Sozialgericht Halle Urteil, 05. Dez. 2012 - S 13 SO 22/11

ECLI:ECLI:DE:SGHALLE:2012:1205.S13SO22.11.00
bei uns veröffentlicht am05.12.2012

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, in welchem Umfang der Beklagte die Kosten für die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft nach § 65 Abs. 1 Satz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) zu übernehmen hat.

2

Der am ... 1979 geborene Kläger erlitt am 2009 während eines Aufenthaltes in ... eine Ponsblutung mit Ventrikeleinbruch und wurde am 20.03.2009 in das Uniklinikum ... verlegt. Vom 14.04.2009 bis zum 20.01.2010 durchlief er eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme im Neurologischen Zentrum ... Seit dem 01.03.2009 hat der Kläger einen zuerkannten Grad der Behinderung von 100 mit dem Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF". Er erhält eine Rente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von 512 EUR. Daneben erhält er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 419,15 EUR monatlich und seit 01.01.2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 374,80 EUR. Nach Entlassung aus dem Neurologischen Zentrum ... bezog der Kläger eine eigene, behindertengerechte Wohnung, die er sich mit einer ebenfalls pflegebedürftigen Mitbewohnerin im Rahmen einer Wohngemeinschaft teilt. Seit Januar 2010 wird der Kläger von der Beigeladenen grundpflegerisch, behandlungspflegerisch und hauswirtschaftlich versorgt.

3

Die Mitbewohnerin des Klägers wird ebenfalls von der Beigeladenen gepflegt und hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf ergänzende Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 ff. SGB XII. Bereits am 14.01.2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Hilfe zur Pflege. Am 21.01.2010 wurde der Kläger im Auftrag seiner privaten Pflegesicherung R+V KV AG von der Firma … im Hinblick auf seine Pflegebedürftigkeit begutachtet. Nach diesem Gutachten vom 01.02.2010 besteht beim Kläger ein Pflegebedarf in der Grundpflege von 313 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten. Er sei mit einem Pflegebett mit Bettgalgen, einem Elektrorollstuhl, einem Badewannenlifter sowie einem Toilettenstuhl und einem Toilettenrollstuhl versorgt. Das Gewicht des Klägers betrage bei einer Größe von 197 cm und 112 kg. Es bestünden ausgeprägte Sensibilitäts- und Koordinationsstörungen der Arme und Hände. Die Feinmotorik sei stark beeinträchtigt, die Hand-Mund-Koordination weise erhebliche Defizite auf, häufig würden Gegenstände aus der Hand verloren oder zerdrückt, bei der Nahrungsaufnahme werde der Mund meist verfehlt. Beim Sitzen bestehe keine ausreichende Körperkontrolle, so dass es sofort zum Umkippen komme. Das Kauen sei normal möglich, das Schlucken sei deutlich gestört, könne jedoch durch den Kläger bei kleinen Flüssigkeitsportionen ausreichend gesteuert werden. Wegen der gestörten Mundmotorik käme es häufig zum Zungen- und Wangenbiss. Die Urinentleerung erfolge tagsüber alle zwei bis drei Stunden, die Nykturie zwei- bis viermal. Wegen Problemen bei der Erreichbarkeit der Toilette würden Vorlagen verwendet, die dreimal täglich gewechselt würden. Es bestehe keine regelmäßige Harninkontinenz sowie keine Stuhlinkontinenz. Das Sehvermögen sei beeinträchtigt wegen eines linksseitigen Nystagmus und einer horizontalen Blickparese nach rechts, der Sehnerv rechts sei vernarbt und das rechte Auge mit einem Uhrglasverband versorgt. Gegenstände würden normal erkannt, das Lesen sei nicht möglich. Die Kommunikation sei wegen erheblicher Sprachstörung deutlich erschwert, jedoch sei die Verständigung ausreichend möglich. Motorische Lähmungen bestünden nicht, jedoch eine Facialisparese rechts sowie ausgeprägte Sensibilitätsstörungen aller Qualitäten, die rechts stärker ausgeprägt seien. Die Alltagskompetenz sei nicht erheblich eingeschränkt. Ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand bestehe neben der Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe III nicht.

4

Als private Pflegeperson wurde die Mutter des Klägers ... sowie der beigeladene Pflegedienst angegeben. Die hauswirtschaftlichen Verrichtungen würden überwiegend durch Familie ... realisiert, für die Maßnahmen der Grundpflege solle durch den Pflegedienst eine 24-Stunden Betreuung abgesichert werden. Die Unterstützung (weitgehende Übernahme durch die Pflegeperson) bei der Nahrungsaufnahme resultiere aus der stark beeinträchtigten Hand-Mund-Kontrolle.

5

Im Bereich der Grundpflege wurde bei folgenden Verrichtungen Hilfebedarf festgestellt:

6

Ganzkörperwäsche 1x täglich

7

Teilwäsche untere Körperhälfte 1x täglich

8

Zahnpflege 2x täglich

9

Kämmen 2x täglich

10

Rasieren 4x pro Woche

11

Hilfen beim Wasserlassen 5x täglich

12

Hilfe beim Stuhlgang 6x täglich

13

Richten der Bekleidung 2x täglich

14

Wechsel kleinerer Vorlagen

15

Wechsel/Entleerung Urinflasche

16

Mundgerechte Zubereitung der Nahrung

17

Aufnahme der Nahrung

18

Aufstehen und Zubettgehen

19

An- und Auskleiden Aufstehen (Transfer) 3x täglich

20

3x täglich 1x täglich 5x täglich 6x täglich 2x täglich 10x täglich

21

Im hauswirtschaftlichen Bereich bestehe ein mehrfach wöchentlicher Hilfebedarf bei allen relevanten Verrichtungen. Ab dem 20.01.2010 bewilligte die R+V KV AG dem Kläger Leistungen nach der Pflegestufe III in Höhe von 1510 EUR monatlich.

22

Am 23.06.2010 ging bei dem Beklagten das Zweitgutachten der Firma … vom 22.04.2010 ein.

23

Hiernach liegt im Bereich der Grundpflege ein Pflegebedarf in Höhe von 293 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten vor.

24

Abweichend oder ergänzend zum Erstgutachten der wird hier angegeben, dass der Kläger trotz seiner motorischen Einschränkungen den Elektrorollstuhl mittels des Joysticks, welcher mit einem plumpen Aufsatz aufgerüstet wurde, rechtshändig steuern könne. Für die Koordination habe die aufgehobene Tiefensensibilität der oberen Extremitäten ganz erhebliche Konsequenzen. Da der Kläger die Positionierung der Hände im Raum in der Folge dieses neurologischen Defizites nicht wahrnehmen könne, sei er beim Hantieren auf deren optische Kontrolle angewiesen, die wiederum ganz erheblich durch Innenaugenstörungen erschwert werde. Es liege keine dementielle Fähigkeitsstörung, geistige Behinderung oder psychische Erkrankung vor. Es werde angegeben, dass 2x täglich eine Ganzkörperwäsche im Pflegebett erfolge. Der Kläger schmutze sich nicht ein, vorwiegend stünden also Schwitzen und Hautpflege im Vordergrund. Bezüglich der Miktionen seien unklare Angaben gemacht worden. Im Pflegeprotokoll würden Miktionen etwa alle 1,5 Stunden benannt. Hier bestünde beim Anlegen und Entleeren des Urinals sowie beim Richten der Bekleidung Hilfebedarf, ein Umsetzen des Klägers erscheine nur bei der Defäkation erforderlich. Die Häufigkeit der Miktionen werde akzeptiert.

