Sozialgericht Würzburg Beschluss, 27. Dez. 2017 - S 15 AS 56/16

published on 27/12/2017 00:00
Sozialgericht Würzburg Beschluss, 27. Dez. 2017 - S 15 AS 56/16
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Gericht

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Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt im Hauptsacheverfahren im Rahmen einer umgestellten Untätigkeitsklage Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von November 2011 bis Juni 2016.

Der am ...1956 geborene Kläger bezog dereinst zuletzt bis August 2015 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende in Höhe des Regelbedarfs von 399 € vom Antragsgegner (Blatt 469, 501, 600 der Verwaltungsakte). Er bewohnt eine Wohnung im Haus seiner am 18.8.2014 verstorbenen Mutter, die er gemeinsam mit seiner Schwester zu je ein Halb beerbte (Blatt 430 ff. der Verwaltungsakte). Am 19.11.2015 reichte der Kläger seine zum 15.8.2015 erhaltene Kündigung beim Beklagten ein (Blatt 535 der Verwaltungsakte), was der Beklagte als formlosen Weiterbewilligungsantrag ab November 2015 wertete und den Kläger im Zuge des weiteren Verwaltungsverfahrens aufforderte, diverse Unterlagen einzureichen.

Mit Schreiben vom 16.2.2016 hat der Kläger ohne weitere Begründung Untätigkeitsklage erhoben und gleichzeitig Schadensersatz geltend gemacht.

Mit Bescheid vom 18.7.2016, vom Beklagten abgesandt am gleichen Tag, hat der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 1.11.2015 versagt (Blatt 922 der Verwaltungsakte; Blatt 34 ff. der Gerichtsakte). Der Bescheid ist dem Kläger nochmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens mit gerichtlichem Schreiben vom 28.7.2016 sowie vom 3.8.2016 übersandt worden; ein Postrücklauf war nicht zu verzeichnen (Blatt 37, 47 der Gerichtsakte). Der Bescheid hat eine Rechtsbehelfsbelehrung:über Widerspruchserhebung und Widerspruchsfrist enthalten; Widerspruch ist jedoch nicht erhoben worden (Blatt 922 ff. der Verwaltungsakte; Blatt 106 der Gerichtsakte).

Mit Beschluss der erkennenden Kammer vom 11.1.2017 ist das erste Prozesskostenhilfegesuch des Klägers zurückgewiesen worden (Blatt 63 f. der Gerichtsakte); die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.2.2017 unter dem Aktenzeichen L 11 AS 59/17 B PKH zurückgewiesen (Blatt 78 ff. der Gerichtsakte); die hiergegen wiederum eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 14.3.2017 unter dem Aktenzeichen B 4 AS 58/17 S als unzulässig verworfen (Blatt 92 f. der Gerichtsakte).

Mit Schriftsatz vom 7.7.2017 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, im Wege der Klageumstellung den Bescheid vom 18.7.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 1.11.2015 bis zum 30.6.2016 Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren (Blatt 108 f. der Gerichtsakte). Für den Zeitraum von Juli 2016 bis einschließlich Juni 2017 verglichen sich die Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins am 27.9.2017 (Blatt 1707 der Verwaltungsakte; Blatt 121 ff. der Gerichtsakte). Weiterhin hat der Kläger erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Die ursprünglich erhobene Untätigkeitsklage habe sich mit Erlass des Versagungsbescheides vom 18.7.2016 erledigt. Dieser Bescheid sei dem Kläger während des laufenden Verfahrens mit Schreiben des Gerichts vom 3.8.2016 zugesandt worden. Der Kläger habe daraufhin mit Schreiben vom 2.9.2016 Widerspruch eingelegt (Blatt 49 der Gerichtsakte). Die Klageumstellung sei nicht nur geboten, sondern auch zweckmäßig.

Der Beklagte hat sich bislang noch nicht schriftsätzlich auf die mit Nr. 1 des Schriftsatzes vom 7.7.2017 abgeänderte Klage eingelassen; seine Ausführungen in dessen Antragserwiderung im Rahmen des Verfahrens des Klägers unter dem Aktenzeichen S 15 AS 561/17 ER lassen jedoch darauf schließen, dass er der Änderung widerspricht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte einschließlich der PKH-Beiakte sowie auf die beigezogenen Verfahrensakten des Beklagten im vorliegenden Verfahren verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet.

1. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringt. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.2.1998 - B 13 RJ 83/97 R; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [11. Aufl. 2014], § 73a Rn. 7a m.w.N.).

2. Dies ist hier nicht der Fall. Die vom Kläger eingeleitete Rechtsverfolgung bietet nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage auf Grund des von ihm geschilderten Sachverhalts und der vorliegenden Unterlagen keine hinreichende Erfolgsaussicht.

a) Mit Erlass des Versagungsbescheides vom 18.7.2016 hat sich die ursprüngliche Untätigkeitsklage erledigt.

b) Die Fortführung der Untätigkeitsklage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG gegen den Versagungsbescheides vom 18.7.2016 ist unzulässig. Zwar kann eine Untätigkeitsklage bei Erlass eines ungünstigen Bescheides grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen im Wege der Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt werden.

