Getränke, Süßwaren und Geschenkartikel, Batterien und Telefonkarten, Post- und Paketannahmestelle ein erlaubnisfreies Gaststättengewerbe angemeldet hat. Denn vorliegend sind Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Antragsteller als Inhaber eines Kiosks, den Getränkeausschank nicht ernstlich betreiben will, sondern ihn nur der Form halber angemeldet hat, um sich auf diese Weise die Möglichkeit zu verschaffen, seinen Warenhandel nach Ladenschluss in unzulässiger Weise fortzusetzen.
14Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1960 - I C 41/56 -, NJW 1960, 2209, 2010.
15Aufgrund einer Zusammenschau aller Umstände des Einzelfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller ernstlich bemüht ist, neben seinem Kioskbetrieb auch eine Schankwirtschaft zu betreiben, die den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG gerecht wird.
16Insbesondere das Tatbestandsmerkmal „zum Verzehr an Ort und Stelle“ wird durch den Betrieb des Antragstellers nicht erfüllt. Soweit in der Literatur
17vgl. Metzner, GastG, 6. Aufl., § 1 Rn. 52; Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 13. Aufl., § 1 Rn. 45,
18und in der Rechtsprechung
19vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 1983 - 4 A 1694/82 -, GewArch 1984, 130,
20die Ansicht vertreten wird, es sei nicht erforderlich, dass besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereit gehalten werden oder dass der Ort des Verzehrs eigens zu diesem Zweck hergerichtet sei, so ist daraus nicht zu folgern, dass in jedem Fall, in dem irgendeine Vorrichtung - so wie hier ein Stehtisch, ein Barhocker und eine Kaffeemaschine - vorhanden ist, stets und unabhängig von anderen Aspekten ein „Verzehr an Ort und Stelle“ erfolgt und damit ein Ausschank vorliegt.
21A.A. Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 13. Aufl., § 1 Rn. 45.
22Vielmehr kommt es im Rahmen der Prüfung, ob ein „Verzehr an Ort und Stelle“ erfolgt, maßgeblich darauf an, ob nach den Einrichtungen des Betriebs davon ausgegangen werden kann, dass der Verzehr hauptsächlich in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Abgabestelle erfolgt und ob der Ort tatsächlich als Verzehrort benutzt wird. Abzustellen ist dabei auf die typischen Verkehrsgewohnheiten und die Verkehrsanschauungen.
23Vgl. VG Würzburg, Urteil vom 9. Oktober 1996 - W 10 K 95.1660 -, GewArch 1997, 164, in dem der Verzehr an Ort und Stelle bei einem Imbissverkaufswagen trotz des Vorhandenseins eines Ablagebretts und eines überstehenden Dachs verneint worden ist.
24Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob derjenige, der angeblich eine Schankwirtschaft betreiben will, gar keine Verweilvorrichtungen aufgestellt hat oder solche rudimentären Einrichtungen geschaffen hat, die den Anschein erwecken sollen, dass eine Schankwirtschaft betrieben wird. Vielmehr erscheint es sachgerecht, in jedem Fall bei der Prüfung, ob dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist, in erster Linie auf den räumlichen Zusammenhang zwischen Abgabe- und Verzehrsort abzustellen und gerade nicht auf das Vorhanden- bzw. Nichtvorhandensein von besonderen Verweileinrichtungen.
25Der räumliche Zusammenhang ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn Waren in einer Form verabreicht werden, die typischerweise hauptsächlich ihren sofortigen Verzehr erfordern oder nahelegen.
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 1983 - 4 A 1694/82 -, GewArch 1984, 130.
27Dass die vom Antragsteller verkauften Waren - wobei das Warensortiment vorwiegend aus alkoholischen und alkoholfreien Getränken, Süßigkeiten sowie Tabakwaren besteht - tatsächlich typischerweise und hauptsächlich an Ort und Stelle verzehrt werden oder ihren sofortigen Verzehr erfordern, hat der Antragsteller nicht plausibel dargelegt. Auch nach der Art und Weise, wie die Verkaufsstelle des Antragstellers eingerichtet ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verzehr tatsächlich hauptsächlich in den Räumlichkeiten des Antragstellers erfolgt. Zwar hat der Antragsteller in seinen Räumlichkeiten - wie auf den von der Antragsgegnerin gefertigten Fotos (vgl. Bl. 13, 14 und 15 der BA I, auf die hiermit Bezug genommen werden) ersichtlich ist - einen Stehtisch mit einem Barhocker sowie einen Kaffeeautomaten aufgestellt. Jedoch steht der Stehtisch dicht gedrängt in einer Ecke und ist für das vom Antragsteller betriebene Gewerbe von derart untergeordneter Bedeutung, dass bei den Kunden des Antragstellers sowie nach der Verkehrsanschauung nicht der Eindruck erweckt wird, dass die vom Antragsteller verkauften Waren in erster Linie in diesen Räumlichkeiten verzehrt werden können oder dass dies gewünscht ist. Zudem findet der Verzehr der in einem Kiosk gekauften Getränke nach der Lebenserfahrung auch nicht typischerweise vor Ort oder an einem dort befindlichen Stehtisch statt, sondern außerhalb dieser Räumlichkeiten.