25

Bezüglich der Nachtstunden sei auf Befragen angegeben worden, dass durchschnittlich zweimal nachts die Ente benutzt werde und einmal die Toilette im Sanitärraum. Aufgrund der beschriebenen Einschränkungen der Hantierfähigkeit der Hände, der Koordination und auch der Visuserschwernis sei eine erhebliche unterstützende Hilfe bei der mundgerechten Zubereitung und bei der Aufnahme der Nahrung sowie der Getränke regelmäßig erforderlich. Bei bereitgestelltem geeignetem Trinkgefäß könne der Kläger auch teilweise eigenständig trinken. Nachts müsse der Kläger durchschnittlich 3x umgelagert werden. Die Mobilität innerhalb der Wohnung könne er bei Benutzung seines Elektrorollstuhls selbst gestalten; alle Transfers müssten übernommen werden. Ein außergewöhnlicher hoher Pflegeaufwand bestehe nicht. Der Pflegedienst erbringe neben der Hauswirtschaft und der gesamten Grundpflege auch die alltägliche Behandlungspflege in Form der Medikamentengabe, des Anlegens des Uhrglasverbandes sowie des Verabreichens der Augentropfen. Im Einzelnen wird folgender Hilfebedarf angegeben:

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Ganzkörperwäsche 2x täglich

27

Zahnpflege und Kämmen 2x täglich

28

Rasieren 1x täglich

29

Hilfe beim Wasserlassen (Anhalten des Urinals) 14x täglich

30

Hilfe beim Stuhlgang 1x täglich

31

Richten der Bekleidung 14x täglich

32

Wechsel von Inkontinenzprodukten 14x täglich

33

Wechsel/Entleerung von Auffanggefäßen 16x täglich

34

Mundgerechte Zubereitung der Nahrung 5x täglich

35

Aufnahme der Nahrung 5x täglich (einschließlich Flüssigkeitsaufnahmen)

36

Aufstehen und Zubettgehen 4x täglich

37

Umlagern 3x täglich

38

An- und Auskleiden 2x täglich

39

Stehen (Transfer) 2x täglich.

40

Mit Bescheid vom 06.07.2010 bewilligte der Beklagte auf der Grundlage des Zweitgutachtens der Firma … dem Kläger ein monatliches ergänzendes Pflegegeld in Höhe von 228,33 EUR und für den Zeitraum vom 14.01.2010 bis 31.01.2011 die Kosten für eine besondere Pflegekraft, soweit sie die Leistungen der Pflegekasse übersteigen, für nachfolgende Verrichtungen

41

Ganzkörperwäsche 2x täglich

42

Zahnpflege 2x täglich

43

Kämmen 2x täglich

44

Rasieren 1 x täglich

45

Hilfe beim Wasserlassen 14x täglich

46

Hilfe beim Stuhlgang 1x täglich

47

Richten der Bekleidung 14x täglich

48

Wechsel von Inkontinenzprodukten 14x täglich

49

Wechsel/Entleerung von Auffanggefäßen 16x täglich (davon zweimal nachts)

50

Mundgerechte Zubereitung der Nahrung 5x täglich

51

Aufnahme der Nahrung 5x täglich

52

Aufstehen/Zubettgehen 4x täglich

53

Umlagern 3x täglich

54

An- und Auskleiden 2x täglich

55

Aufstehen (Transfer) 2x täglich (einmal nachts)

56

Einkäufen 2x wöchentlich

57

Reinigen der Wohnung 2x wöchentlich oder 1x Wochenpauschale

58

Wechseln und Waschen der Kleidung und Wäsche 1x wöchentlich.

59

Der LK 9 sei in LK 1 bis 4 enthalten, da nur die gesonderten Einsätze separat abgerechnet werden könnten. Die Kostenübernahme erfolge nur in dem Umfang, der die Sachleistung der Pflegekasse (monatlich 1.510,00 EUR) übersteige. Mit Schreiben vom 16.07.2010 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass im Rahmen der Hilfe zur Pflege die Kosten für die Aufwendungen für besondere Pflegekräfte für eine "Rund-um-die-Uhr"-Betreuung zu übernehmen seien. Er leide an einer Tetraparese, so dass er seine Arme und Beine nicht spüren und dadurch nur unkontrolliert und unkoordiniert ohne Kraft bewegen könne; er sei dadurch hilflos. Beigefügt war ein undatierter Kostenvoranschlag der Beigeladenen für die Versorgungsleistungen des Klägers nach SGB XI, in dem folgende Leistungen aufgeführt sind: Leistungen: pro Leistung pro Woche

60

LK 3 (große Toilette) 1 x täglich 16,88 EUR 236,32 EUR

61

LK 1 (kleine Toilette) 1 x täglich 9,38 EUR 65,66 EUR

62

LK 6 (Lagern und Betten) 14x täglich 3,75 EUR 367,50 EUR

63

LK 9 (Darm- und Blasenentleerung) 12x täglich 4,13 EUR 346,92 EUR

64

LK 7 (Hilfe bei Nahrungsaufnahme) 4x täglich

65

LK 10 (Hilfe beim Verlassen der Wohnung)

66

LK 18 (Zubereiten einer warmen Mahlzeit)

67

LK 17 (Einkauf/Besorgungen)

68

LK 13 (Reinigung des genutzten Wohnraumes)

69

LK 15 (Bett beziehen) Begleitdienste (in Stunden) 1 x täglich 1 x täglich 2x wöchentl. 1 x täglich 1 x täglich 8 h täglich á 9,38 EUR 3,00 EUR 10,13 EUR 5,63 EUR 3,38 EUR 3,00 EUR 15,00 EUR Summe

70

wöchentlich: Summe für 30 Tage: abzgl. Anteil der Pflegekasse:

71

Zuzahlung:

72

Kunde: 262,64 EUR 9,00 EUR 70,91 EUR 11,26 EUR 23,66 EUR 12,00 EUR 840,00 EUR 2.245,87 EUR 9.625,16 EUR 1510,00 EUR 8.115,16 EUR

73

Die Beigeladene hat dem Beklagten erstmals am 13.07.2010 Rechnungen für die erbrachten Pflegeleistungen für die Monat Februar bis Juni 2010 gelegt, mit denen jeweils 2x täglich der LK 3, 1x täglich der LK 11, 4x täglich der LK 7, 1x täglich der LK 18, 2x wöchentlich der LK 17, 1x täglich der LK 13, 3-4x wöchentlich LK 15, ca. 3x wöchentlich der LK 10, ca. 12x täglich der LK 9 und ca. 16x täglich der LK 6 in Rechnung gestellt wurde. Nachdem der Beklagte die Rechnungen zunächst mit Schreiben vom 21.07.2010 mit Bitte um Berichtigung zurückgesandt hatte, hat er nach nochmaliger Einreichung der Rechnungen diese nach Vornahme folgender Kürzungen beglichen: Der LK 1 und der LK 10 wurden komplett nicht berücksichtigt, der LK 9 2x täglich nicht berücksichtigt, der LK 6 nur 1x täglich berücksichtigt, der LK 15 nur 2x wöchentlich berücksichtigt und der LK 17 nur 1x wöchentlich, dafür jedoch zusätzlich 1x wöchentlich LK 16 (kleiner Einkauf) berücksichtigt. Der Beklagte hat zudem noch ein amtsärztlichen Gutachten vom 14.07.2010 zur Pflegebedürftigkeit eingeholt, in dem angegeben wird, dass im Bereich der Grundpflege ein Pflegaufwand von 313 Minuten bestehe und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten pro Tag. Die ärztliche Versorgung erfolge durch die Hausärztin im Hausbesuch. Im Bereich der Grundpflege wurde der Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen im Wesentlichen in dem Umfang angegeben, wie ihn auch die Firma ... in ihrem Zweitgutachten angegeben hat. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung wird der Bedarf wie folgt angegeben:

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Einkäufen 2x die Woche

75

Kochen 7x die Woche

76

Reinigen der Wohnung 3x die Woche

77

Spülen 1x täglich

78

Wechsel und Waschen der Kleidung und Wäsche 2x die Woche.

