Sozialgericht Würzburg Urteil, 04. Aug. 2016 - S 3 R 1138/15

bei uns veröffentlicht am04.08.2016
nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 19 R 602/16, 10.05.2017

Gericht

Sozialgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen, soweit sie über das angenommene Teilanerkenntnis vom 04.08.2016 hinausgeht.

II. Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist zuletzt noch streitig, ob dem Kläger die Zeit vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 als nachgewiesene Versicherungszeit im Sinne von § 22 Fremdrentengesetz (FRG) anzuerkennen ist.

Der am ... 1958 in A. hütte, Polen, geborene Kläger verzog am 28.08.1987 von Polen in die Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises A. Aufgrund Bescheides vom 02.02.2011 bezieht der Kläger seit 01.11.2010 von der Beklagten eine (inzwischen unbefristete) Rente wegen voller Erwerbsminderung, die Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz aufgrund von in Polen zurückgelegten Zeiten enthält.

Nach einem erfolglosen Überprüfungsantrag im Jahr 2011 (vgl. Bl. 84-116 der Beklagtenakte / BA) beantragte der Kläger am 19.11.2013 erneut die Überprüfung seiner zurückgelegten Versicherungszeiten ab 01.09.1974 (Bl. 150 BA) und legte dazu zahlreiche polnische Dokumente vor.

Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19.02.2014 (Kopie nach Bl. 10 der Widerspruchsakte VI / WSA VI) die klägerische Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.11.2010 neu fest. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen habe man die polnischen Zeiten überprüft und könne wegen der nun vorliegenden Krankengeldkarten die Beschäftigung vom 13.06.1977 bis zum 26.10.1979 und vom 14.11.1981 bis zum 31.01.1985 als nachgewiesene Zeit zu 6/6 anerkennen. Der Bescheid vom 02.02.2011 werde gemäß § 44 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) insoweit zurückgenommen.

Dagegen erhob der Kläger am 27.02.2014 Widerspruch mit dem Ziel, dass weitere Zeiten als nachgewiesen gelten und damit zu 6/6 anerkannt würden. Er legte dazu weitere polnische Unterlagen vor.

Die Beklagte überprüfte die vorgelegten Unterlagen, konnte aber aufgrund von ihnen keine weiteren Zeiten als nachgewiesen im Sinne von § 22 FRG anerkennen und teilte dies dem Kläger mit Bescheid vom 29.04.2014 (Bl. 260 BA) mit, der den Hinweis enthielt, dass dieser Bescheid nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahren werde.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 28.05.2014 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben (ursprüngliches Aktenzeichen S 3 R 511/14, nunmehr S 3 R 1138/15). Mit Beschluss vom 08.08.2014 hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens angeordnet, bis die Beklagte über den Widerspruch des Klägers vollständig entschieden hat.

Im Widerspruchsverfahren kam es zu einem mehrfachen Schriftwechsel zwischen dem Klägerbevollmächtigten und der Beklagten. Letztlich hatte der Widerspruch die Anerkennung folgender Zeiten im Versicherungsverlauf zum Ziel, vgl. Schriftsätze des Klägerbevollmächtigten vom 28.01.2015 (Bl. 29 WSA VI) und vom 16.02.2015 (Bl. 32 WSA VI):

– ungekürzte Anerkennung der Ausbildungszeit in Polen vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 (bisher Anerkennung zu 5/6)

– ungekürzte Anerkennung der Zeit vom 06.02.1985 bis zum 14.10.1986 (bisher Anerkennung zu 5/6), evtl. Anerkennung als Ausbildungszeit

– Anerkennung der beschäftigungslosen Zeit in Polen vor der Ausreise vom 30.05.1987 bis zum 27.08.1987 als Ersatzzeit oder Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit

– Anerkennung des Zeitraumes 01.11.1990 bis zum 11.12.1990 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit.

Die Beklagte und der Klägerbevollmächtigte erhielten im Widerspruchsverfahren gleichlautende Auskünfte der AOK Hessen, wonach der Kläger vom 10.05.1990 bis zum 05.12.1990 Arbeitslosengeld bezogen hatte.

