Sozialgericht München Endurteil, 22. Juni 2016 - S 11 R 1211/15

bei uns veröffentlicht am22.06.2016

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung der vollen Kosten des Widerspruchsverfahrens.

Der am ... 1966 geborene Kläger stellte am 08.10.2014 einen Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente. Dieser wurde mit Bescheid der Beklagten vom 08.01.2015 abgelehnt. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde der Gesundheitszustand des Klägers nochmals überprüft. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 04.05.2015 dem Kläger ab 01.03.2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis 30.04.2016. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2015 wies die Beklagte den Widerspruch - soweit ihm nicht durch Bescheid vom 04.05.2015 stattgegeben wurde - zurück und erkannte eine Kostenerstattung von 3/4 der notwendigen Aufwendungen an.

Der Kläger hat hiergegen am 09.06.2015 Klage zum Sozialgericht München erheben lassen und ausgeführt, er habe Anspruch auf Erstattung der im Widerspruchsverfahrens entstandenen Kosten in vollem Umfang, da dem Widerspruch abgeholfen worden sei. Die Beklagte hat hierzu mitgeteilt, es sei eine Dauerleistung begehrt worden, der Kläger erhalte jedoch nur eine Zeitrente, daher sei eine Kostenquote von 3/4 angemessen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Widerspruchsbescheid vom 19.05.2015 insoweit abzuändern als die Kosten des Widerspruchsverfahrens in vollem Umfang zu erstatten sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte und der Klageakte Bezug genommen.

Gründe

Das Sozialgericht München ist sachlich und örtlich zuständig. Die form- (§ 90 SGG) und fristgerecht (§ 87 SGG) erhobene Klage ist zulässig.

Der Widerspruchsbescheid vom 19.05.2015 enthält hinsichtlich des Kostenausspruches eine selbstständige Beschwer.

Die entstandenen Anwaltskosten für das Widerspruchsverfahren betragen 431,79 Euro. Davon ist die Übernahme von 3/4 anerkannt, so dass die Klageforderung 107,95 Euro beträgt.

Die Klage ist jedoch sachlich nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten durch die Beklagte gemäß § 63 SGB X. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

Der Widerspruch ist insoweit erfolgreich gewesen, als dem Kläger eine Zeitrente von 26 Monaten gewährt wurde. Für die Kostenquote kommt es entscheidend auf den Umfang des Erfolges an, der vom Verfahrensgegenstand aus zu betrachten ist.

Der Kläger stellte einen Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente. Da § 102 SGG im Regelfall die Zeitrente vorsieht, ist von einer maximal dreijährigen Zeitrente als „gewollte“ Rente auszugehen, sofern der Streitgegenstand nicht näher eingegrenzt wird. Anders als die Beklagte ausführt, kann nicht von einer gewollten Dauerrente ausgegangen werden, zumal auch die Formblätter zur Rentenantragstellung eine Unterscheidung zwischen Zeitrente und Dauerrente nicht vorsehen.

Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 04.12.2015 eine befristete Rente von insgesamt zwei Jahren und zwei Monaten gewährt. Da seitens des Klägers ein Einverständnis mit einer Zeitrente von zwei Jahren und zwei Monaten nicht signalisiert wurde, hat die Beklagte den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2015 zurückgewiesen. Aus der Tatsache, dass der Kläger mit Erlass des Zeitrentenbescheides das Widerspruchsverfahren nicht als beendet ansah, musste die Beklagte davon ausgehen, dass sich das Widerspruchsverfahren mit Erlass des Zeitrentenbescheides nicht erledigt hat. Die Beklagte hatte somit entsprechend des Erfolges des Widerspruchsverfahrens (Zeitrente von 2 Jahren und 2 Monaten) eine Kostenquotelung vorzunehmen (vgl. Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 63 SGB X Rdnr. 21).

Unter Beachtung des Erfolges des Widerspruchsverfahrens (Zeitrente von 2 Jahren und 2 Monaten) und der im Regelfall gemäß § 102 SGG maximal möglichen Zeitrente von 3 Jahren ist eine Kostenübernahme seitens der Beklagten von 3/4 nicht zu beanstanden.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Klageforderung 750,00 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) und keine wiederkehrende Leistungen von mehr als 1 Jahre betroffen sind. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht das Urteil - soweit ersichtlich - von einer Entscheidung der höheren Gerichte ab.

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Sozialgericht München Endurteil, 22. Juni 2016 - S 11 R 1211/15 zitiert 6 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 63 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen

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(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem

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(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache. (2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 90


Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

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Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.