79

Nachts sei ein Toilettengang nötig mit Transfer und nächtlichem Umlagern. Eine rund um die Uhr Versorgung sei notwendig, vor allem zum nächtlichen Lagern und für einen Toilettengang mit Transfer. Dies sei nur durch geschultes Personal zu bewältigen und aufgrund zu langer "Blockzeiten" (Anfahrt etc.) nicht durch ein Notrufsystem zu gewährleisten. Es bestehe eine Tetraparese, das Umlagern sei alleine nicht möglich (keine Drehung im Bett, kein selbständiges Anheben der Beine, kein Aufsetzen, keine selbständige Flüssigkeitsaufnahme). Die Fascialisparese sorge für Schluckstörung und verminderten Augenschluss. Durch die Schluckstörung kombiniert mit der Tetraparese sei die Gefährdung der Aspiration gegeben. Der nächtliche Pflegeeinsatz sei für die Lagerung, Flüssigkeitsgabe und Beaufsichtigung sowie Überwachung der freien Atmung notwendig.

80

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2011 hob der Beklagte den Bescheid vom 06.07.2010 insoweit auf, als Leistungen für einen Begleitdienst von 8 Stunden/Tag nicht gewährt wurden. Der Kläger habe für den Zeitraum vom 01.02.2010 bis 31.01.2011 Anspruch auf Leistungen gemäß § 65 SGB XII in Form eines Begleitdienstes im Umfang von 8 Stunden/Tag mit einem Satz von 9,34 EUR/Stunde. Die Verordnung nach § 16 SGB XI, die Richtlinien der Pflegekasse nach § 17 SGB XI, die Verordnung nach § 30 SGB XI, die Rahmenverträge und Bundesempfehlungen über die pflegerische Versorgung nach § 75 SGB XI und die Vereinbarung über die Qualitätssicherung nach § 80 SGB XI finden gemäß § 61 Abs. 6 SGB XII zur näheren Bestimmung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit, des Inhalts der Pflegeleistungen, der Unterkunft und Verpflegung und zur Abgrenzung, Höhe und Anpassung der Pflegegelder nach § 64 SGB XII entsprechende Anwendung. Der Kläger gehöre unstreitig zum Personenkreis gemäß § 61 Abs. 1 SGB XII und habe Anspruch auf Leistungen der Pflegestufe 3 gemäß § 15 Abs. 1 Nummer 3 SGB XI. Somit liege Schwerstpflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI vor, die eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung erfordere.

81

Zur Auslegung der in der Anlage 1 zur Vergütungsvereinbarung gemäß § 89 SGB XI aufgeführten Leistungskomplexen sei gemäß § 61 Abs. 6 SGB XII die Anlage der Bundesempfehlungen der Spitzenverbände der Pflegekasse anzuwenden.

82

Hieraus ergebe sich, dass der LK 9 - Darm- und Blasenentleerung - in den LK 1-4 enthalten sei. Der LK 3 beinhalte insbesondere die Hilfe beim Aufsuchen oder Verlassen des Bettes, das An- und Auskleiden, das Waschen/Duschen/Waschen, das Rasieren, die Mund- und Zahnpflege sowie das Kämmen. Der LK 9 habe neben der Unterstützung bei der Blasen- und Darmentleerung ebenfalls das An- und Auskleiden sowie das Teilwaschen zum Inhalt. Insoweit sei eine Abrechnung des LK 9 neben dem LK 3 nicht möglich.

83

Die Übernahme der Kosten für den LK 1 sei nicht gerechtfertigt, da die Erforderlichkeit einer Teilwaschung beispielsweise nach dem Mittagsschlaf bzw. nach Maßnahmen der Physio- oder Ergotherapie nicht aus den Gutachten hervorgehe.

84

Der LK 6 sei nach dem Bundesempfehlungen nur bei schwerster Bettlägerigkeit (Immobilität) abrechenbar. Diese liege bei dem Kläger nicht vor. Gemäß den Bundesempfehlungen seien Maßnahmen zum körper- und situationsgerechten Liegen und Sitzen bei nicht schwerstbettlägerigen Pflegebedürftigen im Rahmen der einzelnen Verrichtungen zu erbringen und können nicht gesondert abgerechnet werden.

85

Nach den Bundesempfehlungen seien die LK 16 und 17 nebeneinander abrechenbar.

86

Der Kläger hat am 28.02.2011 Klage bei dem Sozialgericht erhoben und trägt zur Begründung seiner Klage vor, dass es ihm im vorliegenden Verfahren darum gehe, von den Kosten, wie sie im Kostenvoranschlag der Beigeladenen ausgewiesen sind, freigestellt zu werden. Er werde seit dem 20.01.2010 durch die Pflegekräfte der Beigeladenen rund um die Uhr betreut. Weder der Kläger noch seine Angehörigen seien in der Lage, die Kosten dieser Pflegeleistungen zu tragen. Der Kläger sei daher auf Hilfe zur Pflege in diesem Umfang dringend angewiesen. Streitig sei nicht, dass überhaupt die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft erforderlich ist, sondern vielmehr nur, in welchem Umfang.

87

Der konkrete Pflegebedarf sei jederzeit gegeben und falle sowohl am Tag als auch während der Nacht an. Der Kläger könne sich nicht selbst bewegen und müsse 2- bis 3x im Laufe der Nacht umgelagert werden.

88

Ebenso sei ein nächtlicher Hilfebedarf beim Toilettengang regelmäßig erforderlich. Der Kläger sei nicht in der Lage, seine Arme und Beine zu gebrauchen, spüre seine Arme nicht und könne nur geringfügige unkontrollierte Bewegungen ausführen, so dass es ihm nicht möglich sei, etwas festzuhalten oder zu greifen. Er sei gänzlich hilflos und benötige für alle Verrichtungen Hilfe. Selbst wenn er lediglich etwas trinken wolle, auch nachts, müsse ihm hierbei geholfen werden. Zudem komme häufig vor, dass sich der Kläger verschlucke, insbesondere wenn er etwas esse oder trinke bzw. etwas sagen wolle. Er bedürfe dann regelmäßig der Hilfe durch die Pflegeperson.