Mit Teilabhilfebescheid vom 04.11.2015 (Bl. 40 der Gerichtsakte) stellte die Beklagte die Rente ab 01.11.2010 neu fest: Die Zeit des Klägers ohne Arbeit vom 30.05.1987 bis zum 10.07.1987 werde als Überbrückungstatbestand bewertet (weil bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Ausreiseantrages in den ersten sechs Wochen subjektive Arbeitslosigkeit wegen der vollen Inanspruchnahme durch die Ausreisevorbereitungen zu verneinen sei). Die über sechs Wochen hinausgehende Zeit der Arbeitslosigkeit vor der Ausreise aus Polen vom 11.07.1987 bis zum 27.08.1987 werde als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 29 FRG i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI anerkannt. Und die Zeit ab Zuzug nach Deutschland vom 28.08.1987 bis zum 30.08.1987 werde als Anschlussersatzzeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI angerechnet.

Bezüglich der übrigen noch angefochtenen Zeiten des Versicherungsverlaufs wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2015 (Bl. 45 WSA VI) zurückgewiesen (unter Hinweis auf § 96 SGG):

– Die Ausbildungszeit in Polen vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 könne keine ungekürzte Anerkennung nach § 22 FRG erfahren. Denn Eintragungen in eine Krankengeldkarte, die grundsätzlich als Nachweis dienen können, seien erst ab 1977, also ab Beendigung der Ausbildung und Aufnahme einer normalen Beschäftigung am 13.06.1977, erfolgt.

– Am 06.02.1985 sei der Kläger von einem neuen Arbeitgeber eingestellt worden, von dem keine Krankengeldkarten vorlägen. Das Legitimationsbuch sei erst ab 15.10.1986 ausgestellt worden. Für den davorliegenden streitigen Zeitraum vom 06.02.1985 bis zum 14.10.1986 müsse es daher ebenfalls bei der gekürzten Anerkennung von 5/6 verbleiben.

Mit Schreiben ebenfalls vom 07.12.2015 hat die Beklagte das Klageverfahren vor dem Sozialgericht (bisheriges Az. S 3 R 511/14) wieder aufgerufen, das nunmehr unter dem Az. S 3 R 1138/15 fortgesetzt worden ist.

Mit Schriftsätzen vom 17.12.2015 und vom 07.01.2016 hat der Klägerbevollmächtigte zur weiteren Klagebegründung vorgetragen, im Sozialgerichtsverfahren seien noch folgende Zeiten streitig:

– Der Zeitraum vom 30.05.1987 bis zum 10.07.1987 sei nicht nur als Überbrückungstatbestand, sondern als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit im Herkunftsgebiet anzuerkennen, weil der Kläger nicht die ersten sechs Wochen der Beschäftigungslosigkeit mit der Erledigung seiner Ausreiseformalitäten verbracht habe; vielmehr habe er dies bereits erledigt, bevor er seinen Arbeitgeber von der Ausreise in Kenntnis setzte.

– Die Zeit vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 sei mit 6/6 zu bewerten, weil aufgrund des Abschlusszeugnisses der Berufsschule nachgewiesen sei, dass der Kläger in der fraglichen Zeit eine Ausbildung absolviert hatte.

– Auch für die Versicherungszeit vom 06.02.1985 bis zum 14.10.1986 dürfe keine Kürzung auf 5/6 erfolgen, da auch hierfür ein Nachweis in Form des Zeugnisses über eine Nachschulung vom 09.07.1986 für eben diese Zeit vorliege.

Außerdem wies der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass die hälftige Kostentragung der Beklagten laut Widerspruchsbescheid nicht dem Verhältnis von Erfolg und Nichterfolg im Widerspruchsverfahren entspreche.