Für eine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG müssen aber sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen der umgestellten Klage gegeben sein (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl. 2017], § 99 Rn. 10a m.w.N.). Hierzu gehört im Fall der Umstellung auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auch die Durchführung eines Vorverfahrens nach §§ 77 ff. SGG. Dies ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren als erforderlich anzusehen (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl. 2017], § 88 Rn. 12). Ein derartiges Vorverfahren wurde bislang aber nicht durchgeführt. Die Durchführung des Vorverfahrens stellt jedoch nach § 78 Abs. 1 S. 1 SGG eine unverzichtbare Sachurteilsvoraussetzung dar (BSG, Urteil vom 25.4.2007 - B 12 AL 2/06 R - Rn. 20), so dass die geänderte Klage - ohne dass auf eine Einwilligung des Beklagten ankommt - unzulässig ist. Vor diesem Hintergrund musste die erkennende Kammer dem Kläger auch nicht auf die Möglichkeit der Klageänderung hinweisen, denn ein Hinweis auf eine Klageänderung in eine unzulässige Klage kann niemals sachdienlich sein. Darüber hinaus empfiehlt es sich gerade bei Ermessensverwaltungsakten wie dem Versagungsbescheid vom 18.7.2016 für den Kläger, nach Erhalt des ablehnenden Bescheids die Untätigkeitsklage für erledigt zu erklären und sein Begehren mit Widerspruch und notfalls neuer Klage weiterzuverfolgen (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl. 2017], § 88 Rn. 12).

c) Das erforderliche Vorverfahren kann auch nicht mehr nachgeholt werden. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Versagungsbescheid wurde dem Kläger durch einfachen Brief bekanntgegeben. Der Bescheid gilt dann nach § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er gar nicht zugegangen ist, was vom Kläger jedoch nicht bestritten wird. Vorliegend wurde der Versagungsbescheid ausweislich des darauf angebrachten Vermerks am 18.7.2016 abgesandt. Damit galt er am 21.7.2016 als bekannt gegeben. Somit endete die Widerspruchsfrist nach § 64 Abs. 2, 3 SGG mit Ablauf des 22.8.2016. Der erforderliche (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl. 2017], § 88 Rn. 10b) Widerspruch wurde bis dahin nicht erhoben. Selbst wenn man in dem Schreiben des Klägers vom 2.9.2016 (Blatt 49 der Gerichtsakte) einen Widerspruch gegen diesen Versagungsbescheid sehen wollte, wäre dieser somit verfristet. Dies gilt übrigens selbst dann, wenn man annimmt, dass der Kläger den Versagungsbescheid erst mit gerichtlichem Schreiben vom 28.7.2016 erhalten haben will.

d) Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Widerspruchsfrist sind vorliegend nicht ersichtlich. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Verfahrensbeteiligter ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Von Verschulden ist dann auszugehen, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist. Besteht aber die Möglichkeit einer verschuldeten Fristversäumnis, scheidet eine Wiedereinsetzung aus. Ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist, wer die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat. Die Versäumnis der Verfahrensfrist darf auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht vermeidbar gewesen sein. Dabei haben juristisch nicht geschulte Privatpersonen ebenfalls eine Sorgfaltspflicht. Sie müssen die Rechtsmittelbelehrungbeachten und sich notfalls erkundigen. Für die Vorwerfbarkeit der Fristversäumnis kommt es auf die persönlichen Verhältnisse, insbesondere auch den Bildungsgrad an. Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt eine Fristversäumnis in der Regel nicht, gleichgültig, ob der Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist oder nicht (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.3.2012 - L 19 AS 1915/11 - Rn. 26 m.w.N.).

Zur Überzeugung der erkennenden Kammer hat der Kläger diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist. Der Kläger ist ordnungsgemäß über die Einhaltung der Widerspruchsfrist im Versagungsbescheid belehrt worden. Der Kläger hat auch keine Gründe vorgetragen, die ihn an der Widerspruchserhebung innerhalb der Frist gehindert haben. Sofern der Kläger davon ausgegangen sein sollte, dass wegen seiner Weigerung, die Untätigkeitsklage für erledigt zu erklären, nunmehr der Versagungsbescheid gerichtlich überprüft werde, weißt die erkennende Kammer vorsorglich darauf hin, dass er damit lediglich einen Rechtsirrtum geltend macht. Dieser Rechtsirrtum wäre jedoch vermeidbar gewesen. Denn der Versagungsbescheid des Beklagten enthielt eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung.

Daher ist der Versagungsbescheid vom 18.7.2016 nach § 77 SGG in der Sache für die Beteiligten und das Gericht bindend, d.h. bestandskräftig, geworden.

Nach alledem hat die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Unter Zugrundelegung dessen bietet das klägerische Begehren somit auch keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO.

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Annotations

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.