89

Nach dem Kostenvoranschlag der Beigeladenen für die Versorgungsleistungen beim Kläger werde bei einer täglichen Versorgungsleistung beim Kläger von 24 Stunden eine Versorgungszeit von sechs Stunden nicht angerechnet. Hierbei sei berücksichtigt worden, dass auch die besondere Pflegekraft nicht ständig Pflegeleistungen erbringe. Eine permanente Präsenz sei jedoch erforderlich, da die Leistungen im Vorfeld nicht planbar seien. Durch Bereitschafts- oder Notrufsysteme könne die notwendige Hilfe nachts und an den Wochenenden nicht sichergestellt werden, da der Kläger kurzfristiger Hilfe bedürfe. Es sei zudem nicht richtig, dass der Beklagte neben dem LK 3 den LK 9 nicht vergüte dürfe. Die Darm- und Blasenentleerung sei in dem LK 3 nicht mit berücksichtigt. Zudem seien auch die Leistungen der Beigeladenen nach dem LK 6 (Lagern und Betten) von dem Beklagten völlig unzureichend berücksichtigt worden, der die Auffassung vertrete, dass der LK 6 3x täglich zu erbringen sei und hierbei bereits 2x im LK 3 enthalten sei. Vielmehr müsse aufgrund der Rumpfinstabilität des Klägers, der tagsüber im Rollstuhl sitze und immer wieder gerade hingesetzt werden müsse, insgesamt müsse 14x eine Lagerung bzw. Umlagerung pro Tag erfolgen, was sich auch aus den Leistungsnachweisen der Beigeladenen ergebe.

90

Der Kläger beantragt:

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1. Den Bescheid der Beklagten vom 06.07.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011 abzuändern.

92

Den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von den Kosten für Aufwendungen für die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft - Kosten der ambulanten Betreuung durch einen professionellen Pflegedienst - freizustellen und die Kosten zu übernehmen.

93

3. Hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von den Kosten für Aufwendungen für die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft - Kosten der ambulanten Betreuung durch einen professionellen Pflegedienst - freizustellen und die Kosten zu übernehmen, die sich für den Monat Februar 2010 auf 3885,95 EUR, für den Monat März 2010 auf 100,45 EUR, für den Monat Mai 2010 auf 500,86 EUR, für den Monat Juni 2010 auf 109,76 EUR, für den Monat Juli 2010 auf 133,05 EUR, für den Monat August 2010 auf 997,04 EUR, für den Monat September 2010 auf 3993,90 EUR, für den Monat Oktober 2010 auf 4239,34 EUR, für den Monat November 2010 auf 3573,37 EUR, für den Monat Dezember 2010 auf 2418 EUR und für den Monat Januar 2011 auf 1769,06 EUR belaufen.

94

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

96

Er trägt vor, dass die Leistungsgewährung bezüglich der einzelnen Verrichtungen exakt nach den Feststellungen der Firma ... erfolgt sei. Somit bestehe hinsichtlich der Bedarfsdeckung im Bereich der Grundpflege kein ungedeckter Bedarf. Ein erheblicher Bedarf, wie er nunmehr vom Kläger geltend gemacht werde, könne keinem der beiden Gutachten entnommen werden. Es sei dem Gutachten auch an keiner Stelle zu entnehmen, dass ständig eine Pflegefachkraft sich in unmittelbarer Umgebung des Klägers aufhalten müsse. Es treffe zu, dass bei einer Pflegestufe III die pflegerischen Verrichtungen rund um die Uhr benötigt würden, dies sei jedoch nicht gleichbedeutend mit einer 1:1-Betreuung rund um die Uhr. Der Pflegebedürftige müsse lediglich die Möglichkeit haben, die notwendige Hilfe auch nachts und an den Wochenenden zu erhalten. Dies könne jedoch durch Bereitschafts- und Notrufsysteme sichergestellt werden. Es sei berücksichtigt worden, dass in einigen Leistungskomplexen bereits Verrichtungen anderer Leistungskomplexe enthalten seien. Dies sei im Einzelnen besonders bei dem LK 3 der Fall, in dem bereits die Darm- und Blasenentleerung (LK 9) und das Lagern/Betten (LK 6) enthalten sei. Daraus folge, dass von den 14 täglichen Verrichtungen der Darm- und Blasenentleerung nur 12x pro Tag der LK 9 und beim Lagern/Betten von den drei notwendigen Verrichtungen nur 1x pro Tag der LK 6 berücksichtigt werden könne, da die übrigen jeweils 2x anfallenden Hilfeleistungen bereits durch die zweimalige Gewährung des LK 3 abgesichert seien. Die Durchführung einer zusätzlichen kleinen Morgen/Abendtoilette neben der 2x großen Morgen/Abendtoilette sei nicht nachvollziehbar, da diese nach keinem der vorliegenden Gutachten notwendig sei. Die Mutter des Klägers hat im Verfahren S 25 SO 83/10 ER angegeben, dass sie bzw. die Familie den Kläger regelmäßig besuche und mit ihm auch spazieren gehe. Verrichtungen der Grundpflege oder Hilfestellung im hauswirtschaftlichen Bereich würden durch die Familie jedoch nicht erbracht. Sie gehe mehrfach die Woche mit dem Kläger draußen spazieren, auch die Arztbesuche führe sie mit dem Kläger durch. Zu diesem Zweck sei sie auf die Hilfe der Mitarbeiter der Beigeladenen angewiesen, um den Kläger die an seiner Wohnung angebrachte Rampe hinunter zu schieben, da die Hausbewohner auf der Rampe ihre Fahrräder abstellten und es nicht möglich sei, an diesen Fahrrädern mit dem Rollstuhl ohne Hilfe durch eine zweite Person vorbeizukommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakte des Beklagten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

98

Der Klageanspruch kann sich vorliegend nur aus § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 63 Satz 2, 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ergeben. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Hilfe zur Pflege Personen zu leisten, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Abs. 5 definiert die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen i.S. des Abs. 1 dahin, dass der Bereich der Körperpflege (Nr. 1), der Ernährung (Nr. 2), der Mobilität (Nr. 3) und der hauswirtschaftlichen Versorgung (Nr. 4) erfasst wird.

99

Zu dem letztgenannten Bereich gehören das Einkäufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung und das Beheizen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da der Kläger unstreitig die Voraussetzungen der Pflegestufe III erfüllt. Damit sind Leistungen nach § 63 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII möglich. Nach § 63 Satz 1 SGB XII soll der Sozialhilfeträger darauf hinwirken, dass die Pflege einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird. In diesem Fall sind nach § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII die angemessenen Aufwendungen der Pflegeperson zu erstatten. Ist neben oder anstelle der Pflege nach § 63 Satz 1 SGB XII die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft erforderlich, sind die angemessenen Kosten nach § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu übernehmen. Bei der besonderen Pflegekraft nach der letztgenannten Vorschrift handelt es sich zumeist im Unterschied zu einer Pflegeperson um eine Fachkraft, das heißt Krankenpflegepersonal, Altenpfleger etc. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten für die Inanspruchnahme des Beigeladenen als besondere Pflegekraft im grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Bereich. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

100

Streitig ist vorliegend, in welchem Umfang die Kosten für die Heranziehung der Beigeladenen als besondere Pflegekraft vom Beklagten zu übernehmen sind. Im Rahmen der in Rechnung gestellten Leistungskomplexe hat der Kläger keinen weitergehenden Anspruch als in der Höhe, in der ihn der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 06.07.2010 anerkannt bzw. bisher vergütet hat. Der Beklagte nimmt insoweit die Rechnungskürzungen zu Recht vor. Nach § 75 Abs. 5 SGB XII richten sich bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen nach § 72 SGB XI Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen nach den Vorschriften des Achten Kapitel des SGB XI, wenn Vereinbarungen nach dem Achten Kapitel des SGB XI im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind. Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB XI wird die Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen und der hauswirtschaftlichen Versorgung zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Leistungsträger sind dabei vor allem die Pflegekassen und sonstigen Sozialversicherungsträger sowie die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind (§ 89 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB XI). Nach § 89 Abs. 3 SGB XI können die Vergütungen, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden. Vorliegend besteht eine solche Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI. Danach erfolgt die Vergütung auf der Grundlage der Leistungskomplexe im Sinne der auf Bundesebene zwischen den Kassenverbänden vereinbarten Empfehlungen ohne Differenzierung nach Pflegestufen.