Während des Klageverfahrens wandte sich der Kläger selbst mit Schriftsätzen vom 14.01.2016, 15.01.2016, 04.02.2016, 14.03.2016 und 24.04.2016 auch noch mehrmals direkt an die Beklagte, wobei es ihm neben weiteren Aspekten offensichtlich vor allem um die Bewertung seiner polnischen Beitragszeiten zu 6/6 sowie um die Frage ging, von wem er in welchem Verfahren bei der Beklagten, vor dem Sozialgericht Würzburg und dem Landessozialgericht vertreten wird.

Zum klägerischen Begehren, die Zeit vom 30.05.1987 bis zum 10.07.1987 nicht als Überbrückungstatbestand, sondern als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit anerkannt zu bekommen, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.02.2016 auf Nachfrage des Gerichts geantwortet, dass bei einer Arbeitslosigkeit unter sechs Wochen vor der Ausreise das Vorliegen von subjektive Arbeitslosigkeit verneint werde, da vermutet werde, dass der Versicherte durch die Erledigung notwendiger Formalitäten, Wohnungsauflösung etc. voll in Anspruch genommen worden sei. Dauert die Arbeitslosigkeit über sechs Wochen an, sei davon auszugehen, dass danach auch subjektive Arbeitslosigkeit vorgelegen haben könne.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2016 legte der Klägerbevollmächtigte neue polnische Unterlagen des Klägers vor, die das Gericht ins Deutsche übersetzen ließ, soweit sie sich noch nicht in der Beklagtenakte befanden.

Nach Prüfung der übersetzten Dokumente gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.05.2016 ein Vergleichsangebot (Bl. 158 der Gerichtsakte) ab, wonach aufgrund der nunmehr erstmals vorgelegten Lohn-/Arbeiterkarten für die Jahre 1985 bis 1987 der Zeitraum vom 06.02.1985 bis zum 14.10.1986 ungekürzt zu 6/6 anerkannt werde (und die Kosten des Verfahrens dem Grunde nach zu 2/3 übernommen würden).

Mit Schriftsatz vom 09.05.2016 reichte der Klägerbevollmächtigte schließlich noch zwei weitere polnische Bescheinigungen ein, deren Prüfung durch die Beklagte nach Übersetzung ins Deutsche jedoch an dem Vergleichsangebot der Beklagten nichts weiter ändern konnte, weil damit nicht der Nachweis für die noch zu 5/6 gekürzt zu berücksichtigende Zeit der Ausbildung vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 erbracht worden sei (Schriftsatz der Beklagten vom 07.06.2016).

Mit Schriftsatz vom 13.07.2016 hat der Klägerbevollmächtigte schließlich den bisherigen Sach- und Streitstand nochmals zusammengefasst. Demnach seien noch folgende Zeiten streitgegenständlich:

– die Zeit vom 02.09.1974 bis 12.06.1977, Kürzung auf 5/6

– die Zeit vom 30.05.1987 bis 10.07.1987, Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit statt Überbrückungstatbestand

– die Zeit vom 06.12.1990 bis 11.12.1990.

In der mündlichen Verhandlung am 04.08.2016 hat die Beklagte - auch unter Bezugnahme auf ihr Vergleichsangebot vom 03.05.2016 - ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass die Beklagte sich unter Änderung entgegenstehender Bescheide verpflichtet, den Zeitraum vom 06.02.1985 bis zum 14.10.1986 ungekürzt zu 6/6 anzuerkennen und zudem den Zeitraum vom 30.05.1987 bis zum 10.07.1987 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 29 FRG anzuerkennen. Die Klägerseite hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Zum Nachweis der Beschäftigungszeit sowie der tatsächlichen Fehltage vom 02.09.1974 bis 12.06.1977 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals auf seinen Berufsausbildungsvertrag vom 02.09.1974 (Bl. 174 f., 229 f. BA) sowie auf die vom Archiv Oppeln vorgelegte Liste der Arbeitstage in den Jahren 1974 bis 1978 (Bl. 182, 235 BA) verwiesen und ausgeführt, dass zwar einzelne Urlaubstage in der Liste nicht ausgewiesen seien, er aber immer im Sommer Urlaub gehabt habe, was ihm laut Ausbildungsvertrag auch zugestanden habe.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.02.2011 in der Fassung des Bescheides vom 19.02.2014, des Bescheides vom 29.04.2014 sowie des Teilabhilfebescheides vom 04.11.2015, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2015, zu verurteilen, dem Kläger die Zeit vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 als ungekürzte Beitragszeit zu 6/6 anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit sie über das angenommene Teilanerkenntnis vom 04.08.2016 hinausgeht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, soweit sie über das angenommene Teilanerkenntnis vom 04.08.2016 hinausgeht.