28Die Kammer gelangt auch dadurch, dass der Kläger einen professionellen Kaffeeautomaten aufgestellt hat, zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Zwar kann auch der Ausschank aus Automaten eine Schankwirtschaft darstellen, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass das Getränk auf der Stelle getrunken wird und der Inhaber des Betriebs dies bewusst duldet oder fördert. Somit ist auch hier der der räumliche Zusammenhang zwischen dem Ort der Getränkeabgabe und dem Ort des Trinkens maßgebend.
29Vgl. Metzner, GastG, 6. Aufl., § 1 Rn. 53.
30Nach der Lebenserfahrung sowie der typischen Verkehrsgewohnheit und der Verkehrsanschauung in der heutigen Zeit wird der an einem Automaten in einem Kiosk gekaufte Kaffee, Tee oder Kakao aber als „Getränk to go“ gekauft. Diese Annahme wird auch durch die vom Antragsteller gewählte Einrichtung gestützt, da er neben seinem Kaffeeautomaten „Coffee-to-go-Pappbecher“ sowie entsprechende dazugehörige Deckel aufgestellt hat und gerade keine Tassen, Gläser oder Porzellanbecher, die dazu animieren, die aus einem Kaffeeautomaten gezogenen Getränke vor Ort zu trinken. Vielmehr kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass ein Verzehr zwar an Ort und Stelle begonnen wird, dann aber hauptsächlich im Weitergehen oder in einer solchen Entfernung durchgeführt wird, dass ein räumlicher Zusammenhang mit der Abgabestelle nicht mehr besteht. Dies reicht aber gerade nicht aus, um den erforderlichen räumlichen Zusammenhang zu begründen.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 1983 - 4 A 1694/82 -, GewArch 1984, 130; VG Würzburg, Urteil vom 9. Oktober 1996 - W 10 K 95.1660 -, GewArch 1997, 164.
32Soweit der Antragsteller auf die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württem-berg vom 30. Mai 1995 (Az. 9 S 619/95) und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. März 2014 (Az. 4 K 684/12) verweist, so sind die dort getroffenen Aussagen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, da die Sachverhalte unterschiedlich sind. Die vom Antragsteller zitierten Verfahren handelten von Gaststättengewerben in Form eines Stehimbisses bzw. eines Imbissbereichs in der Verkaufsstelle einer Tankstelle, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 GastG erfüllen.
33Die weiteren Einwendungen des Antragstellers (verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW mit Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), Duldung der längeren Öffnung durch umliegende Gemeinden und Städte, das Bestehen eines öffentlichen Interesses an einer längeren Öffnung der Kioske, welches eine Ausnahmegenehmigung nach § 10 LÖG NRW rechtfertige, existenzvernichtende Folgen) richten sich gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 1. April 2015, mithin gegen die Grundver-fügung. Auf die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung kommt es bei der Beurteilung der angefochtenen Zwangsgeldfestsetzungen allerdings nicht an, da Vollstreckungs-maßnahmen lediglich einen wirksamen, unanfechtbaren oder sofort vollziehbaren Grundverwaltungsakt voraussetzen. Einwendungen gegen dessen Rechtmäßigkeit können im Vollstreckungsverfahren nicht geltend gemacht werden.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 7 C 5.08 -, juris Rn. 12 f.; OVG NRW, Urteile vom 6. Mai 2014 - 13 A 3004/11 -, juris Rn. 4 m.w.N.
35Die weiteren Voraussetzungen für die Zwangsgeldfestsetzung sind gegeben. Das festgesetzte Zwangsgeld deckt sich der Höhe nach mit der Androhung vom 1. April 2015.
36Die Festsetzung des Zwangsgeldes ist auch verhältnismäßig; insbesondere erscheint sie geeignet, den Antragsteller zukünftig dazu zu bewegen, den Anordnungen der Antragsgegnerin Folge zu leisten.
37Die Androhung des weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,- € ist ebenfalls rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58, 60, 63 VwVG NRW. Nach § 57 Abs. 3 VwVG NRW können Zwangsmittel so lange wiederholt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt wird. Das Zwangsgeld hält sich überdies in dem von § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW gesetzten Rahmen und ist verhältnismäßig im Sinne von § 58 Abs. 1 VwVG NRW, da es in einem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck steht, den Antragsteller zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus der Ordnungsverfügung zu bewegen.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
39Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Tz. 1.5 und 1.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 und berücksichtigt im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens das festgesetzte Zwangsgeld zur Hälfte (250,- €) sowie das angedrohte (weitere) Zwangsgeld zu einem Viertel (250,- €).