101

Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Übernahme des LK 6 mehr als 1x täglich, und zwar weder für das nächtliche Umlagern, das offensichtlich im Zusammenhang mit der Erbringung des LK 9 durchgeführt wird, noch für die von der Geschäftsführerin geschilderte mehrfach tägliche Hilfeleistung beim Aufrichten bzw. bei der Haltungskorrektur im Rollstuhl.

102

Zu diesem Ergebnis ist die Kammer unter Heranziehung der "Empfehlungen der Spitzenverbände der Pflegekassen für ein System zur Vergütung der Leistungen der häuslichen Pflege nach dem SGB XI" (http://www.vdek.com/versicherte/Pflegeversicherung/Rahmenkonzept 48873/ abschnitt 6 01 10.pdf) zur Auslegung der Inhalte der vereinbarten Leistungskomplexe gelangt. Der LK 6 beinhaltet insbesondere das Betten machen/richten sowie das Lagern/ Mobilisieren in Verbindung mit der Lagerung. Nach den Empfehlungen der Spitzenverbände sind die Leistungskomplexe so gestaltet, dass bei Kombination mehrerer Leistungskomplexe keine Leistungsüberschneidungen und damit keine Doppelanrechnungen bestehen.

103

Die zu einem Leistungskomplex zusammengefassten Verrichtungen stellen keine abschließende Aufzählung dar; vielmehr sind im Rahmen eines Leistungskomplexes alle Tätigkeiten, die unter Berücksichtigung der individuellen Pflegesituation erforderlich sind, durchzuführen. Soweit der Kläger im Rahmen des LK 9 bei der Hilfestellung bei der Miktion im Anschluss gebettet und gelagert wird, so ist dies schon mit der Abrechnung des LK 9 abgegolten. Der LK-9 beinhaltet insbesondere das An-/ und Auskleiden, die Hilfe/Unterstützung bei der Blasen- und/oder Darmentleerung sowie das Teilwaschen bei Notwendigkeit. Nach den Empfehlungen der Spitzenverbände beinhaltet der vergleichbare Leistungskomplex "Erweiterte Hilfe/Unterstützung bei Ausscheidungen" das An- /Auskleiden einschließlich Machen/Richten des Bettes, Hilfe beim Aufstehen und Aufsuchen der benötigten Räumlichkeiten und zurück, Hilfen/Unterstützung von Ausscheidungen sowie das Teilwaschen (Intimtoilette) einschließlich Hautpflege und Prophylaxen.

104

Damit ist auch das Lagern/Betten des Klägers in diesem Leistungskomplex enthalten, soweit es im Zusammenhang mit der Hilfestellung beim Wasserlassen/Stuhlgang durchgeführt wird. Entsprechend ist das gesonderte Umlagern in den Empfehlungen ausschließlich in dem Leistungskomplex "Spezielle Lagerung bei Bettlägerigkeit" geregelt, der mit demselben Punktwert bewertet ist wie der zwischen den Beteiligten vereinbarte LK 6, und beinhaltet insbesondere spezielle Lagerungsmaßnahmen zur körper- und situationsgerechten Lagerung in und außerhalb des Bettes zur Vorbeugung von Sekundärerkrankungen und Linderung von Beschwerden unter Verwendung von Lagerungshilfsmitteln und ggf. das Teilwechseln der Wäsche und das Machen/Richten des Bettes. Zudem regeln die Empfehlungen, dass dieser Leistungskomplex nur bei schwerster Bettlägerigkeit (Immobilität) abrechenbar ist; Maßnahmen zum körper- und situationsgerechten Liegen und Sitzen bei nicht schwerstbettlägerigen Pflegebedürftigen seien im Rahmen der aktivierenden Pflege im Rahmen der einzelnen Verrichtungen zu erbringen und damit nicht gesondert vergütungsfähig.

105

Eine schwerste Bettlägerigkeit, also eine vollständige Immobilität, liegt auch nach Angaben der Beigeladenen beim Kläger nicht vor, so dass auch dieser Umstand für die Nichtberücksichtigung des nächtlichen Lagerns des Klägers in Verbindung mit der Erbringung des LK 9 spricht. Davon, dass das nächtliche Umlagern im Zusammenhang mit der nächtlichen Hilfestellung beim Wasserlassen/Stuhlgang erfolgt, geht die Kammer aufgrund der gegenüber dem Gutachter der Firma ... anlässlich der Begutachtung des Klägers am 22.04.2010 gemachten Angaben aus, dass durchschnittlich zweimal nachts zur Miktion die Ente benutzt werde und einmal nachts die Toilette im Sanitärraum aufgesucht werde und auch das Umlagern nachts dreimal erfolge.

106

Dies wird bestätigt durch die Angaben im amtsärztlichen Gutachten vom 14.07.2010, nach dem nachts Toilettengänge notwendig seien mit nächtlichem Umlagern.

107

Der Kläger selbst hat vorgetragen, dass er nachts neben dem gelegentlich nötigen Toilettengang etwa drei- bis viermal die Urinflasche angehalten bekomme und er zwei bis dreimal umgelagert werden müsse. Ebenso kann auch die nach den Angaben der Geschäftsführerin der Beigeladenen erforderliche Haltungskorrektur bzw. die Hilfestellung beim Aufsetzen im Rollstuhl nicht im Rahmen des LK 6 berücksichtigt werden. Auch hierbei handelt es sich nach Auffassung der Kammer um Maßnahmen zum körper- und situationsgerechten Sitzen, die der aktivierenden Pflege zuzuordnen sind und im Rahmen der einzelnen Verrichtungen (LK 9, LK 1, LK 3, LK 7, etc.) zu erbringen sind und nicht gesondert abgerechnet werden können (s.o.). Der Beklagte hat auch zu Recht 2x täglich den LK 9 nicht berücksichtigt, da davon auszugehen ist, dass die Hilfestellung beim Wasserlassen/Stuhlgang zumindest jeweils einmal am Morgen und einmal am Abend im Zusammenhang mit der großen Morgen-/Abendtoilette (LK 3) erbracht wird.