Am Ende des seit 2013 laufenden Überprüfungs-, Widerspruchs- und Klageverfahrens blieb zwischen den Beteiligten nur noch streitig, ob der klägerischen Rente die Zeit vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 als ungekürzte Beitragszeit zu 6/6 oder wie bislang nur zu 5/6 zugrunde zu legen ist.

§ 44 SGB Xregelt die Rücknahme eines rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsaktes. Hierunter fällt auch die inzidente Nichtanerkennung von weiteren rentenrechtlichen Zeiten in einem ansonsten begünstigenden Rentenbewilligungsbescheid. Voraussetzung für eine Rücknahme nach § 44 SGB X ist, dass sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und dass deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

Zu Recht hat es jedoch die Beklagte abgelehnt, die Zeit vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 als ungekürzte Beitragszeit anzuerkennen, weshalb die angefochtenen Rentenbzw. Überprüfungsbescheide, zuletzt in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 04.08.2016, insofern rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen.

Für vom Kläger in Polen zurückgelegte Versicherungszeiten ist das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen - DPSVA 1975 maßgeblich. Von diesem Abkommen wird der Kläger erfasst, da er bis zum 31.12.1990 nach Deutschland zugezogen ist und sich hier aufhält (vgl. Art. 27 Abs. 1, 2 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 8.12.1990 - DPSVA 1990). Nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger des Staates, in dem der Berechtigte wohnt, Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellte Zeiten im anderen Staat so, als ob sie in seinem Staatsgebiet zurückgelegt worden wären. Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 vom 12.03.1976 (i.d.F. des Art. 20 Nr. 2 und 3 des Rentenreformgesetzes - RRG 1992 vom 18.12.1989) werden die Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, in Anwendung des Fremdrentengesetzes - FRG und des Fremd-renten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetzes - FANG berücksichtigt. Dass der Kläger auch als Vertriebener anerkannt ist, ist mit Blick auf die Anwendbarkeit des FRG damit vorliegend nicht von Belang.

Gemäß § 15 Abs. 1 FRG stehen die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten inländischen Beitragszeiten gleich. Für die Feststellung derartiger Beitragszeiten genügt es gemäß § 4 Abs. 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FRG).

Gemäß § 22 Abs. 3 FRG sind jedoch für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 zu kürzen. Diese Kürzung beruht auf der durch statistische Untersuchungen gewonnenen Erfahrung, dass auch die durchschnittliche Beitragsdichte im Bundesgebiet nur diesem Umfang von 5/6 entspricht. Um eine Besserstellung des fremdrentenberechtigten Personenkreises gegenüber in Deutschland rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern zu vermeiden, muss eine höhere Beitragsdichte bezüglich etwaiger Fremdrentenzeiten jeweils im Einzelfall nachgewiesen sein. Der Nachweis ist im Sinne eines Vollbeweises zu führen. Ein solcher liegt erst vor, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad an Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (D., Urteil vom 15.02.2012, Az. L 19 R 8/10 m.w.N.).

Für die Frage, ob Beitragszeiten zu 6/6 anzurechnen sind, kommt es damit auf den Nachweis an, dass diese Zeiten nicht etwa durch Krankheitszeiten, Urlaub oder ähnliches unterbrochen worden sind. Dieser Nachweis wird lediglich durch die Angabe von Beginn und Ende eines Beschäftigungsverhältnisses jedoch nicht geführt.