108

Es besteht kein Anspruch dahingehend, dass jeweils im Rahmen ein und desselben Pflegeinsatzes neben dem LK 3 auch der LK 9 vergütet wird. Der LK 3 beinhaltet nach der Vergütungsvereinbarung insbesondere die Hilfe beim Aufsuchen oder Verlassen des Bettes, das An- und Auskleiden, das Waschen/Duschen/Baden, das Rasieren, die Mund- und Zahnpflege sowie das Kämmen. Der LK 9 beinhaltet insbesondere neben der Unterstützung bei der Blasen- und/oder Darmentleerung ebenfalls das An-/Auskleiden sowie das Teilwaschen bei Notwendigkeit. Insoweit überschneiden sich die LK 3 und LK 9 inhaltlich. Bei gleichzeitiger Durchführung der großen Morgen-/Abendtoilette und Unterstützung bei der Darmentleerung innerhalb eines Pflegeeinsatzes kann daher neben dem LK 3 nicht auch noch der LK 9 abgerechnet werden. Zu diesem Ergebnis ist die Kammer ebenfalls unter Heranziehung der Empfehlungen der Spitzenverbände der Pflegekassen gelangt. Hier ist bei der Festlegung der einzelnen Leistungskomplexe geregelt, dass die große Morgen-/Abendtoilette auch die Unterstützung bei der physiologischen Darm-/ und Blasenentleerung beinhaltet. Hierzu wird in den Empfehlungen ausgeführt, dass das Ganzkörperwaschen bzw. das Duschen oder Baden im Rahmen der großen Morgen-/ Abendtoilette sich auf die vollständige Körperpflege, d.h. Gesicht, Oberkörper, Rücken, Genitalbereich/Gesäß und Füße bezieht; der Transfer zur Waschgelegenheit sowie der damit verbundene Gang zur Toilette einschließlich der ggf. notwendigen Unterstützung bei der physiologischen Darm- und Blasenentleerung sind Bestandteil des Ganzkörperwaschen/Baden/Duschen und können nicht gesondert abgerechnet werden. Dies zugrunde gelegt ist der Inhalt des LK 3 dergestalt auszulegen, dass die gleichzeitige Unterstützung bei der Darm- und Blasenentleerung von diesem Leistungskomplex mit umfasst ist. Im Hinblick auf die Durchführung des Teilwaschens nach dem Mittagsschlaf hat der Kläger ebenfalls keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für den LK 1 zusätzlich 1x täglich. Obwohl nach den vorgelegten Leistungsnachweisen der Beigeladenen mindestens seit März 2010 zusätzlich zu der am Morgen und am Abend durchgeführten großen Morgen-/Abendtoilette eine kleine Morgen-/Abendtoilette durchgeführt wird, wird weder im Zweitgutachten der Firma ... vom 22.04.2010 noch im amtsärztlichen Gutachten vom 14.07.2010 eine Notwendigkeit für eine solche weitere tägliche Teilwäsche bestätigt.

109

Ebenso ist die Notwendigkeit der Hilfestellung des Pflegedienstes beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung (LK 10) in der vom Pflegedienst geltend gemachten Häufigkeit/Regelmäßigkeit nicht zu erkennen. Anerkannt werden können hier im Wesentlichen nur solche Hilfen im Rahmen dieser Verrichtung, die in Verbindung mit Arztbesuchen oder etwa auch Behördenbesuchen, bei denen das persönliche Erscheinen des Klägers erforderlich ist, anfallen. Regelmäßige Arztbesuche außerhalb der Wohnung finden nach dem Zweitgutachten der Firma ... sowie dem amtsärztlichen Gutachten nicht statt, vielmehr erfolgt die regelmäßige hausärztliche Versorgung im Hausbesuch. Soweit Vorstellungen bei anderen Fachärzten erforderlich sind, ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung in diesem Zusammenhang die Heranziehung einer besonderen Pflegeperson erforderlich ist.

110

Die Mutter des Klägers hat im Erörterungstermin mitgeteilt hat, dass sie den Kläger zu Arztbesuchen begleite und dabei Hilfe benötige, um den Kläger die am Haus befindliche Rampe herunterzuschieben, da diese Rampe teilweise mit Fahrrädern zugestellt sei. Es ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund vorliegend - ggf. unter Zuhilfenahme des Vermieters - keine Maßnahmen ergriffen werden, um das Zustellen der Rampe, die ja gerade zum Ausgleich der Behinderung als pflegeerleichternde Maßnahme angebracht wurde, durch Fährräder zu unterbinden. Insoweit hält die Kammer die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft für diese Verrichtung nicht für erforderlich, so dass bereits aus diesem Grund ein Anspruch zu verneinen ist. Im hauswirtschaftlichen Bereich ist zwischen den Beteiligten streitig, ob im Rahmen der mit Bescheid vom 06.07.2010 bewilligten Übernahme der Kosten für eine besondere Pflegekraft für das 2x wöchentliche Einkäufen 2x der LK 17 (großer Einkauf) oder jeweils 1x der LK 17 und der 1x LK 16 (kleiner Einkauf) durchgeführt und abgerechnet werden kann. Auch diesbezüglich hat der Kläger keinen Anspruch. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Grund für einen Ein-Personen-Haushalt nicht die Durchführung eines kleinen und eines großen Einkaufes ausreichen sollte, um die Versorgung des Klägers, auch mit frischen Lebensmitteln, sicher zu stellen. Hinsichtlich der im Kostenvoranschlag der Beigeladenen aufgeführten und abgerechneten Hilfeleistungen im Rahmen des LK 15 (Wechseln der Bettwäsche) 4x täglich, liegt kein Anspruch vor. Der Beklagte hat diese Verrichtung mit Bescheid vom 06.07.2010 zwar 1x wöchentlich berücksichtigt, rechnet diesen jedoch nach den vorgelegten Rechnungen im Rahmen des LK 15 2x wöchentlich ab. Dies entspricht den nachvollziehbaren Angaben im amtsärztlichen Gutachten vom 14.07.2010, nach dem das Wechseln der Bettwäsche 1x bis 2x wöchentlich erforderlich ist und dabei schon den Gesichtspunkt berücksichtigt wurde, dass der Kläger viel schwitzt.

111

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Halle Urteil, 05. Dez. 2012 - S 13 SO 22/11

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Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Halle Urteil, 05. Dez. 2012 - S 13 SO 22/11 zitiert 18 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 19 Leistungsberechtigte


(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2)

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 75 Allgemeine Grundsätze


(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernom

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 15 Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument


(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments er

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 72 Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag


(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pfle

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 61 Leistungsberechtigte


Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 75 Rahmenverträge, Bundesempfehlungen und -vereinbarungen über die pflegerische Versorgung


(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 89 Grundsätze für die Vergütungsregelung


(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und der ergänzenden Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 17 Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund; Richtlinien der Pflegekassen


(1) Der Medizinische Dienst Bund erlässt mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen Richtlinien zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments na

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 65 Stationäre Pflege


Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 64 Vorrang


Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 63 Leistungen für Pflegebedürftige


(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 1. häusliche Pflege in Form von a) Pflegegeld (§ 64a),b) häuslicher Pflegehilfe (§ 64b),c) Verhinderungspflege (§ 64c),d) Pflegehilfsmitteln (§ 64d),e) Maßnahmen zur

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 30 Dynamisierung


(1) Die im Vierten Kapitel dieses Buches benannten, ab 1. Januar 2024 geltenden Beträge für die Leistungen der Pflegeversicherung steigen zum 1. Januar 2025 um 4,5 Prozent und zum 1. Januar 2028 in Höhe des kumulierten Anstiegs der Kerninflationsrate

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 16 Verordnungsermächtigung


Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschri

Referenzen

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach § 15 sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 zu erlassen. Es kann sich dabei von unabhängigen Sachverständigen beraten lassen.

(1) Der Medizinische Dienst Bund erlässt mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen Richtlinien zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach § 15 sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 (Begutachtungs-Richtlinien). Er hat dabei die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, den Verband der privaten Krankenversicherung e. V., die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu beteiligen. Ihnen ist unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Die maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen wirken nach Maßgabe der nach § 118 Absatz 2 erlassenen Verordnung beratend mit. § 118 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund Richtlinien zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatung nach § 7a (Pflegeberatungs-Richtlinien). An den Pflegeberatungs-Richtlinien sind die Länder, der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege sowie die Verbände der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene zu beteiligen. Den Verbänden der Pflegeberufe auf Bundesebene, unabhängigen Sachverständigen sowie den maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen sowie ihren Angehörigen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Darüber hinaus ergänzt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene und der Länder bis zum 31. Juli 2020 die Pflegeberatungs-Richtlinien um Regelungen für eine einheitliche Struktur eines elektronischen Versorgungsplans nach § 7a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und für dessen elektronischen Austausch sowohl mit der Pflegekasse als auch mit den beteiligten Ärzten und Ärztinnen und Pflegeeinrichtungen sowie mit den Beratungsstellen der Kommunen sowie bis zum 31. Dezember 2021 um Regelungen zur Nutzung von digitalen Anwendungen nach § 7a Absatz 2 einschließlich der Festlegungen über technische Verfahren und der Bestimmung von digitalen Anwendungen zur Durchführung der Beratungen. Die Pflegeberatungs-Richtlinien sind für die Pflegeberater und Pflegeberaterinnen der Pflegekassen, der Beratungsstellen nach § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sowie der Pflegestützpunkte nach § 7c unmittelbar verbindlich. Die Festlegungen über technische Verfahren nach Satz 4 sind im Einvernehmen mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu treffen.

(1b) Der Medizinische Dienst Bund erlässt im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen Richtlinien zur Feststellung des Zeitanteils, für den die Pflegeversicherung bei ambulant versorgten Pflegebedürftigen, die einen besonders hohen Bedarf an behandlungspflegerischen Leistungen haben und die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 und der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Absatz 2 des Fünften Buches oder die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 und der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c des Fünften Buches beziehen, die hälftigen Kosten zu tragen hat. Von den Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 sind dabei nur Maßnahmen der körperbezogenen Pflege zu berücksichtigen. Im Übrigen gilt § 17 Absatz 1 Satz 2 bis 6 entsprechend.

(2) Die Richtlinien nach den Absätzen 1, 1a und 1b werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb eines Monats, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.

(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Sie sind von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere:

1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen,
1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen,
2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte,
3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen,
4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege,
5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim,
6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen,
7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen,
8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten,
9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können,
10.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise zur Darlegung der prospektiven Sach- und Personalaufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Personalbeschaffung sowie geeigneter Qualitätsnachweise für die Anwerbung von Pflegepersonal aus Drittstaaten bei den Vergütungsverhandlungen, soweit nicht von den Richtlinien gemäß § 82c Absatz 4 umfasst.
Durch die Regelung der sächlichen Ausstattung in Satz 1 Nr. 3 werden Ansprüche der Pflegeheimbewohner nach § 33 des Fünften Buches auf Versorgung mit Hilfsmitteln weder aufgehoben noch eingeschränkt.

(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder

1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder
2.
landesweite Personalrichtwerte
zu vereinbaren. Dabei ist jeweils der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Bei der Vereinbarung der Verfahren nach Satz 1 Nr. 1 sind auch in Deutschland erprobte und bewährte internationale Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Personalrichtwerte nach Satz 1 Nr. 2 können als Bandbreiten vereinbart werden und umfassen bei teil- oder vollstationärer Pflege wenigstens
1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie
2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
Die Maßstäbe und Grundsätze nach Absatz 2 Nummer 3 sind auch daraufhin auszurichten, dass das Personal bei demselben Einrichtungsträger in verschiedenen Versorgungsbereichen flexibel eingesetzt werden kann. Dies umfasst auch Personalpools oder vergleichbare betriebliche Ausfallkonzepte auf Grundlage einer einrichtungsspezifischen Konzeption, mit denen die vertraglich vereinbarte Personalausstattung bei kurzfristigen Personalausfällen oder vorübergehend nicht besetzbaren Stellen sichergestellt wird.

(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.

(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.

(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und der ergänzenden Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muß leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.

(2) Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind die Träger des Pflegedienstes sowie

1.
die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger,
2.
die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, sowie
3.
die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger,
soweit auf den jeweiligen Kostenträger oder die Arbeitsgemeinschaft im Jahr vor Beginn der Vergütungsverhandlungen jeweils mehr als 5 vom Hundert der vom Pflegedienst betreuten Pflegebedürftigen entfallen. Die Vergütungsvereinbarung ist für jeden Pflegedienst gesondert abzuschließen und gilt für den nach § 72 Abs. 3 Satz 3 vereinbarten Einzugsbereich, soweit nicht ausdrücklich etwas Abweichendes vereinbart wird.

(3) Die Vergütungen können, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden. Die Vergütungen haben zu berücksichtigen, dass Leistungen von mehreren Pflegebedürftigen gemeinsam abgerufen und in Anspruch genommen werden können; die sich aus einer gemeinsamen Leistungsinanspruchnahme ergebenden Zeit- und Kostenersparnisse kommen den Pflegebedürftigen zugute. Bei der Vereinbarung der Vergütung sind die Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 5 des Fünften Buches vorzusehen sind, zu berücksichtigen; die in den Rahmenempfehlungen geregelten Verfahren zum Vorweis der voraussichtlichen Personalkosten im Sinne von § 85 Absatz 3 Satz 5 können berücksichtigt werden. § 84 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 7, § 85 Absatz 3 bis 7 und § 86 gelten entsprechend.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5

1.
häusliche Pflege in Form von
a)
Pflegegeld (§ 64a),
b)
häuslicher Pflegehilfe (§ 64b),
c)
Verhinderungspflege (§ 64c),
d)
Pflegehilfsmitteln (§ 64d),
e)
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
f)
anderen Leistungen (§ 64f),
g)
digitalen Pflegeanwendungen (§ 64j),
h)
ergänzender Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k),
2.
teilstationäre Pflege (§ 64g),
3.
Kurzzeitpflege (§ 64h),
4.
einen Entlastungsbetrag (§ 64i) und
5.
stationäre Pflege (§ 65).
Die Hilfe zur Pflege schließt Sterbebegleitung mit ein.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1

1.
Pflegehilfsmittel (§ 64d),
2.
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
3.
digitale Pflegeanwendungen (§ 64j),
4.
ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k) und
5.
einen Entlastungsbetrag (§ 66).

(3) Die Leistungen der Hilfe zur Pflege werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. § 29 des Neunten Buches ist insoweit anzuwenden.