Mit den vom Kläger vorgelegten polnischen Unterlagen, insbesondere mit dem Berufsausbildungsvertrag vom 02.09.1974 und der Liste der Arbeitstage der Jahre 1974 bis 1978 (Bl. 174 f., 229 f. bzw. 182, 235 BA) kann der erforderliche Nachweis nicht erbracht werden, dass während der noch streitigen Zeit keine relevanten Unterbrechungen vorgelegen haben. Die Unterlagen enthalten allenfalls Rahmenangaben, aber keine Aussagen über tatsächliche krankheits- oder urlaubsbedingte Unterbrechungen. Laut Ausbildungsvertrag hatte der Kläger zwar Anspruch auf Urlaub. Ob, wann und in welchem Umfang dieser genommen wurde, bleibt jedoch unklar.

Die Aussage des Klägers, immer im Sommer Urlaub gehabt zu haben, steht sogar im Widerspruch zu der Arbeitstage-Liste auf Blatt 182 der Beklagtenakte, in der für die maßgeblichen Sommer 1975 bis 1977 in Spalte 3 auch in den Sommermonaten keine nicht gearbeiteten Tage eingetragen sind, sondern vielmehr Spalte 2 ebenso wie in den anderen Monaten über 20 durchgearbeitete Tage ausweist. Für das Jahr 1976 ist nicht einmal die Zahl der Arbeitstage in der Liste eingetragen. Dass die Liste auf Blatt 182 der Beklagtenakte nicht als Nachweis über tatsächlich gearbeitete Tage und Fehltage taugen kann, ergibt sich auch aus ihrem Vergleich mit den Krankengeldkarten des Klägers für die Jahre 1977 bis 1983 (Bl. 171-173, 227 f. BA). Demnach hatte der Kläger nämlich 1977 und 1978 krankheitsbedingte Fehltage, die allerdings in der Liste der Arbeitstage auf Blatt 182 der Beklagtenakte nicht aufgeführt sind.

Anders als für Zeiten ab Ausstellung des Legitimationsbuches oder für Zeiten, für die der Kläger Krankengeldkarten vorgelegt hat, konnte damit für die Zeit vom 02.09.1974 bis zum 12.06.1977 ein Nachweis i.S.v. § 22 Abs. 3 FRG nicht erbracht werden, so dass es bei der Kürzung um ein Sechstel zu verbleiben hat. Der Klage war insoweit der Erfolg zu versagen.

Die für das Widerspruchs- und Klageverfahren einheitliche Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und ist getragen von der Erwägung, dass zwar - im Widerspruchs- und Klageverfahren - noch weitere Zeiten dem Kläger anerkannt bzw. zu 6/6 bewertet wurden, dass aber andererseits die Beklagte insoweit nicht Anlass zu Widerspruch und Klage gegeben hatte, als Unterlagen erst nachträglich vorgelegt wurden.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

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(1) Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte1.wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben,1a.nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten

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(1) Für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlag

Fremdrentengesetz - FRG | § 15


(1) Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge auf Grund einer abhängigen Beschäftigung oder einer s

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 250 Ersatzzeiten


(1) Ersatzzeiten sind Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr 1. militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes

Fremdrentengesetz - FRG | § 4


(1) Für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismi

Fremdrentengesetz - FRG | § 29


(1) Anrechnungszeiten sind auch Zeiten, in denen eine in den §§ 15 und 16 genannte Beschäftigung oder Tätigkeit durch Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Leistungen zur Rehabilitation, Schwangerschaft oder Mutterschaft während der jeweiligen Schutzfr