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5

1.
häusliche Pflege in Form von
a)
Pflegegeld (§ 64a),
b)
häuslicher Pflegehilfe (§ 64b),
c)
Verhinderungspflege (§ 64c),
d)
Pflegehilfsmitteln (§ 64d),
e)
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
f)
anderen Leistungen (§ 64f),
g)
digitalen Pflegeanwendungen (§ 64j),
h)
ergänzender Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k),
2.
teilstationäre Pflege (§ 64g),
3.
Kurzzeitpflege (§ 64h),
4.
einen Entlastungsbetrag (§ 64i) und
5.
stationäre Pflege (§ 65).
Die Hilfe zur Pflege schließt Sterbebegleitung mit ein.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1

1.
Pflegehilfsmittel (§ 64d),
2.
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
3.
digitale Pflegeanwendungen (§ 64j),
4.
ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k) und
5.
einen Entlastungsbetrag (§ 66).

(3) Die Leistungen der Hilfe zur Pflege werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. § 29 des Neunten Buches ist insoweit anzuwenden.

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5

1.
häusliche Pflege in Form von
a)
Pflegegeld (§ 64a),
b)
häuslicher Pflegehilfe (§ 64b),
c)
Verhinderungspflege (§ 64c),
d)
Pflegehilfsmitteln (§ 64d),
e)
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
f)
anderen Leistungen (§ 64f),
g)
digitalen Pflegeanwendungen (§ 64j),
h)
ergänzender Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k),
2.
teilstationäre Pflege (§ 64g),
3.
Kurzzeitpflege (§ 64h),
4.
einen Entlastungsbetrag (§ 64i) und
5.
stationäre Pflege (§ 65).
Die Hilfe zur Pflege schließt Sterbebegleitung mit ein.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1

1.
Pflegehilfsmittel (§ 64d),
2.
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
3.
digitale Pflegeanwendungen (§ 64j),
4.
ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen (§ 64k) und
5.
einen Entlastungsbetrag (§ 66).

(3) Die Leistungen der Hilfe zur Pflege werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. § 29 des Neunten Buches ist insoweit anzuwenden.

Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.

(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.

(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.

(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit

1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist,
2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt,
3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten,
4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
Die allgemeinen Grundsätze der Absätze 1 bis 4 und 6 sowie die Vorschriften zum Inhalt der Vereinbarung (§ 76), zur Verbindlichkeit der vereinbarten Vergütung (§ 77a), zur Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 78), zur Kürzung der Vergütung (§ 79) und zur außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung (§ 79a) gelten entsprechend.

(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.

(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).

(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.

(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die

1.
den Anforderungen des § 71 genügen,
2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen,
3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln,
4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen,
5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Pflegeeinrichtungen sollen die Versorgungsverträge vorrangig mit freigemeinnützigen und privaten Trägern abgeschlossen werden. Bei ambulanten Pflegediensten ist in den Versorgungsverträgen der Einzugsbereich festzulegen, in dem die Leistungen ressourcenschonend und effizient zu erbringen sind.

(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.

(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die

1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder
4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
Zur Entlohnung im Sinne dieses Gesetzes zählen
1.
der Grundlohn,
2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen,
3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers,
4.
pflegetypische Zulagen,
5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie
6.
pflegetypische Zuschläge.
Pflegetypische Zuschläge im Sinne von Satz 2 Nummer 6 sind Nachtzuschläge, Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge. Diese sind von den Pflegeeinrichtungen im Fall von Satz 1 Nummer 4 unter den folgenden Voraussetzungen zu zahlen:
1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr,
2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr,
3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
Die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen haben die Entlohnung im Sinne von Satz 1, soweit mit ihr die Voraussetzungen nach dieser Vorschrift erfüllt werden, in Geld zu zahlen. Tritt im Fall von Satz 1 Nummer 1 bis 3 eine Änderung im Hinblick auf die in dem jeweiligen Tarifvertrag oder in den jeweiligen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbarte Entlohnung ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen die erforderlichen Anpassungen der von ihnen gezahlten Entlohnung spätestens innerhalb von zwei Monaten vorzunehmen, nachdem die jeweilige Änderung nach § 82c Absatz 5 veröffentlicht wurde. Erhöhen sich im Fall von Satz 1 Nummer 4 die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 oder die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, haben die Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, die höhere Entlohnung im Zeitraum ab dem 1. Dezember 2022 spätestens ab dem 1. Februar 2023, nach dem 1. Februar 2023 jeweils spätestens ab dem 1. Januar des Jahres, das auf die Veröffentlichung der Werte nach § 82c Absatz 5 folgt, zu zahlen. Zur Erfüllung der Vorgaben von Satz 1 Nummer 4 sind im Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Januar 2023 die aufgrund der Mitteilung nach Absatz 3e in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung und auf der Grundlage von § 82c Absatz 5 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung veröffentlichten regional üblichen Entgeltniveaus in drei Qualifikationsgruppen und pflegetypischen Zuschläge nach den Sätzen 3 und Satz 4 maßgebend.

(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.

(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder
3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
Im Jahr 2022 sind alle Pflegeeinrichtungen verpflichtet, den Landesverbänden der Pflegekassen die in Satz 1 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung genannten Angaben spätestens bis zum Ablauf des 28. Februar 2022 mitzuteilen. Die Mitteilung nach Satz 2 gilt, sofern die Pflegeeinrichtung dem nicht widerspricht, als Antrag auf entsprechende Anpassung des Versorgungsvertrags mit Wirkung zum 1. September 2022.

(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
Der Mitteilung ist die jeweils am 1. August des Jahres geltende durchgeschriebene Fassung des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen beizufügen. Tritt nach der Mitteilung nach Satz 1 eine Änderung im Hinblick auf die Wirksamkeit oder den Inhalt des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen diese Änderung unverzüglich mitzuteilen und dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen unverzüglich die aktuelle, durchgeschriebene Fassung des geänderten Tarifvertrags oder der geänderten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zu übermitteln.

(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.

(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.

(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.

(5) (aufgehoben)

(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und der ergänzenden Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muß leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.

(2) Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind die Träger des Pflegedienstes sowie

1.
die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger,
2.
die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, sowie
3.
die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger,
soweit auf den jeweiligen Kostenträger oder die Arbeitsgemeinschaft im Jahr vor Beginn der Vergütungsverhandlungen jeweils mehr als 5 vom Hundert der vom Pflegedienst betreuten Pflegebedürftigen entfallen. Die Vergütungsvereinbarung ist für jeden Pflegedienst gesondert abzuschließen und gilt für den nach § 72 Abs. 3 Satz 3 vereinbarten Einzugsbereich, soweit nicht ausdrücklich etwas Abweichendes vereinbart wird.

(3) Die Vergütungen können, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden. Die Vergütungen haben zu berücksichtigen, dass Leistungen von mehreren Pflegebedürftigen gemeinsam abgerufen und in Anspruch genommen werden können; die sich aus einer gemeinsamen Leistungsinanspruchnahme ergebenden Zeit- und Kostenersparnisse kommen den Pflegebedürftigen zugute. Bei der Vereinbarung der Vergütung sind die Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 5 des Fünften Buches vorzusehen sind, zu berücksichtigen; die in den Rahmenempfehlungen geregelten Verfahren zum Vorweis der voraussichtlichen Personalkosten im Sinne von § 85 Absatz 3 Satz 5 können berücksichtigt werden. § 84 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 7, § 85 Absatz 3 bis 7 und § 86 gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.