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen, soweit sie über das angenommene Teilanerkenntnis vom 04.08.2016 hinausgeht. II. Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Tatbestand Zwischen den
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(1) Für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten oder nach § 256b Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht und für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 dieses Gesetzes ermittelt. Die Bestimmung des maßgeblichen Bereichs richtet sich danach, welchem Bereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb im Beitrittsgebiet gelegen hätte. Ist der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist für die Bestimmung des Bereichs diese maßgeblich. Kommen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Bereiche in Betracht, ist von ihnen der Bereich mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres maßgeblich. Ist eine Zuordnung zu einem oder zu einem von mehreren Bereichen nicht möglich, so erfolgt die Zuordnung zu dem Bereich mit den für das jeweilige Jahr niedrigsten Durchschnittsverdiensten. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend für die Zuordnung zu einer Qualifikations- oder Leistungsgruppe. Zeiten eines gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstes werden Entgeltpunkte zugeordnet, die zu berücksichtigen wären, wenn der Wehr- oder Ersatzdienst im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet abgeleistet worden wäre. Kindererziehungszeiten nach § 28b sind Entgeltpunkte zuzuordnen, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre.

(2) Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling erhalten für jeden Kalendermonat 0,025 Entgeltpunkte.

(3) Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt.

(4) Die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt.

(1) Anrechnungszeiten sind auch Zeiten, in denen eine in den §§ 15 und 16 genannte Beschäftigung oder Tätigkeit durch Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Leistungen zur Rehabilitation, Schwangerschaft oder Mutterschaft während der jeweiligen Schutzfristen sowie eine nach dem 30. September 1927 liegende Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist; sind für solche Zeiten Beiträge an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Herkunftsgebiet gezahlt worden, werden für diese Beiträge Entgeltpunkte nicht ermittelt. Für Zeiten der Schwangerschaft oder Mutterschaft sowie für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres ist eine Unterbrechung nicht erforderlich. Die für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld maßgeblichen Vorschriften über die Arbeitslosigkeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sind entsprechend anzuwenden.

(2) Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 30. Juni 1978 und Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit nach dem 31. Dezember 1983 werden wie entsprechende Zeiten ohne Leistungsbezug oder ohne Beitragszahlung bewertet.

(1) Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte

1.
wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben,
1a.
nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat krank gewesen sind, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
2.
wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt haben,
3.
wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben,
3a.
nach dem vollendeten 17. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches als Ausbildungsuchende gemeldet waren, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
4.
nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren, oder
5.
eine Rente bezogen haben, soweit diese Zeiten auch als Zurechnungszeit in der Rente berücksichtigt waren, und die vor dem Beginn dieser Rente liegende Zurechnungszeit,
6.
Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen haben; dies gilt nicht für Empfänger der Leistung,
a)
die Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches nur darlehensweise oder
b)
nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen haben.
Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind nicht Anrechnungszeiten nach Satz 1 Nummer 1 und 3. Nach Vollendung des 25. Lebensjahres schließen Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit aus.

(2) Anrechnungszeiten nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bis 3a liegen nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst oder ein versichertes Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes unterbrochen ist; dies gilt nicht für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Eine selbständige Tätigkeit ist nur dann unterbrochen, wenn sie ohne die Mitarbeit des Versicherten nicht weiter ausgeübt werden kann.

(3) Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit oder der Ausführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben liegen bei Versicherten, die nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 versicherungspflichtig werden konnten, erst nach Ablauf der auf Antrag begründeten Versicherungspflicht vor.

(4) Anrechnungszeiten liegen bei Beziehern von Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld nicht vor, wenn die Bundesagentur für Arbeit für sie Beiträge an eine Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung, an ein Versicherungsunternehmen oder an sie selbst gezahlt haben.

(4a) Zeiten der schulischen Ausbildung neben einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind nur Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung, wenn der Zeitaufwand für die schulische Ausbildung unter Berücksichtigung des Zeitaufwands für die Beschäftigung oder Tätigkeit überwiegt.

(5) Anrechnungszeiten sind nicht für die Zeit der Leistung einer Rente wegen Alters zu berücksichtigen.

(1) Ersatzzeiten sind Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr

1.
militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne der §§ 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes aufgrund gesetzlicher Dienstpflicht oder Wehrpflicht oder während eines Krieges geleistet haben oder aufgrund dieses Dienstes kriegsgefangen gewesen sind oder deutschen Minenräumdienst nach dem 8. Mai 1945 geleistet haben oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind,
2.
interniert oder verschleppt oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, wenn sie als Deutsche wegen ihrer Volks- oder Staatsangehörigkeit oder in ursächlichem Zusammenhang mit den Kriegsereignissen außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland interniert oder in ein ausländisches Staatsgebiet verschleppt waren, nach dem 8. Mai 1945 entlassen wurden und innerhalb von zwei Monaten nach der Entlassung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ständigen Aufenthalt genommen haben, wobei in die Frist von zwei Monaten Zeiten einer unverschuldeten Verzögerung der Rückkehr nicht eingerechnet werden,
3.
während oder nach dem Ende eines Krieges, ohne Kriegsteilnehmer zu sein, durch feindliche Maßnahmen bis zum 30. Juni 1945 an der Rückkehr aus Gebieten außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze oder danach aus Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs dieser Gesetze, soweit es sich nicht um das Beitrittsgebiet handelt, verhindert gewesen oder dort festgehalten worden sind,
4.
in ihrer Freiheit eingeschränkt gewesen oder ihnen die Freiheit entzogen worden ist (§§ 43 und 47 Bundesentschädigungsgesetz) oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind oder infolge Verfolgungsmaßnahmen
a)
arbeitslos gewesen sind, auch wenn sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden haben, längstens aber die Zeit bis zum 31. Dezember 1946, oder
b)
bis zum 30. Juni 1945 ihren Aufenthalt in Gebieten außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze oder danach in Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze nach dem Stand vom 30. Juni 1945 genommen oder einen solchen beibehalten haben, längstens aber die Zeit bis zum 31. Dezember 1949,
wenn sie zum Personenkreis des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gehören (Verfolgungszeit),
5.
in Gewahrsam genommen worden sind oder im Anschluss daran wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, wenn sie zum Personenkreis des § 1 des Häftlingshilfegesetzes gehören oder nur deshalb nicht gehören, weil sie vor dem 3. Oktober 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet genommen haben, oder
5a.
im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 30. Juni 1990 einen Freiheitsentzug erlitten haben, soweit eine auf Rehabilitierung oder Kassation erkennende Entscheidung ergangen ist, oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind,
6.
vertrieben, umgesiedelt oder ausgesiedelt worden oder auf der Flucht oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, mindestens aber die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946, wenn sie zum Personenkreis der §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes gehören.

(2) Ersatzzeiten sind nicht Zeiten,

1.
für die eine Nachversicherung durchgeführt oder nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt worden ist,
2.
in denen außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet eine Rente wegen Alters oder anstelle einer solchen eine andere Leistung bezogen worden ist,
3.
in denen nach dem 31. Dezember 1956 die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2, 3 und 5 vorliegen und Versicherte eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit auch aus anderen als den dort genannten Gründen nicht ausgeübt haben.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten oder nach § 256b Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht und für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 dieses Gesetzes ermittelt. Die Bestimmung des maßgeblichen Bereichs richtet sich danach, welchem Bereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb im Beitrittsgebiet gelegen hätte. Ist der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist für die Bestimmung des Bereichs diese maßgeblich. Kommen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Bereiche in Betracht, ist von ihnen der Bereich mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres maßgeblich. Ist eine Zuordnung zu einem oder zu einem von mehreren Bereichen nicht möglich, so erfolgt die Zuordnung zu dem Bereich mit den für das jeweilige Jahr niedrigsten Durchschnittsverdiensten. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend für die Zuordnung zu einer Qualifikations- oder Leistungsgruppe. Zeiten eines gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstes werden Entgeltpunkte zugeordnet, die zu berücksichtigen wären, wenn der Wehr- oder Ersatzdienst im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet abgeleistet worden wäre. Kindererziehungszeiten nach § 28b sind Entgeltpunkte zuzuordnen, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre.

(2) Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling erhalten für jeden Kalendermonat 0,025 Entgeltpunkte.

(3) Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt.

(4) Die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt.

(1) Anrechnungszeiten sind auch Zeiten, in denen eine in den §§ 15 und 16 genannte Beschäftigung oder Tätigkeit durch Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Leistungen zur Rehabilitation, Schwangerschaft oder Mutterschaft während der jeweiligen Schutzfristen sowie eine nach dem 30. September 1927 liegende Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist; sind für solche Zeiten Beiträge an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Herkunftsgebiet gezahlt worden, werden für diese Beiträge Entgeltpunkte nicht ermittelt. Für Zeiten der Schwangerschaft oder Mutterschaft sowie für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres ist eine Unterbrechung nicht erforderlich. Die für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld maßgeblichen Vorschriften über die Arbeitslosigkeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch sind entsprechend anzuwenden.

(2) Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 30. Juni 1978 und Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit nach dem 31. Dezember 1983 werden wie entsprechende Zeiten ohne Leistungsbezug oder ohne Beitragszahlung bewertet.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge auf Grund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich. Für Personen, die zum Personenkreis des § 1 Buchstabe b gehören, werden rentenrechtliche Zeiten bis zum 8. Mai 1945 berücksichtigt.

(2) Als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Absatzes 1 ist jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Wird durch die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung dem Erfordernis, einem der in Satz 1 genannten Systeme anzugehören, Genüge geleistet, so ist auch die betreffende Einrichtung als gesetzliche Rentenversicherung anzusehen, und zwar auch für Zeiten bis zum 31. Dezember 1890 zurück, in denen es ein System der in Satz 1 genannten Art noch nicht gegeben hat. Als gesetzliche Rentenversicherung gelten nicht Systeme, die vorwiegend zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschaffen sind.

(3) Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des Absatzes 1 anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie nach Bundesrecht Beiträge zu zahlen gewesen wären. Als Beitragszeiten gelten die Zeiten, in denen der Versicherte nach dem 8. Mai 1945 im Herkunftsgebiet den gesetzlichen Grundwehrdienst geleistet hat. Als Beitragszeiten gelten nicht Zeiten,

a)
die ohne Beitragsleistung rückwirkend in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden sind,
b)
die außerhalb der Herkunftsgebiete ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach Absatz 2 Satz 3 zurückgelegt worden sind,
c)
für die Entgeltpunkte nicht ermittelt werden,
d)
die von Zeit- oder Berufssoldaten oder vergleichbaren Personen zurückgelegt worden sind.

(1) Für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.

(2) Absatz 1 gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind.

(3) Als Mittel der Glaubhaftmachung können auch eidesstattliche Versicherungen zugelassen werden. Der mit der Durchführung des Verfahrens befaßte Versicherungsträger ist für die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen zuständig; er gilt als Behörde im Sinne des § 156 des Strafgesetzbuchs.

(1) Für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten oder nach § 256b Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht und für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 dieses Gesetzes ermittelt. Die Bestimmung des maßgeblichen Bereichs richtet sich danach, welchem Bereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb im Beitrittsgebiet gelegen hätte. Ist der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist für die Bestimmung des Bereichs diese maßgeblich. Kommen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Bereiche in Betracht, ist von ihnen der Bereich mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres maßgeblich. Ist eine Zuordnung zu einem oder zu einem von mehreren Bereichen nicht möglich, so erfolgt die Zuordnung zu dem Bereich mit den für das jeweilige Jahr niedrigsten Durchschnittsverdiensten. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend für die Zuordnung zu einer Qualifikations- oder Leistungsgruppe. Zeiten eines gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstes werden Entgeltpunkte zugeordnet, die zu berücksichtigen wären, wenn der Wehr- oder Ersatzdienst im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet abgeleistet worden wäre. Kindererziehungszeiten nach § 28b sind Entgeltpunkte zuzuordnen, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre.

(2) Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling erhalten für jeden Kalendermonat 0,025 Entgeltpunkte.

(3) Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt.

(4) Die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.